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Das Haar in der Suppe
Ich war ärgerlich, als ich ein Haar in meiner Suppe fand.
Ich war beruhigt, als ich merkte, dass es mein eigenes war.
Ich war überrascht, als ich herausfand, dass es mir noch gar nicht ausgefallen war.
Ich lag mit meinem Gesicht in der brühend heißen Suppe und wusste nicht wie ich dorthin gekommen war. Auf der anderen Seite des Suppentellers erblickte ich Sylvia, die angeekelt auf meine Haare in ihrer Suppe starrte. „Die könntest du ruhig wieder einmal waschen“, sagte sie. Ich schämte mich und wurde rot, weil die Suppe noch immer viel zu heiß war.
Meine Großmutter sagte mir früher oft, ich solle den Löffel zum Mund und nicht den Mund zum Löffel führen. Und auf einmal liegt man dann mit dem ganzen Gesicht in der Suppe.
Sylvia hatte sich inzwischen an den Tellerrand gesetzt und war nicht mehr ganz so wütend. Sie wirkte nachdenklich und traurig. Ich fragte sie „Was ist den los mit dir, Sylvia?“.
Sie sah mich an, sah weg, sah mich wieder an und sagte: „Weißt du, ich bin einfach total unzufrieden in letzter Zeit. Nichts stimmt mehr, nichts ist mehr wie es sein soll. Sieh mich doch an. Ich bin klatschnass, überall in meinem Haar ist diese heiße Suppe und ich sitze hier mit dir am Tellerrand und weiß nicht, was ich tun soll. So kann das doch nicht weitergehen.“
„Kopf hoch, Sylvia“, sagte ich, stand auf und ging.