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Der Anfang, das Ende, die Liebe

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07.10.2015
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Der Anfang, das Ende, die Liebe

Die Sonne sticht vom weißen Verputz. Überall sitzen sie in den Cafés. Ein Geschäftsmann im Hawaiihemd hält eine Muschelkette in den Fingern und schaut sich wie ratsuchend um. Ein Kind dreht einen Postkartenständer. Eine Dame im gepolsterten Blazer wischt dem Gatten einen Krümel vom Mund. Unter gläsernen Vitrinen türmt sich Eis. Eine Feder wippt an einem Hut. Zwei schmale junge Leute, die sich seit heute kennen, küssen sich.

Die Saison ist bald zu Ende. Am Strand vorhin sind die Menschen schon weniger gewesen, an der Hafenpromenade findet sich Pascal noch immer im Gedränge. Er will einmal ganz um den Hafen herum, dann auf der anderen Seite bei der Steilküste wieder ans Meer. So viel Zeit darf er sich an diesem Nachmittag lassen.

Eine junge Frau stellt sich ihm in den Weg und reckt das Kinn vor. Sie hält ihm eine Kamera hin. Ob er sie fotografieren könne, hier so: Sie zeigt mit dem Arm rückwärts, ohne hinzusehen, wedelt mit der Hand, die Finger gespreizt. Ihre Freundinnen stehen dort bei einem Poller. Hinter ihnen ragen die Masten der Segelboote in die Höhe. Das Mädchen streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht, hoch bis über die Stirn, hält sie dort fest und schirmt die Augen gegen die Sonne ab. Durch die Finger hindurch fällt Licht auf ihren Mund. Pascal lässt sich die Kamera geben.

Für jetzt ist er ganz Teil des Schwarms, der hier flaniert, der sich nicht sorgen muss, auf Zeit hierher gehört, die späten Sommertage genießt, eine Yacht hat am Hafen. Er lässt sich durch die Menge treiben, ohne viel zu säumen. Vor Sonnenuntergang möchte er zurück.
Alles hier erscheint ihm neu. Weiße flache Häuser, warm beschienen, frisch und glänzend. Poliertes Pflaster, über das er schreitet. Das alles gab es damals noch nicht.
Am Ende der Fußgängerzone aber quert eine Straße, dahinter führt eine Treppe wenige Meter nach unten durch das Kliff zu einem schmalen Streifen Sand. Man steht und staunt: mit einem Mal ganz Wildnis, sobald man nur hinuntergestiegen ist.

Hier unten platziert Pascal die Schuhe auf einem Felsen und geht barfuß ins Meer. Er ist angekommen, am Anfang von allem. Er kennt das alles noch, genau so. Den wie hingeflossen geschichteten Fels, die Abbruchkante der Grasnarbe darüber. Den Sand und das Meer, die hier ihre Namen bekommen haben. Damals war das größer, wilder, echter, aber es muss die Stelle sein, er will es so. Ein Schiff hat er durch die Wellen gezogen und Ball gespielt mit dem Vater. Sonst weiß er nichts Genaues mehr: Der Ort, die Dinge sind da. Sie haben eine Bedeutung, ragen in ihn hinein und bringen gleichwohl nichts mehr ans Licht. Trotzdem gehört das hier herum mehr zu ihm, als alles, was später kam und etwa Anspruch auf Heimat oder Zuhause machen wollte. Das Leben reicht zurück, so weit die Erinnerung reicht. Seins hat hier begonnen.
Pascal kneift die Augen zusammen und schaut in den Himmel. Die wiederkehrende Strömung gräbt schleichend seine Fersen in den Sand. Nun also wirklich wieder hier. Er würde vor Rührung weinen wollen, wenn er nur genauer wüsste, warum.

Es ist ein kleiner Strandabschnitt im Halbrund der Klippen. Die junge Frau steht nicht weit von ihm, als er sie sieht. Die von vorhin: die mit den Sonnenstrahlen auf dem Mund. Sie hält das Kleid mit einer Hand aufgeschürzt und ruft ihren Freundinnen hinter sich etwas zu. Während sie sich dreht in der Hüfte, baumeln die Schuhe an ihren Händen.
Als sie herüberschaut, sieht er eilig wieder dem flachen Wellenschlag zu, der über seine Füße streicht.

Er muss ja auch los. Reibt sich den Sand von den Sohlen, bindet die Schuhe. Dann geht er auf die junge Frau zu, denn dort hinter ihr muss er die Treppe hinauf. Er führt die Augen entlang dem Wellensaum, schaut im letzten Moment nur auf und tatsächlich begegnet er ihrem Blick noch knapp. Und öffnet sie nicht den Mund, als sie ihn ansieht und leckt sich die Lippen? Hebt sie nicht die Hand? Sie will etwas sagen! Da ist er an ihr vorbei. Er nimmt ihr Bild mit sich, um an sie zu denken heute Nacht, sie heimlich mit sich zu vereinigen, wenn er allein ist. Sie wird ihm fehlen.

Wieder hinauf denn, wieder über das geleckte Pflaster. Dann durch wenige Straßenzüge moderner, mondäner, schick und gewöhnlich scheinender Wohnquartiere. Er lässt auch das hinter sich, geht den grünen Hügel hinauf, um dahinter die Straße zu finden.
Bald schon stochert er ohne Weg vorwärts. Ungefähr aus dieser Richtung muss er auch am Mittag gekommen sein. Im Gras stehen Kugeldisteln neben Margeriten. Die Sonne hält sich noch überm Horizont. Er tritt hinweg über grobe Grasbüschel und widerborstiges Kraut. Die Schuhe bleiben in einer Schlinge aus Stängeln und Blättern hängen, die er mit einem Ruck zerreißt. Uneben und manchmal unvorhersehbar ist der Boden, die weit ausgreifenden Schritte sacken ab, wenn hohes Gras eine fußballgroße Grube verborgen hielt.
Pascal aber geht leichtfüßig, wie wenn er die von vorhin neben sich mitführte und seine und ihre Hand im Rhythmus der Schritte mitschwingen ließe. Er nährt und genießt den Trennungsschmerz wie einen Teil von ihr, der ihm geblieben ist.
Das Rauschen der Autos von der Schnellstraße gibt ein Gefühl von Weite. Von hinten leuchtet immer noch die tiefergehende Sonne. Der Duft der Wiese mischt sich mit dem Duft von Salz, das ihm auf der Haut liegt. Die Luft ist feucht und dicht. Frei und leicht geht er, wie eingewoben in ein beginnendes Glück, als sei das Mädchen noch immer neben ihm, als streife der Stoff ihres Sommerkleids seine Fingerspitzen.

Die Richtung muss in etwa stimmen, das Meer liegt ihm im Rücken. Weiter vorn kommt ein Tunnel. Pascal steigt über die Leitplanke, stellt sich auf und hält den Daumen auf Hüfthöhe. Wieder an der Straße. Der Wind weht lau. Grillen lärmen im Ginster. Pascal meint, den Asphalt zu riechen. Er muss nicht weit, dennoch ergreift ihn voll die bekannte Verwegenheit: Autostopp, ganz wie immer, als wäre er so frei wie noch im letzten oder vorletzten Jahr.
Die Autos kommen die Böschung herauf, sind schnell. Man sieht ihn spät und hat dann in der beginnenden Kurve nur den Seitenstreifen. Halten dürfen sie hier nicht, aber jemand wird es tun, das ist immer so. Unklar auch, wohin die Straße führt. Immerhin weg vom Meer, ganz falsch kann es nicht sein. Eine Straßenlaterne geht über ihm an.

Es gibt diese Möglichkeit: Wenn das Mädchen von vorhin vorbeikäme mit seiner Clique. Solche Zufälle hat es hier und da gegeben. Wie das wäre, wenn ein Auto hielte, dann eine Tür aufginge, und er muss sich dann zu ihr und ihren Freundinnen hineinzwängen, ganz dicht neben das Mädchen, weil eigentlich kein Platz mehr frei ist. Der Wunsch gewinnt Kontur, drängt sich vor, als wäre mit ihm etwas zu erreichen.
Es ist bisher nicht kalt. Die Autos fahren zu schnell. Irgendjemand wird ihn dennoch mitnehmen, er kennt das.
Oder aber: wenn niemand ihn mitnimmt wird er umkehren müssen, ein Zimmer finden für die Nacht. Und dann wird er sie vielleicht dort wieder treffen, die eine. Sie werden sich gegenüberstehen, werden verstehen müssen, dass das Schicksal es nicht anders wollte, werden lachen und dann sich gehören für diese Nacht, ohne an eine Zukunft denken zu müssen. Fast wünscht er, dass niemand hält.

Dann aber doch: Ein Auto kommt weit hinten auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Der Fahrer setzt sogleich zurück, beugt sich zur Beifahrerseite und öffnet ihm schon die Tür. Es ist wie immer: Wenn es muss, geht es.
„Béziers?“
„Monte, je te ramène.“
Auf der Beifahrerseite hängt die Sonnenblende lose im Gelenk. Im Fach hinter dem Schalthebel klemmt eine Dose Limo. Das Innenlicht geht nicht mehr ganz aus, von oben kommt es schummrig, auch nachdem die Türen geschlossen sind. Das Lenkrad hat Spiel. Ganz dunkel ist es jetzt draußen. Er sieht im Lichtkegel der Scheinwerfer einige Meter voraus, seitlich dagegen nichts, nur sich selbst schwach in den Scheiben. Pascal lehnt sich in den Sitz.
Er bringe ihn hin, hat der Mann gesagt. Wohin führt aber dann die Straße?
Der Fahrer sitzt krumm hinterm Lenkrad und lächelt gewinnend mit seinen verrotteten Zähnen. Scheu und fast ängstlich. Er nickt ein zweites Willkommen, dann langt er mit einem Arm herüber und versucht, die Sonnenblende zu fixieren, ohne dabei den Blick von der Straße zu nehmen.

Gleichförmig ziehen sie dahin. Es schläfert fast ein, jedenfalls regen sich Träume. Das Meer, die Bedeutung des Ortes und die verflogene Begegnung verschwimmen in ein Gefühl, von dem Pascal wünscht, es möge nicht so bald enden, wenngleich es im herkömmlichen Sinn nicht freudvoll ist.
Er hätte nicht an dem Mädchen vorbeigehen sollen. Was könnte dann sein, stattdessen! Er könnte in diesem Moment, genau jetzt könnte er an ihrer Seite stehen. Ihre Füße dicht neben seinen könnte sie mit den Zehen Halbkreise ins Wasser schreiben, könnte dann aufschauen und etwas sagen. Sie hat ja doch wirklich gelächelt, als er an ihr vorbeiging. Er malt sich aus, was hätte sein sollen: Wie sie seine Hand nimmt. Wie sie beieinander stehen, bis zu den Knien ins Meer gehen und sich hastig aneinander klammern, wenn die Wellen über die hochgekrempelten Kleider schlagen. Wie er ihr erzählt, dass hier, an genau dieser Stelle, sein Leben begonnen hat. Immer noch meint er, Salz auf seinen Lippen schmecken zu können.

Aber so ist es nicht, sondern jemand bringt ihn im Auto zurück zu seinem Hotel, und auch das ist ja gut so. Es läuft. Der Fahrer versucht, das Gelenk der Sonnenblende in die Verankerung zu drücken.

Dann aber: Pascal fährt auf, wehrt ab, ohne zu berühren, da hat der Mann beide Hände bereits wieder am Lenkrad. Auch Pascal sitzt augenblicklich wieder steif. Dazwischen war etwas, und es ist schnell gegangen. Noch mal von vorn: Ist es so gewesen, dass der Fahrer seine Hand auf Pascals Schenkel gelegt und zärtlich darüber hinweggestrichen hat? Und dann hat doch Pascal einen Laut ausgestoßen, hat doch einen dieser Laute hervorgebracht, die man mehr sieht als hört, und hat die Arme gehoben, nicht hoch, als wollte er Ungeziefer abschütteln und mit derselben Absicht, die Hand auf seinem Bein nur ja nicht anzufassen. Und hat er dabei nicht eine entrüstete, angewiderte, zornige, panische Grimasse gezeigt, eine bei Lichte besehen peinlichen Fratze, die das alles zugleich ist, und von der er jetzt hofft, niemand habe sie gesehen. Längst ist die fremde Hand wieder fort, ein wohl entschuldigendes Gemurmel ist vielleicht zu hören gewesen und hat es ungeschehen machen sollen. Pascal sitzt unbeweglich, aufrecht wie zum Sprung. Es ist doch eben so geschehen. Man sitzt noch immer da, unverändert derselbe, aber mit einem Mal weiß man nicht mehr, was kommen wird.

Pascal sieht auf die kurze Spanne Wegs, die der Lichtkegel der Scheinwerfer ausleuchtet. Aus dem Dunkel hervortretende, dann näher kommende Schilder zieht er mit den Augen an, als könnte er so die verbleibende Strecke verkürzen. Da: Béziers! Rechts ab. Der Fahrer blinkt nicht. Schon sind sie vorbei.
Wie eben noch die bloßen Füße im Sand steckten, von den Wellen flach umspült: Ganz gegenwärtig scheint das. Als müsste er es packen und zurückholen können.
Der Mann am Lenkrad ist nicht groß, er sieht schwächlich aus, weit eher unbeholfen als kaltblütig.
Pascal richtet den Blick nach vorne ins Freie hinter der Scheibe, die sein Gesicht spiegelt. Seine Sinne sind geweitet. Im Augenwinkel will er genau wissen, was der Fahrer tut.

Wieder leuchtet ein Straßenschild auf. Pascal bemerkt seine Hände, die sich am Sitz festkrallen, löst sie und legt sie sich auf den Schoß, deutet dann nach vorn, nur mit dem Kinn. Es soll doch jedenfalls nicht furchtsam klingen, wenn er nun sagt: „Béziers.“
Noch immer rechts ab. Wieder vorbei.
Der Mann am Lenkrad wischt mit der Hand geradeaus: „Non, non, c’est plus vite.“ Dann schaut er Pascal an, kümmert sich für Sekunden nicht um die Fahrbahn. Er schaut ihn an, lacht breit, nimmt sich die Zeit. Pascal weiß plötzlich, dass er einmal nur diese Zähne in Erinnerung behalten wird, fleckig und lang, ohne Zahnfleisch. Für einen Moment ist er außen, sieht sich und den Mann wie von oben: Später, wenn es vorbei sein wird, wird er sich an die Zähne erinnern, so denkt er in diesem Moment, als wäre die Last schon abgelegt. Dann ist die kurze Freiheit wieder weg. Er sitzt hier, die Hände im Schoß und es scheint gar nicht, dass das je wieder anders wird. Vollständig füllt es aus. Wann biegt der Mann endlich ab?

„Du bist ganz jung.“ Der Mann grinst wieder rüber.
So einer haust in einem elenden Loch, unaufgeräumt, siffig, ohne Zweifel, ganz wie die abgelebte Karre, in der sie gefangen sitzen. Ein dreckiger Mensch. Das sind Leute, die dir in der Menge hinterherlaufen, um dir von hinten an die Eier zu fassen. Die dich unter die Brücke ziehen wollen, ums da zu treiben. Dass auch so einer ich zu sich sagt!
„Dreißig.“ Es kostet keine Überwindung, aufzurunden.
„Oh. Ich dachte: neunzehn.“
Pascal lacht oder hustet wie entschuldigend, ohne den Mann anzusehen. Er hat ihn im Augenwinkel, und es stimmt, er ist schmächtig.

Sie überholen niemanden, kaum einer kommt entgegen. Rechts und links ist wenig zu erkennen, es ist dunkel, er sieht es nicht genau, anscheinend Wald. Die Sonnenblende wippt schief im Gelenk.
Ein Straßenschild, und wieder eins: Béziers. Zweimal. Unverändert rechts ab.
Ein absurdes Bild steigt vor ihm auf: Wie der Mann seinen Körper danach und noch diese Nacht ins Meer wirft, dort bei den braunen Klippen. Wie sie dann alle kommen, Mutter! Vater!, suchend herumgehen und niemanden mehr finden. Es ist Unsinn und der Spuk bleibt nicht lang. Pascal wünscht nur, dass auch die Hitze, die ihm ins Gesicht gestiegen ist, ihn wieder verlässt.
Der Mann schaut ihn groß an, schaut wieder voraus auf die Straße, dann wieder herüber zu ihm: „Ich bin kein Strizzi.“
Es tönt fast echt, als Pascal erneut lacht statt einer Antwort. Das erleichtert, obwohl es klemmt zwischen Brust und Kehle. Angst? Kein Gedanke. Haha. „Nur weil …ähm…“ An die Stelle von Worten setzt er eine beidhändige, weit ausgreifende, undeutlich erklärende Geste. Man fragt sich nur eben, so erläutert die Geste: Da geht es zum Ziel, fragt man sich. Warum biegt einer dann nicht ab. Man interessiert sich, das ist alles. Pascal sieht seine wedelnden, abwiegelnden Hände vor seinem Gesicht als gehörten sie nicht mehr zu ihm, und dann muss er denken, wie lange er sie noch frei wird bewegen können. Er will raus.
„Verstehe“, sagt der Mann entgegenkommend.

Dann klackert der Blinker und sie biegen ab, wirklich auch rechts. Aber jetzt ist da nichts mehr, kein Leitpfosten, kein Schild. Die Räder rumpeln über Kopfsteinpflaster. Am Straßenrand eine lange Mauer ohne Tor, dann wieder nichts als Gebüsch, das an der Karosserie kratzt. Auf dem Beifahrersitz Pascal: Schlank, sportlich, groß gewachsen. Klebrige Finger, pochender Puls. Die Pupillen geweitet, das kommt vom Dämmerlicht. Er ist jung, gesund, nur das Herz schlägt zu schnell. Er kann noch viele Jahre leben.

Ein heftiger Drang ergreift ihn aus der Mitte seines Körpers. Es erscheint ihm mit einem Mal verlockend wie ein befreiendes Weinen, allen Anstand fahren zu lassen, sich zu erniedrigen, bloßzustellen, und den Mann um Schonung anzuflehen. Sich im Betteln mit ihm gemein zu machen. Loszulassen, die starre Anspannung über Bord zu werfen, etwas tun, wenigstens heulen wie ein Kind oder ein Tier. Er bleibt aber still, atmet nur tiefer, noch hält der Damm.

Dann ist es vorbei. Wie wenn du vom Sprungturm springst und dann ist unten das weiche Wasser. Wenn du fällst ohne Boden, und der Fallschirm öffnet sich. Lichter sind da: Straßenlaternen, Behausungen. Leichtes, fröhliches Dasein rundum. Gleich sind sie oben am Platz bei der Kathedrale. Wie klein die Stadt ja doch ist! Da drüben sieht Pascal auch das Hotel, schlicht, billig, zentral, er deutet darauf. Einen Augenblick lang ist es eine neue Geburt. Im nächsten Moment schon war es nie anders. Das Auto steht noch nicht, da ist bereits alles Böse aus seiner Nähe abgefallen, lachhaft und unecht geworden, kaum schon mehr denkbar.

Pascal hat den Rucksack aufgesetzt, beugt sich zum Abschied wieder ins Auto hinein, quer über den Beifahrersitz ein letztes Mal zu dem Mann, gibt ihm die Hand und drückt fest, jetzt endlich doch von großer Dankbarkeit erfüllt für alles, was ihm nicht geschehen ist. Der Mann schaut Pascal lange an, als wollte er sich sein Bild für immer einprägen. Er weiß, dass es nicht erlaubt ist, dem Jungen noch einmal, auch nur zum Abschied, zart über die Wange zu streichen, und er reibt sich nur selbst mit dem Handballen an der Schläfe. „Bonne Chance“, sagt er dann, und reißt sich los.

Pascal schlendert über den erleuchteten Platz zum Fastfood, Leuchtreklame weist ihm den Weg. Beim Gehen summen ihm plötzlich die Knie, während doch alles schon so fern, so vorbei ist und die geschäftige Zivilisation den Mensch längst wieder hat.
In den weißgekachelten Raum und ins Licht tritt er, steht dann an der Theke und nennt seinen Wunsch. Lässig steht er da, eine Hand am Tresen, einen Fuß auf der Stufe eines Barhockers, sicher und gewöhnlich, als sei es wie jeden Tag. An einem Tisch in der Ecke kauert ein Mann mit verlebtem Gesicht und wischt träge über sein Smartphone. Ein Siebzehnjähriger steht breit in der Tür, jetzt kommen auch seine Freunde und stellen sich forsch und federnd mit ihm in der Reihe an. Jemand setzt sein Glas auf den Tisch und wird wohl gleich gehen. Der Stolz des Abenteurers wirft einen unbestimmten Abglanz auf Pascal, der einen erhabenen Moment hat, als ihm klar wird, wie sie alle hier nicht ahnen, dass er eben noch hart am Abgrund gestanden hat.
Der Mann hinter der Theke reicht ihm den Burger. Es schmeckt nicht gut, aber vertraut.
Pascal denkt wehmütig an das Mädchen, deren Bild jetzt verblasst.

Der Mann mit den schlechten Zähnen ist unterdessen auf dem Weg nach Hause. Er muss denselben Weg zurück. Er biegt auf die Schnellstraße ein, drückt die Sonnenblende in die Verankerung und legt dann schwer die Hand auf den leeren Beifahrersitz. Für einen Moment schließt er die Augen und spielt mit dem Gedanken, sie einfach nicht mehr zu öffnen, so lange, bis etwas passiert. Aber das wagt er nur, weil er genau weiß, er könnte es gar nicht, selbst wenn er wollte.

 

Hallo erdbeerschorsch,

schon nach den ersten Absätzen hat mich deine Geschichte an "Der talentierte Mr. Ripley" erinnert. Nicht inhaltlich, aber sprachlich. Innerhalb weniger Sätze hatte ich ein Gefühl für den Hafen, die Steilküste, den Strand, den Sommer, vor allem da ich als Kind oft Urlaub in der Nähe von Béziers gemacht habe, da Richtung Cap d'Agde. Diese Stimmung hast du gut heraufbeschworen.

Auch die Gedanken an das Mädchen, diese leichte Melancholie über einen möglicherweise verpassten Moment und die Hoffnung darauf, dass das Schicksal diese verpasste Chance noch einmal zurückholt, fand ich gut und nachvollziehbar beschrieben. Deine Sprache hat etwas Verträumtes.

Die Szene im Auto war mir dann teilweise zu umständlich, zu langatmig und zu langsam geschrieben. Diese dunkle Ahnung, vielleicht sogar Angst, die er empfindet, die habe ich gespürt. Nur konnte ich mich irgendwie nicht darauf einlassen, weil dein Protagonist dann doch sehr darum herum geredet und philosophiert hat. Hier wäre ein bisschen mehr Tempo vielleicht gut.

Alles in allem mochte ich aber den Klang deines Textes und habe ihn gerne gelesen.
Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo erbeerschorsch,

Deine Geschichte war schon am Anfang packend wegen der schönen Ortsbeschreibung. Dieses Gefühl von italienischem Strandurlaub hast du, finde ich, sehr gut vermittelt.

Es gibt aber ein paar Dinge, die ich nicht verstehe:
Warum beginnt deine Geschichte nicht gleich mit der Fahrt? Davor wird beschrieben, wie Pacal so ein Mädchen sieht und so weiter, aber was hat das mit der Handlung zu tun? Ich habe irgendwie das Gefühl, dass deine Geschichte erst so richtig mit der Fahrt anfängt, auch wenn die Szene mit dem Mädchen schön beschrieben ist.
Wurde jetzt der Pascal vergewaltigt? Hier verlierst du dich, finde ich, ein bisschen zu sehr in Anspielungen. Ich hätte es gerne direkter gesagt gehabt :D

Wie RinaWu finde ich auch, dass du ein bisschen zu sehr in der Fahrtszene um den heißen Brei herumredest. Der Pascal hat Angst vor einer Vergewaltigung. Da will ich doch nichts von Zähnen lesen. Hättest du da konkreter formuliert, glaube ich, wäre es schöner gewesen.

Die Atmosphäre konntest du aber gut vermitteln. Vermutlich hast du dich auch bei dieser Geschichte hauptsächlich auch darauf konzentriert.

Ich konnte im Übrigen keine Rechtschreibfehler ausmachen. Großes Plus.
Gerne gelesen
Liebe Grüße,
alexei

 
Zuletzt bearbeitet:

Zwischen

Er führt die Augen entlang dem Wellensaum, schaut im letzten Moment nur auf und tatsächlich begegnet er ihrem Blick noch knapp. Und öffnet sie nicht den Mund, als sie ihn ansieht und leckt sich die Lippen? Hebt sie nicht die Hand? Sie will etwas sagen! Da ist er an ihr vorbei. Er nimmt ihr Bild mit sich, um an sie zu denken heute Nacht, sie heimlich mit sich zu vereinigen, wenn er allein ist. Sie wird ihm fehlen.
und dem
Pascal hat schon den Rucksack aufgesetzt, beugt sich zum Abschied wieder ins Auto hinein, quer über den Beifahrersitz ein letztes Mal zu dem Mann, gibt ihm die Hand und drückt fest, jetzt endlich doch von großer Dankbarkeit erfüllt für alles, was ihm nicht geschehen ist.
haben wir teil an den gegensätzlichen Gefühlswelten des Verliebtsein und Angst vor dem Fremden, der doch gleichzeitig eine eigene Gefühlswelt hat und dabei ein gutmütiger Kerl ist, der - aus welchen Gründen auch immer - und sich nicht scheut, einen doppelt so langen Weg zu nehmen, als er eigentlich braucht. Das ist wunderbar beobachtet und niedergeschrieben, aber alexeimuss ich leider enttäuschen, schon mit dem Hemd
Ha[...]waiihemd
, es sind jedoch zumeist Flüchtigkeiten, dass ich mich frage,

erdbeerschorsch,

wovor Du fliehst oder Dich zu einem allzu schnellen Einstellen dieser spannenden Liebesgeschichte (P., das Mädchen, an das er denken muss, und auch der Fahrer, der vielleicht nur ein bisschen Nähe/(Be)Rührung sucht.

So[...]viel Zeit darf er sich an diesem Nachmittag lassen.
(Soviel ich weiß, ist dieses so viel keine Konjunktion, abereine unbestimmte Mengenangabe und auseinanderzuschreiben)

Ob[...] er sie fotografieren könne,

Das [er]scheint ihm alles ganz neu, ...
(Mein Deutschlehrer vor einem halben Jahrhundert auf der Realschule behauptete immer, nur die Sonne scheine.Und er hatte Recht: Selbst der Mond leiht sich sein Licht, eben von der Sonne. Und wie beim "brauchen" gilt auf einmal die Volksweisheit, wer brauchen ohne zu gebraucht, braucht brauchen gar nicht zu gebrauchen. I. d. R. ruft "scheinen" nach dem Infinitiv. Da gerät dann auch die Philosophie des Schein und Sein in den einfachsten Satz.
Die Dudenredaktion umgeht das Problem: Sie setzt die Vorsilbe "er..." vors "scheinen".[weiter unten wendestu erscheinen an].
Ganz deutlich weiter unten beim "Wald" ist der Ruf nach dem Infinitiv zu hören.
Das Problem taucht aber nicht nur da wieder auf. Musstu noch mal durchgucken.)

Das Leben reicht zurück, so[...]weit die Erinnerung reicht.
(Soweit ich weiß ..., ählich wie zu "so/viel", diesmal unbestimmte räumliche/zeitlich Angabe)

Pascal aber geht leichtfüßig, wie wenn er die von vorhin neben sich mitführte und seine und ihre Hand im Rhythmus der Schritte mitschwingen ließ[e].
(Wie in "führte" korrekt dargestellt, endet der Konj. II auf "e" [wie idR im Konj. I], eine Methode, um ihn vom Prät. zu unterscheiden, sofern's keine Umlautung gibt. Altarnatv natürlich Apostroph)

Von hinten leuchtet immer noch die tiefergehende Sonne. Der Duft der Wiese mischt sich mit dem Duft von Salz, das ihm auf der Haut liegt.
(Am Meer ist vllt. die "sinkende" Sonne eleganter ...)

Frei und leicht geht er, wie eingewoben in ein beginnendes Glück, als sei das Mädchen noch immer neben ihm, als streife der Stoff ihres Sommerkleids seine Fingerspitzen.
(M. E. besser Konj. II, denn da wird ja keine Rede referiert.)

Pascal meint[,] den Asphalt zu riechen[,] und hält den Daumen auf Hüfthöhe.

Die Autos kommen die Böschung herauf, sind schnell. Man sieht ihn spät und hat dann in der beginnenden Kurve nur den Seitenstreifen.
("Die Autos ... Man sieht ihn spät ...," Beides Singular oder eher Plural)

Es gibt diese Möglichkeit: Wenn das Mädchen von vorhin vorbeikäme mit ihrer Clique. Derartige Zufälle hat es hier und da gegeben. Wie das wäre, wenn ein Auto hielte, dann eine Tür aufginge, und er muss sich dann zu ihr und ihren Freundinnen hineinzwängen, ganz dicht neben das Mädchen, weil eigentlich kein Platz mehr frei ist. Der Wunsch gewinnt Kontur, drängelt sich vor, als könnte man mit ihm etwas erreichen.
(Warum Indikative in einer reinen Vorstellung, Phantasie?)

Oder aber: wenn niemand ihn mitnimmt wird er umkehren müssen, ein Zimmer finden für die Nacht. Und dann wird er sie vielleicht dort wieder treffen, die eine. Sie werden sich gegenüberstehen, werden verstehen müssen, dass das Schicksal es nicht anders wollte, werden lachen und dann sich gehören für diese Nacht, ohne an eine Zukunft denken zu müssen. Fast wünscht er, dass niemand hält.
Besser Konjunktiv ...

„Monte, je te ramene[.]“
(Jetzt - ich hab den Text hier ins Eingabefeld kopiert und arbeite ihn von oben bis unten ab und bin mir nicht sicher, ob da nicht überm Verb ein accent fehlt. Solltestu selber schau'n.)

Ihre Füße[...] dicht neben seinen ...
(Neben der kleinen Flüchtigkeit auch hier die Spannung zwischen Potentialität und Aktualität [naja, Paul Tillich schleicht gerade an mir vorbei])

... ein wohl entschuldigendes Gemurmel war vielleicht zu hören gewesen und hat ...
(lass das "gewesen" weg, klingt immer wie verwesen ...)

, aber mit einem[...M]al weiß man nicht mehr, was kommen wird.
Das sind Leute, die dir in der Menge hinterherlaufen[,] um dir von hinten an die Eier zu fassen.

„Verstehe“[,] sagt der Mann entgegenkommend.

Sehr gern gelesen vom

Friedel

Der Mann schaut Pascal lange an[,] als wollte er sich sein Bild für immer einprägen.

Der Mann mit den Zähnen ist unterdessen auf dem Weg nach Hause.
(Hört sich seltsam an, als hätten nicht die meisten Männer Zähne ...)

Nachtrag, nachdem ich nun auch den Beitrag von RinaWu gelesen hab und eine entgegengesetzte Haltung einnehme: Dem sich Ängstigenden wird der Raum eng. Schon die klangliche Ähnlicheit von Ängsten und (am) engsten weist darauf hin, und zugleich zieht sich die Zeit dahin und wäre sie noch so kurz. Selbst die berühmte Schrecksekunde hat ja ein längeres Nachspiel im Herbibern, weichen Knien etc. Letztere sind dann - kurios genug - auch beim Verknalltsein am Anfang der Liebe zu spüren.

Jetzt ist aber genug!

Tschüss!

 
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Liebe RinaWu,

freut mich, dass du vorbeischaust. Den talentierten Mr. Ripley kenne ich nicht, auch die Autorin, Highsmith, nur dem Namen nach, aber ich habe trotzdem den Verdacht, dass ich mich über den Vergleich freuen darf :)


Innerhalb weniger Sätze hatte ich ein Gefühl für den Hafen, die Steilküste, den Strand, den Sommer, vor allem da ich als Kind oft Urlaub in der Nähe von Béziers gemacht habe, da Richtung Cap d'Agde. Diese Stimmung hast du gut heraufbeschworen.
Genau, Cap d'Agde, Volltreffer. Schön, dass man das erkennt, wobei Béziers allerdings auch schon die Fährte legt. Dennoch eine schöne Sache.

Die Szene im Auto war mir dann teilweise zu umständlich, zu langatmig und zu langsam geschrieben. Diese dunkle Ahnung, vielleicht sogar Angst, die er empfindet, die habe ich gespürt. Nur konnte ich mich irgendwie nicht darauf einlassen, weil dein Protagonist dann doch sehr darum herum geredet und philosophiert hat. Hier wäre ein bisschen mehr Tempo vielleicht gut.
Ja, kann gut sein. Ich hatte das Gefühl, es sollte nicht allzu schnell umschlagen, aber selbst wenn das nicht verkehrt sein sollte: Mehr Tempo geht ja trotzdem.

Schönen Dank fürs Lesen und für den Kommentar!
Besten Gruß
erdebeerschorsch

Hi alexei,


Deine Geschichte war schon am Anfang packend wegen der schönen Ortsbeschreibung.
Danke, freut mich das ich damit bei dir landen konnte!


Es gibt aber ein paar Dinge, die ich nicht verstehe:
Warum beginnt deine Geschichte nicht gleich mit der Fahrt?
Eine berechtigte Frage. Ich probiere hier das eine oder andere aus, und ich will jetzt in den Antworten auf deine Fragen mal nicht zu viel erklären, so dass man, falls noch jemand kommentieren will, möglichst unvoreingenommen bleibt. Aber soviel kann ich sagen: Die Fahrt könnte eine Geschichte für sich sein, stimmt. Es gibt fast zwei Geschichten in einer:
Davor wird beschrieben, wie Pacal so ein Mädchen sieht und so weiter, aber was hat das mit der Handlung zu tun?
Ich hatte da schon eine Idee, aber jetzt will ich vor allem wissen, ob es Leute gibt, die das Ganze als eine Geschichte erleben. Ich zähle also schonmal deine Stimme dagegen. Eine wichtige Info!

Wurde jetzt der Pascal vergewaltigt? Hier verlierst du dich, finde ich, ein bisschen zu sehr in Anspielungen.
Nein, nein, der ist davongekommen. Das hätte ich allerdings für klar gehalten. Mal sehen, ob dazu noch jemand was sagt.

Der Pascal hat Angst vor einer Vergewaltigung. Da will ich doch nichts von Zähnen lesen.
Interessant, das stört also - vielleicht nicht nur dich.

Die Atmosphäre konntest du aber gut vermitteln. Vermutlich hast du dich auch bei dieser Geschichte hauptsächlich auch darauf konzentriert.
Ich will mal so sagen: Ich hatte da so eine Idee, bin damit aber nicht so ganz zurecht gekommen und habe sie nicht so deutlich ausgeführt, wie zwischendurch beabsichtigt. Dann dachte ich mir irgendwann: Zeit, das Ding rauszuhauen und einfach mal zu kucken, was passiert. Mal schauen, ob es reicht. Und dann habe ich gedacht,wenn ich schon mit etwas Halbgarem komme, sollte wenigstens das Drumherum einigermaßen stimmen. Insofern hast du mit deiner Vermutung ganz recht.

Gerne gelesen
Freut mich - wie überhaupt, dass du vorbeischaust!
Herzlichen Dank und besten Gruß
erdbeerschorsch

Und dann geschwind noch Dank und Gruß an den Friedel hinterhergeschoben, ich bessere gleich mal aus, später mehr!

 

Ich hatte da schon eine Idee, aber jetzt will ich vor allem wissen, ob es Leute gibt, die das Ganze als eine Geschichte erleben.
Auf jeden Fall lese ich das als eine Geschichte! Würdest du den Anfang wegkürzen, wäre ich darüber traurig, denn gerade der Anfang hat mich reingezogen, sowohl in die Geschichte, als auch näher zu deiner Hauptfigur. Ich kann ehrlich gesagt schwer beschreiben, warum das so ist, aber für meinen Geschmack wäre die Geschichte unvollständig ohne den Anfang und das Mädchen.

Und noch eine kleine Anmerkung: dass hier keine Vergewaltigung stattfindet, war für mich klar. Übrigens hier auch einer meiner Lieblingsabsätze:
Dann ist es vorbei. Wie wenn man vom Sprungturm springt und dann ist unten das weiche Wasser. Wenn man fällt ohne Boden, und der Fallschirm öffnet sich. Lichter sind da: Straßenlaternen, Behausungen. Alles leichte und fröhliche Welt. Gleich ist man oben am Platz bei der Kathedrale. Wie klein die Stadt ja doch ist! Da drüben sieht man auch das Hotel, schlicht, billig, zentral, Pascal deutet darauf. Einen Augenblick lang ist es eine neue Geburt. Im nächsten Moment schon war es nie anders. Das Auto steht noch nicht, da ist bereits alles Böse aus seiner Nähe abgefallen, lachhaft und unecht geworden, kaum schon mehr denkbar.
Treffender hätte man dieses erleichterte Gefühl nach einer drohenden Gefahr nicht beschreiben können!

Liebe Grüße
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber erdbeerschorsch,

jetzt habe ich also auch eine deiner Geschichten gelesen, und das erste, was ich dir sagen will, ist: Chapeau. Echt.

Du nimmst dir Zeit für Atmosphäre, viel Zeit, leuchtest in alle Winkel. Das hat echte Magnetwirkung, zumindest auf mich.

Da sind Passagen drin, die sind brilliant geschrieben. Nur an einigen Stellen, da ist es, ich weiß nicht genau, zu viel irgendwie.

Er steigt über die Leitplanke, pflanzt sich auf. Der Wind weht lau. Grillen kreischen im Ginster.

Irgendwie ist das zu viel des Guten. Da lässt du deinen Prota stilistisch einen Schritt zu weit gehen, und für mein Empfinden stolpert er dabei auf fast komische Weise, bildhaft gesprochen. Bei den kreischenden Grillen musste ich kurz kichern, weil ich an Loriots taubtrüben Ginst im Musenhain denken musste.

Er lässt sich durch die Menge treiben, ohne viel zu säumen.

Also an einigen Stellen hebt deine Sprache einfach ab. Das ist zu viel. Für meinen Geschmack. Und das finde ich schade, weil du das feine Beobachten saugut drauf hast, also echt. Respekt.

Jetzt hast du da mehrere Stränge drin.
Die Sache mit seinem Vater, also der Grund, weshalb er überhaupt da ist.
Die Begegnung mit der jungen Frau.
Die Begegnung mit dem Zahnmann, der den Weg wahrscheinlich regelmäßig fährt, in der Hoffnung, ein Mal nicht abgewiesen zu werden.
So eine Wiedergeburt Pascals (die zweite, von der in der Geschichte die Rede ist; die erste muss mit seinem Vater zu tun haben, was genau, kann ich nur erraten, ist er damals ertrunken?) am Ende, wenn er unbeschadet aussteigt.

Also da hat man die Frau, die alles haben kann, ohne etwas dafür zu tun, und den Zahnmann, der alles tun könnte und doch nichts bekäme -- und Pascal mittendrin.

Die Passage im Auto hast du phänomenal beschrieben, Pascals Ängste genial beschrieben, da ist nichts zu lang. Selbst diesen Schreckmoment hast du auf eine Weise eingefangen, wow, genau so läuft das doch: Was da gerade passiert ist, begreift man nur langsam, man rekonstruiert, versichert sich, zweifelt an sich selbst, fragt sich ständig: Kann das sein? Fantastisch.

Großes Lob. Hör bloß nicht auf mit dem Schreiben. Und verrat mir, was das mit der ersten Wiedergeburt auf sich hat. :)

PSS

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedrichard,

gleich komme ich endlich dazu, dir auf deinen Kommentar zu antworten, aber zuerst muss ich einen Schritt zurück bzw. vor gehen und

RinaWu für ihr zweites Einhaken danken! Das hat mich wirklich gefreut, wie du, liebe RinaWu, meine Frage, die sich als Antwort auf alexei ergeben hat, so schnell und dazu so nachdrücklich beantwortet hast! Es ist halt immer auch schön, finde ich, wenn jemand noch ein zweites Mal hinschaut. Herzliche Dank. Und auch ich werde übrigens ohnehin noch mal in deinem Maskenball - jetzt ohne Maske - mittanzen. Bis dann also!

So, lieber Friedel, einen großen Dank zuerst für deinen ausführlichen Durchgang. Die meisten Flüchtigkeiten sollten, wie bereits versprochen, korrigiert sein. leider muss ich gestehen, dass solche Fehler nicht direkt aus Übereilung entstehen. Ich übersehe leider immer etwas, da kann ich den Text noch so häufig durchgelesen haben.

Ganz deutlich weiter unten beim "Wald" ist der Ruf nach dem Infinitiv zu hören.
Das war allerdings Absicht. Es ist eine Ellipse: Es scheint Wald zu sein. Ich fand das aus irgendeinem Grund passend. Vielleicht finde ich eine andere Formulierung. Ungewöhnlich ist nicht immer verkehrt, aber übers Knie gebrochen muss auch nicht sein.


"Die Autos ... Man sieht ihn spät ...," Beides Singular oder eher Plural
Interessant! Das hatte ich zuerst so: Die Autos ..., sie sehen ihn spät" - irgendwann ist mir aufgefallen, dass Autos nichts sehen. Deswegen habe ich das geändert. Jetzt ist die Frage: lieber logisch oder lieber harmonisch? Schwer zu entschieden, finde ich.


Warum Indikative in einer reinen Vorstellung, Phantasie?
Die Phantasie steigert sich, sie versucht, das gewünschte Ereignis herbeizuzitieren. Also auch Absicht, aber mir noch unklar, ob das eine akzeptable Idee ist.


(Neben der kleinen Flüchtigkeit auch hier die Spannung zwischen Potentialität und Aktualität [naja, Paul Tillich schleicht gerade an mir vorbei])
"Die Füße dicht neben seinen könnte sie..." war als Partizipialkonstruktion gedacht, so wie "die Jacke zugeknöpft geht er..." Nach seinen dürfte sicher ein Komma, dann setz ich mal lieber eins. Aber muss es auch? Eine andere Frage ist, ob die Konstruktion nicht zu geschraubt ist...
((EDIT: Quatsch: Partipialkonstruktion :sconf: Die Parallele wäre natürlich: "Die Jacke um seine Schultern, geht er..." Wie heißt so was noch mal? Ich würde es als elliptischen Partizipialsatz (oder so) deuten, dabei hat das Kind aber doch sicher einen eigenen Namen?!))

lass das "gewesen" weg, klingt immer wie verwesen ...
Hm, hm: da stecke ich in einem Zwiespalt. Einerseits sehe ich den Einwand. Andrerseits ist die Vorzeitigkeit dann nicht mehr da. Nun muss sie natürlich nicht da sein, die Entschuldigung kann auch gleichzeitig zu hören sein - es ist eine erfundene Geschichte, also bin ich da frei. Sie "war vielleicht zu hören gewesen" - da ist die Erinnerung unklar, nicht unbedingt das Hören. Den Unterschied möchte ich ganz gern behalten, ich lasse die Stelle erst einmal so.


Sehr gern gelesen
Das freut mich!

Hört sich seltsam an, als hätten nicht die meisten Männer Zähne ...
Stimmt, eine Verlegenheitslösung, wenngleich sie einen Grund hat. Man soll ja gleich wissen, wer gemeint ist. "Der Mann" schien mir uneindeutig, "der Fahrer" auch, denn er ist es streng genommen nicht mehr. Man sagt ja manchmal so was: "Der mit dem Bein" - und dann ist der mit dem gebrochenen Bein o.ä. gemeint. Mal sehen, was mir einfällt.

Vielen Dank und besten Gruß - und irgendwann vervollständige ich noch meinen Durchgang durch deine Krimskrams-Geschichte, hab das im Blick und nicht vergessen
erdbeerschorsch

 

Lieber Purersternenstaub,

ja dann: ganz herzlichen Dank für den schönen Kommentar! Natürlich freut mich dein Gegenbesuch besonders, weil mir ja auch deine Geschichte besonders gefallen hat. Deinen Warnhinweis:

Nur an einigen Stellen, da ist es, ich weiß nicht genau, zu viel irgendwie.
nehme ich ernst.

Er steigt über die Leitplanke, pflanzt sich auf. Der Wind weht lau. Grillen kreischen im Ginster.
Irgendwie ist das zu viel des Guten. Da lässt du deinen Prota stilistisch einen Schritt zu weit gehen, und für mein Empfinden stolpert er dabei auf fast komische Weise, bildhaft gesprochen. Bei den kreischenden Grillen musste ich kurz kichern, weil ich an Loriots taubtrüben Ginst im Musenhain denken musste.
Oh, peinlich. :Pfeif: Aber schon auch lustig. An sich finde ich das Kreischen nicht verkehrt, diese Grillen sind ja wirklich laut, sie kreischen wie eine Säge. Dramatischer habe ich mir das gar nicht gedacht. Trotzdem kann es so wirken. (Da fällt mir ein: Neulich bin ich tatsächlich mal in so einer Art Dschungel spazieren gegangen, da gab es allerdings gepflasterte Wege und Geländer und so was, also nicht die pure Wildnis, und dann dachte ich mir: Ah, da unten fräst einer am Metall herum, kam immer näher an die Stelle, dann war da aber keiner, immer noch keiner, und am Ende saß so eine Riesengrille am Baum. Genau, und ich hab noch gedacht: Diesmal ist es aber wirklich eine Maschine! Daher vielleicht auch die Idee mit dem Kreischen. Aber ich sehe schon, was du meinst).


Er lässt sich durch die Menge treiben, ohne viel zu säumen.
Also an einigen Stellen hebt deine Sprache einfach ab. Das ist zu viel.
Und nochmal danke für die Warnung! Ein Stück weit habe ich in diesem Text absichtlich einen Tick barocker geschrieben. Aber das heißt nicht, dass es das besser macht, und die Gefahr, abzuheben, die gibt es in jedem Fall.

Jetzt hast du da mehrere Stränge drin.
Die Sache mit seinem Vater, also der Grund, weshalb er überhaupt da ist.
Die Begegnung mit der jungen Frau.
Die Begegnung mit dem Zahnmann, der den Weg wahrscheinlich regelmäßig fährt, in der Hoffnung, ein Mal nicht abgewiesen zu werden.
So eine Wiedergeburt Pascals (die zweite, von der in der Geschichte die Rede ist; die erste muss mit seinem Vater zu tun haben, was genau, kann ich nur erraten, ist er damals ertrunken?) am Ende, wenn er unbeschadet aussteigt.
Es gefällt mir, wie du das siehst. Mit dem Vater habe ich mir ehrlich gestanden gar nichts weiter gedacht. Mit der "ersten Wiedergeburt" dachte ich mir einfach die Zeit, in der das Bewusstsein Kontur gewinnt, man langsam richtig spricht usw., eben so richtig in der Welt ist anstatt nur als Gefühlsbündel herumzuschwimmen (oder wie auch immer man den Zustand davor beschreiben will). Und an den Vater denkt er dann eben nur, weil er dabei versucht, diesen "Kindheitsvater" wieder vor Augen zu haben, der ja anders ist als der "Erwachsenenvater".
Aber ich finde es gar nicht verkehrt, eine andere Motivation zu ahnen. Ich lasse mich gern über meine Figuren aufklären, so wie du auch das:
Also da hat man die Frau, die alles haben kann, ohne etwas dafür zu tun, und den Zahnmann, der alles tun könnte und doch nichts bekäme -- und Pascal mittendrin.
in dieser Klarheit besser gesehen hast als ich selbst.

Die Passage im Auto hast du phänomenal beschrieben, Pascals Ängste genial beschrieben, da ist nichts zu lang. Selbst diesen Schreckmoment hast du auf eine Weise eingefangen, wow, genau so läuft das doch: Was da gerade passiert ist, begreift man nur langsam, man rekonstruiert, versichert sich, zweifelt an sich selbst, fragt sich ständig: Kann das sein? Fantastisch.
Danke! Ganz wichtig, weil das letztlich ein kleines Experiment gewesen ist, einfach, weil der normale Erzählfluss unterbrochen wird. Ich zähle bei solchen Stellen die Stimmen ganz besonders.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Liebe Bea Milana,

auch dir herzlichen Dank für's Vorbeischauen und für die Zeit! Wenn du dir ankuckst, wie ich teilweise in anderen Texten herumgrabe, kannst du dir schon denken, dass ich solche Scharmützel zu schätzen weiß. Ich melde mich später noch mal ausführlicher, denn dein Kommentar ist natürlich im besten Sinn anstrengender als manch anderer. Ich verstehe überall, was du meinst, kann aber trotzdem nicht alles abnicken. Da fängt es dann an zu knirschen und ich muss mich fragen, warum genau ich was mache. Wie gesagt, ich antworte dir ausführlicher, heute wird es zu spät.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
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Hallo erdbeerschorsch

Eine eigentümliche Leseerfahrung. Wahrscheinlich, weil ich als Jugendlicher viel mit Autostopp unterwegs war, was ist das für einer, der mich da mitnimmt, habe ich mich auch oft gefragt, manchmal war es ganz nett, aber manchmal fühlte ich mich sehr unwohl. Ist immer alles gut gegangen.

Wahrscheinlich wegen den Mädchen, die man, damals in dieser Zeit, nicht angesprochen hat: Die einem begegneten, von denen man dann träumte und man sich, so wie dein Protagonist, seltsame Zufälle und erneute Gelegenheiten herbeiwünschte - im Wissen, dass man auch diese nicht nutzen würde.

Wahrscheinlich wegen diesem Gefühl der Verlorenheit, Haltlosigkeit, kein Herumwirbeln wie ein Blatt im Wind, vielmehr ein Treiben in einem Fluss, aus dem du nicht aussteigen, dessen Richtung du nicht steuern kannst, und du versuchst dich festzuhalten, aber da sind bloss Dinge, die ebenfalls treiben. Wo ist Heimat?

Normalerweise nähere ich mich Texten eher rational, aber hier gelingt es mir nicht. Klar, ich kann mich purersternenstaub und Bea Milana anschliessen, da könntest du vielleicht etwas zurückfahren, mit einigen barocken Formulierungen und dem "man". Aber nach der Lektüre deines Textes kam es mir vor, als hätte ich geträumt, es kamen auch Bilder hoch, von Sardinien, wo ich mal alleine Urlaub gemacht habe, diese Stimmung am Meer. Das will ich jetzt nicht weiter analysieren, wollte dir aber zurückmelden, welche Kraft in deinem Text liegt.

Lieber Gruss
Peeperkorn

P.S. Der Titel. Der hätte mich beinahe davon abgehalten, den Text zu lesen. Und im Nachhinein: Will er mir erklären, worum es da alles geht? Ich würde etwas Atmosphärisches wählen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber erdbeerschorsch,

ich habe deine Geschichte schon vor ein paar Tagen gelesen und habe sie wieder zur Seite gelegt, weil ich mir Zeit lassen und sie ein bisschen sacken lassen wollte. Nun habe ich sie mir heute noch einmal vorgenommen und versuche mal, dir meine Gedanken, die ich beim und nach dem Lesen hatte, zu vermitteln.

Zuerst zu deiner Frage:

Ich hatte da schon eine Idee, aber jetzt will ich vor allem wissen, ob es Leute gibt, die das Ganze als eine Geschichte erleben. Ich zähle also schonmal deine Stimme dagegen. Eine wichtige Info!

Ich bin mir nicht völlig sicher. Zwar sind es zwei Episoden, die du skizzzierst, aber sie verbindet diese spezielle Atmosphäre, die du geschaffen hast, die in uns Bilder zurückruft an ähnlich Erlebtes, an ähnliche Begegnungen, an ähnlich empfundene Stimmungen. Du nimmst uns mit und zeigst uns, wie sensibel dein Protagonist die Handlungsorte wahrnimmt, wie genau er die Menschen, die ihm begegnen, beobachtet und beschreibt, und was er bei all dem empfindet. Das zieht mich als Leser in deine Geschichte und hält mich in ihr und es erscheint mir nicht so wichtig, ob ihre beiden Teile eigentlich nicht sehr viel miteinander zu tun haben.

Aber ich sehe auch ein paar Sachen, an die du vielleicht noch einmal herangehen solltest, bei denen mir noch ein bisschen Feinarbeit nötig scheint. Ich glaube jedoch, dies ist ein Text, beim dem sich das wirklich lohnen könnte.

Hier ein paar Anmerkungen, die ich mir beim Lesen notiert habe:

Die Sonne sticht vom weißen Verputz. Überall sitzen sie in den Cafés. Ein Geschäftsmann im Hawaiihemd hält eine Muschelkette in den Fingern und schaut sich wie ratsuchend um. Ein Kind dreht einen Postkartenständer. Eine Dame im gepolsterten Blazer wischt dem Gatten einen Krümel vom Mund. Unter gläsernen Vitrinen türmt sich Eis. Eine Feder wippt an einem Hut. Zwei schmale junge Leute, die sich seit heute kennen, küssen sich.

Für einen Moment erinnerte mich dieser knappe Stil an Salter und ich war skeptisch, ob der Autor (und auch ich) das durchhalten würde. Doch dieser Gedanke verflüchtigte sich zum Glück wieder.

Diese Spots am Anfang zeichnen präzise ein atmosphärisch dichtes, gut vorstellbares Gesamtbild. Nur eine Information passt für mich nicht: ‚die sich seit heute kennen’. Wer sagt das? Wer weiß das? Ein 'vermutlich' o.a. würde hier vielleicht helfen.

Und damit komme ich zu einem Problem, das ich hin und wieder beim Lesen hatte: die gewählte Perspektive. Ich habe mir an manchen Stellen die Frage gestellt, von welcher Warte her der Autor das Geschehen betrachtet. Meistens habe ich das Gefühl gehabt, dass es aus der Sicht Pascals dargestellt wird, manchmal versehen mit Bewertungen und Erklärungen.

Aber dann gibt es Stellen, wie diese:

Dann aber geht man am Ende der Fußgängerzone über eine Straße und steigt nur wenige Meter durch das Kliff eine Treppe nach unten, dort findet man einen schmalen Streifen Sand. Man steht und staunt: mit einem Mal ganz Wildnis, sobald man nur hinuntergestiegen ist.

Sind das hier Pascals ausformulierte Gedanken? Vielleicht solltest du das hier klarer kennzeichnen. Sonst wirkt es beim Lesen wie ein Fremdkörper, fast wie eine Stimme aus dem Off.

Hier eine ähnliche Stelle weiter unten:

Man fragt sich nur eben, so erläutert die Geste: Da geht es zum Ziel, fragt man sich. Warum biegt einer dann nicht ab. Man interessiert sich, das ist alles.

Wer spricht hier?

Er ist angekommen, am Anfang von allem. Er kennt das alles noch, genau so: Den (den) wie hingeflossenen geschichteten Fels, die Abbruchkante der Grasnarbe darüber. Den (den) Sand und das Meer, die hier ihre Namen bekommen haben.

Ich glaube zu wissen, was du meinst und es entsteht bei mir auch ein Bild, aber ich halte diese Formulierung für ein wenig technisch. (Kann aber an mir liegen.)
Und haben hier wirklich Sand und Meer ihre Namen bekommen?

Trotzdem gehört das hier herum mehr zu ihm, als alles, was später kam und etwa Anspruch auf Heimat oder Zuhause machen wollte. Das Leben reicht zurück, so weit die Erinnerung reicht. Seins hat hier begonnen.

Eine sehr schöne Stelle. Da findet jemand den Platz seiner Jugend wieder, erinnert sich, sucht nach Bekanntem. Leider bleibt das hier für sich stehen, wird während und am Ende der Geschichte nicht noch einmal aufgenommen, verliert dadurch für mein Empfinden etwas von seiner inhaltlichen Kraft.

Sonst weiß er nichts Genaues mehr: Der Ort, die Dinge sind da. Sie haben eine Bedeutung, ragen in ihn hinein und bringen gleichwohl nichts mehr ans Licht.
Ich glaube, ich verstehe diesen Satz, mag ihn aber nicht. Ich finde ihn zu bemüht, zu sehr auf Wirkung zielend, ganz nahe am Geschwurbel. Deine klare Sprache des Anfangs hat mir gefallen. Solche Sätze (und es gibt noch ein paar davon) konterkarieren deinen dort aufgestellten sprachlichen Anspruch. (Natürlich nur für mein Empfinden.)

Als sie herüberschaut, sieht er hastig wieder den flachen Wellenschlag über seine Füße streichen.
Sieht er hastig? Oder meinst du, dass die Wellen hastig über seine Füße streichen?Irgendwie kann ich dieses 'hastig' nicht in Verbindung bringen zum flachen (vermutlich behäbigen) Wellenschlag.

Dann geht er wirklich auf die junge Frau zu, doch das hat nichts mit ihr zu tun, vielmehr muss er dort hinter ihr die Treppe hinauf.
Hier wird es mMn redundant, der Mittelteil erklärt sich doch aus dem folgenden.
Mir ist auch an anderer Stelle aufgefallen, dass du gerne solche Wörter wie z.B. ‚wirklich’ einschiebst. Würde der Satz nicht auch ohne dieses ‚wirklich’ funktionieren? Oder meinst du, dass er erst zögert und es dann doch tut?

Hier noch ein ähnliches Füllsel:

Wieder hinauf denn, wieder über das geleckte Pflaster und sein Gewimmel.
denn ?
Solche Verkürzungen können problematisch sein: ‚über das geleckte Pflaster’ ist ein schönes Bild. Aber muss er auch ‚über’ das Gewimmel des Pflasters?

Dann durch wenige Straßenzüge moderner, mondäner, schick und gewöhnlich scheinender Wohnquartiere.

Mondän und gewöhnlich. Zwei Bewertungen, die sich für mein Gefühl widersprechen. Es entsteht bei mir deshalb kein eindeutiges Bild dieser Straßenzüge; die eine Eigenschaft hebt die andere auf.

Das Rauschen der Autos von der Schnellstraße gibt ein Gefühl von Weite.
Ich mag diese ‚von’-Formen nicht. Natürlich klingt auch ein doppelter Genitiv recht gestelzt. Vielleicht kannst du die ‚Schnellstraße’ schon vorher erwähnen?
Hier springst du aus der Pascal-Perspektive, indem du eine allgemeine Aussage triffst. Meinst du, dass es Pascal ein Gefühl von Weite gibt oder willst du ein allgemeines Phänomen beschreiben?

Pascal meint, den Asphalt zu riechen, und hält den Daumen auf Hüfthöhe.
Hier packst du zwei Sachen in einen Satz, die für mein Empfinden nichts miteinander zu tun haben. In dieser Reihung wirkt es so, als wäre das eine die Folge des anderen. Was spricht dagegen, mit einem neuen Satz zu beginnen: Er hält …

Halten darf man nicht, aber jemand wird es tun, das ist immer so.

Die Autos fahren zu schnell. Irgendjemand wird ihn dennoch mitnehmen, man kennt das.

Auch hier wieder dieses ‚man’. Wer spricht oder denkt hier?

Oder aber: wenn niemand ihn mitnimmtK wird er umkehren müssen, ein Zimmer finden für die Nacht.
Ganzer Satz: Wenn …

Es ist wie immer: Wenn es muss, geht es.
Hier geht es mir wie weiter oben: Ich frage mich, ob du hier die Gedanken deines Protagonisten wiedergibst oder allgemeine Wahrheiten verkündest? Solche Platitüden habe ich Pascal bisher allerdings nicht zugetraut.

Noch mal von vorn: Ist es so gewesen, dass der Fahrer seine Hand auf Pascals Schenkel gelegt und zärtlich darüber hinweggestrichen hat? Und dann hat doch Pascal einen Laut ausgestoßen, hat doch einen dieser Laute hervorgebracht, die man mehr sieht als hört, und hat die Arme gehoben, nicht hoch, als wollte er Ungeziefer abschütteln und mit derselben Absicht, die Hand auf seinem Bein nur ja nicht anzufassen.

Auch hier wieder: Wer spricht/ denkt hier? Oder ist es so, wie du es später sagst:

Für einen Moment ist er außen, sieht sich und den Mann wie von oben

Mich verwirrt das hier. Eventuell solltest du solche Sequenzen mit einem Einleitungssatz klarer einordnen.

Der Fahrer blinkt nicht. Schon sind sie vorbei.
Wie eben noch die bloßen Füße im Sand steckten, von den Wellen flach umspült: Ganz gegenwärtig scheint das. Als müsste man es packen und zurückholen können.

Er merkt, dass der Fahrer nicht abbiegt, was ihn ja eigentlich ängstigen müsste, denkt aber im selben Moment an seine Füße im Sand. Das kann ich in dieser Situation nicht so recht nachvollziehen.
In den weißgekachelten Raum und ins Licht tritt er, steht dann an der Theke und nennt seinen Wunsch.

Warum stellst du das Subjekt ans Ende des Satzes? Klingt mir hier sehr gewollt.

Ein Siebzehnjähriger steht breit in der Tür,
Wirklich? Nicht sechzehn oder achtzehn? Woher weiß er das?

Lieber Erdbeerschorsch, das sind einige Anmerkungen, die ich mir beim Lesen deines langen Textes notiert habe. Einige sind Korinthen und bei anderen kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein. Schau mal, was du damit anfangen kannst.

Fazit: Ich habe deine Geschichte mit großem Interesse und gerne gelesen. Dass sie im zweiten Teil Längen hat, haben dir auch andere schon gesagt. Aber mir gefällt sie über weite Strecken. Du beobachtest genau und es entstehen klare Bilder in meinem Kopf. Deinen Sprachstil mochte ich immer dann, wenn er klar und eindeutig war. Darauf solltest du achten und 'barocke Schwurbeleien’ möglichst vermeiden. Und auch deine Erzählerposition sollte für mein Gefühl noch klarer definiert sein.

Ich bin gespannt, wie sich deine Geschichte nach all dem, was auch die anderen schon dazu geäußert haben, weiterentwickeln wird. Das Lesen hat mir auf jeden Fall Spaß gemacht.

Liebe Grüße
barnhelm

Ps: Ich sehe gerade Peeperkorns Nachsatz. Ja, über den Titel solltest du wirklich noch mal nachdenken. Der ist auch für mein Gefühl eher nichtssagend; zumindest scheint er mir nicht den Kern deiner Geschichte zu treffen.

 

hi, erdbeerschorsch,

ist ne tolle Geschichte, die flutscht so durch, sehr schöne Sprache, augesucht aber verständlich. immer wieder Begriffe, die man nicht allzu oft liest, die den Text dadurch aufwerten, weil die sich auch gut in die Gesamtatmosphäre einpassen.
wirkt alles plausibel, hätte so oder so ähnlich stattfinden können. mir gefallen auch die Breaks. erst die Erinnerung, dann die Sehnsucht, das Treibenlassen und das Abenteuer -> zwar gesucht bzw geschehen lassen, aber wenn man drin steckt, denkt man trotzdem: shit haha, sehr schön das Spiel mit der Fantasie, was dem anderen zuzutrauen ist, wie man sich selbst in Ausnahmesituationen erlebt, was so eine Vorstellungskraft alles schaffen kann in kurzer Zeit, kürzester Zeit, wenn mal eine Handlung rausfällt aus dem Rahmen der Konventionen.
Titel ist nachvollziehbar, also das sind halt abstrahierte Bezeichnungen konkreter Vorgänge, aber ich wäre da eher für, den Ball flacher zu halten. das ist so groß gesagt, da hätte ich eine Luftnummer hinter vermutet und wenn ich dir in Kommentare nicht bereits begegnet wäre, hätte ich sicher nicht geklickt. ist freilich Geschmackssache, und andere haben da sicher eine andere Meinung zu. never jugde a book by it's cover. never judge a story by it's title. stimmt beides, Gewohnheitsleser wissen auch, dass sie positiv überrascht werden können, aber es sind trotzdem die ersten Kontakte mit dem potentiellen Leser. also ich fände einen schlichteren Titel besser, vllt einen mit Bezug zu dem Ort, das kann ja auch Neugierde wecken.
jedenfalls eine tolle Geschichte. die Sprache, die Stimmungen, die selbstverständlich scheinenden Überlegungen, es wirkt auch insgesamt ausgewogen. so bunt, vielfältig, stimmungsvoll. sehr gern gelesen.

Grüße,
Kubus

 

Nix zu danken,

erdbeerschorsch,

ich steh immer auf Seiten derer, die einen eigenen Kopf haben und ihn auch offen zeigen. Gleichwohl

Zitat Zitat von Friedrichard Beitrag anzeigen
Ganz deutlich weiter unten beim "Wald" ist der Ruf nach dem Infinitiv zu hören.
Das war allerdings Absicht. Es ist eine Ellipse: Es scheint Wald zu sein. Ich fand das aus irgendeinem Grund passend. Vielleicht finde ich eine andere Formulierung. Ungewöhnlich ist nicht immer verkehrt, aber übers Knie gebrochen muss auch nicht sein.

Ich will mal verdeutlichen was da geschieht in der jetzigen Form.
Rechts und links ist wenig zu erkennen, es ist dunkel, man sieht nicht genau, es scheint Wald.
, kurz
es ist dunkel, man sieht nicht genau, es scheint Wald.
die Gefahr, diese abschließende Ellipse zu vervollständigen, etwa der Art "es scheint der Wald", was natürlich nur ein Waldbrand bedeuten kann. Aber das Verb/Prädikat "scheinen" kann man auch i. S. des "es werde Licht" als Prädikat auffassen ("es scheint Licht") was tatsächlich ein alttestamentarisch korrekter Satz wäre. Es bieten sich zwo Lösungen an: Das "es" änder seine Position, etwa der Form "..., Wald scheint's" oder "scheinen" erhält nun zwar nicht die Vorsilbe "er" (wenn man nix sieht, kann einem auch nix so richtig "erscheinen", aber die Vorsilbe "an" kann das Problem lösen: "..., anscheinend Wald."

Zitat Zitat von Friedrichard Beitrag anzeigen
"Die Autos ... Man sieht ihn spät ...," Beides Singular oder eher Plural
Interessant! Das hatte ich zuerst so: Die Autos ..., sie sehen ihn spät" - irgendwann ist mir aufgefallen, dass Autos nichts sehen. Deswegen habe ich das geändert. Jetzt ist die Frage: lieber logisch oder lieber harmonisch? Schwer zu entschieden, finde ich.
Es geht also um das Adverb. "Man" steht meistens für eine einzelne Person (die man nicht persönlich und mit Namen anreden will, aber auch für "die" Leute - in diesem Fall "Fahrer". Wenn es niemand (selbst mich itzo) stört, stehnlassen!

Zitat Zitat von Friedrichard Beitrag anzeigen
Warum Indikative in einer reinen Vorstellung, Phantasie?
Die Phantasie steigert sich, sie versucht, das gewünschte Ereignis herbeizuzitieren. Also auch Absicht, aber mir noch unklar, ob das eine akzeptable Idee ist.
Wie zuvor, abwarten und Tee trinken.

Nicht so viel hineindenken, schorsch, denn die Sache mit "ihren Füßen" kann bis auf eine Stelle - eben der "Füße" bleiben, wie's da steht, denn im Text les ich imer noch

Ihre Füßen dicht neben seinen...

Zitat Zitat von Friedrichard Beitrag anzeigen
lass das "gewesen" weg, klingt immer wie verwesen ...
Hm, hm: da stecke ich in einem Zwiespalt. Einerseits sehe ich den Einwand. Andrerseits ist die Vorzeitigkeit dann nicht mehr da. Nun muss sie natürlich nicht da sein, die Entschuldigung kann auch gleichzeitig zu hören sein - es ist eine erfundene Geschichte, also bin ich da frei. Sie "war vielleicht zu hören gewesen" - da ist die Erinnerung unklar, nicht unbedingt das Hören. Den Unterschied möchte ich ganz gern behalten, ich lasse die Stelle erst einmal so.
Muss ich trotzdem drauf hinweisen, denn
Längst ist die fremde Hand wieder fort, ein wohl entschuldigendes Gemurmel war vielleicht zu hören gewesen und hat es ungeschehen machen sollen.
zeigt doch deutlich den Gezeitenwechsel auf
Längst ist ... wieder fort, ein wohl entschuldigendes Gemurmel war vielleicht ... und hat es ungeschehen machen sollen./QUOTE]

Zitat Zitat von Friedrichard Beitrag anzeigen
Hört sich seltsam an, als hätten nicht die meisten Männer Zähne ...
Stimmt, eine Verlegenheitslösung, wenngleich sie einen Grund hat. Man soll ja gleich wissen, wer gemeint ist. "Der Mann" schien mir uneindeutig, "der Fahrer" auch, denn er ist es streng genommen nicht mehr. Man sagt ja manchmal so was: "Der mit dem Bein" - und dann ist der mit dem gebrochenen Bein o.ä. gemeint. Mal sehen, was mir einfällt.
Vllt. "mit den schlechten/faulen Zähnen"?

Gruß und schönes Wochenende vom

Friedel

 

Liebe Bea Milana,

nun also die gestern vertagte ausführlicher Antwort auf deinen Kommentar:


... eine Yacht hat am Hafen.
Unklare Formulierung: Impliziert der letzte Zusatz, dass er eine Yacht am Hafen besitzt oder er Teil des letzten Touristenstroms ist?
Er fühlt sich als Teil des Schwarms, während er aber nur an diesem Tag und nur für den Nachmittag dort ist. Und der Schwarm hat eine Yacht am Hafen - das ist grob verallgemeinernd, klar. Ich könnte evtl. schreiben: "vielleicht eine Yacht hat am Hafen". Er fühlt sich als einer, auf den alles genannte zutrifft, er ist nur kurz da, aber genauso würde er dort herumlaufen, wenn er eine Yacht am Hafen hätte - stimmt ja nicht, aber er stellt sich das so vor. Mir kommt das immer noch akzeptabel vor. Ich lasse es vorläufig so.

Dann aber geht man am Ende der Fußgängerzone über eine Straße...
Warum schreibst du hier von ´man´? Das klingt beliebig. MMn nach wäre es besser, du würdest bei deiner Figur bleiben. Also: Pascal geht die Fußgängerzone herunter ...
Das gilt ja für alle: Hier ist das polierte Pflaster, wenn man dann dort über die Straße geht, kommt man zumStrandabschnitt. Ich wollte vermeiden, dass man Pascal auf Schritt und Tritt mit der Kamera folgt, deswegen habe ich das so gemacht. Auch das scheint mir immer noch akzeptabel, aber wenn ich die folgenden Kommentare richtig in Erinnerung habe, geht es mehreren Leuten wie dir.

Welche Namen? Das will ich unbedingt wissen! Bitte verrate sie uns doch, das klänge authentisch.
Hm, na, ihre eigenen, also "Sand" und "Meer". Vielleicht etwas zu pathetisch ausgedrückt, scheint mir fast so, während ich das erkläre. Er hat die Bedeutung der Wörter da gelernt, oder zumindest haben sie da zum ersten Mal einen richtigen, dicken Inhalt bekommen. So war das gemeint. "Die hier ihre Bedeutung bekommen haben" wäre etwas weniger pathetisch, gefällt mir aber irgendwie nicht. Etwas Drittes müsste her...

Man würde vor Rührung weinen wollen, wenn man nur genauer wüsste, warum.
Schon wieder ´man´. Es ist doch Pascal, der vor Rührung weinen könnte, also kannst du ihn ruhig nennen udn dich nicht hinter ´man´ verstecken. Und Pascal weiß auch warum.
Hier hat das "man" einen anderen Grund. "Verstecken" ist das Stichwort: er würde es nicht gerne zugeben. Und er weiß den Grund eben doch nicht so genau, weil das Gefühl der Verbindung mit dem Ort zwar stark ist, aber diffus bleibt. Mir scheint das zu passen. Komischerweise stört mich der Perspektivenwechsel selbst ach gar nicht.
(Trotzdem trage ich mich, was diese "man"-Stellen angeht, gerade mit dem Gedanken, eine Version herzustellen, in der sie alle wegkommen und das dann als Blogeintrag zu speichern. Manchmal muss man etwas probieren, um zu sehen wie es wirkt, meine Vorstellung reicht da im konkreten Fall nicht. Vielleicht habe ich dann sogar Glück und jemand kommt vorbei, um zu vergleichen. Sonst kann man so einen Entrat ja sicher auch wieder löschen.)

Naja, Trennungsschmerz ist etwas weit hergeholt für eine solch flüchtige Begegnung, aber gut ...
Ein bisschen dick aufgetragen, stimmt. Aber im Grunde gibt es das doch. Sicher gibt es ein passenderes Wort, ich muss es nur finden.

Aber er atmet sie doch ein, oder nicht? Der Satz ist widersprüchlich.
"Wenn" im Sinne von während - aber das stimmt auch nicht ganz, sie ist ja auch dann feucht und dicht, die Luft, wenn oder während er sie nicht einatmet. "Die" statt "wenn" wäre eine Lösung, gefällt mir nur nicht so ganz.


Unklar, auch im Kontext: Wer zieht gleichförmig dahin?
Na, die beiden im Auto. Aber du hast recht: Das war jetzt wirklich mal ein Verlegenheitssatz, mir gefällt er eigentlich auch abgesehen vom unklaren Bezug nicht ganz. Wird hoffentlich geändert, sobald ich Ersatz habe.

Da ist eine unnötige Dopplung und Betonung.
Ich verstehe den Einwand, aber das lasse ich so. Das ist eine der Stellen, von denen ich wissen will, wie sie wirken. Wenn ich das ändere, kann keiner mehr etwas dazu sagen. Ich zähle die Stimmen, deine also auf die "Geht-so-nicht"-Seite, ist gemerkt.


Vollständig füllt es aus. Was meint dieser Satz?
Die Bedrohung füllt ihn bzw. sein Denken oder Fühlen vollständig aus. Wäre wahrscheinlich nicht verkehrt, das so direkt dazuzusagen. Komisch, ich bin gar nicht darauf gekommen.

Es tut mir leid, ich kann mich mit deinem ´man´ nicht anfreunden. Weil es mich von deiner Figur entfernt. Wer ist ´man´?
Ja, wieder ein gutes Stichwort: Weil es dich von der Figur entfernt. Ich glaube, so etwas wollte ich sogar in gewisser Weise erreichen. Ganz sicher bin ich mir nicht. Da gibt es Momente, die ich mir als mehr oder weniger allgemeingültig vorstelle. Dazu gehört, so denke ich mir das, seine Angsreaktion. Nicht, dass in derselben Situation alle gleich fühlen, aber das alle dieselbe Angstsituation in verschiedenen Umständen haben könnten.

Das "man" bei der Geste hat aber einen anderen Grund - oder besser: Ursache. Das ist mir fast von selbst reingerutscht, weil man so etwas manchmal ja auch sagt: "Was willst du mir damit sagen?!?" - "Entschuldigung, man fragt sich nur eben."

Ich bin nicht sicher, ob du in deinem letzten Absatz als auktorialer Erzähler die Geschichte mit dem Mann mit den Zähnen enden lassen solltest. Ich würde stringend bei deiner Hauptfigur und der personalen Perspektive bleiben.
-- Ich möchte dem mann am Ende gerne noch etwas Sympathie schenken. Das finde ich auch gar nicht mal unwichtig, weil er sonst vielleicht doch nur der Grabscher bleibt. Oder reicht da schon die Abschiedsszene?
-- Strikt bei der personalen Perspektive bleiben: Das macht unmittelbar Sinn, das verstehe ich: Es wäre formal einheitlich, und zu viel Unordnung irritiert. Mal schauen, vielleicht fällt mir ein Umbau ein.

So, also noch einmal ein ganz großes Dankeschön, du siehst, über die meisten Anregungen muss ich länger nachdenken. Schnelle Lösungen sind mir da nicht bei der Hand.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Peeperkorn,

herzlichen Dank für den Besuch und die schöne Beurteilung.

Normalerweise nähere ich mich Texten eher rational, aber hier gelingt es mir nicht.
Das freut mich außerordentlich. Dabei bekomme ich durchaus gerne im Einzelnen gesagt, was warum wie angekommen ist - und was nicht funktioniert hat. Aber das:
nach der Lektüre deines Textes kam es mir vor, als hätte ich geträumt,
ist ja noch viel besser. Das möchte ich diesmal dann gar nicht gegen eine Detailanalyse eintauschen.

wollte dir aber zurückmelden, welche Kraft in deinem Text liegt.
Danke!! Das ist wirklich eine schöne Belohnung, die ich da von dir bekomme.

P.S. Der Titel. Der hätte mich beinahe davon abgehalten, den Text zu lesen. Und im Nachhinein: Will er mir erklären, worum es da alles geht? Ich würde etwas Atmosphärisches wählen.
Tja, der Titel - vom Lesen sollte er nicht gerade abhalten. Ich habe, ehrlich gestanden, relativ wenig über den Titel nachgedacht. Der ist mir irgendwann so als Möglichkeit eingefallen, und dann hab ich mir gedacht: ach komm, nenn ich's halt so. Jetzt hab ich den Salat. Soll mir eine Lehre sein!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Liebe barnhelm

vielen Dank für den Besuch und den ausführlichen Kommentar! Das bedeutet Arbeit, im doppelten Sinn: erst die Antwort, dann die Umsetzung. Aber es gibt hässlichere Arbeiten!


(...) Das zieht mich als Leser in deine Geschichte und hält mich in ihr und es erscheint mir nicht so wichtig, ob ihre beiden Teile eigentlich nicht sehr viel miteinander zu tun haben.
Es freut mich, dass du die Frage gesehen und aufgegriffen hast. Ich bin mit deiner Antwort gar nicht unzufrieden, auch der Zusammenhalt durch die Stimmung ist ja wichtig, und dabei gar nicht mal selbstverständlich, weil der Protagonist eben gar nicht in derselben Stimmung verbleibt. Insofern ein schöner Aspekt denn das gebärt eigentlich zur Frage dazu: Empfindet man die Episode im Auto als Bruch in der Stimmung bzw. in der Lesehaltung o.ä? Bei dir war das nicht so. Schön!

Für einen Moment erinnerte mich dieser knappe Stil an Salter und ich war skeptisch, ob der Autor (und auch ich) das durchhalten würde. Doch dieser Gedanke verflüchtigte sich zum Glück wieder.
Nett gesagt :) Ich muss aber gleich mal nachfragen: Wer ist Salter?

Diese Spots am Anfang zeichnen präzise ein atmosphärisch dichtes, gut vorstellbares Gesamtbild. Nur eine Information passt für mich nicht: ‚die sich seit heute kennen’. Wer sagt das? Wer weiß das? Ein 'vermutlich' o.a. würde hier vielleicht helfen.
Ja, das stimmt natürlich. Alles andere kann man sehen. Pascal könnte das beobachten, oder wer auch immer gerade durch die Gasse läuft. Trotzdem würde ich behaupten, es gehört zur Stimmung dazu: dass sich dort eben auch Leute (suchen und) zusammenfinden.

Aber ich gehe gleich mal mit dir einen Schritt weiter:

Und damit komme ich zu einem Problem, das ich hin und wieder beim Lesen hatte: die gewählte Perspektive. Ich habe mir an manchen Stellen die Frage gestellt, von welcher Warte her der Autor das Geschehen betrachtet.
Ganz allgemein hätte ich da eine Antwort, die dich vermutlich nicht überzeugen wird: Es ist ja eine ausgedachte Geschichte, niemand hat in Wirklichkeit die Ereignisse erlebt und gesehen. Ich sehe ein, dass es viel zu einfach wäre, zu sagen: Dadurch glaube ich, die Lizenz zu haben, zwischen den Perspektiven hin und her zu gleiten. Aber in die Richtung geht es schon. natürlich nicht beliebig, aber grundsätzlich ist die Freiheit da.
Ich hole mit zwei anders gearteten Beispielen jetzt mal ganz weit aus: Thomas Manns "Doktor Faustus" und Prousts "Recherche" fallen mir gerade ein. Beide Male gibt es einen Ich-Erzähler. Wenn man sich aber anschaut, was der in den beiden Werken so alles über die Gedanken und Geschichten der anderen weiß - in der "Recherche" am krassesten bei Swann - dann sprengt das völlig den Rahmen. Das führt vielleicht zu einer gewissen Reibung, aber mir gefällt so was. Jetzt bin ich zwar leider nicht Mann oder Proust - aber deswegen stecke ich dann ja auch die Haue ein :)

Dieses "man" hat aber womöglich noch einen anderen Haken, da ist weniger ein Wissensvorsprung als das Unpersönlich ein Problem, wie mir schient. Zu der einen Stelle, zwischen Flaniermeile und Strandabschnitt, habe ich Bea Milana oben versucht, eine Antwort zu geben. Ich finde das irgendwie ganz stimmig, da läuft er durch die Gasse, dann wird kurz die Perspektive auf die ablaufenden Ereignisse weggenommen und wir finden den Guten unten am Strandabschnitt wieder. Kann aber sein, dass das so nicht klappt. Und vor allem kann es sein, dass man eine "man"-Stelle akzeptieren kann, aber nicht drei oder vier, die dann auch noch unterschiedlich motiviert sind.

Die Stelle mit der Geste - "man fragt sich nur eben" usw. - scheint mir übrigens nicht ganz leicht umzubauen zu sein, wenn ich das "man" loswerden will. "Er" statt "man" klingt doof, eigentlich müsste dann ein "ich" her, weil die Geste die Rede ersetzt. Aber das ist auch komisch. Ist ein härterer Brocken, scheint mir.

Den (den) Sand und das Meer, die hier ihre Namen bekommen haben.
(...) haben hier wirklich Sand und Meer ihre Namen bekommen?
Auch dazu habe ich Bea Milana etwas geschrieben. Das fanden also schon mindestens zwei nicht so toll.

Trotzdem gehört das hier herum mehr zu ihm, als alles, was später kam und etwa Anspruch auf Heimat oder Zuhause machen wollte. Das Leben reicht zurück, so weit die Erinnerung reicht. Seins hat hier begonnen.
Eine sehr schöne Stelle. Da findet jemand den Platz seiner Jugend wieder, erinnert sich, sucht nach Bekanntem. Leider bleibt das hier für sich stehen, wird während und am Ende der Geschichte nicht noch einmal aufgenommen, verliert dadurch für mein Empfinden etwas von seiner inhaltlichen Kraft.
Da ist auf eine andere Weise wieder die Frage nach dem Zusammenhalt, nicht? Eigentlich wollt ich ihn während der Autofahrt noch einmal daran anknüpfen lassen. Habe ich das jetzt ganz weggelassen? Weiß ich gerade gar nicht. Jedenfalls ist es schwierig, ihn einfach noch einmal darüber nachdenken zu lassen, das kann dann auch gewollt aussehen. Aber ich schau mal, was sich machen lässt. Schön wäre es schön, wenn der Faden sich letztlich durchziehen würde.

Sonst weiß er nichts Genaues mehr: Der Ort, die Dinge sind da. Sie haben eine Bedeutung, ragen in ihn hinein und bringen gleichwohl nichts mehr ans Licht.
Ich glaube, ich verstehe diesen Satz, mag ihn aber nicht. Ich finde ihn zu bemüht, zu sehr auf Wirkung zielend, ganz nahe am Geschwurbel. Deine klare Sprache des Anfangs hat mir gefallen. Solche Sätze (und es gibt noch ein paar davon) konterkarieren deinen dort aufgestellten sprachlichen Anspruch. (Natürlich nur für mein Empfinden.)
Dazu kann ich gar nicht so viel sagen. Ich mag ihn irgendwie schon, den Satz. Ich freue mich über deine Zurückhaltung, aber darum geht es natürlich: Was empfindet man? Objektiv ist letztlich eh nur ganz wenig zu ermessen, wenn man sich nur daran hielte, würde es schnell öde. Also: Geschwurbel. Das soll nicht sein. Ich gehe noch mal in mich.

Sieht er hastig? Oder meinst du, dass die Wellen hastig über seine Füße streichen?Irgendwie kann ich dieses 'hastig' nicht in Verbindung bringen zum flachen (vermutlich behäbigen) Wellenschlag.
Eigentlich schaut er hastig weg, aber das wollte ich nicht schreiben, war mir zu viel. So ist es schief, gebe ich zu... Die Lösung muss noch gefunden werden.


Mir ist auch an anderer Stelle aufgefallen, dass du gerne solche Wörter wie z.B. ‚wirklich’ einschiebst. Würde der Satz nicht auch ohne dieses ‚wirklich’ funktionieren? Oder meinst du, dass er erst zögert und es dann doch tut?
Ich meine, dass er das ein bisschen außergewöhnlich oder aufregend findet: Er rechnet ja kaum damit, dass er sich traut, sie anzusprechen, aber dann geht er doch wirklich auf sie zu. So in der Art. Das kriegt man vielleicht aber auch so schon mit, muss ich mir noch mal anschauen. Stimmt aber, solche Wörter finde ich manchmal ganz niedlich. Aber sie werden schnell zu viel, ich gehe das noch mal durch.

Solche Verkürzungen können problematisch sein: ‚über das geleckte Pflaster’ ist ein schönes Bild. Aber muss er auch ‚über’ das Gewimmel des Pflasters?
Ich hatte da, glaube ich, vorher mal "mit seinem Gewimmel" stehen. Das ist, würde ich sagen, korrekt, aber auch nicht so ganz gut. "Über das Gewimmel" - ist mir dann gar nicht aufgefallen.

Mondän und gewöhnlich. Zwei Bewertungen, die sich für mein Gefühl widersprechen. Es entsteht bei mir deshalb kein eindeutiges Bild dieser Straßenzüge; die eine Eigenschaft hebt die andere auf.
Mondän im Auftritt, gewöhnlich in der Wirkung. So ein Allerwelts-Schick halt, der letzte Schrei, der aber unversehens schon der vorletzte ist, weil es jetzt mit einemmal alle so machen. Da hab ich gleich mehrere Wohnviertel vor Augen. Passt nicht, sagst du? Ja - weiß auch nicht.

Ich mag diese ‚von’-Formen nicht. Natürlich klingt auch ein doppelter Genitiv recht gestelzt. Vielleicht kannst du die ‚Schnellstraße’ schon vorher erwähnen?
Guter Tipp, mal sehen, was sich machen lässt.

Hier springst du aus der Pascal-Perspektive, indem du eine allgemeine Aussage triffst. Meinst du, dass es Pascal ein Gefühl von Weite gibt oder willst du ein allgemeines Phänomen beschreiben?
Das hätte ich jetzt gar nicht als perspektivischen Bruch empfunden. "Gibt ihm ein Gefühl von Weite" ist zu arg aufs Auge gedrückt, finde ich. Auch da kann ich erst mal nur sagen: Ich schau's mir hoc mal an.


Hier packst du zwei Sachen in einen Satz, die für mein Empfinden nichts miteinander zu tun haben. In dieser Reihung wirkt es so, als wäre das eine die Folge des anderen. Was spricht dagegen, mit einem neuen Satz zu beginnen: Er hält …
So, da hab ich jetzt auch mal was geändert. Ich kann ja nicht immer nur sagen: "muss mal schauen."


Es ist wie immer: Wenn es muss, geht es.
Hier geht es mir wie weiter oben: Ich frage mich, ob du hier die Gedanken deines Protagonisten wiedergibst oder allgemeine Wahrheiten verkündest? Solche Platitüden habe ich Pascal bisher allerdings nicht zugetraut.
Das ist nett :) Aber es sollte eigentlich nur auf die Situation beim Trampen gemünzt sein. Mir ging es um den Kontrast zum späteren. Jetzt hat er Glück wie immer, und dann später sieht es doch nicht danach aus. kann vielleicht weg.

Für einen Moment ist er außen, sieht sich und den Mann wie von oben
Mich verwirrt das hier. Eventuell solltest du solche Sequenzen mit einem Einleitungssatz klarer einordnen.
Das könnte helfen.

Er merkt, dass der Fahrer nicht abbiegt, was ihn ja eigentlich ängstigen müsste, denkt aber im selben Moment an seine Füße im Sand. Das kann ich in dieser Situation nicht so recht nachvollziehen.
Ah, sieh an: Genau, das war so ein Versuch, an die Situation weiter oben anzuknüpfen. Ist ist also doch noch etwas davon da. er ängstigt sich, und dabei kommt ihm in den Sinn, wie sicher er sich vorhin noch gefühlt hat. Das geht schon, denke ich, aber es müsste vielleicht klarer werden?

Ich bin gespannt, wie sich deine Geschichte nach all dem, was auch die anderen schon dazu geäußert haben, weiterentwickeln wird. Das Lesen hat mir auf jeden Fall Spaß gemacht.
Ich bin auch gespannt. Die Geschichte steht ja hier, damit sie sich verändern kann. Ich fürchte nur, das könnte etwas dauern. Aber ich muss gestehen: Ich fühle mich schon in der Pflicht, wenn ich sehe wie viel Arbeit du dir gemacht hast.

Jedenfalls ganz herzlichen Dank für die vielen Anmerkungen, auch für das hilfreiche Fazit, und - auch wenn das nicht deinem Willen unterliegt - dafür, dass der Text dir insgesamt gefallen hat!

Besten Gruß
erdbeerschorsch


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Hi Kubus,

dich krieg ich hier noch drunter, dann ist wohl erst mal wieder Pause. Schön, dass du den Weg hierher gefunden hast. Erstens sowieso, weil ich deine Kommentare immer gerne lese, und zweitens, weil ich gerne nette Sachen sagen lasse.
Du hast mir nicht viel Arbeit gemacht, deswegen fällt meine Antwort eher kurz aus, aber an der Länge misst sich nicht die Bedeutung, die dein Kommentar für mich hat, denn schließlich habe ich mitbekommen, dass du die Sprache nicht leichtnimmst. Ein feines kleines Geschenkchen also, das du mir da bereitet hast.

Und wieder der Titel. Schön immerhin, dass der für dich nachvollziehbar ist. Mir hat das halt irgendwie gefallen: Erst groß aufplustern, und dann kommt so was Kleinräumiges. Aber ich hänge nicht dran, es braucht nur einen Einfall.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber erdbeerschorsch,

ich habe deine Geschichte schon gelesen, als sie noch ganz frisch eingestellt war.

Leider ist es nun wieder so spät geworden, ich möchte dir aber trotzdem schon meine ersten Textstellen nennen, die mir aufgefallen sind, meinen ersten Eindruck nach vor dem Schlafengehen loswerden.
Sind viele Kleinigkeiten dabei …

Die Saison ist bald zu Ende. Am Strand vorhin sind die Menschen schon weniger gewesen, an der Hafenpromenade findet sich Pascal noch immer im Gedränge. Er will einmal ganz um den Hafen herum, dann auf der anderen Seite bei der Steilküste wieder ans Meer. So viel Zeit darf er sich an diesem Nachmittag lassen.
Hier kam ich ins Stocken.
„Am Strand vorhin“: Hier wird die Vergangenheit erwähnt, und ich weiß nicht, auf wen sich das überhaupt bezieht. Dann wird die Hauptperson Pascal so ganz lapidar in einem Nebensatz eingeführt.
„sind … schon weniger gewesen“: Komische Formulierung finde ich.
Ich fände es besser wie z.B.:
„Die Saison ist bald zu Ende. Als Pascal am Strand war, haben die ersten schon ihre Sachen gepackt, (o.ä.) und sind zurück in die Hotels … . Jetzt, an der Hafenpromenade herrscht noch immer Gedränge.“

Ob er sie fotografieren könne, hier so: Sie streckt den Arm nach rückwärts
Ich verstehe den Doppelpunkt nicht.

wedelt mit der angewinkelten Hand, die Finger gespreizt, ohne dabei hinzusehen.
Wo schaut sie denn nicht hin? Zu Pascal?

mit der angewinkelten Hand, …
und schirmt mit der gekrümmten Hand ihre Augen gegen die Sonne ab
Ist zu ähnlich. Vielleicht so:
„und schirmt sich mit der anderen Hand die Augen …“
Dass die Hand gekrümmt ist, muss nicht erwähnt werden, ebenso nicht, dass es ihre Augen sind (wessen Augen sonst?)

Für jetzt ist er ganz Teil des Schwarms, der hier flaniert, der sich nicht sorgen muss, auf Zeit hierher gehört, die späten Sommertage genießt, eine Yacht hat am Hafen.
„Für jetzt“: Da dachte ich zuerst, „jetzt“ ist noch der Augenblick, wo er fotografiert. Aber es ist ja nun wieder ein wenig später. Kam ich etwas ins Stocken.

Gedränge … Schwarm … Menge … Gewimmel
Hast du gut „synonymisiert“, aber vielleicht kommst du auch mit nur dreien aus.

Zu seinen Seiten weiße flache Häuser, warm beschienen, frisch und glänzend
„Seiten“? Links und rechts? Achso, und ich dachte, er wäre noch am Hafen.

Poliertes Pflaster, über das man schreitet.
Dann aber geht man am Ende
Ich persönlich finde „man“ nicht so toll. Kommt öfter vor.

Man steht und staunt: mit einem Mal ganz Wildnis, sobald man nur hinuntergestiegen ist.
Verstehe ich nicht. Warum ist es denn ganz Wildnis, wenn man unten ist? Sieht man die Wildnis nicht schon von der Treppe aus?

und stellt die Füße ins Meer.
Hier musste ich lachen. Trägt er Fußprothesen und stellt diese ins Meer? :Pfeif:

Den Sand und das Meer, die hier ihre Namen bekommen haben
Haben also Sand und Meer hier am Felsen/Strand ihre Namen bekommen?
Heiß es nicht „die … ihren Namen gegeben haben …“?

Der Ort, die Dinge sind da. Sie haben eine Bedeutung, ragen in ihn hinein und bringen gleichwohl nichts mehr ans Licht. Trotzdem gehört das hier herum mehr zu ihm, als alles, was später kam und etwa Anspruch auf Heimat oder Zuhause machen wollte.
Ja, gefällt mir.

Pascal aber geht leichtfüßig, wie wenn er die von vorhin (WEN?) neben sich mitführte und seine und ihre Hand im Rhythmus der Schritte mitschwingen ließ.
Pascal aber geht leichtfüßig, wie wenn er die Frau von vorhin

Die Luft ist feucht und dicht, wenn er sie einatmet.
Die Luft ist doch auch so feucht und dicht, ohne dass er sie einatmet.

Ich mache später weiter. Vielleicht kannst du damit ja schon was anfangen.

Bis dann.

Liebe Grüße,
GoMusic

EDIT: Ich warte erst mal ab, bis du mit den anderen Kommentaren und der Bearbeitung durch bist :-)

 
Zuletzt bearbeitet:

So, lieber Friedel, dann wollen wir mal sehen, was du mir weiteres zu raten hast. Schön, dass du ein zweites Mal vorbeigeschaut hast!

die Vorsilbe "an" kann das Problem lösen: "..., anscheinend Wald."
Prächtig, machen wir so!

Es geht also um das Adverb. "Man" steht meistens für eine einzelne Person (die man nicht persönlich und mit Namen anreden will, aber auch für "die" Leute - in diesem Fall "Fahrer". Wenn es niemand (selbst mich itzo) stört, stehnlassen!
Gut, bleibt also mal erst.

Nicht so viel hineindenken, schorsch, denn die Sache mit "ihren Füßen" kann bis auf eine Stelle - eben der "Füße" bleiben, wie's da steht, denn im Text les ich imer noch
Ihre Füßen dicht neben seinen...
Einen besseren Beweis, dass ich immer etwas übersehe, hätte ich ja gar nicht führen können. :lol: Ist geändert.

Muss ich trotzdem drauf hinweisen, denn
Längst ist die fremde Hand wieder fort, ein wohl entschuldigendes Gemurmel war vielleicht zu hören gewesen und hat es ungeschehen machen sollen.
zeigt doch deutlich den Gezeitenwechsel auf
Du meinst so: "Längst ist die Hand wieder fort, ein wohl entschuldigendes Gemurmel war vielleicht zu hören und hat es ungeschehen machen sollen."? Oder - merke ich gerade: "...ist vielleicht zu hören gewesen"? Die Hand "ist" ja fort, nicht "war". Und das Hören kommt ganz sicher nach dem Griff. Das ginge also sicher. Ich ändere das mal so.

Vllt. "mit den schlechten/faulen Zähnen"?
Ich nehme die schlechten und danke herzlich für die Gaben!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Lieber GoMusic,

ich danke herzlich für deinen Gegenbesuch und deinen akribischen Durchgang bzw. dessen ersten Teil.

Die Saison ist bald zu Ende. Am Strand vorhin sind die Menschen schon weniger gewesen, an der Hafenpromenade findet sich Pascal noch immer im Gedränge. Er will einmal ganz um den Hafen herum, dann auf der anderen Seite bei der Steilküste wieder ans Meer. So viel Zeit darf er sich an diesem Nachmittag lassen.
Hier kam ich ins Stocken.
„Am Strand vorhin“: Hier wird die Vergangenheit erwähnt, und ich weiß nicht, auf wen sich das überhaupt bezieht. Dann wird die Hauptperson Pascal so ganz lapidar in einem Nebensatz eingeführt.
„sind … schon weniger gewesen“: Komische Formulierung finde ich.
Ich fände es besser wie z.B.:
„Die Saison ist bald zu Ende. Als Pascal am Strand war, haben die ersten schon ihre Sachen gepackt, (o.ä.) und sind zurück in die Hotels … . Jetzt, an der Hafenpromenade herrscht noch immer Gedränge.“
Muss ich wirken lassen. Bisher hat sich darüber noch keiner beschwert, aber das gibt keine Garantie. Die Zahl der Menschen am Strand, das ist im Grunde noch objektiv, "vorhin" bezieht sich dann auf Pascal, dadurch wird es zu seiner Beobachtung. Ich verstehe, dass das problematisch sein kann, aber im Moment schient es mir noch akzeptabel zu sein. Und :klug: : Pascal hat schon einen Hauptsatz bekommen; aber es stimmt, dass der logisch untergeordnet ist, sinngemäß etwa wie "während er sich hier im Gedränge findet." Möglich wäre: "An der Hafenpromenade herrscht Gedränge. Pascal will..." Das ist nahe an deinem Vorschlag unten. Vielleicht mache ich das so.
"Schon weniger gewesen" - ja, das geht wahrscheinlich besser. Nur wie? Sachen packen geht mir zu konkret auf den Moment. Es sind weniger, weil inzwischen Nachmittag ist, das passt soweit schon, aber es sind auch weniger, weil die Saison bald zu Ende ist.

Ob er sie fotografieren könne, hier so: Sie streckt den Arm nach rückwärts
Ich verstehe den Doppelpunkt nicht.
Vielleicht könnte ich "hier so" als direkte Rede kennzeichnen, die Geste zeigt dann, wie. So und er Art war es gedacht. Aber mit Anführungsstrichen kommt's mir irgendwie holperig vor... Eine andere Lösung müsste her.

Wo schaut sie denn nicht hin? Zu Pascal?
Zu den Freundinnen. Kann man übersehen, hm, ok. Mal sehen. "Schaut dabei nicht hinter sich zu ihren Freundinnen am Poller" klingt aber auch blöd...

Ist zu ähnlich. Vielleicht so:
„und schirmt sich mit der anderen Hand die Augen …“
Dass die Hand gekrümmt ist, muss nicht erwähnt werden, ebenso nicht, dass es ihre Augen sind (wessen Augen sonst?)
Das habe ich sogar gestern schon gleich geändert, als ich deinen Kommentar überflogen habe. Es kann aber sein, dass es doch wieder "ihre Augen" werden, den jetzt sind es "die Augen ... die Sonne". Die gekrümmte Hand ist aber in jedem Fall raus.

„Für jetzt“: Da dachte ich zuerst, „jetzt“ ist noch der Augenblick, wo er fotografiert. Aber es ist ja nun wieder ein wenig später. Kam ich etwas ins Stocken.
Kann ich auch verstehen. Ich wollte an manchen stellen so platte Übergänge, die sinngemäß "und dann..." sagen, reduzieren und habe gehofft, es geht einfach ohne. Wenn das gelingt, finde ich das eigentlich oft ganz nett. Du findest also, es ist holperig. Gut, erst mal gemerkt.

Hier:

„Seiten“? Links und rechts? Achso, und ich dachte, er wäre noch am Hafen.
gilt dasselbe.


Ich persönlich finde „man“ nicht so toll. Kommt öfter vor.
Das fanden mehrere nicht gut. Ich habe zwar den Eindruck, dass ich das halbwegs begründen kann, aber es ist ja eine Gschichte, keine Abhandlung...

Verstehe ich nicht. Warum ist es denn ganz Wildnis, wenn man unten ist? Sieht man die Wildnis nicht schon von der Treppe aus?
An der Treppe hört man noch die Straße usw.

Hier musste ich lachen. Trägt er Fußprothesen und stellt diese ins Meer? :Pfeif:
Vielleicht zu ungewöhnlich, wieder was zum Nachdenken.

Pascal aber geht leichtfüßig, wie wenn er die Frau von vorhin
Schwierig. Mir gefällt es ohne Frau besser, aber ich sehe ein, dass das komisch klingen kann.

Die Luft ist doch auch so feucht und dicht, ohne dass er sie einatmet.
Ich dachte daran, dass er das nur merkt, wenn bzw. während er sie einatmet. "Die er einatmet" löst das Problem auch nicht, denn immer noch ist auch die Luft, die er nicht einatmet, feucht und dicht. Wieder mal knifflig finde ich.

Herzlichen Dank bis hierhin, ich bin gespannt auf die Fortsetzung!
Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

"...ist vielleicht zu hören gewesen"

Jeht doch,

schorsch!

Schönen Gruß ausm sonnigen Pott und schönen Vorabend zur Refrmation vom

Friedel

 

Hallo erdbeerschorsch,

deine Geschichte hat mir gut gefallen!

Erst hatte ich ein bisschen Angst, dass sie sich zu sehr zieht, weil am Anfang noch nicht so viel passiert, aber dann fand ich sie wirklich spannend. Von dem Moment an, in dem Pascal ins Auto steigt. Du hast dieses plötzliche Gefühl der Todesangst sehr sehr gut eingefangen, finde ich!

Ach ja und dein Schreibstil ist echt schön. Etwas ganz eigenes. Mir gefällt das "Altertümliche".

Ich geh den Text mal noch bisschen durch:

Den wie hingeflossenen geschichteten Fels,
müsste das nicht "hingeflossen" heißen? Oder du schreibst nur "hingeflossenen" - das fände ich fast noch schöner!

Damals war das größer, wilder, echter, aber es muss die Stelle sein, er will es so.
Schön ...

Die von vorhin: die mit den Sonnenstrahlen auf dem Mund.
... und das auch!

Er nimmt ihr Bild mit sich, um an sie zu denken heute Nacht, sie heimlich mit sich zu vereinigen, wenn er allein ist. Sie wird ihm fehlen.
Hm. Das ist für mich irgendwie unglaubwürdig. Eine Frau, die er nicht kennt, wird ihm schon fehlen? Ich meine, dass er sie auf den ersten Blick schon ganz toll findet, das kann ich nachvollziehen ... aber gleich fehlen?

Der Wunsch gewinnt Kontur, drängelt sich vor, als könnte man mit ihm etwas erreichen.
Das finde ich etwas schief. Der Wunsch drängelt sich vor, als könnte man mit ihm etwas erreichen? Wenn du jetzt geschrieben hättest "Der Wunsch drängelt sich vor, als wollte er an erster STelle stehen." oder etwas ähnliches, das hätte gepasst, aber so ist das m.M.n. nicht stimmig.

Man sitzt noch immer da, unverändert derselbe, aber mit einem Mal weiß man nicht mehr, was kommen wird.
Den Satz finde ich ganz toll!

Da: Béziers! Rechts ab. Der Fahrer blinkt nicht. Schon sind sie vorbei.
Die Stelle find ich auch sehr gut, das erhöht die Spannung total.

Man sitzt hier, die Hände im Schoß und es scheint gar nicht, dass das je wieder anders wird. Vollständig füllt es aus. Warum biegt der Mann nicht ab?
Die letzte Frage finde ich irgendwie überflüssig. Das fragt man sich als Leser ja sowieso schon ...

„C’est just …ee…“
juste

Klebrige Finger, pochender Puls. Die Pupillen geweitet, was an sich kein Wunder im Dämmerlicht. Er ist jung, gesund, nur das Herz schlägt zu schnell. Er kann noch viele Jahre leben.
auch schön

Also, wie du siehst - ich hab kaum was anzumerken.
Hab ich sehr gern gelesen!

Liebe Grüße,

Tintenfisch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Tintenfisch,

ich freue mich sehr über deinen Gegenbesuch!

müsste das nicht "hingeflossen" heißen?
Doch, eindeutig.
Oder du schreibst nur "hingeflossenen" - das fände ich fast noch schöner!
Das könnte was sein, aber ich traue es mich doch nicht. Mir ist nicht klar, ob das reicht, damit man sich etwas vorstellen kann.

Hm. Das ist für mich irgendwie unglaubwürdig. Eine Frau, die er nicht kennt, wird ihm schon fehlen? Ich meine, dass er sie auf den ersten Blick schon ganz toll findet, das kann ich nachvollziehen ... aber gleich fehlen?
Er denkt halt in dem Moment, dass er etwas nie Wiederkehrendes verpasst hat. Irgendetwas muss da schon hin, finde ich. Vielleicht fällt mir noch etwas Besseres ein.

Das finde ich etwas schief. Der Wunsch drängelt sich vor, als könnte man mit ihm etwas erreichen?
Ich habe jetzt "drängt" geschrieben, vielleicht genügt das schön, um die Unstimmigkeit auszumerzen?

Die letzte Frage finde ich irgendwie überflüssig. Das fragt man sich als Leser ja sowieso schon ...
Jetzt steht da: "Wann biegt der Mann endlich ab." Vielleicht ist das besser. Oder der Satz kommt ganz weg.

Vielen Dank für die Anmerkungen, nicht nur für die kritischen!
Besten Gruß
erdbeerschorsch

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Mehrere Vorschläge habe ich jetzt eingearbeitet. "Man" ist nicht ganz verschwunden, aber reduziert. Auch sonst habe ich, glaube ich, einige Stolpersteine wegräumen können. An anderen Stellen suche ich noch nach der Lösung. Vielen Dank zwischendurch noch einmal an alle, die sich bisher eingemischt haben!

 

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