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Der Deutsche Paß

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10.05.2001
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Der Deutsche Paß

Neulich war ich im Kaufhaus.
Als ich mich zur Genüge umgesehen hatte, beschloß ich, meinen Gedanken, der mir schon ziemlich lange durch den Kopf ging, in die Tat umzusetzen.
Schließlich hatte ich ja lange genug gezögert und es war Zeit, diesem sinnlosen Warten ein Ende zu setzen. Ich machte mich also gemächlich auf den Weg, den Erfüllungsort zu erreichen. Dabei verspürte ich ein Kribbeln und ein Jucken innerhalb und außerhalb meines Körpers. Ich begann, unsicher zu werden. Während ich kurz anhielt, um tief Luft zu holen und mir die Schweißperlen von der Stirn abzuwischen, wurde ich von einer Person angerempelt, die sich ohne zu entschuldigen sofort wieder vom Tatort entfernt hatte. Blitzartig kontrollierte ich zuerst meine Westentasche, tastete dann meine Jackenbrusttasche ab: Gott sei Dank!
Alles war noch an seinem Platz! Erleichtert setzte ich meinen Weg fort, ohne mir weitere Gedanken über diese grobe Person zu machen.
Endlich war ich am Bestimmungsort angekommen. Jetzt durfte eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ruckartig kontrollierte ich erneut meine Taschen und machte mich anschließend aktionsfertig. Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir: "Darf ich Ihnen helfen?" Die Stimme des Mannes ließ mich völlig auffahren. "Danke, aber ich bediene mich gerne selbst." Hatte man mein Vorhaben am Ende etwa doch noch erkannt? War ich so unvorsichtig und auffällig gewesen? Oder wollte man mir nur wieder zuvorkommen?
"Ich bin nämlich leidenschaftlicher Türk - " Ehe ich ausreden konnte, umklammerte mich der Mann heftig und ließ mir wenig Bewegungsfreiheit zu. Gleichzeitig schrie er nach der Verkäuferin an der Theke, sie solle Alarm schlagen. Die junge Dame an der Kasse reagierte sofort. Eine heulende Sirene war jetzt im ganzen Kaufhaus wahrzunehmen. Verwundert über den Vorfall, versuchte ich mich loszureißen. Die Verwunderung schlug alsbald in Ärger um, als der Mann nicht nachgeben wollte und zu allem Überfluß ihm noch ein weiterer Herr zu Hilfe eilte. Schon bald traf auch die Polizei ein, die mich nun auf einen Wink des zweiten Mannes in Gewahrsam nahm. Ohne mich etwas sagen zu lassen, zerrten mich zwei Beamte ins Polizeiauto und beförderten mich schließlich aufs Revier.
Dort stellte sich heraus, einer der Männer sei der Kaufhausdetektiv gewesen und der andere der Geschäftsführer. Er habe mich nur von einer Straftat abhalten wollen, gab der Detektiv zu seiner Entschuldigung bekannt. Auf meine Frage hin, was er mir zur Last legen wolle, bekräftigte er seine Position damit, ich habe ihm mitgeteilt, ich würde mich gerne selbst bedienen, da ich Türke sei. Somit sei ein Delikt nicht auszuschließen gewesen.
Überzeugt davon, rechtens gehandelt zu haben, wartete er auf Zustimmung seitens der Beamten. Die Polizei konnte ihm nur beipflichten und warf mir tadelnde Blicke zu.
Verblüfft erstarrten sie, als ich meinen Deutschen Paß herausnahm und ihn auf das Pult legte. "Wenn Sie mich hätten ausreden lassen, hätten Sie gemerkt, daß ich Ihnen nur mitteilen wollte, daß ich leidenschaftlich gern Türkischen Honig esse und mich in ihr Kaufhaus begab, um mich damit reichlich zu bedecken. Schließlich haben Sie es ja nicht alle Tage im Angebot!"
Nachdem nun die Unstimmigkeiten beseitigt worden waren und der Geschäftsführer sowie der Detektiv mehrmals um Entschuldigung gebeten hatten, sah ich von einer Anzeige ab, zumal mir der Geschäftsführer eine Freihauslieferung von nur dem besten Türkischen Honig auf Lebenszeit fest zusprach.

[Beitrag editiert von: Hendek am 10.01.2002 um 13:25]

 

Wie versprochen, habe ich mir die Geschichte noch einmal angeschaut. Sicher weiß ich nun:
1. Der Mann wollte mehr als nur Honig kaufen. Sonst wäre er nicht nervös gewesen.
2. Er brauchte den Deutschen Pass für sein Vorhaben. Deshalb kontrolliert er seine Taschen. Ohne Sinn würdest du das ja nicht schreiben (Hoffe ich).
3. Stehlen wollte er auch nicht. Sonst könnte man diese Stelle nicht erklären:

Verwundert über den Vorfall, versuchte ich mich
loszureißen. Die Verwunderung schlug alsbald in Ärger um, als der Mann nicht
nachgeben wollte und zu allem Überfluß ihm noch ein weiterer Herr zu Hilfe eilte.
Schon bald traf auch die Polizei ein,
Ein Dieb empört sich nicht in dieser Form, das tut nur ein Unschuldiger!
Und wozu brauchte er den Pass? Vielleicht wollte er verhaftet werden. Er hat ein fremdländisches Aussehen und dachte sich: Der Dedektiv wird mich für einen Dieb halten, dann zeige ich ihm den Pass und stelle ihn bloss, diesen Rassisten. Das scheint mir aber arg konstruiert und stünde außerdem im Gegensatz zu seinen Gedanken:
Hatte man mein Vorhaben am Ende etwa doch
noch erkannt? War ich so unvorsichtig und auffällig gewesen?
Offensichtlich will er nicht entdeckt werden. Er ist ja auch (siehe oben) verwundert, als es geschieht. Und jetzt könnte ich wieder fragen, warum er den Pass braucht.
Tut mir Leid, dir nichts besseres sagen zu können, aber ich habe deine Geschichte nicht verstanden.

Mit ratlosen Grüßen

Stefan Swora

 

Quasimodo666:

Naja, das meiste hast du doch so im großen und ganzen schon gerafft, nur einiges durcheinandergeworfen.
Wie ich bereits mitteilte, kann man diese Geschichte auf mehrere Weisen interpretieren; siehe dazu als einfachstes Beispiel die Antwort von Hans Werner und deine erste.
Aber ich werde es mir trotzdem verkneifen, welche von den hier aufgezählten Versionen meine beabsichtigte gewesen ist; denn meine eigene ist nur von geringfügigem Unterschied zu den bereits Aufgezählten. Allerdings bleibt der Hauptaspekt bei allen Interpretationsvarianten gleich, infolge dessen ich doch von einer geglückten Geschichte sprechen kann. ;)


@Sighard:

:lol: :lol: :lol: -> :rolleyes:


Gruß, Hendek

[Beitrag editiert von: Hendek am 27.01.2002 um 23:23]

 

@Sighard:

Diese Frage lasse ich mal aus politischen Gründen ebenfalls unbeantwortet im Raum stehen. :p

 

Hey Sigahrd,

lass dir von mir aus halt eines gesagt sein:

Am Inhalt bzw. am logischen Zusammenhang gibt es an der Geschichte nichts zu rütteln, stimmt schon so, wie sie geschrieben steht. ;)
Es geht auch nicht unbedingt darum, jemandem juristisch etwas nachzuweisen. :p
Und Kenntnisse über juristische Gepflogenheiten kannst du mir ruhigen Gewissens abnehmen... :p

 

Naja, das meiste hast du doch so im großen und ganzen schon gerafft, nur einiges durcheinandergeworfen.
Passiert mir öfters. Mein Textverständnis ist enorm, aber ich bin sehr hektisch. :D

 

Hallo Hendek,

ich habe meine Ankündigung, mir gründlichere Gedanken darüber zu machen, ob deine Geschichte nun satirisch ist, nicht vergessen.

Erlaube mir zunächst Definitionen, was als Satire gesehen wird, zu bringen:

"An keine bestimmte literarische Form gebundene Gattung, die in geistreicher Sprache, Torheiten und Laster verhöhnt, mißbilligende Kritik übt und oft in Gestalt von Roman, Gedicht oder auch Drama auftritt."(Knaurs Lexikon der Weltliteratur 1992)

"Dichtungsgattung, die spöttisch-witzig Torheiten und Laster der Menschen geißelt." (Volks-Brockhaus 1964)

Noch gründlicher, weil auch wesentlich deutlicher und differenzierter ist diese Definition von Lisa Westermann "Was ist Satire" gefunden unter www.uni-muenster.de/Soziologie/Seminare/Zensur/texte/satire.htm

"Zum Kern der Satire gehört der Angriff. Ursache sind die -- nach Meinung des jeweiligen Autors -- anklagenswerten Mißstände dieser Welt. Mittels Satire können Personen oder Zustände angeprangert, kann an ihnen Kritik geübt werden. Dieser Realitätsbezug ist für die Satire charakteristisch. Gleichzeitig kann sie auch ein Idealbild beinhalten, eine Utopie, wie es sein sollte. Dabei arbeitet die Satire mit Verfremdung. Sie gibt die Objekte ihrer Kritik durch Verzerrung und Übertreibung mit beißender Ironie oder Spott der Lächerlichkeit preis. Um Fehler und Mängel des Angegriffenen deutlich zu machen, schafft der Satiriker ungewohnte Sichtweisen, verbindet was eigentlich nicht zusammengehört oder unterzieht sein Opfer einer ungewöhnlichen Behandlung.Durch diese indirekte Darstellung, bei der das Gemeinte immer dahinterliegt, entsteht Distanz zum Gegenstand, die Komik von Satire, was sie von schlichter Kritik unterscheidet. Gleichzeitig hebt sie sich durch die Schärfe ihres Angriffs auch von bloßer Komik ab."

Als nächstes möchte ich darstellen, wie ich deine Geschichte inhaltlich verstehe, denn ich glaube, nur so können wir Mißverständnisse vermeiden.

Du wählst als Überschrift "Der Deutsche Paß" und führst damit den Leser bereits in eine bestimmte Richtung, nämlich die, dass es wohl um ein Ausländerthema gehen wird.
Du hättest auch neutral bleiben können, indem du z.B. als Überschrift nur schlicht "Im Kaufhaus" gewählt hättest. Deine besondere Wahl dieser Überschrift stellt daher schon am Anfang die Weichen, indem mir als Leserin vorgegeben wird, dass die Person, die nunmehr von dir geschildert wird, entweder selbst Ausländer ist oder zumindest ausländisch wirkt.

Du wirst mir sicherlich zustimmen, dass dies noch lange keinen satirischen Inhalt darstellt, aber vielleicht zur Vorbereitung desselben dienen könnte.

Nun zum Kern deiner Geschichte, den ich schlicht darin sehe, dass ein Mann aufgrund der Fehleinschätzung eines Detektivs, die ihre Nahrung aus seinen eigenen Vorurteilen gegen Türken bekommen hat, zu Unrecht des versuchten Diebstahls bezichtigt und vorläufig festgenommen wird.

Der erste Absatz deiner Geschichte hat aus meiner Sicht nichts mit ihrem Kern zu tun und ist wohl, so meine Vermutung, nur zur Erzeugung einer gewissen Spannung vorweg gestellt worden. Sämtliche Geschehnisse, die vor dem Hinzutreten des Detektivs geschildert werden, haben insoweit keine eigentliche Bedeutung als vielleicht Stimmung zu machen. Ich persönlich finde sie eher verwirrend und vom Kern der Sache unnötig ablenkend.

Nun zur Frage, ob deine Hauptaussage satirischen Inhalts ist:

Vom Ansatz her erscheint es zunächst so.
Das mißbilligenswerte, vorurteilsdumme Verhalten des Detektivs stellt eine klare Anprangerung eines gesellschaftlichen Mißstandes dar, nämlich, dass nur allzugerne angenommen wird, dass ein Ausländer stets von Haus aus schon kriminell veranlagt ist.
Ein Vorurteil, das täglich in Deutschland ausgelebt wird.

Aber die Darstellung dieses offensichtlich im Kopfe des Deutschen betonierten und mit den Genen unausrottbar weitervererbten Vorurteils in deiner Geschichte macht sie damit noch nicht satirisch.
Du prangerst lediglich einen Istzustand an, exakt so, wie er täglich so und nicht anders passiert.
Deine Darstellung ist weder verfremdet noch verzerrt und auch nicht übertrieben, weswegen, ich darf auf die ausführliche Definition von Satire verweisen, auch keine beißende Ironie oder Spott in der Geschichte entsteht.
Deine Sichtweise ist eine alltägliche,normale. Du schaffst keine ungewohnte Sichtweise, deine Personen handeln genauso wie es in der Realität täglich vorkommt.
Es baut sich keine Distanz zum Gegenstand deiner Kritik auf.
In ihrem Hauptanliegen, ein ausländerfeindliches Verhalten zu kritisieren, kann ich deiner Geschichte daher keinen satirischen Inhalt bescheinigen.

Ich möchte aber noch einen weiteren Punkt in deiner Geschichte beleuchten, der einen satirischen Inhalt hätte ergeben können.
Ich meine damit die Tatsache, dass die Vorlage des deutschen Passes zur sofortigen Freilassung deiner Hauptperson führt.
Hier wäre eine Verfremdung, Verzerrung durchaus möglich gewesen, indem sich der vom Detektiv für einen Türken Gehaltene z.B. als Pole oder Roma ausgewiesen hätte und man ihm, weil er ja kein Türke ist, sofort freiläßt,obwohl gerade Polen und Roma erst recht für Diebe gehalten werden.
Leider wählst du in deiner Geschichte wiederum die Realität. Ein deutscher Paß rettet vor der Ausländerfeindlichkeit. Das ist die alltägliche bittere Normalität. Daraus läßt sich nicht beißende Ironie, Spott oder Hohn herausziehen, somit entsteht auch am Ende deiner Geschichte keine Satire.

Kürzlich ist mir folgender Cartoon zum Thema in die Hände gefallen. Ich wünschte, ich könnte ihn hier abbilden. Ich unternehm trotzdem den Versuch, ihn schriftlich wiederzugeben:

Zwei Männer am Tresen, jeder vor sich ein Glas Bier. Der eine rothaarig, Halbglatze, blau-weiß-gestreifter Pullover richtet an den anderen, schwarzhaarig, Schnauzbart, braune Anzugjacke die Worte: "Ausländer,wa?" Der andere, gerade im Begriff einen Schluck zu trinken, schaut dabei etwas seitlich rüber und antwortet: "Nee, Türke." Darauf entgegnet der Fragende: "Ehrlich? Na denn, nix für ungut. Hätte ja sein können...so'n bißchen ausländisch seh'n Sie aber aus."

Das ist Satire.

Lieber Hendek,
auch wenn das Ergebnis meiner Ausführungen an meiner ursprünglichen, zunächst mehr aus dem Bauch heraus gemachten Aussage nichts zu ändern vermochten, möchte ich dir dennoch danken, dass ich gezwungen war, mich intensiver mit Satire auseinander zu setzen. Auf diese praktische Weise habe ich dazugelernt und für mich selbst begriffen, dass es verdammt schwer ist, einen wahrhaft satirischen Text zu schreiben. Daher gilt dir mein Respekt, dass du es gewagt hast und wie ich mitbekommen habe, auch weiter versuchst. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt im Sinn, dir durch meine Kritik den Mut zu nehmen, im Gegenteil, ich wünsche mir, dass du ein besonders guter Satiriker wirst.

gruß elvira

 

Hallo lakita!

Danke erstmal für die überaus lange und ausführliche Beschäftigung mit meiner Geschichte.

Was die Definitionen betrifft, die du hie angeführt hast, so kann ich dir ruhigen Gewissens bestätigen, dass ich mich auf diese Definitionen beruhend an die von mir verfassten Texte herangewagt habe.
Insofern ist es erfreulich zu sehen, dass wir beide zu der selben Auffassung von dem Begriff Satire gelangt sind. ;)

Was den Inhalt angeht, so kann man mittlerweile wohl auf potentielle Deutungsmöglichkeiten verzichten und die Karten offen auf den Tisch legen, also direkt meine Intention verkünden:

Du wählst als Überschrift "Der Deutsche Paß" und führst damit den Leser bereits in eine bestimmte Richtung, [...]
Du wirst mir sicherlich zustimmen, dass dies noch lange keinen satirischen Inhalt darstellt,
aber vielleicht zur Vorbereitung desselben dienen könnte.
Korrekt. Genauso war es von mir beabsichtigt gewesen.

Nun zum Kern deiner Geschichte, den ich schlicht darin sehe, dass ein Mann aufgrund der
Fehleinschätzung eines Detektivs, die ihre Nahrung aus seinen eigenen Vorurteilen gegen
Türken bekommen hat, zu Unrecht des versuchten Diebstahls bezichtigt und vorläufig
festgenommen wird.
Das ist eben genau die Passage, worauf die meisten Leser zu beharren versuchen. ;)
Hier ist es im Prinzip völlig egal, wie man interpretiert, hat mit dem Schluss und Ziel der Geschichte eigentlich überhaupt nichts zu tun; ist also ohne jegliche Relevanz für das Endergebnis.

Der erste Absatz deiner Geschichte eher verwirrend und vom Kern der Sache unnötig ablenkend.
Nun, das ist wohl Empfindungssache beim Lesen; wohl aber durchaus berechtigt infolge einer bestimmten Lenkweise der Interpretation. ;)

Vom Ansatz her erscheint es zunächst so.
Das mißbilligenswerte, vorurteilsdumme Verhalten des Detektivs stellt eine klare
Anprangerung eines gesellschaftlichen Mißstandes dar, nämlich, dass nur allzugerne
angenommen wird, dass ein Ausländer stets von Haus aus schon kriminell veranlagt ist.
Ein Vorurteil, das täglich in Deutschland ausgelebt wird.
I agree, in allen Punkten der Anklage. ;)

Aber die Darstellung dieses offensichtlich im Kopfe des Deutschen betonierten und mit den
Genen unausrottbar weitervererbten Vorurteils in deiner Geschichte macht sie damit noch nicht satirisch.
Du prangerst lediglich einen Istzustand an, exakt so, wie er täglich so und nicht anders
passiert.
Ist doch eigentlich fast erschütternd, dass so eine negative Einstellung als ISTZUSTAND, also als gewöhnlich betrachtet wird. (Nur mal so ein Gedanke...)
Aber auch hier stimme ich mit dir überein. :)

Deine Darstellung ist weder verfremdet noch verzerrt und auch nicht übertrieben, [...] kann ich deiner Geschichte daher keinen satirischen Inhalt bescheinigen.
Ebenfalls berechtigt, diese Einstellung. Aber das war nicht der Knackpunkt der Geschichte.

Ich meine damit die Tatsache, dass die Vorlage des deutschen Passes zur sofortigen
Freilassung deiner Hauptperson führt. [...] Ein deutscher Paß rettet vor der Ausländerfeindlichkeit. Das ist die alltägliche bittere Normalität.
Und genau das hier, liebe Elvira, ist der Punkt, an dem wir beide auseinandergehen.
Bis dahin ist es nämlich völlig irrelevant, ob der Erzähler tatsächlich klauen wollte oder nicht.
Erstmal wird er festgehalten, weil der Dedektiv meint, dieser Kunde sei Türke und müsse somit etwas Böses im Schilde führen. Das ist der eine Aspekt.
Dann legt er seinen deutschen Pass hervor. Ob dieser Beschuldigte nun tatsächlich ein gebürtiger Deutscher oder nur ein Ausländer mit einem deutschen Pass ist, tut nichts zur Sache.
Maßgebend ist allein, dass, sobald er einen deutschen Pass herausholt, plötzlich geachtet wird und man sich bei ihm entschuldigt.
Diese zwei Punkte waren eigentlich das Hauptanliegen meiner Intention. Quasimodo666 ist da schon fast dahintergestiegen, hat sich allerdings von der Interpretation Hans Werners irreleiten lassen, die wiederum einen überraschenden Effekt auf mich hatte.

Diese Geschichte ist übrigens auch während den Gesprächen um die Doppelpassfrage entstanden, genauso wie die andere, die ich im selben Zeitraum hier veröffentlicht habe.
Ziel war es eben, wie oben angeführt, klarzumachen, was so ein deutscher Pass alles er - bzw. bewirken kann. :engel:


Den Cartoon, den du beschrieben hast, kenne ich ebenfalls, ist aber schon einige Jährchen alt. Er war mal in der Zeitschrift "Information" abgebildet, eine Zeitschrift für politische Bildung. Allerdings kenne ich ihn - glaube ich - ohne den Schlusssatz "so'n bißchen ausländisch
seh'n Sie aber aus.". Spielt aber in Bezug auf die Aussagekraft keine Rolle.


Auch ich danke dir nochmals, dass du dich so intensiv mit dieser Geschichte beschäftigt hast, da sind zum Teil Sachen dabei rausgekommen, an die ich nicht mal um acht Ecken herum gedacht hätte. ;)
Durch deine Beiträge zu diesem Thema hast du mir auch keinesfalls den Mut genommen, im Gegenteil, dir ist es gelungen, dass ich mich erneut intensiv mit meinen älteren Geschichten beschäftigt habe. Eine Überarbeitung schließe ich nun im Nachhinein natürlich nicht aus. ;)


Gruß, Hendek

[Beitrag editiert von: Hendek am 07.03.2002 um 18:49]

 

Hmm, bei der Geschichte bewege ich mich zwischen Kopfschütteln und Schmunzeln.

Erst mal verstehe ich nicht, wieso der Protagonist solche Angst hat, so im Schweiß steht, etc. wenn er bloß Honig kaufen will? Nun, ich wußte wie die Geschichte ausgehen würde, da ich zuerst die Kritiken gelesen hatte (mach' ich immer so), und fand den Anfang dann auch sehr gut, weil er den Leser eben in die Irre führt. Bloß paßt es, wie gesagt nicht zu harmlosem Honig. Ich hätte erwartet, daß er sich 'ne Packung Kondome kauft, oder die "Happy Weekend" oder etwas ähnlich peinliches. Aber Honig...? Naja, vielleicht hab' ich 'was überlesen?

Zum Thema Satire:
Ich weiß ja inzwischen, daß Vorurteile zu deinen Lieblingsthemen gehören (- scheint jedenfalls so ;) ), bloß versteigst du dich in dieser Geschichte selbst in üble Vorurteile, was mich zuerst sehr abgestoßen hat.
ABER: Ich finde inzwischen, genau das macht die Geschichte erst zu einer Satire!
Du kritisierst augenscheinlich Vorurteile gegenüber Ausländern (bzw. "ausländisch aussehenden" Menschen) und arbeitest trotzdem mit zwei gewaltigen, nicht minder dummen Vorurteilen, nämlich
a) das Kaufhausdetektive (oder deutsche Spießer, etc.) Ausländer oft für Verbrecher halten und
b) das Polizisten (oder Deutsche allgemein) Deutsche für sauber und unverdächtig halten.

Das, wie erwähnt, fand ich erst ziemlich unsinnig, aber so führt die Geschichte den Leser gleich doppelt an der Nase herum. Nickt man gleich mit dem Kopf "Jawoll, recht hat er, diese Vorurteile gegen Ausländer sind schlimm!", so findet man sich direkt auf dem Glatteis wieder - nämlich dem Vorurteils-Glatteis, vor dem du warnen wolltest!

In diesem Sinne auch einen Gruß an all die Kritiker, die mMn auf dem Glatteis und damit ziemlich gefährlich stehen.
Falls du die kg tatsächlich so gemeint hast, ist sie dir verdammt gut gelungen! Dann wirklich HUT AB! Falls nicht, hoffe ich, du hast Schlittschuhe dabei... ;)

[Beitrag editiert von: falk am 10.03.2002 um 16:50]

 

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