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Das negative Trampolin

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20.11.2001
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Das negative Trampolin

Zirkus. Jahrmarkt der Fröhlichkeiten. Ich sitze hier und freue mich, lache, spiele mit in dieser Darbietung. Jeder ist Zuschauer und Artist, alles in einem, ganz egal, Hauptsache, man ist vergnügt. Sorgen läßt man vor der Tür, da draußen stören sie nicht. Vergessen. Fröhlich sein. Lächeln. Mitspielen, das ist wohl der beste Weg.
Manche malen sich zur Sicherheit ein Lachen auf …
Schminke wie Maske, Gefängnis der Gefühle.
Zu viele Gedanken sind in mir und ich bemerke, wie es hinter mir zischelt, ein Streichholz brennt mein Zirkuszelt nieder. In der Arena hüpfen sie weiter auf und ab, bemerken nichts von alldem.
Ich stehe im Freien und der Wind pfeift mir eisig um die Ohren. Die draußen gelassenen Probleme stürzen auf mich ein, ich sehe sie überall, rufe »Hilfe!«, doch der Wind verbläst meinen Schrei. Ich bin alleine hier draußen. Das negative Trampolin kommt von oben auf mich zu und stößt mich hinunter, immer tiefer in das Loch.
Ich suche einen Ausgang, doch es ist keiner da. Sitze fest, verliere die Orientierung. Es wird finster. Oben höre ich Stimmen und Lachen, rufe ihnen zu; sie geh'n vorbei. Wollen nur fröhliche Menschen um sich haben oder nehmen es nicht wahr. – Niemand kommt, nichts geschieht.
Es wird Morgen. Draußen scheint die Sonne und ich sitze immer noch in meinem finsteren Loch. Will hinaus. Beginne, hinaufzuklettern, rutsche auf halber Höhe ab und habe Angst, nochmals bis auf den Grund dieses Loches zu fallen. Doch da ist schon das positive Trampolin, das mich auffängt, mir heraus hilft und mich durch mein Zutun wieder hochschleudert, hinauf, in luftige Höhen, der Sonne entgegen. Es geht mir wieder gut, ich fühlte mich niemals besser, das Leben ist ja so schön!
Warum war ich bloß in diesem Loch?
Ich versuche, mich möglichst lange oben zu halten, immer höher zu springen, so lange es geht die Welt aus der Vogelperspektive zu sehen. Möchte Flügel und wie ein Falke in der Luft stehen. Einfach oben bleiben.
So hoch wie ich traut sich kaum jemand springen. Aber nur wenige bemerken es; sie sehen nicht so weit. Der Horizont ist eine variable Grenze.
Das negative Trampolin ist zuverlässig. Es wird irgendwann wiederkommen, um mich tief nach unten zu schleudern. Ich brauche gar nicht draufzuspringen, es kommt von selbst auf mich zu, wirft mich mitten im Flug aus der Bahn.
Je höher man fliegt, desto tiefer man fällt. Ich berühre gleich die Wolken.

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

Hallo Susi,

Gute Umsetzung des Challenge-Themas, wie ich finde. Die Idee mit dem negativen Trampolin, dass von oben kommt, ist sehr originell. Allerdings ist mir der Text, und seine Message, im ganzen etwas zu konventionell, d.h. der Schlusssatz scheint mir eigentlich gerade das erste Trampolin (das auf und ab des Lebens) zu bestätigen.

Gruss,

I3en

 

Hi I3en!

Danke für´s schnelle Lesen! Habe den Schlußsatz noch geändert, so kam das wirklich falsch rüber... ;)

Liebe Grüße
Susi

 

Hui, Dein 2500. Beitrag! Gratuliere zum Jubiläum.

Den letzten Satz finde ich jetzt auch besser, aber ob er unbedingt die Aussage des Textes verändert...?

Naja, es ist schon spät und ich kann eh nicht mehr denken...

I3en

[ 10.07.2002, 02:26: Beitrag editiert von: I3en ]

 

"Hui, Dein 2500. Beitrag! Gratuliere zum Jubiläum."
- Wo ist bloß die Stelle, wo man sich das auszahlen lassen kann??? :lol:

Hab jetzt nochmal ein bisschen editiert, hoffe, jetzt paßt´s? Falls nicht, sag mir doch bitte mal genauer, was Dich stört... ;)

Danke und gute Nacht!
Susi

 

Hmm, ich kann jetzt nicht wirklich erkennen, welche Stelle du editiert hast...

Ich hab mir das mal überlegt, und mich stört eigentlich weniger eine Stelle, als das ich mich generell frage was der genaue Unterschied zwischen den beiden Trampolinen ist. Also da gibt es das "normale" Trampolin des Lebens, das jeder kennt, wo’s mal auf, mal ab geht. Manchmal ist man deprimiert, manchmal happy, usw. Und dann gibt es dieses negative Trampolin, welches den Erzähler von oben hinunterdrückt, wenn er/sie deprimiert ist - letztendlich wird er/sie aber wieder vom positiven Trampolin abgefedert. Dann ist das negative Trampolin doch genau das gleiche wie das positive, eben nur Seitenverkehrt. Also anstelle von rauf-runter, einfach runter-rauf. Im Endeffekt scheint mir dann das positive Trampolin doch zu überwiegen.

Oder ist das negative Trampolin ein Trampolin, dass einen ganz plötzlich überrascht, und den gewohnt gleichmässigen rauf-runter Rhythmus des positiven Trampolins zerstört? Wenn ja, müsstest du das vielleicht deutlicher heraustellen.

 

Hi I3en!

"letztendlich wird er/sie aber wieder vom positiven Trampolin abgefedert. Dann ist das negative Trampolin doch genau das gleiche wie das positive,
Nein, es geht ja erst viel tiefer hinunter, in den Negativ-Bereich eben, und erst, wenn man von selbst wieder herauskommt, kommt wieder das positive Trampolin. Dafür geht es aber bei Depressiven dann auch im positiven Bereich wesentlich höher hinauf. Also wenn man es in Wellenform zeichnen würde, wären die Schwingungen sowohl nach unten, als auch nach oben größer. Daß es im oberen Bereich so ist, wird aber meist nicht bewußt wahrgenommen, vielmehr als normal betrachtet, weshalb auch das Negative als eigentliches Kennzeichen der Depression angesehen wird und ja auch das ist, was Schmerzen bereitet.

Alles liebe
Susi

[ 10.07.2002, 15:25: Beitrag editiert von: Häferl ]

 

Ach so ist das gemeint. Hmm..., das ist mir beim Lesen aber nicht wirklich so rübergekommen.

Naja, warte mal ein paar andere Reaktionen ab.

 

Shit...alles weg, also nochmal von vorne :(

Hiya Susi.

Zunächst mal...Deine Einleitung hat mir gut gefallen. Mit Hilfe der Zirkusmetaphorik schaffst Du sowohl interessante Bilder als auch Aussagen, die zum Nachdenken anregen, z.B.

Manche malen sich noch ein Lachen auf - zur Sicherheit? Wer weiß...
Sowohl der Vergleich Zirkus - verzerrte Wirklichkeit als auch Schminke - Maske funktionieren. Aber sie dienen ja nur als Einleitung.

Dein eigentlicher Vergleich...mit dem habe ich so meine Probleme. Also, Du erfindest ein negatives Trampolin, dass den Körper nicht nach oben, sondern in ein tiefes Loch nach unten befördert. Bild dafür, dass Menschen immer wieder in Depressionen zurückgeworfen werden, oder?

Es ist nur so... ich habe von Schwerkraft, Wechselkräften und allgemein physikalischem Tuten und Blasen keine Ahnung. Aber für mich funktioniert ein 'normales Trampolin' so, dass die Anfangskraft vom Körper ausgeht, der sich abstößt, hüpft, Körperspannung hält, und, von der Schwerkraft gen Boden gezogen, die Spannung des Trampolins nutzt, um sich wieder nach oben befördern zu lassen. Für mich ist der Mensch aktiver als das Trampolin. In Deinem Vergleich ist aber irgendwie das Gerät das aktivere. Klar, Du sollst ja laut Aufgabe einen Gegenstand nutzen, der eigentlich gar nicht aktiv sein kann...aber irgendwie hinkt für mich Dein Vergleich, als Konsequenz überzeugt mich Deine Argumentation nicht.

Also, mein Rat: Aussage verstärken, aber zunächst nochmal überdenken / -prüfen, ob deine Wahl des Vergleichs überhaupt funktionieren kann.

Grüße,
San

 

Liebe Sandra!

Danke für´s Lesen und Deine Kritik!

Die Sache mit dem Trampolin sehe ich anders: Man ist nicht nur am Anfang aktiv, um hochzukommen, sondern man bestimmt zum einen, wie hoch man springt, also mit welcher Intensität, manche wippen ja nur so durchs Leben, und zweitens geht es auch dann nicht von selbst weiter. Tut man nichts aus eigener Kraft dazu, hüpft man nicht mehr lange weiter, dann kommt es zum Stillstand, oder man fällt überhaupt hin - läßt sich fallen.
Dann braucht man allerdings auf dem normalen Trampolin nur wieder aufstehen und man kann weiterhüpfen.

Das negative Trampolin schleudert einen aber nur nach unten, in das Loch, von wo man nicht so einfach wieder herauskommt. Es stellt die Depression dar, die einen ja unvermittelt und meist ohne eigenes Zutun trifft.
In meiner Geschichte ist es das Nachdenken über die Echtheit bzw. das Verstecken der Gefühle der Menschen, die zu einer depressiven Stimmung führen. In der depressiven Stimmung erscheinen dann auch alle anderen Probleme viel größer ("die draußen gelassenen Probleme stürzen auf mich ein"), was schließlich zur Depression führt, indem das negative Trampolin kommt und einen ganz hinunter schleudert.

Werde noch versuchen, das ein bisserl deutlicher in den Text einzubauen - es sind ja auch erst 397 Wörter, also darf ich noch 100 schreiben... :lol:
(Aber nicht mehr heute...)

Alles liebe
Susi

 

@querkopp, das war ein Test, ob es ähnlich kleinliche Leute wie mich hier gibt :lol:

 

Zu deiner Geschichte wurde ja fast alles schon geschrieben, trotzdem auch noch meine Meinung:
Was mich ein bisschen verwirrt, ist der Satz "Oben höre ich Stimmen und Lachen, rufe ihnen zu, doch sie geh´n vorbei." Vielleicht war ich ja noch nicht "richtig" depressiv, aber wenn ich persönlich in so einer Situation bin, verkrieche ich mich, dann will keine Menschen um mich rum. Erst, wenn ich dann wirklich wieder "raus" will, bin ich für die anderen wieder zugänglich. Bin ich die einzige, der es so geht? (wow, dann hätte ich ja meine eigene Depression, nur für mich, ich brauch niemandem was abgeben, sie gehört mir ganz alleine *irres Lachen*) Das ist aber auch die einzige Textstelle, die für mich nicht so richtig passt. Den Vergleich hast du mMn gut umgesetzt. So gut, dass man dir das negative Trampolin eben trotz physikalischer Unstimmigkeiten abnimmt.

 

Hallo Häferl,

deine Geschichte habe ich zwar schon vor etlichen Tagen gelesen, aber nicht so recht gewusst, wie ich sie kommentieren soll. Grund hierfür ist, dass ich mit der Emotion Depression –Gott sei Dank- Null Erfahrung habe.

Natürlich habe ich, wie zu erwarten, auch nach einigen anderen Kritiken, nicht mehr Erfahrung mit Depressionen und ich kann meine Kommentare doch nur pauschal von mir geben, was vielleicht nicht unbedingt falsch ist.

Die Kombination Depression – (negatives) Trampolin erscheint mir gut nachvollziehbar. Das Trampolin schleudert einen, ob man will, oder nicht, immer wieder nach oben; das negative – die Depression- immer wieder nach unten, ob man will, oder nicht.
Die Hilflosigkeit deiner Protagonistin in der Situation der Depression stellst du sehr gut dar, man empfindet das Runtergeschleudert-Werden mit.

Insofern finde ich, dass die Challenge-Aufgabe gut gelöst ist.

Gruß
Maris

 

Danke Euch allen für´s Lesen und die doch recht positiven Kritiken!

@Chancey,

"um da wieder herauszukommen braucht man dann einen positiven Impuls, also das "positive Trampolin"."
- Wobei (es klingt, als würdest Du es so meinen) der Impuls nicht zwingend von Außen kommen muß. Es reicht, wenn man selbst will, wenn man also von sich aus einmal anfängt, wieder hinaufzuklettern...

@Nudelsuppe,

"Was mich ein bisschen verwirrt, ist der Satz "Oben höre ich Stimmen und Lachen, rufe ihnen zu, doch sie geh´n vorbei." Vielleicht war ich ja noch nicht "richtig" depressiv, aber wenn ich persönlich in so einer Situation bin, verkrieche ich mich, dann will keine Menschen um mich rum."
Ich stimme Dir schon ein bisschen zu, bei Deinem Kritikpunkt. Früher war es mehr so, wie Du schreibst. Aber wenn man bewußt damit umzugehen lernt, ist es irgendwie anders... Dann ist einem plötzlich schon das Hineinfallen sehr bewußt und man möchte es noch aufhalten - was man dann manchmal auch schafft. Aber vor allem macht man es sich dann nicht mehr so bequem in dem Loch, sondern versucht entweder selbst wieder herauszukommen oder sucht Hilfe, was aber meistens überhört wird, weil ja niemand gerne da nach unten schaut...

(Ich krieg immer Hunger, wenn ich Deinen Namen lese... :) )

@Querkopp,

"Das Trampolin schleudert einen, ob man will, oder nicht, immer wieder nach oben;"
Beim positiven ist es schon eher selbstbestimmt, wie hoch man hüpft, wie gesagt, manche wippen so durchs Leben und manche springen höher, eben wie bei einem richtigen Trampolin. Nur das Negative schleudert einen nach unten - so paßt´s ja auch physikalisch, denke ich, ganz gut, oder? ;)

Alles liebe
Susi

 

Aber wenn man bewußt damit umzugehen lernt, ist es irgendwie anders... Dann ist einem plötzlich schon das Hineinfallen sehr bewußt und man möchte es noch aufhalten - was man dann manchmal auch schafft. Aber vor allem macht man es sich dann nicht mehr so bequem in dem Loch, sondern versucht entweder selbst wieder herauszukommen oder sucht Hilfe, was aber meistens überhört wird, weil ja niemand gerne da nach unten schaut...
Aha, das hab ich also vielleicht noch vor mir. Na gut, damit entkräftest du meine Kritik und ich kann dir jetzt endgültig sagen: Schöne Geschichte, Vergleich gut umgesetzt. Lob :D .

(Ich krieg immer Hunger, wenn ich Deinen Namen lese... :) )
:lol:

 

hi Susi!

über Zirkus-Sybolik habe ich auch schon einiges geschrieben. Ich finde, Du hast die vorhandenen Elemente gut verarbeitet und umgesetzt.

süße Sätze:

Sorgen läßt man vor der Tür, da draußen stören sie nicht.
Manche malen sich noch ein Lachen auf - zur Sicherheit? Wer weiß...
Irgendwie macht der Text aber auf mich leider einen "vorbeistömenden" Eindruck.. so ein wenig wegen der oft aneinandergereihten Sätze... da wäre mehr inneres Beziehungsgefelcht schön.
Es fällt mir gerade in dem Abschnitt "Es wird nacht, es wird morgen" auf... Da springst Du mit Deinem Leser von Satz zu Satz.

Die Geschichte hat mir gefallen, weil sie eine recht humorvolle aber auch nachdenkliche Argumentation beinhaltet.

Lieben Gruß, Frauke

 

So, ein bisschen habe ich noch geändert, falls es noch nicht zu spät ist... ;)

(Und wenn es zu spät ist, hab ich´s trotzdem geändert.)

 

"*wah* Vor zwei Minuten meine Bewertungen an San geschickt, Häferl..."
Schau mich doch nicht so verzweifelt an... :lol:
Die Erleuchtung kennt eben keinen Termin - aber für die nächsten Leser, sollten noch welche kommen, ist es jedenfalls geändert und so kann ich immer in der Illusion leben, daß ich mit dem geänderten Text sicher gewonnen hätte. :D

 

Hallo,

Es wurde ja schon fast alles gesagt. Anfügen wollte ich nur einen weiteren Aspekt des negativen Trampolins, in dem es dem positiven ähnelt. Auf einem positiven Trampolin muss man sich auch erstmal hoch arbeiten. Der erste Sprung ist noch gar nicht so hoch, aber man kann seine Fallkraft in einen Schwung für einen höheren nächsten Sprung übersetzen.
Ich glaube, bei mir ist das jedenfalls so: Am Anfang gibt es nur einen kleinen Trip "nach unten". Dein Verstand zieht dich dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurück bzw. empor ("So schlimm ist das doch eigentlich gar nicht"), aber du wirst gleich wieder von der Spanndecke des negativen Trampolins umsotiefer nach unten geschleudert, und so geht es immer weiter, bis du in eben diesem Loch landest ("Hat doch eh alles keinen Sinn"), wie du in deiner Geschichte schreibst, und dann hat dein Verstand, gleichwohl eine Nussschale auf dem Ozean der Seele, nichts mehr zu melden. Es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, wann die Konstellation deiner Hormone (und Depression ist aus biologischer Sicht wirklich nur eine Sache des krankenden Hormonhaushalts, dessen Ursache widerum nicht-organisch sein kann) auf wundersame Weise wieder nach oben ausschlägt. Mit etwas Glück geht es dann wieder bergauf, das positive Trampolin kommt ins Spiel.
Interessant ist für mich die Frage, wie der Wechsel zwischen den den beiden Trampolinen erfolgt. In deiner Geschichte erzeugst du bei mir mit dem Streichholz, das dein Zirkuszelt anzündet, die Assoziation, dass im höchsten Höhenflug, in welchen du dich mit dem positiven Trampolin katapultiert hast, plötzlich das negative - in Form dieses Streichholzes - auf dich zubrettert und dich erst auf den Boden der Tatsachen zurückholt, um dich von dort in das Loch zu "versenken". Ist das so?
Es kann doch auch sein, (nur eine Überlegung: ) dass man einfach vergisst, plötzlich, den Schwung des positiven Trampolins auszunutzen. Das ganze Trampolin-Prinzip ist doch wie gesagt: Die Fallkraft des vorigen Sprungs als Schwung für den nächsten nutzen. So lange man das tut, hat das positive Trampolin keine Zeit, plötzlich ins negative umzuschwenken. Vergisst man es aber, kann es. Das, finde ich, ist auch eine Möglichkeit der Deutung.

Interessant finde ich in diesem Sinne auch den Vergleich mit dem Zirkuszelt. Einem Zirkuszelt sieht man von außen ja nicht an, ob die Artisten darin sein wollen, oder darin sein müssen, um z.B. Negatives von sich fern zu halten, zu verdrängen. Bin ich depressiv, denke ich auch, alles nur Heuchelei, alles nur Verdrängen, mit Maske, Schminke und Schauspiel hässliche Schattenseiten übertünchen.
Habe ich aber wiederum eine glückliche Phase, sehe ich plötzlich, dass viele Menschen von Herzen glücklich sind und es nicht nur vortäuschen. Der Depressive verschließt vor dieser Möglichkeit genauso die Augen, wie die Glücklichen oft davor, dass Depressive nicht nur aus Spaß todtraurig sind oder doch nur Mitleid heischen wollen, sondern weil dahinter oftmals eine Ursache steckt, die sie - aus Scheu, Feigheit? - nicht sehen wollen.

Es ist doch ein Unfug zu denken, in der Depression kannst du mit deinen Sorgen besser umgehen als im Fröhlichsein. Fröhlich magst du dich vor deinen Sorgen verstecken, ja, aber in der Depression wirfst du dich ihnen geradezu zum Fraß vor - was ist nun besser?
Der oder die Depressive, und ich spreche aus eigener Erfahrung (vielleicht bin ich da der einzige, meine ich), sieht nicht: Sorgen = ungelöste Probleme! Durch die Lösung von Problemen gehen auch die Sorgen, aber dazu braucht man Motivation und Zuversicht, und dafür wiederum einen - wenn auch nur zeitweise: - intakten Hormonhaushalt. Einige Menschen wissen das eben, und weil sie ihre Probleme lösen im Fröhlichsein, nicht verdrängen und sich daher nicht in Depressionen mit ihnen herumschlagen müssen(!!!), können sie langfristig resistent glücklich sein. Und trotzdem werden sie von den Depressiven verkannt und gleichgesetzt mit den Heuchlern, der durch Fröhlichsein verdrängenden, Mehrheit.


Soweit meine Gedanken
zu deiner Geschichte,

FLoH.

 

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