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Der Banane tiefster Sinn

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15.05.2005
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Der Banane tiefster Sinn

Die Luft in dem kleinen Raum war warm und stickig. In der Mitte stand ein kleiner, runder Tisch aus Holz und auf ihm lag eine Banane. Sieben Personen saßen um diesen herum. Sie befanden sich schon lange dort und diskutierten jene wichtige Frage der Existenz. Nach einer ausgedehnten Denkpause setzte der Geistliche zum Wort an:
"Die Banane, verehrte Freunde, ist eine Frucht. So wie die Banane eine Frucht ist, ist auch der Apfel eine Frucht. Und um diesen rankt sich bekannterweise die biblische Geschichte von Adam und Eva. Des weiteren heißt es, ich berufe mich auf Gottes Worte, dass alle Menschen gleich sind. Also ist die logische Schlussfolgerung, dass auch alle Früchte gleich sind. Und wenn die Frucht wesentlicher Bestandteil einer der ältesten Bibeltexte ist, so beweist dies die Existenz von Gott und widerlegt obendrein die Thesen Darwins, schließlich liegt die Banane wahrhaftig vor uns."
Es dauerte nicht lange, bis sich der Biologe wütend von seinem Stuhl erhob und widersprach.
"So ein Unsinn! Die Banane ist eine Frucht, aber kein göttliches Zeichen. Die Banane entwächst aus den Blüten eines Pflanze..."
"Seht ihr! Wie der heilige Apfel, dieser entwuchs einer Pflanze, dem Baum der Erkenntnis", unterbrach der Geistliche ihn. Der Biologe warf dem Geistlichen einen verächtlichen Blick zu und fuhr fort: "Die Pflanze entwächst aus ihrem Keim und dieser Keim wurde zuvor von einer anderen Pflanze abgeworfen. Und die erste aller Bananenpflanzen entstand durch das Zusammenspiel der klimatischen Bedingungen. Die genannten Bedingungen wiederum haben ihren Ursprung im Urknall. An der Banane ist also nichts Göttliches."
"In einem Punkt gebe ich euch recht, werter Herr", warf der Mathematiker ein, "den Sinn der Banane kann man nur den Wissenschaften, nicht aber der Religion entnehmen. Hier möchte ich mich aber von eurer Meinung distanzieren. Schaut euch die Banane an! Sie ist symmetrisch und zudem ein Winkel. Es scheint mir sicher, dass frühste Kulturen die Banane als erstes und einfachstes Winkelmaß benutzt haben. Denkt zum Beispiel an die Babylonier und ihre Bauten. Sie sind zwar primitiv, aber besitzen bereits die ersten Bögen, gleich der Banane. Das sollte die Existenz der Banane erklären."
Der Maler erhob sich kopfschüttelnd.
"Werte Herren, sie können die Banane nicht zum rohen Objekt der Mathematik machen. Sie ist ein Bildnis der Kunst, bis zum Rande gefüllt mit der Muse eines Malers. Sie ist förmlich prädestiniert um gemalt zu werden. Diese weiche Form, die ausdrucksstarken Farben, sie ist ein Traum für jeden Maler."
"Die Banane ist ein Musikinstrument und Musikinstrumente sind nicht zum Malen gedacht! Seht genauer hin! am oberen Ende, da ist doch deutlich ein Mundstück zu erkennen. Sie muss früher wie ein Horn, oder eine Posaune gedient haben, aber ihre Bedienung entzieht sich noch meinem Verständnis", warf der Musiker ein.
Daraufhin entgegnete der Philosoph: "Die Banane ist da, um über sie zu philosophieren. Egal, ob Musikinstrument, künstlerisches Motiv oder göttlicher Beweis, ihre Existenz ist erst von Belang, wenn man über sie diskutiert, denn was niemand bemerkt, das kann auch nicht existieren. Folglich existiert die Banane in erster Linie, damit man über sie diskutieren kann."
"Die Banane", so sprach der Psychologe, "ist ein wichtiges Symbol in der Tiefenpsychologie des Mannes. Sie ist Sinnbild für Potenz und Männlichkeit. Der Traum eines Mannes, der eine Banane beinhaltet kann uns viel über sein Sexualleben ausagen. Kurzum, sie ist der Schlüssel zur männlichen Seele. Und nun, verehrter Philosoph, wie kann etwas nur existieren wenn es bemerkt wird, wo es doch in Träumen vorkommt? Dort wo nichts bemerkt wird, sondern alles im Bewusstsein ist oder nicht. So oft untersuche ich Patienten, in denen die Banane gegenwärtig ist, und trotzdem haben sie diese nicht bemerkt. Ihr seht, Existenz existiert auch fernab vom Bemerktwerden."
Die Zeit verstrich und die Banane lag immernoch unberührt auf dem Tisch und fragte sich schließlich:
"Wann der Erste wohl Hunger bekommt?"

 

Es ist grundlegend für geschriebene Dialoge, dass der Leser den Personen auf irgendeine Weise abnimmt, dass sie das, was sie sagen, auch tatsächlich sagen könnten, wären sie und die gesamte Situation real.

Durch die Festlegung auf die konkreten historischen Personen führt das dazu, dass du den Dialog so gestalten musst, dass der Leser einem Luther oder einem Sokrates abnimmt, dass sie das sagen könnten, wäre eine solche Situation real, auch wenn sie dem Wesen nach Klamauk ist. Und die Personen vertreten bei dir Standpunkte, die dem, was sie wirklich einmal vertraten, stellenweise konträr entgegenstehen. Man darf bei dem Text einfach kaum Vorwissen mitbringen, sonst fällt das tatsächlich auf den Autor zurück. Es macht durchweg den Eindruck, als ob du auch wirklich nicht weißt, wofür die Personen standen. Du diskreditierst dich selbst, nicht die Handelnden.

Es muss einen Sinn ergeben, warum gerade Sokrates das sagt, oder warum gerade Luther das sagt. Sie als reine Platzhalter für Philosophen oder Geistliche zu verwenden, wirkt nur auf einem sehr niedrigen Niveau, wo man über Luther nichts weiß, wo man über Sokrates nichts weiß. Die Personennamen geben nämlich schon eine Charakerisierung vor, weshalb du sie ja auch nicht mehr einführen brauchst. Was du machst, ist also darauf zu setzen, dass der Leser über die Personen gerade soviel weiß, dass Sokrates ein Philosoph war, Luther ein Geistlicher/Theologe, und dass Darwin der Typ mit der Evolution war. Die Zielgruppe des Textes sind damit die unteren Bildungsschichten, die wiederum wenig Interesse an solch einer geschriebenen Satire haben.

Dann nimm lieber ein anderes Setting und andere Personen - warum nicht ein Dorf, wo sich der Pfarrer, die Musiklehrerin, der leicht angeknackste Landschaftsmaler, der sich für das Dorf eigentlich zu gebildet haltende Lehrer und der Arzt, der sich gerne als Psychologe aufspielt und Freud nachäfft, über eine Banane unterhalten. Das würde auch die Möglichkeit bieten, ein wenig Typenkomik einzuarbeiten, das Ganze noch lockerer und auch ein wenig spannender und unterhaltsamer zu gestalten. Zudem könntest du dann auch eine runde, komplette Kurzgeschichte daraus zaubern, anstatt nur dieses Fragment.

 
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Naja, ich halte das für alles andere als grundlegend. Man könnte genauso gut argumentieren, dass der gebildete Leser gerade auf Grund der Aussagen der Charaktere feststellt, dass die Personen nur symbolisch zu sehen sind und in keinem Zusammenhang mit ihren tatsächlichen Idealen stehen. Das kann man jetzt drehen wie man will.
Ich habe festgestellt, dass die Anwendung der Namen sehr zweideutig wirkt und werde es dementsprechend abändern.
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Es scheint immer noch das Gerücht zu kursieren, dass eine Satire den Anspruch erhebt, spannend zu sein!? Das mag bei einem Krimi oder Horror der Fall sein, bei einer Satire sicherlich nicht. Da kann es stehen, muss aber nicht.
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Das ist übrigens weder ein Fragment, noch ist es eine KG. Es ist eine Parabel
(Ich wollt jetzt auch mal Korinthenkacker sein ;) )
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Stand 17.06: habe die Geschichte eben entsprechend der Kritik verbessert.

 

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