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Der letzte Buchstabe

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09.06.2017
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Der letzte Buchstabe

Wie zufällig schlendere ich durch die Arkaden, betrachte das Kleid in der Auslage. Der mit violetten Blüten bedruckte Stoff fließt in eleganten Bahnen, umschmeichelt das Becken der Schaufensterpuppe, die mit hohlen Wangen durch Glas lächelt. Vladislava – meine Lippen formen stumm das Wort.
Passanten schleppen Einkaufstüten an mir vorbei, niemand beachtet mich oder den Kobold, der sich auf meiner Schulter festkrallt. Das bist nicht du, außerdem ist das viel zu teuer fürs kleine Übersetzerlein, raunt er mir ins Ohr und resigniert ziehe ich den Kopf ein, halte im Kaufhaus Ausschau nach blickdichten Strumpfhosen in Schwarz, die zum Kleid passen würden. Schleiche mit warmem Gesicht zurück, bleibe vor dem Schaufenster stehen, sehe genau hin, als könne ich dadurch das zarte Weich des Materials auf mir spüren. Was, wenn mich jemand dabei ertappte und dann eins und eins zusammenzählte? Hastig wende ich den Blick ab, lenke meine Schritte Richtung Metro.

Ich liebe dieses Manuskript und bis zu zehn Stunden pro Tag verbringe ich damit am Notebook. Gut die Hälfte davon habe ich bereits in Rohfassung übertragen. Diesmal hatte ich vorher keine Zeit, den Text einmal komplett zu lesen, und Santi hat mich am Haken: Ich will wissen, was die Hauptfigur im Schilde führt, wie er sich weiter für die Künstlerkolonie am Meer einsetzt.

Der Tag ist gekommen, da er die Höhle betreten und für sieben Wochen fasten und meditieren wird, während draußen Stürme und Gewitter toben.
Was geschieht jetzt mit den Malern? Wieso beschäftigt er sich auf einmal nur noch mit sich selbst?

Als Santi sich bereiterklärt, mit mir zu skypen, bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Anscheinend kann er sogar ein bisschen Deutsch. Nur selten bekomme ich Kontakt zu meinen Autoren, obwohl ich ihnen nahe bin, so nahe. Sie wissen es nur nicht. Wie ich tief in die Textur ihrer Werke eindringe, allen Schwingungen nachspüre, diese wie Silberglasfäden neu verschmelze und in meinen eigenen Text einwebe. Vor lauter Aufregung leere ich ein paar Gläser Wein - wie viele es genau sind, vermag ich nicht zu sagen.

Er nennt mich bei meinem Namen.
„Vladislav, lieber Freund“, raunt er, dass es mich durchrieselt, beugt sich nach vorne, zeigt die makellosen Zähne. Wir gehen ein paar seiner verbalen Neuschöpfungen durch. Feminine Wörter werden maskulin und umgekehrt. Nicht ganz einfach, aber ich versuche, vergleichbare Glanzlichter in der deutschen Übertragung zu setzen. Santi scheint es zu mögen und schenkt mir ein weiteres Lächeln.
„Warum kämpft er denn nicht weiter?“, platze ich heraus.
„Das wirst du bald sehen.“ Wie er sich mit den schmalen Händen durchs Haar fährt und sein süßes Deutsch von sich gibt, da könnte ich mich kringeln. Am liebsten würde ich ihn ...
Berühren.
Und dann gefriert das Bild.
Ich hasse Skype.
Santis Stimme klingt verzerrt. Seine deutschsprachigen Leser seien ihm wichtig, er habe Vertrauen in meine Arbeit. Die Verbindung bricht ab.

Während Regen gegen die Fensterscheiben prasselt, fahre ich im Text fort. Immer weiter, bis mich ein heißer Funkenschauer durchfährt:

Als die Sonne über den Dünen erstrahlt, verlässt sie die Höhle und streift den neuen Mantel über.
Tränen laufen mir über die Wangen, tropfen vom Kinn. Dass der Mantel mit violetten Blüten bedruckt ist, steht nicht im Text, aber ich weiß es auch so.

 

Hallo @Peeperkorn,

besten Dank für deine Anmerkungen! Ich stimme nicht mit allem überein, was du geschrieben hast. Das hängt sicher mit unseren unterschiedlichen Vorstellungen vom Schreiben und darüber, was einen guten Text ausmacht, zusammen. Aber du hast mir viel Stoff zum Nachdenken gegeben, und wie du meinen Text charakterisiert hast, das ist für mich hilfreich.

Peeperkorn;707262 schrieb:
Nun könnte man natürlich an der Länge des Textes ansetzen – was vielleicht insgesamt die beste Lösung wäre. Aber es wäre auch die einfachste Lösung. Ich möchte lieber darüber nachdenken, was ich als problematisch empfinde, ohne den Rahmen, d.h. den Umfang a priori in Frage zu stellen.

Das ist wunderbar, denn an Überlegungen, wie ich den Text ausweiten könnte, habe ich tatsächlich wenig Interesse. Der Text soll in der Kürze funktionieren. Das ist der Weg, den ich einschlagen möchte.

Peeperkorn;707262 schrieb:
Der Text wirkt auf mich uneinheitlich. Der erste Abschnitt umfasst beinahe einen Drittel der gesamten Geschichte. Hier skizzierst du das Thema, die Ausgangslage, vor allem auch die Sehnsucht. Diese Sehnsucht wird anhand eines Gegenstands, das violette Kleid, gezeigt. Dementsprechend umschreibst du dieses Kleid sorgfältig, verwendest Begriffe wie „elegant“, „umschmeicheln“ „lächeln“. Das ist nicht grossartig originell, aber technisch sauber. So weit, so gut. Dieser Abschnitt atmet in einer gewissen Tiefe, nimmt einen gewissen Raum ein, lässt sich Zeit für Details. Wenn ich ihn lese, gehe ich davon aus, dass er den Takt der Geschichte anschlägt und es entsprechend weitergeht – was aber nicht der Fall ist. Der Text wird anschliessend deutlich kurzatmiger.

Das ist so ein Symmetrieargument. Ich tue mich damit schwer. Es mag Textgattungen geben, bei denen die ersten Absätze das Taktmaß des Gesamtwerkes vorgeben müssen, sonst ist es ein handwerklicher Fehler. Aber warum muss das immer so sein, vor allem bei sehr kurzen Texten? Dafür fiele mir kein vernünftiger Grund ein. In der Musik gibt es auch das Accelerando und das Crescendo. Ich sehe das hier als Charakteristikum, aber nicht negativ.

Peeperkorn;707262 schrieb:
Hintergrundinfos, die jeglichen Zauber vermissen lassen

Wenn ich dich richtig verstehe, bemängelst du hier, dass dir der Text auch stilistisch zu inhomogen ist. Weiter unten hast du aber auch von Überladenheit geschrieben. Das bedeutet für mich, dass du das ganze Grundgerüst in Frage stellst und dir die Handlungsdichte an einigen Stellen zu hoch ist.
Du ahnst es schon: Ich halte das in dieser Form für vertretbar, werde diesen Text also nicht rigoros umarbeiten, nur punktuell nachbessern.

Peeperkorn;707262 schrieb:
In diese Passagen sind Sätze eingestreut, die etwas Poesie zurückbringen sollen, die aber in dieser Dichte und angesichts der textlichen Umgebung – zumindest auf mich – prätentiös wirken

Dass die Silberglasfäden nicht jedem gefallen werden, habe ich schon geahnt (das Sprachuniversum ist inzwischen gekillt), aber prätentiös ist ein hartes Urteil.

Peeperkorn;707262 schrieb:
Einen weiteren Strang eröffnest du mit Santi, eine weitere Projektionsfläche offenbar, denn der Prota scheint ihn ja per Skype das erste Mal zu sehen/hören. Um diese Beziehung, oder weitere, entsprechende Sehnsüchte zu zeigen, fehlt dir mittlerweile aber der Raum, so dass du zu der in meinen Augen nicht sehr überzeugenden, weil zu direkten und offenkundigen Mitteilung:
Am liebsten würde ich ihn ...
berühren.
greifst. (Vor allem die Auslassungspunkte stören mich hier, aber das ist Geschmackssache. Das ist so ein Effekt, gleichzeitig aber auch ein Eingeständnis, dass man an die Grenze des eigenen Ausdrucks geraten ist.)

Da stecken ja ganz viele impulsive Aussagen drin in dem Text, etwa „Ich liebe dieses Manuskript“, das Ich steigert sich da ja regelrecht rein und dann trinkt er auch noch Wein. Ich ahne, dass dir das zu wenig subtil und zu emotional ist. Das soll jetzt keine Ausrede sein, aber da sind wir dann bei Geschmacksfragen angekommen?

Peeperkorn;707262 schrieb:
Die Hauptfigur erkenne ihr wahres Ich, sagt er.
Diesen Holzhammer würde ich streichen.

Ja klar. Ist weg.

Peeperkorn;707262 schrieb:
Mir gefällt innerhalb der Abschnitte einiges, auch in technischer Hinsicht. Wie du andeutest, offen lässt, Details setzt, das ist gut gemacht.

Freut mich.

Peeperkorn;707262 schrieb:
Aber als Ganzes betrachtet scheint mir der Text zu überladen und am Ende dann doch zu kurz, um der Problematik, auch der Wende gerecht zu werden.

Um der einen oder anderen Problematik, die sich da andeutet, vollumfänglich gerecht zu werden (etwa: Homosexuell-Sein in Russland), da gebe ich dir Recht: Unmöglich, das in 500 Worte zu packen!
Um den Moment des ersten Erkennens zu beleuchten, das sollte das Format leisten können. Mehr will ich nicht.

Peeperkorn;707262 schrieb:
Und das ist es, was mich denn auch am meisten stört: (An)erkenne dein wahres Ich – in einem Buch gelesen! Das kann und darf die Quintessenz eines Textes sein, auf alle Fälle. Aber so vor die Füsse geklatscht, gibt mir das überhaupt nichts, denn darüber habe ich mir doch auch schon mal den einen oder anderen Gedanken gemacht. Der Text kann mir das Gewicht, die Bedeutung einer solchen Aussage leider weder in emotionaler noch in atmosphärischer Hinsicht greifbar machen.

Danke für den Hinweis, da hast du absolut Recht. Das zweimalige „sein wahres Ich erkennen“ ist inzwischen aus dem Text geflogen. Allerdings hatte Vlad das nicht in einem Buch gelesen, sondern Santi hatte es ihm gesagt. Aber egal, es war furchtbar plump und ist jetzt weg.

Liebe Grüße
Anne

 

Hej @Anne49 ,

weiß jetzt gar nicht, ob das @ noch relevant ist, wo doch gleich dein Avatar angeboten wird. Hach, alles so aufregend hier.

Mein ganz privater Spleen. Das kommt daher, dass ich finde, dass gerade gebildete Menschen mit einem (in ihrer Muttersprache) hoch entwickelten Sprachempfinden, Fremdsprachen sehr putzig aussprechen, das hat eine ganz eigene Ästhetik. :shy:

und ob das jetzt hier so richtig ist - man weiß es nicht. Also ich. Du bist jetzt mal mein persönliches Versuchskaninchen. Halt still!
Ich kenne auch einen Prof in Skandinavistik, der einwandfreies Deutsch spricht und du hast recht, der klingt trotzdem süß. Meiner Meinung liegt das weniger am Akzent als an der naiven Wortwahl und Satzstellung. Gegönnt sei dir dein Spleen in deiner Geschichte.

Das spielt nicht in Deutschland (daher die Metro) und - vielleicht mit ein wenig Selbstironie und Galgenhumor - möchte ich Vlad gerne weiter schleichen lassen.

Das ist aber mal sehr dezent. Also Metro als Fingerzeig auf ein anderes Land: gecheckt. Mir reichte der Name und diese Bezeichnung aber nicht für Osteuropa, lustigerweise dachte ich eher an einen Russen in Paris (gab es da nicht mal ein Musical? :shy: Aber meine Begriffsstutzigkeit soll ja kein Maßstab sein.

Dass du dich für Kürzestgeschichten interessierst find ich gut - ich hatte das mit der aktuellen auch vor gehabt, scheiterte - bin wohl zu geschwätzig.

Gruß und Kuss, Kanji

 

"reizend" im Sinne von entzückend, mitreißend, schönes Sujet mit dem Übersetzungsdienst und der Romanfigur

Habe ganz vergessen, dir, liebe @wegen, fürs erneute Vorbeischauen und die Erläuterung zu danken! Ja, den guten literarischen Übersetzern gehört meine ganze Bewunderung. Ich wünsche dir einen schöne Wochenstart! :)

---

schlendert da wer – ob real oder nicht - mit dem Schalk im Nacken (und sei‘s ein Kobold) durch Arkadien

Hallo @Friedrichard,

du Scherzkeks, nix Arkadien, wie immer zählt jeder Buchstabe (nicht nur der letzte) und schwups hast du die Einkaufspassage in eine griechische Landschaft verwandelt!

Wenn ich deine Ausführungen zum wunderschönen Konjunktiv richtig verstanden habe, hättest du anstelle von „als könnte ich dadurch das zarte Weich des Materials spüren“ lieber: „als spürte ich dadurch das zarte Weich des Materials“? Klingt hübsch, sparte ein paar Buchstäbchen, yoah, das könnte ich in der Tat ändern.

heiße er Vladislav oder Vladislava (vlado/volod „herrschen“, slava =Slave/Ruhm)

Grundsätzlich hätte mir auch der Name Vladimir gefallen („mir“ von groß/berühmt, aber auch Welt/Frieden), aber das war (aus aktuellem Anlass) leider nicht möglich, wer schon mit einem Trampeltier befreundet ist und so, du verstehst …

darf jeder wissen, dass mir da der Schalk im Nacken saß und eigentlich ein "fro + uwe" hinsollte ...

:D

Vielen Dank und Пока́ (tschüs/bis bald)!!
Anne
(die kein Russisch kann, nur im Internet nachmetagern)

---

Hallo @wieselmaus,

vielen Dank fürs Vorbeischauen, ich habe mich sehr darüber gefreut!

Ich denke, du hast nicht umsonst Namen aus dem slawischen Kulturkreis genommen. Du gehst davon aus, dass dort Homosexualität gesellschaftlich nicht akzeptiert ist und und teilweise kriminalisiert wird.

Ja genau, so ist es leider nun einmal.

Ich finde übrigens, es spielt hier keine Rolle, welche Spielart sexueller Orientierung du hier meinst. […] Mir hat die Komprimierung auf zwei Momente ganz gut gefallen, auch wenn es bestimmt Leser gibt, die sich eine richtige Story alter Prägung wünschen.

Freut mich, dass du das genau so siehst. Vlad gefällt das Kleid so sehr, dass er es gerne anziehen würde, und er findet Santi anziehend. Was da sonst noch alles dahintersteckt, vermutlich noch mehr, interessiert mich in diesem Text nicht.
Zwar nagen gelegentlich Selbstzweifel an mir, aber länger soll der Text nicht sein. (Die Kritiken berücksichtige ich im nächsten Versuch. Oder so.)

Dem Kobold würde ich eine aktive Rolle geben: z. B. er krallt sich an der Schulter fest, so als richtiger Quälgeist.

Sehr sehr hübsch, das habe ich glatt so übernommen, danke!!

da könnte ich mich kringeln. -- Der Ausdruck ist mir zu harmlos, klingt zu sehr nach unbeschwerten Spaß. Irgendwas mit Dahinschmelzen und gerührt sein.

Bis jetzt steht da noch das Kringeln, Vlad ist wohl doch etwas angeschickert, aber das Dahinschmelzen gefällt mir auch. Ja, das hat was! Ich habe so das Gefühl, du kennst Vlad ziemlich gut … :herz:

Liebe Grüße
Anne

 

"Solange es noch einen Bettler gibt, solange gibt es noch Mythos."

Walter Benjamin
Zum Titel

"Der letzte Buchstabe"

Alles hat einen Anfang und ein Ende, auch Kreis und Kugel, selbst Ewigkeit und Unendlichkeit (der Raum ist nix ohne Zeit wie auch die Seele ohne Leib und umgekehrt) - denn wer vermag schon zu sagen, was „∞ - 1" sei oder „1 +∞" und – wie der Text ("!Manuskript“) im Text, so hat die Rahmenhandlung ein klassisches Ende, wenn A und Ω Anfang und Ende symbolisieren im „…, [a]ber ich weiß es auch s[o].“

a) Flanieren


"Wie zufällig schlendere ich durch die Arkaden, betrachte das Kleid in der Auslage. Der mit violetten Blüten bedruckte Stoff fließt in eleganten Bahnen, umschmeichelt das Becken der Schaufensterpuppe, die mit hohlen Wangen durch Glas lächelt. Vladislava – meine Lippen formen stumm das Wort.
Passanten schleppen Einkaufstüten an mir vorbei, niemand beachtet mich oder den Kobold, der sich auf meiner Schulter festkrallt.
"

Hier geht mir die Nähe zum zitierten Passagenwerk („Arcades Project“, engl. Ausgabe) des Walter Benjamin auf mit dem hungerhakigen (Schowfenster)Püppchen als Schönheitsideal. Sicherheitshalber gesegnet mit der Intelligenz einer Bananenschale - was könnte man auch mehr von Plastic-people erwarten? Es ist doch geradezu erwünscht

"Das bist nicht du, außerdem ist das viel zu teuer fürs kleine Übersetzerlein, ..."

Das vieldeutige „Übersetzen“ von der einen in die andere Sprache (was schon für Dialekte jeder Hoch- und Amtssprache gilt, wobei letztgenannte natürlich auch übersetzt werden muss wie etwa der „Signalgeber einer Lichtsignalanlage“, zu der der unbedarfte Bürger schlicht „Ampel“ sagt), wer über den Rhein setzt oder den Jordan usw., Ferge und Gevatter lassen grüßen, denn letztgenannten gibt‘s nicht umsonst und ist wohl der treueste wie der teuerste Genosse aller Zeit.

Und der Kobold (mhd. Zusammengesetzt aus „kobe(n)“ + „holt“, der gute Geist des Haus(halt)es – womit sich meine erste Deutung „Schalk“ umkehrt, denn der war „nur“ der Knecht)

… raunt er mir ins Ohr …

Die Rune r(a)unt und wird bevorzugt in einen Ast der Buche geschnitzt – daher kömmt der Name von „Buch“ + „Stab“ und die Schrift hatte dem Raunen entsprechend noch magische Bedeutung. Lesen und somit deuten konnten sie oft die weisen Frauen, die schon Marbod und seine Markomannen davor warnten, den Rhein zu überqueren – und nicht etwa, weil sie von Caesar wussten … Mit dem patriarchalen Katholizismus wandelten sich die weisen Frauen in Hexen, die auch der „Hecke“ ritten und heute noch auf dem Besen ...

Der Kobold ist heute das fröhliche Marketing, das nicht den Nutzen, sondern das Versprechen der Ware uns näherbringt

(ich nehm gern die verflossene Marlboro Werbung – nicht nur, weil hierorts in jedem dritten Text geraucht wird. „Freiheit“ dargestellt durch die Freiheit des Cowboys – eines Hilfsarbeiters, der i. d. R. von zeitlich begrenzten Aufträgen leben musste und zum Mythos wurde, wenn er sich dagegen auflehnte. Das muss eine besondere Freiheit sein - Zeitarbeit.

Schleiche mit warmem Gesicht zurück, bleibe vor dem Schaufenster stehen, sehe genau hin, als könne ich dadurch das zarte Weich des Materials auf mir spüren.
So funktioniert Werbung ...

Ich liebe dieses Manuskript und bis zu zehn Stunden pro Tag verbringe ich damit am Notebook.
Eine andere Art Abhängigkeit.

b) Recht hat Karl Kraus – wir sind immer noch die alten Troglodyten, nur auf technologisch höherem Niveau

In dem Traum, in dem jeder Epoche die ihr folgende in Bildern vor Augen tritt, erscheint die letztere vermählt mit Elementen der Urgeschichte, das heißt einer klassenlosen Gesellschaft.

Walter Benjamin
Der Tag ist gekommen, da er die Höhle betreten und für sieben Wochen fasten und meditieren wird, während draußen Stürme und Gewitter toben.
[…]
Als die Sonne über den Dünen erstrahlt, verlässt sie die Höhle und streift den neuen Mantel über.

c) Hype(erbole) & Skype, Gespräch mit dem heiligen Santi

Nur selten bekomme ich Kontakt zu meinen Autoren, obwohl ich ihnen nahe bin, so nahe. Sie wissen es nur nicht.
Da hält sich wer für Gott … und ist doch nur ein kleines Schöpferlein, manchmal bis zur Er-schöpfung

Als Santi sich bereiterklärt, mit mir zu skypen, bin ich der glücklichste Mensch der Welt.

Vor lauter Aufregung leere ich ein paar Gläser Wein - wie viele es genau sind, vermag ich nicht zu sagen.

So kann‘s kommen ...
Feminine Wörter werden maskulin und umgekehrt.

Die Hausfrau wird zum Hausmann. Pardon: Hausmännin, gen + dat. der (!) Hausmännin, . akk. die Hausmännin, plur. Hausmänninnen (in Folge des Aussterbens des 8-Stunden-Tages wird im Rahmen des von Massa Kurz zu Österreich bereits angekündigten arbeitszeitrechtlich vorgesehen 12-Stunden-Tages wieder alle vier Wochen den HausfrauenTag, padon, nun Hausmänninnentages.

Ich ergänze um eine andere Variante aus gerade mal zwo Jahre zurückliegender eigener Erfahrung, als „Flüchtlinge“ sich in neutrale „Geflüchtete“ wandelten,

nicht so sehr, weil es den Flüchtling mit der Verkleinerungsformel „...ling“ gibt (der Prüfling ist dann demnächt der „Zuprüfende“, der Lehrling ist ja schon lange der „Auszubildende“ usw. Buchstäblihe Versachlichung heiße ich so etwas!

Mein J, es nimmt kein Ende ...

Liebe - oder doch arme? - Anne49,

es steht zu vermuten, dass ich nochmals vorbeischauen muss ...

Bis dann

Friedel

 

Hallo @Anne49,

ich steige sofort ein.

Was, wenn mich jemand dabei ertappte und dann eins und eins zusammenzählte?
Was ist daran so schlimm, wenn jemand (Mann oder Frau, sei dahingestellt) Strumpfhosen begutachtet / kauft? Egal, wo die Story spielt. Das verstehe ich nicht so recht.

Wie ich tief in die Textur ihrer Werke eindringe, allen Schwingungen nachspüre, diese wie Silberglasfäden neu verschmelze und in meinen eigenen Text einwebe.

Das gefällt mir sehr gut.

Er nennt mich bei meinem Namen.
Wie denn sonst? „He, Mann / Übersetzer“? :D
Vielleicht besser „Vornamen"?

beugt sich nach vorne, zeigt die makellosen Zähne.
Die Makellosigkeit kann er am Notebook über Syke erkennen? Hat er die ganze Zeit den Mund offen?

Wir gehen ein paar seiner verbalen Neuschöpfungen durch. Feminine Wörter werden maskulin und umgekehrt. Nicht ganz einfach, aber ich versuche, vergleichbare Glanzlichter in der deutschen Übertragung zu setzen.
Welche Wortschöpfungen sind das? Was wird umgekehrt? Kommen da noch Beispiele?
Edit: Schade, dass da nichts kommt.

Du hast viele Änderungen am Text vorgenommen, seit ich ihn zum ersten Mal gelesen habe.

War da nicht vorher was mit dem letzten Buchstaben, sprich dem „a“? Vladislav / Vladislava? So, finde ich, hat der Titel nur noch wenig Sinn.

Irgendwie fehlt mir da jetzt was. Schade, dass ich die erste Version nicht kommentiert habe und jetzt beim Kommentieren immer nur diese erste im Kopf habe. So kann ich nun leider nicht viel Konstruktives beitragen, wie es ausschaut. Vielleicht ist da ja trotzdem etwas für dich dabei.

Wünsche dir einen schönen Abend.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Hi liebe @Anne49.

war deine Geschichte immer schon so kurz? Sie steht, seit du sie eingestellt hast, auf der ewigen und stetig wachsenden Liste der Geschichten, zu denen ich gerne einen Kommentar schreiben würde, und wenn du sie nicht erheblich gekürzt hast, frage ich mich, warum das so lange gedauert hat. Gelesen hab ich sie nämlich schon lange. Aber ich hab die Länge bzw. Kürze wahrscheinlich vergessen.

Also, jetzt aber. Die Idee finde ich auf jeden Fall sehr ansprechend, auch am Verlauf der Handlung hab ich - glaube ich - nichts auszusetzen. Dann aber die im weiteren Sinn sprachliche Gestaltung, hm, da wird's komplizierter. Im großen und Ganzen gefällt mir das natürlich auch. Aber im kleinen sind da viele Stellen, die irgendwo zu platt erscheinen, zu sehr dahingesagt, mit einem Tüpfelchen Besonderheit vielleicht, aber das Tüpfelchen sitzt dann manchmal etwas wacklig. Natürlich versuche ich mich zu erklären.

Gleich am Anfang:

Wie zufällig schlendere ich durch die Arkaden, betrachte das Kleid in der Auslage. Der mit violetten Blüten bedruckte Stoff fließt in eleganten Bahnen, umschmeichelt das Becken der Schaufensterpuppe, die mit hohlen Wangen durch Glas lächelt.
Ich finde viele Adjektive nicht automatisch schlimm, nein: oft sogar gut. Kommt halt drauf an. Hier packst du mich jedenfalls mit nicht mit den Adjektiven. Aber daran liegt's auch gar nicht,merke ich,denn du packst mich auch nicht mit den Verben. Der Stoff, der fließt, der das Becken umschmeichelt: Das bezieht sich ja eigentlich auf Empfindungen. Dass Schmeicheln sowieso, das Fließen meinem Eindruck nach auch, denn da fließt ja nichts, außer man hat fühlt es so, dass der Stoff elegant den Körper entlang fließt. Die hohlen Wangen sind mir dann auch zu viel, aber nicht, wenn sie alleine stehen. Wenn der Stoff etwas mehr von außen bestaunt würde, dann fänd ich das nicht schlecht. Irgendwie in der Art: "Der Stoff ist soundso und so und so. Die Schaufensterpuppe schaut mir hohlen Wangen durchs Glas." Das fänd ich dann eigentlich ziemlich cool.

Als nächstes gefällt mir hier der Nachsatz nicht:
"Vladislava – meine Lippen formen stumm das Wort."
Jetzt ist nur die Frage: Warum nicht? Ich hab den Eindruck, dass mir das so nachgeschoben zu aufgeladen vorkommt. Und dass außerdem "Wort" mir etwas unbeholfen erschient, weil es ja ein Name ist. Ob Name ein Wort ist? Schon, aber kein normales. Ich würd "Name" sagen. Und halt irgendwie ohne Nachsatzkonstruktion, also so wie: "Meine Lippen formen (stumm) den Namen Vladislava." Oder wenn es doch gewichtiger aussehen soll vielleicht mit Doppelpunkt: "Meine Lippen formen stumm einen Namen: Vladislava." Na, wie auch immer. Mit Nachsatz finde ich das jedenfalls irgendwie gestolpert, aber das muss dir ja auch nichts ausmachen.

Beim Kobold würd ich vielleicht neu ansetzen. Wie soll man den beachten, der ist ja nicht sichtbar. Also in etwa:
"Passanten schleppen Einkaufstüten an mir vorbei, niemand beachtet mich. Niemand sieht den Kobold, der sich auf meiner Schulter festkrallt."

Dann "außerdem - würd ich rausnehmen. Die Figur muss sich ja zwar nicht über ihr Gehalt definieren. Trotzdem würde ich das flüssig mitnehmen als Aspekt, der nicht zu ihr gehört, wenn es hieße: "Das bist nicht du. Das ist viel zu teuer fürs kleine Übersetzerlein" Und schließlich - ich hör grad gar nicht mehr auf, wie du merkst - ist mir das "Übersetzerlein" zu niedlich.

"Was, wenn mich jemand dabei ertappte und dann eins und eins zusammenzählte?" Ja nun - und was wär dann? Klar, kann schon sein, dass man sich in so einer Situation beobachtet fühlt. Aber eins und eins zusammenzählen - hm, dann würde man vielleicht als Summe darauf kommen, dass ein Mann seiner Freundin ein besonderes Geschenk machen will. Wär das nicht eher eins und eins zusammengezählt? Also kurz: Ich find die Formulierung nicht griffig.

Hier ist es mir wieder zu umständlich:
"Hastig wende ich den Blick ab, lenke meine Schritte Richtung Metro." Vor allem: "lenke meine Schritte" ... "Zwinge mich, zur Metro zu gehen" oder so, wenn du ausdrücken möchtest, dass es Kraft kostet, die Schritte vom Kleid weg zu lenken. Wenn nicht, lass die Figur doch einfach gehen. "Lenke meine Schritte" hängt so dazwischen: Halb aufgeplustert, aber so richtig entschieden auch wieder nicht.

Jetzt hab ich schon ganz viel herumsalbadert aber - der größere Kritikpunkt kommt erst noch. Dieses Einflechten, worum es in dem Manuskript geht, die Hinführung, mit der angedeuteten Nacherzählung des Inhalts, das find ich alles nicht atmosphärisch.

Ich würde dir gerne sagen, woran es liegt, aber ich muss sagen, wenn ichd as lese: "Ich will wissen, was die Hauptfigur im Schilde führt, wie er sich weiter für die Künstlerkolonie am Meer einsetzt." - dann will ich das halt noch lange nicht wissen. Besser fänd ich schon, einfach das Zitat zu bringen. Meinetwegen kannst du mir auch erklären: es geht darum dass, usw. Aber wenn du so tust, als hätte ich das Manuskript mitgelesen und wüsste wovon du sprichst - dann macht mir das an der Stelle keinen Appetit.
Ein Problem ist dann mit dem folgenden Zitat, dass mir das nach einem schnulzigen esoterischen Findungsroman klingt. Das kann ja sein, viele mögen ja auch z.B. Paulo Coelho. Aber wenn du mir erst sagst, wie das Manuskript reinzieht, und dann kommt so ein Zitat, dann spüre ich eine Abwehrreaktion.
Und dann wieder das:
"Was geschieht jetzt mit den Malern? Wieso beschäftigt er sich auf einmal nur noch mit sich selbst?" und ich denk mir: Was redest du? Welche Maler? was hab ich mit denen zu tun? usw.

Diesen Satz:
"Anscheinend kann er sogar ein bisschen Deutsch." find ich nicht schlimm, aber locker entbehrlich, weil ich davon ausgehe, dass das Übersetzerin auch ganz passabel in Santis Muttersprache kommunieren kann. Später wird das wichtig, aber dann würde ich das vielleicht auch lieber später unterbringen.

Und das:
"Sie wissen es nur nicht." wissen die bestimmt ...

Hier das:
"wie viele es genau sind, vermag ich nicht zu sagen." könnte von mir aus wiederum gerne weg.

Auch
"die makellosen Zähne" sind zwo sicher attraktiver, als schwarze Ruinen im Mund, aber auch nicht unbedingt das entscheidende Kriterium. Klingt für mich recht oberflächlich, würd ich lieber gestrichen sehen. Das der nur Stummel im Mund hat, glaub ich von selbst sowieso nicht.

Die
"verbalen Neuschöpfungen" tönen mir auch nicht ganz so toll. Es werden bei einem Schriftsteller wohl schon verbale Neuschöpfungen sein. (Gerne aber auch noch etwas abgeklärter: "Wir gehen einen Textabschnitt durch, klären Schwierigkeiten. Feminine Wörter werden maskulin und umgekehrt." - oder so.

Und dann wieder hast du mich noch längst nicht überzeugt, dass das
"Glanzlichter" seinen, ich könnte mir auch vorstellen, dass das sehr albern wirken kann. Besser fänd ich daher eine subjektivere Beurteilung: "Das sind für mich (warum?) die besonderen Glanzlichter, ich versuche ..." usw.

"Santi scheint es zu mögen" - was genau? Das wär jetzt natürlich toll, wenn ich hier einen ganz konkreten Einfall sehen kann: Aus X wird Y, das geht auf Deutsch nicht gut, dafür finde ich ... So was in der Art. Abgesehen davon, dass das ganz hübsch wirken könnte, denke ich mir sonst vielleicht auch: Was ist so schwer an der Aufgabe? Muss die Figur halt einfach auch aus Maskulina Feminina machen. (Gut, es gibt Neutra, aber dann muss das Neutrum halt erst M oder F werden und dann entsprechend.) Dass Santi das mag: ja klar, dass sich die Figur bemüht, diese Spielerei nachzuahmen, ist doch eigentlich selbstverständlich. Umso wichtiger, dass du ein konkretes Beispiel findest, dass zeigt, warum er das mag bzw. was er gelungen findet.

A propos Deutsch: Hier ist es ja gesagt:
"und sein süßes Deutsch von sich gibt", das reicht doch eigentlich.

Und am Ende dann die Wendung, die ja wirklich viel für sich hat. Nur in der Form ist mir das zu schmalzig. Besser fänd ich schon, erst das Zitat und dann den Funkenschauer. Dann fühle ich mich weniger künstlich auf die Folter gespannt - und weniger enttäuscht. Wenn ich das danach als Reaktion der Figur sehen kann, dann mache ich das viel eher mit.

Also und der Schlusssatz - den find ich ja wirklich gut.

Tja, jetzt hab ich den Text so schlimm zerpflückt. Inwiefern ich die Idee usw. gut finde, ist da jetzt leider ganz untergegangen. Na, am besten du glaubst es mir einfach ...

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Lieber @GoMusic und lieber @erdbeerschorsch,

herzlichen Dank für eure konstruktiven Kommentare, die ich mit großem Interesse gelesen habe!
Wie ich schon weiter oben unter #27 geschrieben habe, kann ich momentan leider nicht ausführlich antworten. Das wird vermutlich noch eine ganze Weile so weitergehen. Bitte entschuldigt.

Beste Grüße
Anne

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anne!

Du hast ganz schön gekürzt und umgestellt, oder? Ich hatte einen Kommentar zu deiner alten Fassung geschrieben, allerdings finde ich ihn leider nicht mehr auf meinem Rechner. Damals hatte ich die etwas "zusammenhangslosen" zwei Themen deines Textes - die Geschlechter-Frage und die Übersetzer-Tätigkeit - angeprangert, und dass man diese etwas harmonisieren und zusammenfügen könnte, um den Text einheitlicher zu gestalten. Da hast du bereits nachgebessert. In der jetzigen, auch entschlankten (?) Form, gefällt mir die Story wesentlich besser, sie wirkt zielgerichteter und zügiger.


Nur selten bekomme ich Kontakt zu meinen Autoren, obwohl ich ihnen nahe bin, so nahe. Sie wissen es nur nicht.
Bin ich mir nicht sicher, wie authentisch das ist - ich kann mir vorstellen, dass sich Autoren, die übersetzt werden, oder überhaupt in Verlagen veröffentlicht werden, durchaus bewusst sein dürften, wie "nah" Leser (und gerade Übersetzer) ihnen im Text treten bzw. fühlen können. Also mir geht es jetzt per se nicht darum, wie nah man sich fühlen kann oder nicht oder ob der Autor deines Textes so oder so fühlen könnte, sondern "was dein Ich-Erzähler denkt und wie er den Autor einschätzt".

Als die Sonne über den Dünen erstrahlt, verlässt sie die Höhle und streift den neuen Mantel über.
Tränen laufen mir über die Wangen, tropfen vom Kinn.
Ja, dann ist der Höhlen-Mann eine Höhlen-Frau. Ich verstehe den Text und ich verstehe ihn auch in seiner Komprimiertheit ... und das mag jetzt kleinlich und böse klingen, aber: Ich spüre es nicht. Diesen Riss im Ich-Erzähler, diesen Wunsch, eine Frau zu werden oder sich zumindest so zu kleiden, und das Dilemma, dass er es nicht kann. Das klingt jetzt echt böse und unbegründet, aber ich kann nur betonen, dass ich dir nichts Negatives aus Böswilligkeit o.ä. reindrücken will. Ich merke beim Lesen schon dein Interesse an den Figuren und an dieser Thematik - ich glaube, mich packt der Prot und sein Dilemma nicht wirklich, weil ich mich ihm nicht wirklich nahe fühle und sein Problem nicht wirklich sehe bzw. "nachvollziehen" kann. Der Blick auf das Kleid vor dem Laden, ja, das ist halt so eine Szene wie man sie sich bei der Thematik vorstellt, aber mir ist das zu wenig, um zu erklären, was deinen Prot belastet. Wäre jetzt falsch zu sagen: "Ich erwarte mehr"; es ist nur so, dass ich mehr bzw. intensiveres, neueres brauche, um in deinem Prot einen echten Menschen mit einem riesigen Problem zu sehen, und mich das dann "emotional" packen und vllt. auch richtig in die Magengrube schlagen könnte ...
Wie lebt er? Hat er jemandem von seinem Problem erzählt? Ist er vllt. extrem einsam, weil er sich aufgrund seiner Neigung keinen Leuten anvertrauen kann und auch keine Liebesbeziehung eingehen kann? Nimmt er diese extreme Einsamkeit lieber in Kauf, als von den restlichen sozialen Kontakten aufgrund von Travestie/Homosexualität/Trans ausgestoßen und geächtet zu werden? Anne, ich habe einfach das Gefühl, dass bei dieser Thematik noch Szenen im Raum stehen, die mich einfach packen und aufwühlen könnten, die du mir aber noch vorenthältst. Ein Blick in ein Schaufenster, das ist mir zu wenig, um den Riss deines Prots nachvollziehen zu können - deswegen funktioniert die "Wein-Szene" am Ende dann auch nicht für mich bzw. ich spüre nichts bei ihr - weil ich nicht nachvollziehen kann, was da in ihm genau vorgeht. Vom Kopf her verstehe ich es, aber vom Bauch her nicht. Mein Tipp: Baue die Charakterisierung deines Prots aus, zeige mir, wie jemand wie er "lebt", was ihn kaputt macht. Nicht übertrieben, keine ausgetretenen Pfade. So, dass ich als Leser am Ende deines Textes einen echten Menschen vor Augen habe, mit all seiner Zerrissenheit und Ausweglosigkeit. Dazu brauche ich als Leser einfach ein paar mehr Szenen, muss es sehen, um nachvollziehen und schlussendlich wirklich mitfiebern zu können. Ich denke, das geht auch auf Kürze, da muss man eben sehr selektiv Szenen auswählen und komprimiert aneinander reihen; das ist kein Aufruf, dass das nur als "langer" Text funktionieren und emotional abholen könnte - nicht, dass wir uns falsch verstehen.

Mein Eindruck!

Alles Beste
zigga

 

Hallo zusammen,
da bin ich wieder … Das ist schon schräg, da stehen seit letzten Juli/August diese ganzen unbeantworteten Kommentare rum und - Shit happens - ich hatte eine Zwangspause und konnte sie nicht beantworten. :(
Na ja, vermutlich erinnert sich kaum einer mehr an diese Geschichte und vielleicht wäre es auch besser, sie in der Versenkung zu belassen, denn mich verbindet so ein bisschen eine Hassliebe zu ihr. Einerseits mag ich Vladislava und Santi noch immer, andererseits empfinde ich den Text mittlerweile doch als unfertig, kann mich aber nicht dazu bringen, ihn weiter zu bearbeiten. Manchmal würde ich ihn sogar gerne löschen lassen. Tsss.
Jedenfalls habe ich mir jetzt alles noch mal durchgelesen und bin mal wieder geplättet, wie vielfältig und scharfsinnig die Wortkrieger-Kommentare doch sind. Tausend Dank dafür!!
Also hier ganz kurz noch ein paar Anworten:

Lieber @hell,
Ich schätze mal, dass dich das Sujet persönlich nicht so interessiert hat (so what?, hast du geschrieben), was ja vollkommen in Ordnung ist, bzw. dass du das, wenn schon, dann unbedingt in einem längeren Format umgesetzt sehen möchtest und das ist okay, da kann man so sehen bzw. genau an der Stelle nagen meine Selbstzweifel. :Pfeif: Jedenfalls danke ich dir sehr für deine klaren Worte.

Liebes @Nichtgeburtstagskind,
schon wieder so lange her, trotzdem herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung deiner Lost Places Geschichte!

Bei Übersetzerlein habe ich gestockt und gedacht, dass der Begriff für eine Frau irgendwie unpassend ist, eher „kleine Übersetzerin“. Klar du willst das Geschlecht hier offen halten, trotzdem finde ich es nicht ganz rund.
Vielleicht eher: außerdem bringt das Übersetzen viel zu wenig Geld ein

Ich glaube, das ist Galgenhumor, den er da an den Tag legt, der Vlad. Dein Alternativvorschlag klingt halt sehr aufgeräumt, für mich schon zu aufgeräumt, so buchhalterisch

Diese Geschichte in der Geschichte gefällt mir leider gar nicht. Man wird so abgelenkt von dem Protagonistin und dass dann ein Autor eine Geschichte schreibt, praktisch maßgeschneidert für den Übersetzer und dieser dadurch zu sich selbst findet. Nee, das ist mir zu verschwurbelt.
Brauchst du diese Textstellen aus dem Buch? Vielleicht könnte Vladislav auch durch ein intensives Gespräch mit Santi über den Inhalt zu der Erkenntnis kommen. Dann muss ich mich nicht auch noch in ein anderes Buch eindenken.

Deine Bedenken wegen der Geschichte in der Geschichte … Ja, manchmal mag ich das auch nicht. Also so bei anderen Autoren. Hier hat es mir gefallen.
Dein Alternativvorschlag, hm … Das wäre eine neue Geschichte, oder?

Er nennt mich bei meinem Namen. –
Den Satz würde ich weglassen, ist irgendwie klar, oder?

Hast Recht, so rein technisch betrachtet überflüssig. Ich fand das aber irgendwie schön poetisch und betonter. Dachte da an die Psalmen, wo das ein paar Mal so ähnlich vorkommt, und an den Film „Call me by your name“.

Es gibt da ja so ein schönes Wort für, wenn man jemanden so lieb hat, dass man ihn zerknuddeln möchte: verpisematuckeln.

Hast du mich so schön zum Lachen gebracht mit deinem Sechssilber :)


Hallo @Perdita,

aus deinem Kommentar möchte ich mir so blubbernde Badeperlen herstellen und mich dann stundenlang darin aalen und erfrischen. Das Sprachuniversum hab ich übrigens gekillt, jetzt sind da nur noch Silberglasfäden übrig.


Hallo @linktofink,

ich mag diesen RL/ Prosamix.

RL? Real Life? Rechtslinks? Riesenlaber? Rübenlyrik???

Und auch das kann ich so lesen: Das Gesicht gefriert, die Stimme ist verzerrt, die Verbindung unterbrochen, die Metamorphose beginnt.

Ja Mensch, du lieferst aber auch Interpretationen. Gefällt mir gut!

Über den bin ich gestolpert:
„Warum kämpft er denn nicht weiter?“, platze ich heraus.
... für die Künstlerkolonie am Meer? Das stört mich ein wenig, denn der Kampf des Prots ist - wie der Kampf Vladislavs - in Wirklichkeit ein persönlicher und damit ganz anderer. Das hat mich eher abgelenkt.

Ja, äußere Kämpfe und innere Kämpfe. Da hast du wohl einfach Recht.

Hallo @Bea Milana,
einen super Verriss hast du mir geschrieben, ich danke dir dafür. Und das hier:

Uff, da lässt du aber die Harve arg laut aufjaulen, mit andere Worten: die Metapher klingt eine wenig nach @Isegrims.
nehm ich jetzt mal als Kompliment. ;)

Lieber @Friedrichard,
auch dir vielen Dank für deine klugen Anmerkungen von Malboro, Werbung bis zu Walter Benjamin. Ja, der arme Übersetzer in der neuen digitalen Welt …

Lieber @GoMusic,
auch du hattest mir deine Leseeindrücke dagelassen. Ich danke dir dafür und versuche daraus zu lernen, zumindest für den nächsten Text.

Lieber @erdbeerschorsch,
ich lese deine charmant-tiefsinnige Textzerpflückerei immer sehr gerne und muss dir in vielem Recht geben, also eigentlich in fast allem. Danke dir sehr für deine Analyse.

Hallo @zigga

Du hast ganz schön gekürzt und umgestellt, oder?

Nein du, hab ich gar nicht. @GoMusic hatte das auch vermutet.
Ansonsten fand ich auch deinen Kommentar schlüssig und gut begründet. Hast mir die Schwächen dieses Textes gut aufgezeigt - danke!

Viele Grüße
Anne

 

Hola @Anne49,

ich hatte mich wirklich schon gefragt, wo du bleibst! Hauptsache, du hast den Shit überwunden und es geht wieder. Schön dass du zurück bist!

Na ja, vermutlich erinnert sich kaum einer mehr an diese Geschichte und vielleicht wäre es auch besser, sie in der Versenkung zu belassen, denn mich verbindet so ein bisschen eine Hassliebe zu ihr. Einerseits mag ich Vladislava und Santi noch immer, andererseits empfinde ich den Text mittlerweile doch als unfertig, kann mich aber nicht dazu bringen, ihn weiter zu bearbeiten. Manchmal würde ich ihn sogar gerne löschen lassen. Tsss.
Dann hak sie ab und schreib was Neues. Mund abputzen und weiter. Wer Storys wie Wolfstage, Lucy und Malintzin schreiben kann, der muss sich keine Sorgen machen. ;)

Liebe Grüße, Peace, linktofink

 

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