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Caroline Musselwhite

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19.05.2008
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Caroline Musselwhite

Caroline Musselwhite kannte den Tag ihres Todes. Sie wusste, dass er nicht morgen oder übermorgen war, sondern in zwei Wochen, am 26. Juli. Ein Mann hatte es ihr gesagt, man hatte ihr damals ein Schreiben geschickt, auf dem es stand, und jeden Tag wurde sie daran erinnert. Sogar die Uhrzeit war ihr bekannt: 10:45 Uhr. Was zu diesem Fluch führte, war der einfache Umstand, dass sie sowohl ihren fünfjährigen Sohn als auch ihre siebenjährige Tochter mit der Schrotflinte ihres verstorbenen Mannes, Stephen K. Musselwhite, ermordet hatte. Ihre Nachbarin, Juliette Bradstreet, war von den Schüssen aus dem Schlaf gerissen worden, denn obwohl Caroline Musselwhite ihre beiden Kinder nah aneinander auf die Bank vor dem Haus gesetzt hatte, war der erste Schuss nur für den kleinen Jungen, Georgie, tödlich, nicht aber für das kleine Mädchen, Lucy. Caroline Musselwhite hatte die Waffe zuvor nie abgefeuert und so war sie vom gewaltigen Rückschlag und der geringen Streukraft überrascht, und musste für Lucy noch einmal nachladen. Lucy hatte keinen Mund mehr, mit dem sie hätte schreien können, aber dennoch krochen elende Geräusche aus ihr, und das wollte Caroline Musselwhite nicht. Doch gerade weil sie sich beim Stopfen der Patrone ins Fach so sehr beeilte, dauerte es bis zum erlösenden Schuss besonders lange. Nachdem Juliette Bradstreet aus ihrem Bett geschlüpft war, um die Vorhänge an dem Fenster zur Seite zu schieben, durfte sie Caroline Musselwhite dabei zusehen, wie sie im Schein der Hausbeleuchtung vor ihren beiden toten Kindern kniend, die Fleischstückchen und Körpersplitter aufkehrte. Das Blut sickerte ins Holz der Veranda. Statt die Polizei zu benachrichtigen, rief Juliette Bradstreet ihren Mann, Carl Bradstreet, an, der zu dieser späten Stunde in einem Fernlaster durch einen Vorort von Carson City, Nevada, fuhr und hochentzündliches Gut transportierte. Carl Bradstreet versuchte seine Frau zu beruhigen, aber die dachte gar nicht daran, sich beruhigen zu lassen, und so musste er sie wegdrücken, um in einem nächsten Anruf das Policedepartment in Oakland zu verständigen. Juliette Bradstreet entfernte sich vom Fenster und zog sich etwas an, weil sie immer nackt schlief, wenn ihr Mann nicht Zuhause war, und sie bestimmt von der Polizei vernommen werden würde. Sie war jetzt keine Nachbarin mehr, sondern eine Zeugin. Nachdem sie die Sirene der Polizeiwägen hörte und das Blaulicht in ihrem Schlafzimmer tanzte, verließ sie ihr Versteck unter der Decke und rannte den Polizisten entgegen, die mit gezogener Waffe auf Caroline Musselwhite zugingen, die auf der Treppe hockte, die Vorbau mit Garten verband. Hätten in ihrem Gesicht nicht Fetzen ihrer Kinder gehangen und wäre ihr Nachtkleid nicht von Blutspritzern verziert gewesen, hätte man sie mit einer Frau verwechseln können, die sich aus Schlaflosigkeit vors Haus gesetzt hatte, um eine Zigarette zu rauchen oder ein Glas Milch zu trinken. Aber selbst wenn sie so hübsch und unangetastet und harmlos ausgesehen hätte, wie am Morgen, als sie vor dem Spiegel stand und mit einem Lippenstift ihren schmalen Mund nachmalte, sie das dunkelblonde Haar zu einem strengen Mittelscheitel kämmte und sich die knochigen Wangen rosa puderte, und statt der einläufigen Schrotflinte eine Packung Marlborozigaretten neben sich liegen gehabt hätte, wären die beiden Kinder auf der Bank hinter ihr nicht zu übersehen gewesen. Und obwohl sie so offensichtlich tot waren, schienen sie in ihrer geschwisterlichen Haltung fast lebendig. Ohne Widerstand ließ sie sich abführen. Die Kusshand, die Caroline Musselwhite ihrer Nachbarin, Juliette Bradstreet, zuwarf, als sie in den Wagen stieg, verstand damals niemand.

Die Schüsse und die Polizeisirenen hatten auch andere Anwohner auf die Straße gelockt und freilich rätselten sie, welches Warum hier am Abzug gewesen war. Der ranghöchste Polizist, Officer Robert Anderson, stand vor den Kindern und sah in ihnen nicht die tote Lucy und den toten Georgie, sondern einen Beweis, den es zu schützen galt. Vielleicht war es sein abgestumpftes Gemüt, vielleicht die Unfähigkeit, die Blicke der Nachbarn von ihren Körpern fernzuhalten, vielleicht aber auch die bloße Tatsache, dass die Kinder keine Gesichter mehr hatten. Was eine Mutter zu solch einer Tat verführte, war die Frage, die durch alle Köpfe geisterte, die Caroline Musselwhite als fürsorgliche und zartherzige Frau kannten, die Handschuhe und Mützen für die Kinder der Siedlung strickte und einmal im Jahr ein Weinfest in ihrem Garten veranstaltete. Die Frage geisterte auch dem Richter und den Geschworenen durch den Kopf, die darüber zu urteilen hatten, was mit der Frau geschehen sollte, die nun keine Mutter mehr war. Ein Psychologe, Dr. Michael Young, wurde zu Rate gezogen.
„Warum wollen Sie wissen, warum ich es getan habe? Ich habe doch gesagt, dass ich es war.“
„Ich möchte herausfinden, inwiefern Sie schuldfähig sind. Nehmen sie Medikamente, haben Sie an dem Abend Alkohol getrunken, wissen Sie von einer psychischen …?“
„Ich habe es getan und ich weiß, dass ich es getan habe, und ich wusste es, als ich es tat. Reicht Ihnen das?“
„Nein“, sagte Dr. Michael Young, aber es musste ihm reichen, denn Caroline Musselwhite schwieg fortan und sagte die ganze Verhandlung über kein Wort mehr. Einzig ein leises „Dankeschön“, nachdem man sie zum Tode verurteilt hatte.

In der gewöhnlichen Gefängniszelle spürte Caroline Musselwhite, dass sie gefangen war. Den Himmel durfte sie nur eine Stunde am Tag sehen und sie mochte es, in den Himmel zu blicken, und ärgerte sich, wenn Wolken ihn verdeckten. Auch, weil sie in den Wolken Spielzeuge erkannte, die sie Georgie oder Lucy zu Geburtstagen oder an Weihnachten geschenkt oder gebastelt hatte. In der Dusche schauten ihr andere Frauen auf die winzigen Brüste mit den zu großen Warzenvorhöfen und auf die Schamlippen, die Caroline Musselwhite unschön herunter hingen. Die anderen Insassen waren Frauen, die ihren Mann im Schlaf erdrosselt hatten, weil er sie schlug oder vergewaltigte oder schlug und dann vergewaltigte oder schlug, während er sie vergewaltigte. Zwei Freundinnen hatten versucht, ein Bestattungsinstitut auszurauben, weil sie gehört hatten, dass die Särge dort über dreitausend Dollar kosteten und weil sie sich gedacht hatten, dass sich das Geld dort befinden musste, wenn Särge verkauft wurden. Siebenhundert Dollar waren jedoch nur in der Kasse und weil der Besitzer, Larry Bergmann, keinen einzigen davon hergeben wollte, vielleicht auch, weil sie nicht wussten, was sie sonst hätten tun sollen, schossen sie ihn tot und legten ihn in einen der Särge. Eine andere Frau, Melanie Rose, die bei altersbeschränkten Filmen gewiss nach dem Ausweis gefragt worden wäre, weil sie wie ein Mädchen aussah, hatte ihre Zwillingsschwester erstochen, weil sie ihr Spiegelbild war, weil sie mit derselben Stimme sprach und weil sie den gleichen Kussmund auf Männer drückte, die sie nie abbekommen hatte. „Es hat sich wie Selbstmord angefühlt“, sagte sie einmal. Das alles waren Gewalttaten, die niemand gutheißen konnte und für die niemand einen Applaus verdiente, aber allesamt waren sie zumindest in einem Maße nachvollziehbar, das unter Gewalttätern geduldet werden konnte. Was Caroline Musselwhite hingegen ihren Kindern angetan hatte, fand keine Duldung und so hätte man ihr gerne das Gesicht im Schlaf zerkratzt oder ihr Haare ausgerissen. Eine Gruppe Gattenmörderinnen plante sogar, ihr Dinge in den Unterleib zu schieben, ein Stuhlbein vielleicht. Aber am Ende traute sich niemand, Caroline Musselwhite stückchenweise etwas von der Gewalt zurückzugeben, mit der sie ihre Kinder aus der Welt gerissen hatte. In der gewöhnlichen Gefängniszelle fühlte sich Caroline Musselwhite geächtet, aber erst in der Todeszelle bemerkte sie, dass sie sterblich war.

„Wie wirst du mich töten?“, fragte Caroline Musselwhite einen Wärter, der sich ihr als Mr. Howard vorgestellt hatte.
„Ich werde Sie nicht töten“, sagte Mr. Howard.
„Wer tötet mich dann?“
„Das weiß ich nicht. Es wird auf jeden Fall ein Arzt und ein Richter dabei sein.“
„So rechtschaffene Personen werden mich töten? Das ist lieb, aber auch sehr befremdlich.“
„In der Tat!“
„Sag mir: Wie sieht der Himmel heute aus?“
„Bald können Sie mir diese Frage beantworten.“
„Wie meinst du das?“
„Sie wissen genau, wie ich das meine! Sie können mir gerne sagen, wie der Himmel aussieht, wenn Sie dort oben sind, aber flüstern Sie mir nicht ins Ohr, wenn ich schlafe, ich habe Angst vor Geistern. Legen Sie mir einen Zettel ins Fach. Das wäre nett.“

Mr. Howard gehörte zu den freundlichsten Wärtern im Todestrakt. Er guckte nicht durch den Essensschlitz, wenn sie auf der Toilette saß und pinkelte, forderte sie nicht jede Stunde auf, sich auszuziehen, um ihre Gefängniskleidung nach unerlaubten Gegenständen zu durchsuchen, und er hatte sie niemals berührt, nicht einmal am Arm oder der Schulter. Sie fragte ihn, warum es keine Frauen unter den Aufsehern gab und Mr. Howard antwortete: „Hier im Todestrakt sind bis zu fünfzehn Bestien eingesperrt, die eine Frau niemals zähmen könnte. Außerdem ist der Teufel selten weiblich. Sie sind die einzige Frau seit fünf Jahren hier.“

Einen Teufel gab es nicht, aber viele, die so ähnlich waren und im Todestrakt unterschied sich manch ein Wärter gar nicht so sehr von seinem Gefangenen. Caroline Musselwhite wusste nicht, woran das lag. Vielleicht war Grausamkeit ansteckend und die beiden Wärter, James Hunt und Adam Blackwell, die in ihre Kleidung ejakulierten, um es ihr darauf wieder zum Anziehen zu geben, konnten vielleicht gar nichts dafür, dass sie so waren, wie sie waren. Hatte sie sich nicht auch bei ihrem Ehemann, Stephen K. Musselwhite, angesteckt, und waren die Kindergesichter, die ihm teuflisch ähnlich sahen, nicht auch die ganzen Jahre über ansteckend gewesen?

Am 25. Juli kam nachts ein Mann in ihre Zelle und setzte sich zu ihr aufs Bett, das merklich nachgab. Er trug einen schwarzen Anzug und kurz überlegte sie, ob es der Tod war, der sich gerade zu ihr gesetzt hatte. Sie erkannte den Mann nicht wieder, so wie man den Tod nicht wiedererkennen konnte. Man sah ihn nur einmal und wenn man viel Glück hatte, erkannte man ihn. Aber wenn man, wie Caroline Musselwhite, eine Begegnung mit ihm erwartete, konnte man die Augen offen halten und ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit sehen. Er war dicklich und alles an ihm war weich. Sogar der Schweiß gerann zwischen seinem Doppelkinn zu etwas Weichem. Er hatte keine Brille auf, aber kleine Abdrücke links und rechts auf seinen Nasenflügeln ließen vermuten, dass er sie nur abgesetzt hatte. Trotz seines abstoßenden Äußeren fühlte sich Caroline Musselwhite zu ihm hingezogen. Und als sie das fleischige Lächeln sah, wusste sie, dass der Mann kein Wärter war und auch niemand, der sich mit dem Teufel angesteckt hatte.

„Wissen Sie, wer ich bin?“
„Nein, das weiß ich nicht“, log sie.
„Heute bin ich der Direktor des Gefängnisses. Sein Name ist Patrick Krenwinkel.“
„Ich heiße Caroline Musselwhite und morgen wird dieser Name auf meinem Grab stehen, wenn ihr so gütig seid, und mir eines buddelt.“
„Tatsächlich haben die Ihr Grab schon ausgehoben und auf dem Holzkreuzchen, das heute Vormittag hergeschickt wurde, steht Ihr voller Name: Caroline Jane Musselwhite, geb. 7. Dezember, 1952, gest. 26. Juli 1983.“
„Bringt das nicht Unglück, so etwas schon jetzt darauf zu schreiben?“
„Und ob das Unglück bringt, Miss Musselwhite.“
„Warum bist du hier?“
„Ich will Sie küssen und ich will, dass Sie mich zurück küssen. Ich will mit Ihnen schlafen. Ich will, dass Sie sich mir völlig hingeben.“
„Einen Wunsch hätte ich noch.“
„Ja?“
„Können wir das unter freiem Himmel machen?“

Caroline Musselwhite verließ das erste Mal seit drei Wochen die Todeszelle. Es war kein Wärter zu sehen. Patrick Krenwinkel führte sie in den dritten Stock und durch die Fenster hindurch sah sie ins Freie. Der Wind spannte die kalifornische Flagge und der Regen klatschte auf den Innenhof, verwandelte ihn langsam in einen kleinen, künstlichen See.
„Da werden wir kaum rausgehen können“, sagte Patrick Krenwinkel.
„Doch, ich will nach draußen“, sagte Caroline Musselwhite. In Krenwinkels Büro hätten zwanzig Todeszellen gepasst. Aber es war die Zelle des Todes, überall dunkles Holz, auf dem Schreibtisch stand ein Tintenglas, in dem eine Feder steckte, und es sah so aus, als wäre in der Nichtfarbe ein Vogel ertrunken. Es hingen keine Bilder im Raum und neben der Schreibmaschine stand kein Familienfoto. Aus einem Schrank, der halb so groß war, wie ihre Zelle, zog er ein Kleid, das er ihr reichte. Es war das Schlafkleid, das sie in der Nacht getragen hatte, als sie ihren kleinen Georgie und ihre kleine Lucy erschossen hatte. Vom Blut waren nur noch blasse Erinnerungen geblieben. Patrick Krenwinkel drehte sich um und Caroline Musselwhite wechselte ihre Kleidung.

Vom Büro aus konnte man durch eine große Fensterreihe in den Innenhof schauen. Ungestüm prasselte der Regen auf den Asphalt. Patrick Krenwinkel betätigte einen Knopf in einem Kasten, der an der Wand schwebte, was die Scheinwerfer im Hof verglimmen ließ und alles in Dunkelheit tauchte. Er nahm ihre Hand und sie versank fast in seinem Griff. Flüchtig betrachtet, war es Caroline Musselwhite, die ihm die Treppe hinab folgte, aber in Wirklichkeit zog er sie in die Tiefe, auch wenn es sich für sie anfühlte, als würde sie nach oben steigen. Er schloss das Tor zum Innenhof auf. Hand in Hand gingen sie in die Mitte des Hofes. Sanft drückte er sie nach unten, wo sich ihr vom Regen durchnässtes Kleid gänzlich vollsaugte. Kalt und nass war der Boden und sie war froh um das wärmende Fleisch, das sich auf sie legte, ihr Kleid nach oben schob und in sie drang. Wie die Nadel einer Giftspritze an der falschen Stelle und zu einem falschen Zeitpunkt. Sie suchte in ihren Erinnerungen nach einem Gesicht, das liebte, aber sie fand keines. Sie schloss die Augen und lächelte ein bisschen.

Juliette und Carl Bradstreet und ihr kleines Baby waren die einzigen, die am Tag der Bestattung vor dem Holzkreuz standen. Das Baby trug kein von Caroline Musselwhite gestricktes Mützchen und auch keine Handschuhe. Carl verstand nicht, warum sie gekommen waren, aber Juliette sagte ihm: „Sie hat mir doch einen Kuss zugeworfen.“

 

Hej,

das hat mir sehr gut gefallen.

Ich hoffe, das liegt jetzt nicht nur an den abklingenden Entzugserscheinungen wegen des Updates (nein, ich glaub nicht), aber es ist stellenweise ziemlich brutal und wirkt auf mich trotzdem nirgends überzogen. Es hat eher was absurdes, als würde das jemand in einem freundlich-fröhlichen Tonfall nebenbei erzählen, gleichzeitig sitzen die Details und haben mich zumindest an den Text gefesselt (das klingt jetzt blöde, aber so verstehe ich die Wirkung).
Es ist für mich eine ganz saubere Mischung, sehr gut komponiert.

Ich hab jetzt leider nicht viel Zeit, nur kurz noch:

Die Dialoge fand ich super.

Die Stimmung hat mich an den Schluss von The Pledge mit Jack Nicholson erinnert, frag mich nicht warum, vllt weil da auch so eine Aussichtslosigkeit herrscht und weil man dort dem Polizisten ebenso wie hier der Mutter glaubt (bzw glauben möchte), dass ihr Handeln sinnvoll war, auch wenn es nirgends einen konkreten Beweis dafür gibt.

Ich hoffe, andere schreiben Dir noch ausführlicher,

LG
Ane

 

Hallo Ane,

es freut mich sehr, dass die erste Reaktion so schnell kam, und so positiv. Vielen Dank für deine Zeilen und du musst dich gar nicht entschuldigen. Manchmal traut man sich nicht, etwas kürzere Kritiken einzustellen, aber deine Kritik enthält doch einige Gedanken, dir mir etwas bringen.

Hätten Entzugserscheinungen nicht gegenteilige Effekte? War es nicht der Entzug von Kurzgeschichten.de, der mich diese Geschichte schrieben ließ? Wie dem auch sei, es freut mich, dass dir die Geschichte gefällt, in ihrer beiläufigen Grausamkeit und trotz der vielen Fragezeichen, ohne die ich nicht schreiben kann.

stellenweise ziemlich brutal und wirkt auf mich trotzdem nirgends überzogen
Das ist etwas Gutes! Danke!

gleichzeitig sitzen die Details und haben mich zumindest an den Text gefesselt (das klingt jetzt blöde, aber so verstehe ich die Wirkung).
Warum klingt das blöd? Es stimmt schon, dass die Details hier weniger eine ausschmückende, mehr eine fesselnde Wirkung haben. Also Fesseln im Sinne von - dem Leser einen Bezug geben.

Die Dialoge fand ich super.
Das ist ein Punkt, für den ich selten gelobt werde, weil ich mir da manchmal noch schwer tue. Danke!

Die Stimmung hat mich an den Schluss von The Pledge mit Jack Nicholson erinnert, frag mich nicht warum, vllt weil da auch so eine Aussichtslosigkeit herrscht und weil man dort dem Polizisten ebenso wie hier der Mutter glaubt (bzw glauben möchte), dass ihr Handeln sinnvoll war, auch wenn es nirgends einen konkreten Beweis dafür gibt.
Den Film habe ich noch gar nicht gesehen, aber damit greifst du einige Aspekte auf, die mir sehr wichtig waren. Die Aussichtslosigkeit und auch, dass man nicht weiß, was wahr ist und ob die Handlungen Sinn machen. Warum sie die Kinder getötet hat und was und warum Patrick Krenwinkel mit ihr tut, erfährt man nicht, kann man nur erahnen.

Es ist für mich eine ganz saubere Mischung, sehr gut komponiert.
Saugut! Und ein letztes DANKESCHÖN!

Beste Grüße
markus.

 
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Hallo Markus,

ich finde, der Erzählton dieser Geschichte ist Dir ausgesprochen gut gelungen. Und das ist nicht selbstverständlich, denn es ist ja schon erkennbar eine Kunstsprache. Ich zermartere mir die ganze Zeit das Hirn, von welchen Autoren mir der Stil bekannt vorkommt. Schreibt John Irving so, mit dieser Distanz und diesem lakonischen Humor? Ist so lang her, dass ich was von dem gelesen hab. Gottfried Keller manchmal. Ach, ich komm nicht drauf. Es hat mir aber sehr gut gefallen. Man kommt auch in so ne ganz seltsam Trance-artige Stimmung. Ich kann mir vorstellen, dass man die Welt so sieht, wenn man seine Kinder lächelnd umbringt. Es hat ja auch so einen oberflächlich harmlos-naiven Ton hinter dem das Böse lauert. Irgendwie so.
Da sind schon sehr feine Stellen drin.

Die Schüsse und die Polizeisirenen hatten auch andere Anwohner auf die Straße gelockt und freilich rätselten sie, welches Warum hier am Abzug gewesen war. Der ranghöchste Polizist, Officer Robert Anderson, stand vor den Kindern und sah in ihnen nicht die tote Lucy und den toten Georgie, sondern einen Beweis, den es zu schützen galt. Vielleicht war es sein abgestumpftes Gemüt, vielleicht die Unfähigkeit, die Blicke der Nachbarn von ihren Körpern fernzuhalten, vielleicht aber auch die bloße Tatsache, dass die Kinder keine Gesichter mehr hatten.
Hervorragend! Leise und böse wie ich es mag.

Die anderen Insassen waren Frauen, die ihren Mann im Schlaf erdrosselt hatten, weil er sie schlug oder vergewaltigte oder schlug und dann vergewaltigte oder schlug, während er sie vergewaltigte.
auch sehr gut.

„Bringt das nicht Unglück, so etwas schon jetzt darauf zu schreiben?“
„Und ob das Unglück bringt, Miss Musselwhite.“
„Warum bist du hier?“
„Ich komme, um Ihnen mitzuteilen, dass sie darüber entscheiden können, ob Sie in diesem Grab liegen möchten oder nicht.“
„Daneben will ich nicht liegen. Ich möchte schon in das Grab.“
:D

Aber auch noch ein paar zum Bügeln.

Das Blut, das eine besonders süße Röte hatte, sickerte ins Holz des verandaähnlichen Vorbaus.
so umständlich. Warum darf es nicht einfach ne Veranda sein? Wollte ich auch schon zum dunkelbunten Lieblingsschal nebenan sagen. Lass ihn doch einfach den dunkelbunten Lieblingsschal sein, ohne Erläuterung, dass sie ihn selten, aber doch irgendwie immer trägt. So ne Pedanterie nimmt doch alle Kraft aus Sätzen und Bildern.

Aber selbst wenn sie so hübsch und unangetastet und harmlos ausgesehen hätte, wie am Morgen, als sie vor dem Spiegel stand und mit einem Lippenstift ihre schmalen Lippen nachmalte, sie das dunkelblonde Haar zu einem strengen Mittelscheitel kämmte und sich die knochigen Wangen rosa puderte, und statt der einläufigen Schrotflinte eine Packung Marlborozigaretten neben sich liegen gehabt hätte, waren die beiden Kinder auf der Bank hinter ihr nicht zu übersehen.
-wären nicht zu übersehen gewesen
- Lippenstift + Lippen = meh

riss ihr Haare aus oder steckte ihr Dinge in den Unterleib, einmal penetrierte man sie mit dem Fuß eines Stuhles. In der gemeinen Gefängniszelle fühlte sich Caroline Musselwhite geächtet und sterblich, aber erst in der Todeszelle bemerkte sie, dass sie schon tot war.
Meinst Du ein Stuhlbein? Irgendwie find ich die Passage auch sprachlich nicht so geglückt, mit dem stecken und penetrieren. Und auch dass sie da plötzlich so reflektiert ist.

Statt Gestank wickelte sich ein sehr angenehmer Parfumgeruch um Caroline Musselwhite
fällt irgendwie aus dem Ton

„Du möchtest von Händen angefasst werden, die Kinder gemordet haben? Und du möchtest mich Kindermörderin frei lassen? Für Sex?“
Nee, so sieht sie sich doch gar nicht. Zu reflektiert, finde ich.

Sanft drückte er sie nach unten, wo sich ihr Kleid mit Wasser vollgesaugt hätte, wäre dem der Regen nicht zuvor gekommen.
:confused:

Sie suchte in ihren Erinnerungen nach einem Gesicht, das liebte, aber sie fand keines. Also schloss sie die Augen und lächelte ein bisschen und hoffte, dass das in der Finsternis Liebe genug war.
Das ist schon schön gemacht, auch wenn der Ton sich hier etwas wandelt.

Also ich weiß nicht, ob ich so glücklich bin mit dem Ende. Und überhaupt dieses ganze Sex-Ding da drin, dass ist so ne leicht effekthascherische Note, die der Text für mich nicht gebraucht hätte. Nicht das Stuhlbein und nicht den Gefängnisdirektor. Ich weiß, dass ist Dir bestimmt das Herz des Textes, warum er unbedingt mit ihr, und Liebe statt Sex, aber mir wird der Text da zu angestrengt und philosophisch und whatnot. Ich hätte das cool gefunden, wenn der genau so betont unterdramatisiert und bescheiden weitergelaufen wäre, bis zu einer ganz unaufgeregten Schlusspointe, die beim näheren Hinsehen saubös wäre. Also das mit der Nachbarin zum Beispiel find ich wieder super. Und wenn die Mitinsassinnen sich vielleicht eher vor ihr gefürchtet hätten, als sie mit Stühlen zu penetrieren, wäre das für mich zwar oberflächlich harmloser aber langfristig verstörender gewesen.
Aber ist schon ein sehr guter Text und ein guter Einstieg ins neue Forum.

lg,
fiz

 
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Hallo fiz,

du hast mir da ganz wichtige Kleinigkeiten gezeigt, bei denen ich dir total zustimme. Die musste ich sofort ändern. Das ist daraus geworden:

so umständlich. Warum darf es nicht einfach ne Veranda sein? Wollte ich auch schon zum dunkelbunten Lieblingsschal nebenan sagen. Lass ihn doch einfach den dunkelbunten Lieblingsschal sein, ohne Erläuterung, dass sie ihn selten, aber doch irgendwie immer trägt. So ne Pedanterie nimmt doch alle Kraft aus Sätzen und Bildern.
Wurde zur Veranda und ich hoffe, ich werden diesen Schal der Pedanterie nicht mehr so oft tragen. Wobei diese Pedanterie bei Gefühlen und Beweggründen manchmal der Geist des Textes sein kann. Ich lese ja gerade Fried, und wie pedantisch er da die Gefühle beschreibt - einfach Hammer. Aber deine Kritik hier sehe ich uneingeschränkt ein. Wollte halt, dass der Leser genau das Bild von so einem Verandavorbau hat.

-wären nicht zu übersehen gewesen
- Lippenstift + Lippen = meh
Konjunktiv wurde vervollständigt, die schmalen Lippen zum schmalen Mund.

Meinst Du ein Stuhlbein? Irgendwie find ich die Passage auch sprachlich nicht so geglückt, mit dem stecken und penetrieren. Und auch dass sie da plötzlich so reflektiert ist.
Bitte lies es dir noch einmal durch und lache mit mir und schäme dich mit mir oder für mich: STUHLFUß!!! Ich habe die Szene umgeschrieben:

Caroline Musselwhite schrieb:
Was Caroline Musselwhite hingegen ihren Kindern angetan hatte, fand keine Duldung und so hätte man ihr gerne das Gesicht im Schlaf zerkratzt oder ihr Haare ausgerissen. Eine Gruppe Gattenmörderinnen plante sogar, ihr Dinge in den Unterleib zu schieben, ein Stuhlbein vielleicht. Aber am Ende traute sich niemand, Caroline Musselwhite stückchenweise etwas von der Gewalt zurückzugeben, mit der sie ihre Kinder aus der Welt gerissen hatte. In der gemeinen Gefängniszelle fühlte sich Caroline Musselwhite geächtet, aber erst in der Todeszelle bemerkte sie, dass sie sterblich war.

fällt irgendwie aus dem Ton
Das mit dem Parfum habe ich auch geändert, da ist mir die Nase in die Geschichte gerutscht, mir ist aufgefallen, dieses Mal riecht meine Geschichte gar nicht. Es steht jetzt stattdessen dort:

Caroline Musselwhite schrieb:
Trotz seines abstoßenden Äußeren fühlte sich Caroline Musselwhite zu ihm hingezogen.

Sanft drückte er sie nach unten, wo sich ihr Kleid mit Wasser vollgesaugt hätte, wäre dem der Regen nicht zuvor gekommen.
Das Kleid konnte sich nicht mehr vollsaugen, weil es vom Regen durchnässt war. Oh Gott, welche falsche Leseart ist hier noch erlaubt?

Und jetzt zu den großen Dingen:
Der Sprache, falsch, der Erzählstimme. Du musst dir gar nicht so sehr den Kopf darüber zerbrechen, an wen dich der Stil erinnert. Bei mir schleichen sich manchmal Stilelemente von Autoren ein, die ich kürzlich gelesen habe. Keller und Irving habe ich gelesen, aber da saß ich nicht im Hörsaal, sondern in der letzten, also der zweiten, Reihe in der Schule. Zuletzt habe ich gelesen: Süskind, Zeh und Fried (die beiden seit drei Jahren immer), und tatsächlich Stephen King und Shakespeare, beide aber auf Englisch. Hm, schwierig. Es freut mich, dass dir der Erzählstil und die Stimme des Erzählers zusagt, auch wenn sie gegen Ende einmal anders klingt.

Ich kann mir vorstellen, dass man die Welt so sieht, wenn man seine Kinder lächelnd umbringt.
Das hast du schön formuliert, so könnte es sich tatsächlich anhören.

Zu dem Ende, da hatte ich und habe ich immer noch große Angst, dass es falsch gedeutet werden könnte, oder anders. Jedenfalls anders als ich es geschrieben habe. Aber ich wollte das sehr unaufdringlich machen und das ist wie beim Anmachen, wenn man es zu unaufdringlich macht, bemerkt der andere es gar nicht. Ich möchte da noch abwarten, vielleicht schreibt noch jemand etwas über das Ende, vielleicht stelle ich die simple Frage: Ist Caroline Musselwhite am 26. Juli gestorben? Das Sex-Ding war tatsächlich der Ursprungsgedanke der Geschichte, aus dem das alles gewachsen ist.

Ich hätte das cool gefunden, wenn der genau so betont unterdramatisiert und bescheiden weitergelaufen wäre, bis zu einer ganz unaufgeregten Schlusspointe, die beim näheren Hinsehen saubös wäre.
Das wäre tatsächlich ein wünschenswerter Ausgang des Ganzen, aber Dinge wie "unterdramatisiert", "bescheiden" und "unaufgeregt" sind mit meinem Charakter und dem Geist meiner Texte wohl kaum vereinbar, da bin ich nicht stark genug, um dieses Aufbäumen zu unterdrücken. Auch wenn ich das, was am Ende geschieht, für sehr subtil dargestellt finde. Subtil im Sinne von verdeckt.

Und wenn die Mitinsassinnen sich vielleicht eher vor ihr gefürchtet hätten, als sie mit Stühlen zu penetrieren, wäre das für mich zwar oberflächlich harmloser aber langfristig verstörender gewesen.
Den Wunsch hab ich dir erfüllt, auch weil es mir so besser gefällt.

Aber ist schon ein sehr guter Text und ein guter Einstieg ins neue Forum.
Vielen Dank für dieses liebe Fazit. Das schmeichelt mir sehr!

Beste Grüße
markus.

 

Hallo Markus,

Ich möchte da noch abwarten, vielleicht schreibt noch jemand etwas über das Ende, vielleicht stelle ich die simple Frage: Ist Caroline Musselwhite am 26. Juli gestorben? Das Sex-Ding war tatsächlich der Ursprungsgedanke der Geschichte, aus dem das alles gewachsen ist.
Das ist immer so fies! Da will man gleich zurück in den Text und alle Geheimnisse aufschlüsseln, damit man nicht so blind dasteht.
Aber weißte was? Dafür sind mir jetzt andere Schuppen von den Augen gefallen. "Der Soldat und das Mädchen"! Wie konnte mir das entgehen, zumal ich jahrelang auf die Erich Fried-Gesamtschule gegangen bin. Leider kann ich mit dieser Referenz jetzt nicht so ganz viel rumschlüsseln, weil ich nur die ersten paar Seiten des Buches gelesen hab. Also vor langer Zeit. Ich hatte mir viel Action und illegitimen Sex erhofft, aber dann waren da nur viele Gedanken und Zellenbeschreibung. Ich erinnere mich an kaum was.

Bitte lies es dir noch einmal durch und lache mit mir und schäme dich mit mir oder für mich: STUHLFUß!!!
Na ja, es gibt auch Stühle mit Füßen, mit Löwenfüßen zum Beispiel, aber eher nicht im Gefängnis.

Sanft drückte er sie nach unten, wo sich ihr Kleid mit Wasser vollgesaugt hätte, wäre dem der Regen nicht zuvor gekommen.
Das Kleid konnte sich nicht mehr vollsaugen, weil es vom Regen durchnässt war. Oh Gott, welche falsche Leseart ist hier noch erlaubt?
Es ist halt nur etwas seltsam formuliert, weil sich das Kleid ja tatsächlich vollsaugt, nicht vollgesaugt hätte, nur eben nicht da, sondern dort. Da muss man schon sehr genau aufpassen und denkt sich dann so, hmm, Pedant. Und Du weißt, dass ich Details liebe, sie sollten nur sprachlich auf einen Blick zu erfassen sein.

Das wäre tatsächlich ein wünschenswerter Ausgang des Ganzen, aber Dinge wie "unterdramatisiert", "bescheiden" und "unaufgeregt" sind mit meinem Charakter und dem Geist meiner Texte wohl kaum vereinbar, da bin ich nicht stark genug, um dieses Aufbäumen zu unterdrücken.
Ach ja, die Jugend! Und immer mit dem großen L um sich werfen.

lg,
fiz

 
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Hallo fiz,

wollte gar nicht fies sein, aber jetzt bin ich vor allem eines: neidisch. Erich-Fried-Gesamtschule! Soll ich dir etwas verraten? Unsere Schule hatte gar keinen Namen. Und der Roman ist tatsächlich voller Gedanken, er sprudelt förmlich, passieren tut da gar nicht so viel. Ich schicke dir da etwas im Geheimen, weil es mit der Geschichte nichts zu tun hat.

Es ist halt nur etwas seltsam formuliert, weil sich das Kleid ja tatsächlich vollsaugt, nicht vollgesaugt hätte, nur eben nicht da, sondern dort. Da muss man schon sehr genau aufpassen und denkt sich dann so, hmm, Pedant. Und Du weißt, dass ich Details liebe, sie sollten nur sprachlich auf einen Blick zu erfassen sein.
Das Regenkleid muss ich noch "entwringen", man liest ja Dinge immer anders, wenn man weiß, wie sie gedacht sind, weil man sie immerhin selbst geschrieben hat.

Ach ja, die Jugend! Und immer mit dem großen L um sich werfen.
In dieser Geschichte liebt niemand! Keiner und nichts! Aber stimmt schon, wir glauben da halt noch dran, wie die kleinen Kinder an den Weihnachtsmann.

Liebe Grüße
markus.


PS: Der Regen tröpfelt jetzt so:

Sanft drückte er sie nach unten, wo sich ihr vom Regen durchnässtes Kleid gänzlich vollsaugte.

 

Hallo Markus

Ich mochte diese kühle Distanziertheit, mit der du die Geschichte erzählst. Gerade beim Einstieg entfaltet das eine besondere Wirkung, wenn der Stil (nüchtern) und der Inhalt (sehr emotional) so weit auseinanderlaufen. Es ist ein wenig paradox, obwohl du zwar diese distanzierte Sichtweise wählst, bist du in dem Moment sehr nah dran an deiner Protagonistin. Denn auch sie blendet jedes Gefühl aus und funktioniert mechanisch. Das wird an zwei Stellen klar: Zum einen, wenn sie die Waffe nachlädt, obwohl das eine Kind schon schwer verletzt vor ihr liegt. Und zum anderen hier:

wie sie im Schein der Hausbeleuchtung vor ihren beiden toten Kindern kniend, die Fleischstückchen und Körpersplitter aufkehrte.

Als hätte sie versehentlich einen Blumentopf umgeworfen.

Das Blut, das eine besonders süße Röte hatte, sickerte ins Holz der Veranda.

Das mochte ich nicht so. Was ist eine "süße Röte"? Du erwähnst zwar die Hausbeleuchtung, aber Blut stelle ich mir bei diesen doch eher schlechten Lichtverhältnissen dunkel, fast schwarz vor.

Als nächstes fallen mir die unzähligen Details auf, die du in den Text packst. Das bringt viel Leben in die Geschichte, macht die Figuren plastischer. Ich finde, du hast da das richtige Maß gewählt. Manchmal sind sie auch etwas skurril:

Juliette Bradstreet entfernte sich vom Fenster und zog sich etwas an, weil sie immer nackt schlief, wenn ihr Mann nicht Zuhause war,

Da bin ich schon kurz hängengeblieben. Nanu, warum nur, wenn der Mann nicht daheim ist? Da kann man sich jetzt viele Gründe vorstellen, aber das ist typisch für diese Geschichte, im Wesentlichen zeigst du uns, was die Figuren machen, das Warum bleibt meist im Hintergrund. Nur selten tauchen wir in das Innenleben (beispielsweise, wenn wir von Carolines Verlangen, den Himmel zu sehen, erfahren).

Auch typisch ist, dass du deine Figuren immer mit Vor- und Nachnamen benennst. Das ist glaub konsequent durchgezogen. Auch das passt zum Stil, weil es eine zusätzliche Distanz schafft zu den Figuren. Wir kennen Caroline Musselwhite nie als "Caroline" oder "Carol" oder so, sondern immer als "Caroline Musselwhite". Und der Psychologe Michael Young bekommt auch immer korrekterweise das "Dr." vor den Namen gestellt. Diese Benennung der Figuren finde ich ein schönes Detail, um den Stil zu untermauern.

In dem Text gibt es für mich zwei große Fragen. Zum einen, warum Caroline Musselwhite ihre Kinder umgebracht hat, zum anderen, was es denn nun mit dem Ende auf sich hat.

Zur ersten Frage äußert sich der Text mMn - trotz aller gewählten Distanz - recht eindeutig, und zwar an diesen Stellen hier:

Hatte sie sich nicht auch bei ihrem Ehemann, Stephen K. Musselwhite, angesteckt, und waren die Kindergesichter, die ihm teuflisch ähnlich sahen, nicht auch die ganzen Jahre über ansteckend gewesen?

und dann nochmal hier:

„Ich kann keine Liebe geben. Mir wurde jede genommen.“

Offenbar waren es erschütternde Erlebnisse mit dem Ehemann (der aus Gründen verstorben ist, die wir nicht kennen) und die Erinnerung an ihn, die Caroline Musselwhite zu der Tat brachten. Da es ihr selbst so klar ist, frage ich mich allerdings, weshalb es der Psychologe nicht ermitteln kann. Ich bin da etwas unschlüssig, ob der Text diese Stellen braucht, oder ob es nicht besser gewesen wäre, den Leser gänzlich im Unklaren zu lassen. Die Sache mit dem Himmel finde ich stark, aber gerade die zweite zitierte Stelle, "mir wurde jede [Liebe] genommen" - hm, finde ich zu theatralisch an der Stelle.

Zur zweiten Frage, was es mit dem Ende auf sich hat, lässt der Text prinzipiell zwar zwei Möglichkeiten zu, aber ich denke, der Direktor hat sie einfach betrogen. Er fügt sich damit auch nahtlos in das Bild der Wärter ein, das du zeichnest - die Gefangene wird befummelt, ihre Intimsphäre wird verletzt, Wärter ejakulieren in ihre Klamotten - tja, und der Direktor nutzt eben auch seine Macht aus und verspricht ihr etwas, das er nicht einhält. Wie sollte er eine Hinrichtung verhindern? Ich finde auch den Übergang dann ziemlich böse:

Also schloss sie die Augen und lächelte ein bisschen und hoffte, dass das in der Finsternis Liebe genug war.*

Juliette und Carl Bradstreet und ihr kleines Baby waren die einzigen, die am Tag der Bestattung vor dem Holzkreuz standen.


Insgesamt, Markus, hab ich die Geschichte sehr gern gelesen, wieder einmal zeugt sie von einem recht hohen schriftstellerischen und erzählerischen Niveau, wie ich finde. Ich kann da nur wenig meckern :). Es waren auch viele tolle Einzelstellen drin, von denen ich abschließend nur eine zitieren möchte:

Flüchtig betrachtet, war es Caroline Musselwhite, die ihm die Treppe hinab folgte, aber in Wirklichkeit zog er sie in die Tiefe, auch wenn es sich für sie anfühlte, als würde sie nach oben steigen.

Also wirklich, Hut ab, hat mich sehr gut unterhalten der Text.

Grüsse,
Schwups

 

Hallo Schwups,

ich mag, wie du dich ganz präzise an das hältst, was dasteht. Diese "kühle Distanziertheit" zu Beginn, die Kluft zwischen Emotion und Betrachtung, "als hätte sie versehentlich einen Blumentopf umgeworfen". Du bist der erste, der die vollen Namen anspricht, und ja, ich habe das einmal bei einem Text hier auf KG.de, ähm, Wortkrieger, gesehen, und fand die Wirkung echt beeindruckend. War, glaube ich, bei lollek. Ob das bei längeren Texten zu nerven anfängt, weiß ich nicht. Mich beruhigt es, dass es hier nicht stört, sondern die erwünschte Wirkung erzielt.

Das mochte ich nicht so. Was ist eine "süße Röte"? Du erwähnst zwar die Hausbeleuchtung, aber Blut stelle ich mir bei diesen doch eher schlechten Lichtverhältnissen dunkel, fast schwarz vor.
Hm, ich kann verstehen, dass dich das stört, du begründest das ja auch richtig, aber ich habe mir vorgestellt, dass sich die Hausbeleuchtung in dem Blut spiegelt, also das es so einen Glanz bekommt.

Als nächstes fallen mir die unzähligen Details auf, die du in den Text packst. Das bringt viel Leben in die Geschichte, macht die Figuren plastischer. Ich finde, du hast da das richtige Maß gewählt. Manchmal sind sie auch etwas skurril:
Zu überladen darf es nicht wirken, ich finde gut, dass du das Maß als angemessen empfindest, dabei finde ich, es sind nicht einmal so viele Details, eher die Fülle an skurrilen Dingen. Und ich mochte, diese Erkenntnis:

Da kann man sich jetzt viele Gründe vorstellen, aber das ist typisch für diese Geschichte, im Wesentlichen zeigst du uns, was die Figuren machen, das Warum bleibt meist im Hintergrund.
Das kann man als positiv oder negativ bewerten, aber so ist es ja mit allem an einer Geschichte. Jede Facette, die die Geschichte bietet, kann ge- oder missfallen. Und dieses Warum wird viele Leser enttäuschen, Quinn beispielsweise, der mir unter "Sonntag riecht kein Glück" geschrieben hat, dass er sich am Ende gewünscht hätte, zu erfahren, was er denn da jetzt gelesen hat. Es fällt mir noch schwer, ganz unscheinbar Antworten zu geben, weil mir direkte Auflösungen nicht gefallen, und mir persönlich auch Geschichten gefallen, die man jedes Mal anders lesen kann. Das geht auch, ohne direkt zu werden, aber es ist sehr schwer, finde ich. Du hast dir exakt die richtigen Stellen für Caroline Musselwhites Motiv herausgesucht, wobei ich bei der zweiten Stelle den theatralischen Vorwurf nicht abstreiten kann. "Mir wurde jede genommen." - habe ich gestrichen, es bleibt jetzt bei "Ich kann keine Liebe geben." Mit was sie sich angesteckt hat, was ihr Mann war und warum er gestorben ist, bleibt im Dunklen, da muss man als Leser auch mitspielen.

Offenbar waren es erschütternde Erlebnisse mit dem Ehemann (der aus Gründen verstorben ist, die wir nicht kennen) und die Erinnerung an ihn, die Caroline Musselwhite zu der Tat brachten. Da es ihr selbst so klar ist, frage ich mich allerdings, weshalb es der Psychologe nicht ermitteln kann.
Sie ist ja nicht bereit, mit dem Psychologen darüber zu sprechen, und vermutlich weiß auch niemand etwas von den Dingen, die zwischen ihm und seiner Familie geschehen sind, (wenn etwas geschehen ist). Und es ist ihr nicht vollkommen klar, denn sie fragt sich ja, ob sie sich angesteckt haben könnte. Sucht selbst nach Gründen.

Zur zweiten Frage, was es mit dem Ende auf sich hat, lässt der Text prinzipiell zwar zwei Möglichkeiten zu, aber ich denke, der Direktor hat sie einfach betrogen.
Ich mag deine Leseweise echt, und freilich kann man das Ende ohne Weiteres so lesen, aber ich möchte dazu nur eine Sache sagen: Obwohl sie hingerichtet wurde, ist es möglich, dass er sie nicht betrogen hat. Ich weiß nicht, ob es dir unbewusst oder bewusst passiert ist, aber am Ende zitierst du eine Stelle, die für die Interpretation, die ich vertrete, am entscheidensten ist:

Caroline Musselwhite schrieb:
Flüchtig betrachtet, war es Caroline Musselwhite, die ihm die Treppe hinab folgte, aber in Wirklichkeit zog er sie in die Tiefe, auch wenn es sich für sie anfühlte, als würde sie nach oben steigen.

Ich finde auch den Übergang dann ziemlich böse.
Dem kann ich nicht widersprechen.

Insgesamt, Markus, hab ich die Geschichte sehr gern gelesen, wieder einmal zeugt sie von einem recht hohen schriftstellerischen und erzählerischen Niveau, wie ich finde. (...) Also wirklich, Hut ab, hat mich sehr gut unterhalten der Text.
Wow! Danke dir für diesen Eindruck. War mir auch ein Vergnügen deinen Kommentar zu lesen und deinen Blick auf die Geschichte nachzuvollziehen. Vielen Dank für deine Zeit und deine Mühe! Hat mich gefreut!

Beste Grüße
markus.

 

Heyho Markus,

ließt sich wie ein Traum das Ganze. Nicht unbedingt wegen des Inhalts, auch wenn der stellenweise durchaus dazu beiträgt, sondern weil alles so glatt läuft und so selbstverständlich. Selbst die Momente, da etwas schief läuft, etwa mit der Schrotflinte, wirken wie vorgesehen und choreographiert. Dadurch entsteht so eine Traumfluss, die Geschichte ist in sich also durchaus stimmig.

Caroline Musselwhite kannte den Tag ihres Todes. Sie wusste, dass er nicht morgen oder übermorgen war, sondern in zwei Wochen, am 26. Juli. Ein Mann hatte es ihr gesagt, man hatte ihr damals ein Schreiben geschickt, auf dem es stand, und jeden Tag wurde sie daran erinnert. Sogar die Uhrzeit war ihr bekannt: 10:45 Uhr.
Gut, dass ich dich kenne, bei einem neuen Autor hätte ich hier schon aufgehört. Ich mag die Geschichten nicht, in denen jemand auf mysthischeweise sein Todesdatum erfährt. Aber du löst das ja sehr geschickt auf. Ist also schon ein guter Anfang, trotz persönlicher Aversionen.

Doch gerade weil sie sich beim Stopfen der Patrone ins Fach so sehr beeilte, dauerte es bis zum erlösenden Schuss besonders lang.
Hast du dir ein genauer Modell überlegt, oder warum ist die Flinte nur einschüssig? Normalerweise sind es mindestens zwei Läufe oder es gibt ein Magazin, sprich zwei Schuss oder mehr. Oder hat sie tatsächlich nur einen Schuss geladen? Finde ich etwas merkwürdig. Könntest du eigentlich auch weglassen und sie trotzdem zweimal schießen lassen und du hättest immer noch die Schwester mit dem fehlenden Unterkiefer. Glaube nicht, dass da wirklich was verloren ginge. Allerdings weiß ich auch nicht, wie sehr das jemand anderem auffallen wird. Musst du wissen.
Abgesehen von dieser kleinen Unstimmigkeit finde ich die Schussszene gut. Gerade, dass es nicht direkt funktioniert. Wobei du das fast noch harmlos hälst, weil die Caroline ja kein Problem hat nochmal zu schießen. Viel fieser wäre es, wenn sie zusammenbricht (emotional) und dann verblutet die Schwester. Würde aber nicht zur Geschichte passen, weil weniger traumlogisch und reibungslos.

Und obwohl sie so offensichtlich tot waren, schienen sie in ihrer geschwisterlichen Haltung fast lebendig.
Finde ich gut.

Auch, weil sie in den Wolken Spielzeuge erkannte, die sie Georgie oder Lucy zu Geburtstagen oder an Weihnachten geschenkt oder gebastelt hatte.
Das auch.

Zwei Freundinnen hatten versucht, ein Bestattungsinstitut auszurauben, weil sie gehört hatten, dass die Särge dort über dreitausend Dollar kosteten und weil sie sich gedacht hatten, dass sich das Geld dort befinden musste, wenn Särge verkauft wurden. Siebenhundert Dollar waren jedoch nur in der Kasse und weil der Besitzer, Larry Bergmann, keinen einzigen davon hergeben wollte, vielleicht auch, weil sie nicht wussten, was sie sonst hätten tun sollen, schossen sie ihn tot und legten ihn in einen der Särge.
Das ist ebenfalls so eine Traumlogik bzw. wirkt im Kontext der Geschichte so. Sie kommen zum Bestatter bringen ihn um und legen ihn in seinen eigenen Sarg. Coole Sache.

m 25. Juli kam nachts ein Mann in ihre Zelle und setzte sich zu ihr aufs Bett, das merklich nachgab.
Der liebe Direktor wirkt wie ein Succubus/Incubus (ich verwechsle immer, was was ist). Kommt nachts und bietet satanische Dienste für Sex. Fiz hat ja schon geschrieben, dass das Ende nicht ganz perfekt ist. Würde mich da anschließen. Gerade, weil du es offen lässt, ob sie es schafft oder nicht. Das wirkt wie ein Ausweg. Und bricht damit eigentlich die Konsequenz ihrer Handlung. Sie tut etwas und plötzlich hat das keine Folge mehr, weil sie einfach eine Fluchttür nehmen kann. Dabei ist gerade, dass sie voll und ganz die Konsequenz ihres Handelns akzeptiert, ja gut heißt, für mich ein wichtiger Teil der Geschichte, der jetzt vom Ende nicht völlig kaputt gemacht wird, aber doch abgeschwächt.

Nochmal zum traumhaften. Ansich ist das schon cool. Aber die Geschichte geht schon sehr glatt runter, ich habe nicht wirklich das Gefühl, jemand leidet da. Und am Ende bleibt auch so ein Traumeindruck, der dann ein bisschen schnell verblasst. Schade eigentlich, weil die Geschichte gut geschrieben ist.
Ich will jetzt gar nicht sagen, dass beim nächsten Mal umbedingt mehr gelitten werden muss (von seiten der Hauptfigur) denn der Text funktioniert ja so durchaus.

Gern gelesen jedenfalls.

Gruß,
Kew

 
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Hallo Markus,
kennst du von Hans-Ludwig Kröber das Buch Mord? Es ist überhaupt nicht so geschrieben wie deine Geschichte, aber trotzdem erinnert es mich daran. Und ich finde es ein echt gutes Buch.
Kröber erzählt Geschichten von normalen Menschen, die zu Mördern werden. Er verurteilt sie nicht, aber er entschuldigt oder verharmlost sie auch nicht. Und das gelingt dir hier auch.
Und mir geht das hier ähnlich wie bei dem Buch, man fühlt eine ganz starke Distanz zu der Mörderin und ihrer Tat, erfährt aber gleichzeitig etwas über den Hintergrund, und durch die Geschehnisse im Gefängnis spürt man Mitgefühl. Das ist schon irgendwie irre, dass das so klappt. Jedenfalls bei mir wirkt das. Du hast halt auch diese immense Diskrepanz zwischen dem schrecklichen Geschehen und der Art, wie du es beschreibst, das kommt so lapidar nebensächlich daher. Und gerade durch diesen Kontrast entsteht eine tolle Wirkung.
Vielleicht lassen sich auch die Namen hier ansiedeln, also die Tatsache, dass du jeweis Vor- und Familiennamen nennst.
Da sind Stellen drin, also gerade dann, wenn sie ihre Kinder tötet, das ist echt hart:

Lucy hatte keinen Mund mehr, mit dem sie hätte schreien können, aber dennoch krochen elende Geräusche aus ihr, und das war nicht im Sinne von Caroline Musselwhite.
oder hier:
Nachdem Juliette Bradstreet aus ihrem Bett geschlüpft war, um die Vorhänge an dem Fenster zur Seite zu schieben, durfte sie Caroline Musselwhite dabei zusehen, wie sie im Schein der Hausbeleuchtung vor ihren beiden toten Kindern kniend, die Fleischstückchen und Körpersplitter aufkehrte.
Das klingt, als hätten die hier schwäbische Kehrwoche. Nur mit Knochen. Puahh.
Also das hast du echt klasse gemacht. Find ich sehr inspirierend, mal selbst so lakonisch böse zu werden.
Nur die Stelle, die danach kommt, mit der Röte des Blutes:
Das Blut, das eine besonders süße Röte hatte, sickerte ins Holz der Veranda.
Die fand ich nicht so gut, weil ich das Süße zu nichts und niemandem in Verbindung setzen kann. Es klingt cool, klar, aber soll es für Caroline süß sein? Sie hat doch gerade getötet, als wäre sie in Trance, da wird sie keine Süße wahrnehmen. Und für die Nachbarin wird das Blut auch nichts Süßes haben. Wenn du das Auffällige des Blutes herausstellen willst, würd ich das an der Farbe festmachen oder an dem Geruch oder an etwas noch anderem. Aber ich weiß gar nicht mal, ob du das hier bräuchtest.

Juliette Bradstreet entfernte sich vom Fenster und zog sich etwas an, weil sie immer nackt schlief, wenn ihr Mann nicht Zuhause war, und sie bestimmt von der Polizei vernommen werden würde. Sie war jetzt keine Nachbarin mehr, sondern eine Zeugin.
Das gefiel mir auch so gut. Das ist genau der Touch, den ich meine, etwas Schicksalhaftes passiert und schon ist man keine Nachbarin mehr, sondern Zeugin. Und gleichzeitig merkt man auch, wie sich die Nachbarin da so ein bisschen wichtig macht.

Aus Zeitgründen hab ich keinen Komm der anderen lesen können, daher weiß ich nicht, was die anderen und ob überhaupt zu dem Ende gesagt haben. Ich gebe mal zu, dass ich ein wenig enttäuscht war, dass da jetzt so ein ekliger Direktor ankommt und ihre Situation ausnützt. Den sex zum crime hätte ich hier nicht gebraucht. Kam mir zu vordergründig vor. Dann aber, als ich das eigentliche Ende gelesen habe, fand ich es doch gut. Es ist jetzt so, als würde sie von jedem Mann, dem sie begegnet schlecht behandelt werden. Der hier betrügt sie, denn am Ende wird sie ja doch hingerichtet, weil der Direktor sie doch reingelegt hat.
Was ich allerdings nicht verstehe, ist, warum lässt sie sich denn auf den Deal ein? Sie wollte doch nichts anderes als sterben? Oder? So habe ich ihre Kusshand an die Nachbarin verstanden und ihre Reaktion beim Psych. Sie legt gar keinen Wert darauf, entlastet zu werden oder mildernde Umstände anerkannt zu bekommen. Warum lässt sie sich dann auf so eine schmierige Nacht ein? Und warum schreibst du, er würde sie hinunterziehen und es wär nicht so, dass sie ihm folgt? Das ist alles ein bisschen mehr mit Bedeutung aufgeladen, als ich mir auf den ersten Blick so denke. Gell? Ach, keine Ahnung. Das Ende finde ich einfach ein bisschen kryptisch.
Und noch was, die eigentliche naja Liebes- kann man ja wohl kaum sagen, zwischen den beiden ist geschreiben, als wär das jetzt eine Art Exekution:

Er schloss das Tor zum Innenhof auf. Hand in Hand gingen sie in die Mitte des Hofes. Sanft drückte er sie nach unten, wo sich ihr vom Regen durchnässtes Kleid gänzlich vollsaugte. Kalt und nass war der Boden und sie war froh um das wärmende Fleisch, das sich auf sie legte, ihr Kleid nach oben schob und in sie drang. Wie die Nadel einer Giftspritze an der falschen Stelle und zu einem falschen Zeitpunkt. Sie suchte in ihren Erinnerungen nach einem Gesicht, das liebte, aber sie fand keines. Also schloss sie die Augen und lächelte ein bisschen und hoffte, dass das in der Finsternis Liebe genug war.
Das wirkt, als würde sie hier unter dem Himmel im Hof getötet. Hast du doch bestimmt extra so gemacht.
Also ich hab die Geschichte arg gemocht, das Ende finde ich trotz meiner anfänglichen Bedenken gut, weil ich ihr Schicksal und das ihrer Kinder durch den Betrug sogar des Gefängnisdirektors noch erschütternder finde.
Nur so ein paar Einzelteile, also das Runtergehen, die Nachbarin, die auf einmal durch die Kusshand eine tiefergehende Bedeutung zu haben scheint, die Beischlaf-Giftspritzenszene all das krieg ich noch nicht zusammen, aber ich weiß ja aus deinen anderen Geschichten, dass du sehr gerne mit Symbolen arbeitest und jedes Facettchen an der richtigen Stelle ist. Da ist nichts dem Zufall überlassen. Deshalb hätte ich es einfach gerne gewusst.
Also - hab es sehr sehr gerne gelesen, ist echt toll geschrieben.
Und lies mal das Buch von Kröber, ich fand das echt stark. Wenn das ginge, würde ich es dir grad mal rüberbeamen, da könntest du gleich drin rumblättern.
Schönen Tag wünsch ich dir noch, lieber Markus.
Grüße von Novak

 
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Hey Kew,

zum Glück kennen wir uns und du hast nicht aufgehört zu lesen. Wäre es anders gekommen, hätte ich dir auch gleich ein Todesurteil geschickt, per Email - Sender unbekannt. Nein? Dann musst du ja Kafkas Prozess hassen! Nun ja, du hast ja entdeckt, dass es ganz und gar nicht mythisch ist und trotz dem traumhaften Fluss, von dem du dich treiben hast lassen, ist es ja sehr klare, grausame Realität. Und dass alles so glatt läuft, das ist ja das Komische. Kindesmord, Verhaftung, Gefängnisaufenthalt, eine Art Prostitution, wobei es schon fast fies ist: Freiheit für Sex. (An der Stelle noch einmal: Es ist mehr als Sex und eigentlich etwas ganz anderes!) Alles Konflikte, die sehr viel Reibfläche bieten, aber hier geschieht alles ohne Widerwort und Widerstand. Das war mir ganz wichtig. Und es stimmt schon, gibt ja auch so einen Schreibtipp: Quäle deine Liebsten, aber ich denke, Caroline Musselwhite geht es nicht gut, man liest es zwar nicht, aber gut geht es ihr nicht. Versetz dich mal in ihre Lage und vielleicht geht das gar nicht. Das Geschlecht spielt dabei die geringste Rolle.

Hast du dir ein genauer Modell überlegt, oder warum ist die Flinte nur einschüssig? Normalerweise sind es mindestens zwei Läufe oder es gibt ein Magazin, sprich zwei Schuss oder mehr. Oder hat sie tatsächlich nur einen Schuss geladen? Finde ich etwas merkwürdig. Könntest du eigentlich auch weglassen und sie trotzdem zweimal schießen lassen und du hättest immer noch die Schwester mit dem fehlenden Unterkiefer. Glaube nicht, dass da wirklich was verloren ginge. Allerdings weiß ich auch nicht, wie sehr das jemand anderem auffallen wird. Musst du wissen.
Hm, es gibt durchaus einläufige Schrotflinten, und möglicherweise sind das die älteren Modelle, aber ich wollte auch eine Waffe in ihrer Hand wissen, die nicht zum Schutz oder zum Töten gekauft wurde, sondern sich vielleicht noch aus erblichen Gründen in den Haushalt verirrt hatte. Und klar, das Nachladen war mir wichtig und dass die zweite Patrone ein Blindgänger ist, schien mir zu zufällig. Oder, dass sie nur zwei Schuss hätte, aber Lucy trotzdem am Leben bleibt, und sie nichts dagegen tun kann. Das ist ja eine gute Anregung, weil sie noch einmal so eine skurrile Grausamkeit mit sich bringt, ich würde sie nicht zusammenbrechen lassen. Caroline Musselwhite erwürgt dann Lucy, auch wenn sie nicht mehr genau weiß, was Hals und was Kopf ist. So in die Richtung.

Danke fürs Rauspicken guter Stellen! Warum das gut ist und gut tut, weißt du, da schreibe ich jetzt nichts dazu. Schön auch, dass dir die Ermordung von Larry King, dem Bestatter, gefallen hat. Und es stimmt, jetzt wo du es sagst, es hat wirklich alles einen Traumcharakter.

Der liebe Direktor wirkt wie ein Succubus/Incubus (ich verwechsle immer, was was ist). Kommt nachts und bietet satanische Dienste für Sex. Fiz hat ja schon geschrieben, dass das Ende nicht ganz perfekt ist. Würde mich da anschließen. Gerade, weil du es offen lässt, ob sie es schafft oder nicht. Das wirkt wie ein Ausweg. Und bricht damit eigentlich die Konsequenz ihrer Handlung. Sie tut etwas und plötzlich hat das keine Folge mehr, weil sie einfach eine Fluchttür nehmen kann. Dabei ist gerade, dass sie voll und ganz die Konsequenz ihres Handelns akzeptiert, ja gut heißt, für mich ein wichtiger Teil der Geschichte, der jetzt vom Ende nicht völlig kaputt gemacht wird, aber doch abgeschwächt.
Incubus, das ist das richtige Wort, und das ist er auch, er ist nicht Teufel und er ist nicht Tod, er ist Caroline Musselwhites Ende. Aber es stimmt, warum sie auf das Angebot eingeht, ist unstimmig, aber sie wehrt sich leise, aber ich habe ja nie daran gedacht, dass sie tatsächlich freikommt. Mist, ich habe das zu unklar geschrieben. Ich sage es jetzt einfach, weil hier vermutlich sowieso nicht jeder ganz in den Kommentar mit reinliest: Sie stirbt am Ende. Die Giftspritze ist die Giftspritze. Und sogesehen fügt sie sich dem ganzen sehr. Entscheidend der Satz:

Caroline Musselwhite schrieb:
Flüchtig betrachtet, war es Caroline Musselwhite, die ihm die Treppe hinab folgte, aber in Wirklichkeit zog er sie in die Tiefe, auch wenn es sich für sie anfühlte, als würde sie nach oben steigen.

Aber der Bruch, den du meinst, kann ich verstehen, das man den empfinden kann. Danke für den Hinweis.

Schade zwar, dass er schnell verblasst der Traum, aber du hast ihn geträumt und er hat dir gefallen, von daher, kann ich beruhigt die Augen schließen, oder öffnen.

Lieben Dank für deine Gedanken und Worte, für deine Zeit und den Wecker!

Beste Grüße
markus.


PS: Liebe Novak, ich habe deinen Kommentar erst jetzt gesehen. Ich antworte dir später, aber sehr bald!

 
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Und noch was, die eigentliche naja Liebes- kann man ja wohl kaum sagen, zwischen den beiden ist geschreiben, als wär das jetzt eine Art Exekution: Das wirkt, als würde sie hier unter dem Himmel im Hof getötet. Hast du doch bestimmt extra so gemacht.
Ja! Die anderen haben etwas zu dem Ende gesagt, aber du sagt es, wie es ist, wie es vielleicht noch nicht ganz dasteht, und vermutlich muss ich an dem Dialog zuvor noch etwas feilen, aber so habe ich es mir gedacht. Sie wird da knallhart exekutiert und sie gibt ihm sich nicht einfach so hin und wehrt sich nicht dagegen, weil sie raus möchte und plötzlich einen Sinneswandel erfahren hat, sondern sie gibt sich dem Tod hin, der so vordergründig oberflächlich als mieser, sexgeiler Direktor daherkommt. Deswegen heißt es: "Als sie sein fleischiges Lächeln sah, wusste sie, dass er kein Wärter war und niemand, der sich am Teufel angesteckt hatte." - das schließt die niederen Beweggründe ja aus.

So, liebe Novak,

ich sage es, wie es ist: dein Kommentar war herrlich zu lesen. Langsam rechne ich mit einer zerschmetternden Kritik und ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass sie bald kommen wird, aber in der Zwischenzeit kann ich ja das Buch von Hans-Ludwig Kröber lesen. Vielleicht sag ich das meinen Eltern, die achselzuckend dastehen und nicht wissen, was sie mir schenken sollten: Warum also nicht Mord? Klingt sehr interessant, und dass du es gut findest und dich meine Erzählung darin erinnert, gefällt mir freilich. Diese beiläufige Grausamkeit scheint bei allen Anklang zu finden und vor allem auch zu funktionieren, ganz anders ist es ja beim Ende.

Also das hast du echt klasse gemacht. Find ich sehr inspirierend, mal selbst so lakonisch böse zu werden.
Das freut mich, und auf so eine Geschichte von dir würde ich mich auch freuen. Will mir eh noch deine Frieda angucken.

Die fand ich nicht so gut, weil ich das Süße zu nichts und niemandem in Verbindung setzen kann. Es klingt cool, klar, aber soll es für Caroline süß sein? Sie hat doch gerade getötet, als wäre sie in Trance, da wird sie keine Süße wahrnehmen. Und für die Nachbarin wird das Blut auch nichts Süßes haben. Wenn du das Auffällige des Blutes herausstellen willst, würd ich das an der Farbe festmachen oder an dem Geruch oder an etwas noch anderem. Aber ich weiß gar nicht mal, ob du das hier bräuchtest.
Ja, habe ich jetzt rausgenommen. Ich habe überlegt, "Das Blut, das sie sich ganz anders vorgestellt hatte, sickerte ..." - aber ich glaube, das braucht es wirklich nicht. "Das Blut sickerte ins Holz der Veranda, wie ein verschütteter Tomatensaft." Das wäre noch gut, aber es wäre zu betont, zu deutlich beiläufig.

Das gefiel mir auch so gut. Das ist genau der Touch, den ich meine, etwas Schicksalhaftes passiert und schon ist man keine Nachbarin mehr, sondern Zeugin. Und gleichzeitig merkt man auch, wie sich die Nachbarin da so ein bisschen wichtig macht.
Sehr schön erkannt, auch der Vorwurf, den du ihr hier machst, ist nicht so falsch.

Nun noch einmal zum Ende:

Ich gebe mal zu, dass ich ein wenig enttäuscht war, dass da jetzt so ein ekliger Direktor ankommt und ihre Situation ausnützt. Den sex zum crime hätte ich hier nicht gebraucht. Kam mir zu vordergründig vor. Dann aber, als ich das eigentliche Ende gelesen habe, fand ich es doch gut. Es ist jetzt so, als würde sie von jedem Mann, dem sie begegnet schlecht behandelt werden. Der hier betrügt sie, denn am Ende wird sie ja doch hingerichtet, weil der Direktor sie doch reingelegt hat.
Was ich allerdings nicht verstehe, ist, warum lässt sie sich denn auf den Deal ein? Sie wollte doch nichts anderes als sterben? Oder? So habe ich ihre Kusshand an die Nachbarin verstanden und ihre Reaktion beim Psych. Sie legt gar keinen Wert darauf, entlastet zu werden oder mildernde Umstände anerkannt zu bekommen. Warum lässt sie sich dann auf so eine schmierige Nacht ein? Und warum schreibst du, er würde sie hinunterziehen und es wär nicht so, dass sie ihm folgt? Das ist alles ein bisschen mehr mit Bedeutung aufgeladen, als ich mir auf den ersten Blick so denke. Gell? Ach, keine Ahnung. Das Ende finde ich einfach ein bisschen kryptisch.
Zu kryptisch ist es wohl, leider, aber weil du nicht aufgegeben hast, weil du nicht glauben konntest, dass das einfach alles so dasteht, dass diese Sexszene wie eine Exekution klingt, und auch, weil du mich aus anderen Geschichten kennst, hast du das Ende aufgelöst und verstanden. Das ist natürlich blöd, wenn man als Leser erst an den Willen des Autors glauben muss, damit man es entdeckt, aber ich weiß noch nicht so recht, wie ich das hier ändern kann. Ich müsste den Dialog wohl abwandeln, mehr Zweideutigkeiten einbauen, auch einen Widerstand von Caroline, der sich löst, sobald sie merkt, was der Direktor mit ihr vorhat.

Beamen ist leider nicht möglich, aber stell dir mal vor, was uns alles in die Wohnung gebeamt werden würde. Werbeartikel und schmutzige Sachen, die Dinge, die es wirklich wert wären, gebeamt zu werden, würden in der Menge des Unsinns gar nicht zu finden sein. Deswegen der Umweg über den Weihnachtsmann oder ein Treffen am Markt bei einem Glühwein? Nein, das war keine Einladung und auch keine Anspielung, wir sind Wortkrieger, trotzdem danke ich dir für deine Schlussworte:

Also - hab es sehr sehr gerne gelesen, ist echt toll geschrieben.
Bedeutet mir echt viel, wenn du das sagst. Danke für deine Zeit, die Zeilen und alles, was sie ausmachen und mir antun!

Beste Grüße
markus.

 

Hi hier bin ich noch mal, ganz kurz nur.
Bin mir grad unsicher, ob das nicht eher an uns Lesern liegt, wenn das Ende nicht kapiert wurde. Denn in dem Absatz, als Krenwinkel zu ihr kommt, steht eigentlich drin, dass er der Tod oder halt eben eine Art von Tod ist. Was mich wieder rausgebracht hat, da war ich dann wohl zu unsicher und zu unsauber beim Lesen, das ist der Dialog. Ich hab leider keine Idee, aber da bin ich eben wieder rausgeflogen. Lag daran, dass er einen Namen hatte und Direktor ist, dass er dieses Angebot macht usw. Also das wäre auch für mich die entscheidende Stelle, um hier ein wenig mehr den Leser zu kontrollieren, dass er dir nicht in die falsche Richtung abwandert.

Machs gut, bis denne

 

Hallo Novak,

danke für deine kurze Rückmeldung noch einmal. Ich denke nicht, dass die Schuld beim Leser liegt, ich habe den Dialog ganz leicht abgewandelt am Anfang, das dürfte noch ein weiterer, kleiner Hinweis sein. Und noch ein Schmankerl für dich - gegen jegliche Moral:

Caroline Musselwhite schrieb:
Er hatte keine Brille auf, aber kleine Abdrücke links und rechts auf seinen Nasenflügeln ließen vermuten, dass er sie nur abgesetzt hatte.
Der Teufel, der Tod, das Ende sieht gut, und so braucht er oder es in der Rolle des Direktors keine Sehhilfe. Zu weit hergeholt? Ich habe es wirklich versucht, irgendwie anzudeuten, aber bis jetzt scheint es nicht so zu klappen, auch Freunde kamen nicht darauf.

Bis bald!

Beste Grüße
markus.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Markus,

Ich hab das Ende auch nicht kapiert. Viellecht musst du es ein bisschen deutlicher machen, was du meinst. Also ich lese was da steht: Am Ende stirbt die Tussi, wei sie nicht lieben konnte und Gefängnisdirektoren seit Shawshank böse sind.
Der Text hat ganz unterscheidlich auf mich gewirkt. Am Anfang kam ich ganz schwer rein, hatte fats ne Aversion gegen die Distanz und so das Offitzielle und Berichtartige auch, alles auch als Rückblende zu Beginn, aber so nach und kam ich rein. Finds auch gut, dass du da Verschiedenes machst, und mit der Erzählstimme veriierst, den Ton hast du gut getroffen hier am Anfang, weiß nur nicht, ob er mir so gefällt.
Und dann ... musste ich echt lachen. :) Also die Dialoge. Das wird so absurd, das war wie eine M.Glass Parodie oder so.

„Ich heiße Caroline Musselwhite und morgen wird dieser Name auf meinem Grab stehen, wenn ihr so gütig seid, und mir eines buddelt.“

Alter :) Wenn ihr so gütig seid, und mir eines buddelt ...
Wenn das jetzt die deutsche Übersetzung eines britischen Westerns aus den Füfzigern wär, würde ich nichts sagen, aber so muss ich halt ein bisschen schmunzeln. Mir fällt es schwer, das ernst zu nehmen. Also das ist schon ziemlich absurd alles auch. Ich hab die Geschcihte dann auch mit mehr Freude gelesen ab dann, iehrlich gesagt, ch weiß halt nicht, ob ich das so lese, wie du das willst. Ist irgendiwe absurd halt. Und der Schluß …
Ich check halt immer noch nicht, was du damit sagen willst immer: Sex vs. Liebe?
Ich kann mich da gar nicht hineinversetzten, klar muss man eine Frau nicht "lieben", um mir ihr zu schlafen … na und? Worum geht's dir, Mann? Sex vs. Liebe ... als Gegenüberleistung. Das ist ja wie: Fußball gegen Bier. Die stehen sich nicht wirklich im Weg. So für sich betrachtet sind sie schon toll, und zusammen halt noch besser. Sex kann die Liebe doch nicht schaden, Liebe kann Sex nicht schaden.
Dann sind ja Frauenüberlegungen: Ich schlafe nicht gleich mit ihm, weil xyz. Dann schätzt er mich nicht mehr, dann bin ich zu einfach, dann verliere ich ihn, oder ich bin keine Jungfrau mehr und alle denken sonst was von mir, voll die Schlampe, vier Männer in einem Jahr.
Aber als Mann … da ist bumsen vom Prinzip her immer eine gute Idee, und wenn du verliebt bist erst recht. Wir wären ja so perfekt zusammen geworden, aber dann hab ich sie leider die ganze Nacht durchgebumst! Das war so sexuell und tierisch und geil! Und am Morgen war dann alles kaputt!
Das ist einfach nicht so.


Also ich hab die Geschichte gerne gelesen letzlich, ich weiß nicht, ob das alles wunderbar zusammenpasst, ob das nicht irgendwie an manchen Stellen zu dick aufgetragen hier und da, aber so grundsätzlich ist es schon interessant, dass du so schreiben kannst, und ich finds gut und interessant, und manche Sachen check ich halt nicht.

MfG,

JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Ein bisschen ist die neue Domain mit dir durchgegangen,

JuJu,

denn ein kleiner Großteil deiner Kritik ist ein Verriss. Und das verstehe bitte nicht als Empörung oder Undankbarkeit, es ist einfach nur so, dass ich weder über Liebe noch über Sex schreiben wollte. :) Und soweit ich weiß, habe ich darüber auch nicht viel, ziemlich wenig sogar, geschrieben mit Caroline Musselwhite. Das klingt echt zu empört und undankbar, deswegen sage ich jetzt etwas anderes:

Es ist interessant, dass du das so ganz anders liest, wie die anderen. Die Distanz hält auch dich auf Abstand, und die komischen Momente ließen dich schmunzeln, ich fürchte fast, es ist das Lächeln einer Kindermörderin, denn was ich dir hier auftische ist bitterböser, schwarzer Humor. Du liest das als Parodie und ich weiß nicht, ob ich mich parodieren wollte, als ich diese Stelle in deinem Kommentar las und du mich dann zitiert hast, musste ich auch echt lachen. Es ist schon sehr absurd, aber ich wollte auch, dass sie so ist. "So rechtschaffende Personen werden mich töten? Das ist lieb, aber sehr befremdlich." - Wer so etwas sagt, der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank, zumindest werden sie weniger.

Wenn das jetzt die deutsche Übersetzung eines britischen Westerns aus den Füfzigern wär, würde ich nichts sagen, aber so muss ich halt ein bisschen schmunzeln.
Da musste ich auch noch einmal lachen, nein, dein Kommentar ist sehr unterhaltsam. Schade ist es, dass du ihn gar nicht ernst nehmen kannst und vielleicht hat sich diese anfängliche Abneigung mit der zunehmenden Belustigung gepaart und diese wahnwitzige Idee gezeugt, dass ich das alles nur geschrieben habe, um das Ganze in einem Finale aus verregnetem Sex in einem philosophischen Feuerwerk über Liebe und Sex explodieren zu lassen.

Fußball gegen Bier. Die stehen sich nicht wirklich im Weg. So für sich betrachtet sind sie schon toll, und zusammen halt noch besser. Sex kann der Liebe doch nicht schaden, Liebe kann Sex nicht schaden.
Hammer! Und jetzt muss ich wohl doch noch meinen (vergifteten) Senf dazu geben: Ich weiß nicht, woran es liegt, dass du so am Ende vorbei liest, du verstehst es nicht nur, du verstehst es auch nicht falsch, du verstehst etwas ganz und gar anderes, und das ist ja auch legitim, ich würde dir nie vorschreiben wollen, was du zu denken und zu verstehen hast, aber du wirfst es mir hier ja vor. Das klingt jetzt vielleicht ein bissig von meiner Seite, und vielleicht ist auch die Domain bei mir ein bisschen durchgegangen, verzeih mir und sei mir nicht böse. Ich verweise da auf Dinge, die ich Novak geschrieben habe, und die Novak mir geschrieben hat.

Nur ganz kurz: Es geht nicht um den Deal, Liebe gegen Freiheit, und weil sie ihm nicht Liebe, sondern Sex gibt, nimmt er ihr das Leben. So funktioniert das nicht, so soll es zumindest nicht funktionieren. Es geht darum, dass sie sich dem Tod, dem Teufel, dem Ende hingibt, das ist verkleidet in dieser kryptischen Sexszene und bisher deutet alles daraufhin, dass ich es versaut habe, deswegen kann ich es dir gar nicht so übel nehmen, aber so war es gedacht. Dass der scheinbare Sex mit dem schmuddeligen, machtausnutzenden Krenwinkel die Giftspritze ist, die sie ins Jenseits bringt, nicht ins Grab, denn dorthin kommt nur ein Teil von ihr.

Ich bedanke mich nicht nur bei dir, sondern entschuldige mich auch noch einmal, aber ich hoffe, du kannst mir verzeihen, oder mich ein bisschen verstehen.

Also ich hab die Geschichte gerne gelesen letzlich, ich weiß nicht, ob das alles wunderbar zusammenpasst, ob das nicht irgendwie an manchen Stellen zu dick aufgetragen hier und da, aber so grundsätzlich ist es schon interessant, dass du so schreiben kannst, und ich finds gut und interessant, und manche Sachen check ich halt nicht.
Danke!!!

Beste Grüße
markus.

 
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Hey Markus,

ich schreibe einfach mal mit, was mir so auffällt:

Caroline Musselwhite kannte den Tag ihres Todes.
cooler Einstieg!

Caroline Musselwhite hatte die Waffe zuvor nie abgefeuert und so war sie vom gewaltigen Rückschlag und der geringen Streukraft überrascht, und musste für Lucy noch einmal nachladen.
das ist ein krasser und guter Satz; dass sie vom Rückstoß überrascht ist finde ich ziemlich gut beobachtet, das sagt sehr viel aus: dass sie kein Waffennarr ist, und dass sie irgendwie echt krank ist; ich meine, die erschießt ihren Sohn, und ist dann überrascht vom Rückstoß, boah ...

Das Blut sickerte ins Holz der Veranda. Statt die Polizei zu benachrichtigen, rief Juliette Bradstreet ihren Mann, Carl Bradstreet, an, der zu dieser späten Stunde in einem Fernlaster durch einen Vorort von Carson City, Nevada, fuhr und hochentzündliches Gut transportierte.
Mhm ... in Amerika. Weiß auch nicht, ob ich das gerade gut finden soll; ich meine, klar, Todesstrafe gibt's dort, in Europa nicht mehr, aber ich mag Geschichten, die um mich herum passieren könnten, die in der Gesellschaft passieren, in der ich lebe; weißt du, was ich meine? Das mit Amerika ist nicht schlimm ... aber auch bisschen stereotyp: der amerikansiche Waffennarr. Wieso keine Deutsche, die ihre Kinder erschießt? Gut, dann würde das mit der Todesstrafe nicht passieren, aber trotzdem ...

Juliette Bradstreet entfernte sich vom Fenster und zog sich etwas an, weil sie immer nackt schlief, wenn ihr Mann nicht Zuhause war, und sie bestimmt von der Polizei vernommen werden würde.
ach, das mit dem nackt schlafen ist eine verdammt gute Beobachtung. Charakterisiert sehr schön, da kann man viel hineininterpretieren!

Sie war jetzt keine Nachbarin mehr, sondern eine Zeugin.
glaube, den könntest du getrost raus streichen, das ist klar

das Blaulicht in ihrem Schlafzimmer tanzte
!

Die Kusshand, die Caroline Musselwhite ihrer Nachbarin, Juliette Bradstreet, zuwarf, als sie in den Wagen stieg, verstand damals niemand.
Das ist ein guter Cliffhanger. Egal was noch passiert, das macht verdammt neugierig.

Die Frage geisterte auch dem Richter und den Geschworenen durch den Kopf,
mhm ... Gedanken, die durch den Kopf Geistern; ist schon bisschen abgegriffen

Auch, weil sie in den Wolken Spielzeuge erkannte, die sie Georgie oder Lucy zu Geburtstagen oder an Weihnachten geschenkt oder gebastelt hatte.
krass. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Als Leser will man diese Frau einfach verstehen; bis zu dem Augenblick war sie irgendein abgewrackter Psycho, vielleicht hat es was mit der Nachbarin zu tun, aber nach dem Satz denke ich mir: Irgendwie bereut sie es doch, oder? Zumindest lässt es sie nicht so kalt, wie es bis jetzt rüberkam.

„Wie meinst du das?“
„Sie wissen genau, wie ich das meine! Sie können mir gerne sagen, wie der Himmel aussieht, wenn Sie dort oben sind, aber flüstern Sie mir nicht ins Ohr, wenn ich schlafe, ich habe Angst vor Geistern. Legen Sie mir einen Zettel ins Fach. Das wäre nett.“
Da musste ich echt kurz nachdenken: der Himmel? In den sie so gerne sieht? Ach, Himmel, Tod, dann kam's, und ist eine starke Stelle ...

„Kannst du mir nicht einfach die Türe aufsperren und mich frei lassen? Ich lasse den Teufel auch hier.“
„Lieber lasse ich den Teufel frei.“
Passt das? Will sie wirklich raus? Nachdem sie sich für das Todesurteil bedankt hat, und auch sonst eher so rübergekommen ist, dass sie schon mit ihrem Leben abgeschlossen hat und nach den Morden ihr sowieso klar zu sein schien, dass sie damit so etwas wie Selbstmord begangen hat?


„Du möchtest mich Totgeweihte frei lassen? Für Sex?“
„Ich verlange eine Nacht Liebe von Ihnen.“
Mhm ... ich weiß nicht, was ich von der Wandlung im Text halten soll. Irgendwie hatte ich mich so darauf eingestellt, dass der Fokus: Wieso bringt sie ihre Kinder um? im Mittelpunkt steht, und da langsam der Vorhang fallen gelassen wird. Dann diese gib-mir-Liebe-Sache ... wie soll das eigentlich gehen? Ein Arzt kontrolliert doch, ob sie tot ist? Und danach wird sie doch in ein Bestattungsinstitut gebracht und begraben, oder ... ob ein einzelner da eine "Leiche" verschwinden lassen kann?

Wie die Nadel einer Giftspritze an der falschen Stelle und zu einem falschen Zeitpunkt.
Das ist gut.

Jo, vom Schreibstil her und von der Spannung hab und der Sprache hab ich das sehr gern gelesen, hatte keine für mich spürbaren Längen; allerdings hatte ich echt gehofft, dass der Mord an den Kindern - oder besser gesagt: die Beweggründe - so nach und nach gelüftet werden, das war der größte Spannungspunkt für mich während der Story! Diese Stelle:

Hatte sie sich nicht auch bei ihrem Ehemann, Stephen K. Musselwhite, angesteckt, und waren die Kindergesichter, die ihm teuflisch ähnlich sahen, nicht auch die ganzen Jahre über ansteckend gewesen?

ich weiß auch nicht, wie ich die deuten soll ... ich dachte kurz, die hätten sich alle aus Versehen mit AIDS oder so infiziert, und die Mutter ist durchgedreht, und hat die Kinder umgebracht, um ihnen das "Leid" oder so zu ersparen ... also falls das deine Intention war, würde ich das etwas klarer lüften. Habe jetzt die Vorkommentare nicht gelesen und hoffe, du hast das da nicht schon geklärt. Ab der Stelle, wo der Dicke in die Zelle kommt und man ahnt, dass die Prot freikommt - da hat es für mich etwas abgefalcht in Sachen Spannung und Tragik, weil für mich eigentlich klar war, dass sie stirbt, und irgendwie wollte ich das auch, und ich hatte auch die ganze Zeit das Gefühl, dass sie das auch will, dass sie sterben will, dass sie einen Grund hatte, ihre Kinder umzubringen, so aus mütterlicher Fürsorge, um ihnen Schlimmeres entgehen zu lassen; und dann sitzt sie geschockt auf der Veranda und kann sich selbst nicht erschießen, wird von der Polizei gefasst, wehrt sich nicht, weil sie weiß, okay, jetzt bekomme ich die Todesstrafe, bald bin ich bei meinen Kindern; ich wollte als Leser davor eben wissen, wieso sie ihre Kinder umgebracht hat und so psychotisch drauf ist. Vielleicht hast du da auch was in den Text gebaut, das ich einfach übersehen habe? Kann natürlich auch sein, ich werde nochmal drüberlesen ...
Auf jeden Fall ein harter Text, so von der Thematik her. Ich hatte da die ganze Zeit fast Gänsehaut, einfach, weil dieser Mord an den Kindern gleich zu Anfang so krass beschrieben wird, und das einfach die ganze Story nachhallt; irgendwie möchte man die Tat nachvollziehen können, und deswegen liest man gebannt weiter; ging jedenfalls mir so. Dann kommt die Zeit im Knast, auch gut beschrieben, aber für mich - wie gesagt - flacht ab der Szene mit dem Dicken das Ganze ab; trotzdem echt gerne gelesen!
Hoffe du kannst was mit anfangen.

Grüße!

 

Hi "Markus" (kann ja nix anderes mehr schreiben, jetzt wo dich schon alle so angesprochen haben).

Natürlich bin ich der Falsche, um hier detailierte Korrekturvorschläge zu unterbreiten - brauchst du jetzt sowieso nicht mehr. Deshalb sage ich dir jetzt einfach, was ich von deiner Geschichte halte und wie sie auf mich nachwirkt.

Also: Ich persönlich finde den Text vor allem wegen deines guten Ausdruckes bemerkenswert. Der zog mich geradewegs durch die gesamte Geschichte durch. Welche mir inhaltlich vor allem anfangs gut gefallen hat. Gegen Ende hin, flacht die Spannungskurve der Geschichte, für meinen Geschmack jedoch zu sehr ab und auch wenn ich sagen muss, dass mir die Begräbnisszene wiederum gut gefallen hat, bräuchte es für meinen Geschmack kurz davor noch eine gewaltige Explosion, etwas das Fassungslosigkeit erzeugt. Irgendeinen noch prickelnderen Kick als deinen mit dem Direktor. Da fand ich den Einstieg schon um einiges intensiver. Doch zum Glück gibt es ja viele Meinungen und ich sehe ja, dass deine Geschichte im Großen und Ganzen sehr positiv aufgenommen wird. So auch von mir.
Ein kleines "Aber" bleibt jedoch ...

LG, ebenfalls Markus

 

Hey zigga,

du reihst dich ein zu jenen, an denen ich das Ende vorbei geschrieben habe, und ich weiß nicht, ob du es als Leser bist, der etwas überliest, oder ich als Autor, der etwas überschreibt. Das Ende ist das Problem bei der Geschichte. Ich habe es schon aufgelöst und allem Anschein nach steht die Szene falsch da: Patrick Krenwinkel ist der Teufel, der Tod, das Ende - sie gibt sich ihm hin, weil sie so sterben kann, und es funktioniert nur in meinem Kopf, die Sexszene ist eine Exekution, ich habe mich da ein bisschen übernommen, vielleicht wäre es echt klüger, das Ende umzuschreiben und von dieser Idee abzulassen. Es stimmt nämlich, dass es keinen Sinn macht, dass Caroline auf einmal frei sein will. Aber Freiheit hat hier eine ganz andere Bedeutung, eine fast verwerfliche eigentlich, wenn man es ernst nimmt.

Zu den anderen Anmerkungen:

cooler Einstieg!
Dankeschön!

das ist ein krasser und guter Satz; dass sie vom Rückstoß überrascht ist finde ich ziemlich gut beobachtet, das sagt sehr viel aus: dass sie kein Waffennarr ist, und dass sie irgendwie echt krank ist; ich meine, die erschießt ihren Sohn, und ist dann überrascht vom Rückstoß, boah ...
Freut mich, dass du das so empfindest!

Mhm ... in Amerika. Weiß auch nicht, ob ich das gerade gut finden soll; ich meine, klar, Todesstrafe gibt's dort, in Europa nicht mehr, aber ich mag Geschichten, die um mich herum passieren könnten, die in der Gesellschaft passieren, in der ich lebe; weißt du, was ich meine? Das mit Amerika ist nicht schlimm ... aber auch bisschen stereotyp: der amerikansiche Waffennarr. Wieso keine Deutsche, die ihre Kinder erschießt? Gut, dann würde das mit der Todesstrafe nicht passieren, aber trotzdem ...
Ich kann dich da total verstehen, aber lass mich dir einen kleinen Einblick in die Entstehung der Geschichte gewähren. Ihr würdet mich vermutlich hassen, wenn ihr die Zeitspanne zwischen Idee und Veröffentlichung kennen würdet. Ich muss mich da demnächst auch zwingen, dass echt in ne Schublade zu packen und einen Monat später drauf zu gucken, weil ich erst dann Dinge sehe, die hier so offensichtlich erkannt werden. Den Fehler habe ich auch mit "Verwirrungen" gemacht, wobei ich da 3 Wochen dran gefeilt habe. Ursprungsidee war, dass ein "Herrscher" Todesurteile ausspricht und nur zurücknimmt, wenn die Verurteilte bereit ist, mit ihm zu schlafen. Und alle willigen natürlich ein. Meine Protagonistin sollte ablehnen und alle erschrecken. Ich habe überlegt, wo ich es ansiedeln kann. Erst habe ich in der Antike gestochert, wäre auch ein schönes Setting gewesen, kurz dachte ich an Deutschland, aber so im 19. Jahrhundert, aber da hätte ich das Feeling nicht so gut rüber bringen können. Und in Amerika gibt es auch heute noch Todesstrafen. Deswegen wurde es dann Caroline in Oakland, California. Aber ich kann verstehen, dass eine Geschichte mehr Wirkung hat, wenn sie um einen herum passiert. Ich habe es auch versucht mit einer Parallelwelt, einem Paralleldeutschland, in dem es die Todesstrafe gibt, aber das war alles doof. Wobei ich jetzt in den Nachrichten von einen Wärter gelesen habe, der eine Kindsmörderin in Chemnitz geschwängert haben soll. Unmöglich sind solche Sachen also nicht hier. (Irgendwie gruselig, und schon haben wir den von dir vermissten Effekt.)

ach, das mit dem nackt schlafen ist eine verdammt gute Beobachtung. Charakterisiert sehr schön, da kann man viel hineininterpretieren!
Freut mich, dass das so gut ankommt.

glaube, den könntest du getrost raus streichen, das ist klar
Den Satz kann ich nicht streichen. Der zeigt, dass sie sich da wichtig macht in der Szene, das mit einem Ereignis sich plötzlich alles verändert für eine Person. Und das passiert nicht von außen, sondern im Kopf. Das ist ein Satz, den ich schon sehr bewusst so dort stehen habe.

Die Kusshand, die Caroline Musselwhite ihrer Nachbarin, Juliette Bradstreet, zuwarf, als sie in den Wagen stieg, verstand damals niemand.
Das ist ein guter Cliffhanger. Egal was noch passiert, das macht verdammt neugierig.
Ich habe ernsthaft überlegt, ob ich das "damals" jetzt hinschreibe, oder nicht. Aber irgendwie muss man den Leser auch bei Stange halten, oder ihm eine Stange hinhalten, irgendwie.

mhm ... Gedanken, die durch den Kopf Geistern; ist schon bisschen abgegriffen
Stimmt schon, aber ich fand das Verb "geistern" so passend, weil sie wie ein Gespenst war in diesem Moment und dieses Warum auch. Aber wenn du so Floskeln findest, ist es gut, wenn du mir die zeigst, ich hasse sie.

krass. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Als Leser will man diese Frau einfach verstehen; bis zu dem Augenblick war sie irgendein abgewrackter Psycho, vielleicht hat es was mit der Nachbarin zu tun, aber nach dem Satz denke ich mir: Irgendwie bereut sie es doch, oder? Zumindest lässt es sie nicht so kalt, wie es bis jetzt rüberkam.
Hätte sie geschwiegen, wäre sie kalt geblieben - so könnte man es formulieren. Ich wollte hier nicht viel verurteilen oder entschuldigen, die Taten beherrschen die Gründe, von denen man da nichts erfährt. Ich verwende hier auch die Worte von deinen Vorrednern. Aber ja, sie ist nicht total kalt oder krank, aber irgendetwas stimmt nicht mit ihr.

Da musste ich echt kurz nachdenken: der Himmel? In den sie so gerne sieht? Ach, Himmel, Tod, dann kam's, und ist eine starke Stelle ...
Habe da kurz überlegt, ob es legitim ist, sie in den Himmel steigen zu lassen. Eigentlich müsste sie ja in die Hölle!

Passt das? Will sie wirklich raus? Nachdem sie sich für das Todesurteil bedankt hat, und auch sonst eher so rübergekommen ist, dass sie schon mit ihrem Leben abgeschlossen hat und nach den Morden ihr sowieso klar zu sein schien, dass sie damit so etwas wie Selbstmord begangen hat?
Nein, das passt nicht, sie fühlt sich dann nicht wohl in der Zelle, sie möchte halt weg, egal wohin, aber wie gesagt, das Ende wird bisher von allen anders gelesen, wie ich es mir gedacht habe. Außer Novak, die war ziemlich nah dran, aber sie musste sich auch verbiegen und ihre Augen zwischen die Zeilen quetschen. Geht auf meine Kappe.

Jo, vom Schreibstil her und von der Spannung hab und der Sprache hab ich das sehr gern gelesen, hatte keine für mich spürbaren Längen
Das freut mich! Und es tut mir leid, dass ich dich mit dem Ende enttäuschen musste, ich muss da jetzt echt einmal klar kommen, irgendwie hat das Forum hier auch einen ganz komischen Effekt diesbezüglich, ich buddle meine Geschichten manchmal zu schnell aus meinen Gedanken, ungeduldig und schon vorfreudig und gespannt, was ihr hier dazu sagt. Ein konditionierter Fehler. Aber jetzt habe ich ja schon ein paar Mal auf den Deckel bekommen wegen dem Ende. Das muss ich jetzt ändern!

Auch nicht, wie ich die deuten soll ... ich dachte kurz, die hätten sich alle aus Versehen mit AIDS oder so infiziert, und die Mutter ist durchgedreht, und hat die Kinder umgebracht, um ihnen das "Leid" oder so zu ersparen ... also falls das deine Intention war, würde ich das etwas klarer lüften.
So war es nicht gedacht. Aber natürlich lässt es tausend Interpretationen offen. Deine Interpretation ist mir zu unwahrscheinlich. Wie sollten sich die Kinder mit AIDS anstecken bei ihrer Mutter? Wenn das nicht bei der Geburt geschehen ist oder der Vater, die Kinder nicht vergewaltigt hat, oder aus irgendeinem Grund ein Blutbad im Hause Musselwhite satt gefunden hat, ist das aus medizinischer Sicht fast unmöglich.

und ich hatte auch die ganze Zeit das Gefühl, dass sie das auch will, dass sie sterben will, dass sie einen Grund hatte, ihre Kinder umzubringen, so aus mütterlicher Fürsorge, um ihnen Schlimmeres entgehen zu lassen; und dann sitzt sie geschockt auf der Veranda und kann sich selbst nicht erschießen, wird von der Polizei gefasst, wehrt sich nicht, weil sie weiß, okay, jetzt bekomme ich die Todesstrafe, bald bin ich bei meinen Kindern;
Interessant zu sehen, wie du das liest.

Vielleicht hast du da auch was in den Text gebaut, das ich einfach übersehen habe?
Es sind auf jeden Fall Dinge drin, die du übersehen hast. Aber die beziehen sich auf das Ende, sind auch wirklich zum Übersehen, und finden sich in den letzten vier Absätzen. Ihr Mordmotiv versteckt sich nur in der Stelle, die du zitiert hast.

Auf jeden Fall ein harter Text, so von der Thematik her. Ich hatte da die ganze Zeit fast Gänsehaut, einfach, weil dieser Mord an den Kindern gleich zu Anfang so krass beschrieben wird, und das einfach die ganze Story nachhallt
Ja, danke für das Lob, und echt dumm von mir, dass ich in diesen gruseligen Nachhall dann irgendwie reinkichere oder dazwischenrufe.

trotzdem echt gerne gelesen!
:)

Hoffe du kannst was mit anfangen.
Auf jeden Fall! Vor allem deine Gedanken über das Ende haben mir weitergeholfen, weil du mir noch einmal sehr deutlich gezeigt hast, dass ich den Leser in eine ganz andere Richtung führe, und nicht in die, in die ich es schreiben wollte. Vielen Dank fürs Lesen, was Dazusagen, deine ganze Mühe und Zeit!

Beste Grüße
markus.

***

Hallo Markus,

ist ja witzig, dass du auch so heißt. Irgendjemand hat in das Thema "Als Kind habe ich immer gedacht ..." geschrieben, dass er als Kind immer gedacht hat, dass es nur jeweils einen Menschen auf der Welt gab, der einen bestimmten Vornamen trug. Insofern auch ein Schock für mich. :)

Niemand ist der Falsche! Es freut mich, dass du mir was zu der Geschichte sagst, jede Meinung ist mir wichtig und es ist immer interessant zu sehen, wie eine Geschichte bei den Lesern ankommt. Hier sind sich alle einig, dass das Ende nicht passt. Auch dir passt es nicht.

Ich persönlich finde den Text vor allem wegen deines guten Ausdruckes bemerkenswert.
Das freut mich, bin ich doch so sprachbesessen und muss bezüglich Erzähltechnik und allem anderen noch vieles nachholen.

bräuchte es für meinen Geschmack kurz davor noch eine gewaltige Explosion, etwas das Fassungslosigkeit erzeugt. Irgendeinen noch prickelnderen Kick als deinen mit dem Direktor.
Ja, Leute, die hier mitlesen, werden den Kopf schütteln, wie M. Glass jedem hier erklärt, wie das Ende zu verstehen ist, aber es ist die traurige Wahrheit. Der Sex am Ende ist ihre Exekution, so habe ich mir das gedacht. Es ist eine gewaltige Explosion, bloß nimmt sie niemanden mit.

Da fand ich den Einstieg schon um einiges intensiver.
Stimmt schon.

Hab mich über deinen Leseeindruck und dein "Aber" gefreut, auch wenn die Freude über das "Aber" eher eine Erkenntnis ist, die mich eines Tages freuen wird, wenn ich sie in Zeilen verwandelt habe. Vielen Dank für deinen Kommentar!

Beste Grüße
markus.

 

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