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Das ausgeliehene Sakko

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02.11.2024
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Das ausgeliehene Sakko

Ich lag auf dem Sofa und wusste wieder nichts mit mir anzufangen. Mir kam eine Idee. Die Jacke kratzte über meine Arme, in die fertiggeschnürten Schuhe konnte ich hineingleiten, die Schlüssel klirrten.
Ich trat vor die Tür. Es regnete schon wieder, doch es machte mir nichts aus.
Am Kiosk nebenan kaufte ich mir eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug. Obwohl ich wusste, dass sie nass wird machte ich mir eine an.
Aufgetakelte Mädchen, die auf eine verschwitzte Nacht im Club zusteuerten. Das Pärchen vor mir kuschelte sich unter einen Regenschirm, ich rollte die Augen und musste überholen. Zwei Jungs schubsten sich und brachen dann in Gelächter aus. Alle so scheiß glücklich.
Ein Tropfen löschte meine Zigarette, ich schmiss sie weg und zündete mir eine neue an.
Die geschlossenen Läden versprühten immer noch ihr unangenehm grelles Licht. Ich musste trotzdem in den ein oder anderen schauen. Ohrringe für fünfzigtausend Euro, wer braucht sowas?
Aus einer Bar taumelte ein Student und rempelte mich an. Meine Zigarette fiel in eine Pfütze, ich zündete mir eine neue an.
Wieso war es heute nur so voll? Gab es etwas umsonst? Die ganze Welt bereitete sich auf einen heiteren Abend vor. Jeder hoffte er wird besonders, vielleicht wird ja dieser nie vorbeigehen? Doch ich wusste es besser und bog in eine ruhige Gasse, weg von all dem Getümmel.
Ich folgte ihr, folgte der Nächsten und auch der danach. Irgendwann wusste ich nicht mehr wo ich war, doch es war mir egal.
Weit und breit erhellte keine Laterne mehr die Straße, nur noch die Lampen hinter einem Schaufenster spendeten Licht. Wie eine Motte zogen sie mich an.
Ich sah Sakkos, sonst nichts. In mir regte sich etwas, was eingestaubt in der Ecke gelegen hatte. Ohne Erwartungen drückte ich die Türklinke runter und zu meiner Verwunderung öffnete sich die Tür. Es war einer dieser alten Läden, von denen jeder schonmal geträumt hatte. Nahezu alles in Holz verkleidet, angenehm unordentlich und dort stand auch schon der charismatische Inhaber.
„Sie haben noch geöffnet?“
Er beachtete mich erst gar nicht, hantierte noch mit einem Maßband. Dann fielen seine strengen Augen auf mich. Sie blitzten hinter einer kleinen Brille mit runden Gläsern auf.
„Sicher, sicher.“
Dieser Ort hatte etwas Magisches. In ihm fühlte ich mich zuhause, gleichzeitig wusste ich, dass ich nicht lange bleiben konnte.
„Dein Sakko ist schon lange fertig. Wurde Zeit, dass du es abholst.“
Mein Sakko? Ich verstand nicht, doch das war egal. Der Inhaber griff in ein Fach in der Wand, was mir vorher nicht aufgefallen war und zog es heraus.
„Morgen bringst du es zurück.“ Er schaute mich eindringlich an, ich erkannte wie ernst es ihm war und nahm das Sakko entgegen.
„Was schulde ich Ihnen?“
„Nichts, das kommt noch. Genieß es.“
Schon wieder verstand ich nicht und schon wieder war es egal.
Kaum war ich aus der Tür, zog ich es an. Ohne zu wollen seufzte ich erleichtert. Es fühlte sich so gut an, wie es über meinen Schultern lag, wie der sanfte Stoff sich auf meinen Armen senkte. Ich spürte jede Faser, jeder Knopf vollendete mich.
An der nächsten Ecke schmiss ich meine alte Jacke samt Zigaretten und Feuerzeug in den Müll.
In dieser Nacht schlief ich so gut wie noch nie, natürlich trug ich es auch im Bett.

Am Tag darauf war es so weit, ich musste das Sakko wieder zurückgeben.
Wieso? Die Frage plagte mich. Wieso kann es nicht einfach bleiben?
Doch das Schicksal hatte kein Erbarmen mit mir. Um die selbe Zeit wie gestern ging ich von Zuhause los. Lief in die heiße Menschenmasse, bog wieder ab, dann wieder und dann wieder.
Dort war er, die Klinke gab nach, widerwillig trat ich ein. Schon auf dem Weg hatte ich mir vorgestellt was jetzt passieren würde. Wie eingeprobt sprach ich:
„Ich kann Ihnen das Sakko heute nicht zurückgeben, das geht einfach nicht. Ich brauche es und ich denke es braucht auch mich. Wieso müssen Sie es unbedingt haben?“ Der Inhaber spürte meine Verzweiflung, das wusste ich und doch blieb er ungerührt.
„Es gehört dir nicht.“ Kühl streckte er mir seine Hand hin, wir beide wussten, was zu tun war. Der Stoff glitt an meinem Rücken hinunter und ich fing ihn auf. Schmerzlich legte ich ihn über seinen Arm.
„Übermorgen kannst du wiederkommen.“ Das Sakko verschwand wieder in seinem Fach und ich wusste es war Zeit zu gehen.
Auf dem Weg nach Hause wurde mir kalt und diesmal war es mir nicht egal.

Am nächsten Tag machte es mich verrückt es nicht mehr zu tragen. Ich musste nochmal den Laden aufsuchen und den Innhaber anflehen.
Menschen, Gasse, Gasse, Gasse. Doch diesmal erhellte kein Licht die Straße. Absolute Dunkelheit, wo ich auch hinschaute. Mir war eiskalt, ich lief weiter und weiter, doch nichts. Wo ist dieser scheiß Laden denn nur?
Die halbe Nacht verstrich, bis ich endlich aufgab. Durchgefroren und hungrig kam ich in meine Wohnung. Ich schmiss mich aufs Sofa ohne etwas zu Essen, der Appetit war mir vergangen.
Mir fiel es schwer einzuschlafen, irgendwann schaffte ich es dann.

Meine gesamte Welt bestand nur noch aus einem einzigen Gedanken: Heute Abend würde ich es wieder tragen. Den ganzen Tag machte ich nichts als auf und ab zu gehen und jede zwei Minuten auf die Uhr zu schauen. Nach einer Ewigkeit war es endlich so weit. Ich lief aus der Tür und rannte den altbekannten Weg. Einmal verlor ich das Gleichgewicht und rempelte einen Jungen an, der mich übel beschimpfte. Es war mir egal.
Endlich! Von Weitem sah ich schon das warme Licht, O dieses Licht. Als ich die kalte Klinke runterdrückte kam auf einen Schlag die Gelassenheit, wie bei einem Süchtigen, der nach langem Warten wieder eine raucht.
„Guten Abend.“
Ich täuschte vor, nicht verrückt nach diesem Sakko zu sein. Er betrachtete mich von Kopf bis Fuß.
„Du solltest mehr essen.“
Ich hörte nicht zu, schaute nur auf das Fach in der Holzwand. Endlich bewegte er sich und brachte es mir.
„Morgen Abend, wie das letzte Mal.“
Hastig schmiss ich es über meine Schultern, schon wieder diese Gelassenheit. Mit ihm fühlte ich mich einfach vollkommen.
Einige Zeit ging ich noch spazieren, weil ich so erregt war. Schließlich kamen wir zuhause an und legten uns ins Bett. Stundenlang hätte ich gedankenlos an die Decke starren können. Wenn es bei mir war, dann konnte ich mich entspannen.

Am nächsten Tag stellte ich mir vor, wie ich einfach mit ihm weglaufe. Was passieren würde, wenn ich es heute nicht zurückgeben würde. Ich wünschte es wäre so einfach, doch das war es nicht. Ich bin diesen Pakt eingegangen und jetzt musste ich mich auch an seine Regeln halten.
Jede Sekunde hatte ich mit ihm genossen, ich hoffte ich würde es bald wiedersehen.
Dann war es soweit, ich stand vor dem Schaufenster und betrachtete mein Spiegelbild. Ich zögerte es so lange wie möglich hinaus, griff dann schließlich doch zur Klinke. Alles war wie gewohnt. Der Inhaber schaute mich an. In seinen Augen sah ich, dass er wusste was ich dachte.
„Ich kann das nicht. Ich kann es jetzt nicht zurückgeben. Es hat sich so gut angefühlt.“
„Doch, du kannst… weil du es musst.“
Mich packte die Verzweiflung.
„Verdammt, wieso?“
Sein Seufzen hörte sich nach Erfahrung an.
„Weil es nicht dir gehört. Von Anfang an wusstest du es, trotzdem hast du es ausgeliehen. Es spielt keine Rolle wie gut es dir passt, oder wie du dich fühlst, weil es nicht deines ist.“
Eine Schwere legte sich über meinen Körper. Der Innhaber musste mir helfen das Sakko auszuziehen, alleine hätte ich es nicht geschafft.
„Am Ende des Tages liegt dieses Sakko bei jemand anderem im Schrank. Es hat seinen Weg zu dir gefunden und du hast es zugelassen.“
Vorsichtig legte er das Sakko zusammen, als sei es das Wertvollste der Welt, dann verschwand es wieder im Fach. Wie ich das hasste.
„Was schulde ich ihnen?“
„Hier bezahlt man nicht mit Münzen.“
Das erste Mal verstand ich.

Oft bin ich danach noch die Gassen entlanggelaufen, mal suchend, mal in Gedanken schwelgend. Nie wider sah ich das warme Licht des Ladens, nie wieder sah ich das Sakko.

 
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Hallo @L. Sauer,

die story hat mich nicht so ganz mitgenommen, möglicherweise habe ich deine Intention nicht erfasst, trotzdem ein paar Überlegungen dazu:
Den Untertitel "Bloody Sunday" verstehe ich nicht, ich bin kein Fan oder Kenner von U2, aber der Text bezieht sich auf ein Massaker britischer Soldaten an unbewaffneten Demonstranten. Wählt man diesen Untertitel, hätte ich einen Bezug erwartet, der sich mir aber nicht erschließt. Komma-Sachen werde ich nicht besprechen, weil es sonst zu langwierig wird. Aber von vorn:

schon wieder einer dieser Tage an denen man nicht weiß, was man mit sich anfangen soll.
Der Anfang holpert, das erste man könnte evtl. gestrichen werden. (einer dieser Tage, an denen man nichts mit sich anfangen kann?) Und auch das:
Regen, schon wieder Regen, es machte mir nichts aus.
Zunächst wird durch die Wiederholung des Regens angedeutet, dass der Regen nervt, dann macht es ihm nichts aus. Das klingt für mich nicht flüssig.
Am Kiosk nebenan kaufte ich mir eine Packung Camel und ein Feuerzeug. Obwohl ich wusste, dass sie nass wird machte ich mir eine an.
Die Nennung einer Marke scheint mir nicht notwendig zu sein, Zigaretten würden reichen. Warum er sich eine anzündet, obwohl er weiß, dass sie gleich ausgeht, erschließt sich mir nicht. Soll sicher atmosphärisch etwas beschreiben, genauso wie die aufgetakelten Mädchen und die Leute, die so "scheißglücklich" sind, aber das könnte vielleicht mehr unterfüttert, erzählt werden, weil es sich später auch nicht erschließt.
Die geschlossenen Läden versprühten immer noch das unangenehme LED-Licht
LED-Licht ist nicht per se unangenehm, vielleicht eher Neon-Licht?
Am nächsten Kiosk überlegte ich mir ein Bier zu holen, ließ es dann aber doch bleiben. Für heute reichten mir die Camel.
Wieder die Camel, ist die Überlegung, ein Bier kaufen zu wollen und es dann nicht zu tun,
wichtig für die story? Kann man evtl. weglassen.
bog in eine ruhige Gasse, weg von all dem Getümmel.
Ich folgte ihr, folgte der Nächsten und auch der danach. Irgendwann wusste ich nicht mehr wo ich war, doch es war mir egal.
vielleicht "folgte einer Gasse nach der anderen"? So klingt es für mich nicht flüssig. Dann ist es ihm wieder egal, ohne dass klar wird, warum ihm eigentlich alles egal ist.
Weit und breit brannte kein Licht, nicht einmal eine Laterne, nur die Lampen hinter einem Schaufenster.
Es brennt doch Licht, nämlich die Lampen, würde ich evtl umformulieren.
Dann fielen seine strengen Augen auf mich. Sie versteckten sich hinter einer kleinen Brille mit runden Gläsern.
Verstecken sich Augen hinter einer kleinen Brille? Vielleicht hinter einer Sonnenbrille. "Streng" würde ich ebenfalls streichen.
Es war einer dieser alten Läden, von denen jeder schonmal geträumt hatte
Könnte vielleicht mehr beschrieben, denn behauptet werden. Ich weiß vermutlich, was du meinst, aber besser erzählen. Schonmal ist eine Kurzform von schon einmal, besser getrennt.
Doch das Schicksal hatte kein Erbarmen mit mir
Bißchen drüber?
Lief in die heiße Menschenmasse
Warum ist die Menschenmasse heiß?
Der Innhaber spürte meine Verzweiflung, das wusste ich und doch blieb er ungerührt.
Flüchtigkeitsfehler.
Mit ihm fühlte ich mich einfach vollkommen.
Einige Zeit ging ich noch spazieren, weil ich so erregt war. Schließlich kamen wir zuhause an und legten uns ins Bett. Stundenlang hätte ich gedankenlos an die Decke starren können. Wenn es bei mir war, dann konnte ich mich entspannen.
"Erregt" hat für mich eine sexuelle Nuance, vielleicht eher aufgeregt oder aufgekratzt? Und ist es wirklich alles, dass er mit dem Sacco stundenlang gedankenlos an die Decke starren und entspannen kann? Da fehlt mir der Grund für die Sucht nach dem Sacco, möglicherweise habe ich es auch nicht verstanden.

Vielleicht ist irgendetwas Hilfreiches dabei, schöne Adventszeit wünscht

Jaylow

 
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Hallo @Jaylow,

Danke für deinen Kommentar und dein Auseinandersetzen mit dem Text. Ich bin mir meiner Fehler in der Grammatik, vor allem in der Kommasetzung, bewusst. Diese Schwäche plagt mich leider.
Die Logikfehler habe ich korrigiert. Gute Tipps, danke :) Manchmal fällt einem sowas irgendwie nicht auf.
Und zum Verständnis: Schade, dass ich es nicht geschafft habe Athmosphäre und Verständnis bei dir rüberzubringen. Ich bin mir nicht sicher, ob eine Erklärung das Richtige wär, deshalb lasse ich es mal.

Den Untertitel "Bloody Sunday" verstehe ich nicht, ich bin kein Fan oder Kenner von U2, aber der Text bezieht sich auf ein Massaker britischer Soldaten an unbewaffneten Demonstranten.
Alles klar, das war nicht in meinem Sinne, ist rausgenommen.

Bißchen drüber?
Ich bin mir sicher, dass das Übertriebene an der Stelle einen verwirrt, wenn man den Sinn nicht sieht.

Warum ist die Menschenmasse heiß?
"Heiß" sollte hier das Unangenehme beschreiben. Den warmen Atem, die laute Musik, die hektischen Gespräche. Der Tumult war für mich einfach als Knubbel... heiß. Es hat für mich beim Schreiben Sinn gemacht.

"Erregt" hat für mich eine sexuelle Nuance, vielleicht eher aufgeregt oder aufgekratzt?
Erregung ist für mich nicht nur etwas sexuelles, aber auch in meinem eigentlichen Sinne würde es Sinn ergeben. Ich wiederhole mich, aber: Es ist schade, dass ich die eigentliche Bedeutung nicht rüberbringen konnte. Das liegt an mir.

Vielen Dank für das Lesen :)

Lieben Gruß
L. Sauer

 

Ich habe die Geschichte vor meiner Anmeldung hier gelesen. Also vor etwa 4 oder 5 Stunden. Leider habe ich sie nicht verstanden. Ich möchte nicht ausschließen, dass ich zu müde gewesen sein könnte (mir wurde die Immer-Schlaffähig-Krankheit Hypersomnie diagnostiziert).

Andererseits hat mich Dein Schreibstil durch die ganze Geschichte getragen, ohne einzunicken. Allerdings auch die Frage: Was ist die Pointe? Demzufolge würde ich mich freuen, wenn Du den Kern der Geschichte stärker herausarbeitest. Viel Erfolg.

 

Moin @L. Sauer
Ich musste zu Beginn der Geschichte an Handkes "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter" denken. Daher dachte ich, dass es in deiner Geschichte vielleicht auch um eine Krankheit/Wahrnehmungsstörung gilt, aber dann kam der Teil mit dem Sakko... Da muss ich nochmal drüber nachdenken :D

 

Hallo, L..Sauer,
ich habe die Geschichte nun 2 x gelesen aber nicht verstanden. Was genau macht das Sakko mit ihm? Es macht ihn glücklich, weil er sich darin gut fühlt? Warum darf er es nur alle 2 Tage tragen? Worin besteht der Pakt? Womit bezahlt er, wenn nicht mit Münzen?
Das ist jetzt ein sehr kurze Rückmeldung, aber da andere auch nicht alles verstanden haben, finde ich die Rückmeldung nicht unwichtig...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @eltankred, @Emhyr und @Lobilotte,

Vorweg: mein Beileid @eltankred. Das stelle ich mir beutelnd vor, vor allem wenn man viel lesen möchte. Ich kenne mich in dem Gebiet nicht gut aus, hoffentlich hält die Schlafmedizin eine Perspektive für dich bereit.
Aber es freut mich, dass meine Geschichte es geschafft hat dich wachzuhalten :)

Ich antworte euch gebündelt, da ihr das Problem teilt - hoffentlich ist das okay.

Prinzipiell faszinieren mich Texte (ob es Lyrik, Epik oder nur Songtexte sind), die nicht nur eine offene Interpretation zulassen, sondern vielleicht auch etwas Verwirrung streuen. Ich bin mir bewusst, dass Viele bei Verwirrung nach einer oder der Bedeutung des Textes suchen, um zufrieden zu werden. Für mich ist manchmal das Gefühl, das der Text vermittelt, wichtiger, als eine tiefgründige Beteutung.
Ein Beispiel hierfür ist für mich der Song: Echoes von Pink Floyd. Ich wusste lange Zeit nicht recht was der kryptische Liedtext bedeuten sollte. Das war für mich aber nicht relevant, da er starke Gefühle in mir auslöste. So stark sogar, dass ich eine Kürzestgeschichte dazu verfasste, die überhaupt nichts mit der eigentlichen Bedeutung des Textes zutun hatte.
Vielleicht funktioniert das aber auch besser in der Musik... Neben Text sind die Instrumente auch die Träger der Gefühle.

Aber nun genug Geschwafel :D

Das Thema dieses Textes ist: Sucht.
Dabei könnte man es belassen, aber vielleicht sind meine Hintergründe noch wichtig:

Vor einiger Zeit hatte ich ein extrem ungesundes und leider auch kompliziertes Verhältnis mit jemandem. Sie hat mir nie gehört, war immer weg, doch wenn sie bei mir war kam die Erleichterung. Irgendwann habe ich gemerkt, dass sich mein Verhalten mit einer Sucht vergleichen lässt. Daraufhin schrieb ich den Text.

Wie zuvor gesagt finde ich es schade, dass der Text nicht ankommt. Auch, wenn ich es plump finde die Bedeutung in die Kommentare zu schmeißen, mache ich es jetzt mal :)
Das hier zeigt auch eventuell, dass man meinen Gedanken von einer angenehmen Verwirrtheit schlecht in Epik packen kann und ich den Kern der Geschichte sichtbarer darstellen müsste.

Vielen Dank @eltankred, @Emhyr und @Lobilotte für das Lesen, auch wenn es nicht befriedigend für euch war.

Lieben Gruß
L. Sauer

 

@Lobilotte,

Mit meinem obrigen Kommentar sollten sich deine Fragen klären. Wenn nicht, und es dich weiterhin interessiert, kann ich die gerne noch beantworten.

 

Hallo @L. Sauer,

ich habe den Text gelesen, nachdem ich schon einige Kommentare kannte. Er hatte also weniger Kredit; insofern war ich eher positiv überrascht. Ich sehe zwar einige Mängel (s. u.), aber den Grundtonus, den finde ich gut. Ich habe den Text auch im Suchtkontext gesehen, allerdings habe ich mich durch das Setting und das Sakko dann doch in eine konkretere Deutung begeben und mir gedacht, dass er vielleicht immer wieder zu derselben Prostituierten geht, die vielleicht nur alle zwei Tage arbeitet und dann wegzieht. Irgendwie so was. Auf diese Deutung haben mich das urbane Setting, die sexuellen Konnotationen, die Unruhe des Protagonisten, aber auch der warm beleuchtete Ort und natürlich das Sakko selbst gebracht, in das sich der männliche Protagonist hineinbegibt – vermittelt von einem Zuhälter.

Vor diesem Hintergrund, aber auch allgemeiner angeschaut ist ein Sakko allerdings eine seltsame Wahl für einen "magischen" Gegenstadt bzw. für ein Sinnbild, eine Metapher. Wobei ich dir recht gebe: Eigentlich ist es völlig egal, was genau hinter was steht in einem Text, der traumähnlich funktioniert.

Mich hat der Text auch deshalb angesprochen, weil er mich an meinen eigenen allerersten Text erinnert hat, den ich damals noch mit einem ganz anderen Profil hier geteilt habe. Der endete tatsächlich im Bordell und hatte einen ähnlichen Stil. Ich mag Geschichten, die sich um getriebene Einzelgänger drehen, die in irgendeinen Wahn verfallen.

Dass mich der Text an meinen erinnert, hat aber noch einen Grund. Ich finde, man merkt, dass du dich noch nicht ganz sicher in den Worten bewegst. Wie gesagt, ich finde die Grundstimmung, das Thema, die kommen schon gut rüber, aber es liest sich insgesamt noch eher tastend und unsicher. Ich denke, wenn du dir den Text in einigen Jahren mit Abstand und mehr Können noch einmal vornimmst, wird der noch einmal viel stärker werden und wirken.

Es sind auch einige inhaltliche Ungereimtheiten drin, was ja schon angesprochen wurde. Zum Beispiel, dass die Zigarette im Regen ausgeht; sogar ein einzelner Tropfen löscht sie aus. Zu so was muss man sagen: Das ergibt einfach wenig Sinn. Die Figur ist ja nicht blöd. Warum hält sie die Kippe nicht "Soldaten-Style" und nach unten, wenn sie nicht grade dran zieht. Solche Details muss man im Auge haben, denn die summieren sich auf.

Dann benutzt du teilweise Phrasen ("anziehen wie eine Motte") – da würde man einen frischen Vergleich erwarten, einen, den man so noch nicht gehört hat, der aber die Situation noch viel besser auf den Punkt bringt.

Und letztlich ist der Text auch zu wenig bildlich, in meinen Augen. Der Erzähler ist zu präsent, er formuliert zu viel aus, ordnet zu viel ein. Die Handlung, die Settings, die anderen Figuren müssten mehr vom Gewicht tragen als momentan. Es liest sich alles noch zu beflissen, hat zu wenig Körnung, zu wenig Tiefe; Details sind in Ansätzen da, aber die sind noch nicht wirklich herausgearbeitet, alles ist in einer Weise noch grob und plump.

Aber wie gesagt, daran kann man ja arbeiten. Ich würde das wie gesagt mit Abstand machen und deine neuesten Erkenntnisse erst einmal in neue Texte einfliessen lassen. So verhinderst du, den Text hier abzunutzen und das Interesse zu verlieren, bevor er sich wirklich weiterentwickelt hat. In gewisser Weise ist das nämlich schon ein Text, der sehr hohe Anforderungen an einen Autor stellt: Du willst ja indirekt erzählen, da hilft dir so mancher Standardtip nicht weiter. Du brauchst eher mehr Erfahrungen und Instinkt in Hinblick auf Sprache und Text generell, um hier eine Schippe draufzulegen, und das gibt es eben nicht im Schnelldurchgang.

Freundliche Grüße

HK

 

Hallo @L. Sauer ,

Vorweg: mein Beileid @eltankred. Das stelle ich mir beutelnd vor, vor allem wenn man viel lesen möchte. Ich kenne mich in dem Gebiet nicht gut aus, hoffentlich hält die Schlafmedizin eine Perspektive für dich bereit.

Danke für Deine Anteilnahme. Zum Glück sind wir als Menschen flexibel genug, uns mit Umständen jeder Art zu arrangieren. Manchmal inspirieren sie einen sogar. In diesem Fall habe ich zu Übungszwecken ein Gedicht über meine Dauermüdigkeit verfasst (, weil ich da wohl noch einiges zu lernen habe).

LG El

 

Hallo :-)
danke für die Erklärung. Vor dem Hinergrund verstehe ich deine Geschichte natürlich viel besser.
Zu meinem Nichtverständnis: Der Gedanke an Sucht kam mir beim Lesen. Bei Sucht denke ich erst mal an Drogen. Aber würde ein Süchtiger einfach so abends seine Droge (Sakko) wieder hergeben? Bei einer zwischenmenschlichen Beziehung sieht das natürlich anders aus.

Insgesamt würde ich mir als Leserin bei diesem Protagonisten mehr Widerstand wünschen und dass er sich nicht so seinem Schicksal ergibt.

In einer Szene zweimal die Gelsassenheit. Wir wissen ja schon dass er sie empfindet, Das würde ich umformulieren, erst eine "schwachere" Formulierung wählen und im zweiten Satz eine Steigerung in Form einer "stärkeren" Formulierung wählen.

Als ich die kalte Klinke runterdrückte kam auf einen Schlag die Gelassenheit, wie bei einem Süchtigen, der nach langem Warten wieder eine raucht.

Hastig schmiss ich es über meine Schultern, schon wieder diese Gelassenheit.

Ich mag verwirrende Geschichten, aber wenn sich mir kein Sinn (es kann ja mehrere geben, aber einer sollte sich mir erschließen), ergibt, bin ich unzufrieden.

Liebe Grüße
Lobilotte

 

Hallo @L. Sauer,

ich stehe der Geschichte zwiegespalten gegenüber. Einerseits kann ich die Grundidee schon für erzählenswert erachten, andererseits gefällt mir die Umsetzung nicht ganz.
(Der Kommentar erfolgt, ohne den Spoiler gelesen zu haben).

Ich lag auf dem Sofa und wusste wieder nichts mit mir anzufangen. Mir kam eine Idee.
Das geht für meine Begriffe zu schnell. Er oder sie kann nichts mit sich anfangen, sofort schließt sich aber eine Idee an, was der Aussage widerspricht.
Die Jacke kratzte über meine Arme, in die fertiggeschnürten Schuhe konnte ich hineingleiten, die Schlüssel klirrten.
Manchmal sind ungewöhnliche Formulierungen sinnvoll, an dieser Stelle stelle ich das etwas in Frage. Vor allem "Die Jacke kratzte über meine Arme" finde ich kein besonders geglücktes Bild, das "kratzte" vor allem finde ich zu hart und nicht zu Jacken passend, außer zu Strickjacken aus "kratziger" Wolle. Vielleicht "glitt" und bei den Schuhen stattdessen "hineinschlüpfen"?
Die geschlossenen Läden versprühten immer noch ihr unangenehm grelles Licht.
Auch hier gefällt mir das Detail nicht, grelles Licht, das "versprüht" wird passt m.E. nicht so ganz. Grelles Licht zeichnet sich dadurch aus, dass es hart ist, "versprühen" wie ein Sprühnebel kriege ich damit nicht überein. Auch, wenn das Licht nicht "grell" wäre, könnte ich "versprühen" nicht so einfach mit Schaufensterbeleuchtung in Einklang bringen.
Aus einer Bar taumelte ein Student und rempelte mich an.
Woher weiß der Prot, (ich gehe mal davon aus, dass er männlich ist), dass das ein Student ist?
Gab es etwas um sonst?
umsonst
Die ganze Welt bereitete sich auf einen heiteren Abend vor.
"heiter" klingt für mich etwas gedrückt, das kollidiert unter anderem mit dem Riesigen der "ganzen Welt". Den Gedanken, dass sich die ganze Welt, an einem Samstagabend vielleicht, auf's Ausgehen vorbereitet, mag ich per se, aber in der Umsetzung hapert es für mich noch.
Nahezu alles in Holz verkleidet, angenehm unordentlich und dort stand auch schon der charismatische Inhaber.
Hier finde ich gut, dass du selbst etwas Distanz zum Bild des kleinen, bezaubernden Laden, wie es ihn schon so oft gegeben hat, schaffst. Das kann man verwenden, aber kleine, bezaubernde Läden sind in der Literatur, soweit ich das überblicken kann, reichlich beliebt.
Natürlich kann man das trotzdem verwenden wie alles andere auch, aber hier finde ich das Bewusstsein darum, das im Text selbst auftaucht, als ganz wohltuend.
Er beachtete mich erst garnicht
gar nicht
Dieser Ort hatte etwas Magisches. In ihm fühlte ich mich zuhause, gleichzeitig wusste ich, dass ich nicht lange bleiben konnte.
Das geht mir wieder zu schnell. Kann man so machen, aber ein kleines Stückchen tiefer hättest du die Leser schon mit reinnehmen können, indem du ein, zwei Sätze mehr gestaltest.
„Was schulde ich ihnen?“
Ihnen
Schon wieder verstand ich nicht und schon wieder war es egal.
Dieses so oft eingesetzte "... war es egal" nervt, wenigstens mich.
Ich spürte jede Faser, jeder Knopf vollendete mich.
Das finde ich eher komisch übertrieben statt passend, obwohl ich gut finde, dass du genauer ausführst, was ihn an diesem Sakko so gefällt, dass er reagiert, wie er reagiert.
In dieser Nacht schlief ich so gut wie noch nie, natürlich trug ich es auch im Bett. Am Tag darauf war es so weit, ich musste das Sakko wieder zurückgeben.
In der Lücke zwischen den Sätzen wäre m.E. Platz gewesen, seine Erlebnisse mit dem Sakko ein wenig weiter auszuführen. Man kann den Rahmen der Geschichte so ziehen, wie du es getan hast und manches offen lassen, hier fehlt mir abe ein bisschen das, was mit dem Sakko so anders ist, als ohne. Eine grobe Richtung vorzugeben, indem du ein paar Begebenheiten mit Sakko zeichnest, wären nicht verkehrt. Allzu offen kann auch zu viel des Guten sein.
„Ich kann ihnen das Sakko heute nicht zurückgeben, das geht einfach nicht. Ich brauche es und ich denke es braucht auch mich. Wieso müssen sie es unbedingt haben?“
Ihnen und Sie. Es macht wirklich einen Unterschied.
Der Innhaber spürte meine Verzweiflung, das wusste ich und doch blieb er ungerührt.
Inhaber. Das ist noch ein paar Mal falsch drin.
wir beide wussten, was zutun war.
zu tun
Auf dem Weg nachhause wurde mir kalt und diesmal war es mir nicht egal.
nach Hause
Am nächsten Tag machte es mich verrückt es nicht mehr zu tragen.
Hier hättest du gut etwas Tempo rausnahmen und stattdessen bebildern können, konkret, was für ihn jetzt ohne das Sakko, aber im Wissen darum wie es mit war, anders ist. Ja, da hättest du für mein Dafürhalten wieder konkreter werden dürfen.
Ich täuschte vor[,]nicht verrückt nach diesem Sakko zu sein.
Er betrachtete mich von Kopf bis Fuß.
„Du solltest mehr essen.“
Nach zwei Tagen sieht er das schon? :eek:
„Verdammt[,] wieso???“
Multiple Satzzeichen sind eigentlich nie sinnvoll und gerechtfertigt.
„Weil es nicht dir gehört. Von Anfang an wusstest du es, trotzdem hast du es ausgeliehen. Es spielt keine Rolle wie gut es dir passt, oder wie du dich fühlst, weil es nicht deines ist.“
Das gefällt mir! Da bist du kronkreter und lebendiger, hast aber auch den Interpretationsspielraum, den du dir wünschst, genau da! Die Schlussabschnitte gefallen mir am besten und es ist auch annehmbar, dass es recht einfach endet, indem der geheimnisvolle Laden plötzlich gänzlich verschwunden ist.

Das Grundthema gefällt mir, wenn ich auch mit dem "Sakko" als solchem nichts verbinde, was erklären würde, warum es ausgerechnet ein Sakko ist. Einmal hast du anklingen lassen, dass er beim ersten Mal Tragen des Sakkos daraufhin seine kratzige Jacke und die Zigaretten samt Feuerzrug in den Müll schmeißt. Das könnte darauf hindeuten, dass das Sakko ihm mehr Seriösität verleiht, wie es das auch ganz ohne Zauberladen machen würde.

Seine Wünsche und Erfüllungen bleiben für mich einen Tick zu weit ihm Dunklen. Eine mögliche Richtung würde ich vorgeben, wie oben bereits angeklungen.

Viele Grüße,
Helen

 

Hallo @L. Sauer,

ich wollte wieder mal etwas Seltsames lesen, ja, seltsam wars!

Mir kam eine Idee. Die Jacke kratzte über meine Arme, in die fertiggeschnürten Schuhe konnte ich hineingleiten, die Schlüssel klirrten.
Man merkt, das dir eine Idee gekommen ist - nämlich eine gelungene Beschreibung des Weggehens! Vielleicht ist "kratzte" etwas zu stark, so eine Jacke würde mal wohl verwerfen.

die auf eine verschwitzte Nacht im Club zusteuerten.
Auch gut!

Nahezu alles in Holz verkleidet, angenehm unordentlich und dort stand auch schon der charismatische Inhaber.
Denke, 'mit Holz' ist richtig oder 'getäfelt', wenn du "verkleidet" wegen der Doppeldeutigkeit vermeiden willst.


„Dein Sakko ist schon lange fertig. Wurde Zeit, dass du es abholst.“
Schöne überraschende Wendung, macht neugierig.


Am Tag darauf war es so weit, ich musste das Sakko wieder zurückgeben.
Wieso? Die Frage plagte mich. Wieso kann es nicht einfach bleiben?
"es bleiben" klingt wie bei einer Person. 'Wieso kann ich es nicht behalten?'.

Dort war er, die Klinke gab nach, widerwillig trat ich ein.
Wer "er"? Klar der Laden, aber der wurde schon lange nicht erwähnt.

Wie eingeprobt sprach ich:
'Wie einstudiert' oder 'wie geprobt'.


„Am Ende des Tages liegt dieses Sakko bei jemand anderem im Schrank. Es hat seinen Weg zu dir gefunden und du hast es zugelassen.“
Zwischen diesen Sätzen empfinde ich eine Lücke. Was hat der andere damit zu tun, dass das Sacko den Weg zu ihm gefunden hat?

Eine Geschichte über Abhängigkeit, das Sacko als Bekleidungsstück, den Körper umhüllend ist passend gewählt. Nach dem ersten Anziehen kommt leider nicht deutlich genug heraus, worin der Gewinn für den Protagonisten durch das Anziehen besteht (später wird es deutlicher).
Dafür, dass der Protagonist unerwartet mit der Sacko-Situation konfrontiert wird, ist er erstaunlich unüberrascht und einsichtig, was die Spielregeln betrifft.

Alles in allem habe ich den Text gerne gelesen, eine gute Ausgangsidee, mit überwiegend passender Schilderung.


LG,

Woltochinon

 

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