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Der Marsch der Lichter

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08.08.2002
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Der Marsch der Lichter

In der ganzen Stadt sprach man davon. Ein Raunen ging durch die Menschenmengen. An den staubigen Busstationen, in den Teehäusern, überall steckten die Leute ihre Köpfe zusammen, tuschelten, konnten nicht glauben was sich da auf ihre Stadt zubewegte. In allen größeren Städten, weltweit, sollte es sich ähnlich verhalten. Überall formierten sie sich, trafen sich, einzelnen Lichtpunkten gleich, in der Dunkelheit. Keiner wusste, wie sie sich organisieren. Sie schienen sich einfach zu finden, wie der Weg des Blutes hin zum Herzen.

Als der alte Mann, der vor seinem kleinen Obststand in der Altstadt Feigen und Datteln darbot, von dieser seltsamen Karawane hörte, schob er aufgeregt seinen Wagen unter das Vordach des brüchigen steinernen Hauses. Es war von den Bomben der ersten Kriegstage verschont geblieben. Er klopfte den Staub von seinem langen Mantel und ging wie unzählige andere Menschen auch, zur Hauptstraße. Überall war eine seltsame Erregung spürbar. Die Luft flimmerte in der späten Hitze des Abends und der Wind wehte feinen Sand in die Augen und Nasen der Neugierigen. In Scharen strömten sie herbei. Ein Lärmen und Gestikulieren umgab den alten Mann als er sich durch die Menschen hindurchzwängte. Er kniff die Augen zusammen, versuchte die Dunkelheit zu durchdringen. Erst war da nichts. Die Menschen wurden unruhig.

Dann wurde es plötzlich still. Schemenhaft waren am Horizont erste kleine Lichter sichtbar geworden. Alle blickten gebannt in die Richtung. Leise trug der Wind Stimmen heran. Dann näherten sich die Lichter, verschmolzen zu einer endlosen Kette. Immer deutlicher sah man die kleinen brennenden Fackeln, gehalten von Kinderhänden. Es mussten Hunderte sein, Tausende, die sich auf die Stadt zubewegten. Ein Heer von Kindern hatte sich auf dem Weg gemacht. Ein Leben in Frieden forderten sie, mehr nicht.

Im Schein des Feuers, tausendfach glitzernde Kinderaugen, trotzige Handbewegungen die über laufende Nasen wischten. Kinder, die mit ihren Fackeln halfen die Dunkelheit zu durchbrechen. Der Staub der Straße hatte sich auf ihre Haare gelegt und ihre kleinen Füße gingen unaufhaltsam über Sand und Steine.

Aus aller Herren Länder schienen diese Kinder zu kommen, hielten sich an den Händen. Alle trugen sie Fackeln, sangen im harmonischen Durcheinander vieler Sprachen. Lieder vom Frieden. Der sanfte Ton der anfangs in der Ferne nur zart vernehmbar war, schwoll nun an. Wurde zum kraftvollen Gesang abertausender Kinderstimmen. Vorbei an staunenden Menschen, an ausgebrannten Panzern und verstümmelten Leichen, zogen die Kinder aller Hautfarben wie ein nicht enden wollender Leib der Hoffnung über die Straßen.

Der alte Mann löste sich langsam aus seiner fast andächtigen Starre, als die ihn umstehenden Menschen in Bewegung gerieten. Einzelne Kinder schlüpften durch die Zusehenden, schlossen sich dem Zug an. Wenn Mütteraugen sich auch mit Tränen füllten und Väter erschüttert ihre Fäuste ballten. Keiner machte den Versuch sie zurückzuhalten. Immer mehr Kinder rissen sich von den Eltern los, liefen, ihre kleinen Geschwistern hinter sich herziehend, auf die Straße und flossen in den nicht enden wollenden Strom der Friedenslichter ein.

Wenn die Erde im Wahnsinn des Krieges wieder aufbricht, wie ein Krebsgeschwür, dann werden auch unsere Kinder sich ihnen anschließen. Ihr Recht auf ein Leben in Frieden werden sie von uns einzufordern. Ganz weit draußen am Horizont, glimmen bereits einige kleine Fackeln auf. Manche Kinder summen schon ein Lied.

 

Hallo schnee.eule,

sorry, Du hast recht: Du hast nicht aus Naivität so geschrieben. Zum Glück weißt Du ja, daß Du so eine Unterstellung von mir nicht erwarten mußt.
Deine Anmerkung erinnert mich an die Textzeile `did they really believe, that this war would end wars?´

Friedliche Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Schnee-eule.

Mir gefiel das Bild das du gemalt hast recht gut.
ich mag gerade die leisen und doch machtvollen Visionen.
Auch wenn darin für manche eine Bedrohung liegen mag... es sollte durchaus so sein...auch Engel werden als "Schrecklich" in ihrer" Machtstrahlenden Schönheit" beschrieben...die Kriegstreibenden würden das kalte Grausen kriegen, käme es zu solch einer Demonstration.

DerKommentar in den Besprechungen, dass genau in der Art des Umgangs innerhalb jener, hier zu lesenden Argumentationsweise einiger Mitlieder der keim des Krieges zu finden sei, ist leider als zutreffend zu erachten.

Schade, dass sowas immer wieder passieren muss.
Vielleicht wirft der Herr ja im Laufe der Jahre noch etwas Verstand vom Himmel.
l.G. Lord

 

Vielleicht wirft der Herr ja im Laufe der Jahre noch etwas Verstand vom Himmel.
Hoffentlich trifft er dann auf die richtige Stelle...

 

Also :rolleyes: Häferl, wenn du an diesen "Herrn" glaubst, dann vertrau mal auch darauf, dass er richtig wirft. ;)
Im übrigen so daneben kann er eigentlich nie werfen, solange er irgendwie einen oder mehrere Menschen trifft.
Ich kenn nämlich keinen, der nicht noch 'ne Ecke mehr an Verstand gebrauchen könnte.

Wichtig ist allerdings für die Zeit, in welcher er nicht wirft und für alle, die sowieso nicht dran glauben, dass es da einen gibt, der werfen kann,:D selbst etwas zu tun und das hat die Schnee.eule mit ihrem Text ja schon mal ganz passabel vorgeführt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus Woltochinon, Lord Arion, Lakita, Häferl!

Fein, dass du Lord, in dem Stillen auch die Kraft entdeckt hast. Ich habe über Woltos Gedanken der Bedrohung schon nachgedacht. Ich meine, es wäre keine zerstörende Kraft, sondern eine die versucht Respekt und Rücksichtnahme zu wecken.

Im Anschluss an die Geschichte hat man sich den Spiegel herumgereicht.

Ich glaube, Gott oder wen immer jeder von euch vor Augen hatte, hat längst alles, also wirklich alles, auf uns geworfen. Es liegt an uns zu wählen was wir davon weitergeben, damit mancher Keim nicht wurzelt.

Danke euch allen - lieben Gruß, Eva

 

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