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Der Mann, der sehen kann!

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07.08.2002
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Der Mann, der sehen kann!

Eine Reise, ich trete sie an, für viele Jahre, so hoffe ich. Fremde Länder, ich will sie erleben, möchte irgendwo bleiben, … vielleicht, wenn ich darf? Fernab von Wohlstand, Norm und Ordnung. Bürgerkälte, sie treibt mich fort. Das Schicksal entscheidet, … wir werden sehen! Hinaus auf die Meere, meine letzte Hoffnung. Die Einfahrt zum Glück, die suche ich. Das Stück Freiheit, das nehme ich mir, sprenge die Ketten, verlasse die Lieben. Die Lieben? Ein Containerschiff, es nimmt mich mit, in fremde Welten. Noch trägt es das Wasser der Elbe, bald verschwindet es in den Weiten der Ozeane.

An der Reeling, ein letzter Blick. Zum letzten Mal schaue ich auf das Nordufer der Nordelbe, St. Pauli Landungsbrücken, die Speicher am Hafen der Hansestadt, die Barkassen. Sie bringen die Ausflügler in die Restaurants auf den Brücken. Massen, die durch den Alltag hetzen, kaum Zeit zum Atmen. Hektik des Alltags!

Menschen an der Kaimauer! Objektive Betrachter, sie beobachten die Schiffe, die Ladekräne, bestaunen die gewaltigen Dockanlangen und … diskutieren!

Abseits, ein Mann alleine! Er trägt eine dunkle Regenjacke, sie schützt ihn vor dem leichten Sprühregen. Er atmet durch, genießt die frische Brise, die die See bringt. Er verharrt am Ufer. Seinen Blick lässt er über das Elbgewässer wandern, er bleibt am Wellenschlag haften. Seine Augen wollen das Wasser durchdringen, suchen den Grund und finden ihn. Das Wasser klatscht an die Hafenmauer, … die Nässe! Es stört ihn nicht, gar nicht, … nein, er schmeckt das Salz an seinen Lippen und lächelt.

Dieser Mann, kein Mann, der mit den anderen singt.
Ich beobachte ihn. Er sieht sehr viel, sieht, was auch ich sehe.
Er hat das Auge, das Auge für die Dinge des Lebens, die sich so nie wiederholen. Richtig hinschauen, er hat es gelernt! Er legt seinen Kopf in den Nacken und entdeckt die Möwe.
Die Möwe, getragen vom Nordwind. Sie steht still in der Luft und saust hinab, … ganz plötzlich, hinab in die Netze eines Fischkutters, der die Fahrrinne meines Schiffes kreuzt. Die Einmaligkeit im Schauspiel der Natur, er sieht sie.

Einige Meter von ihm entfernt. Eine Frau, kurz das Haar, braun mit rötlichem Stich. Sie will zu ihm, zu dem Mann, der sehen kann. Sie nähert sich, ihre Schritte werden langsamer. Sie hat ihn gesucht, ganz sicher

Ich würde den Kapitän gern bitten, die Fahrt zu drosseln. Zwecklos, er wird es nicht tun!
„Herr Kapitän! Mach´ nicht soviel Fahrt! Schau´ doch, dort drüben. Mann und Frau, anders, als die anderen, siehst du sie?“
„Ich sehe nichts, was meinst du?“

Zwei Menschen, sie gehören zusammen, sie wissen es. Ich weiß es!
Ihre Hände berühren seine Wangen. Sie sprechen miteinander, sie flüstern, ganz leise. Bin mir sicher, ganz sicher, es kann nur so sein! Diesen Eindruck, den letzten aus der alten Welt, den nehme ich mit. Das arg Vermisste, ich erlebe es, am letzten Tag! Gibt es sie doch, diese Liebe! Ich winke ihnen zu, sie sehen mich nicht, … oder?

www.short-stories.de/vb/showthread.php?s=&threadid=2051

 

Kann es sein, dass er taubstumm ist?
Sieht besonders gut, doch sprechen kann er nicht?

 

Hallo Archetyp,
ich hab nicht das Gefühl, als wäre Dein Prot taubstumm. Er beobachtet, sieht im letzten Moment das, was er vermisste in der Menschenmasse, spürt, dass es auch noch so was Wärme, Liebe gibt.
Gut erzählt. Ich bin mitgefahren ein Stück elbabwärts, vorbei an den bombastischen Verladekränen des Burchardkai, vorbei auch an Nuggis ELbkate, dort im Museumshafen.
Konnte mich in den Prot. hineinversetzten. Ab in die weite Welt, dorthin wo es noch ein menschliches Miteinander gibt,bevor der Konsummüll und die Geldgier auch die letzten Paradiese überschwemmt.
So,nun Schluss, wird ja eine eigene Geschichte, wie ich grad bemerke. Ich sitzte hier auch am Wasser mit Blick auf die Este, Stromkilometer 4. Schmeiß mal ne Flaschenpost ins Wasser.
Grüße Heidi

 

Hey Stefan!

ja, vielleicht hätte Dein Prot sich das mit der Schiffsfahrt ins Neue nochenmal überlegt, wenn er früher auf den Mann aufmerksam geworden wäre...

so aber ist es zu spät. Er hat den Mann, der sehen kann, nicht mit dem Strom schwimmt, einfach zu spät gefunden...

Ich mag diese Geschichte. Sie ist anders. Solltest die Landungsbrücke nach oben holen, Stefan, dann isses einfacher.

Taubstumm?! Nein. Nur kein Oberflächenschwimmer, keiner, der unbedacht alles nachplappert...Gut!

Liebe Grüße, Anne

 

Hallo Arche!

Eine schöne Geschichte, wie Dein Protagonist, aus der Hektik förmlich flüchtend, Bilder der Liebe als Abschied mitnimmt, die er schon verloren glaubte.

Wieder mal eine sehr wehmütige Geschichte von Dir, die ich gern gelesen habe. Und irgendwie werd ich den Eindruck nicht los, daß Du in Deinem Film beim Schreiben Aqua auf den Landungsbrücken gesehen hast... ;)

Alles liebe,
Susi

 

Hey Susi, Volltreffer, genau das war es.
Taubstumm Jule? Nee, aber er spricht gerad´nicht, naja hat sich ja geklärt, dank Poncher.

Hey Heidi, du fängst ja gerade an eine Story zu schreiben, nimm mich mit auf deine Reise. Maus, ich glaube, dass werde ich gleich machen!

Danke allen, alle sehr schnell heut´ irgendwie!
Schnelllebige Zeit eben.

Liebe Grüsse Archetyp

 

Diese Liebe gibt es, Arche. Und sie haben dich gesehen, die Beiden, haben dein Winken gesehen.
Sie sprechen seitdem oft von dir.
Danke. Wunderschön.

Liebe Grüße - Aqua

 

Irgendwie fehlt mir aber bei beiden Geschichten, sowohl dieser hier, als auch Aquas Landungsbrücken, etwas: Ich hab absolut keine Vorstellung, wie es da aussieht, was Landungsbrücken überhaupt sind.

Hat jemand Erbarmen und schickt mir ein Foto oder einen Link? ;)

 

Hallo Häferl,
also, ich muss mich wohl auch mal an die Tasten schwingen. War grad da bei den Landungsbrücken. Ein Erlebnis! Leben pur in allen Facetten!
grüße Heidi

 

Susi, ich kann es dir nicht so beschreiben, wie ich es gerne hätte, weil ich es nicht so treffen würde!

Suchmaschine irgendwo :Landungsbrücken!!

Oft ist ein Bild dabei!!

Liebe Grüsse Stefan

 

Ja, war jetzt mit der Suchmaschine auf Landungsbrückenschau... hm. Jetzt kann ich mir aber die Frage nicht verkneifen: Das gefällt Euch ehrlich? :shy:

 

Ja, die richtig hinkucken, die erkennen sich.
Schön, einen anderen Blickwinkel von einer Story zu lesen, die Bilder bauen dann aufeinander auf.
Fein. Gruß, alex.

 

Naja, Susi, dann musst halt kraxeln:)

Na Alex, wie gehts dir? Danke! Auch alles verstanden?;)

bis dann stefan

 

Ja, ich meinte das nur, weil diese Geschichte so sehr im engen Zusammenhang mit Aq´s geschichte steht. Und ich hier eine andere Perspektive eingenommen habe. Sie ist eben halt für den Gringo, aus Wien, geschrieben.

Weisst! Okay Alex-Bab´ bis dann, Ciao

 

Hallo Arche,

die so treffend beschriebenen Gedankenfetzen des Protagonisten haben mir gut gefallen. Er sieht die „Bürgerkälte“, die „Einmaligkeit im Schauspiel der Natur“( weil er sieht, daß der „Mann“ sie bemerkt).
Hätte er sich auch auf die Reise (Flucht?) gemacht, wenn er den Mann früher gekannt hätte?
Interessant finde ich, daß er von dem Mann am Ufer beschenkt wird („Das arg Vermisste, ich erlebe es am letzten Tag“), ohne das dieser davon weiß...

Alles Gute,

tschüß... Siegbert

 

Ach Wolto, ich freue mich meistens darüber, wie du meine Geschichten liest, dann brauch ich mir keine Sorgen darum zu machen, ob sie evt. überhaupt nicht zu verstehen sind!

Er hätte die Reise dann nicht gemacht, ganz sicher.

Liebe Grüsse Stefan

 

Hallo, Stefan!

Eine ausgesprochen schöne Variation des Blickwinkels in Bezug auf Aquas "Landungsbrücken" hast Du da beschrieben. Eine gute Ergänzung durch Wechsel der Perspektive.

Zwei Sätze, die mir besonders auffielen:

Dieser Mann, kein Mann, der mit den anderen singt.
und:
Mann und Frau, anders als die anderen, siehst du sie?
Sie erkennen die Liebe, wenn sie ihnen begegnet. Vielleicht sind sie so anders, weil sie mit dem Herzen sehen?


Lieben Gruß
Antonia

 

Liebe Antonia, eine sehr schöne Kritik hast du mir da geschrieben und der 1. Satz, den du erwähnt hat, dieser Satz, ist auch mein Lieblingssatz. Ich denke wir sprechen, die gleiche Sprach, teilweise! Ich spreche ja auch noch ´ne andere. Das hast du ja schon total treffend auf den Punkt gebracht. Vergleich mit diesem Tier!

Danke schön, Antonia

 

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