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Das verbrecherische Bild

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02.06.2004
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Das verbrecherische Bild

Das verbrecherische Bild

„Kommen Sie ruhig näher“, sagte der Maler, der den neugierigen Blick des hinter ihm stehenden Passanten bereits seit längerem in seinem Rücken spürte. Die anfängliche Verlegenheit des nun Ertappten, welche sich in einem gezwungen Lächeln äußerte, wurde schnell wieder von der Neugier verdrängt. Der Fußgänger lies sich die Einladung nicht entgehen und betrachtete das unfertige Bild nun aus nächster Nähe. Rasch veränderte sich jedoch der Gesichtsausdruck des Betrachtenden. Aus dem Lächeln wurde eine zornige und empörte Verkrampfung. „Also das ist doch..., das geht wirklich zu..., nein, nein, wie können sie nur!“ Erschrocken suchte der Passant das Weite, nachdem er offensichtlich auf dem Bild etwas entdeckte, dass nun ganz und gar nicht seiner Erwartung entsprach.
Den Maler kümmerte das nicht weiter. Zufrieden arbeitete er wie bisher weiter an seinem Werk. Da es sich bei seiner Wirkungsstätte allerdings um einen ziemlich belebten Platz handelte, wiederholte sich die Szene mit dem Passanten noch einige Male und jedes Mal suchten sie alle empört das Weite, sobald sie Gelegenheit zur näheren Betrachtung des Bildes bekamen. Schließlich standen statt normalen Fußgängern zwei Polizisten hinter unserem Künstler. Ohne auf eine Einladung zu warten, schritten sie direkt auf das umstrittene Werk zu, um es genauer begutachten zu können. (Offensichtlich hatte sich einer der vorherigen Kunstkritiker bei der Ordnungsmacht beschwert, so dass die beiden Gesetzeshüter bereits ahnten, welch scheußliche Dinge sie auf dem Gemälde würden entdecken können.) Und in der Tat waren sie auch sehr schnell von der Unerhörtheit des Abgebildeten überzeugt, so dass sie gleich den Maler samt seinem Bild packten und fortführten. „Dafür wirst du ganz schön Ärger kriegen, mein Lieber!“, „ja, da kannst du dich nicht mehr rausreden.“, versicherten sie beide dem Maler, der jedoch nichts von seiner Ruhe einbüsste und möglicherweise schon mit so einem plötzlichen Ende seiner Arbeit gerechnet hatte.

Es dauerte nicht lange und der Maler erhielt nun seinen verdienten Prozess, welcher auch nicht viel Zeit in Anspruch nahm, denn die Beweislast wahr ja eindeutig und erdrückend. Außerdem leugnete der Angeklagte keinesfalls seine Schuld, sondern verhielt sich geständig und kooperativ, so dass der Richter schnell das Urteil verlesen konnte:
„wenn es nach mir ginge, würde ich sie, Herr Angeklagter, ohne weiteres sofort am nächstem Baum aufhängen lassen, für diese Scheußlichkeit, die sie sich da geleistet haben. Leider haben wir ja ein modernes Gesetz, welches solch ein Urteil verbietet. Dennoch bereitet es mir – und wie ich meine auch allen anderen Prozessbeteiligten – Genugtuung, in diesem Fall die vorgesehene Höchststrafe verhängen zu können. 10 Jahre Gefängnis, ohne Bewährung und ohne Möglichkeit zur vorzeitigen Entlassung. Ich persönlich werde mich dafür einsetzen, dass es ihnen im Vollzug nicht zu leicht gemacht wird!“
Das Urteil war gesprochen. Die Besucher des Prozesses waren offensichtlich zufrieden mit dem Ausgang. Sie unterhielten sich in gemäßigter Lautstärke, während sie aufstanden und den Saal verließen. Auch der Maler hatte wohl kein anderes Urteil erwartet, den sein Gesicht sah immer noch fröhlich und zufrieden aus, als er schweigend das Urteil vernahm und hinaus geführt wurde.

10 Jahre waren vergangen und der Maler wurde aus dem Gefängnis entlassen. Sein typischer Ausdruck hatte sich trotz dieser langen Zeit nicht verändert – er zeigte immer noch seine scheinbar unerschütterliche Zufriedenheit, auch wenn sein Gesicht nun ein paar Falten bekommen hatte. Das Bild, welches für sein Schicksal so entscheidend war, wurde kurz nach Verkündung des Urteils vernichtet, sein Malwerkzeug gab man ihm aber zurück. Wieder in Freiheit suchte er sich einen hübschen Platz in der Stadt aus, baute seine Utensilien auf und begann von neuem zu malen.

 

Hi Jo_oder_so,

stimmt, möglicherweise hätte die Geschichte auch in eine andere Rubrik gepasst, z.B. Gesellschaft. Aber als seltsames Element würde ich die harte und unbegründete Strafe betrachten, weshalb ich mich dann doch für die Rubrik seltsam entschieden hab.

 

Hallo Harry

Die Härte der Strafe lässt sich erst im Kontext des Verbrechens richtig bewerten. :D

Möglich wäre die Darstellung einer sexuellen Handlung o.ä., die im 19. Jhd sicherlich reichlich hart abgestrafft worden wäre ->Geschichte

Oder aber ein in einem totaltären Zukunftsstaat verbotener Schriftzug ähnlich zu "1984". Dann würde es besser zu SciFi passen.

Eigentlich gefällt mir dein Text ganz gut: Flüssig und kurz. Nur wirklich seltsame Aspekte kann ich nicht ausmachen. Für mich scheint er eher unvollständig, da dem Leser die wichtige Info zum Erschließen des Urteils vorenthalten wird. :hmm:

mfg Hagen

 
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Erstmal herzlich willkommen auf kg.de :thumbsup:

Ich finde es okay, dass das eigentliche Verbrechen unerklärt bleibt. Und irgendwie ist das auch seltsam.

Ich muss aber mal sehr intensiv die sprachliche Umsetzung kritisieren. Das ist ziemlich niedriges Niveau und muss stark verbessert werden. Es wimmelt nur so vor Füllwörtern und auf-gut-Glück-Formulierungen, die nah an Umgangssprache liegen.

Beispiele?

Schließlich standen statt normalen Fußgängern zwei Polizisten hinter unserem Künstler.
Was sind "normale Fußgänger"? Keine Polizisten? Hm. Es ist nicht "unser" Künstler. Jedenfalls nicht meiner.

Und in der Tat waren sie auch sehr schnell von der Unerhörtheit des Abgebildeten überzeugt

Und, in der Tat, auch, sehr schnell. Das sind vier Wendungen, von denen drei überflüssig sind.

der jedoch nichts von seiner Ruhe einbüsste und möglicherweise schon mit so einem plötzlichen Ende seiner Arbeit gerechnet hatte.

Sehr umständlich ausgedrückt.

Es dauerte nicht lange und der Maler erhielt nun seinen verdienten Prozess, welcher auch nicht viel Zeit in Anspruch nahm, denn die Beweislast wahr ja eindeutig und erdrückend.

Mach bitte ganz schnell das h aus dem wahr.
nun, auch, war ja... alles Füllwörter.
Man kann das auch so schreiben:
Nach kurzer Zeit erhielt der Maler seinen verdienten Prozess, der wegen der eindeutigen Beweislast schnell vorüber war.
Übrigens: mit dem "verdient" wertest Du als Autor und verlässt die neutrale Position des Erzählers. Ich hoffe, Du hast das absichtlich gemacht. Da es aber die einzige Stelle ist, an der Du wertest, ist es entweder ungewollt oder inkonsequent.


Das Bild, welches für sein Schicksal so entscheidend war, wurde kurz nach Verkündung des Urteils vernichtet,

Vorvergangenheit. Rettet den Plusquamperfekt!
Das schicksalhafte Bild war kurz nach der Urteilsverkündung vernichtet worden.
Übrigens würde ich das nicht an diese Stelle schreiben, sondern dorthin, wo der Urteilsspruch gefällt wird. Scheint so, als wäre Dir das an dieser Stelle eingefallen, und Du hast es einfach sofort hingeschrieben, ohne zu überlegen, ob es nicht an eine andere Stelle gehört.

Also, Anspruch und Idee sind absolut okay in dieser Geschichte, aber es sind ein paar üble Schreibfehler drin (die Sorte, die nicht Deine automatische Rechtschreibkorrektur, sondern nur Du selbst finden kannst: wahr ist schon richtig geschrieben, jedenfalls wenn man das Gegenteil von falsch meint, grml, dasselbe gilt für lies/ließ...). Die Sprache legt die Vermutung nahe, dass dies so ungefähr Dein erster Schreibversuch ist, denn sie wirkt alles andere als ausgereift. Da Du offenbar gute Ideen hast, empfehle ich Dir, vor allem an Deiner Sprache zu arbeiten. Du solltest jeden Satz kritisch hinterfragen: Kann man das nicht eleganter ausdrücken? Und schau, wie es andere Autoren machen.

Fazit: gute Idee, sprachlich schwache Umsetzung.

Uwe
:cool:

 

Hallo Hagen und Uwe!

Hagen, zu deinem Kommentar möchte ich folgendes anmerken:
Die Geschichte war eigentlich zeitgenössisch gedacht. Für unsere
Zeit finde ich es schon seltsam, wenn einer 10 Jahre Knast für ein Bild bekommt. Dass nicht klar hervorgeht, wo die Geschichte zeitlich einzuordnen ist, ist natürlich ganz allein mein Fehler. Ich wollte sie eben kurz halten.

Uwe,

Erst mal vielen Dank für deine umfangreiche Kritik! Genau so was habe ich mir gewünscht, denn wie du richtig erkannt hasst, handelt es sich bei dieser Geschichte um mein Erstlingswerk. Da noch nie ein Meister vom Himmel gefallen ist, muss ich natürlich auch noch einiges dazulernen, bis meine Schreibe einigermaßen akzeptabel wird.

Dass meine Rächtschraibunk nicht fehlerfrei ist, gebe ich natürlich sofort zu. Ich war ("war" diesmal ohne h!) schon immer ein kleiner Legastheniker und daran wird sich auch nicht mehr viel ändern. Wenn hier aber soviel Wert auf eine korrekte Rechtschreibung gelegt wird (was durchaus verständlich ist), dann werde ich mich in Zukunft doch ein bisschen mehr anstrengen.

Dass in meiner Geschichte zu viele Füllwörter vorkommen, fällt mir, jetzt wo du es erwähnt hasst, auch auf, obwohl ich dir nicht in allen Punkten zustimmen möchte.

Überarbeiten werde ich die Geschichte aber nicht, die Arbeit ist sie nicht wert, wie ich finde. Nein, ich fange lieber gleich mit einer neuen an, denn hier im Forum habe ich einige nette Inspirationen erfahren (u.a. "Gott würfelt" von dir. Diese Geschichte werde ich auch bald kommentieren...).
Meine zweite wird hoffentlich besser.

 

Hallo Harry,

folgende Punkte sind mir aufgefallen:
"Erschrocken suchte der Passant das Weite, nachdem er offensichtlich auf dem Bild etwas entdeckte"
es müsste heißen: entdeckt hatte

"suchten sie alle empört das Weite, sobald sie Gelegenheit zur näheren Betrachtung des Bildes bekamen"
es müsste heißen: bekommen hatten

"ohne weiteres sofort am nächstem Baum aufhängen lassen"
inhaltliche Kritik: kaum vorstellbar, dass ein Richter heutzutage so etwas sagen würde

Insgesamt erinnert mich deine Geschichte an Kafka, der Prozess. Du hast auch einen wichtigen Teil weggelassen, nämlich den Grund der Strafe. Man muss sich fragen, warum wird der Angeklagte bestraft, was hat er gemalt, wofür sich eine Strafe lohnt?
Nur übersiehst du, dass bei Kafka das Verfahren, also das Ermittlungsverfahren, das Gerichtsverfahren eine besondere Bedeutung erhält. Alles ist in seiner Erzählung auf das Verfahren ausgerichtet.

Cipollo

 

Hallo Cipollo,

Ja, dass ich in meiner Geschichte teilweise den Plusquamperfekt unterschlagen habe, hat Uwe schon angemerkt. Ich gestehe, dass es einige grammatikalische Ungereimtheiten gab. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen, dass es mein Erstversuch war, der zweite wird (hoffentlich) besser.

Mit Kafka hasst du auch Recht. Gewisse Ähnlichkeiten mit dem Prozess von Kafka sind wohl vorhanden. Möglicherweise liegt das daran, dass ich von Kafka immer schon begeistert war und er mich deshalb unbewusst inspiriert hat.

Den Grund für die Strafe nenne ich absichtlich nicht, deshalb ist die Geschichte ja auch in der Rubrik Seltsam eingeordnet.
Ich möchte meine Gedanken dabei in etwa so beschreiben:
Egal welches Motiv das Bild auch hatte, eine derartige Strafe ist einfach absurd. Dies wiederum sollte den Leser zum Denken und insbesondere zum Vergleich mit unserem Rechtssystem anregen. Gibt es bei uns nicht auch jede Menge Ungereimtheiten und Absurditäten im Rechtssystem? Sollten wir unsere eigenen Moral- und Wertevorstellungen nicht auch manchmal hinterfragen?
Denn vielleicht neigen wir auch dazu, Menschen zu verurteilen und ihnen im Geiste Strafen zu wünschen, die bei näherer Betrachtung einfach absurd sind.

Interessant fand ich auch, dass ihr alle kritisiert habt, dass ich nicht offengelegt habe, was nun auf dem Bild zu sehen ist. Du z.B. schreibst:
"Man muss sich fragen, warum wird der Angeklagte bestraft, was hat er gemalt, wofür sich eine Strafe lohnt?"
Die Antwort ist ganz einfach: Nichts. Man kann nichts malen, wofür sich so eine Strafe lohnt. Was letzten Endes auch auf dem Bild ist, es spielt eigentlich keine Rolle. Egal wie pervers, brutal, ekelhaft, usw. das Motiv auch ist, eine derartige Strafe ist einfach zu hoch.

Mehr wollte ich mit meiner kleinen Geschichte auch nicht sagen.

 

Naja.. das würde ich nicht sagen,... wenn er ein Hakenkreuz gemalt hätte und heil hitler drunter schreibt ... also zur heutigen zeit...
und damals vielleicht, wenn er das gegenteil gemacht hätte...
in manchen ländern, werden fraun gesteinigt wenn sie fremdgehen... da sind 10 jahre für ein bild nicht vie...

seltsam wäre es gewesen... wenn er garnichts auf das bild gemalt hätte...
eine richtig gut durchdachte auflösung wäre besser angekommen... so denkt man sich: es ist dir nichts besseres eingefallen...

 

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