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Der Nachkomme

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21.01.2016
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Der Nachkomme

Ich halte meinen neugeborenen Sohn in den Armen und betrachte ihn mit tiefen Zweifeln. Fünf Tage ist er nun alt. Ein kraftstrotzender, gesunder Bub mit dem Gesicht eines Mädchens. Er lächelt zuckersüß, doch vermag ich es nicht, mit ihm zu fühlen. Seine dunklen Augen und die milchige Haut irritieren mich, erinnern mich an eine Begebenheit vor neun Monaten in den Highlands. Sie endete in einer Auseinandersetzung, bei der ich einen alten Mann erschlug. Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe, schwankte zwischen Gewissensbissen und Ärger und der Erkenntnis, dass mir keine Alternative geblieben war. Die Worte und Andeutungen des Alten verwirren mich bis heute und bei dem Anblick des Jungen brechen sie erneut mit unbändiger Gewalt aus meiner Erinnerung hervor. Ich schaue den Jungen an und verspüre den verstörenden Drang, ein Kissen auf sein Gesicht zu pressen und ihn zu ersticken.

Eine Woche unseres Urlaubs rollten wir auf schnurrenden Enduros durch die Weite und Stille der nordwestlichen Highlands. Was ich zu finden hoffte, konnte ich selbst nicht sagen. Vielleicht das ständig präsente Gefühl von Einsamkeit, das mir Abstand verschaffen sollte von der Hektik meines Berufsalltags und der Großstadt. Die alltäglichen Routinen, die sich in einer endlosen Spirale wiederholten, gaben mir das Gefühl, erlahmt zu sein in einer reizlosen und eintönigen Lebensweise mit gleichförmigen Eindrücken und Empfindungen.
Das Land begrüßte uns mit Nieselregen. Schroffe Klippen zogen an uns vorbei, auf deren Höhen einige Ruinen den Eindruck von verwunschenen und verfluchten Orten erweckten. Bei ihrem Anblick verspürte ich gleichermaßen einen befremdlichen Sog wie auch ein tiefes Unbehagen. Im Landesinneren dehnten sich Moor- und Hügellandschaften aus, die mit kleinen Gewässern durchsetzt waren, in denen Seerosen blühten.
Unsere erste Nacht verbrachten wir auf einer mit Moos und Flechten überzogenen Hochebene. Im Morgengrauen trank ich einen starken Kaffee. Trüber Nebel hing in Fetzen über der Landschaft und ein eisiger Wind pfiff über die Kuppen der Hügel, die sich wie Wellen bis zum Horizont türmten. Ich bemühte mich, die Erinnerung an einen befremdlichen Traum abzuschütteln. Ich stand in einem wabernden Halbdunkel, umgeben von Schatten, die ich bereitwillig umschloss, mit denen ich zu tanzen begann, als würde es einen tieferen Sinn ergeben. Ungläubig schüttelte ich den Kopf und pustete den Dampf aus meinem Becher.
Aus dem Dunst über der geschwungenen Straße schälten sich die Konturen von zwei Bikern. Das Brummen ihrer Maschinen schwoll im Wind an und ab.
„Ist wohl doch nicht so abgelegen, wie wir dachten“, sagte Maria und lächelte mich aus unserem Tunnelzelt an. Ich empfand ihr zärtliches Lächeln wie das Aufbrechen des düsteren Himmels und das Erscheinen der Sonne.
„Laden wir sie auf einen Kaffee ein“, grinste ich.
Maria kroch aus dem Zelt heraus und winkte den Bikern entgegen. Sie deutete auf die dampfende Kanne über dem offenen Feuer. Den Bikern schien unsere Einladung willkommen zu sein. Sie stoppten neben unseren Enduros und drückten die Ständer heraus. Fast elegant zogen sie die Helme ab und hängten sie auf die Lenkerenden.

Der erste Anblick verschlug mir fast den Atem. Die beiden waren von fesselnder Schönheit. Der Mann hatte ein schmales Gesicht mit brauner Haut. Er hatte nahezu gänzlich schwarze Augen und sein tiefschwarzes Haar glänzte seidig im morgendlichen Licht. Auf sein Handgelenk waren die drei ineinander verwundenen Kreise der unheiligen Dreifaltigkeit tätowiert. Das Symbol für Satan, den Antichrist und den falschen Propheten, wollte ich einem Klienten meiner Sozialarbeit Glauben schenken. Aberglauben, Religiösität, Esoterik, Astrologie und ähnliche Bekenntnisse begegneten mir häufig auf der Straße.
Als ich die Frau anschaute, musste ich schlucken. Ihr Gesicht erschien engelhaft, mit einer Haut wie weißer Marmor. Sie schüttelte anmutig ihr fuchsrotes, langes Haar aus. Ich bekam einen trockenen Mund und nippte an meinem Kaffee.
„Hallo, was hat euch hierher verschlagen“, begrüßte Maria die beiden und strich ihre Locken aus dem Gesicht. „Ich bin Maria, das ist Ben.“ Sie blickte kurz auf mich, dann schaute sie wieder wie gebannt in das Gesicht des fremden Mannes. In meinem Herzen spürte ich einen kleinen Stich. Zu verführerisch lächelte sie ihm zu. Sie fand ihn garantiert zum Anbeißen. Seine feinen Züge standen in krassem Gegensatz zu meinem kantigen Gesicht und in seinen Augen funkelte etwas, dass ich beunruhigend fand. Eine Eindringlichkeit, die mich gleichzeitig verwirrte, anzog und ärgerte. Er zog die Mundwinkel sanft nach oben, in einer Art, als hätte er Marias Frage erwartet.

„Ich bin Lilly und mein Freund heißt Lyon“, sagte die Porzellanprinzessin. Ihr Haar wehte leicht im Wind, ihre Augen waren fast rosa. Ich konnte meinen Blick von ihr nicht abwenden und kam mir dumm vor, weil ich so abschätzig über Maria gedacht hatte. Die beiden setzten sich auf den Boden und hielten ihre Hände vor das Feuer. Maria reichte ihnen ihren Alubecher.
„Einer für euch, einer für uns“, schmunzelte sie und griff nach meinem Becher, um einen Schluck daraus zu trinken. Maria verzog das Gesicht, als hätte sie auf einem sauren Drops gelutscht. Sie trank ihren Kaffee nicht wie ich ohne Zucker.
„Wir haben uns eine Burgruine angeschaut, nicht weit von hier“, sagte Lyon. „Sie ist auf keiner Karte verzeichnet. Der Teufel hat dort die Unterwelt verlassen, um die Herrschaft über die Menschheit zu ergreifen.“ Er lächelte verschmitzt und ich wusste nicht, ob er uns auf den Arm nehmen wollte.
„Glaubt ihr an den Teufel?“, fragte Lilly. Sie beugte sich vor und hielt Maria den Becher entgegen. In ihrem tiefen Ausschnitt baumelte ein Anhänger mit einem auf den Kopf gekehrten Drudenfuß. Das man in der Einöde schrägen Typen begegnen könnte, hatte ich einkalkuliert. Aber Okkultisten?
Maria lächelte verlegen, als sie den Becher der beiden mit dampfendem Kaffee füllte.
„Er hat es aber nicht geschafft, oder?“ Sie biss sich fast verschämt auf die Lippen. Lyon verzog keine Miene.
„Was ist passiert?“, fragte Maria, als hätte Unsicherheit sie dazu getrieben, einen Moment der Stille zu durchbrechen. Mit einem unguten Gefühl musterte ich mein Gegenüber, der Maria mit bohrendem Blick anschaute. Ich wollte ihn und seine Lilly möglichst schnell vom Hals haben. Mit schrägen Typen hatte ich als Streetworker schon mehr als genug zu tun. Hier und jetzt brauchte ich das nicht und bereute den Entschluss, sie eingeladen zu haben. Ihre Anwesenheit kam mir vor wie etwas Fremdartiges in meinem Empfinden. Ich wollte in dem Gefühl aufgehen, mit Maria vollkommen allein auf der Welt zu sein, mich beim Einschlafen an ihren warmen Körper schmiegen und spüren, dass meine Liebe zu ihr die Ewigkeit überdauern konnte.

„Es war im Jahre 1539“, erzählte Lyon. „Satan öffnete eine Pforte in die Welt der Menschen, mit der Hilfe seines Menschensohnes Lohim. Doch die Wächter des Himmelspfades erwarteten sie bereits und drängten die verlorenen Seelen zurück über die Schwelle ins Jenseits. Sie verschlossen die Pforte und versiegelten sie mit dem Symbol der Macht und der Wachsamkeit, mit einem Löwenkopf.“
Maria schaute Lyon mit geöffnetem Mund an. Ich wusste nicht, ob sie beeindruckt oder einfach nur zu keinem klaren Gedanken fähig war. Von mir erntete Lyon einen eher giftigen Blick.
„Misstraust du Fremden?“, fragte mich Lilly.
Ein interessanter Gedanke, wie ich fand. Misstraute ich Fremden? Ich tendierte mehr zu einem Ja, kam aber nicht dazu, dies auch auszusprechen. Zu sehr verdutzte mich, dass Lilly eine handvoll Steine hervorzog und auf den Boden neben mir warf. Flache, bunt schimmernde Steine, die wie Schmuckstücke aussahen, mit fremdartigen Schriftzeichen in dünnen, schwarzen Linien darauf. Erstaunt brachte ich nicht mehr zustande, als ihr in die rosa Augen zu blicken. Sie pickte zwei heraus und warf mir und Maria jeweils einen davon zu.
„Diese Amulette werden euch schützen, wenn ihr das Portal besucht“, sagte sie.
Ich musste ein Lachen unterdrücken, nahm den Stein aber gerne an, um mich später einmal an diese skurrile Begebenheit zu erinnern.
„Die Burg wurde von der Kirche errichtet“, fuhr Lyon unbeirrt fort, „um die Pforte zu bewachen. Irgendwann geriet sie in Vergessenheit. Aber die Pforte existiert noch, ihr solltet euch also vorsehen.“
Maria und ich schauten uns vielsagend an. Meine Neugierde hatte die Geschichte aber schon geweckt. Ein Kampf zwischen Dämonen und Engeln um den Fortbestand der Welt, auch wenn das Thema nicht unbedingt neu war und ich wohl schon einige Filme dieser Art gesehen haben musste. Die beiden schienen unseren Unmut zu spüren. Vielleicht betrachteten sie uns auch als hoffnungslose Fälle. Jedoch fiel mir ein Stein vom Herzen, als sie den Pott mit Kaffee geleert hatten, sich bedankten und wieder aufbrachen. Wir ließen uns noch eine Wegbeschreibung zu der Burg geben und ich kann nicht leugnen, dass irgendeine schräge Faszination mich gepackt hatte. Drei Stunden später blickten wir auf das verwitterte Gemäuer.

Wir liefen auf einen freistehenden Torbogen zu. In der oberen Fläche des Bogens befand sich ein in den Stein gemeißeltes Wappen mit einen geflügelten Löwen, der uns ein offenes Buch entgegenhielt. Maria runzelte die Stirn und schaute mich neckisch an. Es entlockte mir ein Lächeln.
Ein von Efeu überwucherter Wachturm ragte ein Stück weit hinter dem Durchgang in die Höhe. Daneben stemmten sich die bröckelnden Ruinen einer Burgmauer gegen den Wind und im Boden gähnte ein ummauerter Brunnen. In der Ferne war ein fensterloses Haus aus grobem Stein zu erkennen und ein Gatter mit Ziegen.
„Nicht so aufregend, wie Lyon es uns verkauft hat“, sagte Maria.
Das sie seinen Name erwähnte, verdüsterte meine Stimmung, doch sah ich die reizvollen Gesichtszüge von Lilly vor mir und malte mir ihren unbekleideten, elfenhaften Körper aus.
„Träumst du?“ Maria schaute mich skeptisch an und streifte die Haare über ihre Schultern.
Ich spürte einen heißen Schrecken, als wäre ich bei etwas Unanständigem erwischt worden. Ich schaute auf Marias feste Brüste und fühlte Erregung in mir aufsteigen.
„War nur kurz gedankenlos“, erwiderte ich mit schwerer Zunge und durchschritt den Torbogen. Mein erster Blick fiel auf einen schmiedeeisernen Zaun mit wuchtigen Zierspitzen, der sich in einer halben Rundung vor dem Fels dahinzog und an beiden Seiten im Gestein endete. In seiner Mitte befand sich ein Gittertor mit zwei Flügeln. Dahinter stand eine Art Altar, der umfasst war mit geflügelten und nackten Wesen, die sich mit entstellten Gesichtern ineinander verschlangen. Aus dem Felsen erhob sich das Relief eines Löwenkopfes. Aus seinen Augen ragten zwei dicke Ketten, die an einer Seite des Opfertisches verankert waren.
„Ziemlich schräg“, sagte ich und ging auf das Flügeltor zu. Ich drückte den schweren Griff herab und zog einen Flügel zurück.
„Warte, Ben.“ Mit zwei schnellen Schritten stand Maria neben mir und fasste mich am Arm. Unsicherheit schillerte in ihren Augen.
„Fürchtest du den Teufel, Mia?“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wir waren aufgeklärte Menschen, doch bei Maria schwang zuweilen etwas Esoterisches, Mystisches mit. Ich machte mich nie darüber lustig und versuchte zu argumentieren. Doch wusste ich nie so wirklich, ob ich mit meinen sachlichen Erörterungen ihre verschwommenen Ansichten ein wenig schärfen konnte. Maria lächelte verlegen.
„Lass uns reingehen“, sagte ich und betrat das Innere der Einzäunung. Der übergroße Löwenkopf zog mich in seinen Bann. Mit den zurückgezogenen Lefzen und den Reißzähnen wirkte er bedrohlich.
Auf meinem Oberschenkel begann es zu brennen. Ich griff in die Tasche und ertastete den Stein von Lilly, den ich herauszog und auf meiner Handfläche betrachtete. Die Symbole im Inneren des Steines glühten und hatten ein Brandmal in meiner Haut hinterlassen. Ich warf ihn fort und schüttelte meine Hand. Auch Maria hatte ihren Stein hervorgezogen und fallenlassen. Ein feiner Rauchfaden stieg aus den Flechten vor ihren Füßen empor. Wir schauten uns erstaunt an.
„Ben, was ist das?“ Mit hängenden Schultern stand Maria da. Zitterte ihre Stimme oder kam es mir nur so vor?

Schwarze Wolken zogen sich über unseren Köpfen zusammen. Ich fühlte, dass sich etwas Kaltes in mir ausbreitete und durch meine Adern kroch. Das Gesicht von Maria wirkte mittlerweile entrückt. Wie entseelt blickte sie mich an, entblößte ihren Körper und ließ ihre Kleidung achtlos zu Boden gleiten. Maria schob sich auf die glänzend weiße Fläche des Altars. Mit weit gespreizten Beinen lehnte sie sich zurück und stieß einen Seufzer aus. Schwindel erfasste mich, meine Knie wurden weich, mein Blick trübte sich. Wie in Trance zerrte ich meine Kleidung vom Körper. Ein kühler Wind, der von Sekunde zu Sekunde stärker wurde, wirbelte Staub auf. Ekstatisches Stimmengewirr malträtierte meine Ohren. Vor meinem geistigen Auge entfalteten sich pornographische Bilder, verschwommene Sequenzen, wie schemenhafte Erinnerungen aus den Tiefen meiner Phantasie.

„Nein“, stammelte ich. Wie eine dunkle Welle brach es heran. Jede Zelle bis zum Zerreißen gespannt, jede Ader mit kochendem Blut gefüllt, vereinigte ich mich mit Maria. Sie schlang ihre Beine um meinen Körper und krallte sich in meine Schultern. Ihr von Lust verzerrtes Gesicht hatte nichts Menschliches mehr an sich. Sie verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war. Tosender Wind riss an meinem Haar, Regentropfen glitzerten in der Luft, der Himmel war fast schwarz. Die Feuchtigkeit glänzte auf Marias Haut, ihre Brüste hoben und senkten sich in schnellem Takt. Ich trieb in einem Strom der Lust. Der prasselnde Regen rauschte wie ein Wasserfall in meinen Ohren, mein Stöhnen mischte sich in das Brausen des Windes. Ich fasste Marias nasses Haar und riss ihren Kopf nach hinten. Zuckend ergoss ich mich in ihren Unterleib. Blitze schlugen in die verankerten Ketten und sprengten den Löwenkopf aus der Wand. Die Felsstücke schlugen klatschend auf den nassen Boden. Dann, von einer Sekunde auf die andere … vollkommene Stille. Kein Regen, kein Wind, der Himmel klarte auf, als wäre ich aus einem absurden Traum erwacht.
Nur langsam kam ich zur Besinnung und löste mich von Maria. Sie schaute mich verstört an.
„Alles in Ordnung?“ fragte ich unsicher.
Mit niedergeschlagenen Augen schloss Maria ihre Beine, rutschte von der Altarplatte und bückte sich nach ihrer Kleidung.
„Ich verstehe das nicht.“ Sie presste etwas Regenwasser aus ihrem Slip und schlüpfte hinein.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich stand vollkommen neben mir“, sagte ich. Ein kribbelnder Schauer lief mir über den Rücken, als ich meine feuchtkalte, notdürftig ausgewrungene Kleidung überstreifte. Der Boden war mit faustgroßen Steinen übersät. Mein Blick fiel auf eines der Amulette. Es glühte nicht mehr und hatte seine Farbe verändert. Mit Daumen und Zeigefinger griff ich nach ihm und es zerbröselte zwischen meinen Fingerkuppen.
„Lass uns schnell verschwinden.“ Ich hörte Angst in Marias Stimme und wollte ihr zustimmen, doch fiel mein Blick auf die kleine Grotte, die der zerstobene Löwenkopf freigegeben hatte.
„Nein, bitte, Ben.“ Maria hatte meinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet. „Bitte, Ben. Ich will hier weg“, wisperte sie.
„Nur eine Minute“, sagte ich und schritt in die Grotte. Es roch nach Feuchtigkeit und Moder. Ein gewellter Torbogen war in das Gestein eingelassen. Der Fels darin schien sich fast unmerklich zu verschieben. Ich blinzelte mehrmals, wurde den Eindruck aber nicht los, dass die kantige Oberfläche des Fels ineinander verschwamm. Dann hörte ich Maria meinen Namen schreien und stürmte aus der Grotte.

Ein grauhaariger Mann in einer bodenlangen Kutte stach mit einem Messer nach Maria. Die Klinge rutschte an ihrer Lederjacke ab. Wie benommen taumelte Maria rückwärts.
„Briod an diabhail“, brüllte der Alte auf gälisch, Teufelsbraut, und schritt ihr ungelenk nach. Seine Augen quollen aus den Höhlen hervor. „Der Sohn des Teufels öffnet die Pforte zur Hölle“, schrie er auf Latein und spuckte Speichel in seinem Zorn.
Von Wut gepackt rannte ich in den hageren Körper, stieß ihn zu Boden und landete auf der knochigen Gestalt. Die Augen des Alten zuckten umher und er fletschte die Zähne. Meine Finger umklammerten die Hand mit dem Messer, welche immer wieder ruckartig zu meinem Körper stieß. Ich ergriff einen faustgroßen Stein neben seinem Kopf und schlug wie im Rausch auf sein Gesicht ein, als würde eine Welle der Raserei mich mit sich zerren wie ein reißender Strom.
„Briod an diabhail“, stöhnte er noch einmal und verstummte.
„Ben“, hörte ich Maria schreien, „Ben, hör auf.“ Es erschien mir wie Wortfetzen in einem brausenden Sturm, die ich nicht begriff. Ich schlug zu, wieder und wieder, bis von dem Gesicht nichts mehr zu erkennen war. Ich werde diesen Anblick nie vergessen. Erschöpft hielt ich ein. Maria stand eingesunken da, das Gesicht in den Händen vergraben und weinte hemmungslos.

Ich schaue auf den kleinen Körper in meinen Armen. Verbissen kämpfe ich mit den Tränen und frage mich, ob ich ihn jemals lieben könnte. Halte ich hier den menschlichen Sohn Satans in den Armen oder mein eigenes Kind? Taumel ich wie ein Besessener in absurden Phantastereien umher oder liegt es in meinen Händen, die Welt vor dem Untergang zu bewahren?

 

Hallo Rainer,
irgendwie ahnte ich schon früh, worum es gehen musste. Das ist aber kein Problem, denn es kommt auf die Spannung der Geschichte an.
Die Geschichte habe ich gern gelesen und sie war richtig düster.
Irgendwie kam sie mir aber etwas schnell vor. Vielleicht fehlte mir dabei etwas mehr Atmosphäre. Ja, sie ist schon da, nur bei solchen Geschichten beschreibt sie ja nicht nur das Umfeld der Handlung, sondern ist wichtig für die Handlung selbst. Fast schon wie ein zusätzlicher Protagonist.

Auf meinem Oberschenkel begann es zu brennen. Ich griff in die Tasche und zog den Stein von Lilly hervor. Die Symbole im Inneren des Steines glühten und hinterließen ein Brandmal in meiner Handfläche, obwohl ich ihn sofort fallenließ. Ich schüttelte instinktiv meine Hand. Auch Maria hatte ihren Stein hervorgezogen und fallenlassen. Wir schauten uns erstaunt an.
„Ben, was ist das?“ Zitterte ihre Stimme oder kam es mir nur so vor?
Wenn er den Stein hervorzieht klingt es so normal.
Das Ding glüht aber und er reißt es sich aus der Tasche und es fällt ins Gras. Seine Fingerkuppen hat er sich versengt. Auf dem Boden dampft das Gras von der Hitze. Dünne Rauchfäden steigen auf und im Inneren glüht das Symbol und pulsiert in wechselnden Farben.
So was ist doch hammer-dramatisch.
Wie ich schon schrieb: Fast schon wie ein zusätzlicher Protagonist.
Sie entkleidete sich und legte sich mit weit gespreizten Beinen auf den Altar.
Das reicht mir nicht. Da passiert doch etwas mit ihr. Fehlt noch, dass sie Hose und Bluse sorgsam zusammenfaltet.

Auch beim Kampf mit dem Alten hätte ich gerne etwas mehr Detail gebraucht: Sein Gesicht, Mimik, Hass. Wie weht sein Umhang. Wie bewegt er sich.

Und zum Schluss der Schluss:
Den hätte es eigentlich so nicht gebraucht. Vielleicht würde es genügen, wenn der Blick des Kindes ganz besonders sonderbar wäre. … kalt, berechnend, ein Hauch von Hohn?

Entschuldige, wenn ich mich vielleicht etwas drastisch ausgedrückt habe.
Alles das sind nur so meine Gedanken und andere mögen es völlig anders sehen.
Trotzdem habe ich sie gerne gelesen und finde den ganzen Plot richtig gut.
VG Manfred

 
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Hallo @Dreimeier,

ich fand nichts drastisch an deinem Kommentar. Und ich muss dir bei den Beispielen durchaus recht geben. Ich bemühe mich um eine sehr genau Darstellung, weil sie, wie du sagst, ein wichtiger Teil der Atmosphäre ist. Ein gutes Beispiel ist der Kampf mit dem Alten, das wird zu schnell abgehandelt. Leider fallen mir manche Stellen einfach nicht auf, an denen man mehr Details einbringen könnte und sollte. Vielleicht, weil ich dann sehr auf die Handlung fixiert bin. Ich werde das aber im Kopf behalten und meine Texte demnächst daraufhin ganz bewusst überprüfen.

Fehlt noch, dass sie Hose und Bluse sorgsam zusammenfaltet.

Das ist witzig.

Deinem Vorschlag mit dem Stein stehe ich skeptisch gegenüber. Er ist mir zu lang und würde das Tempo verschleppen, auch das spielt ja eine Rolle. Grundsätzlich würde ich aber sagen, es gibt Stellen, wo man atmosphärisch etwas anfügen kann, es sollte aber nicht zu lang sein. Ein Satz oder ein längerer Satz würde wohl oft genügen. Sagen wir, dem Alten quellen die Augen hervor und er spuckt beim Schreien Speichel oder so. Mehr würde vom Thema und der Handlung vielleicht eher wegtragen.

Nachtrag: inzwischen finde ich die Idee mit dem Stein ganz gut. Es wirkt dramtischer und der Raum im Text ist da. Danke

Ganz spontan: es ist wichtig, solche Sachen einzubauen, es soll aber auch den Fluss nicht stören. Es gibt Passagen, da kann man etwas ausschweifender darauf eingehen, an anderen Stellen sollte man es eher nebenbei einfließen lassen. Ich sehe aber auch, dass es Stellen gibt, wo ein wenig fehlt.

Danke für deinen wichtigen Anstoß. Ich werde den Text noch einmal durchgehen und ein wenig ausbauen.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo @Rainer Hohn ,

Horror ist meines Erachtens ganz große Kunst in der Literatur. Denn es ist - im Gegensatz zu Filmen, die Schockmomente sichtbar machen und mit dramatischer Musik und unheimlichen Geräuschen vertonen - gar nicht so einfach, eine vergleichbare Spannung mit Worten aufzubauen. Deine Story hat mich irgendwie an die "Neun Pforten" mit Johnny Depp erinnert. Deswegen, weil die Geschichte dort auch irgendwie vorhersehbar, kein Gruselschocker im eigentlichen Sinne ist und daher vor allem von ihrer Atmosphäre, den Bildern und der mystischen, diabolischen Dame lebt, die am Ende den Protagonisten verführt.
Deine Geschichte schockt nicht, muss sie auch nicht. Sie steht vielmehr in der Tradition von Kurzgeschichten à la Lovecraft. Deswegen ist es m.E. umso wichtiger, dass Du die eben benannte Atmosphäre aufbaust, noch deutlicher Bilder im Kopf deiner Leser erzeugst. Zum Teil gelingt dir das durchaus. Vor allem am Anfang. Herausholst Du mich dann aber, wenn sich Dein diabolisches Pärchen zum Kaffeekranz herablässt. Da verliert es für mich irgendwie an Glaubwürdigkeit und ist die einmal futsch ...

Das Ende kommt für mich dann auch etwas schnell. Der Sprung von der sehr blutigen Szenerie in der Kirche zurück zum Baby in den Armen. Hier würde ich mir eine bildhaftere Unsicherheit wünschen, ob das, was geschehen ist, Traum oder Realität war und somit eine viel zermürbendere Unsicherheit bei Deinem Protagonisten, ob er nun sein Kind oder eine Ausgeburt der Hölle in den Armen hält.

Im Übrigen gefällt mir Dein Schreibstil. Ich drücke die Daumen für Dein erstes Buch :-)

Liebe Grüße
Mädy

 
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Hallo @Maedy,

@Dreimeier hat schon ganz recht. Die Atmosphäre lässt dem Ende zu nach und ich habe schon etwas nachbearbeitet. Ich weiß momentan nicht genau, woran es liegt, vielleicht an ein wenig Ungeduld, vielleicht daran, dass ich mich von der Handlung mitreißen lasse und andere Elemente des Schreibens ein wenig aus den Augen verliere. Insgesamt sehe ich hier aber schon eine gute Mischung aus Elementen, auch wenn manche, keine Frage, an einigen Stellen etwas zu kurz kommen. Darauf werde ich mich in Zukunft mehr konzentrieren.

Grundsätzlich kann man aber auch eine Diskussion darüber führen, was eine gute Mischung ist und wie das Leseinteresse des Lesers aussieht. Ich selbst orientiere mich textlich an den Romanen von professionellen Schriftstellern. Die sind natürlich auch recht unterschiedlich. Ein geringer Teil ist auf hohem sprachlichen Niveau durchformuliert, der größte Teil orientiert sich an Dialog und Handlung, zumindest meiner Erkenntnis nach. Bildhafte Ausschweifungen sind hier eher selten. Das soll nun nicht darüber hinwegtäuschen, das ich an ein paar Stellen eine gute Mischung von Elementen aus den Augen verloren habe. Aber deshalb bin ich ja bei Wortkrieger, um auf Schwächen und Mängel aufmerksam zu machen und aufmerksam gemacht zu werden.

Bleiben wir beim Leserinteresse. Ich habe einen Teil deiner Vampir-Serie gelesen, das soll jetzt keine Kritik werden. Mir persönlich ist das textlich zu ausschweifend. Es ist gut formuliert, mal abgesehen davon, das der Prot andauernd das Blut kocht, aber für mich zieht sich das einfach zu sehr in die Länge, ohne das etwas Aufregendes passiert. Es mag sein, das es viele Leserinnen gibt, die diese Textform mögen, aber die Geschmäcker sind wohl unterschiedlich. Wieviel Prozent der Leser man letztendlich erreicht, ist eine andere Frage.
Aber in einigen Passagen wurde die Mischung von Stilelementen bei mir etwas dünn, was ich nachbearbeiten werde. Und ich bin froh, das ich darauf aufmerksam gemacht wurde, hier kann ich mich stilistisch verbessern und meinen Blick schärfen. Im Moment strebe ich aber keine ausladenden Beschreibungen der Atmosphäre wegen an, da sie meines Erachtens die Geschwindigkeit und die Entwicklung eines Textes behindern. Ich finde, das sollte, in einem guten Maß, eher beiläufig eingestreut werden und nicht zu viel Raum einnehmen.

Vielen Dank für deinen aufschlussreichen Kommentar.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hi, @Rainer Hohn

Ist ja eine Weile her, dass wir uns zuletzt gelesen/geschrieben haben. Ich freue mich, Dich wieder hier zu lesen.

Die Atmosphäre lässt dem Ende zu nach und ich habe schon etwas nachbearbeitet.

Ich habe meinen Kommentar größtenteils gestern schon geschrieben, bin jedoch nicht dazu gekommen, ihn nochmal Korrektur zu lesen und wollte ihn nicht einfach so abschicken. Deshalb hoffe ich, dass Du nicht schon alles ausgebesserst hast, was ich zu sagen habe. Schauen wir mal.

Zunächst lege ich die Lupe drauf, ich denke, das ist am aufschlussreichsten. Danach kommt der inhaltliche Punkt, und da bin ich mir sicher, dass ich noch was beizusteuern habe. ;)

Ich halte meinen neugeborenen Sohn in meinen Armen und betrachte ihn mit tiefen Zweifeln.

Hier würde ich "meinen Armen" durch "den Armen" ersetzen. Ist ja völlig klar, in wessen Armen er seinen Sohn hält. "betrachte ihn mit tiefen Zweifeln" ist halt super tellig. Gefällt mir als Einstieg nicht so gut. Schöner fände ich, Du würdest diese Zweifel richtig ausbreiten, indem Du Gefühle und Gedanken zeigst, nicht, indem Du einfach behauptest, da wären Zweifel. So kann ich halt nicht mitfühlen, sondern muss das einfach als Info vom Autor hinnehmen.

Ein kraftstrotzender, gesunder Bub mit dem Gesicht eines Mädchens.

Das ist absurd. Gesichter von Jungen und Mädchen kannst Du wahrscheinlich erst nach dem Einsetzen der Pubertät wirklich auseinanderhalten. Das geht (behaupte ich mal) schon bei vorpubertären Kindern nicht, und bei Babies (!) eindeutig definitiv gar nicht. Die Gesichter von männlichen und weiblichen Babies haben keine geschlechtsspezifischen Merkmale. Es sind Babygesichter. Da bin ich mir sicher.

Er lächelt zuckersüß, doch vermag ich es nicht, mit ihm mitzufühlen.

Und ich vermag nicht, mit Deinem Prot mitzufühlen. Schöner fände ich wieder, wenn Du hier zeigst, was der Prot fühlt. Zum Beispiel das Drücken auf dem Brustkorb, die Verspannung im Kiefer, dass er das Kind anstarrt, auf ein warmes Gefühl im Herzen wartet, das aber nicht kommt. Dann wäre ich zumindest in der Lage, mit Deinem Prot mitzufühlen.

Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe, schwankte zwischen Gewissensbissen und Ärger, und der Erkenntnis, dass mir keine Alternative geblieben war.

Auch hier könntest Du das zeigen, indem Du wirklich zeigst, was der Prot tut und fühlt. Zum Beispiel:

Nach meiner Rückkehr sperrte ich mich in der Wohnung ein, blieb der Arbeit wochenlang fern, während ich im Zimmer auf und ab ging und mir die Knöchel an der Wand blutig schlug.

Irgendwie so was. Lass mich Deinen Prot sehen und seine Gefühle miterleben. Benenne nicht einfach seine Gefühle, ohne sie zu zeigen. Ich weiß, vor knapp einem Jahr hast Du mir das zugerufen, jetzt möchte ich zurückrufen: Show, don't tell! :p

Die Worte und Andeutungen des Alten verwirren mich bis heute und bei dem Anblick des Jungen bricht es erneut mit unbändiger Gewalt aus meiner Erinnerung hervor.

Auch hier. Du weißt schon. Außerdem frage ich mich, was "es" ist. Ich persönlich frage mich das immer, wenn ich "es" in einem Satz schreibe, und versuche dann, etwas zu finden, was dieses "Es" benennt. Übrigens: Der Alte spricht doch Gälisch. Versteht Dein Prot seine Worte und Andeutungen? Und wenn ja, warum teilst Du uns diese Andeutungen nicht mit? Im Prinzip entnehme ich auch alles Wichtige zum Fall den Worten von Lyon und nicht den Worten des Alten.

Die alltäglichen Routinen, die sich in einer endlosen Spirale wiederholten, gaben mir das Gefühl, erlahmt zu sein in einer reizlosen und eintönigen Lebensweise mit gleichförmigen Eindrücken und Empfindungen.

Hier frage ich mich, ob der Prot seinen Alltag oder die Reise durch die Highlands meint. Als eine, die jeden Sommer entweder Fahrrad oder Kanu fährt oder wandert, weiß ich ja, dass diese Reisen in einer einsamen Gegend irgendwann auch total spiralförmig und routiniert werden. Sechs Uhr: mit der Sonne aufstehen. Frühstück machen, Zähne sputzen, Geschirr spülen, Sachen packen. Acht Uhr: Losfahren oder wandern oder paddeln und fahren, wandern oder paddeln oder fahren bis 16 oder 17 Uhr. Zelt aufschlagen, frischmachen, kochen, abspülen, bei Dunkelheit kann man nichts anderes mehr tun als ein bisschen quatschen und dann schlafenzugehen. Wenn ich das sechs, sieben Tage, manchmal zwei, zweieinhalb Wochen mache, bin ich auch in einer endlosen Spirale gefangen, das ganze Leben besteht nur aus kochen, essen, schlafen, vorwärtskommen. Immer vorwärtskommen. Lämmchen, Berge, Seen. Jeden Tag. Ein Leben mit Sonnenauf- und -untergang, mit zurückgelegten Kilometern und leichter werdenden Packtaschen, jeder Tag der gleiche Handgriff. Und ich kann hier nicht zuordnen, was Dein Prot meint mit den Routinen, den Urlaub oder die Arbeit.

Schroffe Klippen zogen an uns vorbei, auf deren Höhen einige verwitterte Ruinen den Eindruck von verwunschenen und verfluchten Orten erweckten.

Hier würde ich mich nicht durch "den Eindruck" vom Erlebten distanzieren. Dein Prot nimmt die Orte als verwunschen und verflucht wahr, warum also nicht dicht beim Prot bleiben und schreiben: auf den Höhen verwitterte Ruinen, verwunschene und verfluchte Orte. Wäre das nicht viel näher am Prot und von daher wuchtiger, eindrücklicher?

Bei ihrem Anblick verspürte ich gleichermaßen einen befremdlichen Sog, wie auch ein tiefes Unbehagen.

Komma weg vor "wie".

Im Landesinneren dehnten sich Moor- und Hügellandschaften aus, die mit kleinen Gewässern durchsetzt waren, in denen Seerosen blühten.

Du machst super viele Relativsätze, achte mal drauf. Im Absatz danach finde ich derer drei oder vier, und sie stapeln sich einfach immer weiter auf. Hier fällt es mir auf, denn da kommt "Landschaften, die ..., in denen ...", also der Relativsatz im Relativsatz, und das geht ja dann auch so weiter. Würde ich einfach mal drauf achten und gucken, wie man weniger gleichförmig seine Sätze ineinander fügen kann.

„Ist wohl doch nicht so abgelegen, wie wir dachten“, sagte Maria und lächelte mich aus unserem Tunnelzelt an. Ich empfand ihr zärtliches Lächeln wie das Aufbrechen des düsteren Himmel und das Erscheinen der Sonne.

Hier "lächelte" und "Lächeln". Und den zweiten Satz könnte man auch richtig zeigen. Zum Beispiel so: ... und lächelte mich aus unserem Tunnelzelt an. Ein warmes Gefühl breitete sich in meiner Magengrube aus, wanderte die Kehle hinauf, und dann zuckte es in meinen Mundwinkeln. Das ist zwar mit weniger Pathos formuliert, würde mich aber in die Situation bringe, dass ich mit Deinem Prot mitfühle, einfach weil ich näher bei ihm bin.

Maria kroch heraus und winkte den Bikern entgegen.

"heraus" = auf die Person zu, zum Beispiel: Etwas wollte zu uns herein.
"hinaus" = von der Person weg, zum Beispiel: Maria kroch hinaus. ;)

Die Beiden waren von fesselnder Schönheit.
Die Beiden setzten sich auf den Boden und hielten ihre Hände vor das Feuer.
Maria lächelte verlegen, als sie den Becher der Beiden mit dampfendem Kaffee füllte.
Die Beiden schienen unseren Unmut zu spüren.

"beiden" wird klein geschrieben.

Das Symbol für Satan, den Antichrist und den falschen Propheten, wollte ich einem Klienten meiner Sozialarbeit glauben schenken.

"den Antichristen" (würde ich sagen, bin mir aber nicht hundertprozentig sicher) und "Glauben" groß.

„Hallo, was hat euch hierher verschlagen“, begrüßte Maria die Beiden und strich ihre Locken aus dem Gesicht.

Das ist doch eine Frage von Maria, oder? Und "beiden" wieder klein.

„Ich bin Maria, das ist Ben“.

Hier ist Dir der Punkt hinter das Anführungszeichen gerutscht. Der gehört natürlich davor.

Er lächelte verschmitzt und ich wusste nicht, ob er uns auf den Arm nehmen wollte.

Ach, das weiß Dein Prot nicht? Im vorherigen und auch weiteren Verlauf wird er dargestellt als jemand, der mit solchen Thesen schon in Kontakt gekommen ist, ihnen jedoch nichts abgewinnen kann, da er ja eine "aufgeklärte" Person ist. Also kann es doch mit diesem Selbstbild nur zwei Reaktionen geben: 1) Lyon ist ein Vollidiot und glaubt an Blödsinn, oder 2) Lyon will ihn auf den Arm nehmen. Hier finde ich die Reaktion Deines Prots einfach ... viel zu tolerant.

Er ist also jemand, der als Sozialarbeiter auch mit Okkultist/inn/en in Kontakt gekommen ist. Da kann ich mich ein bisschen mit identifizieren, denn ich forsche ja zu Verschwörungstheorien. Ich komme also auch viel mit Leuten in Kontakt, die abstruse Dinge glauben. Weißt Du, wie ich reagiere, wenn man mir im Alltag damit kommt? Ich höre zu, lächele, nicke und denke dabei: Oh Gott, habe ich das schon oft gehört! (innerliches Augenrollen) Eine solche Reaktion vermisse ich an Deinem Prot. Er hat das schon gehört, er versteht sich selbst als aufgeklärten Menschen, aber er schluckt das einfach, was der Lyon da erzählt. Ohne besondere innere oder äußere Regung.

Eine äußere Regung müsste es meines Erachtens gar nicht geben. So was zeige ich auch nicht. Aber eine innere Regung würde ich hier auf jeden Fall reinnehmen und nicht so was Süßes wie: "Oh, ich bin mir unsicher, ob der mich auf den Arm nimmt." Komm. Das kannst Du besser.

Selbst wenn Dein Prot dazu bewegt ist, Lyon zu glauben, so widerspräche eine solche innere Regung doch seinem Selbstbild, und das wiederum müsste eine noch stärkere innere Regung auslösen, denn dann ist er ja drauf und dran, etwas zu glauben, was für ihn eigentlich absurd ist. Und da käme dann die kognitive Dissonanz ins Spiel. Also, an dieser Stelle würde ich gerne mehr spüren.

„Was ist passiert?“, fragte Maria, als hätte Unsicherheit sie dazu getrieben, einen Moment der Stille zu durchbrechen.

Hier würde ich die Autorendeutung mit der Unsicherheit weglassen, mehr Zeigen. Der Dialog ist ja schon zeigen. Was hältst Du von: "Was ist passiert?", fragte Maria, durchbrach den Moment der Stille. Das würde in meinen Augen völlig reichen. Wenn Du dann befürchtest, dass die Leserschaft keine Unsicherheit an Maria sieht (wobei man den Leser/inne/n ruhig eine eigene Deutung zumuten darf), könntest Du zeigen, wie diese Unsicherheit aussieht, zum Beispiel ein Zupfen an der eigenen Kleidung oder den Haaren, ein Lecken über die Lippen, ein Drehen des Kaffeebechers – was auch immer Maria tut, wenn sie unsicher ist.

Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüber, der Maria mit bohrendem Blick anschaute.

Das ungute Gefühl hätte ich gerne gefühlt. So bleibt es diffus. Wie fühlt es sich an, das ungute Gefühl? Ein Brennen im Rachen, ein pochendes Herz, ein zugeschnürter Brustkorb, ein Stechen in der Magengrube, irgendwie so was.

„Misstraust du Fremden?“ fragte mich Lilly.

Hier fehlt das Komma vor dem Redebegleitsatz.

Ein interessanter Gedanke, wie ich fand.

Das "wie ich fand" würde ich streichen. Das ist ein personaler Erzähler. Wenn Du schreibst: Ein interessanter Gedanke, ist völlig eindeutig, dass das etwas ist, was der Prot findet, aus dessen Perspektive ja alles erzählt wird.

Ich tendierte mehr zu einem ja, kam aber nicht dazu, dies auch auszusprechen.

"Ja" groß.

In der oberen Fläche des Bogens befand sich ein in den Stein gemeißeltes Wappen, das einen geflügelten Löwen darstellte, der uns ein offenes Buch entgegenhielt.

Wieder so mehrere Relativsätze am Stück. Es liest sich einfach nicht schön, finde ich.

Maria runzelte die Stirn und schaute mich neckisch an. Es entlockte mir ein vergnügtes Lachen.

"vergnügliches" kann weg. Lachen ist normalerweise ein Zeichen von Vergnügen. Wenn das Gegenteil der Fall ist, würde ich es extra erwähnen, nicht aber im erwartbaren Fall. Und da kommt wieder so ein "Es", hier meinst Du ja aber die Tatsache, dass Maria den Prot anschaut. Vorschlag: Maria runzelte die Stirn, und ihr neckischer Blick entlockte mir ein Lachen. So was. Idealerweise zeigst Du auch eher, wie der neckische Blick aussieht, anstatt einfach zu behaupten, er wäre neckisch, aber ich will diesen Complaint jetzt auch nicht überstrapazieren. ;)

Das sie seinen Name erwähnte, verdüsterte meine Stimmung, doch sah ich die feinen Gesichtszüge von Lilly vor mir und malte mir ihren unbekleideten, elfenhaften Körper aus.

"Dass" statt "Das".

Begehrlich schaute ich auf Marias feste Brüste und fühlte Erregung in mir aufsteigen.

"Begehrlich" kann weg. Das ist das Erwartbare im Blick, wenn ein Mann auf die Brüste seiner Freundin starrt. Wenn es jetzt "Angewidert" oder "Mordlustig" oder "Gelangweilt" oder so wäre, dann würde ich es erwähnen. Wie gesagt, aber nicht im erwartbaren Fall.

Das Gesicht von Maria wirkte mittlerweile entrückt.

"wirkte", das würde ich drastischer formulieren, denn es ist ja völlig klar, dass alle Eindrücke die Wahrnehmung Deines Prots sind. Für meinen Geschmack muss man das nicht ständig betonen und dadurch Distanz zum Geschehen herstellen. "war". So ist das ja für Deinen Prot, so sieht er es in diesem Moment. "Das Gesicht von Maria war entrückt." "mittlerweile" würde ich auch weglassen, klingt so abgeklärt und analytisch in dieser emotionalen Situation.

Der prasselnde Regen rauschte wie ein Wasserfall in meinen Ohren, mein Stöhnen mischte sich in das Brausen des Windes.

Ich kenne nur "mischen mit" und nicht "mischen in". Also, wenn dann "reinmischen in". Aber das wäre ja echt schräg. ;)

Maria schloss beschämt ihre Beine, rutschte mit gesenktem Blick von der Altarplatte und bückte sich nach ihrer Kleidung.

Das Beschämte zeigst Du schon gut durch das schnelle Ankleiden. Du musst es nicht extra noch tellen. Weg mit dem Wort.

Ich blinzelte mehrmals, wurde den Eindruck aber nicht los, dass der Fels ineinander verschwamm.

Der Fels kann ja nicht "ineinander" mit sich selbst verschwimmen. Wenn dann, verschwimmen mehrere "Felsen ineinander".

Von Wut gepackt rannte ich in den hageren Körper und landete auf der vorgeschichtlich anmutenden Gestalt.

Also, Dein Prot ist mega wütend, geradezu von mörderischer Wut ergriffen, total im Blutrausch. Aber er kramt nochmal eben die Info raus, dass die Gestalt "vorgeschichtlich anmutet". Ich würde das schleunigst streichen. Die Gestalt ist uralt, komisch gekleidet, hat ein Messer und spricht Gälisch. Nicht nur, dass dieses sehr analytische Denken nicht in die Situation des Prots passt, es ist auch noch unnötiger Infodump, den Du vorher bereits ausreichend gezeigt hast. Du kannst den Leser/inne/n ruhig eine eigene Deutung zutrauen!

Kommen wir zum Inhaltlichen. Ich muss sagen, ab hier:

„Ich bin Lilly und mein Freund heißt Lyon“, sagte die Porzellanprinzessin.

... war der Fall für mich völlig klar. Also völlig! Und vielleicht, um da Deine Überlegungen einzugreifen, geht dadurch auch die Amtosphäre flöten, zumindest verliert die Geschichte schlagartig jegliche Kraft. In Zusammenhang mit der Beschreibung des Kindes und der beiden Fremden drehten sich die letzten Zahnrädchen, und mein Gehirn spuckte die Analyse aus: Lilly ist Lilith, ihr Freund Luzifer, und irgendwie wird jetzt Maria Ben den Sohn des Teufels gebären. Große Überraschungen hielt die Geschichte danach nicht mehr bereit.

Ich würde deshalb sagen, dass Du Dir mit der Rahmenhandlung, dass das Baby schon am Anfang erwähnt wird und zwar auf so eindeutige Weise:

Seine dunklen Augen und die milchige Haut irritieren mich, erinnern mich an eine Begebenheit vor neun Monaten in den Highlands.

(Hier weiß ich ja schon Folgendes. Das Aussehen des Kindes irritiert den Prot, Annahme: Es sieht ihm nicht ähnlich, er hat den Verdacht, selbst nicht der Vater des Kindes zu sein. Und das alles hat mit einem Ereignis vor neun Monaten in den Highlands zu tun, als Du also in die Highland-Szene gehst, weiß ich, dass es jetzt um die Zeugung des Kindes geht.) ..., dass Du Dir mit dieser Rahmenhandlung ein ziemliches Eigentor schießt, indem diese also die gesamten folgenden Ereignisse vorwegnimmt.

Das Ganze ist ja wirklich sehr generisch (im Sinne von genretypisch, und das ist auch der Grund, aus dem man leider nicht einfach nachmachen kann, was andere Autor/inn/en teilweise vor Jahrhunderten gemacht haben, weil das, was sie früher überraschenderweise getan haben, heute genretypisch ist), es gibt keine großen Überraschungen im Handlungsablauf. Und deshalb kann ich aus der ersten Szene schon ablesen, dass der Prot nicht der Kindsvater ist und es jetzt um diese Zeugung geht. Zusammen mit dem überirdischen Auftreten der Fremden, ihrer sofortigen Verbindung zu Satan und ihren Namen ist der Fall dann auch schon abschließend geklärt. Der Rest sind halt nur Details, und es gibt auch einen Grund, warum im "Tatort" nach der Verhaftung des Mörders oder der Mörderin nicht mehr der Gerichtsprozess ausgewälzt ist. Sobald der Fall klar ist, ist die Spannung halt weg, und die Details sind nur noch für die peniblen Beweisaufnehmer/innen unter uns interessant.

Das Ganze wäre nicht passiert, wenn es diesen Vorgriff nicht gäbe. Wenn Du also in den Highlands anfängst, dort die Geschichte erzählst und erst DANN das Baby zeigst, wäre das Problem größtenteils gelöst. Eine ziemlich einfache Maßnahme, um diesen für mich größten Wermutstropfen der Geschichte auszumerzen. :lol:

Was Du zusätzlich noch machen könntest, um zu verhindern, dass ich schon nach wenigen Absätzen weiß, wohin der Hase läuft, wäre, nicht so megaholzhammerig mit den Hinweisen zu sein oder falsche Fährten zu legen. Also: Warum müssen Luzifer und Lilith okkulte Zeichen an sich tragen und so offen über diese Themen reden? Wäre es nicht raffinierter, sie würden sich als gewöhnliches Touri-Paar ausgeben (super blond und braun gebrannt) und die anderen beiden mit ihrem Burgen-Hype in eine Falle locken, wo sich dann erst die Bedrohung zeigt? Wäre es nicht konfliktreicher, der Prot würde tiefste Zuneigung zu dem Baby empfinden, obwohl er weiß oder ahnt, dass dies der Sohn des Teufels ist? Solche Sachen. Nur Ideen.

Einfach, ich würde die wahre Identität und auch die wahre Intention des Teufels und seiner Braut in dieser Geschichte verschleiern. So ist es halt vollkommen eindeutig und zweifelsfrei von ihrem ersten Auftritt an. Und das ist halt nicht sonderlich spannend.

Dabei ist die Erkundung der Ruine schon ein echtes Highlight für mich. Also, ich würde da weniger geradeaus erzählen, beziehungsweise erstmal mehr, nämlich die Vorblende weglassen, denn dadurch offenbarst Du halt das Ende. Wenn dann Lilith und Luzifer nicht so megaoffensichtlich in Erscheinung treten, wirst Du es sicher schaffen, die Spannung bis zum Ende hochzuhalten.

Hoffe, ich kann Dir damit weiterhelfen. Make it work!

Offensichtliche Grüße,
Maria

 
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Hallo @Rainer Hohn,

vorab: ich hab keine der anderen Komms bzw. deine Antworten gelesen, mag sein, dass sich was doppelt.

Ich mag Horror und auch durchaus Trash (auch wenn das besser im Film funktioniert, als in der Literatur), aber ich musste beim Lesen deiner Geschichte immer wieder zu den Tags schielen, ob du nicht doch Satire/Humor gewählt hattest – und so muss ich dir leider sagen, dass der Text unfreiwillig komisch auf mich wirkte. Das liegt zum einen an unpassenden und inflationär eingesetzten Adjektiven und Adverben, allg. ungeschickte Wortwahl / Formulierungen und Beschreibungen. (Dazu gebe ich dir später noch Beispiele.)

Was mich aber massiv gestört hat, ist, dass deine Mythologie überhaupt nicht hinhaut. Die Geschichte kann so nicht in den Highlands spielen – und dabei ist es gleichgültig, ob du im phantastischen Genre schreibst oder nicht. Denn der Leser muss den Eindruck haben, was der Autor erzählt, könnte tatsächlich passiert sein. Wie soll ich dir Satans Sohn abnehmen, wenn ich dir das Setting schon nicht abnehmen kann?

Da ist ein Tor, das irgendwie mit dem Teufel zusammenhängt, und eben der Löwenkopf mit den Ketten, der ja ziemlich naturalistisch auszusehen scheint. Dazu kommt der Alte – eine Figur, die suggeriert, dass es ein Wächter durch die Zeiten hindurch ist.

Die Pikten - die zur Ziet der Entstehung deines Tores in den Highlands lebten - hatten eine fantastisch schöne Ornamentik, die ist aber abstrakt, da gibts auch keine Löwen (mit oder ohne Flügel), dann könnte es nur römische Kunst sein (s.u.). Wappen existieren erst seit dem Hohen Mittelalter, also kann das Steinbild nicht von 800sonstwas sein.

Die Römer sind nie in die Highlands gekommen (Hadrian’s Wall), und die Pikten wurden frühestens im 10. Jh. christianisiert – zu spät für deine Kultstätte.
Die christliche Mytholgie steht doch um 800 (hattest du nicht erst 450?) herum in überhaupt keiner Beziehung zu dieser Region. Wenn man die Handlung einer Geschichte nicht sinnvoll mit dem Setting zusammenführen kann (wie ich es mit den Römern und Pikten versucht habe), sabotiert man doch den eigenen Text.
Damit ist es auch irrelevant, dass der Satansmythos zu deiner Legende gepasst hätte, denn er stammt aus dem vorchristlichen Mittleren Osten, und wurde später v.a. mit dem Christentum assoziiert. Ich kann dir nur raten, das ganze um 400 Jahre (Erschaffung des Tores) zurück und nach Süden, also nach England, zu verlegen. Oder nach Italien. (Mittlerer Osten fällt wohl flach, wenn du Goth-Biker in Lederkluft haben magst.) Dann lass das Tor von Menschen unter "himmlischer" Anleitung in dem Stil bauen, der in der Zeit dort verwendet wurde, und dann hättest du langsam eine stimmige backstory / Symbolik.

Ich weiß, mit Wikipedia-Artikeln um sich zu werfen, ist ein bissl billig, aber dort ist alles gut erklärt und du könntest von da aus ja weiterrecherchieren: https://en.wikipedia.org/wiki/Christianisation_of_Scotland

Dann ist dir ein Schnitzer unterlaufen, der ebenfalls indirekt mit deinem unstimmigen Setting zusammenhängt:

„Bhreugach satan“, brüllte der Alte auf gälisch und schritt ihr ungelenk nach. Seine Augen schienen aus dem verwitterten Gesicht hervorzuquellen. „Et filii diaboli pforte opens est ad infernum“,
Was, der schreit da in VIER Sprachen rum? :eek: Ist das dein Ernst?

Bhreugach ist modernes schottisches Gälisch – übrigens in einem Dialekt, der nicht in den Highlands, sondern nahezu ausschließlich auf den Hebriden gesprochen wird. Vielleicht brauchst du dafür also ein anderes Wort.
Satan groß, egal in welcher Sprache, da Eigenname.
Wenn der Alte u.a. auch Latein spricht, würde er wohl eher eine alte Form des Gälisch verwenden – das kriegst du aber nicht online-übersetzt, denke ich (und Altgälisch ist übehaupt irre schwer, ich hab mal einen Kurs gemacht … also, versucht :D). Was da passender wär, kann ich dir nicht sagen, weil mir das langsam zu verworren wird, aber guck mal hier: https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_Scottish_Gaelic

{Deceitful] satan“, (…). „Et filii diaboli pforte opens est ad infernum“
Aha. Hast du das vom Vater Unser gekl… ähm ... entliehen? Dann müsstest du aber den Fall angleichen.
Satan ist Englisch, sonst hieße es Satanas, et heißt und, filii diaboli steht hier im Genitiv, zu dem aber irgendwie der Nominativ im Satzteil fehlt. Pforte ist Deutsch, das muss dann groß, und opens … hallo?! Hat dein online Übersetzer gestreikt und du einfach gecopypasted, ohne nochmal draufzuschauen?
Est ist die und ad infernum ist zur / in die Hölle. Also da steht:
Der betrügerische Satan und des Teufels Sohnes die Tür öffnet zur Hölle. Erm … :susp:

Pforte auf Latein ist im Nominativ porta, öffnen oder offen hab ich vergessen, und dann sollte alles korrekt dekliniert/konjugiert und semantisch stimmig werden. Puh!

Die Frage, die sich mir aufdrängt: War das nötig? Wie viele deiner Leser können Latein, und wie viele haben Lust, für einen solchen Text etwas online nachzuschauen? Wäre es nicht passender, du würdest einfach auf Deutsch schreiben, was der Alte ruft und schriebst halt dazu, in welcher Sprache er das tut? So wie es sonst auch in Büchern gemacht wird.

Ich finde es immer so irre schade, wenn Autoren meinen, bei phantastischen Genres – und vor allem im Horror – müssten sie sich nicht groß anstrengen. Daher findet man auch so gut wie nie guten zeitgenössischen Horror. Also, ich würde mich sehr freuen, wenn es ein paar Autoren gäbe – dich zum Beispiel – die da mit erheblich mehr Sorgfalt rangehen würden. Das ist doch deine Geschichte, das alles kann dir doch nicht egal sein.

Ich schaue später nochmal rein, und hoffe jetzt schon, dass du mit meinen Anmerkungen ein bisschen was anfangen kannst. Bitte nimm alles als Ansporn!

Viele Grüße,
Katla

 
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Hallo @TeddyMaria,

zunächst danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ja, ich habe mich eine Weile auf Autorenseiten umgesehen, weil ich das Gefühl hatte, das ich hier nicht so richtig weiterkomme. Viele Kommentare waren zwar berechtigt kritisch, boten mir aber keine Analysen, Lösungen und Inspirationen. Auch beschäftigen mich einige Gedanken, die ich mit den Ansichten auf Wortkrieger häufig nicht so wirklich in Einklang bringen kann. Ich führe das im Weiteren aus.

Ich halte meinen neugeborenen Sohn in meinen Armen und betrachte ihn mit tiefen Zweifeln.

In „den“ Armen, klar, schon weil es hier eine unschöne Doppelung von „meinen“ gibt.

"betrachte ihn mit tiefen Zweifeln" ist halt super tellig. Schöner fände ich, Du würdest diese Zweifel richtig ausbreiten, indem Du Gefühle und Gedanken zeigst. So kann ich halt nicht mitfühlen.

Mit der Formulierung bin ich im Nachhinein auch nicht so wirklich zufrieden, aber … Die Erklärung bzw der Zusammenhang folgt nun und soll für den Leser zu dem eigentlichen Teaser führen: Warum will er sein Kind ersticken? Was steckt dahinter und was haben Haut, Augen und der Totschlag damit zu tun?

Was show und tell angeht, wird allgemein gesagt, es solle sich die Waage halten. Man kann sich nicht an einer x-beliebigen Stelle ein Adjektiv herauspicken und sagen, das müsste nun aber geshowed werden. An dieser Stelle würden seine Gedanken, für meinen Geschmack, den Text zu lang machen und zuviel vorwegnehmen. Das Dilemma des Prot wird klar, er fragt sich, ob er sein Kind töten soll. Wäre etwas mehr Gefühl sinnvoll? Er kann an den Gefühlen des Babys ja nicht teilhaben, weil er eine Distanz zu ihm hat. Trotzdem bedenkenswert.

die Beiden

Schön, dass du das schreibst. Das große B stößt mir schon lange auf, sieht einfach fürchterlich aus. Ich dachte, das wäre ein Hauptwort wie die Läufer.

mein Stöhnen mischte sich in das Brausen des Windes

Gute Frage. Zucker vermischt sich mit dem Wasser, Steine mische ich in das Wasser? Stöhnen und Brausen bleiben ja trotzdem getrennt erkennbar. Kann ich nicht klar beurteilen.

Ein kraftstrotzender, gesunder Bub mit dem Gesicht eines Mädchens.

Die Frage habe ich mir selbst schon gestellt und habe da zur Zeit keine echte Antwort. Ich werde es mal checken. Das man es bei vorpubertierenden Kindern nicht erkennt, halte ich definitiv für falsch.

Er lächelt zuckersüß, doch vermag ich es nicht, mit ihm mitzufühlen.

Und ich vermag nicht, mit Deinem Prot mitzufühlen. Schöner fände ich wieder, wenn Du hier zeigst, was der Prot fühlt. Zum Beispiel dass er das Kind anstarrt, auf ein warmes Gefühl im Herzen wartet, das aber nicht kommt.


Das Kind ist ihm fremd, er spürt nichts. Hier dem Prot ein aufwühlendes Empfinden zu untermischen, wäre unpassend und wie gesagt, es geht um den Teaser. Ich denke auch, dass man nicht bei jeder Stelle eines Textes ein großes Gefühlskino erwarten kann. Dann wäre man bei Romanzen vielleicht besser dran. Dies ist aber keine endgültige Meinung, sondern eben ein Sachverhalt, über den ich mir Gedanken mache. Grisham sagte, als man ihm Blässe seiner Prots vorhielt: es ist die Handlung, welche die Geschichte vorantreibt. Hier gibt es sicherlich unterschiedliche Lesererwartungen. Die Romane, die ich zumeist anlese, bewegen sich schnell und ohne große Ausschweifungen. Hier kann man sich fragen, ob es stilistisch besser ist, sich mehr auf Handlung und Dialoge zu konzentrieren, anstatt ständig auf show herumzutrampeln. Der Prot muss nicht ständig ein bebendes Herz haben oder Tränen in den Augen. Man muss dem Leser nicht jedes Gefühl vorkauen. Er kann sich selbst einfühlen. Trotzdem sollte es aber Inhalte geben, die berühren. Ein diskussionswürdigs Thema, oder?

Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe, schwankte zwischen Gewissensbissen und Ärger, und der Erkenntnis, dass mir keine Alternative geblieben war.

Auch hier könntest Du das zeigen, indem Du wirklich zeigst, was der Prot tut und fühlt. Zum Beispiel:
Nach meiner Rückkehr sperrte ich mich in der Wohnung ein, blieb der Arbeit wochenlang fern, während ich im Zimmer auf und ab ging und mir die Knöchel an der Wand blutig schlug.


Dein Vorschlag ist mir zu ausschweifend und unpassend. Was nicht zwingend heißen muss, dass ich alle Facetten nun richtig beurteile, ich ziehe nur einiges in Zweifel. Und eben: Man muss dem Leser nicht jedes Gefühl vorkauen. Er kann sich selbst einfühlen. Man sollte aber auch das Tempo einer Geschichte im Auge behalten. Trotzdem sollte es aber Inhalte geben, die berühren. Und, nichts desto trotz, gibt es sicher Stellen in meiner Geschichte, wo ich anstatt auf ein Adjektiv auf mehr show hätte setzen sollen. Hier muss ich eingestehen, das ich für diese Stellen oft keinen empfindsamen Blick habe und nicht erkenne, dass ich es besser machen könnte.

Die Worte und Andeutungen des Alten verwirren mich bis heute und bei dem Anblick des Jungen bricht es (brechen sie) erneut mit unbändiger Gewalt aus meiner Erinnerung hervor.

Stimmt, das „es“ ist falsch und der Bezug fehlt.

Der Alte spricht doch Gälisch. Versteht Dein Prot seine Worte und Andeutungen? Und wenn ja, warum teilst Du uns diese Andeutungen nicht mit?

Es ist sinngemäß aus den Worten zu entnehmen: diabhail/diaboli, Infernum, Pforte opens. Auch hier muss man dem Leser nichts vorkauen.

dehnten sich Moor- und Hügellandschaften aus, die mit kleinen Gewässern durchsetzt waren,

Relativsätze sagt mir nun nichts, aber ich nehme an, es sind Sätze, die sich mit die oder in fortsetzen. Werde ich mal nach suchen, ob sich das häuft. Ist ja, als würde man jeden Satz mit dem Namen des Prot anfangen.

„Ist wohl doch nicht so abgelegen, wie wir dachten“, sagte Maria und lächelte mich aus unserem Tunnelzelt an. Ich empfand ihr zärtliches Lächeln wie das Aufbrechen des düsteren Himmel und das Erscheinen der Sonne.

Hier "lächelte" und "Lächeln". Und den zweiten Satz könnte man auch richtig zeigen. Zum Beispiel so: ... und lächelte mich aus unserem Tunnelzelt an. Ein warmes Gefühl breitete sich in meiner Magengrube aus, wanderte die Kehle hinauf, und dann zuckte es in meinen Mundwinkeln. Das ist zwar mit weniger Pathos formuliert, würde mich aber in die Situation bringe, dass ich mit Deinem Prot mitfühle, einfach weil ich näher bei ihm bin.


Sorry, Maria, aber deinen Vorschlag finde ich einfach nur klischeehaft schlicht und wieder als ein Rumtrampeln auf permanentem Gefühlsleben. Den zweiten Satz finde ich schon fast genial und er sollte bei dem einen oder anderen Leser ein romantisches Empfinden auslösen. Lächelte und Lächeln: etwas, das ich in vielen Romanen überprüft habe. Mit Doppelungen nehmen es die Profis auch nicht immer allzu ernst. Es fällt beim Lesen nicht auf. Ich benutze es ohne Bedenken. Autoren reiten gerne auf sowas herum, weil sie einen Fokus für allerlei Inhalte haben, den ich inzwischen für übertrieben halte. Wir erschaffen ja nicht konsequent künstlerisch hochwertige Texte, sondern Unterhaltung. Der durchschnittliche Leser fliegt darüber hinweg und bemerkt es nicht. Solche sprachlichen Ansprüche hat er meines Erachtens nicht und er beschäftigt sich auch nicht groß mit den Details der Textqualität. Ein schönes Beispiel aus einem Erfolgsroman: „Geben Sie sie mir“, sagte sie.

Er lächelte verschmitzt und ich wusste nicht, ob er uns auf den Arm nehmen wollte.

Er wusste nicht, ob der Typ es ernst meint oder ...

2) Lyon will ihn auf den Arm nehmen. Hier finde ich die Reaktion Deines Prots einfach ... viel zu tolerant.
Man regt sich nicht über jeden Käse auf. Es ist eine kurze, zufällige Begegnung.

„Was ist passiert?“, fragte Maria, als hätte Unsicherheit sie dazu getrieben, einen Moment der Stille zu durchbrechen.

Die Unsicherheit bezieht sich auf die Frage, die Ben flach erscheint. Auch hier machst du dir zu viel Gedanken. Der Leser sollte wissen, dass auch er schon mal einfach etwas Blödes sagte, um die Stille zu durchbrechen.

Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüber, der Maria mit bohrendem Blick anschaute.

Das ungute Gefühl hätte ich gerne gefühlt. So bleibt es diffus. Wie fühlt es sich an, das ungute Gefühl? Ein Brennen im Rachen,


Hier möchte ich wieder auf zwanghaftes show verweisen. Man muss nicht jedes Adjektiv aufschlüsseln. Man kann allerdings nach Stellen suchen, wo es angemessen erscheint.

Maria schloss beschämt ihre Beine

Beschämt habe ich gestrichen, ist definitiv doppelt gemoppelt und in diesem Fall platt.

Zum Inhalt:

Zunächst bin ich überrascht, dass du Lillith und Luzifer (Abylon oder Lyon) erkannt hast. Ich wollte es nicht zu platt und offensichtlich machen und ließ es dann als geheimen Gag irgendwie so stehen.

Deine Interpretation ist interessant, aber zweifelhaft. Es geht hier um einen Punkt, über den ich mir viele Gedanken mache, nämlich: wie nimmt ein durchschnittlicher Leser eine Geschichte wahr?

Er geht nicht, wie wir als Autoren, analytisch an eine Geschichte heran und zerpflückt sie auf kleinste Hintergründe. Die Zusamenhänge werden ihm nach und nach serviert. Der Leser nimmt auf, aber er recherchiert nicht. In diesem Zusammenhang möchte ich meine beiden Testleserinnen, ohne Autorenhintergrund, zitieren: „Boh, spannend. Mystisch und gruselig.“ Usw.

Nachtrag zum Thema Leseranspruch: ich war gerade auf BookRix, um den korregierten Text einzusetzen. Ich habe auch eine Reihe von Adjektiven entfernt und da kommen bestimmt noch mehr weg. Der Hinweis von Katla hat mich skeptisch gemacht und er hat recht. Da sind doch so einige nicht notwendig. Auch Latein und gälisch sind weg. Du solltest seinen Kommentar mal lesen, gottverdammt, das haut rein. :D Erstaunt hat mich, das in wenigen Tagen 4 Bücher verkauft wurden, denn dieses hier ist die Leseprobe. Jetzt mögen 4 nicht viel sein, aber es scheint die Leser durchaus anzusprechen. Hier geht es mir nicht um eine Rechtfertigung, sondern ich denke über Stilfragen nach und halte es zumindest für ein kleines Argument, dass man überdenken kann.

„Ich bin Lilly und mein Freund heißt Lyon“, sagte die Porzellanprinzessin.

... war der Fall für mich völlig klar.


Lillith und Abylon sind dem Leser in der Regel nicht bekannt. Das ist mehr ein persönlicher Gag. Er weiß bis hier erst, dass es einen Zusammenhang mit Hautfarbe und Augen gibt. Und das ein Mensch getötet wurde. Daraus soll die Neugierde nach den Hintergründen erwachen. Beginnt man die Story ohne Vorwort, plätschert sie belanglos lange vor sich hin. Dann kommen Lilly und Lyon ins Spiel, die sich als Okkultisten herausstellen. Der Leser kann nun erahnen, dass es einen mystischen Hintergrund gibt. Die erwähnten Symble machen also Sinn. Der Leser schaut nicht nach gelesener Geschichte zurück und sagt: war doch von Anfang an klar. Und das „wie“ wäre damit auch nicht geklärt, denn der Höhepunkt der Geschichte sind die erzwungene Vereinigung und die Tötung des Wächters.

Dann kommen die Steine ins Spiel, die eine beeinflussende Rolle spielen, überlassen wir es der Interpretation des Lesers und kauen wir es ihm nicht vor. Und die düstere Umgebung, der Altar mit Engeln und Dämonen. Der Leser kann hier nun annehmen, dass ein Kind gezeugt wird, nicht unterwelchen Umständen. Von da an läuft der Text aufgrund der Handlung von allein.

Aber, ich möchte Dreimeier noch mal erwähnen, es gibt Stellen, die man bildlich intensiver gestalten kann. Es ist ein wichtiges Element in Geschichten.

Den Schluss könnte man allerdings mit mehr show zeigen, darüber denke ich nach, obwohl er eigentlich nur ein Fazit ist und die davor liegende Spannung nicht verwaschen soll.

Ich danke dir für deine ausführliche Betrachtung und hoffe, dass ich die Themen, die mich beschäftigen, verständlich dargestellt habe. Danke auch für die Korrekturen.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo @Katla,

das ist ein interessanter Einblick in die Geschichte und ich gebe zu, dass mich zunächst die Faszination für die schottische Landschaft dort hingetrieben hat. Ich bin davon ausgegangen, dass das Land christianisiert ist und habe es nicht überprüft, ja. Wie wäre es, wenn man das Datum ein paar Jahrhunderte vorverlegt, das würde dann auch mit der Ornamentik passender werden, denn auch hier habe ich mir keine Gedanken über Kunsthistorik gemacht. Es erschien mir wohl nicht wichtig, der Gedanke kam mir nicht. Ich kann die unterschiedlichen Elemente der Kunst in der Geschichte ohnehin nicht unterscheiden. Das wäre ein ziemlich intensives Studium für eine kleine Geschichte ohne Verlagsangebot geworden. Aber wo du es nun erwähnst, ist es mir dann doch nicht ganz egal.

Es freut mich aber, dass es dich zumindest amüsiert hat.

Vier Sprachen, oho. Nun, ich habe mich tatsächlich auf den Online-Übersetzer verlassen. Ich habe nicht geahnt, dass die Dinger so unzuverlässlich sind. Und Satan hat das Ding auch klein geschrieben.

Ob das Latein nötig war? Ich finde es faszinierend. In Filmen reden Klingonen ja häufig auch klingonisch. Inhaltlich war es irrelevant, da es Schlüsselworte gibt, die jeder Leser im Zusammenhang mit dem Text verstehen sollte. Der Hinweis darauf, wie es in Büchern gemacht wird, ist aber interessant. Da ich den lateinischen Satz ohnehin nicht korrekt zusammen bekommen werde, ist das eine gute Alternative.

Wenn du glaubst, in der Geschichte würde wenig Arbeit stecken, irrst du dich.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Lieber @Rainer Hohn,

ich sehe jetzt die Unterschiedlichkeit unserer Schreibstile, aber ist ja gut, so kann man vielleicht am besten voneinander lernen ... :hmm:

Du scheinst eher ein Freund naturgetreue Beschreibungen, bei dir zieht dann keine Wäsche, sondern schroffer Fels vorüber. :D Das verknüpfst du geschickt mit einer Story aus dem fantastischen Bereich.
Auch dein Spannungsaufbau gefällt mir - die Andeutung mit dem alten Mann ganz am Anfang zum Beispiel macht neugierig, wie es dazu gekommen ist.
Bei der Begegnung mit dem Pärchen denkt man anfangs noch an okkulte Spinner, aber natürlich WEIß man, dass etwas passieren wird.
Der alte Mann taucht dann allerdings etwas unvermittelt auf und wird ziemlich schnell erledigt. Schade eigentlich, die Szene hätte mehr Potential.

Insgesamt ist mir dein Stil manchmal zu adjektivlastig, ohne dass Gefühle oder Gedanken der Prots mich wirklich erreichen. Es ist vielleicht wirklich Geschmackssache, aber gerade im ersten Abschnitt, deinem "Miniprolog", fällt mir das sehr auf.

Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen.

Viele Grüße

Willi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Rainer Hohn ,

ich freue mich sehr, dass ich deinen Ehrgeiz wecken konnte! Schreiben ist halt Arbeit, aber macht die nicht auch Spaß? ;)

Dein Argument mit dem Klingonisch und so sehe ich ein (ich lese und verwende auch gern Fremdsprachen in Texten, aber man sollte die auch unauffällig übersetzen, zeitnah - vllt kann Maria ja Ben fragen, was der Alte sagte?)

Wenn du doch was Lateinisches magst, hier:
Porta ad infernum a perfidus Satanas cum filio diaboli decludetur.
(Das Tor zu Hölle wird vom betrügerischen Satan zusammen mit dem Sohn des Teufels geöffnet werden. - das Passiv klingt nur im Dt schräg..)
Falls du es wie deine neue Version willst, lass einfach cum filio diaboli raus.
Das Coole ist, dass da zwei grammatikalische Konstruktionen drin sind, die es nur im Latein gibt, das Dumme ist, dass googletranslate das nicht packt und iins Deutsche Schaschlik auswirft. :hmm: Ich hab alles nachgeprüft und meine, es müsste korrekt sein, aber dennoch ohne Gewähr. (Eigenltich ist im Latein die Wortstellung relativ frei, aber dieser Satz geht nur so, weil da zwei Sachen in Abhängigkeit stehen.)


Hier jetzt zum Text selbst (wie gesagt, ich fand vieles unfreiwillig komisch, aber lustige Bemerkungen zu machen, hilft dir ja gar nix, ich gehe das also mehr analytisch durch.)

Ich halte meinen neugeborenen Sohn in den Armen und betrachte ihn mit tiefen Zweifeln. Fünf Tage ist er nun alt. Ein kraftstrotzender, gesunder Bub mit dem Gesicht eines Mädchens.
-> kraftstrotzender, gesunder Bub, das klingt wie aus den 50ern. Aber dein Prot muss immerhin noch so jung sein, dass er zeugungsfähig ist. Hm.
Im Babyalter kann man nie und nimmer Jungen- von Mädchengesichtern unterscheiden. Warum ist das wichtig? Maria hat das Baby ja nicht mit Lilly gezeugt, sodass da ein MegaMädchen bei rauskäme, die rein gar nichts ‚bubenhaftes‘ an sich haben könnte. Der Lyon war doch durchaus männlich beschrieben.

Er lächelt zuckersüß, doch vermag ich es nicht, mit ihm mitzufühlen.
-> Mitfühlen sagt man nur, wenn dem anderen was passiert ist, oder er zumindest eine Reaktion auf etwas hat, aber dem Kind scheint es ja gut zu gehen, das liegt da nur so – was meinst du?
Seine dunklen Augen und die milchige Haut irritieren mich, erinnern mich an eine Begebenheit vor neun Monaten in den Highlands. Sie endete in einer Auseinandersetzung, bei der ich einen alten Mann erschlug.
-> Oh, mit so viel Emotion gesagt, als sei eine Tasse runtegefallen. Jetzt schließe ich daraus, dass der Erzähler ein Psychopath ist. Aber das kommt schon arg hopplahop hier reingegrätscht. Macht den Eindruck, als wolle der Autor mit dem Intro schnell fertig werden (keine Unterstellung, nur Leseeindruck!).
Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe, schwankte zwischen Gewissensbissen und Ärger, und der Erkenntnis, dass mir keine Alternative geblieben war.
-> Verstrickt ist das falsche Wort in diesem Zusammenhang. ‚Verlor‘ vllt. „Ärger“ scheint mir hier die Untertreibung des Jahres – Ärger ist sehr allgemein, das sagt nichts aus hier. Dabei brauchte man spätestens hier eine greifbare Charakterisierung.
Die Worte und Andeutungen des Alten verwirren mich bis heute und bei dem Anblick des Jungen brechen sie erneut mit unbändiger Gewalt aus meiner Erinnerung hervor.
-> Das bringt so nichts, denn du sagst nicht, was der Alte andeutete, der Teaser verpufft. Da er grad so lapidar am Aufzählen war, passt „mit unbändiger Gewalt“ überhaupt nicht ins Bild. Macht den Eindruck, als wolltest du mehr as Dramatisches schreiben, als dass es organisch hier reinpasste. Es widerspricht der Erzählhaltung bisher.
Ich schaue den Jungen an und verspüre den verstörenden Drang, ein Kissen auf sein Gesicht zu pressen und ihn zu ersticken.
-> Das ist ein konkreter, cooler Satz, der ohne verquere Formulierungen und viel Gerede auskommt – klasse. DAS macht jetzt echt neugierig. (Aber: verstörend raus, ist doch logisch, gängel deine Leser nicht so Außerdem wirkt das witzig, dass er meint, er müsse das seinen Kindermordabsichten nochmal extra hinzufügen.)
Die alltäglichen Routinen, die sich in einer endlosen Spirale wiederholten, gaben mir das Gefühl, erlahmt zu sein in einer reizlosen und eintönigen Lebensweise mit gleichförmigen Eindrücken und Empfindungen.
Routine ist bereits alltäglich, das ist wie wenn du sagtest: ‚ereiferte sich ereifernd‘. Spiralen sind nicht endlos, was du brauchst ist ein Kreis(lauf). Spiralen können in jeder Windung ein bisschen anders sein, siehe Farn.
Das Land begrüßte uns mit Nieselregen. Schroffe Klippen zogen an uns vorbei,
-> Fahren die nicht Motorrad? Das hört sich an, als fuhren die mit dem Schiff daran vorbei (ich meine, Klippen verwendet man meist / nur vom Meer oder Strand aus gesehen.
auf deren Höhen einige verwitterte Ruinen den Eindruck von verwunschenen Orten erweckten. Bei ihrem Anblick verspürte ich gleichermaßen einen befremdlichen Sog wie auch ein tiefes Unbehagen. Im Landesinneren dehnten sich Moor- und Hügellandschaften aus, die mit kleinen Gewässern durchsetzt waren, in denen Seerosen blühten.
-> Landschaft mit Seen durchsetzt geht nicht, weil sich das auf einer Ebene befindet – die Seen sind ja nicht unter dem Land. Warum muss das so gestelzt sein? In diesem Absatz beginnst du, ziemlich wahllos Adjektive einzustreuen, die nichts zum Inhalt / Aussage beitragen. Raus können ohne Verlust: verwitterte (weil mit Ruinen ist das ein schwarzer Rappe), gleichermaßen einen befremdlichen Sog wie auch ein tiefes Unbehagen (kann raus, weil es gar nichts aussagt, sondern nur Horrorallgemeinplätze sind, die man Tausend Mal gelesen hat und daher ihre Wirkung verloren haben – denk dir doch ne innovative Beschreibung aus). Kleinen.
Streng genommen bietet dieser Absatz gar nichts.

Ich bemühte mich, die Erinnerung an einen befremdlichen Traum abzuschütteln. Ich stand in einem wabernden Halbdunkel, umgeben von gegenstandslosen Schatten, die ich bereitwillig umschloss, mit denen ich zu tanzen begann, als würde es einen tieferen Sinn ergeben. Ungläubig schüttelte ich den Kopf und pustete den Dampf aus meinem Becher.
-> Dito. Guck doch einmal mit kritischem Blick, ob all diese Beschreibungen überhaupt Bilder entstehen lassen, oder nicht eher Phrasen sind: „waberndes Halbdunkel“ – was soll das sein? Ich war auch schon in den Highlands, und überhaupt kann ich damit echt nix anfangen. Ist das ein Nicken zu Lovecraft? Deine Geschichte hat aber rein gar nichts mit dessen Stories zu tun, und man sollte von soas die Finger lassen, wenn man es nicht schafft, diesen Stil durchzuhalten (und das kann kaum jemand außer eben Lovecraft selbst). „gegenstandslose Schatten“ – ist doch Nonsense. Schatten haben den (höchstens verzerrten) Umriss von dem Objekt, das sie wirft; und feststofflich können sie eh nicht sein. Ich schüttel hier auch ungläubig den Kopf. Frage mich aber, was der Prot denn nicht glaubt – es ist ja nix passiert, er guckt sich die Landschaft an und hat ein paar romantische Assoziationen, ist ihm das so fremd? Mit der Szene kann ich nichts anfangen.
Aus dem grauen Dunst über der geschwungenen Straße schälten sich die Konturen von zwei Bikern. Das Brummen ihrer Maschinen schwoll im Wind an und ab.
-> Dass da stärkerer Wind ist, beißt sich mit dem Dunst und dem „wabernd“, einfach von realistischen Wettervrhältnissen her. Wär klasse, da konzentriert eine Wetterlage / Umgebung zu beschreiben, nicht wie es grad zur Stimmung passt hin und her zu springen.
Den Bikern schien unsere Einladung willkommen zu sein.
-> Man sagt, nur die Sonne scheint. :D Ist doch überflüssig, der Leser hat das auch schon gemerkt, weil die absteigen und näherkommen. Musst du uns nicht vorkauen, schon gar nicht mit einer Vermutung, die auch nichts weiter erklärt, da kein „aber“ danach kommt. Also war ihnen die Einladung tatsächlich willkommen.
Auf sein Handgelenk waren die drei ineinander verwundenen Kreise der unheiligen Dreifaltigkeit tätowiert. Das Symbol für Satan, den Antichrist und den falschen Propheten, wollte ich einem Klienten meiner Sozialarbeit Glauben schenken. Aberglauben, Religiösität, Esoterik, Astrologie und ähnliche Bekenntnisse begegneten mir oft auf der Straße.
-> Man bekennt sich zu einem Glauben oder einer Religion, aber nicht zur Astrologie etc.
Als ich die Frau anschaute, musste ich schlucken.
-> Ja, gut gemacht, ein klarer Satz, der mir sofort alles Nötige sagt, über den Prot, die Frau und die ganze Situation. Davon hätte ich gern mehr gehabt.
Ihr Gesicht erschien engelhaft, mit einer Haut wie weißer Marmor. Sie schüttelte anmutig ihr fuchsrotes, langes Haar aus. Ich bekam einen trockenen Mund und nippte an meinem Kaffee.
„anmutig“ fällt wieder aus dem Register, wie vorher der Bub; und clasht auch sofort darauf mit dem flapsigen „nippte“. Eine Geschichte sollte in einem Register gehalten werden, sonst wird die Erzählstimme unglaubwürdig und dazu noch schwer greifbar.
Maria verzog das Gesicht, als hätte sie auf einem sauren Drops gelutscht. Sie trank ihren Kaffee nicht wie ich ohne Zucker.
-> Das ist eine ziemlich kleine Beobachtung, das wär kürzer schöner: Maria verzog das Gesicht, sie trinkt ihren Kaffee – anders als ich – immer mit Zucker. (Oder so.)
„Wir haben uns eine Burgruine angeschaut, nicht weit von hier“, sagte Lyon. „Sie ist auf keiner Karte verzeichnet. Der Teufel hat dort die Unterwelt verlassen, um die Herrschaft über die Menschheit zu ergreifen.“ Er lächelte verschmitzt und ich wusste nicht, ob er uns auf den Arm nehmen wollte.
„Glaubt ihr an den Teufel?“ fragte Lilly.
-> WTF? Das kommt aber ein bissl aus dem Ärmel geschüttelt. Gleiches wie oben, wo ich den Eindruck hatte, du willst mit der Intro fertig werden, hier liest es sich, als wüsstest du nicht, wie elegant zum Punkt kommen. Wenn Ben und Maria nicht komplette Vollidioten sind, und Ben dazu solche Leute schon zur Genüge von der Arbeit her kennt, wären die nicht verzückt, sondern würden schleunigst unter einem höflichen Vorwand ihre Tasse einsammeln und die zwei loswerden. Das Ganze sollte irgendwie weicher, intelligenter eingeführt werden. Wenn so zwei Freaks mich mitten in der Pampa zu einer Ruine schicken würden, denke ich doch nicht, „Ach, vielleicht gibt’s den Satan ja doch im wahren Leben, lass mal gucken!“, sondern ich denke, das ist eine Falle.
„Er hat es aber nicht geschafft, oder?“ Sie biss sich fast verschämt auf die Lippen. Lyon verzog keine Miene.
-> Fast. Aber nicht ganz. Also wie denn? Du bist der Autor, ich will deine spezielle Sicht lesen, nicht mir aus Andeutungen selbst was zusammensuchen - sonst schreib: Ein Pärchen trifft auf Luzifer und Lilith, haben Sex auf einem Satanstor, wovon die Frau schwanger wird und der Prot denkt, das Kind sei der Antimessias, dann kann ich mir auch den Rest ausdenken. Aber darum geht es in der Literatur nicht: du gibst dem Leser nicht Freiheit durch Vages, Unklares, Angerissenes, sondern dadurch, dass du ganz gezielt seinen Blick lenkst und damit individuelle Bilder in seinem Kopf entstehen lässt. Das ist ein ganz wichtiger, eklataner Unterschied.

„Was ist passiert?“, fragte Maria, als hätte Unsicherheit sie dazu getrieben, einen Moment der Stille zu durchbrechen.
-> Meine Güte, die ist so derart naiv, das tut schon körperlich weh.
Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüber, der Maria mit bohrendem Blick anschaute. Ich wollte ihn und seine Lilly möglichst schnell vom Hals haben. Mit schrägen Typen hatte ich als Streetworker schon mehr als genug zu tun.
-> Genau, denke ich auch. Der Wandel zur Neugier wird nicht hergeleitet.
mich beim Einschlafen an ihren warmen Körper schmiegen und spüren, dass meine Liebe zu ihr die Ewigkeit überdauern konnte.
-> Dem steht genaugenommen ja auch nix im Wege, nur weil die grad seit 5 MInuten Kaffee mit zwei Bikern trinken. Wie kommt er also auf die Idee?

Also, ich hab immer so ein Problem mit diesen übermächtigen Mythengestalten, wie Luzifer und Lilith. Luzi hat ja ziemlich auf die Fresse bekommen und wartet irgendwo angekettet auf kingdom come. Lilith aber ist ja keinen Einschränkungen unterworfen, sondern zeugt irgendwo am Roten Meer (glaube ich) lustig Generation um Generation kleiner fieser Dämonen, die die Menschen quälen. Das sind also extrem starke Rebellen, die zwei, und sehr starke Figuren. Wenn man als Autor mit so dramatischem Personal auffährt, können die nicht am Lagerfeuer mit zwei Nobodies sitzen und rumplänkeln wie Teenies auf dem Schulhof. Die sollten Würde, Intelligenz und Autorität ausstrahlen, und dazu dürften sie sich nicht so dusselig verhalten. Mir wird auch von deiner Prämisse her nicht klar, warum sie sich für die Zeugung ihres Gegenmessias nicht Leute ihres Kalibers aussuchen. Kann das jeder sein? Muss man nur den Highlands campen, um erwählt zu werden? Und warum haben die zwei nicht solche Durchschnittstypen in den letzten paar Hundert Jahren gefunden, um ihr Höllentor endlich aufzukriegen? Da sehe ich eine ganz extreme Schwäche deines Textes.

Ich musste ein Lachen unterdrücken, nahm den Stein aber gerne an, um mich später einmal an diese skurrile Begebenheit zu erinnern.
-> Auch sehr gut, das ist eine schlüssige Erklärung, passt nur nicht ganz zum Rest.
Das sie seinen Name erwähnte, verdüsterte meine Stimmung, doch sah ich die feinen Gesichtszüge von Lilly vor mir und malte mir ihren unbekleideten, elfenhaften Körper aus. / „Träumst du?“ Maria schaute mich skeptisch an und streifte die Haare über ihre Schultern. / Ich spürte einen heißen Schrecken, als wäre ich bei etwas Unanständigem erwischt worden. Ich schaute auf Marias feste Brüste und fühlte Erregung in mir aufsteigen.
-> :lol: Scheißegal, welche Tusse, Hauptsache ficken! Hahaha, sorry. Keine Ahnung, das ist schon lustig, aber macht deinen Prot ziemlich zum Trottel. Dazu kommt, dass er jedes Mal, wenn er eifersüchtig auf den männlichen Engel ist, auf Lilly schielt - Racheflirt? Die Beziehungsdynamik finde ich sehr unklar.

Ich komme mit der Ambivalenz, mit der er seiner Freundin gegenübersteht, eh nicht gut klar. Eigentlich interessieren mich so backstories um Menschen in einem paranormalen Text nicht so sehr wie die der 'Monster', aber hier hätte es geholfen, wenn ich gewusst hätte, ob deren Ambivalenz und Unsicherheit daher kommt, dass die zwei in der toten Phase einer langen Beziehung angekommen sind, und sich nur aus Feigheit nicht trennen, oder ob die grad erst zusammenkamen, und daher ihrer gegenseitigen Zuneigung und Loyalität ungewiss sind. Ich finde, das macht schon einen Unterschied, vor allem im Hinblick auf das Kind später.

Wie entseelt blickte sie mich an, entblößte ihren Körper und ließ ihre Kleidung achtlos zu Boden gleiten. Teilnahmslos schob sich Maria auf die glänzend weiße Fläche des Altars. Mit weit gespreizten Beinen lehnte sie sich zurück und stieß einen keuchenden Seufzer aus.
-> Hoppla!
Was unterscheidet einen keuchenden Seufzer von einem Keuchen? Bzw sind das sind zwei Geräusche, die man mAn nicht auf einmal ausstoßen kann.
Schwindel erfasste mich, meine Knie wurden weich, mein Blick trübte sich. Wie in Trance zerrte ich meine Kleidung vom Körper. Ein kühler Wind, der von Sekunde zu Sekunde stärker wurde, wirbelte Staub auf. Ekstatisches Stimmengewirr malträtierte meine Ohren. Vor meinem geistigen Auge entfalteten sich pornographische Bilder, verschwommene Sequenzen, wie schemenhafte Erinnerungen aus den Tiefen meiner Phantasie.
-> Wieder verschiedene Register: Knie weich vs Blick trübt sich; malträtiert ist viel zu dramatisch für den Prot, vor dem ‚geistigen‘ Auge – klar, vor welchem sonst (Vorsicht: abgedroschene Phrase), ‚pornographische‘ Bilder kann alles möglich sein, das klingt ja, als würde hier die Freiwillige Selbstkontrolle schreiben. Viel zu viele Adjektive, die alle leere Bilder produzieren, und alle sehr phrasenhaft sind. Macht nicht nur null Eindruck, sondern wirkt unfreiwillig komisch. Hier verschenkst du viel Potential, denn das ist ja quasi deine eine 'Actionszene', die auch viel von deinen Prots verraten sollte (denn Lust und Angst sind beides sehr individuelle, intime Erfahrungen).
mein Stöhnen mischte sich in das Brausen des Windes.
-> ‚mischen‘ ist das falsche Wort in diesem Kontext.
Zuckend ergoss ich mich in ihren Unterleib.
-> Auch so ein Problemsatz. Wieder so mit spitzen Fingern geschrieben – und ein eigentlich ekliges Bild, denn er spritzt ja nicht in ihren GANZEN Unterleib, so wie es klingt. Meinst diu nicht, deine Leser haben eine ungefähre Ahnung, welche Anatomie beim Heterosex im Einsatz ist, sodass du das nicht besonders erwähnen musst? Außerdem klingt das ‚zuckend‘ mehr nach einem epileptischen Anfall, weil sein ganzer Körper davon betroffen zu sein scheint.
Ihr von Lust verzerrtes Gesicht hatte nichts Menschliches mehr an sich.
-> Sicher? Dann beschreib, wie das aussieht. So ist das auch eine leere Behauptung, und viel zu oft gelesen, was es nicht besser macht.
Sie verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen war.
-> Kennst du den Spruch: I hope she’ll find her brain back there?
„Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich stand vollkommen neben mir“, sagte ich entschuldigend
.
-> Entschuldigend musst du dem Leser nicht extra aufs Brot schmieren. Den Satz selbst finde ich gut, das ist einer der wenigen wirklich klaren, konkreten Aussagen, die auch zum Prot passen.

Also, du siehst sicher schon, dass der Text aus stilistischen und plottechnischen Gründen bei mir nicht wirkt. Und letztlich ist das Schlimmste, das hier passiert, dass da ein Sozialarbeiter über sein Baby ins Zweifeln gerät. Bei dem Personal – s.o. – ist das ein bissl wenig.

Ich hatte – wegen des Settings – nochmal aus Spaß geschaut: Die Römer im heutigen Südengland waren um 400 herum bereits christianisiert, haben sich aber zw. 415-430 fluchtartig verpisst, und dieser sehr plötzliche Zusammenbruch des Spätrömischen Reiches wie auch die Auswanderung sind bis heute nicht ganz erklärt. Nur eine Idee: Lass die Vorgeschichte um 420 in Cornwall spielen (da gibts auch Küste und guck mal, wie der Rest aussieht, vermutlich musst du nur die „Highlands“ ändern); lass den Alten nicht Gälisch, sondern Latein sprechen, und dann könntest du anstatt dieser Holzhammerfrage, ob die an den Teufel glauben, Lilly andeuten lassen, dass die Römer damals einen guten Grund hatten, ihr mühsam erobertes, umkämpftes Reich fluchtartig zu verlassen: Nämlich, weil das Tor dort entstanden war.

Damit würdest du den Text in echte Historie einbetten, hättest einen verdammt guten Aufhänger, warum die zwei sich das unbedingt anschauen wollen, und würdest hier mehr nachvollziehbares Drama (im Sinne von zu erwartender Konsequenz) einbauen - denn: wenn schon die mächtigen Römer Angst hatten ...
Daher mag ich Recherche, sie gibt Geschichten mehr Tiefe, und sozusagen einen doppelten Boden, da kannst du die Realität für dich arbeiten lassen. Aber klar, deine Geschichte.

Ich würde dir raten, deine Texte mit einem analytischen Auge durchzugehen, anstatt dich selbst von deinen Sätzen mitreißen zu lassen. Das ist natürlich viel Arbeit, aber es würde sich lohnen. Letztlich lese ich wesentlich weniger gern eine gute Idee (und die gibt es eh selten) schlecht erzählt, als eine weniger gute Idee sehr gut erzählt. Was mich interessiert ist eine klare, in sich stimmige, innovative Geschichte mit einer sehr individuellen, unverwechselbaren Erzählstimme – damit meine ich Haltung zum Plot und den Prots, und Vokabular/Stil (dazu gehört Sicherheit im Umgang mit Worten und ihrer Bedeutung) etc.

Du hattest in einem Komm gesagt, die Leute lesen über Schwächen drüber. Woher hast du das? Das halte ich für vollkommen falsch. Keiner kennt seine Leser, keiner weiß, was sich Leute wünschen und wie sie lesen. Man kann sich nur selbst Ansprüche und Ziele setzen, und versuchen, denen möglichst gerecht zu werden; und wenn man die hoch genug setzt, haben auch die Leser was davon. Wenn du eine individuelle Erzählstimme und einen gründlich editierten Text hast, bringt das auch deinen Lesern mehr. Wüßten die Autoren und Filmemacher, was ihre Leser/Zuschauer wollten, gäbe es keine Millionenflops wie „Robin Hood“. Ich hab 10 Jahre in der (Kino-)Marktforschung gearbeitet, und kann dir versichern: du hast keinen Plan, wer dein Publikum ist und was die Leser für Erwartungen haben. Aber es nützt dir für deinen Stil und dein schriftstellerisches Weiterkommen Null, wenn du meinst, deine Leser mit etwas Halbgaren zufriedenstellen zu können.

Ich hatte übrigens nicht angenommen, du hättest den Text schnell runtergekloppt, sondern ihn nicht sorgfältig bearbeitet: und wenn du einen Satz in googletranslate eingibst, den du kopierst ohne zu merken, dass ein deutsches (Pforte) und ein englisches (opens) Wort zwischen die lateinischen gerutscht ist, dann kann das eben nicht sehr sorgfältig gewesen sein. Ich denke, kannst du besser, mit etwas Geduld.

Mach was aus deiner Idee, so Teufelsstories sind immer schön, und Lilith noch dazu, das würde sich lohnen - auch im Hiblick darauf, dass du deine Bücher selbst verlegst. Ich wünsche dir viel Erfolg und viel Spaß beim Frickeln.

Viele Grüße,
Katla

 
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Hallo @Willi,

danke für deinen Kommentar. Ich bin tatsächlich ein eher analytisch denkender Mensch, was die Kreativität bei ausdrucksvollen und emotionellen Texten für mich eher schwer macht. Und ich habe einen Riesenspaß am Erfinden von Geschichten und am Formulieren. Geld kann ich damit nicht verdienen und es interessiert mich auch nicht. Es ist ein Hobby, das ich mag, so wie meine Schwester schiefe Figuren töpfert und sich daran erfreut. Und meine Freundin strickt Socken, und ich muss zugeben, mit einem wirklich starken Design. Aber für ein Paar braucht sie zehn Stunden und ich frage mich schon manchmal, warum sie nicht einfach ein Paar kauft für 99 Cent. Aber sie liebt es, und das Design ist wirklich poppig und außergewöhnlich, auch wenn die Fasern sich eher leicht verziehen und schwabbelig werden. :D

Ganz unvermittelt taucht der Alte dann aber nicht auf. Darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht. Als sie an der Burg ankommen, gibt es eine Stelle, dass ein Haus ohne Fenster in der Ferne zu erkennen ist. Es gibt dort also jemanden. Kann sein, dass das etwas dünn ist, aber wie soll man diese Figur sonst einführen? Ich habe gehofft, es reicht aus.

Toll finde ich, dass dir der Spannungsaufbau gefällt.

Der alte Mann ist ziemlich schnell erledigt, ja. An dieser Stelle sind wahrscheinlich noch ein paar Beschreibungen angesagt und ich habe auch noch etwas eingefügt. Ich hadere da mit dem Tempo, das ich nicht verlangsamen oder unterbrechen möchte. Ist schwierig, hier noch mehr Beschreibungen einzufügen, auch wenn ich es selbst für sinnvoll halte, um mehr bildhafte Atmosphäre zu erzeugen. Ich arbeite noch dran.

Die Adjektive, das ist ein schwieriges Thema. Und wirkliche Klarheit habe ich da auch nicht. Ich habe Klassiker gelesen, wo es in zwei Sätzen zehn Adjektive gab. Und es passte. Mit Adjektiven verbinden die Menschen Vorstellungen, sie sind stark vom Ausdruck, bei jedem Menschen auf seine eigene Weise. Sie sind aber nicht so stark, wie eine gute Beschreibung. Anwenden sollte man sie auf jeden Fall, und ich bin den Text schon durchgegangen, um zu sehen, wo ich einige streichen könnte.

Nieselregen oder feiner Nieselregen? Man kann hier das Adjektiv einsparen, doch empfinde ich es als Differenzierung und als nicht unerhebliches Detail. Es erschafft ein anderes Bild. Ich glaube, dass Leser das sehr unterschiedlich empfinden. Dem einen ist es zuviel, der andere nimmt es nicht als störend wahr. 100 % der Leser kann man ohnehin nicht ereichen. Ich erforsche das selbst noch.
Im allgemeinen versuche ich schon, Adjektive einzusparen, scheint aber nicht so wirklich zu gelingen, weil die Aussagen ohne sie häufig etwas kümmerlich wirken. Ist wirklich schwierig.

Danke für deinen Kommentar, gerne gelesen.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 
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Hallo @Katla,

für meinen Geschmack gehst du zu analytisch an den Text heran, auch wenn ich einiges sicher berücksichtigen werde. Aber auf diese Art kann man jeden Text restlos zerlegen. Und es gibt auch einen Unterschied zwischen seichter Unterhaltungsliteratur und anspruchsvollen, meinetwegen russischen Klassikern.

Das Übersetzen des Latein macht Sinn, so kann der Leser besser folgen, auch wenn er den Sinn anhand der Stichworte erkennen müsste. Habe ich auch getan. Der lateinische Satz ist mir zu sperrig, er soll die Szene nicht in die Länge ziehen und den Fluss nicht unterbrechen. Er lautete auch : Der Sohn des Teufels öffnet die Pforte zur Hölle.

Man kann das Geschlecht schon bei Babys unterscheiden, zumindest laut Internet, was aber sehr schwer sein soll. Ich hatte die Stelle schon einmal geändert und denke immer noch darüber nach. Das Kind hat Eigenschaften von Lilly und Lyon übernommen, richtig. Mit Analytik kommt man da nicht weit. Es ist eine phantastische Geschichte, die kannst du nicht in ein logisches Korsett zwingen.

„Er lächelt zuckersüß, doch vermag ich es nicht, mit ihm mitzufühlen“.

Ich verstehe deine Differenzierung. Das Baby empfindet etwas Freudiges und drückt es durch ein Lächeln aus, das ihn nicht berührt. Was man auch so schreiben könnte. Aber der Zusammenhang ist nachvollziehbar und es klingt besser. Wenn ich rot sage, würdest du wahrscheinlich bemängeln, dass es weinrot mit einem Blaustich wäre. Ich halte es für überzogen. Die Sprache ist flexibel.

„Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe“

Hier das Gleiche. „Verlor“ an dieser Stelle ist mir zu ausdrucksschwach.

„Die Worte und Andeutungen des Alten verwirren mich bis heute“

Ich sehe nicht, dass der Teaser verpufft, denn ich sage nicht, was der Alte andeutet, genau. Das würde die Hintergründe schon klar machen.

„Da er grad so lapidar am Aufzählen war“

Du kannst dich nicht einfühlen in Gewissensbisse und wie es sich anfühlt? Klar, TeddyMaria hat dies auch bemängelt und ich frage mich, ob ich es sichtbarer machen sollte. Auf der anderen Seite ist es nur eine kurze Einführung, um den folgenden Text interessant zu machen. Sollte man hier schon den Prot in ein Gefühlschaos stürzen?
Er blickt ja nur zurück. Ich glaube schon, dass man den Text hier etwas emotioneller machen kann, halte die Kürze des Vorworts aber schon für wichtig, denn es ist nicht die eigentliche Geschichte. Sie bietet einen nett formulierten Abriss, wie es um den Prot steht.

„Die alltäglichen Routinen, die sich in einer endlosen Spirale wiederholten“

Es geht auch um Ausdruck. Nieselregen klingt nüchtern, feiner Nieselregen ist angenehmer. Werde ich auch wieder ändern. Routinen kann vieles bedeuten, das alltäglich schlüsselt es auf. Und sie fuhren an der Küste entlang mit den Enduros, sollte nachvollziehbar sein. Lovecroft habe ich nie gelesen.

„Das Brummen ihrer Maschinen schwoll im Wind an und ab.“

Dafür braucht es keinen Sturm, sondern nur einen Wechsel der Windrichtung.

„Den Bikern schien unsere Einladung willkommen zu sein.“

Ausschmückung, analytisch überflüssig, klar.

„Tanzte mit den Schatten“

Es ist ein Traum. Warum sollte das nicht möglich sein. Hier greift Analytik nicht.

„sondern würden schleunigst unter einem höflichen Vorwand ihre Tasse einsammeln und die zwei loswerden“

Das ist aber unhöflich. Vielleicht würdest du es tun.

„sondern ich denke, das ist eine Falle“

Bei zwei Bikern, die mal kurz anhalten und ein bisschen quatschen?

Wabernd bezieht sich auf den Traum. Nicht auf das Wetter. Trotz Wind kann es diesig oder neblig sein.

„Was unterscheidet einen keuchenden Seufzer von einem Keuchen?“

Ich werde das keuchenden streichen. Ja. Auch ein unnötiges Adjektiv wie auch dieses:

Entschuldigend musst du dem Leser nicht extra aufs Brot schmieren“

Aber „sagte ich“, alleinstehend, kommt mir so trocken vor. Es ist mein Empfinden, nicht deines. Und du kannst es auch nicht allen Lesern in die Schuhe schieben.

Ich habe so einen Hang, oft Adjektive zu benutzen, weil es den Ausdruck stärkt, manchmal ist es aber zuviel. Zuweilen lese ich dann über die Texte weg und suche welche zum Beseitigen.

Ich sagte, der Leser liest über Doppelungen hinweg, wenn sie unauffällig sind wie Lächelte und Lächeln, nicht über Schwächen. Das eine Doppelung eine Schwäche ist, interpretierst du so. Okay, im allgemeinen sollte man sie vermeiden. Manchmal aber kann eine Alternative zu einem unattraktiven oder zu langen Satz führen, der das Tempo stört. Nun, ich schließe das aus gelesenen Passagen wie: - „Geben Sie sie mir“, sagte sie. - Sollen wir hier einem professionellen Autoren Unprofessionalität unterstellen? Er wird sicher auch das wissen, was wir wissen.

Im allgemeinen finde ich deine Einschätzungen zu penibel und aufs Analytische fixiert. Einiges kann ich nicht wirklich nachvollziehen, denn ich schreibe ja keine Gebrauchsanleitung. Sicher ist ein Buch wie „Krebsstation“ anders geschrieben und erheblich realistischer. Ob man deine Betrachtungen nun alle auf kommerzielle Unterhaltungsliteratur anwenden sollte, ist für mich fraglich. Und ich behaupte auch nicht, das ich die Fähigkeit besitze, gigantische Literatur zu erschaffen. Man bemüht sich um neue Einsichten und einen besseren Stil. Auch, wenn ich kein 100prozentig sicheres Konzept habe und man die Texte verbessern kann, habe ich doch viele positive Reaktionen darauf erhalten. Der normale Leser scheint anders zu ticken als du.

Ich finde deine Kritik schwierig, aber sie bringt mich schon zum Nachdenken. An einigen Stellen werde ich nachbessern. Dafür danke ich dir und auch für deine Zeit, denn ich weiß, dass sich so ein Text nicht schnell mal herunterschreiben lässt.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 
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Hallo @Rainer Hohn ,

verdammt, meine Schuld: Porta ad infernum a filio diaboli decludetur.
Dabei hatte ich nen Kasusfehler im alten Satz vorher :Pfeif:,bei Satanas, der ist ja raus (filio ändert sich nicht, weil zwei Fälle hier identische Endungen haben). Nimm es, wenn du es gebrauchen kannst, also, nicht nur aus Höflichkeit.

Ach, Analyse und Emotionen laufen bei mir gleichzeitig, das kann ich gar nicht trennen. Und es gibt auch richtig gute Horrorliteratur, da muss man nicht zu den Klassikern schielen (die können auch öde sein).

Ich wünsche dir aber weiterhin viel Spaß und viel Erfolg bei deinem Hobby - und vielleicht hast du ja doch Lust gekriegt, deinem Schreibwerkzeug (der Sprache) einen Feinschliff zu verpassen ... dann und wann. :wein: Cheers!

Viele Grüße,
Katla

 

Lieber @Rainer Hohn,

Ich habe hinsichtlich der Adjektive ein wenig recherchiert und folgenden Tippgeber gefunden:

http://amzn.to/1cXRPJ0

Übrigens auch von @BeaMilena höchstselbst empfohlen.

Und ich mag schiefe Figuren fast ebenso sehr wie bunte Socken. Besonders zu Weihnachten.

Viele Grüße
Willi

 

„Da treffen Wüstentiere mit wilden Hunden zusammen, und
Bocksdämonen begegnen einander. Ja, dort rastet die Lilit
und findet einen Ruheplatz für sich.“ Jesaja 34, 14​

Hallo, Rainer Hohn,

an meiner Haltung seit unserer ersten Begegnung im Februar d. J. hat sich nix geändert. Geh immer noch SF wie auch Fantasy und Horror aus dem Weg (schon seit E. T. A. Hoffmann, da hab ich mir diesen Hang aber aus den ungefederten Kutschenfahrten auf holprigen und/oder schlammigen Wegen erklärt, als E. T. A. Kleinkind war), die Weltlage ist Horror genug, und doch bin ich hängengeblieben, selbst wenn der Ton eher gebetsmühlenartig klang.

Warum?

Die Namen, die Du verwendest, sind überwiegend semitischen Ursprungs, nicht unbedingt Hebräisch oder Aramäisch (die Sprache des Neuen Testaments), Maria (die latinisierte Miriam), Ben(jamin), Arjeh = „Löwe“, romanisiert zu Lyon (Wappentier der Stammes Juda!), vor allem aber „Lilly“, Lilit, die erste Frau Adams (des Menschen), mutmaßlich eine Emanze, die nicht aus einem Rippchen des Adam entstand und folglich als erste aus dem Paradies verbannt wurde.

Es kann kein Zufall sein, dass ich für einen eigenen Text bei den Propheten strandete und Jesaja 34 eine buchstäbliche Ausgeburt der Hölle ist, denn siehe, die Hölle ist überall (möglich) und der Herrgott wird sie richten … Meine grundlegende Frage ist aber immer, warum der Monotheismus immer des Herrn und seines Widerparts bedarf.

Hat der Herr dergleichen nötig?
Nein, befinde ich. Er kann dergleichen ganz gut selbst. Siehe Jesaja ... und schon die Genesis und ich. Du merkst, ich bin ein ungeeignetes Publikum. Aber vor allem gilt es, noch einige stattliche Anzahl Flusen aufzulesen!

Er lächelt zuckersüß, doch vermag ich es nicht, mit ihm zu mitfühlen.
Beide „mit“, ob selbständig oder als Vorsilbe, bedeuten das gleiche. Wenn einer mit einem andern fühlt, so ist der andere der mitfühlende.

Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe, schwankte zwischen Gewissensbissen und Ärger[…] und der Erkenntnis, dass mir keine Alternative geblieben war.
Komma (oder „und“) weg, schlichte Aufzählung gleichrangiger Satzteile

Ich empfand ihr zärtliches Lächeln wie das Aufbrechen des düsteren Himmels und das Erscheinen der Sonne.
Genitiv!

Gelegentlich vergisstu das Komma zwischen Ende der wörtl. Rede und dem übergeordneten Satz, wie hier das erste Mal (wenn ich nicht zuvor schon etwas übersehen hab)

„Glaubt ihr an den Teufel?“[,] fragte Lilly. Sie beugte sich vor und hielt Maria den Becher entgegen.
Musstu selbst weiter sehen, kommt noch Mal vor. Tipp: Nutz die Suchfunktion, nur “ eingeben und vorwärtshangeln. Geht am schnellsten

Da schnappt die Fälle-Falle zu

Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüber, …
und es folgt ein SuperGaU der schreibenden Zunft, die Verwechselung von dass (Konjunktion) und dem „vielgestaltigen“ (Homer!)Artikel und Pronomen „das“
Das sie seinen Name erwähnte, …
(kann aber auch mir passieren, bin ja kein Grammaticus)

Ich machte mich nie darüber lustig und versuchte, zu argumentieren.
Komma weg, versuchen + argumentieren bilden EIN komplexes Prädikat, "zu argumentieren versuchen"

Schwarze Wolken zogen über unseren Köpfen zusammen.
Nee, Wolken wechseln nicht die Adresse und bilden keine WGs, die „ziehen sich zusammen“

Sie schlang ihre Beine um meinen Körper und krallte sich in meine Schulter.
In die rechte oder linke? Besser Plural, „in meine Schultern“

„Ben“, hörte ich Maria kreischen, „Ben, hör auf.“
Klingt nach anderem als einer einfachen Aussage, oder?

Ich drücl Dir auf jeden Fall den Daumen für das Projekt ...

Tschüss

Friedel

 

Ich noch mal - die durchgestrichenen Passagen sind nun so eine Ausgeburt der Hölle. K. A. - obwohl's das dritte Mal bei mir ist, dass ich die nicht wegkrieg oder bis übermorgen hier dran sitz. Muss ja auch nicht sein!

Lieber Rainer,

ignorier die Striche, nicht aber das (automatisch!) durchgestrichene. Ich weiß ja, das der Protjesengott was wider mich hat.

Tschüss,

der hoffentlich itzo nicht durchgestrichene Friedel

 

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Hallo @Willi,

ich habe mich neugierig auf deine Info gestürzt, aber dann war da leider nur ein Kaufbuch. Ich selbst suche immer wieder nach Autorenseiten, die gute Ratgeber enthalten. Eine Seite ist von Andreas Eschbach, die viele interessante Artikel zum Schreibhandwerk enthält. Der Autor hat auch auf Wortkrieger angefangen.

Auf einer anderen Seite fand ich mal einen richtig guten und langen Artikel zu Adjektiven. Mal sehen, ob ich das noch einmal finden kann.

Zu viele Adjektive können einen Text oberflächlich und zu schnell machen, keine Frage. Und selbst eine meiner Testleserinnen, die keine Autorin ist, hat das bei meinen Texten bemängelt. Erst recht ein Grund, das ernst zu nehmen.

Adjektive erfüllen durchaus eine wichtige Funktion. Sie sind wichtig für Beschreibungen, wenn man, aus Tempogründen, nicht ausschweifend werden möchte. Und ein verwittertes Gemäuer erzeugt ein anderes Bild, als ein Gemäuer.

Da meine Texte bisher im Wesentlichen aus Handlungen und Beschreibungen bestehen und nur wenig aus Dialogen (muss ich mal was dran ändern), häufen die Adjektive sich vor allem bei den Umfeldbeschreibungen. Ich muss beim Überarbeiten ein Auge darauf werfen, welche Adjektive ich durch eine Beschreibung ersetzen kann und wo sie einfach überflüssig sind. Und da habe ich schon oft welche gefunden, die man wirklich nicht braucht oder die sogar fast kitschig wirken.

In der Regel rutschen sie mir einfach raus, weil sie beim Schreiben für mich ein stärkeres Bild erzeugen. Ich habe oft das Gefühl, da fehlt etwas, wenn ich sie nicht benutze. Eigentlich sollte folgendes doch ausreichen und ein klares Bild erzeugen:

„Das Land begrüßte uns mit Nieselregen“

Für das Empfinden der meisten Leser reicht dieses Bild wahrscheinlich vollkomen aus. Aber mir kommt es dann mager vor, deshalb haue ich noch ein Adjektiv rein.

„Das Land begrüßte uns mit feinem Nieselregen“

Ich finde diesen Satz einfach geschmeidiger. Logisch ist er in diesem Fall aber eher schwachsinnig, denn Nieselregen ist feiner Regen. Ein guter Grund, „feinem“ rauszuhauen. Dann erscheint mir der Satz aber wieder nackt und ausdruckslos. Und hier müsste ich dann wohl ansetzen, um das Bild auf andere Weise interessant zu machen.

„Das Land begrüßte uns mit Nieselregen, der mein Visier mit Tröpfchen sprenkelte. (Also Motorradhelm)

Das ist für mich eine neue Erkenntnis, deshalb schreibe ich darüber. Ich erhalte so mehr Bilder und vermeide Adjektive. Die Handlung wird langsamer.

Ich wollte in deiner Geschichte noch mal was nachschauen und stieß dann auf „Die Ratskirche“. Die ersten beiden Kapitel hatte ich vor einem Jahr gelesen und wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Ich erinnere mich noch an einiges daraus. Die Geschichte hat eine starke Atmosphäre, gefallen haben mir die Dialekte, die Szene vor dem Haus. Ich glaube, er war Gravierer oder so mit hohem Talent, ging dann mit seinem neuen Vorgesetzten in eine Kneipe, ach ja, war das nicht mit den Spielkarten, deren Herstellung verboten/lizensiert war? Ich werde die Geschichte noch mal von vorne lesen, bin gespannt.

Und ja, der Fels verschwomm in einander, war etwas zu kurz gedacht.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Ich möchte mich hier noch einmal für eure Kommentare bedanken. Die Diskussion und das Nachdenken über eure Anregungen und Kritiken haben mir viele neue Einsichten verschafft, die ich hoffentlich in Zukunft auch alle umsetzen werde.

Ich habe beim Nachbearbeiten gesehen, dass der Text sich an einigen Stellen verbessert hat. Ich habe ein paar Adjektive gestrichen, ein paar Beschreibungen ergänzt, logische Fehler ausgebügelt, und es liest sich jetzt für mich besser. Nicht, dass der Text deshalb fertig wäre.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

Hallo @Friedrichard,

ich sollte dich als Lektor anheuern.

„Meine grundlegende Frage ist aber immer, warum der Monotheismus immer des Herrn und seines Widerparts bedarf.“

Weil man ein Druckmittel benötigt, um die Menschen auf dem rechten Weg zu halten. Im Koran das Brennen im ewigen Feuer.

„Für lange Zeit verstrickte ich mich in Selbstvorwürfe, schwankte zwischen Gewissensbissen und Ärger[…] und der Erkenntnis, dass mir keine Alternative geblieben war.“

Von Komma vor dem „und“ habe ich keinerlei Ahnung. Ich setze das mehr nach Gefühl, wenn ich meine, hier beginnt ein neuer Satz oder so. Ich interpretiere das mal so, dass es auf den Zusammenhang der Satzteile ankommt.

Das gleiche Problem habe ich mit Dass am Anfang eines Satzes. Ich habe keine Ahnung, wann ich das machen soll und wieso.

„Gelegentlich vergisst du das Komma zwischen Ende der wörtl. Rede und dem übergeordneten Satz, wie hier das erste Mal (wenn ich nicht zuvor schon etwas übersehen hab)“

Auch ein Punkt, wo ich mir bisher nicht sicher war. Soll ich hinter Frage- oder Ausrufezeichen nach wörtlicher Rede noch ein Komma setzen? TeddyMaria hat mein Unwissen hier bereits beendet. Ich werde denText noch einmal durchgehen.

„Sie schlang ihre Beine um meinen Körper und krallte sich in meine Schulter.

In die rechte oder linke? Besser Plural, „in meine Schultern““

Yepp

„Mit einem unguten Gefühl musterte ich meinen Gegenüber, …“

Hier hast du mich jetzt wirklich erwischt. Das klingt für mich so abgehackt und schräg. Bist du sicher, dass „meinen“ nicht auch möglich ist? Für mich klingt es mit "meinen" so unglaublich korrekt und ich habe Zweifel, das ich es ändern werde, weil es einfach besser klingt. Ziemlich dämlich, oder?

Danke fürs Korregieren. Habe was gelernt.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

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