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Das geduldige Mädchen

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19.01.2004
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Das geduldige Mädchen

Montag, 17. Mai
Heute ist wieder einer dieser Tage, da würde ich am liebsten einfach nur in seinen Armen liegen, meinen Kopf auf seiner Brust, seine Arme streicheln mich sanft und dann küssen wir uns, stundenlang. Mehr will ich doch gar nicht. Er soll mich nur ansehen, mit diesem verliebten, verträumten Lächeln, das ich so mag. Ich glaube er weiß gar nicht, wie glücklich mich das immer gemacht hat.

Heute ist Dienstag, ein seltsamer Tag. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, alles scheint fröhlich und beschwingt, nur ich selbst fühle mich schlecht, beinahe krank. Einen Moment lang blicke ich sehnsüchtig aus dem Fenster. In weiter Ferne sind die Gipfel der Berge zu erkennen. Auf ihnen liegt ein bläulicher Schimmer. Am Himmel ist keine einzige Wolke zu entdecken. Auch wenn die eng umschlungenen Liebespaare das ganze Jahr über zu beobachten sind, stechen sie einem jetzt am meisten ins Auge. Es macht mich ein wenig traurig. Ab und zu ärgere ich mich sogar über diese Paare, manchmal beneide ich sie auch, aber das ist sehr selten der Fall. Eigentlich lasse ich das alles gar nicht erst an mich herankommen. Langsam wende ich meinen Blick wieder auf meinen Computerbildschirm. Rechts unten in der Ecke steht die Uhrzeit. Es ist jetzt 16:25 Uhr. Das bedeutet, dass ich in 5 Minuten nach Hause gehen kann. An einem Tag wie diesem kommt mir das sehr gelegen. Ich will hier weg, ich will alleine sein. Hin und wieder brauche ich das einfach, das geht jedoch vermutlich vielen Menschen so. Deshalb bin ich manchmal auch ganz froh darüber, dass ich momentan keinen Partner habe. Eine Beziehung besteht nicht nur aus Liebe und Fröhlichkeit. Man geht damit auch Verpflichtungen ein und muss immer wieder große Opfer bringen, um die Beziehung aufrecht zu erhalten. Natürlich würde ich das in Kauf nehmen, dennoch weiß ich, dass ich vor allem die Freiheit vermissen würde. Zu tun und zu lassen was man will, ohne dabei auf jemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Es ist jetzt 16:30 Uhr und ich kann nach Hause gehen. Im Büro ist ohnehin nicht mehr viel los. Ich lege meine Un-terlagen fein säuberlich übereinander und verstaue sie in der Ablage. Ich hole meine leere Lunchbox aus der Schublade und packe sie in meinen kleinen Rucksack, dann fahre ich den Computer herunter und warte einen Moment, bis ich ihn ausschalten kann. Als ich über den Hof zu den Parkplätzen laufe, muss ich für einen Moment an meinen Ex-Freund denken, warum weiß ich nicht. Was er jetzt wohl gerade macht? Leider hatte er vor einem Monat diesen Unfall. Obwohl das ein großer Schock für mich war, hielten sich meine Gefühle doch in Zaum, da ich mich schon einige Zeit davor von ihm getrennt habe. Ich versuche diese Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen und gehe etwas schneller. Mein Auto steht ganz hinten links. Ich mußte es soweit hinten abstellen, da sonst kein Platz mehr frei war. Heute Morgen habe ich meine Wohnung ein bisschen aufgeräumt, deshalb bin ich später zur Arbeit gekommen. Seit einiger Zeit riecht es bei mir zu Hause unangenehm. Ich hoffe es ist jetzt, da ich aufgeräumt habe, ein bisschen besser geworden. Schließlich werden die Tage doch immer wärmer und liegengebliebene Essensreste oder Ähnliches beginnen dann sehr schnell zu riechen und das lockt Ungeziefer an. Ich setze mich in meinen kleinen roten Toyota, lasse den Motor an und fahre in Schrittgeschwindigkeit vom Parkplatz. Im Laufe des Nachmittags hat sich im Auto eine sengende Hitze angestaut, deshalb öffne ich das Fenster. Meine Wohnung liegt eine etwa dreißigminütige Autofahrt entfernt und weil ich nicht so gern Radio höre, habe ich mir vor einiger Zeit eine Kassette aufgenommen, damit mir nicht langweilig wird. Darauf sind viele meiner Lieblingslieder. Ich habe einen recht seltsamen Musikgeschmack, deshalb bin ich auch froh, dass ich allein im Auto sitze, denn so kann sich niemand darüber beschweren, wie es zum Beispiel mein
Ex-Freund getan hat. Ich habe ihn dann einfach ignoriert, selbst wenn er lauthals mitgesungen hat um mich zu ärgern. Zwar habe ich das immer verabscheut, dennoch konnte ich ihn irgendwie verstehen, da es ja wirklich recht eigenwillige Stücke auf der Kassette sind. Die Hälfte der Strecke habe ich nun hinter mir. Nach der nächsten Ecke kommt ein langes Waldstück. Das mag ich besonders gerne, denn als kleines Kind habe ich sehr oft dort gespielt, allerdings führte damals noch nicht diese Straße hindurch. Am Himmel zeichnen sich nun doch ein paar Wolken ab und ich beschleunige etwas. Mit laut aufgedrehter Musik brause ich durch den Wald. Die Sonne verschwindet im Sekundentackt hinter den blühenden Baumwipfeln, doch da die Straße viele Kurven hat und ich sehr rasant fahre, kann ich diesem schönen Anblick keine große Beachtung schenken. So ähnlich muss es meinem Ex-Freund wohl auch ergangen sein. Vielleicht mußte er sich einfach nur auf andere wichtige Dinge konzentrieren und konnte deshalb nicht so viel Zeit für mich aufbringen. Ich hätte ihn natürlich fragen können, aber schließlich braucht jeder etwas Freiraum und ich wollte nicht aufdringlich sein. Er hätte es mir ja gesagt, wenn irgendetwas gewesen wäre, von dem ich wissen sollte. Und da er das nicht getan hat, habe ich mir auch keine Sorgen gemacht. Wieder versuche ich, den Gedanken an ihn zu verdrängen und drehe die Musik noch ein bisschen lauter. Spätestens jetzt hätte er etwas zu meckern gehabt. Sowieso hatte er immer viel zu kritisieren. Darin war er ziemlich gut. Aber eigentlich war es richtig von ihm. Immerhin hat man mir auch beigebracht, es laut auszusprechen, wenn einem etwas nicht passt, nicht einfach nur still dazusitzen, sondern etwas dagegen zu tun. Und das hat er eben gemacht, deshalb sollte ich es ihm nicht übel nehmen. Gerade habe ich das Waldstück hinter mir gelassen und kann beinahe schon meine Wohnung sehen. Leider reicht mein Gehalt nur für eine kleine 2-Zimmer-Wohnung in einem der Hochhäuser. Aber das genügt mir,
da ich ja, normalerweise, allein lebe. Denn nach seinem Unfall habe ich meinem Ex-Freund angeboten, eine Weile bei mir zu wohnen, bis er sich etwas erholt hat. Da ich gefühlsmäßig mit ihm abgeschlossen hätte, würde es mir nichts ausmachen, habe ich zu ihm gesagt. Eigentlich ist das nicht ganz die Wahrheit. Ich versuche einen klaren Kopf zu bekommen, damit mein Verhalten meinem Ex-Freund gegenüber gelassen wirkt. Er heißt übrigends Yamada. Vor dem Haus ist gerade noch ein Stellplatz frei. Nachdem ich das Auto dort geparkt habe, nehme ich meinen kleinen Rucksack, der die ganze Fahrt lang auf dem Beifahrersitz gelegen hat und steige aus. Draußen ist es furchtbar heiß. Noch bevor ich den Eingang erreicht habe steht mir der Schweiß auf der Stirn. Hoffentlich habe ich die Wohnung heute Morgen gründlich genug aufgeräumt, denke ich mir, während ich auf den Aufzug warte. Ich wohne im siebten Stock. Dass Yamada noch einmal aufgeräumt hat, glaube ich nicht. Er ist noch schwach und muss sich ausruhen. Manchmal habe ich Mitleid mit ihm. Ab und zu denke ich aber auch, dass er es verdient hat. Das ist dann der Fall, wenn ich mich an diesen Abend im letzten Jahr erinnere, als ihm die Hand ausgerutscht ist. Natürlich kann ich ihn dafür nicht verurteilen, schließlich war er betrunken und wußte nicht so recht, was er tat. Es hat auch gar nicht besonders weh getan und am nächsten Tag hat er sich außerdem bei mir entschuldigt. Entschludigt hat er sich immer bei mir. Ich schließe die Wohnungstür auf und sofort steigt mir der unangenehme Geruch von heute Morgen in die Nase. Als ich das Wohnzimmer betrete sitzt Yamada seelenruhig auf der Couch und sieht mich gelangweilt an. Da er den ganzen Tag in der Wohnung verbracht hat ist ihm der Geruch wohl nicht aufgefallen. Ich lächle ihm zu und öffne eines der Fenster. Dann gehe ich in die Küche, hole meine Lunchbox aus dem Rucksack und spüle sie gleich ab, damit sie nicht auch noch anfängt zu riechen. Nebenbei denke ich daran, dass Yamada und ich irgendwann wieder zusammenkommen könnten. Bevor ich anfange, etwas für uns beide zu kochen, gehe ich noch in mein Schlafzimmer. In der Schublade neben meinem Bett liegt mein Tagebuch, in das ich zur Zeit sofort nach der Arbeit schreibe, weil ich es sonst vergesse, sobald ich neben Yamada sitze. In letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass sich meine Einträge immer mehr um ihn drehen, aber ich finde das unbedenklich, schließlich sind es nur Gedanken, die ich auf-schreibe. Ich würde ihm niemals sagen, dass ich ihn noch liebe und das ich ihm verziehen habe. Das wäre im Moment wohl auch zuviel für ihn. Etwas nervös, da Yamada jeden Moment ins Zimmer kommen könnte, lese ich meinen letzten Eintrag. Danach schreibe ich kurz die wichtigsten Ereignisse des Tages auf, unter anderem auch, dass ich viel an Yamada denken mußte und an den Abend, an dem ich ihn mit Toshiko im Bett erwischt habe. Eigentlich bin ich ziemlich großzügig, ihn jetzt bei mir wohnen zu lassen. Als ich fertig geschrieben habe, gehe ich zurück ins Wohnzimmer. Yamada sitzt noch immer schweigend auf der Couch. Er war noch nie ein großer Redner. Ich setzte mich neben ihn und nehme seine Hand. Sie ist ganz weich und es ist ein schönes Gefühl ihn zu berühren. Dieses Gefühl erinnert mich so sehr an früher und ich streichle mit meiner anderen Hand über seinen Oberschenkel. Yamada unternimmt nichts dagegen, deshalb ergreife ich meine Chance und küsse ihn. Es fühlt sich einfach wunderbar an. Yamada selbst blickt mich an, als wäre überhaupt nichts. Es scheint ihm wohl gleichgültig zu sein, dass ich ihn zurückhaben will. Vielleicht hätte ich es ihm früher sagen sollen, dann hätte ich mir diese Eifersuchtsszene vor einem Monat sparen können. Jetzt erwidert er noch nicht einmal meine Küsse. Um die vielen Einstiche herum hat Yamadas Haut einen grünlichen Farbton bekommen. Die Blutflecken auf der Couch, auf der sich hunderte von Maden winden, habe ich leider nicht mehr ganz rausbekommen. Aber eigentlich soll ja auch alles so bleiben wie es ist, deshalb habe ich auch noch nicht das Messer entfernt, das in Yamadas Schulter steckt. Einzig und allein der Gestank macht mir langsam Sorgen, schließlich wird es noch eine Weile dauern, bis Yamada sich von seinem Unfall erholt hat. Aber ich bin ein geduldiger Mensch. Vielleicht sieht er ja schon morgen ein, dass es auch ein bisschen seine Schuld war.

ENDE

 

Vielen Dank für die erste Kritik! :)

Nun...ich habe diese Geschichte in 30 Minuten geschrieben. Es war eine spontane Idee und sie kam mir durchaus innovativ vor, obwohl es sowas in der Art natürlich schon gibt...

Die Problematik mit den Augen und Blicken Yamadas, das ist so eine Sache, lustigerweise habe ich Wörter wie "gelangweilt" erst ganz am Schluss eingefügt, um Yamada eine persönlichere Note zu geben und natürlich um den Leser aufs Glatteis zu führen. Somit ist die Antwort auf deine Frage: JA, Yamada ist natürlich tot, sitzt madenzerfressen auf dem Sofa und blickt, in den Augen der Protagonistin, eben gelangweilt. Natürlich mag das zunächst für Verwirrung sorgen, aber wenn man sich das ganze durch den Kopf gehen lässt, merkt man, dass dieses Mädchen so verrückt ist eine verweste Leiche zu küssen und mit ihr zu kommunizieren, deshalb halte ich es für durchaus möglich, dass sie seine toten Blicke als gelangweilt einstuft.

Die Tatsache, dass dir nicht ganz klar geworden ist, ob Yamada nun tot ist oder nicht, kann ich deshalb leider nicht nachvollziehen. Ich wollte die Beschreibung der Leiche am Ende so kurz wie möglich halten um zu verhindern, dass die Geschichte zu "trashig" wird.

Mit einer Verschiebung in die Rubrik "Seltsam" wäre ich zwar nicht ganz so glücklich, aber im Grunde hätte ich nichts dagegen. Falls noch jemand diesen Vorschlag macht, werde ich ihm auf jeden Fall nachgehen.

Nochmal vielen Dank für die Kritik, ich werde mir das ganze auf alle Fälle nochmal durch den Kopf gehen lassen!!! :hmm:

Servus
ALEX/KIMAHRI/ALISTAIR

 

Hallo Alistair.Isen!
Ich fand das ziemlich eindeutig, dass Yamada tot ist, und auch wenn sich einige erfahrenere Leser es wahrscheinlich schon viel eher haben denken können, hat mich das Ende durchaus überrascht. Da hat dich wohl "Psycho" inspiriert, hm? *She's as harmless as one of those stuffed birds*...wunderbar! :thumbsup:

Den Anfang find ich allerdings etwas langatmig: der Nachhauseweg ist so detailliert beschrieben und eigentlich völlig irrelevant, oder?

Was mir nicht ganz klar geworden ist: Der Auslöser für die Trennung/den Mord, war das dass er sie geschlagen hat, oder dass er fremdgegangen ist? Und hat sie ihn dann sofort erstochen, oder später? Naja, das ist wahrscheinlich eher etwas, was der Leser sich selbst denken sollte, was? *neugierig sei*

All in all: cool!
LG
Peanutmonster :shy:

 

Hallo Alistair,

ich war auch am Schluss überrascht. Die Pointe ist dir (bei mir zumindest) gelungen. Aber spannend fand ich das Ganze eher nicht. Während der Autofahrt hatte ich mal den Eindruck, sie würde einen Unfall bauen. Ich dachte, der Freund hätte einen Autounfall gehabt, deswegen ist sie jetzt durcheinander, und hat deswegen auch einen Unfall. Aber vielleicht hat diese Vorahnung mehr mit mir zu tun als mit deinem Text?

Vielleicht solltest du am Anfang dafür sorgen, dass die Protagonistin etwas seltsamer wirkt. Das mit dem Geruch zu Hause fand ich schon recht gut, aber das kommt auch erst relativ spät. Das könnte Spannung aufbauen: Der Leser fragt sich dann irritiert: Was stimmt mit dieser Frau nicht?

Und der Titel? "Das geduldige Mädchen" ist eigentlich nicht schlecht. Aber es passt für mein Gefühl nicht zur Ich-Perspektive. Wenn man diese Perspektive verwendet, dann will man doch die Illusion erwecken, dass der Text von der Protagonistin geschrieben ist oder erzählt wird. Aber der Titel spricht sozusagen von außen über das Mädchen.

Grüße,
Stefan

 

Vielen Dank für die neuen Beiträge, ich freue mich, dass die Geschichte neben einiger Kritikpunkte doch Anklang findet.

Da ich leider nicht viel Zeit habe, gehe ich mal auf ein paar Punkte ein, die mir besonders wichtig erscheinen:

Da wäre zum ersten der Titel: Das geduldige Mädchen
Nun, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist es, mir Titel für eine Geschichte auszudenken. Zu dieser hier fallen mir gerade eben erneut ca. 20 verschiedene, gute Titel ein. Das geduldige Mädchen haben ich deshalb gewählt, da ich im Titel eine gewisse Belanglosigkeit wiedergeben wollte, eine ganz normale Sache, ein ganz normales Mädchen. Dass dieser Titel nicht mit einer Geschichte zusammenpassen soll, die aus der Ich-Perspektive erzählt wird, verstehe ich nicht ganz... eine Alternative wäre dann also sowas wie: "Mein langweiliger Freund" oder "Ich bin ein geduldiger Mensch" ???

Der größte Teil der Geschichte ist im Grunde wirklich irrelevant! Das soll auch so sein, denn es wird scheinbar ein ganz normaler Tag im Leben eines ganz normalen Mädchens erzählt. Durch ihre Gedanken an ihren Ex-Freund bekommt man lediglich das Gefühl, dass sie einfach unglaublich naiv ist und sich alles schönredet. Ein weiterer Hinweis darauf, dass sie im Grunde absolut harmlos ist. All das versuche ich am Ende umzuschmeißen, ohne große Erklärungen. Ihr Freund hat sie tyrannisiert, er hat sie äußerst schlecht behandelt und irgendwann ist bei ihr eben eine Sicherung durchgebrannt und sie hat eine Art psychischen Schaden davongetragen, das kann durchaus bereits während dieser Beziehung zu Yamada passiert sein. In diesem Betrachtungswinkel finde ich zum Beispiel den Gedanken an ihre Kassette sehr amüsant. Man tut es als belanglos ab, aber was für Musik könnte das wohl gewesen sein, die sie da angehört hat? Solche kleinen Fragen reizen mich.

In diesem Sinne ist diese Geschichte bei "Spannung" vielleicht wirklich nicht so gut aufgehoben (dennoch lasse ich sie vorerst hier, wenn niemand was dagegen hat), denn es geht mir nicht so sehr um die Spannung, die hier eindeutig zu kurz kommt, sondern um das Gefühl, das diese Geschichte hinterlassen kann, wenn man sie sich in seinen eigenen Farben ausmalt. Aus einer anscheinend langweiligen Sache wird plötzlich etwas äußerst Groteskes. Eine Art schwarz-weiß Bild und am Ende wird dann ein Eimer Farbe drübergekippt... bevorzugt rot! :-)

 

Hallo,
Mir hat die Geschichte gefallen. Abgesehen davon, dass auch ich den Anfang etwas zu lang finde, teile ich die Kritikpunkte meiner Vorredner nicht. Dass die Perspektive des Titels mit der Erzählperspektive übereinstimmen muss, stimmt eigentlich nicht. Arthur Schnitzler, der "Erfinder" des Inneren Monologs, hat seine beiden berühmten Ich-Erzählungen "Leutnant Gustl" und "Fräulein Else" betitelt, und eine der bekanntesten österreichischen Monologe überhaupt heißt "Der Herr Karl". :klug:
Dass die Leiche mit "aktiven" Verben und Adjektiven beschrieben wird, finde ich auch nicht falsch, denn ein innerer Monolog gibt ja nicht die objektive Wirklichkeit, sondern die Gedanken und Eindrücke des Erzählers wider; und die Erzählerin dieser Geschichte hat eben eine nicht ganz normale Wahrnehmung. :silly:

 
Zuletzt bearbeitet:

@Woodwose: Danke für die Gegenbeispiele. Mir ist inzwischen auch noch ein Buch eingefallen: "Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman" von Lawrence Sterne, auch eine Ich-Erzählung. Und ist nicht "Gullivers Reisen" auch in der Ich-Perspektive geschrieben? Ich will in dem Punkt nicht unbedingt recht haben, würde es aber gerne wissen.

Ist es vielleicht so, dass das alles Erzählungen sind, bei denen das erzählende Ich zeitlich weit vom erlebenden Ich weg ist? Irgend einen Grund muss es m.E. geben, dass ein Ich so einen Titel wählt. Einen Titel, der so klingt, als wär es ein Buch über jemand ganz anderen. Oder stammt der Titel in diesen Fällen von einem auktorialen Erzähler, der Rest vom Ich-Erzähler?

Ich find es weiterhin merkwürdig. Ich würde meine Autobiografie nicht "Der bedeutende Stefan Leichsenring" nennen. Aber bitte, das soll jeder halten, wie er will. Es gibt ja sogar Leute, die schreiben ein ganzes Buch über sich selber in der dritten Person - Cäsar im "Gallischen Krieg".

Grüße,
Stefan

 

@leixoletti

Ist es vielleicht so, dass das alles Erzählungen sind, bei denen das erzählende Ich zeitlich weit vom erlebenden Ich weg ist? Irgend einen Grund muss es m.E. geben, dass ein Ich so einen Titel wählt. Einen Titel, der so klingt, als wär es ein Buch über jemand ganz anderen. Oder stammt der Titel in diesen Fällen von einem auktorialen Erzähler, der Rest vom Ich-Erzähler?
Möglich, aber ich glaube das trifft nicht immer zu.
Gutes Beispiel dafür ist aber: "Die Insel des Doktor Moreau" von H.G. Wells.
Dort gibt es eine kurze Einleitung eines fiktiven "Herausgebers", der in Ich-Erzählung erklärt, wie er an den Bericht des Protagonisten gekommen ist. Danach beginnt dann die Geschichte des echten Erzählers, ebenfalls in Ich-Erzählung, und erzählt, nachdem die Ereignisse schon länger vorbei sind.

 

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