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Serie Das dunkle Herz der Männer II

Seniors
Beitritt
28.12.2009
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2.438
Anmerkungen zum Text

Zweiter Teil der Serie. Teile dieses Textes sind aus einem anderen, älteren Text entnommen.

Das dunkle Herz der Männer II

Es bebt, gleich da unter ihrem Rock. Da bin ich mir sicher. Sie bebt, und macht mich verrückt damit. Sitzt einfach so in der Gegend, lässt die Beine von der Mauer baumeln. Ein grausames Biest. Schenkt mir ein Lächeln, sagt: „Malst du mir was, Onkel Hans?“, und reicht mir Malkasten und Papier. Mein Mund ist trocken. Ich nehme das Papier an mich, breite es vor mir aus. Sie sieht mich neugierig an, ganz erwartungsvoll – und ich leide in stiller Agonie, kann keinen klaren Gedanken fassen. Malen. Sie mag Tiere. Alle Kinder mögen Tiere. Ich weiß nicht, warum, aber so ist es. Ich starre auf das Weiß, sie rückt näher. Ihr Geruch in der Luft, ganz leicht nur, gerade so wahrnehmbar … ich atme gleichmäßig, etwas pocht in meinem Kiefer, dann nehme ich den Kohlestift aus dem Kasten und zeichne ein Paar Augen auf das Papier. Ich weiß nicht, warum – sie fließen aus meinen Fingern, ich halte nur den Stift, danach passiert es von selbst, ganz organisch. Augen, und diese Augen starren mich, starren sie an.

Ich hasse ihre Haare. Blond und dünn und lang. Ich würde ihr den Kopf kahl scheren, es wäre wie eine Kastration. Sie legt ihre Hand auf meinen Arm, fragt: „Malst du weiter?“ Ihre Stimme ist die einer Sirene, es ist eine Qual, ihr zuzuhören. Man gibt mir sowieso zu viel Zeit mit diesem Gör, mein Verstand hält das kaum noch aus. Ich würde ihre Schenkel küssen, das zuerst, und dann, ganz langsam, ihre Ärmchen umdrehen, bis die Knochen brechen, bis sie nutzlos an ihrem kleinen Körper hängen. Es ist gut, denke ich, es ist gut, und dann höre ich Bernds Stimme

„Ein Elefant?“, fragt er und lacht, und sie kichert und schreit: „Papa!“ Papa, Papa, Papa – ich kann es nicht mehr hören. Bernd setzt sich und bietet mir eine Zigarette an. „Sie malt so gerne“, sagt er und gibt mir Feuer, und ich nicke und setze ein Lächeln auf. „Möchtest du noch ein Glas Wein?“, fragt er, er hat die Karaffe bereits in der Hand, aber ich lehne höflich ab. Wir beide sitzen für eine Weile einfach auf dieser Mauer, rauchen, betrachten Lisa, schweigen. Ihre schlanken Finger gleiten ungelenk über das Papier, auf ihrem Kleid überall kleinste Farbkleckse. „Wie geht es Gitta?“ Es ist eine dumme Frage, eine unnötige, denn er kennt die Antwort bereits. Er kann die Stille nicht ertragen. „Sie ist immer noch im Krankenhaus“, antworte ich. Bernd senkt den Blick. Er ist durchschaubar, kein sehr guter Schauspieler. Natürlich weiß er, dass sie nicht im Krankenhaus liegt. Krankenhaus – das ist nur ein Code, es klingt harmloser als Irrenanstalt. „Das ist schlimm“, sagt er dann und sieht mich ganz direkt an. Ich nicke stumm. Ist es schlimm? Ihr geht es besser so, denke ich, aber eigentlich steht mir kein Urteil zu. Was ist verrückt? Was ist normal? Und wer darf es bestimmen? Ich weiß es nicht, aber es scheint ein altes Spiel zu sein, ein sehr altes.

Lisa malt noch immer. Ihr Kleid ist etwas hochgerutscht, ich starre auf ihre Knie, auf das weiße Fleisch ihrer Schenkel. Bernd zündet sich eine neue Zigarette an, er wirkt entspannt, der Zeitpunkt ist günstig. „Hast du schon darüber nachgedacht?“, frage ich ihn, ganz beiläufig, und er dreht seinen massigen Körper in meine Richtung, die Zigarette zwischen seinen Lippen. Er nickt. „Ja, das habe ich“, antwortet er und die Glut lodert auf, „ich weiß nicht, Hans … sie ist erst zwölf. Versteh' mich nicht falsch, aber …“, seine Stimme bricht, er hebt seine Augenbrauen und zuckt mit den Achseln, „ich denke, sie ist einfach zu jung.“ Zuerst höre ich nur auf das Rauschen in meinen Ohren, gleichmäßig und beruhigend, dann sehe ich in dieses aufgedunsene, frisch rasierte, unbescholtene Gesicht. „Bernd – was soll schon passieren?“ Er seufzt. In meinen Ohren klingt das verächtlich und gönnerhaft. In seinem Blick, da liegt etwas Vorwurfsvolles, etwas zutiefst Vorwurfsvolles. Ich weiß es, ich erkenne es. Er will nicht sagen, was er wirklich denkt, er vertraut darauf, dass ich es selbst erkenne. Ich klopfe ihm auf die Schulter und sage: „Schon gut, ich verstehe das“, aber natürlich verstehe ich es nicht. „Sie ist meine Tochter“, sagt er, und ich gieße mir Wein ein und trinke, trinke um zu vergessen, um Bernd und seine Engstirnigkeit zu vergessen, um den fehlenden Mut zu vergessen, den ihn und all die anderen auszeichnet. Bernd prostet mir zu, er sieht mir meinen Unmut, meinen Hass nicht an. Er übersieht ihn, er will ihn übersehen. So ist es einfacher. Er verschlingt eine Artischocke und schmatzt wie ein Schwein – und dann berichtet er über diesen und jenen Galeristen, über diesen und jenen Künstler, es seien alles Versager. Geschwätz, dass der Senkgrube der Bürgerlichkeit entstammt. Ich höre hin, aber ich höre nicht zu, so ist es meistens.

Sie erkennt mich und rennt los. Sie ist schnell, fast stürzt sie und verliert das Gleichgewicht, aber im letzten Augenblick fängt sie sich wieder. Die anderen Kinder beobachten mich, ich spüre ihre neugierigen Blicke, aber mein Innerstes bleibt kalt, unberührt. Ihnen fehlt etwas, etwas ganz Bestimmtes, etwas, das ich nicht genau erklären kann. Ich wünschte, ich könnte es, es ist mir jedoch selbst ein Rätsel. Vielleicht ist es Dunkelheit, die Lisa begleitet. Dunkelheit hat mich seit jeher angezogen. Ich sehne mich eher nach dem Anblick einer Wasserleiche, aufgedunsen und welk im Mondschein, als nach einer in Blüte stehenden Blume. Ich werde angezogen vom Makaberen, vom Bizarren, von den ekelhaften Dingen; die guten, die plausiblen, die logischen Dinge sind für mich uninteressant wie nur was. An Menschen interessieren mich nur die im Niedergang befindlichen oder diejenigen, die bereits im Schmutz liegen, besser: In den Schmutz gestoßen wurden. Nur sie sind eine wirkliche Beschäftigung wert. Die Verwundeten, Benutzten, Ausgestoßenen, Schmerzensmänner und Schmerzensfrauen, solche, die zum Krüppel gestochen, geschlagen, geschossen wurden, solche, die sich willentlich haben zermürben lassen vom lauten Generator, der sich Leben nennt. Nur sie haben sich die Erinnerung, ihre Meriten verdient. Die nassforschen Könner, die verhinderten Streber und Heuchler, die, die alles legitimieren wollen, um möglichst lange zu überleben, die ewigen Talente, die man immer vor dem Absturz behütet hat, die ungebrochenen Saubermänner, die stets schön bleiben – sie alle sind mir ein Gräuel. Sie lassen mich kalt. Hässlichkeit, Zerfall, Schmerz – süße Melodien in meinen Ohren, denn sie sind unumstößliche Wahrheiten. Und das ist es doch, nach dem wir suchen: Wahrheit. Oder etwa nicht?

Das Schöne, das Reine, das Unschuldige sehe ich immer nur im Zerfall begriffen, immer schon auf der Flucht in das Reich der Dunkelheit. Ich habe schon sehr früh die Schäbigkeit hinter den schönen Dingen entdeckt – immer dann, wenn sie die Grenze zum Lächerlichen überschreiten. An die Schönheit werde ich mich nie gewöhnen. Schönheit, Schönheit ist nur eine Rechnung auf Zeit; viel zu rasch lässt sie nach. Wenn sie dahingeht, bleibt einem nur die Betäubung. So machen sie es, die petit bourgeois: Sie saufen eine Flasche teuren Wein, fressen Pasteten, verschlingen riesige Portionen von Fleisch. Am besten alles auf einmal, bis der Wanst sich bläht. Der Fraß macht müde, und müde werden auch die Sinne, wenn sie es nicht immer schon waren. Und so fallen sie alle in einen traumlosen Schlaf, der wie ein kleiner Tod für sie ist, und das Erwachen fällt schwer, so schwer. Das ist das Immergleiche, der Zirkus des In-der-Welt-Seins.

„Wo gehen wir hin?“, fragt sie und bleibt stehen, dreht sich mit suchendem Blick um, presst die Lippen aufeinander. „Wo ist Papa?“, fragt sie, und ich lächle, ziehe sie in den nächsten Hauseingang und bücke mich, streichle sanft über ihre Pausbacken, sage, dass er bald kommt, der Papa, sehr bald, und dann nehme ich das Taschentuch und presse es auf ihr Gesicht. So ist es, ich habe da kein Gewissen, und sie schreit nicht einmal. Das Äther wirkt rasch, ihre Beine knicken ein, ich halte sie fest, halte sie in meinen Armen. Der betörende Duft, der Menschen umgibt; der Geruch kalter Götter, die keine Gnade kennen. Zwischen ihnen löse ich mich auf, durch ihre Mitte fliehe ich. Es sind stets die immergleichen, rundumfrohen Gesichter, die ihre Geschwüre zur Schau tragen, so erzogen, so mündig, so unverdrossen.

Der Körper – ein Wort, das ich in seine Buchstaben zergliedere, damit sich in einer endlosen Reihe von Anagrammen aufs Neue fügt, was er in Wahrheit enthält. Sie ist nackt. Was für ein Drama es doch ist, dass wir nicht gänzlich bei uns bleiben können! Das können nur die überzeugten Pfaffen, die, die ihre keimende Wollust durch die immense Trägheit ihrer Gebete abtöten. Manchmal muss man sich eben verteilen, und sei es, dass man aus der Mansardenwohnung auf die Köpfe der Passanten wichst. Meine Hände fuhrwerken überall an ihr herum, ich bin von Sinnen. Kann man es damit erklären? Es gab ja nur diesen Körper und diesen Moment und diesen Versuch, etwas von sich mitzuteilen. Und sei es nur dieser kurzer Augenblick, an den man sich dann erinnert, an den man sich klammern kann, dem sie einem nicht mehr nehmen können. Ein wenig den Geruch eines anderen Menschen aufnehmen, kurz davon träumen, ihn zu umarmen und dabei mehr als den eigenen Herzschlag zu spüren.

Die Fäden schneiden ins Fleisch, Haut wirft Falten, Muster zeichnen sich auf Beinen, Brust und Po. Der Faden als Messer, als Zeichenstift, als Modellierspatel. Der Körper bietet das Bild der Uneinheitlichkeit, einer Hässlichkeit, die dem ewig Heilen widerspricht, es verhöhnt. Die Verwirrung, sie vor meinen Augen zu entblättern, sie zu zergliedern, sie kann nicht triumphierender sein. Das Spiel mit der Ungeduld, und wie reizend sich die hundert hellen Knöchelchen ihres Fußes vor dem dunklen Samt ihrer Eingeweide absetzen. Morgen werde ich ihren Kopf mit dem schwarzen Hut schmücken und versuchen, die Haut von den Hüften zärtlich den Rücken entlang emporzuziehen, und zwar bis sie ihr Gesicht, aber nicht ihr Lächeln verschleiert.

Sie ist perfekt, so perfekt wie kein jemals Mensch sein kann. Alabastern, mit den richtigen, mit ihren Proportionen, und – stumm wie eine Leiche. Und sie wird immer stumm bleiben, wird sich meinen Befehlen beugen, sich für mich im Schmutz suhlen wie ein Schwein, wird sich in Gebüschen erdrosseln und in Kellern erstechen lassen. Ich werde sie durch die Dunkelheit schleifen können, werde sie bespucken, auf sie einschlagen, sie wie Vieh ausweiden, und sie wird weder Schmerz noch Angst empfinden. Sie wird mein Begehren sein, und bleibt doch nur eine seelenlose Puppe, die irgendwann der Schimmel befällt, eine Hülle, ein Surrogat, ein Projekt jenes Wahnsinns, der nicht, der niemals ausbrechen darf.

Ich höre Lisa husten und stöhnen, sie erwacht. Ich werde ganz nah bei ihr sein, wenn sie die Augen aufschlägt. Sie wird mich ansehen, verwirrt, sie wird sich an nichts erinnern. Sie wird mich erkennen, vielleicht sogar lächeln. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, was ich sagen werde … die Wahrheit? Die Wahrheit wäre mir am liebsten als Aussparung, als Explosion in einem luftleeren Raum.

 
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Hey Jimmy

Erinnert mich irgendwie daran, wie die Zombie-Filme der 70/80er-Jahre als konsumkritische Meisterwerke verklärt werden. Dein Prota verklärt im Mittelteil deines Texte sein Tun ganz ähnlich, als Angriff auf die Bourgoisie, auf das Ideal der Schönheit etc., stellt dabei aber einen Begriff ins Zentrum, der im Herzen dieser ganzen properen Weltanschauung steht, nämlich den Begriff der Wahrheit - das ist es doch, nach dem wir alle suchen, behauptet er in verallgemeinernder Bestimmtheit.
Und ich habe den Prota denn auch als ziemlichen Schizo gelesen - nicht nur in Bezug auf seine Wahrnehmung von Lisa, diesem Hin und Her zwischen Begehren und Anziehung auf der einen, Hass und Verachtung auf der anderen Seite. Denn offensichtlich bleibt er ja dem, was er insgesamt verachtet - der Bourgoisie, dem Schein, der Schöheit - irgendwie verhaftet, benutzt Fremdwörter wie "Surrogat", drückt sich elegant aus, und führt eben so einen Wahrheitsdiskurs. Das könnte ja aus dem Notizheft eines französischen Marquis-de-Sade-Verehrers stammen, diese theoretischen Auslassungen über Verfall und das Abgründige und über Hässlichkeit und den kleinen Tod. In seinen Gedanken ist der gar nicht beim wirklich Abgründigen, Ausgefransten, Zerstückelten gelandet, da ist so was wie ein theoretischer Überbau, ein geistiger Formwille, die der Zerstörungswut, die er handelnd an den Tag legt, widerspricht. Aber indem er eben so handelt, ist er halt doch auf der anderen Seite, auch wenn er so redet, als wäre er noch auf dieser. Das fand ich das Spannende am Text, im Gegensatz zum eigentlichen Geschehen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo @Peeperkorn

danke dir für deinen Kommentar. Dieser Text basiert auf einem anderen, älteren Text, den ich vor fünf oder sechs Jahren geschrieben habe. Ich las viel Bataille, Baudelaire, Lautreamont, and the likes. Natürlich ist der Erzähler im Grunde genommen ein Moralist. Er kennt die Grenze sehr genau, kennt die Transgression und die Regeln der Verschleierung, den Diskurs um das Tabu, das Dispositiv, welchr dieses Wissen überhaupt erst produziert und legitimiert. Solche Texte können, glaube ich, nur in friedlichen Zeiten entstehen, denn sie spielen ja nur vor, nie geht es um das tatsächlich Existenzielle, sondern immer um die Befriedigung einer dekadenten Lust, die keinen Sinn macht. (Oder man betrachtet das Ganze als ein Netz aus Macht, dann würde so ein Subtext allgemein gültiger.) Ich glaube nicht, dass dieser Erzähler die Bourgeoisie verachtet, ich denke, er ist eher ein Teil dieser, ein Mensch mit kulturellem Kapitel jedenfalls, er verachtet viel eher den Kleinbürger, das Engstirnige, er hat für sich eine andere Art der Logik entdeckt, die eben sehr viel weiter geht, die ja auch Kunst ist und werden soll. Ich dachte an Hans Bellmer und seine Puppen - DAS war sein Surrogat, um jedweden Fetisch auszuleben, und so ist es hier auch. Er vergeht und versündigt sich nicht an Lisa, sondern er fertigt eine Puppe an, die eine Stellvertreterin ist. Er geht auf einem schmale Grat, und vielleicht verliert er dabei den Verstand. Darüber erfahren wir nichts. Ich glaube, ich könnte so einen Text heute nicht mehr in dieser Art schreiben, aber es war äußerst spannend, ihn im Kern neu zu begreifen und noch einmal zu bearbeiten.

Gruss, Jimmy

 

Hey Jimmy

Ich glaube nicht, dass dieser Erzähler die Bourgeoisie verachtet, ich denke, er ist eher ein Teil dieser, ein Mensch mit kulturellem Kapitel jedenfalls
Das war mein Punkt. :D
er hat für sich eine andere Art der Logik entdeckt
Meine Frage ist, wie sich diese andere Art der Logik zeigt. Das Überschreiten moralischer Grenzen ist eben noch keine andere Art der Logik, finde ich. Vielleicht lässt sich sagen, dass das Überschreiten moralischer Grenzen eine gewisse Logik zum Vorschein bringt, die durch die Moral üblicherweise verdeckt wird, eine ästhetische Logik - helle Knöchelchen vor dem dunklem Samt der Eingeweide - oder eine Logik des nackten Begehrens vielleicht. Das Spannende ist, dass der Prot sich immer noch mithilfe des klassischen kulturellen Kapitals ausdrückt, auf dieser Ebene gibt es eben nicht wirklich eine andere Logik, eine echte andere Stimme. Das Andere denken. Vielleicht ist es unmöglich.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
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Nun, Moral muss man doch zuerst anerkennen, Ethos ist ja nicht gesetzt, es handelt sich um eine Art "Vertrag", auch um Traditionen. Natürlich ist dieser Text an diese Literatur angelehnt, das Suchen nach der Grenzüberschreitung eben im bewussten Sein, die Amoral, das Vergnügen an diesem letzten Schritt, und auch was dies impliziert - Moral funktioniert ja nur dann, wenn wir auch die Kehrseite kennen, den verfemten Teil, wie Bataille das nannte, was nie eindeutig identifizierbar ist, was wie ein Raunen bleibt, also die düstere Seite, sozusagen. Nur wenn wir das Tabu verletzen, also den Gegenstand des Verbotes erfahren, lässt sich daraus eine Moral strukturieren. Ohne Bestrafung (oder die Androhung von Sanktion) nach einer erkennbaren Verletzung der moralischen Grenze verwischt diese eben immer mehr, und es wird dekadent. Dieser Mann, der die Geschichte erzählt, den stelle ich mir als Suchenden vor, der vieles in sich vereint und dies auch intellektuell darbieten will, es ist ein wenig die Freude an der eigenen Verderbtheit, das dandy-eske Zur-Schau-Stellen, aber natürlich auch die Einsamkeit, denn er empfindet ja etwas, nur lässt sich das eben nicht mit den üblichen Begrifflichkeiten beschreiben, nicht abbilden, es ist ähnlich wie bei Lyotard, diese krassen Gegensatzpaare, Lust/Unlust. Ich glaube auch, dass er sich gar nicht sicher ist, was er empfindet, und wozu das führt, er hat vielleicht eine Ahnung, er weiß um die Amoralität seiner Träume, Wünsche, und das führt wahrscheinlich in eine fatalistische Spirale abwärts, es wird zu einem angewidert sein von sich selbst.

Das Spannende ist, dass das Ganze hier immer noch mithilfe des klassischen kulturellen Kapitals beschrieben wird, auf dieser Ebene gibt es eben nicht wirklich eine andere Logik, eine echte andere Stimme.

Hier kann ich dir nicht ganz folgen. Was genau meinst du, dass es keine echte, andere Stimme geben kann? Und warum: immer noch? Wie könnte man dies denn heute, aktuell beschreiben, damit es passt?

stellt dabei aber einen Begriff ins Zentrum, der im Herzen dieser ganzen properen Weltanschauung steht, nämlich den Begriff der Wahrheit - das ist es doch, nach dem wir alle suchen, behauptet er in verallgemeinernder Bestimmtheit.

Welche propere Weltanschauung? Ist Wahrheit denn nicht irgendwie auch ein universaler Begriff, ein universelles Thema? Ich glaube, was dieser Erzähler meint, ist seine eigene Wahrheit, die er eben noch nicht gefunden hat, die er begründen will.

Gruss, Jimmy

 

Hallo @jimmysalaryman ,

also mir gefiel Teil 1 besser, da der Protagonist mir viel stimmiger vorkam. Hier habe ich das Problem, dass ich nicht weiß, ob ich es jemanden zu tun habe, der die "Schönheit" – wenn auch hier in moralisch verwerflicher Weise (da erst 12) – bewundert oder sie hasst. Man kann natürlich auch etwas hassen (lernen), was man zuvor bewundert hat, aber das ist ein längerer Prozess.

Hier ein paar Beispiele:

Es bebt, gleich da unter ihrem Rock. Da bin ich mir sicher. Sie bebt, und macht mich verrückt damit.

Gesetzenfalls Dein Protagonist wäre Sadist, also jemand der sich daran erregt andere körperlich zu quälen. Dann würde ihn noch nicht der Anblick des Rockes verrückt machen, sondern erst das, was er sich dazu vorstellt, z.B. Es bebt, gleich da unter ihrem Rock ... Sie bebt und bei jedem Beben sehe ich sie nackt vor mir, wie ich mit einer Rasierklinge langsam von ihrem Nabel bis ... nun gut, den Rest denke Dir selbst ;).

Wäre Dein Protagonist dazu und nur ein Frauen-/Mädchenhasser, dann würde er vermutlich von Anfang an so denken. Also z.B.

Lisa malt noch immer. Ihr Kleid ist etwas hochgerutscht, ich starre auf ihre Knie, auf das weiße Fleisch ihrer Schenkel.

Dieses Rotzbalg malt noch immer. Sie sieht aus wie eine kleine Nutte. Ihr Kleid ist etwas hochgerutscht. Ich starre auf die Knie, auf das weiße Fleisch ihrer Schenkel.

Und hat er einfach diese Fantasien, die ihn erregen (aber er ist noch weit weg davon, sie auszuführen), dann würde vermutlich mehr Erregung dahinter stecken.

Ich hasse ihre Haare. Blond und dünn und lang. Ich würde ihr den Kopf kahl scheren, es wäre wie eine Kastration

Ich betrachte ihre Haare. Blond und dünn und lang. Ich stelle mir, wie ihr Kopf auf meinen Schoß liegt, ich eine Strähne nach der anderen in die Hand nehme ...

Ich weiß nicht, ob rüberkommt, was ich meine. Jedenfalls bin ich das erste Mal durch "Ich hasse ihre Haare" etwas aus dem Text geflogen. Zuvor habe ich nämlich in ihm jemanden gesehen, der sich einfach an jungen Dingern aufgeilt. Doch dieser Aspekt des Hasses, ob mit oder ohne Sadismus (ein Sadist muss sein Opfer ja nicht unbedingt hassen), passt da nicht so ganz rein. Bzw. ist noch nicht stimmig. Würde er Frauen hassen, dann würde er es konsequent zu tun. Zumindest im Gedanken, auch wenn er Bernd erzählt, was für ein liebes Mädchen er hat, die sich ja so gut mit Malen beschäftigen kann.

So viel erst einmal von mir.
Jedenfalls ein interessantes Projekt, in die Abgründe der Sexualität zu schauen. Aber warum eigentlich nur von Männern? :shy:

Liebe Grüße
Mae

 
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Welche propere Weltanschauung? Ist Wahrheit denn nicht irgendwie auch ein universaler Begriff, ein universelles Thema?
Wahrheit, Schönheit, Moral wird im abendländischen Denken fast immer zusammengedacht. Beginnt mit Platon, zieht sich weiter, bei Kant zum Beispiel, jedes seiner Hauptwerke ist einem der Begriffe gewidmet. Dieses Denken zielt auf Einheit, Form, saubere Grenzen. Die Auffassung, dass es die eine Wahrheit gibt, ist geistesgeschichtlich sehr eng verwandt mit dem Gedanken, dass es eine universale Moral und ein universelles Gesetz der Schönheit gibt. Ich fand es einfach auffällig, dass der Prot die Ideen der Schönheit und der Moral untergräbt/verwirft, gleichzeitig aber am Kernbegriff Wahrheit festhält und ihn als universalen Begriff beibehält. (Deshalb habe ich geschrieben: immer noch. Weil er zwei zentrale Ideen des Abendlands verwirft, einer aber verhaftet bleibt.) Konsequenter (ich meine nicht, für dich als Autor, sondern für ihn als Figur) wäre da, auch diesen Begriff aufzulösen, ins Perspektivische, Fragmentierte, Subjektive ...
Hier kann ich dir nicht ganz folgen. Was genau meinst du, dass es keine echte, andere Stimme geben kann?
... und das hätte dann auch Konsequenzen in Bezug auf sein Denken und Sprechen, das ja dahingegend ausgerichtet ist, Rechenschaft zu geben, zu analysieren und zu durchschauen, logisch zu bleiben, zu überzeugen. Wie aber würde ein Figur sprechen, die das nicht tut? Daher meine Skepsis, ob es eine solche andere Stimme jenseits des Wahrheitsdiskures geben kann. Da ist irgendwie auch die Grenze des Textes und der Sprache erreicht, weil wenn man die sprengen würde, dann erschiene der Protagonist wohl einfach als Verrückter. Sorry, wenn ich da so ein Fass aufgetan habe. War halt auch eine der Grundfragen bei Adorno: Wie das Andere denken, wie die abendländische Logik kritisieren und überschreiten, ohne sich der Mittel des abendländischen Denkens zu bedienen? (Obwohl die Stossrichtung natürlich eine ganz andere ist)
seine eigene Wahrheit, die er eben noch nicht gefunden hat, die er begründen will.
Ich denke, daran lässt sich vieles aufhängen. Eine eigene Wahrheit. Das ist fast so was wie ein Widerspruch in sich, aus der Sicht des abendländischen Denkens. Wenn ein Satz wahr ist, dann ist er das unabhängig vom Subjekt. Also geht es nicht um Wahrheit, sondern um die eigene Sichtweise, Perspektive auf die Welt. Aber wieso diese begründen? Begründen ist ein Akt, den man gegenüber anderen Menschen vollzieht, um sie eben von etwas Universellem zu überzeugen. Wer eine eigene Sichtweise auf die Welt hat und den Begriff der Wahrheit ablehnt, wird nicht versuchen, diese Sichtweise zu begründen oder nur schon auf rationale Weise darzulegen, wie das der Prot tut.

Ist alles nicht als Kritik am Text gemeint, ich finde diese Erzählhaltung des Prota ja gerade spannend.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

@Maedy

Danke dir für deinen Kommentar. Ja, der Prot ist zwiegespalten. Ich weiß gar nicht, wie ich das genau beschreiben soll, er befindet sich in diesem inneren Kampf, weil er weiß, dass es nicht richtig bzw gesellschaftlich konventionell ist, was er fühlt, und vielleicht sucht er auch einfach einen intellektuellen Unterbau, eine Rechtfertigung. Schlussendlich macht er das alles ja nicht wahr, sondern lebt seinen Fetisch an einer Puppe aus. Siehe Bellmer. Ich denke, hauptsächlich wollte ich im zweiten Teil etwas ganz anderes schreiben, eben nicht diese lässige Rollenprosa, sondern eher etwas stilistisch Strengeres. Auch mal ein wenig die Komfortzone verlassen. Dass da noch nicht alles passt, klar. Über einen Text mit einer Frau denke ich bereits nach, stay tuned!

Wahrheit, Schönheit, Moral wird im abendländischen Denken fast immer zusammengedacht. Beginnt mit Platon, zieht sich weiter, bei Kant zum Beispiel, jedes seiner Hauptwerke ist einem der Begriffe gewidmet.

Siehste, du bist eben doch ein Profi. Das klingt alles schlüssig. Ich habe da sicher noch ein paar Fragen. Vielleicht ist das auch der Kern der Sache - dass er sich eben von diesem abendländischen Denken nicht lösen kann. Ich weiß es nicht. Ich denke das durch und melde mich. Tolle Diskussion!

 

Hallo @jimmysalaryman ,

ich glaube, mich hat dieser Hassfaktor (im Gegensatz zu Peeperkorn) dort einfach im Lesefluss irritiert.
Im Übrigen erinnert mich das stark an Kokoschkas Puppe von Alma Mahler. Die irrsten Dinge schreibt manchmal das Leben.

I stay tuned!

Viele Grüße
Mae

 

"HAMLET: For if the sun breed maggots in a dead dog, being a / god kissing carrion, – Have you a daughter?

LORD POLONIUS: I have, my lord.

HAMLET: Let her not walk i’ the sun: conception is a / blessing: but not as your daughter may conceive. / Friend, look to ‘t."
(aus Shakesperares Hamlet II 2)

"Horatio, kennst du mich. Bist du mein Freund, Horatio. Wenn du mich kennst, wie kannst du mein Freund sein. Willst du den Polonius spielen, der bei seiner Tochter schlafen will, die reizende Ophelia, sie kommt auf ihr Stichwort, sieh, wie sie den Hintern schwenkt, eine tragische Rolle.

HoratioPolonius. Ich wusste, dass du ein Schauspieler bist. Ich bin es auch, ich spiele Hamlet. Dänemark ist ein Gefängnis, zwischen uns wächst eine Wand. Sieh was aus der Wand wächst. Exit Polonius. Meine Mutter ist die Braut. Ihre Brüste ein Rosenbeet, der Schoß die Schlangengrube."
(aus Heiner Müllers „Die Hamletmaschine“ [Anpassung an die heuere Rechtschreibung durch mich)

… ich atme gleichmäßig, etwas pocht in meinem Kiefer, dann nehme ich den Kohlestift aus dem Kasten und zeichne ein Paar Augen auf das Papier. Ich weiß nicht, warum – sie fließen aus meinen Fingern, ich halte nur den Stift, danach passiert es von selbst, ganz organisch. Augen, und diese Augen starren mich, starren sie an.

Interessant,

lieber jimmy,

dass ich vor Kurzem bei meiner Vorrednerin erst den Gesichtssinn als den wichtigsten genannt hab, um den sich (in der Reihenfolge einer Hitparade) zentral Nase und seitlich Ohr und unten die Zunge sammeln, wobei der Tastsinn, unser Fühlen als letztes in Form der körperlichen Berührung (oder des Abstandhaltens) folgt, wobei das Fühlen – mitsamt des Sinne zusammenfassenden Gefühls eigentlich zuerst da ist in der auf natürliche Weise erzwungenen Mutterliebe, die entscheidend ist für das Urvertrauen, die erste und somit älteste Glaubenssache des Lebens und zugleich die erste Erfahrung einer wechselseitigen Beziehung. Die Versammlung der Sinne kann nur durch Eigen- und/oder Wahnsinn und in der Folge abweichendes Verhalten eingegrenzt werden.

Schön, dass dieser zwote Text „der Männer Herzen“ (was eher eine unzulässige Verallgemeinerung darstellt, selbst Drillinge sind nicht „gleich“, selbst wenn sie sich gleichen) nicht wie der erste in der Unterschicht spielt und ich werd sicherlich nochmals vorbeischauen, vor allem muss ich über das „Geschäft“ des Vaters mit „Onkel Hans“ nachdenken, doch bevor ich‘s vergess, ein paar Flusen

Alle Kinder mögen Tiere.
Bezweifel ich eher, kommt auf die Vorbilder an.

„Schon gut, ich verstehe das“, aber natürlich verstehe ich es nicht. „Sie ist meine Tochter“, sagt er, und ich gieße mir Wein ein und trinke, trinke[,] um zu vergessen, um Bernd und seine Engstirnigkeit zu vergessen, um den fehlenden Mut zu vergessen, den ihn und all die anderen auszeichnet.

So ist es, ich habe da kein Gewissen, und sie schreit nicht einmal.
Nicht falsch – aber watum das Komma vorm „und“?
Sie ist perfekt, so perfekt wie kein jemals Mensch sein kann.
Gewöhnungsbedürftige Stellung ...

Bis bald, tschüss und schönen Abend noch vom

Friedel

 

Hey @jimmysalaryman, ich werde deine Geschichte noch auf mich wirken lassen müssen, die anderen Kommentare noch ein wenig verfolgen und sie wahrscheinlich noch ein Zwei mal lesen bis ich mir wirklich eine Meinung über den Inhalt machen kann. Ich wollte den Moment des ersten Lesens aber nutzen, um dir zu sagen, dass ich Stimmung der Geschichte, das Tempo des Textes, die Art wie man es liest, deutlich besser und ansprechender finde, als bei der ersten von der Serie. Das mag zum einen an der "normalen" Sprache des Protagonisten legen als auch an der unterschwellig mitschwingenden Melancholie( falls man das an dieser Stelle so sagen kann)
Es liest sich ruhig, fasst sachlich. Keine Hektik, kein Druchpreschen, kein Hetzen, das finde ich sehr angenehmen :-)

Wie gesagt für den Rest brauche ich noch etwas zeit :-) Dann melde ich mich nochmal.

Achso eins ist mit noch aufgefallen

Sie ist perfekt, so perfekt wie kein jemals Mensch sein kann.
sollte es nicht heißen "kein Mensch jemals sein kann"?

Liebe grüße
Shey :-) (PS: Seinen eigenen Namen in einer Geschichte zu lesen, die ein so düsteres Thema hat, ist irgendwie Strange :-) )

 

Hi @jimmysalaryman

Habe den ersten Text nicht gelesen, sondern nur die Kommentare dazu überflogen, aber da es ja eine Serie ist, gehe ich davon aus, dass der zweite Text problemlos für sich allein steht. ;) Zuerst ein bisschen was zum Großen und Ganzen:

Ich bin da etwas zwiegespalten. Einerseits finde ich, Du setzt diese Geschichte spannend um (zumindest vom Grundgerüst her, Einschränkung unten), diesen Widerstreit aus Hass und Attraktion, Schönheit und Verstümmelung, Kindheit und Dunkelheit. Das interessiert mich, das fesselt mich auch. Ich glaube, solche Themen fesseln jede/n von uns.

Auf der anderen Seite habe ich von einem Jimmy-Text etwas anderes erwartet, und da bin ich gleich zweifach zwiegespalten. Denn ist es schlimm, dass ich den Text im Vergleich zu anderen von Dir schwach finde – und zwar vielleicht in erster Linie, weil er anders ist als andere Texte, die ich von Dir gelesen habe?

Ich glaube, dieses Gefühl von mir entsteht im Wesentlichen darum, dass ich das Gefühl habe, Du sprichst nicht mit der Stimme des Prots, zeigst mir keinen echten Menschen, und ich eigentlich gerade von Dir erwarten würde, dass Du das tust. Und ich weiß auch nicht (und bin direkt dreifach zwiegespalten), ob es überhaupt fair ist, Dir das zurückzumelden, denn ich kann das nicht wirklich festmachen. Denn natürlich ist das eine andere Stimme, als Du sie für andere Prots benutzen würdest. Aber an diesem hier erscheint mir nichts ... Echtes. Ich erkenne nur Masken, Gedanken, die mir die Sicht auf die Gefühle des Prots verstellen.

Vielleicht macht er das mit Absicht (machst Du das mit Absicht), vielleicht es seine Stimme, dass die Stimme mir keinen Zugang zu den Gefühlen gibt, sondern nur zu Gedanken, zu Überlegungen, Theorien über die Menschheit. Das ist natürlich eine interessante Idee, dieser Typ, der seine sicherlich krassen Emotionen rationalisiert, seine Empathie neutralisiert. Aber über die Länge des Textes langweilt mich das. Ich fühle mich durch diesen Text und diesen Prot am Ende auch nicht mitgenommen, habe nicht mitgefühlt, war nicht gefesselt. Wenn Du nach drei Absätzen aufgehört hättest, hätte das vielleicht Wirkung erzielt, so denke ich mir irgendwann: Ja, ja, ist auch gut jetzt mit den Rationalisierungen. Hab's kapiert, und gut is'. Für mich trägt diese Konstruktion, die der Prot überall vornimmt, einfach nicht über den ganzen Text.

Ich hoffe, Du kannst damit etwas anfangen. Wie gesagt, bitte entschuldige, dass ich tatsächlich nur meine Lesegefühle wiedergeben kann, ohne dass ich wirklich ergründen konnte, wie diese zustande kommen. Vielleicht ist ja etwas Nützliches für Dich dabei.

Kleinscheiß (der hoffentlich wirklich nützlich ist):

Sie bebt, und macht mich verrückt damit.

Komma weg.

Es ist gut, denke ich, es ist gut, und dann höre ich Bernds Stimme

Hier fehlt der Punkt am Satzende.

und ich gieße mir Wein ein und trinke, trinke um zu vergessen, um Bernd und seine Engstirnigkeit zu vergessen, um den fehlenden Mut zu vergessen, den ihn und all die anderen auszeichnet.

Komma auch vor dem ersten "um". Und: "den fehlenden Mut zu vergessen, der ihn und alle anderen auszeichnet."

Geschwätz, dass der Senkgrube der Bürgerlichkeit entstammt.

"das" statt "dass".

An Menschen interessieren mich nur die im Niedergang befindlichen oder diejenigen, die bereits im Schmutz liegen, besser: In den Schmutz gestoßen wurden.

Da nach dem Doppelpunkt kein ganzer Satz folgt, müsste das "in" klein geschrieben werden.

So machen sie es, die petit bourgeois:

Hm, Du verwendest hier den männlichen Singular, sprichst aber von mehreren Personen, deshalb müsste es doch "petits bourgeois" heißen, oder? "petits" ist eindeutig der Plural von "petit", ob "bourgeois" auch der korrekte männliche Plural von "bourgeois" ist, konnte ich leider nicht herausfinden, und ich hatte auch vor sechs Jahren zuletzt mit Französisch zu tun, also keine Gewähr darauf. Vielleicht weiß es ja jemand? (Eigennamenargumente zählen nicht, das habe ich recherchiert. :p)

Sie ist perfekt, so perfekt wie kein jemals Mensch sein kann.

Komma vor "wie", und wahrscheinlich meinst Du "kein Mensch jemals" statt "kein jemals Mensch"?

Sie wird mein Begehren sein, und bleibt doch nur eine seelenlose Puppe,

Komma weg.

Das war's auch schon von mir. Nimm Dir, womit Du was anfangen kannst. Ich hoffe, es ist etwas dabei. ;)

Cheers,
Maria

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey jimmy.

Ich war noch im Nachdenken über den ersten Text der Serie, und das hat mich dann beim Lesen hier sicher auch beeinflusst.
Ich habe lange überlegen müssen, was an dem Text für mich hakt, und damit meine ich eigentlich nur, warum er mich unberührt lässt, vor allem eben im Gegensatz zum anderen, und deshalb muss ich jetzt auch was über den anderen schreiben.

Bei Teil eins konnte ich gar nicht anders, als mir vorzustellen, wie andere Menschen auf den Erzählenden reagieren, beziehungsweise, was sein Verhalten mit ihnen macht. Der ist so gefangen in sich, der ist an der Oberfläche ganz taub und nur noch getrieben von ganz verzerrten Bedürfnissen. Und diese Taubheit an der Oberfläche, die lässt ihn die anderen gar nicht mehr richtig wahrnehmen, die haben keine Gesichter, denen kann er sich einfach überstülpen und sie dann wieder loslassen und dann treiben sie weg. Und das ist großartig, wie die Form des Textes das trägt, dieses vollkommen auf sich fixierte. Und deshalb vertieft sich das Elend für mich noch, wenn ich mich zum Beispiel frage, ob die Monika bemerkt hat, wie er reinkommt, ob sie sich extra gestreckt hat nach der Wäscheleine, dachte, sie sieht dann attraktiv für ihn aus, so von hinten, und dann kommt er näher und sie denkt, er fasst sie jetzt an.
Sogar der Titel tut seinen Teil, der nimmt den Ekel und macht Grauen für mich daraus, macht es wirklich richtig persönlich, denn: so ein Text und dem dann einen poetischen Namen geben, das spricht dem ganzen Leid irgendwie auch das Elend ab, das ist irgendwie respektlos. Keine Ahnung, ob das Absicht war, oder es nur ein Arbeitstitel ist, aber jedenfalls hatte es diese Wirkung auf mich.

Der zweite Teil liest sich oberflächlich. Prätentiös. Könnte von jemandem geschrieben sein, der die Welt selbst so sieht und sich in seiner Erkenntnis suhlt - alle anderen sind Idioten, weil sie das nicht sehen. Ich finde das deshalb zum Haare raufen, weil ich schon irgendwo auch sehe, dass das ja auch hier wieder sehr zutreffend auf den Erzählenden ist, aber leider zieht mich dieser Text nicht in sich hinein, sondern lässt mich kalt. Der Erzählende lässt mich kalt, und das, was passiert, lässt mich kalt.

Wenn ich versuche, das an was festzumachen, dann sehe ich die Schwierigkeit darin, dass du unklar darin bleibst, was den Erzählenden antreibt. Zum Einen lustigerweise dadurch, dass du stellenweise zu konkret wirst und erklärst, statt zu zeigen - dabei ist genau das eigentlich eine große Stärke von dir. Mag damit zusammenhängen, dass der Erzählende sich selbst gerne Reden (oder Denken) hört, aber dann wäre da der richtige Ansatzpunkt vielleicht, auf der Ebene der Wahrnehmung und des Denkens schon Verzerrungen, Unstimmigkeiten einzubauen. Er mag selbst ja überzeugt davon sein, dass das alles total logisch ist, was er denkt, aber ich will an der Stelle spüren, dass das an den Kanten hässlich ist, das irgendwas in ihm sich zersetzt hat oder dass er in einem Konflikt ist, der das Potential hat, ihn zu zerreissen und den er deshalb so verkopft.
Subtil. Nicht durch Gräueltaten, die er begeht oder sich vorstellt. Die dürfen auch da sein, so meine ich das nicht, aber sie nehmen nicht die Notwendigkeit auch dafür.

Zum Anderen entsteht die Unklarheit für mich auch dadurch, dass da wirklich kein roter Faden in seinen Empfindungen dem Mädchen gegenüber ist. Und ich denke schon, dass der da sein sollte, nicht mal um es für den Leser leichter zu machen, aber weil der Erzählende ein so intellektualisierender Typ ist.
Für mich liest's sich so, als hätte der Text angefangen als das klassische Lolitading: die Kleine ist scharf, das sehe ich doch genau, die will's doch, die weiß ganz genau, was sie mit mir macht. Und dann, für mich übergangslos, gehts plötzlich um Schönheit und Unschuld, beziehungsweise das Zerstören/Zerstörtsein derselben. Ich denke, da solltest du dich für eins von beidem Entscheiden. Klar kann eins aus dem anderen resultieren, aber dann hättest du eher jemanden, der das Mädchen zerstören will, weil er sie nicht haben kann, sie ihn quält ... usw.
Und so wie ich den Text verstehe ist das nicht Kern des Ganzen, sondern wenn überhaupt, dann umgekehrt. Begierde nach Zerstörtem - was ist radikaler als ein zerstörtes Kind?
Stark finde ich die Stelle, an der er sagt, er würde ihr den Kopf scheren, wie eine Kastration - das ist für mich der Kern von allem was da passiert - von allem, worum es dem Typen eigentlich geht. Auf diese Empfindung gründet sich also meine ganze Argumentation bzw. Betrachtung des Textes.
Für mich geht es da auch nicht um Sexualität. Da wiederum mache ich es daran fest, dass er was sagt von "auf die Köpfe der Passanten wichsen". Sexualität ist für ihn eine Möglichkeit, zu Zerstören, wenn man Beschmutzen schon als etwas versteht, das zerstört.
Warum also würde er die Schenkel des Mädchens küssen? Die Zähne reingraben, vielleicht. Oder ihr einfach zwischen die Beine spucken.

Und weiter: warum? Warum empfindet er so, warum diese (Sehn)sucht nach Zerstörtem?
Wenn zu zerstören der Kern der Sache ist, was ist dann der Kern des Zerstörens?
Dass sich Zerstörtes richtig anfühlt, ich glaube, so ist das eigentlich für ihn. Nicht im Sinne einer intellektuellen Erkenntnis, sondern im Sinne eines tiefgreifenden Bedürfnisses. Da fühlt er sich zu hause, da fühlt er sich nicht alleine. Klar erklärt er sich das, klar verkopft er das, aber was fühlt er? Das muss durchbluten.

Worauf ich hinaus will ist: Du musst klar kriegen, was den Typen antreibt.

Am Rande: Für mich war auch nicht klar, dass er sich eine Puppe baut, ich dachte erst, er macht das alles mit dem Mädchen und bezeichnet sie nur als Puppe. Dann dachte ich, als sie aufwacht, er hat das nur fantasiert.

Und: Die Sache mit der Frau im Irrenhaus. Warum sagt er Krankenhaus? An der Stelle würde ich erwarten, dass er die Gelegenheit nutzt, etwas zu zerstören - den Moment im Gespräch, die Fassade. Warum beschönigt er stattdessen? Das ist auch so eins der Dinge, die einfach nur chaotisch (und nicht gewollt chaotisch) auf mich wirken.

Gut finde ich, wenn du seine Grenzüberschreitungen wenig detailliert beschreibst, dadurch wirken sie .. nicht unbedigt wirklich emotionslos, aber blutleer und das passt für mich zum Erzählenden, oder dazu wie er sich selbst gerne sehen möchte, je nachdem, aber darunter muss für mich jedenfalls etwas liegen. Hunger, Verzweiflung, Zerrissenheit. Sowas.


Grüße
Gefrierpunkt

 

Denn ist es schlimm, dass ich den Text im Vergleich zu anderen von Dir schwach finde – und zwar vielleicht in erster Linie, weil er anders ist als andere Texte, die ich von Dir gelesen habe?

Hallo Teddy,

naja, das ist ja eher ein Problem des Rezipienten. Einerseits wird einem vorgeworfen, man reproduziere sein Schema, andererseits, wenn man etwas bewusst anders gestaltet, sich von den eigenen Kriterien löst, ist es auch nicht richtig, weil: anders als die anderen. Bestätigt etwas mein Urteil, dass man einen Autoren wegen eines (!) spezifischen Stils liest, und eine Abweichung davon anscheinend nicht so gut toleriert. Zum Rest schreibe ich gleich mehr.

Sogar der Titel tut seinen Teil, der nimmt den Ekel und macht Grauen für mich daraus, macht es wirklich richtig persönlich, denn: so ein Text und dem dann einen poetischen Namen geben, das spricht dem ganzen Leid irgendwie auch das Elend ab, das ist irgendwie respektlos.

Respektlos finde ich eher, mir hier Respektlosigkeit und die Verhöhnung von Leid bzw der Opfer vorzuwerfen. Wie kommst du dazu, was erlaubst du dir hier eigentlich? Aus einer persönlichen Empfindung einen Vorwurf gegen den Autoren zu konstruieren, finde ich, um ehrlich zu sein, politisch nicht ganz so korrekt, um mal im Neusprech zu bleiben.

Zum Anderen entsteht die Unklarheit für mich auch dadurch, dass da wirklich kein roter Faden in seinen Empfindungen dem Mädchen gegenüber ist.

Da ist ein sehr klarer roter Faden. Diese Person fühlt sich zu Kindern hingezogen, und irgendwann in seinem Wahn verändert sich seine Wahrnehmung, irgendwann schlägt das in Hass, bzw Abscheu (auch sich selbst gegenüber) um, und dann möchte er das Objekt der Begierde zerstören, nihilieren - auch aus Selbsthass, aus Scham. Deswegen fertigt er eine Puppe an, als Surrogat, weil er um diese absolut zerstörerische und verfemte Neigung weiß und sie nicht offenbaren, nicht wahr werden lassen will, er sublimiert das Ganze, projiziert das auf diese Puppe. Das ist, was den Typen antreibt, um mal in deinen Worten zu bleiben. Dieser Text ist von den Puppen Hans Bellmers inspiriert, die er als Fetischobjekt konstruiert hat, um sie dann in den absurdesten Positionen, verdreht, verrenkt, zerfetzt, zu porträtieren. Ist auch seltsam, warum du im zweiten Text nach einem roten Faden, nach einem Grund fragst, dich aber im ersten Teil einfach mit verzerrten Bedürfnissen zufrieden gibst. Das liegt eben an dem Erzähler, der sich eine Art pervertiertes Gedankensystem zurechtlegt, da möchte man mehr wissen, möchte man mehr erfahren ... bei dem Proleten, da gibt man sich mit weniger zufrieden, weil man dem eine Verbalisierung gar nicht zutraut.


Und weiter: warum? Warum empfindet er so, warum diese (Sehn)sucht nach Zerstörtem?

Das zu beantworten, ist nicht die Aufgabe des Textes.

Naja, irgendwie ein seltsamer Kommentar, den ich in großen Teilen nicht nachvollziehen kann, der sich für mich auch tendenziös liest. Fazit, was ich für mich ziehe: Schreibst du anders, als es die Leute gewohnt sind, scheißen sie dir auf den Kopf. Muss ich wohl mit leben.

Gruss, Jimmy

 

Oha, da hast du meinen Kommentar jetzt zumindest teilweise in den ganz falschen Hals gekriegt.
Ich wollte dir sicherlich keine Respektlosigkeit unterstellen, genausowenig wie ich dir irgendwas unterstellen würde, weil ein Protagonist irgendwas tut oder empfindet. Ich wollte damit lediglich erklären, wieso dieser starke Kontrast zwischen Inhalt und Titel den Text heftiger für mich macht.
Was ich im Übrigen auch nicht kritisieren wollte, sondern gut finde.

Da ist ein sehr klarer roter Faden. Diese Person fühlt sich zu Kindern hingezogen, und irgendwann in seinem Wahn verändert sich seine Wahrnehmung, irgendwann schlägt das in Hass, bzw Abscheu (auch sich selbst gegenüber) um, und dann möchte er das Objekt der Begierde zerstören, nihilieren - auch aus Selbsthass, aus Scham.
Den roten Faden sehe ich als Leser nicht. Das muss ja nicht am Text liegen, es kann genausogut an mir liegen, aber ich gehe grundsätzlich davon aus, dass auch solche Rückmeldungen für den Autor hilfreich sein können. Der Verlauf, den du da beschreibst, kommt durch den Text nicht bei mir an.

Ist auch seltsam, warum du im zweiten Text nach einem roten Faden, nach einem Grund fragst, dich aber im ersten Teil einfach mit verzerrten Bedürfnissen zufrieden gibst. Das liegt eben an dem Erzähler, der sich eine Art pervertiertes Gedankensystem zurechtlegt, da möchte man mehr wissen, möchte man mehr erfahren ... bei dem Proleten, da gibt man sich mit weniger zufrieden, weil man dem eine Verbalisierung gar nicht zutraut.
Der erste Teil transportiert das, was mir im zweiten fehlt. Ich habe in meinem Kommentar ja schon auch gesucht nach dem Grund, wieso der erste Text für mich funktioniert und der zweite nicht.
Dass das aber damit zusammenhängen soll, dass ich mich beim "Proleten" mit weniger zufrieden gebe, das sehe ich nicht.
Und es ist ja gerade nicht so, dass ich vom zweiten Erzähler mehr wissen und mehr erfahren möchte. Ich finde ihn und das, was er da erzählt, größtenteils langweilig, im Sinne von: es berührt mich nicht.
Ich frage nach einem Dahinter, weil das, was da ist, mir nicht ausreicht.
Und ich frage auch gar nicht danach, dass der Text oder gar der Autor mir dieses Dahinter erklären soll, ich muss als Leser nicht mal unbedingt wissen, was da ist. Ich will nur den Eindruck haben, dass da was ist, aber da kommt eben nichts bei mir an und deshalb habe ich den Eindruck, dass du für dich selbst nicht klar hast, was in deiner Figur vor sich geht.
Du sagst in einem Kommentar selbst, dass du gar nicht so richtig weißt, wie du das beschreiben sollst.

Das zu beantworten, ist nicht die Aufgabe des Textes.
Sehe ich auch nicht so. Aber ich als Leser möchte nicht den Eindruck haben, dass es kein Warum gibt.

Naja, irgendwie ein seltsamer Kommentar, den ich in großen Teilen nicht nachvollziehen kann, der sich für mich auch tendenziös liest. Fazit, was ich für mich ziehe: Schreibst du anders, als es die Leute gewohnt sind, scheißen sie dir auf den Kopf. Muss ich wohl mit leben.
Wenn du den Kommentar nicht nachvollziehen kannst, dann frag doch nach.
Statt dessen sagst du mir, er wäre tendenziös - ich musste das nachschlagen: "von einer [weltanschaulichen, politischen] Tendenz beeinflusst; nicht objektiv".
Und es klingt so als wäre das schlecht. Selbstverständlich ist mein Kommentar nicht objektiv. Ich kommentiere ja hauptsächlich dazu, was der Text in mir auslöst, was ich empfinde, wenn ich ihn lese, was für ein Gefühl er mir gibt. Das ist natürlich immer sehr subjektiv.
Ich sage dir auch, was ich mir von dem Text wünschen würde und was ich brauchen würde, damit er für mich funktioniert.
Du bewegst dich mit deinem Schreiben auf einem Level, was soll ich denn da objektiv kritisieren? Deine Kommasetzung? Ja, dafür gibt es allgemeingültige Regeln.
Von allem anderen pickst du dir raus was für dich als Autor und für deinen Text hilfreich ist - zumindest ging ich bisher davon aus.
Wenn diese Art von Rückmeldung grundsätzlich nicht hilfreich für dich ist, dann sag's.

Ich bedaure es, dass du dir von mir auf den Kopf geschissen fühlst. Das war nicht die Absicht meines Kommentars. Ich verstehe auch nicht, was daran sich für dich so liest und wäre über eine Rückmeldung dazu froh.
Ich habe den Kommentaren entnommen, dass du zum Einen einen vor Jahren entstandenen Text überarbeitet hast und zum Anderen ausprobiert hast, dich beim Schreiben aus deiner Komfortzone herauszubewegen. Für mich kommt das, was ich in anderen Texten als deine Stärken als Autor sehe, in diesem Text nicht zum Tragen. Das ist aber doch erstmal auch nicht so überraschend, wenn man was neues ausprobiert. Du sagst sogar selbst, dass es klar ist, dass an dem Text noch nicht alles passt. Wieso regt es sich so auf, wenn ich sage, dass für mich was nicht passt?
Ich weiß ja auch gar nicht, ob ein Text, der ganz anders sein soll als die, die du sonst schreibst, die gleichen Stärken haben muss oder sollte - darüber kann ich mir auch so spontan kein Urteil bilden.

Alles was ich dir sagen kann ist, dass dieser Text für mich nicht funktioniert und versuchen, dir mitzuteilen, warum das so ist. Ich denke, auch das kann für einen Autor hilfreich sein, und sei es nur, um sich dagegen abgrenzend herauszufinden, was ihm selbst an einem Text wichtig ist - grade wenn er was Neues ausprobiert?

Du solltest aus meiner Kritik nicht schließen, dass es (nur) daran liegt, dass du anders schreibst, als ich es von dir gewohnt bin.
Damit machst du es dir eventuell auch etwas leicht.

Grüße
Gefrierpunkt

 

In welche Richtung? Ich muss mir das aber in einem Kommentar gefallen lassen, dass ich respektlos gegenüber Leid und Opfern bin, und darf mich nicht mal verteidigen? Wird immer seltsamer hier.

 

Wie gesagt, es war nicht meine Absicht, dich anzugreifen.

Das steht, dem Ding so einen Titel zu geben, ist respektlos.
Ich war so drin in meiner Wahrnehmung von dem Text, dass mir gar nicht die Idee kam, man könnte das auf irgendwas anderes beziehen als aufs Schreibhandwerk, stilistische Entscheidungen, Form, Text als Gesamtheit.

Es ist mir wichtig, das noch mal klarzustellen, weil das ja sicher auch den Rest meines Kommentars hinsichtlich dessen, wie man ihn wahrnimmt, färbt.

Der Text ist voller Elend. Er handelt von einem Protagonisten, der echt schlimme Dinge tut. Und diesem Text gibst du einen Titel der "Das dunkle Herz der Männer heißt". Ein poetischer Titel. Ein Titel der - in mir - die Assoziation weckt, dass "Männer halt ein dunkles Herz haben und deshalb dunkle Dinge tun". (Also assoziativ weg von deren Verantwortlichkeit für ihre Taten und ja, auch weg vom Leid, das sie anrichten.)
Aber ich unterstelle dir doch nicht, dass DU das so siehst. Wie käme ich denn dazu, ich kenne dich ja nicht mal.
Ich hielt das wenn, dann für Absicht aus schriftstellerischer Sicht: dass du damit die ganze Tragik, das ganze Elend noch unterstreichen willst, es dem Leser ins Gesicht klatschen, weil ja auch der Protagonist so blind dafür ist, was er anrichtet. Weil er das vor sich selbst verharmlost und der Titel verharmlost es in seiner Gesamtheit auch noch mal.
Vielleicht wie wenn man einen Text über den Mord an Monika "Die Schönheit der Frauen" nennen würde.

 

Nein, du unterstellst mir aber, dem Text diesen Titel gegeben zu haben, du fragst sogar, ob es sich dabei um Absicht handelt. Hier geht es doch gar nicht um die Erzähler/Autor-Ebene, sondern sehr wohl um eine ganz andere: Der Autor verleiht seinem Text einen Titel mit Intention. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich so eine naive Ausrede glaube. Jetzt schreibst du, du hälst es für Absicht aus schriftstellerischer Sicht. Als ob der Autor da sonst nicht dran beteiligt sei. Also was denn jetzt? Solltest du dich mal entscheiden. Ich habe auch kein Problem damit, wenn du sagst, nur musst du damit leben, wenn ich anderer Meinung bin und diese äußere.

 

Ein Autor schreibt auch seinen Text mit Intention. Deshalb findet jemand, der gewalttätige Texte schreibt, doch aber längst nicht Gewalt gut oder harmlos, selbst dann nicht, wenn er sie vielleicht sogar so darstellt.

Wie gesagt: Es tut mir leid, dich beleidigt zu haben. Dass du mir nicht glaubst, dass das nicht meine Absicht war, ist schade.
Und es macht eine weitere Diskussion sinnlos. Ich mache mich hier nicht weiter zu einer Leinwand für deine Unterstellungen.

Gruss
Gefrierpunkt

 

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