Der Gehörnte will nicht mehr!
Das Thermometer zeigt gar nichts mehr an. Schließlich ist es bei, vergleichsweise kühlen, 50 Grad Celsius geplatzt.
„Ich hatte gedacht, der Job wäre einfach gewesen. Ich weiß noch, wie es hier zu Beginn aussah. Da hatte ich noch meine Ruhe“, schluchzt der Teufel.
Er führt uns durch sein riesiges Reich. Vorbei an brennenden Lavaseen, Höhlen, Gefängniszellen und einfachen Hütten.
„Zweitausend Jahre gibt es das hier schon. Wie gesagt: Da war’s noch leer. Nur ein Handvoll Leute kamen hierher. Einmal in der Woche musste ich Sünder begrüßen und unterbringen. Jeden Donnerstag. Da ließ Pontius die Christen kreuzigen. Mal zwanzig, mal fünfzig, ab und zu auch mal hundert.“
Vor siebenhundert Jahren ist die Bevölkerung sprunghaft angestiegen.
„Sie glauben nicht, wie viele Hexen hier ankamen. Allesamt rote Haare, mit riesiger Nase und dicken Warzen im Gesicht. Alle ersäuft. Die kamen hier aufgedunsen und mit tiefblauer Haut an. Und die stinken bestialisch dazu.“
Jeden Tag mehrmals musste er seine Begrüßungsrede halten. Aber dabei blieb es nicht. Ketzer, Ungläubige, Hingerichtete und Gottesleugner waren auch darunter.
„Wir müssen ununterbrochen Wälder roden, damit wir für die neuen Einwohner Unterkünfte bauen können“, erzählt er.
„Wir stoßen langsam an unsere Grenzen. Viel Platz haben wir nicht mehr. Mittlerweile setzen wir noch ein zweites und drittes Stockwerk auf die bestehenden Häuser. Aber uns geht langsam das Geld aus. Wir würden ja gerne mehr Unterkünfte und so errichten. Aber die Leute zahlen ja keine Miete.“
Er führt uns in eine vornehmere Gegend seines Reiches.
„Hier wohnen unsere prominentesten Einwohner. Wobei das Wort „prominent“ sehr flexibel ausgelegt werden kann. Hier ist die „Diktatoren-WG“. Mit ihnen haben wir die meisten Probleme. Ständig Streit und Geschreie. Jeden Tag muss hier die Höllenpolizei antreten. Adi, Beni und Saddi wohnen hier [Hitler, Mussolini und Hussein, Anm. der Redaktion]. Sie streiten sich ununterbrochen, wer von ihnen der größte Diktator ist.“
In der Hölle gibt es natürlich nicht nur Qualen, Streit und Zwietracht. Jeden Sonntag gibt es hier eine Kirmes. Schädel-Angeln, Knochenschießen und eine Geisterbahn gibt es dort unter anderem.
„Da gehe ich aber nicht rein. Ich habe Angst vor Geistern. Die sind mir zu gruselig“, erklärt er flüsternd.
Auch klimatisierte Hallenbäder, Freibäder, Kinos und eine Achterbahn stehen für die Bewohner zur Verfügung.
Auf die Frage, wie es nun weitergehen soll, fällt die Antwort knapp aus: „Ich werde meinen Bruder Gott zum ‚Schnick-Schnack-Schnuck ohne Brunnen‘ herausfordern. Dafür trainiere ich jetzt seit zweihundert Jahren.“
Auf die Frage, ob er siegen wird, lautet die Antwort: „Ich bin sehr zuversichtlich, gegen ihn zu gewinnen.“
Worauf er sich am meisten freut? „Ich würde gerne mal wieder ein Spaghetti-Eis essen. Hier schmilzt ja alles nach zwei Sekunden.“