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Der Traum (überarbeitet)
Der Traum
Da liege ich.
Ich starre nachdenklich in das tiefe Schwarz der Dunkelheit, die mich umgibt.
Mein Atmen ist alles, während jenes Bett welches mich trägt, von Augenblick zu Augenblick,
immer härter mir erscheint.
Gedanken stürzen auf mich herab, wie längst vergessener Plunder aus einem überfüllten Schrank, sobald man die Tür öffnet.
Sie martern mich jede Nacht und doch spiele ich mit ihnen, pflege und erhalte sie.
Ich zweifle an meinem Leben, an meiner Aufrichtigkeit.
„Morgen ist wieder Alltag!“
Nur einer, doch verbirgt sich dahinter eine Ewigkeit. Eine die mich ängstigt.
Es ist wie der Plattenspieler, dessen Nadel, so bald sie den Rand einer Scheibe erreicht, immer wiederkehrt, an ein und den selben Punkt. Und viel zu kurz ist der Moment, der die diamantene Spitze in der Luft trägt, bis ein kratzender Aufschlag den Kreis wieder schließt.
Die Bilder kommen...
Eine Gleichgültigkeit steigt liebevoll und beruhigend in mich hinein.
Senkrecht stehe ich jetzt im knöchelhohen Gras.
Der Wind durchstreift es und er bewegt mich zu einem Lächeln. Ich tue es ihm gleich und bin,
mit nur einem Schritt, im hohen Geäst eines nahen Baumes.
Ich berühre ihn nur im Geiste, denn ich befinde mich, wenig versetzt und oberhalb seiner Krone, in der Luft.
Immer noch senkrecht zum Boden, drehe ich Kreise, mal schneller, mal nicht. Der Baum sieht mager aus, steht nackt in dieser tristen Graslandschaft und fuchtelt, beinahe mitleiderregend,
mit seinen dünnen Ästen in der Gegend herum.
Auf meine Frage, warum er denn keine Blätter trage, entgegnet der Baum, es sei eben nicht die Zeit dafür, und überhaupt könne er dann kaum einen Winter überleben.
Seine unerwartet mächtige Stimme, sie berührt mich der Länge nach im Rücken, schiebt mich voran.
Schon habe ich Felder und Wiesen, Flüsse, Seen und Meere hinter mir gelassen.
Ich werde langsam, halte an.
Noch immer in der Höhe des alten Baumes, falle ich zurück, schwebe waagrecht zum Boden.
Unter mir ist das Ungewisse und über mir ist die Sonne, inmitten einer weiten blauen Wand aus kalter frischer Luft. Unermüdlich brennt ein Feuer in ihr, als ob sie die Kälte fürchten müsste.
Als ich die Sonne frage, warum sie so hoch am Himmel stehe, heißt es nur, es sei nicht die Zeit unter zu gehen, und überhaupt trage sie dabei die Verantwortung für alles Leben.
Auch diese Stimme beschleunigt mich. Der Länge nach schiebt sie mich an, diesmal von vorne.
Ich falle ohne Angst, denn schon nach kurzer Zeit, hätte ich den Boden erreichen müssen.
Die Sonne ist nur noch ein Punkt und weiter entfernt als je zuvor.
Anstatt aufzuschlagen und einfach zu zerschmettern, fügt sich wie von selbst, ein steiniger Grund an meine Füße.
Unweit vor mir wartet der Schrecken. Was ich sehe bin ich selbst, am Ende eines Weges. Es ist das Ende meines Weges, denn ich bin alt. Ich lauf drauf zu, renne und schreie. Oben, am tiefen Abgrund steht meine Zukunft, mit Tränen in den Augen. Schwer, wiegt ein massiger Fels auf den alten Schultern - Er wird mein Ebenbild bald erschlagen.
Noch immer nicht oben, ruf ich hinauf: „Wirf ihn runter, es braucht doch nur einen kleinen Ruck!“
Der Greis der einst ich selbst gewesen, stammelt nur zwei Worte: „Zu spät-“
Was folgt ist nichts anderes, als ein wackliger, kleiner Schritt. Ohne Hoffnung, ohne Kraft. Hinab.
„Wo bin ich?“ frage ich mich plötzlich, und die mächtige Stimme des Weckers informiert mich. Sie dringt bis in den letzten Winkel meines Hirns, ohne wirklich etwas zu sagen.
Er und ich, wir lassen uns einmal mehr auf dieses Spielchen ein.
Er sagt ja, ich nein. Immer wieder.
Es ist längst Zeit aufzustehen, aber wie?
Mein eigener Wille fährt mit mir, einer Diesel-Lok gleich, mit Volldampf in die falsche Richtung.
Ich will da nicht hin, aber ich muss.
„Besser ich gehe, nicht?“