Mitglied
- Beitritt
- 06.10.2001
- Beiträge
- 40
Das Ende der Halbstarken
Ob ich denn ein Problem habe, wollte der adrett gekleidete junge Mann mit der silbernen Kette und den säuberlich zurückgekämmten Haaren wissen. Wie es den Anschein hatte, stammte der Dunkelhäutige nicht aus der Gegend, worauf auch sein ausländischer Akzent Aufschluss gab. Gerade fühlte ich mich dazu bewegt mit einer wenig galanten Handbewegung seinem arroganten Lächeln ein Ende zu setzen, da schien es mir als ob sich einige Gestalten aus dem Dunkel der Nacht lösten und sich zu uns gesellten. Tatsächlich war dies der Fall.
„In der Annahme, dass Sie mich mit den üblichen Formulierungen und Sprüchen auf eine provokante Aussage drängen wollen, die Ihrerseits als Beleidigung aufgefasst und entsprechend geahndet wird, lasse ich mich, zwar nur äußerst ungern, doch wie mir in dieser Situation korrekt geboten erscheint, dazu verleiten die Zahlungsmodalitäten zu besprechen, welche den korrekten Wechsel meiner Finanzen ermöglichen“, gab ich dem etwas ungläubig dreinschauenden Jugendlichen zu verstehen. Sofort spürte ich die Klinge eines gefährlich aussehenden Springmessers an meiner Kehle. Wartend und doch in aller Ruhe, stellte ich mich auf die nun kommenden Forderungen ein.
„Du gibs mer dein Geld, du Horresoh“, warf mir Gebräunte in sichtlicher Rage entgegen. Um nicht in Verlegenheit zu geraten den mir soeben offenbarten Hinweis missverstanden zu haben, deutete ich fragend auf die Innentasche meiner gefütterten Wildlederjacke, die ich an jenem lauen Sommerabend offen trug.
Nachdem keine weitere Reaktion meinerseits folgte, wurde ich rabiat gegen die äußere Hauswand eines Nachtclubs gedrückt, dessen Gäste sich im Inneren zu dieser späten Stunde wohl köstlich amüsierten, da aus den Fenstern der Lärm von Musik und heiteren Gesprächen zu vernehmen war.
„Bis du schwärhörieg?“ wurde ich in bedeutungsschwangerem Tonfall von dem Fremden gefragt, worauf mir ein stechender Blick die Dringlichkeit seines Vorhabens nahebrachte. So griff ich also diesmal ohne zu Zögern mit der rechten Hand in die Jackentasche. Ich bemerkte, dass der sichtlich nervöse Halbstarke, der sich mit der linken Hand an meinem Ärmel festhielt, mit dem Bein zu wippen begann als ob er auf der Stelle liefe. Er warf den anderen, die ohne Zweifel zu ihm gehörten, ein von Vorfreude geprägtes Lächeln zu, dann drehte er sich wieder um und das Lächeln verschwand. Für einen kurzen Moment während dieser halben Drehung hatte er das Druckmittel zur Lockerung seines wenig muskulösen Oberarms von meiner Halsschlagader genommen, die sich nicht einmal jetzt regte. Die Gentlemen sahen erwartungsvoll zu mir herüber, bedachten wohl schon den Augenblick ihres sich in Kürze abzeichnenden Triumphes. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatten sie die Vorgehensweise bei ihrer nächtlichen Aktion nicht mit akribischer Genauigkeit geplant. Die Verteilung ihrer Standorte war willkürlich wie ich feststellte, so kamen nur ein paar von ihnen näher, um die Szenerie der Öffentlichkeit vorzuenthalten, indem sie sich dicht zusammendrängten.
Einen Plan hatten sie nicht. Dies wurde mir klar als der junge Mann sich meiner Wenigkeit erneut zuwand und dabei verblüfft auf einen Gegenstand schaute, den ich in der Kürze der Zeit aus meiner auf den ersten Blick recht eng wirkenden Jackentasche gezaubert hatte. Mit Geschicklichkeit musste ich bei dem vor mir stehenden Individuum nicht rechnen. So umschloss ich mit der Linken fest das Handgelenk des gar nicht mehr so schäbig grinsenden Vagabunden. Dies wäre eigentlich ein äußerst riskantes Manöver gewesen, hätte ich nicht damit rechnen können, dass der Kerl zur Sorte Mensch gehörte, die man in Kaufhäusern Videospielen zugewandt sah. Wobei er auch dabei vermutlich keine gute Figur abgab.
„Eh! D... gbs... mr...“, krächzte er mit zusammengebissenen Zähnen, worauf die hinter ihm befindlichen Gestalten näher herantraten.
Und genau diesen Zeitpunkt hatte ich abgewartet. Die ersten beiden, die dem Messerjungen zu Hilfe eilten, erreichten gerade die Stelle, an der das fahle Licht der Straßenlaterne von dem Gegenstand reflektierte, den ich in der Hand hielt. Ich schätze nicht, dass sie erkennen konnten, dass es sich dabei um ein AK47 Schnellfeuergewehr handelte.
„Ey du bis dot“, schrie mir einer von ihnen noch wütend entgegen. Natürlich sahen sie nicht, weshalb ihr Kamerad sich beinahe wehrlos in sein Schicksal fügte. Mit einem gleichgültigen Schmunzeln gab ich noch ein unbedeutendes Mhm von mir, dann drückte ich den Abzug. Ich drückte ihn einmal, zweimal, immer wieder und Salve um Salve entwich der dampfenden Mündung meines Gewehrs wie ein Donnerhagel. Das Lächeln des Fremden war seinem Gesicht für immer entwichen. Kaum wiederzuerkennen, zuckte er noch ein letztes Mal und ich ließ den leblosen Körper auf die Erde sinken, worauf sich die ehemals so wagemutigen Mitläufer panisch ergriffen aus dem Staub zu machen drohten. Doch ich hatte nicht vor dies zu dulden. Zielsicher pumpte ich einen Heranwachsenden solange mit Blei voll bis dieser schreiend zusammenbrach. Um ihm die Qualen zu ersparen, zertrat ich ihm den blutverquollenen Schädel, der wie eine Melone auseinander platzte, da ich ihn vorsorglich mit einer weiteren Salve bearbeitetet hatte. Wie festgewurzelt stand einer von ihnen noch an eine Litfasssäule angelehnt, Augen und Mund weit aufgerissen. Seine drohende Ohnmacht kurierte ich mit einem lähmenden Schuss in die Magengegend. Der Kerl wankte und begutachtete fassungslos die Wunde, aus der sich ein Schwall von Blut auf das Basketballtrikot und die viel zu weiten Baggypants ergoss. Ich nutzte die Gelegenheit und gab ihm ein paar kräftige Tritte in die Schienbeingegend, wobei ich vornehmlich auf die Kniescheibe eintrat, die wie zu erwarten heraussprang und es mir ermöglichte sein mutmaßlich höllisch schmerzendes Bein exakt in der Mitte zu brechen. Den aufkommenden Schrei unterdrückte ich, indem ich ihm mit der Faust den Kiefer zertrümmerte, was ihn wohl negativ tangierte. Vorsorglich zerschoss ich ihm nun den gesamten Halsbereich und riss die aus der blutigen Masse quellenden Stimmbänder heraus. So schied auch dieser Kandidat aus dem Spiel des Lebens aus und hinterließ einen dem Verwesungsprozess verfallenden Leichnam. Ich wollte schon das Werkzeug wieder in die Tasche stecken, da vernahm ich ein seltsam anzumutendes Geräusch.
Als ich die Säule umrundete, saß dort eine wimmernde, zusammengekauerte Gestalt, die sich offenbar bemühte nicht an dem eigenen Erbrochenen zu ersticken, das in Panik seinen Weg aus der Speiseröhre in den Rachenbereich gefunden hatte. Es roch nach Gallensaft und Alkohol.
„B-b-b-biete“, stammelte der im Rauschzustand unfähig zu flüchtende Junge.
Tadelnd schüttelte ich den Kopf und setzte dabei eine geradezu ironische Mimik auf. Dann boxte ich ihn sanft auf die Stirn, so dass er zurückschnellte und sich an der Säule stieß. Mich amüsierte der Wicht ungemein. Doch ich konnte mich nicht zu lang mit ihm aufhalten, deshalb begann ich ihn nun fester zu schlagen und abwechselnd zu treten bis er aus dem Hinterkopf blutete und vor mir auf die Knie fiel, um sich dort zu erbrechen. Und dieser Umstand verleitete mich dazu ihm dann endgültig seinen imaginären Totenschein auszustellen. Ich zog ihn an den von Blut getränkten Haaren hoch und drückte ihn gegen die Litfasssäule. Blitzschnell rammte ich ihm den Gewehrkolben in den müde blickenden Augapfel, worauf er zerquetscht im Inneren der Augenhöhle Halt suchte. Ich hämmerte wild mit der Rückseite der AK47 – nebenbei gesagt eine Sonderausführung mit erweiterter Zieloptik und verbesserter Treffergenauigkeit durch zusätzliche Luftdruckregulatoren – auf die jämmerliche Gestalt ein bis mir das Aufbrechen des Schädels das Zeichen zur Beendigung der Aktion gab. So verbrauchte ich die restliche Munition, indem ich die bisher verschonten Körperteile des mir suspekten Individuums durchlöcherte. Hier und dort fühlte ich mich dazu geneigt ein lediglich durch Knorpel und Hautfetzen festgehaltenes Glied vollständig abzutrennen, insgesamt war es jedoch eine recht beschauliche Tat, die ich da vollbrachte.
Damit war meine Arbeit beendet.
Langsam aber sicher beschlich mich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte so viel Zeit mit den vier Halunken verbracht, dass mir der Rest der Bande entkommen war.
Ärgerlich war auch die Tatsache, dass mir die Munition für fünf, maximal sechs von ihnen gereicht hätte. Nächstes Mal musste ich es also anders angehen. Dann würde ich an der Diskothek drei Straßen weiter warten. Oder am Sportplatz in der Nähe des Jugendzentrums. Ein paar von den Kids würden sich schon erbarmen und einen Krawattenträger Ende 30 um sein Vermögen zu erleichtern suchen.
Ob das als Notwehr durchgeht? fragte ich mich, während ich über einen der beiden Leichnahme gebeugt stand und auf ein blitzendes Band urinierte, das an eine Kette erinnerte. Die Halbstarken waren für diese Stadt eine ernst zu nehmende Plage. Ein Dutzend hatte ich diese Woche schon aus dem Verkehr gezogen.
„Und ich habe keine Probleme“, sagte ich zu der übriggebliebenen Hälfte eines starr geradeaus blickenden Haupts . Dann verschwand auch ich im Dunkel der Nacht, während die ersten Polizeisirenen ertönten.