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Der Nachkomme

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21.01.2016
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Der Nachkomme

Ich halte meinen neugeborenen Sohn in den Armen und betrachte ihn mit tiefen Zweifeln. Fünf Tage ist er nun alt. Ein kraftstrotzender, gesunder Bub mit dem Gesicht eines Mädchens. Er lächelt zuckersüß, doch vermag ich es nicht, mit ihm zu fühlen. Seine dunklen Augen und die milchige Haut irritieren mich, erinnern mich an eine Begebenheit vor neun Monaten in den Highlands. Sie endete in einer Auseinandersetzung, bei der ich einen alten Mann erschlug. Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe, schwankte zwischen Gewissensbissen und Ärger und der Erkenntnis, dass mir keine Alternative geblieben war. Die Worte und Andeutungen des Alten verwirren mich bis heute und bei dem Anblick des Jungen brechen sie erneut mit unbändiger Gewalt aus meiner Erinnerung hervor. Ich schaue den Jungen an und verspüre den verstörenden Drang, ein Kissen auf sein Gesicht zu pressen und ihn zu ersticken.

Eine Woche unseres Urlaubs rollten wir auf schnurrenden Enduros durch die Weite und Stille der nordwestlichen Highlands. Was ich zu finden hoffte, konnte ich selbst nicht sagen. Vielleicht das ständig präsente Gefühl von Einsamkeit, das mir Abstand verschaffen sollte von der Hektik meines Berufsalltags und der Großstadt. Die alltäglichen Routinen, die sich in einer endlosen Spirale wiederholten, gaben mir das Gefühl, erlahmt zu sein in einer reizlosen und eintönigen Lebensweise mit gleichförmigen Eindrücken und Empfindungen.
Das Land begrüßte uns mit Nieselregen. Schroffe Klippen zogen an uns vorbei, auf deren Höhen einige Ruinen den Eindruck von verwunschenen und verfluchten Orten erweckten. Bei ihrem Anblick verspürte ich gleichermaßen einen befremdlichen Sog wie auch ein tiefes Unbehagen. Im Landesinneren dehnten sich Moor- und Hügellandschaften aus, die mit kleinen Gewässern durchsetzt waren, in denen Seerosen blühten.
Unsere erste Nacht verbrachten wir auf einer mit Moos und Flechten überzogenen Hochebene. Im Morgengrauen trank ich einen starken Kaffee. Trüber Nebel hing in Fetzen über der Landschaft und ein eisiger Wind pfiff über die Kuppen der Hügel, die sich wie Wellen bis zum Horizont türmten. Ich bemühte mich, die Erinnerung an einen befremdlichen Traum abzuschütteln. Ich stand in einem wabernden Halbdunkel, umgeben von Schatten, die ich bereitwillig umschloss, mit denen ich zu tanzen begann, als würde es einen tieferen Sinn ergeben. Ungläubig schüttelte ich den Kopf und pustete den Dampf aus meinem Becher.
Aus dem Dunst über der geschwungenen Straße schälten sich die Konturen von zwei Bikern. Das Brummen ihrer Maschinen schwoll im Wind an und ab.
„Ist wohl doch nicht so abgelegen, wie wir dachten“, sagte Maria und lächelte mich aus unserem Tunnelzelt an. Ich empfand ihr zärtliches Lächeln wie das Aufbrechen des düsteren Himmels und das Erscheinen der Sonne.
„Laden wir sie auf einen Kaffee ein“, grinste ich.
Maria kroch aus dem Zelt heraus und winkte den Bikern entgegen. Sie deutete auf die dampfende Kanne über dem offenen Feuer. Den Bikern schien unsere Einladung willkommen zu sein. Sie stoppten neben unseren Enduros und drückten die Ständer heraus. Fast elegant zogen sie die Helme ab und hängten sie auf die Lenkerenden.

Der erste Anblick verschlug mir fast den Atem. Die beiden waren von fesselnder Schönheit. Der Mann hatte ein schmales Gesicht mit brauner Haut. Er hatte nahezu gänzlich schwarze Augen und sein tiefschwarzes Haar glänzte seidig im morgendlichen Licht. Auf sein Handgelenk waren die drei ineinander verwundenen Kreise der unheiligen Dreifaltigkeit tätowiert. Das Symbol für Satan, den Antichrist und den falschen Propheten, wollte ich einem Klienten meiner Sozialarbeit Glauben schenken. Aberglauben, Religiösität, Esoterik, Astrologie und ähnliche Bekenntnisse begegneten mir häufig auf der Straße.
Als ich die Frau anschaute, musste ich schlucken. Ihr Gesicht erschien engelhaft, mit einer Haut wie weißer Marmor. Sie schüttelte anmutig ihr fuchsrotes, langes Haar aus. Ich bekam einen trockenen Mund und nippte an meinem Kaffee.
„Hallo, was hat euch hierher verschlagen“, begrüßte Maria die beiden und strich ihre Locken aus dem Gesicht. „Ich bin Maria, das ist Ben.“ Sie blickte kurz auf mich, dann schaute sie wieder wie gebannt in das Gesicht des fremden Mannes. In meinem Herzen spürte ich einen kleinen Stich. Zu verführerisch lächelte sie ihm zu. Sie fand ihn garantiert zum Anbeißen. Seine feinen Züge standen in krassem Gegensatz zu meinem kantigen Gesicht und in seinen Augen funkelte etwas, dass ich beunruhigend fand. Eine Eindringlichkeit, die mich gleichzeitig verwirrte, anzog und ärgerte. Er zog die Mundwinkel sanft nach oben, in einer Art, als hätte er Marias Frage erwartet.

„Ich bin Lilly und mein Freund heißt Lyon“, sagte die Porzellanprinzessin. Ihr Haar wehte leicht im Wind, ihre Augen waren fast rosa. Ich konnte meinen Blick von ihr nicht abwenden und kam mir dumm vor, weil ich so abschätzig über Maria gedacht hatte. Die beiden setzten sich auf den Boden und hielten ihre Hände vor das Feuer. Maria reichte ihnen ihren Alubecher.
„Einer für euch, einer für uns“, schmunzelte sie und griff nach meinem Becher, um einen Schluck daraus zu trinken. Maria verzog das Gesicht, als hätte sie auf einem sauren Drops gelutscht. Sie trank ihren Kaffee nicht wie ich ohne Zucker.
„Wir haben uns eine Burgruine angeschaut, nicht weit von hier“, sagte Lyon. „Sie ist auf keiner Karte verzeichnet. Der Teufel hat dort die Unterwelt verlassen, um die Herrschaft über die Menschheit zu ergreifen.“ Er lächelte verschmitzt und ich wusste nicht, ob er uns auf den Arm nehmen wollte.
„Glaubt ihr an den Teufel?“, fragte Lilly. Sie beugte sich vor und hielt Maria den Becher entgegen. In ihrem tiefen Ausschnitt baumelte ein Anhänger mit einem auf den Kopf gekehrten Drudenfuß. Das man in der Einöde schrägen Typen begegnen könnte, hatte ich einkalkuliert. Aber Okkultisten?
Maria lächelte verlegen, als sie den Becher der beiden mit dampfendem Kaffee füllte.
„Er hat es aber nicht geschafft, oder?“ Sie biss sich fast verschämt auf die Lippen. Lyon verzog keine Miene.
„Was ist passiert?“, fragte Maria, als hätte Unsicherheit sie dazu getrieben, einen Moment der Stille zu durchbrechen. Mit einem unguten Gefühl musterte ich mein Gegenüber, der Maria mit bohrendem Blick anschaute. Ich wollte ihn und seine Lilly möglichst schnell vom Hals haben. Mit schrägen Typen hatte ich als Streetworker schon mehr als genug zu tun. Hier und jetzt brauchte ich das nicht und bereute den Entschluss, sie eingeladen zu haben. Ihre Anwesenheit kam mir vor wie etwas Fremdartiges in meinem Empfinden. Ich wollte in dem Gefühl aufgehen, mit Maria vollkommen allein auf der Welt zu sein, mich beim Einschlafen an ihren warmen Körper schmiegen und spüren, dass meine Liebe zu ihr die Ewigkeit überdauern konnte.

„Es war im Jahre 1539“, erzählte Lyon. „Satan öffnete eine Pforte in die Welt der Menschen, mit der Hilfe seines Menschensohnes Lohim. Doch die Wächter des Himmelspfades erwarteten sie bereits und drängten die verlorenen Seelen zurück über die Schwelle ins Jenseits. Sie verschlossen die Pforte und versiegelten sie mit dem Symbol der Macht und der Wachsamkeit, mit einem Löwenkopf.“
Maria schaute Lyon mit geöffnetem Mund an. Ich wusste nicht, ob sie beeindruckt oder einfach nur zu keinem klaren Gedanken fähig war. Von mir erntete Lyon einen eher giftigen Blick.
„Misstraust du Fremden?“, fragte mich Lilly.
Ein interessanter Gedanke, wie ich fand. Misstraute ich Fremden? Ich tendierte mehr zu einem Ja, kam aber nicht dazu, dies auch auszusprechen. Zu sehr verdutzte mich, dass Lilly eine handvoll Steine hervorzog und auf den Boden neben mir warf. Flache, bunt schimmernde Steine, die wie Schmuckstücke aussahen, mit fremdartigen Schriftzeichen in dünnen, schwarzen Linien darauf. Erstaunt brachte ich nicht mehr zustande, als ihr in die rosa Augen zu blicken. Sie pickte zwei heraus und warf mir und Maria jeweils einen davon zu.
„Diese Amulette werden euch schützen, wenn ihr das Portal besucht“, sagte sie.
Ich musste ein Lachen unterdrücken, nahm den Stein aber gerne an, um mich später einmal an diese skurrile Begebenheit zu erinnern.
„Die Burg wurde von der Kirche errichtet“, fuhr Lyon unbeirrt fort, „um die Pforte zu bewachen. Irgendwann geriet sie in Vergessenheit. Aber die Pforte existiert noch, ihr solltet euch also vorsehen.“
Maria und ich schauten uns vielsagend an. Meine Neugierde hatte die Geschichte aber schon geweckt. Ein Kampf zwischen Dämonen und Engeln um den Fortbestand der Welt, auch wenn das Thema nicht unbedingt neu war und ich wohl schon einige Filme dieser Art gesehen haben musste. Die beiden schienen unseren Unmut zu spüren. Vielleicht betrachteten sie uns auch als hoffnungslose Fälle. Jedoch fiel mir ein Stein vom Herzen, als sie den Pott mit Kaffee geleert hatten, sich bedankten und wieder aufbrachen. Wir ließen uns noch eine Wegbeschreibung zu der Burg geben und ich kann nicht leugnen, dass irgendeine schräge Faszination mich gepackt hatte. Drei Stunden später blickten wir auf das verwitterte Gemäuer.

Wir liefen auf einen freistehenden Torbogen zu. In der oberen Fläche des Bogens befand sich ein in den Stein gemeißeltes Wappen mit einen geflügelten Löwen, der uns ein offenes Buch entgegenhielt. Maria runzelte die Stirn und schaute mich neckisch an. Es entlockte mir ein Lächeln.
Ein von Efeu überwucherter Wachturm ragte ein Stück weit hinter dem Durchgang in die Höhe. Daneben stemmten sich die bröckelnden Ruinen einer Burgmauer gegen den Wind und im Boden gähnte ein ummauerter Brunnen. In der Ferne war ein fensterloses Haus aus grobem Stein zu erkennen und ein Gatter mit Ziegen.
„Nicht so aufregend, wie Lyon es uns verkauft hat“, sagte Maria.
Das sie seinen Name erwähnte, verdüsterte meine Stimmung, doch sah ich die reizvollen Gesichtszüge von Lilly vor mir und malte mir ihren unbekleideten, elfenhaften Körper aus.
„Träumst du?“ Maria schaute mich skeptisch an und streifte die Haare über ihre Schultern.
Ich spürte einen heißen Schrecken, als wäre ich bei etwas Unanständigem erwischt worden. Ich schaute auf Marias feste Brüste und fühlte Erregung in mir aufsteigen.
„War nur kurz gedankenlos“, erwiderte ich mit schwerer Zunge und durchschritt den Torbogen. Mein erster Blick fiel auf einen schmiedeeisernen Zaun mit wuchtigen Zierspitzen, der sich in einer halben Rundung vor dem Fels dahinzog und an beiden Seiten im Gestein endete. In seiner Mitte befand sich ein Gittertor mit zwei Flügeln. Dahinter stand eine Art Altar, der umfasst war mit geflügelten und nackten Wesen, die sich mit entstellten Gesichtern ineinander verschlangen. Aus dem Felsen erhob sich das Relief eines Löwenkopfes. Aus seinen Augen ragten zwei dicke Ketten, die an einer Seite des Opfertisches verankert waren.
„Ziemlich schräg“, sagte ich und ging auf das Flügeltor zu. Ich drückte den schweren Griff herab und zog einen Flügel zurück.
„Warte, Ben.“ Mit zwei schnellen Schritten stand Maria neben mir und fasste mich am Arm. Unsicherheit schillerte in ihren Augen.
„Fürchtest du den Teufel, Mia?“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wir waren aufgeklärte Menschen, doch bei Maria schwang zuweilen etwas Esoterisches, Mystisches mit. Ich machte mich nie darüber lustig und versuchte zu argumentieren. Doch wusste ich nie so wirklich, ob ich mit meinen sachlichen Erörterungen ihre verschwommenen Ansichten ein wenig schärfen konnte. Maria lächelte verlegen.
„Lass uns reingehen“, sagte ich und betrat das Innere der Einzäunung. Der übergroße Löwenkopf zog mich in seinen Bann. Mit den zurückgezogenen Lefzen und den Reißzähnen wirkte er bedrohlich.
Auf meinem Oberschenkel begann es zu brennen. Ich griff in die Tasche und ertastete den Stein von Lilly, den ich herauszog und auf meiner Handfläche betrachtete. Die Symbole im Inneren des Steines glühten und hatten ein Brandmal in meiner Haut hinterlassen. Ich warf ihn fort und schüttelte meine Hand. Auch Maria hatte ihren Stein hervorgezogen und fallenlassen. Ein feiner Rauchfaden stieg aus den Flechten vor ihren Füßen empor. Wir schauten uns erstaunt an.
„Ben, was ist das?“ Mit hängenden Schultern stand Maria da. Zitterte ihre Stimme oder kam es mir nur so vor?

Schwarze Wolken zogen sich über unseren Köpfen zusammen. Ich fühlte, dass sich etwas Kaltes in mir ausbreitete und durch meine Adern kroch. Das Gesicht von Maria wirkte mittlerweile entrückt. Wie entseelt blickte sie mich an, entblößte ihren Körper und ließ ihre Kleidung achtlos zu Boden gleiten. Maria schob sich auf die glänzend weiße Fläche des Altars. Mit weit gespreizten Beinen lehnte sie sich zurück und stieß einen Seufzer aus. Schwindel erfasste mich, meine Knie wurden weich, mein Blick trübte sich. Wie in Trance zerrte ich meine Kleidung vom Körper. Ein kühler Wind, der von Sekunde zu Sekunde stärker wurde, wirbelte Staub auf. Ekstatisches Stimmengewirr malträtierte meine Ohren. Vor meinem geistigen Auge entfalteten sich pornographische Bilder, verschwommene Sequenzen, wie schemenhafte Erinnerungen aus den Tiefen meiner Phantasie.

„Nein“, stammelte ich. Wie eine dunkle Welle brach es heran. Jede Zelle bis zum Zerreißen gespannt, jede Ader mit kochendem Blut gefüllt, vereinigte ich mich mit Maria. Sie schlang ihre Beine um meinen Körper und krallte sich in meine Schultern. Ihr von Lust verzerrtes Gesicht hatte nichts Menschliches mehr an sich. Sie verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war. Tosender Wind riss an meinem Haar, Regentropfen glitzerten in der Luft, der Himmel war fast schwarz. Die Feuchtigkeit glänzte auf Marias Haut, ihre Brüste hoben und senkten sich in schnellem Takt. Ich trieb in einem Strom der Lust. Der prasselnde Regen rauschte wie ein Wasserfall in meinen Ohren, mein Stöhnen mischte sich in das Brausen des Windes. Ich fasste Marias nasses Haar und riss ihren Kopf nach hinten. Zuckend ergoss ich mich in ihren Unterleib. Blitze schlugen in die verankerten Ketten und sprengten den Löwenkopf aus der Wand. Die Felsstücke schlugen klatschend auf den nassen Boden. Dann, von einer Sekunde auf die andere … vollkommene Stille. Kein Regen, kein Wind, der Himmel klarte auf, als wäre ich aus einem absurden Traum erwacht.
Nur langsam kam ich zur Besinnung und löste mich von Maria. Sie schaute mich verstört an.
„Alles in Ordnung?“ fragte ich unsicher.
Mit niedergeschlagenen Augen schloss Maria ihre Beine, rutschte von der Altarplatte und bückte sich nach ihrer Kleidung.
„Ich verstehe das nicht.“ Sie presste etwas Regenwasser aus ihrem Slip und schlüpfte hinein.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich stand vollkommen neben mir“, sagte ich. Ein kribbelnder Schauer lief mir über den Rücken, als ich meine feuchtkalte, notdürftig ausgewrungene Kleidung überstreifte. Der Boden war mit faustgroßen Steinen übersät. Mein Blick fiel auf eines der Amulette. Es glühte nicht mehr und hatte seine Farbe verändert. Mit Daumen und Zeigefinger griff ich nach ihm und es zerbröselte zwischen meinen Fingerkuppen.
„Lass uns schnell verschwinden.“ Ich hörte Angst in Marias Stimme und wollte ihr zustimmen, doch fiel mein Blick auf die kleine Grotte, die der zerstobene Löwenkopf freigegeben hatte.
„Nein, bitte, Ben.“ Maria hatte meinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet. „Bitte, Ben. Ich will hier weg“, wisperte sie.
„Nur eine Minute“, sagte ich und schritt in die Grotte. Es roch nach Feuchtigkeit und Moder. Ein gewellter Torbogen war in das Gestein eingelassen. Der Fels darin schien sich fast unmerklich zu verschieben. Ich blinzelte mehrmals, wurde den Eindruck aber nicht los, dass die kantige Oberfläche des Fels ineinander verschwamm. Dann hörte ich Maria meinen Namen schreien und stürmte aus der Grotte.

Ein grauhaariger Mann in einer bodenlangen Kutte stach mit einem Messer nach Maria. Die Klinge rutschte an ihrer Lederjacke ab. Wie benommen taumelte Maria rückwärts.
„Briod an diabhail“, brüllte der Alte auf gälisch, Teufelsbraut, und schritt ihr ungelenk nach. Seine Augen quollen aus den Höhlen hervor. „Der Sohn des Teufels öffnet die Pforte zur Hölle“, schrie er auf Latein und spuckte Speichel in seinem Zorn.
Von Wut gepackt rannte ich in den hageren Körper, stieß ihn zu Boden und landete auf der knochigen Gestalt. Die Augen des Alten zuckten umher und er fletschte die Zähne. Meine Finger umklammerten die Hand mit dem Messer, welche immer wieder ruckartig zu meinem Körper stieß. Ich ergriff einen faustgroßen Stein neben seinem Kopf und schlug wie im Rausch auf sein Gesicht ein, als würde eine Welle der Raserei mich mit sich zerren wie ein reißender Strom.
„Briod an diabhail“, stöhnte er noch einmal und verstummte.
„Ben“, hörte ich Maria schreien, „Ben, hör auf.“ Es erschien mir wie Wortfetzen in einem brausenden Sturm, die ich nicht begriff. Ich schlug zu, wieder und wieder, bis von dem Gesicht nichts mehr zu erkennen war. Ich werde diesen Anblick nie vergessen. Erschöpft hielt ich ein. Maria stand eingesunken da, das Gesicht in den Händen vergraben und weinte hemmungslos.

Ich schaue auf den kleinen Körper in meinen Armen. Verbissen kämpfe ich mit den Tränen und frage mich, ob ich ihn jemals lieben könnte. Halte ich hier den menschlichen Sohn Satans in den Armen oder mein eigenes Kind? Taumel ich wie ein Besessener in absurden Phantastereien umher oder liegt es in meinen Händen, die Welt vor dem Untergang zu bewahren?

 
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Hallo Rainer Hohn ,
(Du glaubst gar nicht, was ich Dich um diesen Namen beneide!, andererseits, keiner wäscht reiner, Rainer muss sich selber waschen, galt der Reim gegen Barzel nach dem Misstrauensvotum vs. Brandt),

ich komm morgen, spätestens Übermorgen drauf zurück. Muss Ladie's Night schauen, schließlich kann ich zu Frau Jahnke auf einem Bei rüberhüpfen und wer will es sich schon mit einer ehem. Missfit verderben? Dante Friedchen nicht!

Bis dann

Friedel

Hallo @Rainer Hohn ,

'n Tag später merk ich erst, dass ich die Anwort gestern noch hätte geben können - aber ich hatte noch mehr Fragen eigentlich vermutet. Aber ist ja nix Sensationelles, also

„Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüber, …“
Hier hast du mich jetzt wirklich erwischt. Das klingt für mich so abgehackt und schräg. Bist du sicher, dass „meinen“ nicht auch möglich ist? Für mich klingt es mit "meinen" so unglaublich korrekt und ich habe Zweifel, das ich es ändern werde, weil es einfach besser klingt. Ziemlich dämlich, oder?

Da wirstu mit Leben müsssen,

bedauernswertes Geschöpf,

aber zum Possessivpronomen „mein / meines / meinem / ...“ gibt‘s keine besondere Form eines Akkusativs „meinen“ wie beim Artikel „der / des / dem / den“, „mein“ ist dem „das“ nachgebildet (das / des / dem / das).

Um es mal so zu sagen, eine bewusst eingesetzte Falschschreibung ist ja nicht lebensgefährlich. Wir sind doch nicht im Mandarinensystem des alten China ...

Tschüss und vorsorglich ein schönes Wochenende, wünscht der

Friedel

 

Hallo!


@Rainer Hohn

Ich wollte mich mal einmischen:

„Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüber, …“
Hier hast du mich jetzt wirklich erwischt. Das klingt für mich so abgehackt und schräg. Bist du sicher, dass „meinen“ nicht auch möglich ist? Für mich klingt es mit "meinen" so unglaublich korrekt und ich habe Zweifel, das ich es ändern werde, weil es einfach besser klingt. Ziemlich dämlich, oder?
Vielleicht ist die, im sprachlichen Alltag, eher ungebräuchliche Substantivierung von 'gegenüber' hier einfach etwas verwirrend?
Wie wäre es mit einem einfachen Beispiel?
Das Haus - Mit einem unguten Gefühl musterte ich mein Haus
Das Gegenüber - Mit einem unguten Gefühl musterte ich mein Gegenüber

So stehen lassen würde ich es nicht, es wirkt in jedem Falle unprofessionell.

"Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüberstehenden" wäre vllt eine andere Variante - weil hier: der Gegenüberstehende

Manchmal klingen richtige Schreibweisen falsch, weil wir sie sonst sprachlich falsch verwenden, ein Gegenbeispiel hilft mir in solchen Fällen häufig.

Hilft das? Ich hoffe das ist jetzt nicht völlig fehl am Platze.

MfG Putrid Palace

 

Hallo @Putrid Palace ,

So stehen lassen würde ich es nicht, es wirkt in jedem Falle unprofessionell.

Das ist ein überzeugendes Argument. Ich werde es ändern, auch wenn es mir schwer über die Lippen kommt.

Ich hoffe, ich interpretiere es richtig, bei das (Haus) würde ich "mein" schreiben, bei der (Wagen) "meinen". Es hängt vom Artikel ab.

Das einzige, was mich jetzt noch verwirrt ist: das Gegenüber, bezogen auf gegenständlich Gegenüber, oder der Gegenüber, bezogen auf männlich oder die Gegenüber, bezogen auf weiblich. Aber bei die Gegenüber(sitzende) merke ich jetzt, das haut nicht hin. Alles klar und danke für die Deutschlektion.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Ich hoffe, ich interpretiere es richtig, bei das (Haus) würde ich "mein" schreiben, bei der (Wagen) "meinen". Es hängt vom Artikel ab.

So isset,

lieber Rainer,

ich besuche meinen Vater, aber ich besuche mein Kind.

Selbst wenn das frz. Original zum"Gegebüber" (vis-a-vis) verwendet würde, es bliebe "das" und "mein" im Akkusativ. Ein nicht ganz sauberes Synonym zum Gegenüber wäre der Nachbar, wobei die Vorsilbe ja nicht ein "nach" sondern das Adjektiv "nahe" ist (in "unnahbar" kommt es ohne Reibelaut aus, hängt mir der Sprachgeschichtet zusammen, wo das heutige Dehnungs-h identisch mit dem ch war).

Schönen Restsonntag und überhaupt schöne Tage diese Tage, geht ja jetzt rattapeng ...

Friedel

 

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