Was ist neu

Butenschön sichert sich ab

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Monster-WG
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15.07.2004
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Butenschön sichert sich ab

„Neun“, flüstert Butenschön mit Nachdruck. „Neun.“ Bloß dieses eine Wort, wieder und wieder, wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat: „Neun! Neun! Neun! Neun …“, als ihn plötzlich der Schlag trifft.
Das Letzte, was er hört, ist ein warnendes Wiehern, bevor jemand einen festen Schwinger zielgenau in seiner Magengrube platziert. Ihm bleibt die Luft weg, dann sackt er zusammen. Der Aufprall auf dem gefliesten Boden ist hart und schmerzvoll.
Gott im Himmel, denkt Butenschön, während er mit geschlossenen Augen liegen bleibt und auf das Unvermeidliche wartet. Jetzt hat er mich doch tatsächlich zuerst erwischt.
Es verblüfft ihn, dass es ausgerechnet hier passiert, im Spaßbad, vor so vielen Zeugen. Aber warum eigentlich nicht?
Selbst Schuld, denkt er.
Wegen all dieser Leute hat er sich zu sicher gefühlt. Hat gedacht, hier könne ihm nichts passieren.
Herzlichen Glückwunsch! Das ist die Quittung.
Er weiß, dass er sich keiner falschen Hoffnung hingeben darf. Alles, was nun kommt, wird verdammt nochmal schmerzhaft sein. Und vor allem: tödlich!
„Scheiße! Scheiße! Scheiße!“
Ein weiterer Gedanke blitzt auf. Wieso weiß er von mir? Ich war doch so verdammt vorsichtig.
Nun, offenbar nicht vorsichtig genug.
Butenschön ballt die Hände zu Fäusten und ergibt sich seinem Schicksal. Er kann es nicht ändern.
Aber es passiert nichts.
Butenschön spürt lediglich einen gewissen Druck auf seinem Oberkörper, so als säße jemand auf ihm, aber davon abgesehen scheint alles in Ordnung.
Worauf zum Teufel wartet er?
Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein, Butenschön ist gefangen im Moment. Er harrt aus, was soll er auch sonst tun? Ist wie ein Insekt, das von Bernstein umschlossen ist.
Irgendwann hält er es nicht mehr aus. Schluss jetzt mit den Spielchen! Lieber ein Ende mit Schrecken als ...
Ach! Was soll‘s!
Er reißt die Augen auf in Erwartung des vertrauten Gesichts.
Aber da ist keine Spur von … ihm.
Keine Spur von Neun.
Und auch von sonst von keiner Nummer.
Dort ist bloß ein dickes, kleines Mädchen, das auf seinem Brustkorb hockt und ihn mit weit aufgerissenem Mund blöde anglotzt. Wie ein fetter Koi-Karpfen, der auf die Fütterung wartet.
„Ich bin ein Pferdchen“, sagt es schließlich und klettert von ihm herunter. In vorwurfsvollem Tonfall fährt es fort: „Und du musst aufpassen, wo du hinläufst. Weil, man darf nicht einfach über die Rennbahn rüber. Das ist gefährlich. Ein Pferd ist nämlich tausend Mal schneller wie du.“
„Als“, korrigiert Butenschön ohne es zu merken und seufzt erleichtert.
Ist das zu fassen? Das alles war nur ein Missgeschick, nichts weiter. Offenbar ist die Kleine beim Spielen in ihn hineingelaufen. Schmerzhaft, ja. Aber nichts, worum man sich einen Kopf machen müsste.
Trotzdem mustert er sie gründlich. Automatisch checkt er sie durch, fixiert ihren Blick wie ein Hypnotiseur.
So, wie er es immer macht. Um ganz sicher zu gehen.
Eine Sache von Sekunden und reine Routine, denn er weiß schon jetzt, dass er nichts finden wird. In der hier steckt nichts Böses. Nur grenzenlose Dummheit.
Das Kind blickt noch immer zu ihm runter, sein Mund steht schon wieder sperrangelweit offen. Es sieht aus wie eine groteske Springbrunnenfigur, der man den Wasserstrahl abgedreht hat und in deren Hals jetzt bloß noch die Tauben scheißen.
Gegen seinen Willen muss Butenschön lächeln. Mit einem Mal ist er seltsam milde gestimmt.
Gott sei Dank gibt es auch solche.
Ein paar Leute gucken flüchtig zu ihnen herüber, aber weil alles ohne Zeter und Mordio abläuft und keine Verletzten gibt, kümmert sich niemand weiter um sie.
„Na los, Kindchen! Zieh Leine!“, sagt er mit sanfter Stimme. Spielerisch schwingt er eine imaginäre Reitgerte. „Hü hott!“
Das Mädchen grinst jetzt auch, krabbelt von ihm runter und läuft dann wackelnd und ohne jede Anmut los. Trampelt in Richtung Strudelbecken. Butenschön lächelt noch immer, als er aufsteht und dem Kind hinterher sieht.
„Heia! Ich bin ein Pferdchen“, ruft das Mädchen. „Ich bin ein Pferdchen!“
„Definitiv ein Kaltblüter“, murmelt Butenschön, bevor er seine Gedanken wieder den wirklich wichtigen Dingen widmet.
Seiner verfluchten Gabe.
Den Zahlen.
Und vor allem: …
… Neun.

Er hat ihnen von Anfang an Nummern gegeben.
Butenschön findet, dass es so leichter ist. Nicht viel leichter, es bleibt so oder so ein Scheißjob, aber immerhin.
Natürlich ist es ab und an notwendig, dass er ihre Namen in Erfahrung bringt; nämlich dann, wenn er ihr Umfeld, ihre Gewohnheiten, ihre Vorlieben recherchieren muss. Jedes Mal, wenn Planung vonnöten ist. Professionalität steht vor persönlichem Befinden. Das ist wichtig. Aber sobald er genug in Erfahrung gebracht hat, vergisst er ihre Namen wieder, oder tut zumindest so als könne er das. Namen bedeuten Bindung. Und Bindung ist das Letzte, was Butenschön will.
Und in diesem Moment sieht er ihn.
Neun steht in der Schlange vor dem Hurrican Loop, einer absurd steilen Riesenrutsche, den Arm lässig in die Hüfte gestemmt und sieht aus, als könne er kein Wässerchen trüben.
Was für ein Schauspiel.
Butenschön ist wie elektrisiert, er spürt sofort die besondere Aura des Jungen. Die Wucht der Emotionen, die Neun in ihm auslöst, erstaunt ihn immer wieder aufs Neue. Ich müsste darauf vorbereitet sein, denkt er. Aber er ist es nicht.
Ist es nie!
Ein Tsunami aus dunklen Gefühlen drischt auf ihn ein, alles gerät mit einem Schlag aus den Fugen, es ist surreal, Realitäten verschwimmen, in seinem Kopf entstehen in Sekundenschnelle Universen und vergehen sofort wieder.
Was bleibt ist schreckliche Gewissheit.
„Schäm dich“, sagt sich Butenschön, „du lügst dir selbst in die Tasche“, und die Erkenntnis darüber verhärtet sich unerbittlich in seinem Hirn wie erkaltende Lava.
Natürlich bist du mit dem Jungen verbunden, und wie du mit ihm verbunden bist, mehr, als mit jedem anderen Menschen auf der Welt!
Für einen kurzen Moment schwindelt ihm, alles scheint sich zu drehen, und Butenschön muss sich an der Wand abstützen, um sich zu sammeln, einen klaren Gedanken fassen zu können.
Erst als Neun johlend in der Öffnung der Riesenrutsche verschwindet – einem riesigen Maul, das ihn verschluckt – hat sich Butenschön wieder sortiert.
Neun ist seine Obsession. Und noch viel mehr als das. Neun ist das Entweder-oder! Der Beweis für den vollkommenden Wahnsinn oder die ultimative Rechtschaffenheit von Butenschöns Handeln.
Nicht mehr und nicht weniger.

Die Gabe ist kein angeborenes Talent, sie ist gewissermaßen über Nacht gekommen. Butenschön ist nicht stolz darauf, nein, er will sie nicht einmal, obwohl er sie für wichtig hält. Nicht nur für ihn als Einzelnen, nein, das mag total vermessen klingen, aber es stimmt: wichtig für die ganze Menschheit!
Als es vor drei Jahren begann, hatte es ihn überrollt wie ein Schnellzug. Unmöglich irgendwas davon zu stoppen! Er erinnert sich noch bis ins kleinste Detail an das erste Mal, so, als hätte jemand das Ereignis in riesigen Buchstaben auf einen seiner Hirnlappen tätowiert. Er muss nur die Augen schließen und schon sieht er alles wieder vor sich:
Das Einkaufszentrum. Butenschön will bloß einen Raclette-Grill kaufen und eine Kiste KöPi, doch plötzlich ist da dieser Junge. Schlendert an ihm vorbei, in der Hand einen Bubble-Tea, auf dem Kopf eine speckige Schalke-Mütze. Lass ihn sieben Jahre alt sein, höchstens acht! Ein lächerlicher Pimpf. Ein Witz in Nike-Schuhen.
Ihre Blicke kreuzen sich für eine Sekunde. Butenschön schaut ihm direkt in die Augen – und weiß es. Der Junge ist durch und durch schlecht. Butenschön spürt es körperlich, er fühlt die Verderbtheit des Kleinen wie einen Schlag in die Fresse. Dann ein Stechen in der Brust, so als ob ein Messer ...
„Du fantasierst“, sagt er sich. „Er ist ein Kind! Nichts weiter.“
Aber Butenschön weiß es besser. Weiß es! Der Junge ist wie ein Baum, der von der Wurzel her verfault. Außen noch schön, aber in Wirklichkeit ausgehöhlt und nicht mehr zu retten. Wenn er umfällt, wird er jemanden erschlagen. Und er wird umfallen. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Butenschön weiß, dass der Junge eine Gefahr ist. Er weiß, dass dieser Junge früher oder später jemanden töten wird.
Der Lütte ist höchstens acht Jahre, also wahrscheinlich später, aber Butenschön weiß es – weiß nicht warum, er es weiß – aber er weiß es, er weiß es, er weiß es …
Nummer Eins wird töten!

Neun hat genug vom Rutschen. Mit den für sein Alter typischen schlaksigen Bewegungen rennt er um die Ecke, durch den Verbindungsgang rein in die Nebenhalle, raus aus Butenschöns Blickfeld.
Der atmet tief durch. Dieser Moment ist wie ein Déjà-vu, er hat ihn im Zuge seiner monatelangen Recherchen mindestens ein dutzend Mal durchlebt. Wahrscheinlich öfter. Er ist inzwischen beinahe schon Stammgast hier. Nicht weil er will, sondern weil er keine Wahl hat. Butenschön hasst das Spaßbad, diesen nach Chlor, Schweiß und Pisse riechenden Drecksort, wo hässliche Menschen noch hässlichere Tattoos zur Schau tragen. Jedes Mal kostet es ihn Überwindung hierher zu kommen. Aber natürlich ist er dort, wo Neun ist. Hier oder im Stadion, in der Eishalle, im Freizeitpark, an günstigen Punkten seines Schulwegs. Wenn Neun zur Hölle führe, Butenschön würde ihm folgen. Aber was heißt Wenn? Das Scheißschwimmbad kommt der Hölle schon verdammt nahe.
Du darfst dir deinen Widerwillen nicht ansehen lassen, mahnt Butenschön sich selbst. Das wäre viel zu auffällig zwischen all den ekstatisch grinsenden Gesichtern. Und Butenschön kann es sich nicht leisten aufzufallen. Also schlendert er, die Hände vor dem Bauch verschränkt, scheinbar von Wonne beseelt durch das Spaßinferno. Immer Neuns Spur folgend. Natürlich kennt er dessen Ziel. In fünf Minuten wird im Hauptbecken die Wellenmaschine angeworfen. Eine Mordsgaudi, die sich Neun bisher noch nie entgehen lassen hat.
Neun, denkt Butenschön. Neun! Neun! Neun! Neun!

Es ist Butenschön wichtig, dass er das, was er tut, nicht aus niederen Beweggründen macht. Es bereitet ihm keinen Spaß, er findet keine Befriedigung darin. Butenschön ist kein sadistischer Perverser, der auf Kinder steht. Sie machen ihn nicht an, er geilt sich nicht an ihnen auf, schneidet niemandem das Pimmelchen ab oder steckt scharfkantige Gegenstände in irgendwelche Körperöffnungen.
Butenschön bringt sie nur um.
Diejenigen, bei denen es notwendig ist. Diejenigen, die böse sind. Diejenigen, die später selber Leben nehmen werden. Diejenigen, die den Tod verdienen.
Butenschön hat ein Bild dafür: Die Nummern sind tickende Zeitbomben. Er selbst ist das Entschärfungskommando und muss sie abschalten, bevor sie hochgehen. So einfach ist das.
Bei Eins war es schwer. Fast unmöglich.
Doch inzwischen geht es ihm viel leichter von der Hand. Man könnte fast sagen, dass Butenschön mittlerweile ein Händchen dafür hat.

Neun ist immer noch scharf.
Butenschön entdeckt ihn exakt dort, wo er ihn erwartet hat. Der Junge steht bis zur Brust im Wasser, spritzt aufreizend unbeschwert andere Kinder nass und schaut erwartungsvoll in die Richtung, aus der gleich die Wellen kommen werden. Die Ruhe vor dem Orkan.
In Butenschön selbst tobt längst wieder die übliche Sturmflut aus düsteren Emotionen, wie jedes Mal, wenn er Neun sieht. Aber es gelingt ihm, nichts davon nach außen dringen zu lassen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Für jeden Außenstehenden sieht er aus wie ein stinknormaler Mittfünfziger, der gelangweilt einem Jungen beim Planschen zusieht.
Aber wenn ich dich umbringe, denkt Butenschön, werde ich es genießen. Zum ersten Mal in all den Jahren werde ich es genießen.

Noch nie war sich Butenschön so sicher wie bei Neun. Das ist der Grund, warum der Junge noch am Leben ist. Der einzige Grund. Denn manchmal...
... manchmal zweifelt sogar Butenschön. „Was, wenn ich mich täusche? Was, wenn ich den Wahnsinn in mir trage? Was, wenn ich sie alle grundlos getötet habe?“
Hin und wieder sind diese Gedanken einfach da, obwohl er sie nicht zulassen will, sich leidenschaftlich dagegen wehrt, kommen sie aus dem Nichts – und dann haften sie an ihm wie ein schlechter Geruch, der ihm überallhin folgt.
Ja, auch Butenschön hat Fragen; Fragen, die er nicht beantworten kann, so sehr er es auch versucht.
Warum kann er es nur bei Kindern fühlen?
Wieso ist keine der Nummern jemals älter als zwölf Jahre gewesen? Weshalb scheint bei den Älteren, die er mit seiner Gabe zu scannen versucht, die Pubertät wie ein Virenschutzprogramm zu wirken?
All das verwirrt Butenschön. Macht ihm bisweilen Angst.
Was, wenn ich derjenige bin, der böse ist?
Aber bei Neun bestehen keine Zweifel. Bei Neun ist alles glasklar.
Durch Neun sichert sich Butenschön ab.
Neun! Neun! Neun! Neun! Neun!

Natürlich kann Butenschön nicht mit Sicherheit sagen, wie oft die jeweiligen Nummern töten werden. Die zukünftigen Gräueltaten bleiben vage, er hat keine bildlichen Visionen davon, wofür er dankbar ist; er kennt weder die Gründe noch die Opfer. Butenschön weiß nur, dass die Nummern töten werden, spürt am eigenen Leib schon jetzt den körperlichen Schmerz, den sie dereinst anderen zufügen. Und trotzdem: Vielleicht bliebe es bei einigen von ihnen bei einem einzigen Mal, der Auslöschung von nur einem Menschenleben – vorausgesetzt, Butenschön würde nicht vorher eingreifen.
Bei Neun ist das anders.
Als Butenschön den Jungen zum ersten Mal sah, war der Schmerz, den er fühlte, schier unerträglich, derartig stark, dass er in gewisser Weise beinahe körperlich greifbar zu sein schien, so, als wolle er sich in jeder einzelnen von Butenschöns Körperzellen materiell manifestieren.
Nein, bei Neun gibt es keine Zweifel!
Neun hat das Potenzial eines Serienmörders. Der Junge ist ein zukünftiger Jeffrey Dahmer, Ted Bundy, Fritz Haarmann, Anatolij Onoprijenko, Harold Shipman, Jack the Ripper.
Und vielleicht sogar noch viel mehr als das.
Ein Massenmörder. Ein Menschenschlächter. Butenschön kann es spüren. Das ultimative Böse. Neun macht ihm Angst, lässt ihn kirre und fahrig werde, der bloße Gedanke an den Jungen und an das, wozu dieser fähig ist, raubt Butenschön nachts den Schlaf.
Und dennoch muss Neun leben!
Denn sollte sich Butenschön bei Neun irren – bei Neun, wo jeglicher Irrtum zu 100 Prozent ausgeschlossen ist, schlicht und einfach nicht vorstellbar, absolut unmöglich … aber wenn ... wenn Neun wider aller Wahrscheinlichkeit und entgegen aller Überzeugung kein Mörder ist ... kein Mörder wird, dann ...
Allein der Gedanken reißt die Tore zur Hölle speerangelweit auf und Butenschön erlaubt es sich nicht, ihn zu Ende zu führen.
Er irrt sich nicht!
Mit einem Schlag ist seine Selbstsicherheit zurück.
Bei Neun ist er sich sicher!
Neun, denkt Butenschön, wird mich von all meinen Zweifeln erlösen. Das ist seine Bestimmung.

Das Jauchzen der Badegäste holt Butenschön zurück ins Hier und Jetzt. Die Wellenmaschine ist gestartet; alles was Beine hat, drängt mit einem Mal ins Becken, das plötzlich viel zu klein erscheint, so wirkt, als laufe es gleich über, aber nicht wegen des Wassers, sondern aufgrund zu vieler sich darin windender Körper. Schwimmer stoßen aneinander wie Treibgut, und Butenschön denkt, dass das Bild, das sich ihm offenbart, aussieht, wie eines dieser abscheulichen Weltuntergangsgemälde von Hieronymus Bosch.
Und mittendrin in dem Chaos ist Neun und lacht.
Er strahlt übers ganze Gesicht, wirft sich kopfüber in die Wellen, verschwindet kurz unter der Wasseroberfläche, taucht prustend wieder auf, schnappt nach Luft, um sich dann mit nicht enden wollender jugendlicher Begeisterung erneut in die Brandung zu stürzen.
Ein Monster, das sich in einem Jungen verwandelt hat.
Nein, durchfährt es Butenschön, es ist genau andersherum: ein Junge, der sich in ein Monster verwandeln wird.
Mit einem Mal fühlt sich Butenschön am Beckenrand seltsam fehl am Platz. Ohne weiter darüber nachzudenken, geht er zum Wasser, geradewegs ins Bassin hinein – erst nur mit den Füßen, dann bis zur Hüfte, und schließlich steht er mittendrin im Trubel, das Wasser bis zum Hals.
Natürlich ist es Neun, der ihn anzieht wie ein Magnet. Der Junge treibt wie eine Boje in Butenschöns Blickfeld. Auf und ab. Ein Ziel, das er nicht verfehlen kann.
Butenschön hält direkt auf ihn zu. Jetzt sind es vielleicht noch drei Armzüge, die ihn von Neun trennen.
Drei Armzüge nur.
Drei.
Butenschön presst die Kiefer so stark aufeinander, dass es knirscht. Er merkt, dass er die Contenance zu verlieren droht, spürt, wie er unaufhaltsam in den Jagdmodus überwechselt. Sämtliche Schutzwälle sind niedergerissen. Es gibt kein Zurück. Der böse Geist des Jungen ist übermächtig. Nicht auszuhalten.
Ich muss ihn auslöschen, schreit es in Butenschön. Jetzt sofort und ohne Gnade.
Zwei Armzüge.
Ein vertrautes Gesicht schiebt sich an Butenschön vorbei, aber es gelingt ihm nicht, es einzuordnen. Alle seine Sinne sind auf Neun fokussiert. Die Welt drumherum spielt keine Rolle mehr.
Neun. Neun. Neun. Neun. Neun.
Der Junge bemerkt ihn nicht. Planscht immer noch blöde prustend in den Wellen. Hat keinen Blick für den alten Knacker, der sich ihm mit malmenden Kiefern wie ein Haifisch nähert.
Butenschön macht sich in Sekundenschnelle ein Bild von der Situation. Spielt seine Möglichkeiten durch.
Zu viel Zeugen. Eigentlich.
Aber Butenschön ist schon lange kein Anfänger mehr. Er hat inzwischen so viel mehr Erfahrung als bei Eins. Übung macht den Meister, so heißt es. Und es stimmt. In dem Getümmel wäre er, wenn er es geschickt anstellt, nahezu unsichtbar.
Er weiß genau, wie er es tun muss: Abtauchen, im Wasser, im Gewühl. Von unten die Beine des Jungen schnappen. Ihn runterziehen. Nicht mehr hochkommen lassen.
Nicht mehr lebend hochkommen lassen.
Drei Minuten konzentrierte Arbeit. Und als Folge ein Ungeheuer weniger auf der Welt.
Butenschön vergisst zu atmen. Er kann Neun jetzt fast berühren. Vielleicht noch eine halbe Armlänge, die sie trennt, wahrscheinlich weniger.
Für die anderen sähe es aus wie ein schrecklicher Unfall. Eine Tragödie, unfassbar traurig, aber so etwas passiert leider manchmal. Ein Trauerfall im Spaßbad.
Ein dünnes Lächeln umspielt Butenschöns Lippen.
Jetzt wird er zuschlagen. Der Sache endlich ein Ende machen. Neun vernichten. Das Böse ausmerzen.
Ein letzter Rest Instinkt hält ihn zurück. Aber das Bedürfnis, zu handeln, ist übermächtig.
Ich kann das, denkt Butenschön. Es ist so leicht. So unfassbar einfach.
Und so dumm!

Die Erkenntnis trifft Butenschön wie ein Keulenschlag. Ein letzter Funken Vernunft hat in seinem Gehirn eine Atombombe gezündet, und die Erschütterung lässt Butenschön mit einem Schlag ausnüchtern.
Nein, er wird Neun nicht entschärfen. Nicht heute. Nicht bevor ... Butenschön zieht gierig Luft in seine Lunge.
Es ist der Junge, der den ersten Schritt machen muss.
Die Enttäuschung drückt Butenschön hinunter wie ein Mühlstein. Er lässt sich sinken, bis seine Knie den Grund berühren. Es sieht aus, als würde er beten.
Schenk mir Gelassenheit! Ich bitte dich! Gib mir die Kraft, es auch weiterhin auszuhalten!
Aber Butenschön spricht nicht zu Gott, er spricht zu sich selbst. Dann taucht er auf und lässt sich mit geschlossenen Augen auf dem Rücken treiben. Atmet tief durch.
Währenddessen ruft er sich all die anderen Nummern ins Gedächtnis, die, die er bereits ausradiert hat. Es gibt kein geheimes Tagebuch, in dem er Rechenschaft ablegt. Keine eingeritzten Kerben an einem Holzpfeiler. Und auch keine mit Kreide geführte Strichliste an irgendeiner modrigen Kellerwand. Butenschön hat alle Nummern im Kopf, jede einzelne ist dort sorgfältig aufgelistet und durchgestrichen. Alle bis auf eine.

Eins, männlich, vermutlich 8 Jahre
Zwei, männlich, 12 Jahre
Drei, männlich, 7 Jahre
Vier, weiblich, 10 Jahre
Fünf, männlich, 9 Jahre
Sechs, männlich, ca. 8 Jahre
Sieben, männlich, 12 Jahre
Acht, männlich, 4 Jahre

Kinderstimmen tönen in Butenschöns Kopf und er kann nicht sagen, ob sie real sind oder nur das Echo derjenigen, die er getötet hat.
Es sind so viele.
Butenschön hat Nummer Neun verschont, aber er hat deswegen nicht aufgehört, die anderen auszuradieren. Er hat nie in Erwägung gezogen, damit aufzuhören. Und während das Wasser Butenschön umgibt wie ein Kokon, hakt er seine Liste weiter ab. Nummer um Nummer um Nummer …

Zehn, weiblich, 7 Jahre
Elf, weiblich, 11 Jahre
Zwölf, männlich, 7 Jahre
Dreizehn, männlich, 10 Jahre
Vierzehn, männlich, 6 Jahre
Fünfzehn, männlich, ca. 9 Jahre
Sechzehn, männlich, 12 Jahre
Siebzehn, weiblich, 5 Jahre
Achtzehn, männlich, 11 Jahre
Neunzehn, männlich, 7 Jahre
Zwanzig, männlich, 9 Jahre
Einundzwanzig, männlich,11 Jahre

Butenschön öffnet die Augen erst wieder, als die Wellen verebbt sind. Etwas ist anders. Augenblicklich läuten in ihm die Alarmglocken. Die Atmosphäre hat sich verändert, er liest es in den Gesichtern der Badenden. Ausgelassenheit hat sich in Entsetzen verwandelt. Alle blicken mit weitaufgerissenen Augen auf denselben Punkt. Butenschön weiß, was ihn erwartet, er kennt diese Art des Starrens gut. Er wappnet sich, dann guckt auch er.
Der Körper treibt langsam an Butenschön vorbei.
Der Tod macht ihm längst keine Angst mehr, dennoch fühlt er Panik in sich aufsteigen. Für einen schrecklichen Moment denkt Butenschön, dass er im Rausch die Kontrolle über sich verloren und Neun doch umgebracht hat. Dass die Vernunft dem schieren Drang das Böse zu vernichten unterlegen ist.
Aber nein, das Kind ist zu klein, um Neun zu sein.
Und dann erkennt Butenschön es.
Selbst jetzt fehlt dem Pferdemädchen jede Spur von Anmut, ihr Treiben auf dem Wasser hat nichts Leichtes, nichts Verspieltes, sie sieht aus wie ein nasser Sack Kartoffeln, der kurz vor dem Versinken ist.
Butenschön wendet den Blick ab, es geht ihn nichts an, auch wenn es ihm nicht egal ist, nein, es rührt ihn schon, schließlich ist er auch nur ein Mensch. Doch er will nicht gaffen, glotzen, so wie die anderen. Das Kind soll einen Rest an Würde behalten.
Und dann sieht er Neun.
Der Junge steht in der Nähe des Mädchens, ganz nah, und erst jetzt fällt es Butenschön auf: am nächsten von allen. Neun guckt nicht, zumindest nicht direkt. Er vergräbt sein Gesicht in den Händen.
Und obwohl es Butenschön nicht sieht, ist ihm klar, dass Neun grinst. Breit und boshaft, bis über beide Ohren. Das Grinsen des Jungen brennt sich auf Butenschöns Seele ein – und er versteht.
Neun hat es getan. Neun hatte dieselben mörderischen Gedanken wie Butenschön. Zur gleichen Zeit, am gleichen Ort. Wie ein böser Spiegel. Nur, dass sich der Junge ein anderes Opfer ausgesucht hat. Und er es wirklich umgebracht hat.
Neun ist endlich seiner Bestimmung, seinem Schicksal gefolgt!
Und Butenschön war währenddessen abgetaucht. Hat nichts gemerkt. Nichts gesehen.
Aber du brauchst einen Beweis, schreien hunderte von Stimmen gleichzeitig in Butenschöns Kopf. Einen Beweis. Einen Beweis. Erst dann kannst du ihn töten.
Töte ihn!

Und nun verlässt Butenschön die sorgfältig gehütete Deckung, ist nicht länger unsichtbar, nicht mehr der unscheinbare Mann, den niemand zur Kenntnis nimmt, weil ihn niemand zur Kenntnis nehmen soll. Er richtet sich auf, wächst mit einem Mal, sein Blick ist wild und hart, und er schreit, so laut, dass es jeder im Spaßbad hören muss: „Wer war das? Hat jemand etwas gesehen? Wer hat das getan?“
Aber nichts geschieht. Keiner zeigt auf Neun. Nicht einer.
Die Leute gaffen Butenschön bloß an, als wäre er der Riese aus einem Märchen, eine Attraktion, ein Weltwunder, aber niemand antwortet, sie sind wie ein Stillleben, auf einer Leinwand gebannt. Und Neun schaut immer noch nicht, spielt weiterhin Theater, aber Butenschön weiß, dass das frisch erweckte Monster still und heimlich durch leicht gespreizte Finger späht, und sich, erfüllt mit diebischen Vergnügen, an der Szene ergötzt.
Abgrundtiefe Verzweiflung bemächtigt sich Butenschöns, er könnte laut heulen. Er ist so nah an dem Beweis, den er so dringend braucht, den er sich so sehr herbeisehnt, aber er kann ihn nicht fassen, fühlt sich wie ein ausgehungertes Kind unterm Kirschbaum, dass sich vergeblich nach den reifen Früchten streckt.
Butenschöns Blick fällt wieder auf den Körper des Mädchens, der immer noch, von allen unangerührt, vor ihm treibt. Wut erfüllt ihn, es ist so absurd. Von den Offiziellen ist keiner zu sehen. Auch sonst hilft niemand.
Mit drei langen Schwimmzügen ist Butenschön da, packt das Kind und schwimmt mit ihm zum Beckenrand. Mühelos wuchtet er es hoch und dreht es auf den Rücken. Sie ist blass, aber ihr Gesichtsausdruck ist derselbe wie vorhin bei ihrem Zusammenstoß. Das Pferdemädchen stiert mit leeren, weit geöffneten Augen stumpf und karpfig vor sich hin.
Automatisch, ohne einen klaren Gedanken, beginnt Butenschön mit der Wiederbelebung. Er presst einen Handballen auf die Mitte ihres Brustbeins und drückt mit der anderen Hand zu, die Arme ausgestreckt, mit einer Frequenz von mindestens 100 Schlägen pro Minute. Aber er zählt nicht mit, denn in seinem Kopf schwirrt nur eine einzige Nummer.
Endlich kommt ein Bademeister von weiß-der-Himmel-woher und will Butenschön ablösen, doch der weist ihn zurück, schreit, dass er sich gefälligst zur Hölle scheren soll. Der Mann erstarrt zur Salzsäule, protestiert aber nicht, wahrscheinlich weil er sieht, dass das, was Butenschön macht, Hand und Fuß hat und er selbst es auch nicht besser könnte.
Butenschön ackert, presst weiter mit roher Gewalt, ab und an beugt sich er sich zu dem Mädchen hinunter, um ihr Luft in die Lungen zu blasen. Für die Schaulustigen, die sich wie Fliegen um ein Stück Scheiße versammelt haben, sieht es so aus, als spräche der merkwürdige Mann zu dem Kind. Worte des Trostes vermutlich, verzweifelte Anfeuerungen, dass es nicht aufzugeben soll.
Doch in Wirklichkeit ist es immer dasselbe, was Butenschön flüsternd herauspresst: „Sag mir, wer es war! Wer war das? Hat er das hat getan? Sag es mir!“
Die Antwort auf all seine Fragen liegt vor ihm und weigert sich zu atmen, obwohl sie es muss, weil so viel davon abhängt. Viel mehr als ihr eigenes dummes kleines Leben.
Aber sie atmet nicht.
Also macht Butenschön weiter, presst und pustet, bis er seine Hände nicht mehr spürt und seine Lunge zu platzen droht. Die Kraft verlässt ihn und plötzlich geht es ganz schnell, er ist matt und erschöpft, wie ein Wasserball, aus dem schlagartig die Luft rausströmt.
Und dann geschieht das Wunder.
Das Mädchen zuckt, es hustet, spuckt Wasser. Mit einem Mal ist wieder Leben in ihr, auch wenn Butenschön nicht im Ansatz versteht, von wo es zurückgekommen ist.
Die Drumherumstehenden raunen. Die Botschaft macht rasend schnell die Runde, wie die Wellen, denen das Kind beinahe zum Opfer gefallen wäre.
„Er hat es geschafft. Sie lebt!“
Mit einem Mal wird das Spaßbad seinem Namen wieder gerecht. Die Leute johlen, jubeln, klatschen, Fremde fallen sich in die Arme, einige weinen hemmungslos.
Butenschön bekommt davon nichts mit, sein Blick ist starr auf die Kleine gerichtet.
„Wer hat dir das angetan?“, presst er hervor.
Das Mädchen schaut ihn an und Butenschön liest in ihrem Gesicht, dass sie nichts weiß, rein gar nichts, nicht ein Wort von dem versteht, was er sie fragt.
„Ich bin ein Pferdchen“, antwortet sie schwach mit kieksigem Stimmchen. „Ein Pferdchen!“

Die Runde geht an Neun.
Butenschön weiß, wann er eine Schlacht verloren hat. Aber der Krieg geht weiter. Es schmeckt ihm nicht, aber er kann es nicht ändern. Obwohl er felsenfest davon überzeugt ist, gerade Zeuge geworden zu sein, wie Neun zum ersten Mal töten wollte, kann er sich nicht sicher sein. Immer noch nicht.
Butenschön wird weiter warten. Beobachten. Unter anderen Voraussetzungen, denn Neun kennt jetzt sein Gesicht, was es nicht leichter machen wird, den Jungen zu verfolgen. Aber das kümmert Butenschön kaum.
Ich bin gut genug, dass ich dich dennoch erwische. Ich erwische dich.
Doch für heute herrscht Waffenruhe.
Mit einem Mal ist Butenschön alles gleichgültig. Er umarmt das Mädchen, drückt es an sich. Tränen rollen über seine Wangen, die Schultern zittern. Es ist lange her, seit er zum letzten Mal geweint hat. Nach Eins, das weiß er noch, nach Zwei und nach Drei auch.
Nach Vier nicht mehr.
In der Zeitung wird später stehen, dass der unbekannte Held von Erleichterung übermannt worden sei.
Ein Fehler, der niemals korrigiert werden wird.
Plötzlich teilt sich die Menschenmenge, die das Mädchen und ihren Retter umgibt, und etwas Gewaltiges rollt auf Butenschön zu, eine Lawine aus Fleisch und Fett, die immer wieder „Mein Baby! Mein Baby! Mein armes, armes Baby!“ schreit.
Muttertier, denkt Butenschön automatisch, lässt das Mädchen los und schiebt es rasch als Schutzschild in Richtung der Furie. Diese packt das Kind und presst es an sich, so fest, als wolle sie es in sich hineinstopfen. Der Kopf der Kleinen verschwindet zwischen zwei absurd großen Brüsten, die mehr schlecht als recht von einem viel zu knappen, neongrünen Badeanzug zusammengehalten werden – und für einen kurzen Moment befürchtet Butenschön, dass das Mädchen ein zweites Mal an diesem an diesem Tag ertrinken könnte.
„Danke“, kreischt die Frau. „Sie haben sie gerettet. Mein Liebling. Meine Elfe.“
Dass sie Letzteres ernst meint, kann Butenschön auf ihrem linken Oberarm lesen, wo in gotischer Schrift der Name Arwen, ein circa fünf Jahre zurückliegendes Datum und ein knallrosa Herz eintätowiert sind.
Er nickt ihr zu und tritt einen Schritt zurück und dann sicherheitshalber noch einen.
„Schon in Ordnung!“ sagt er. „Goldig, ihre Kleine!“
Die Frau wuchtet sich hoch, will ihm folgen. Das Pferdemädchen hält sie wie ein Baguette unter dem Arm geklemmt. Das alles ist von beeindruckender Langsamkeit. Ein Gletscher, der kalbt.
„Sie sind ein Held“, sagt die Matrone mit Nachdruck und die anderen Leute nicken.
Butenschön sieht sich um. Das eine Gesicht, nach dem er sucht, fehlt.
Natürlich!
„Held!“, skandiert die Menge. “Held! Held! Held! Held!“ Es ist wie im Fußballstadion. Das Abbild einer Laola schwappt durch die Halle. Die Stimmung kippt ins Ballermanneske.
Butenschön winkt ab. Schüttelt den Kopf.
Zeit für einen Abgang.
Er wendet Mutter und Tochter den Rücken zu und eilt in Richtung der Umkleidekabine. Mit jedem Meter, den er sich entfernt, wird er unauffälliger. So wie sonst auch.
„Danke!“, kreischt ihm die Walküre schrill hinterher, die es glücklicher Weise aufgegeben hat, ihm zu folgen. Sie steht bebend da, schnauft kurzatmig und brüllt: „Sie sind ein Geschenk Gottes.“
Das ist so dämlich, dass Butenschön fast in ein Lachen ausbricht. Aber irgendwie schmeichelt es ihm auch, bei aller Absurdität, der Gedanke gefällt ihm. Ein Geschenk Gottes.
Warum eigentlich nicht?
„Möglich!“, sagt Butenschön zu sich selbst. „Das wird sich zeigen.“ Denn wenn Neun nur im Ansatz derjenige ist, den Butenschön in ihm sieht, und natürlich ist er das, dann ist Butenschön vielleicht wirklich ein Gottesgeschenk.
Ein Lächeln breitet sich auf Butenschöns Gesicht aus. Schief, schmallippig, und doch, wie er selbst nur allzu gut weiß, nicht unsympathisch.
Er nimmt sich vor, Neun heute keinen Gedanken mehr zu widmen.
Das wird früh genug sowieso wieder passieren. Von ganz allein.
Aber jetzt hat er anderes zu tun.
Mit einem Mal fühlt sich Butenschön seltsam beschwingt.

Und so geht er pfeifend seinem Tagewerk entgegen, raus aus dem Schwimmbad, rein ins Auto, um in eine andere Stadt zu fahren, wo Zweiundzwanzig wartet, eine rothaarige Sechsjährige, voller boshafter Tücke, die er auf dem Weg zur Klavierstunde abpassen wird, denn bei ihr, denkt sich Butenschön, bei ihr, gibt es nicht den geringsten Grund, noch länger zu warten.

 

Upps... merke gerade, dass ich noch gar nichts am Text ändern kann, weil er noch unter Maskenball läuft und ich noch nicht reinkomme.
Trotzdem weiter im Text:
barnhelm

was mir zuerst auffällt, ist die Souveränität, mit der das geschrieben ist. Das ist gekonnt formuliert und konstruiert. Ich musste es zweimal lesen, um die feine Konstruktion in ihren Details nachvollziehen zu können. Eine spannende und beeindruckende Geschichte.
Ich habe diese Geschichte mit großem Vergnügen gelesen, mich in diese irre Gedankenwelt hineinziehen lassen und erlebt, dass der Autor es trotzdem schafft, mir Butenschön menschlich nahezubringen. Er ist ja nicht – wie auch offshore schon sagt – nur irre, er hat ja sehr menschliche Eigenschaften und Züge. Der mordet zwar, weil er die Welt vor potentiellen Mördern retten will, kann aber nicht zulassen, dass da jemand einfach so stirbt.
Dafür erst einmal ein dickes Dankeschön! Freut mich sehr. Ihr habt mir durch die Kommentare viel von meiner Ursprünglichen Unsicherheit dem Text gegenüber genommen. Insofern hat sich das Einstellen schon allein deshalb für mich gelohnt.
Genervt haben mich einige Erklärungen des Autors ( @Peeperkorn hat schon darauf hingewiesen) und am Ende die Wiederholungen des Namens Butenschön
Auch hierfür danke. Ich werde den Text daraufhin noch einmal gezielt lesen. Und wahrscheinlich das eine oder andere Butenschön gegen ein schlichtes er tauschen ;)
Vielen Dank für dein Kommentieren und den schmeichelhaften Kurzverdacht ich wäre Fliege oder Achillus. Und für den ebenso schmeichelhaften Langverdacht, dass ich Eisenmann sei. Damit warst du ja nicht allein.
LG svg

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The Incredible Holg
Zunächst mal: wieder was gelernt. Der Unterschied zwischen Ziffern und Zahlen war mir nicht geläufig. Jetzt könnte ich natürlich behaupten, nicht ein Fehler des Autors, sondern Butenschöns Denkweise und der weiß es einfach nicht besser... aber das wäre gelogen ;). Insofern, danke, sobald ich an den Text rankomme ändere ich das.

Hallo Maske, ein sehr starker Text (jedenfalls besser als dein letzter )!
Dafür herzlichen Dank, wobei ich hier noch einmal offen bekennen will und muss: Ich fand das vegane Schmunzelstückchen durchaus sehr appetitlich.
Die Idee, hellsichtig künftige Verbrechen verhindern zu wollen, hat mich außerdem ein bisschen an PK Dicks Minority Report erinnert. Aber während dort die Präkognition als Fakt angenommen wird und zudem sehr detailliert ist, hat Butenschön nur seine dumpfen (wenngleich sehr sicheren) Vorahnungen, ohne Genaueres sehen zu können.
Im Gegensatz zu Dexter, wo ich wie bereits in einem früheren Kommentar geschrieben nur den Plot ganz grob kenne, war Dicks „Minority Report“ beim Schreiben dieser Geschichte wirklich in meinem Hinterkopf, wenn auch nur ganz am Rande. Ich habe aber durchaus über Parallelen nachgedacht. Du hast aber in deinem Kommentar schön auf die aus auch meiner Sicht wesentlichen Unterschiede hingewiesen.
Und ob er tatsächlich Recht hat - tja, das ist ein spannender Punkt. Normalerweise würde man ja unterstellen, dass er schlicht verrückt ist. Aber gerade das hier geschilderte Geschehen deutet ja an, dass er - wider Erwarten des Lesers - doch Recht haben könnte. Es könnte aber natürlich auch Zufall sein, oder Butenschön bildet sich auch das Grinsen des Jungen usw. nur ein. Ich muss sagen, das ist sehr, sehr gut gemacht!
Sollte ich mich wiederholen, entschuldige ich mich, aber genau diese Sichtweise zu erzeugen, war beim Schreiben mein Ziel, insofern freue ich mich sehr darüber. Mir ging es um das Aufrechterhalten der Unsicherheit, den Umstand, dass der Leser bis zum Ende der Lektüre alle Möglichkeiten in Betracht zieht, in Betracht ziehen muss.
Was du nur andeutest, sind Butenschöns Zweifel an der eigenen "Wahrnehmung" hinsichtlich der Verderbtheit seiner Opfer. Das müsste doch eigentlich jeden, der solche Visionen hat, eine Zeitlang stark umtreiben: Habe ich Recht, oder bilde ich mir das alles nur ein? Wir erfahren ja nichts über Butenschöns Leben vor seiner "Mission", aber er wirkt nicht dumm, sogar innerhalb seines paranoiden Weltbilds ziemlich rational. Deshalb würde ich erwarten, dass er relativ große Probleme damit hat, plötzlich solche Ahnungen - aus seiner Sicht ja sogar ein Wissen - zu haben. Ich hätte es spannend gefunden, das etwas stärker zu beleuchten, und wäre nicht böse gewesen, wenn du dafür einen oder zwei weitere Absätze spendiert hättest.

Nachtrag: Dies umso mehr, wenn ich auf den Titel schaue: Damit hast du es anscheinend zum Kern deiner Story erhoben, dass Butenschön seine noch vorhandenen Zweifel loswerden will. Dann möchte ich diese Zweifel aber erst recht weiter ausgebreitet sehen.

Dieser Absatz ist sehr spannend für mich, weil es eine frühere Version gab, in der ich das stärker thematisiert habe. (Übrigens auch, den ersten Mord an Nummer eins geschildert habe). Für mich hat das nicht gepasst, weil so zum einen der Text viel an Dynamik verloren hat und zum zweiten Butenschön viel greifbarer wurde, was aber nicht in meinem Sinne war. Insofern ziehe ich mir diese Kritik an, kann sie gut nachvollziehen, weiß aber noch nicht, ob und wie ich diesen Aspekt in den Text mit aufnehmen werde. Ich glaube, dass lässt sich nicht kurz abhandeln, sondern bedarf schon einer längeren Erklärung.
Ich mache mir auf jeden Fall Gedanken darüber. Danke für diesen wichtigen Impuls.
Auf der Negativseite schlagen ganz klar die kleinen Fehlerchen zu Buche, die @ernst offshore ja schon aufgelistet hat; das wäre nicht nötig gewesen. Das ist aber nur ganz wenig Wasser in sehr gehaltvollem Wein.
Asche auf mein Haupt, die Strafe ist, dass sie auch jetzt nach der Demaskierung noch eine Zeit lang unveränderlich dastehen, weil ich noch nicht an den Text rankomme, aber das verdiene ich nicht besser ;)...
Der letzte Satz freut mich natürlich wieder und macht mich vor Freude ganz trunken ;)...
Vielen Dank und LG von svg

Bea Milana

gestern Abend las ich deinen Text und überlegte, ob ich etwas dazu schreiben soll oder nicht. Da ich relativ neu hier bin und Euch, bzw. Eure Texte kaum kenne, habe ich nicht den geringsten Schimmer, wer der Verfasser sein könnte.
Das ist etwas, dass ich auf kurzgeschichten.de (sorry Webmaster, beim Titel der Seite bin und bleibe ich reaktionär ;)) immer sehr geschätzt habe. Jeder – auch die Neuen sind willkommen UND herzlich dazu eingeladen – von Anfang an ihren Senf (und ich mag Senf, ist also positiv gemeint) zu den Geschichten abzugeben. Gerade hier hakt es häufiger, weil viele Neulinge nur eigene Geschichten posten und nicht andere Stories kommentieren. Insofern alles richtig gemacht – und vielen Dank!
Dennoch möchte ich dir sagen, dass mir das Psychogramm dieses Mannes, seine Innenwelt und die Geschehnisse in dem fröhlichen Treiben des Wellenbades sehr gefallen haben. Das ist spannend, aber nicht reißerisch geschrieben, auch das gefällt mir. Ich nehme diesen Typen sehr ernst und kaufe dir (fast) jede Zeile ab. Die Welt ist voller Feuermänner, die nebenbei auch als Pyromanen ihren Leidenschaften nachgehen, ebenso wie mordende Rettungssanitäter und sonstige irre Schlächter, die im Namen irgendeines Gottes nur das "Gute" im Sinn haben. Warum also nicht einen ´alten Sack´ im Gewand eines Serien-Kindermörders, der mit edlen Absichten das Böse bekämpft und zwar rechtzeitig, bevor es seine tödlichen Triebe im Erwachsenenalter vollends entfalten und ausleben kann.
Womit ich zusammengefasst sage: Figur super, Motivation nachvollziehbar, Setting spitze.
Nach diesem Absatz möchte ich dir sagen: Es war DEFINITIV richtig, dass du etwas zum Text schreibst ;) :p.

Einzig mochte ich nicht recht glauben, dass der Schwinger eines Jungen einen Mann derart umhauen kann.
Hier habe ich offenbar nicht genau genug erzählt. Butenschön glaubt nur, dass es Neun war, der ihn umgehauen hat. In Wirklichkeit ist aber das Pferdemädchen volle Kalotte in ihn reingerannt. Dieser Teil ist übrigens autobiografisch. Das ist mir echt mal passiert und ich hatte den Eindruck einer der Klitschkos hätte mir auf den Solarplexus gehauen. Ich gucke mir die Stelle noch mal an und schaue, ob ich sie vereinfachen kann.
Butenschön (toller Name!)
Der war auf einmal da, ich wusste aber, dass ich unterbewusst was mit ihm verbinde, und zwar nichts Gutes. Ich habe erst in der obligatorischen Maskenballpause, also der Zeit, als ich nichts tun konnte außer die Kommentare zu lesen, mal gegoogelt, was es damit auf sich hat. Und siehe da: Inspiriert hat mich wohl der hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gunnar_Butenschön
Der Herr ist sicherlich kein Kindermörder, aber sympathisch muss er einem bei der Zughörigkeit zu dieser Partei nicht sein. Mir ist er es jedenfalls nicht.
Ebenso fragte ich mich, warum Butenschön (toller Name!) hauptsächlich Jungs umgebracht hat und nur ein Mädchen? (Nicht dass du denkst, ich wäre eine Befürworterin der Quotenregelung, nein, nein! Aber das Verhältnis m/w ist auffällig.) Ist das Böse also mehrheitlich in den männlichen Mitgliedern unserer Gesellschaft zu finden und wie erkennt er das Böse
Ja, das war aus dem Bauchgefühl heraus. Ich habe unmittelbar vor dem Posten sogar noch zwei Mädchen gegen zwei Jungs ausgetauscht. Ich gehe jetzt mal in mich und frage mich warum? :Pfeif:
Du siehst, die KG wirkt nach ...
Hurra. Das freut mich!

Vielen Dank für den Kommentar.
LG svg

P.S.: Ich schau mal, dass ich an deine Leseempfehlung rankomme.

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maria.meerhaba

die Maske traut sich also mal auch in die Horrorrubrik? So ganz ohne Angst vor der Maria?
Wer hätte nicht Angst vor dir, Maria ;) ... wobei ich sagen muss, bislang warst du zweimal recht handzahm zu mir bei dieser Geschichte und bei der ewig langen Musikgeschichte damals beim Thema des Monats (und ich habe gelernt, dass du keine Rückblenden magst, aber davon gibt es in dieser Geschichte ja nur eine ;))

Ich würde gerne jetzt sagen, schauen wir mal uns die Geschichte an und zerfetzen sie, aber ich habe die Geschichte gestern Nacht auf dem Handy gelesen, als ich total übermüdet die dumme Idee hatte, kurz mal bei den Wortkriegern vorbei zu schauen, und siehe da, die Maske ist zurück, Horror, kurz mal vorlesen, den ersten Absatz oder so, und boom, ich bin dann fast ohnmächtig vor Müdigkeit eingeschlafen. Gleich, nachdem ich die Geschichte durch hatte.
Das nehme ich als wirklich nettes Kompliment. Danke, dass du dir mit meiner Geschichte die Nacht um die Ohren gehauen hast!

Ich kenne den Erzählstil, oder zumindest glaube ich es, ganz routiniert, solide, Stellenweise ziemlich mutig und manchmal gab es so ein Satz, bei dem ich mir sicher war, ich hätte mich das niemals getraut, so zu schreiben, einfach nur, weil der Flow darunter leidet, aber dir war das scheinbar egal. Oder du hast es nicht gemerkt :3 Du fragst dich, welche Stellen? Alter, ich habe doch gerade eben geschrieben, das ich das am Handy gelesen habe -.- Wieso hörst du mir nie zu?
Und ich höre – ich höre so sehr, dass meine Ohren brennen. UND TROTZDEM würde mich brennend interessieren, wo aus deiner Sicht der Flow leidet – einfach nur um abschätzen, ob es mir egal ist oder ich es einfach nicht gemerkt habe ;)...

Zitat Maria: „Ihm bleibt die Luft weg, einen Moment lang sieht er nur Sterne, dann sackt er zusammen.“
Das mit den Sternen ist schwul. Ich meine, ich verstehe schon, was du damit meinst und so, aber dennoch ist es ziemlich nahe an einem Comic und seit mich Quinn deshalb gerückt hat, muss ich andere auch ermahnen. Erste Mahnung!
Hier würde ich ja gern gegen ankämpfen, die mit literarischen Sachverstand Gegenteiliges entgegenbrüllen, ABER du hast Recht. Die Sterne sind nicht nur zu comichaft, sondern zu abgegriffen. Ändere ich, wenn ich wieder an den Text rankomme.

Das Ende gefällt mir nicht, weil das so ein offenes Ende ist, die Geschichte endet ja nicht mit Neun, sondern es ist so ein Ende, das eine Fortsetzung verspricht.
Das finde ich spannend, weil ich das Ende bewusst ein bisschen surreal (gut gelaunt, pfeifend zu Nummer 22) angelegt habe. Das soll vor allem dazu dienen, Butenschön und seine Taten zu hinterfragen – und hier vielleicht sogar auf die Fährte führen, dass ganz eventuell alles nur in seinem Kopf passiert... deswegen ein so offenes Ende. Aber: Ich bin mir da noch nicht zu 100 Prozent sicher!

Du bist definitiv der @Eisenmann, dafür würde ich meine kalte Seele verwettet.
Nö!

Hätte man hier um Geld Wetten können, glaub mir, ich hätte Unsummen auf Eisenmann gesetzt. Ich war schon bereit, zu schreiben, dass das mit Abstand der einfachste Maskenball aller Zeiten war
Nö!

So, ja, eigentlich keine konstruktive Kritik. Wenn ich weiß, wer du bist, dann zerleg ich dich das nächste Mal.
Ich danke dir und freue mich nächstes Mal auf einen Verriss, denn jetzt schleime ich mal ein bisschen, wenn der von jemand kommt, der schreiben kann, macht er meistens Spaß, selbst dann wenn es weh tut...
Und wenn ich mit den Kommentaren durch bin, verreiß ich erst einmal deinen neuen Text. Versprochen ;)

Es grüßt und dankt, svg

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He svg,

ich will nicht viel schreiben, sondern einfach nur mal was loswerden. Ich fand deine Geschichte nämlich einfach großartig. Und zwar von der Idee und vom plot her. Für eine Horrorgeschichte einfach brilliant. Das andere hat mich auch beeindruckt, also Stil und Figurenzeichnungen und so, aber der plot ist echt der Hammer. Klar, als Schwups schrieb, das wären ein paar Opfer zuviel, dachte ich, okay, stimmt eigentlich, aber so wirklich ein Problem hatte es mir beim Lesen nicht bereitet.

Ich hoffe, du kannst damit leben, von mir nur einen riesigen Haufen Lob einzustreichen. Denn deine Geschichte hier ist einfach tricky und raffiniert im allerbesten Sinne.

Ich glaube, ich hab die Geschichte übrigens bestimmt dreimal gelesen, und immer gedacht, ich kenn den, ich kenn den, aber ich kam einfach nicht drauf.
Außerdem hab ich immer überlegt, wie man auf so eine abgefahrene Idee kommt. Und dachte mir, das geht nur, wenn man selbst in so einem Spaßbad sitzt und irgendwas Eigenartiges sieht und dann setzt sich das Kopfkino in Gang. Und was ist? Ich sags ja.
Ich geh jetzt auch ins Spaßbad.

Ich mag deinen Text mal empfehlen, weil er einfach saugut ist. Ich habs bisher nicht gemacht, weil ich so für mich dachte, ohje, ich empfehle schon so viel. Aber was solls, selbst schuld, wenn hier so ein Haufen exzellenter Texte eingestellt wird.

Viele Grüße an dich und an fvg gleich mit. Der soll auch mal wieder schreiben. :)

Bis die Tage
Novak

PS: Den Empfehlungstext schreib ich erst, wenn die Geschichte aus dem Maskenball draußen ist, also nicht wundern.

 

erdbeerschorsch

Ich will beim Lesen wissen, was es mit dieser merkwürdigen Gabe auf sich hat, ob der Typ verrückt ist oder recht hat. Und weil das letztlich hervorragend unklar bleibt, kriegst du es auch hin, dass die Frage weiter nagt: was macht man eigentlich, wenn man solche Überzeugungen hat und mit ihnen alleine steht? Alles in allem ist dieses Schwanken zwischen Held und Verbrecher für mich wirklich packend gewesen.
Danke auch dir für diese Rückmeldung. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr es mich freut, dass dieses Empfinden bei dir und bislang auch den anderen Kommentatoren sich beim Lesen der Geschichte eingestellt hat. Da war ich mir, wie bereits erwähnt, nicht sicher beim Posten, ob das wirklich so rüberkommt.

Ein Problem gibt es natürlich, wenn man die Möglichkeit offen sein sollte, dass der Typ wirklich, gegeben die Unabweisbarkeit seiner Erlebnisse, aus seiner Sicht und nach bestem Gewissen richtig handelt. Er hat halt letztlich kein echtes Problem damit, Kinder umzubringen. Dadurch bleibt er ganz klar ein Psychopath, wenn auch einer, dem man subjektiv gewisse mildernde Umstände zugestehen kann. Ich weiß nicht, ob das anders sein sollte.
Ja, das ist so gewollt... mit allen Unannehmlichkeiten, die daran hängen. Wobei – auch das freut mich – ja durchaus auch die Frage aufgekommen ist, hat Butenschön das alles wirklich gemacht – oder ist es nur eine Kopfgeschichte, wenn auch eine, die für ihn real ist. Für mich liegt ehrlich gesagt gerade in dieser Vagheit ein wesentlicher Teil des Horrors in diesem Text. Egal wie man es dreht und wendet, es ist grausig – zumindest empfinde ich das so. Ich finde Letzteres wird auch gerade beim Umstand der eventuell mildernden Umstände interessant.

Gegen Geschichten über Psychopathen ist ja an sich nichts zu sagen. Ich frage mich nur: Könnte man es überhaupt anders machen, also so, dass es wirklich gas offen bleibt, ob der Typ ein Held oder ein Psycho ist? Die Überlegung finde ich reizvoll, aber sie muss dich nicht weiter kümmern.
Ja, finde ich auch spannend. Witziger Weise sind wir da dann irgendwann schnell bei der Diskussion, die um derzeit um jimmysalaryman Text (der mir übrigens sehr gut gefällt) „Alles, was wir wissen“ geführt wird. Ich habe hier einen anderen Ansatz gewählt und manipuliere natürlich als Autor hier ganz gewaltig, mache Stimmung usw., obwohl ich versuche unklar zu bleiben. Mein Ziel war es hier als Erzähler gewissermaßen unzuverlässig zu sein. Aber diese Geschichte so erzählt, wie Jimmy es in seinem Text gemacht hat, wäre extrem spannend. Der Pferdefuß dabei: Ich könnte das leider nicht!

Am Anfang, als der Protagonist vom Pferchen zu Boden geschickt wird, dauert mir zu lange. Er fällt einfach zu lange. Es gibt zwar diese Erlebnisse von gedehnter Zeit, aber hier ist es mir trotzdem eine Spur zu zäh. Zumal etwas Ähnliches wiederkehrt als er später untertaucht. Hier hab ich sogar ein konkretes Beispiel:
Zitat von Maskenball
Butenschöns Lippen verziehen sich zu einem verstehenden Grinsen. Selbst schuld, denkt er.
Klingt, als hätte er alle Zeit der Welt, um darüber nachzudenken. Die Szene wirkt aber doch eigentlich nur dann glaubwürdig, wenn sie sich nur über einen winzigen Moment erstreckt, oder? Er wird umgerannt, im nächsten Moment klärt sich die Sache auf. Dazwischen kann alles mögliche im Kopf passieren, aber eben nicht im Körper...
Überzeugt. Der Satz mit dem Grinsen ist raus. Stelle ist gekürzt und wird in der überarbeiteten Version hochgeladen, wenn ich wieder an den Text rankomme.

Zitat von Maskenball
Er reißt die Augen auf und sucht nach dem vertrauten Gesicht.
Auch das dauert mir zu lange, wenn das Mädchen direkt auf ihm hockt. Wo soll er da suchen?
Und nochmal überzeugt. Satz ist in neuer Version geändert. Die Suche ist raus.

Zitat von Maskenball
Die Wucht der Emotionen, die Neun in ihm auslöst, erstaunt ihn immer wieder aufs Neue.
Im Schwimmbad-Setting erwartet man wahrscheinlich am ehesten jemanden mit einer erotischen Störung, jedenfalls dachte ich so. Gleichzeitig hatte ich den Verdacht, dass es doch etwas anderes ist. Ich weiß nicht, warum, aber wahrscheinlich ist es halt einfach gut gemacht.
Zitat von Maskenball
Nummer Eins wird töten!
Ich hätte hier immer noch auf den Pädophilen getippt, der sich sein Vergehen dadurch rechtfertigt, dass die Jungs eh schon Schufte sind. Das passt über die ganze Länge.
Das freut mich, dass du hier so gedacht hast, weil diese Fährte schon bewusst gesetzt worden ist. Bis hierhin soll das eine Möglichkeit für den Leser darstellen.

Zitat von Maskenball
Doch inzwischen geht es ihm viel leichter von der Hand. Man könnte fast sagen, dass Butenschön mittlerweile ein Händchen dafür hat.
Schöner fänd ich vielleicht, wenn es ihm immer noch gar nicht leicht von der Hand ginge. Technisch ja, aber seelisch nicht. Könnte eventuell wirkungsvoller sein.
Ja, da mache ich mir Gedanken drüber.

Zitat von Maskenball
... manchmal zweifelt sogar Butenschön. „Was, wenn ich derjenige bin, der böse ist?
Möglich wäre auch: "Wenn ich mich täusche" (statt böse) - Mir kommt das gerade eindringlicher vor. Dagegen würde ich mir hier
Zitat von Maskenball
Was, wenn all diese Kinder völlig grundlos sterben mussten?“
sogar die härtere Variante: "wenn ich sie grundlos getötet habe" gefallen lassen.
Zitat von Maskenball
Was, wenn ich derjenige bin, der böse ist?
Hier passt das hervorragend - finde ich. Und eben noch besser als Steigerung...
Habe in der neuen Version deinen Vorschlag komplett so übernommen. Ist besser. Danke!
Ich habe nur noch ein alle in den Satz "wenn ich sie grundlos getötet habe" eingebaut. Das macht es für meinen Geschmack sogar noch einen Tick fieser.

Ich tippe jetzt einfach immer den Eisenmann, bis er es mal ist. Aber außerdem ist er es ja auch: "KöPi" und "der Lütte"...
Mit Lütter bin ich groß geworden und KöPi... ich mochte in dem Zusammenhang einfach die Abkürzung, die macht es so unwichtig, fast albern.

Herzlichen Dank für deine Zeit und Mühe.
LG svg
Hopper

ich habe ein bisschen das Gefühl, dass die Geschichte, die du im Kopf hattest, als du anfingst, eine etwas andere war, als die, die am Ende rausgekommen ist.
Zitat von Maskenball
Scheiße, denkt Butenschön, während er mit geschlossenen Augen liegen bleibt und auf das Unvermeidliche wartet. Jetzt hat der Bastard mich doch tatsächlich zuerst erwischt.
Es verblüfft ihn, dass es ausgerechnet hier passiert, im Spaßbad, vor so vielen Zeugen. Aber warum eigentlich nicht? Butenschöns Lippen verziehen sich zu einem verstehenden Grinsen.
Selbst schuld, denkt er.
Hier dachte ich, dass wir im Bandenmilieu o.ä. unterwegs sind. Butenschön ist ein Auftragskiller und "der Bastard" sein nächstes Opfer, nur das das Opfer nicht ahnungslos ist - eine klassische "der-Jäger-wird-zum-Gejagten"-Geschichte also.
Ein klares Jein ;)... Einerseits war die Geschichte völlig klar. Als ich den Gedanken hatte sogar so klar, dass ich dachte, die schreibe ich in drei Stunden. Und dann Pustekuchen. Dann hat es mich überrollt, es gab plötzlich so viele Möglichleiten, was erzählt werden kann, was weggelassen werden soll, muss... und dann habe ich fast drei Wochen immer wieder daran gesessen.
Die Passage, die du zitierst, habe ich gegen Ende, als ich immer unsicherer wurde, ob ich das alles noch verständlich rüberbringen kann, noch einmal umgeändert und den härten Slang eingefügt. Der ist auch schon anderen aufgefallen – und mit dem Abstand von zehn Tagen nur mitlesen finde ich ihn inzwischen auch nicht mehr passend. Ich habe es in der neuen Version, die ich hier bald hochlade, abgeändert. Zu dem Zeitpunkt, wo ich es in den Text eingefügt habe, war es übrigens durchaus meine Motivation, den Leser auf die Banden- bzw. Auftragskillerspur zu führen. Ich sehe aber ein, dass diese Schleife überflüssig war.

Was daraus geworden ist - der "Bastard" ist ein achtjähriger Junge, der keinen Grund hat, etwas Böses vom Herrn Butenschön zu erwarten - passt m.E. nicht zu dieser Eingangsszene. Etwas haut ihn derart fest in die Magengrube, dass er ausgestreckt liegenbleibt, und er glaubt, dieser Junge hat es auf ihn abgesehen? Geschweige denn drauf? Sorry, nee, das entbehrt jeder Logik. Und die Aufklärung ist kaum besser. Weder, dass ein kleines Mädchen ihn so zurichten könnte, noch die Reaktion des Mädchens nach dem Zusammenstoß passt, finde ich.
Witziger Weise ist das autobiografisch (die einzige Stelle im Text ;)...) Das ist mir mal exakt so passiert. Und ich war danach definitiv übler zugerichtet als das Kind, das mir den Kopf in den Magen gerammt hat. ;)
Dass Butenschön in seinem Wahn (?) glaubt, dass Neun ihn niedergestreckt hat, finde ich jetzt nicht so weit hergeholt. Lasse mich da aber gern auch noch eines Besseren belehren. Für mich geht es am Anfang auch darum zu zeigen, wie besessen Butenschön von Neun ist.

Alles in allem gut und spannend geschrieben, obwohl die erste Hälfte deutlich gestrafft werden könnte.
Darüber freue ich mich. Danke. Leichte Straffungen sind bereits vorgenommen, ich gucke aber mal, was sich da noch tun lässt.

@Peeperkorn, gegen deine Theorie spricht Folgendes:
Wenn der Junge dieselbe Gabe hat wie Butenschön und deswegen das Mädchen töten will, dann müsste ja Butenschön selbst die Aura des Mädchens wahrnehmen können.
Finde ich jetzt nicht widersprüchlich, allein schon deshalb, weil ja gar nicht klar ist, ob Neun das Pferdemädchen angerührt hat oder halt nicht.

Vielen Dank und liebe Grüße
svg

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GoMusic

ich hatte etwas Mühe, in deinen Text einzusteigen und hätte beinahe die Lust verloren. Aber ich bin glücklicherweise dran geblieben.
Dafür schon mal ein aufrichtiges Dankeschön!

„Neun!“, flüstert Butenschön mit Nachdruck.
„Flüstern“ und dann ein Ausrufezeichen?
ich dachte, weil er doch mit Nachdruck flüstert. ;)... nein, hast Recht, kommt weg, sobald ich redigieren kann.

einen festen Schwinger zielgenau in seiner Magengrube platziert.
Ein kleines Mädchen platziert ihm einen festen Schwinger?
Unglaubwürdig. Oder du hättest das als sein Empfinden/Gefühl inszenieren müssen.
Euch ist allen noch kein kleines Mädchen mit verdammt hartem Kopf in den Magen gelaufen. Mir schon. Insofern: Glaubt mir, das tut verdammt weh. ;) Nein ernsthaft, kommt das mit dem Schwinger so rüber, als hätte sie ihn geboxt? Du bist ja nicht der Erste, der genau diese Stelle kritisiert.

lebendig von Bernstein umschlossen ist.
Das geht nicht. „Umschlossen wurde“ würde gehen, da das Insekt ja (schon) tot ist.
danke... das stimmt natürlich. Habe es insofern schon geändert, als dass ich das Lebendig auf ernst offshores Rat hin rausgenommen habe. Dann müsste es wieder passen.

Das Kind blickt noch immer zu ihm hoch,
Er ist zuvor zusammengesackt und auf den Fliesen gestürzt und das Mädchen sitzt auf seinen Brustkorb.
Wie kann sie da hochblicken?
Gut aufgepasst. Ist geändert. Das Kind guckt in der Version, die ich dann posten werde, auf ihn runter.

Gegen seinen Willen muss Butenschön lächeln. Mit einem Mal ist er seltsam milde gestimmt.
Gott sei Dank gibt es auch solche.
“Solche” was? Willen, Male, Mädchen, Kinder …?
Kinder ... besser ich schreibe das noch dazu?

Das Mädchen grinst jetzt auch und läuft dann wackelnd und ohne jede Anmut los. Trampelt trabend in Richtung Strudelbecken.
Doppelt bzw. dreifach: Wackelnd, ohne Anmut, trampeln.
Zu viel der Beschreibungen.
Das habe ich in dem Fall bewusst gemacht und fand es eigentlich ganz schick. Ein bisschen augenzwinkernd. Kann aber deine Argumentation verstehen ... und lasse mir das durch den Kopf gehen.

Seiner verfluchten Gabe.
Den Ziffern.
Später kommt u.a. 20 vor. Das ist keine Ziffer mehr, sondern eine Zahl.
Du hast Recht. Holg hat mich auch drauf hingewiesen. Zu meiner Schande muss ich gestehen: Ich wusste das wirklich nicht. Wieder was gelernt!

„Du fantasierst“, sagt er sich. „Er ist ein Kind! Nichts weiter.“
sagte er sich oder: hatte er sich gesagt.
Das ist doch ein Rückblick …
Hier bin ich jetzt unsicher. Würde es eigentlich so lassen. Ist ein Rückblick, aber einer der im Präsens erzählt ist. Dann muss es doch so bleiben, oder?

Für jeden Außenstehenden sieht er aus wie ein stinknormaler Mittfünfziger, der gelangweilt einem Jungen beim Planschen zusieht.
Wenn es so aussieht, dass er einem Jungen zusieht, ist das ja sehr auffällig. Hätte gedacht, dass er schon viel unauffälliger agiert (als wenn er kein spezielles Kind beobachtet).
Ja, mache ich mir auch Gedanken drüber. Allerdings könnte Neun ja auch zu ihm gehören. Von dem Satz trenne ich mich ungern, denn so bin ich ja erst auf die Geschichte gekommen (s. erste Antwort bei der Demaskierung) . Auf der anderen Seite, um direkt dein wahrscheinlich folgendes Argument aufzunehmen: Mir ist es aufgefallen ;)- ... Schwierig!

Eine Lala schwappt durch die Halle. Die Stimmung kippt ins ballermanneske.
Laola. ballermannaeske.
Laola ist geändert. Aber schreibt man wirklich ballermann aesk :O... dann jetzt schon ich heute zwei Sachen gelernt!

Trotz einiger holprigen Formulierungen bzw. Fehlerchen (die ja nichts mit dem Inhalt zu tun haben) hat mir die Geschichte gut gefallen.
Auf jeden Fall auch eine sehr gute Idee!
Vielen Dank. Mit Freude zur Kenntnis genommen :). Danke auch fürs Fehler finden und mitteilen! Wird korregiert!

LG svg

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Schwups

Also damit ich das richtig verstehe: Du erzählst die Geschichte eines Serienmörders, der ernsthaft zwanzig Kinder in Deutschland getötet hat, und immer noch frei herumläuft? Findest du das nicht etwas absurd? Vor allem, wenn er dabei nicht gerade subtil vorgeht, und beispielsweise eines der Kinder in einem öffentlichen Schwimmbad ertränken oder ein anderes "auf dem Weg zur Klavierstunde" abpassen will. Ich halte das für ziemlich überzogen und frage mich, warum du es mit der Opferzahl dermaßen übertreibst. Warum nicht drei Opfer? Oder vielleicht fünf? Warum zwanzig?
Ob ich das für absurd halte. Ein klares Jein. ;) Klar ist die Zahl hoch, unvorstellbar hoch, aber ehrlich, ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass ein rechtes Killerkommando (NSU) durch Deutschland zieht und mal eben unbemerkt neun Ausländer, eine Polizistin, einen Sprengstoff-Anschlag und mehrere Banküberfälle verüben kann. (Zu dieser ganzen Peggy-Geschichte schreibe ich jetzt mal nichts.) Ich gehöre ganz bestimmt nicht zu den Verschwörungstheoretikern hier in diesem Land, aber inzwischen halte ich einiges für denkbar, was ich vorher niemals für möglich gehalten hätte.
Ich gebe aber zu, die Zahl der Opfer ist kurz vorm Posten signifikant gestiegen. Ursprünglich waren es sieben und Neun war die Nummer vier. Genau aus dem Grund, weil es auf den ersten Blick plausibler klingt. Und dann dachte ich, warum nicht einfach mal hochgreifen, Vier zu Neun werden lassen und auf 21 Opfer gehen. Ja, ich halte das auch für unwahrscheinlicher, aber nicht für unmöglich. Und es verstärkt in meinen Augen das von mir gewünschte Gefühl beim Leser: Was kann ich eigentlich glauben? Hat Butenschön das wirklich gemacht? Bildet er sich vielleicht alles nur ein? Usw..

Ich will mich übrigens gar nicht herausreden, weil ich noch nicht wirklich entschieden bin, ob nicht eventuell eine kleinere Opfernummer wirkungsvoller wäre. Wichtig ist mir allerdings, dass Butenschön nach Neun (oder meinetwegen bei einer Änderung auch Vier) weitertötet.

Eins noch zu Butenschöns Ehrenrettung ;): Er hat nie geplant, Neun im Schwimmbad zu töten. Er observiert ihn, hofft, dabei zu sein, wenn Neun irgendwann zum Mörder wird. Dass er ihn doch fast erledigt, liegt nur daran, dass seine Gefühle mit ihm durchgehen.

Das Tolle an der Geschichte ist ja, dass sie mit den Erwartungen des Lesers spielt und der Erzähler völlig unzuverlässig ist. Es wird ja schnell klar, was es mit Nummer Neun auf sich hat. Zunächst dachte ich, man beobachtet das Innenleben eines Psychopathen, aber dann hatte ich schon während des Lesens die Idee - was, wenn es doch wahr ist und Butenschön tatsächlich aufgrund einer übersinnlichen Gabe die "schlechten" Menschen herauspickt?
Danke, dass freut mich wirklich. Genau diesen Zwiespalt wollte ich beim Leser erreichen.

Das ist eine tolle Stelle, aber auch hier kann man sich auf den Erzähler nicht verlassen. Wenn er also am Ende des Textes "pfeifend" von dannen zieht, ist es wohl doch so, dass er sich seine Gabe nur einbildet - und vielleicht darüber hinaus auch die anderen Opfer. Man erfährt ja sehr wenig - wie tötet er sie, was macht er mit ihnen, wie verheimlicht er seine Verbrechen, was macht er sonst noch im Leben? Das ist alles ja sehr vage gehalten.
Ich bin jetzt so dreist und lese das einfachmal als Kompliment, weil diese vage, diese sich nicht auf den Erzähler verlassen können, mein erklärtes Ziel war. Übrigens war genau das der Grund, warum ich beim Schreiben vieles nicht erklärt und beschrieben habe, was ich ursprünglich erzählen wollte. Nämlich mehr zu Butenschöns Hintergrund, der erste Mord, noch zwei drei andere Morde danach ausführlicher, die anderen Morde kurz angerissen ... ist alles rausgeflogen bzw. gar nicht erst umgesetzt worden, weil der Text dann für mich nicht mehr so funktioniert hätte.

Vieles an dem Text gefällt mir ausgesprochen gut. Er ist spannend geschrieben und auf den Höhepunkt im Schwimmbecken zugeschnitten. Wie Butenschön das Mädchen wiederbelebt - nicht um des Lebens Willen, sondern um sich abzusichern - ist grandios; die Haltung dahinter einfach nur krank, aber das ergibt sich direkt aus den Motiven des Protagonisten. Das wirkt sehr "rund" an der Stelle, fügt sich wirklich schön zusammen, und es funktioniert.
Danke! Das freut und motiviert mich.

Manche Dinge haben mir weniger gut gefallen. Das Intro mit dem Mädchen ist überflüssig.
Ganz streichen aus deiner Sicht? Täte mir ein bisschen weh. Gerade, weil ich den Bogen am Ende zurück zum Pferdemädchen sehr mag. Aber ich habe ja schon davor ein oder zweimal gehört, dass man den Anfang eventuell noch straffen könnte.

Denn sollte sich Butenschön bei Neun irren – bei Neun, wo jeglicher Irrtum zu 100 Prozent ausgeschlossen ist, schlicht und einfach nicht vorstellbar, absolut unmöglich … aber wenn ... wenn Neun wider aller Wahrscheinlichkeit und entgegen aller Überzeugung kein Mörder ist ... kein Mörder wird, dann ...
Allein der Gedanken reißt die Tore zur Hölle speerangelweit auf und Butenschön erlaubt es sich nicht, ihn zu Ende zu führen.
Hier kann ich den Gedanken nicht ganz folgen. Mir ist nicht klar geworden, worin sich Nummer Neun von allen anderen unterscheidet, und warum sich Butenschön hier sicherer sein muss als bei allen anderen.
Hier erlaube ich es mir mal faul zu sein, und dich an meine Antwort zu verweisen, die ich Peeperkorn gegeben habe. Ich glaube, dass erklärt meinen Gedanken. Falls nicht, bitte Bescheid geben ;)

Die Überlegungen fand ich irgendwie verworren, ähnlich dem hier:
Mitleid durchströmt Butenschön. Es ist alles seine Schuld. Die Kleine ist die Leidtragende seines Wunsches nach Gewissheit. Sie ist seinetwegen gestorben. Ein Bauernopfer in einem Spiel von Mächten, das ihren eingeschränkten Horizont kilometerweit übersteigt.
Das mit den "Mächten" kommt ein wenig aus dem Nichts, auch das Mitleid passt nicht so richtig rein, da gefällt mir - wie oben erwähnt - die Fokussierung auf die eigene Absicherung als Motivation, ihr Leben zu retten, deutlich besser.
Zustimmung, die Stelle überarbeite ich... die Mächte fliegen raus. Zu dick aufgetragen! Danke!

Dann finde ich auch die Stelle am Schluss zu sehr in die Länge gezogen, wenn ihm alle danken wollen. Das Ende wäre vielleicht besser, wenn es knapper wäre, das würde vielleicht auch den Höhepunkt noch etwas mehr betonen. Dass alle plötzlich "Held" rufen - weiß nicht, finde ich komisch, und hat auch keine direkte Relevanz mehr für den Text, da er sich wohl so oder so auf den Weg zu Nummer 22 aufgemacht hätte.
Beim Schluss war ich mir lange nicht schlüssig. Letztendlich habe ich ihn bewusst fast ein wenig wie eine Komödie angelegt. Ich finde, das gibt der Unsicherheit des Lesers noch einmal eine zusätzliche Wendung. Hier manipuliere ich, oder beabsichtige es zumindest.
Ob er sich sonst auch direkt zu Nummer 22 gemacht hätte, ohne diese Begebenheit mit Neun, lasse ich mal offen. Dass würde ich eigentlich weder bejahen noch verneinen ;)...

Also, insgesamt finde ich den Text toll. Da steckt viel drin, das ist echter Horror ohne Übersinnliches, wirklich gut gemacht!
Das freut mich. Danke für deine Zeit und deinen Kommentar, der mich an manchen Stellen noch einmal deutlich weiter genbracht hat.

LG svg
Eisenmann
danke für das Lob und nochmals Sorry für die falschen Verdächtigungen, die du über dich ergehen lassen musstest. Ich für meinen Teil kann nur schreiben, es gibt deutlich unschmeichelhaftere Dinge, als schriftstellerisch für dich gehalten zu werden ;)...
Novak
Vielen, vielen Dank. Ich mag Kritik, die bringt mich weiter, aber so ein Kommentar ist natürlich ein Traum, der mir, als ich ihn in der Straßenbahn auf dem Weg nach Hause gelesen habe, ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert hat.

Ich fand deine Geschichte nämlich einfach großartig. Und zwar von der Idee und vom plot her. Für eine Horrorgeschichte einfach brilliant.
Den Satz drucke ich mir aus und lasse ihn mir einrahmen. Oder ich lasse mir so ein schickes Airbrush-Bild daraus machen mit Einhorn und Regenbogen. Ach nee, weil es ja um Horror geht, Monfinsternis und Zombie ;).

Und danke für die Empfehlung. Schmeichelt mir, freut mich, bedeutet mir was! Merci!
LG svg

 

svg

Das freut mich, dass du eine Verwechslung mit mir nicht als "Beleidigung" auffasst - jedenfalls in literarischer Hinsicht. Was meine tageslichtfeindliche Horror-Visage angeht, so würde ich das jetzt nicht so pauschal unterschreiben, dass dich eine Verwechslung nicht stören würde!!:D

Cheers vom EISENMANN

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey svg,

dass Deine Geschichte souverän geschrieben ist, sich sprachlich auf hohem Niveau bewegt und auch deshalb einen hohen Unterhaltungswert besitzt, weil man den Ich-Erzähler so nach und nach immer genauer kennenlernt, wurde bereits gesagt. Du hast viel berechtigtes Lob für den Text eingeheimst, und ich könnte eine Menge davon wiederholen, um Dir zu signalisieren, wie fortgeschritten ich Deine Fähigkeiten als Autor finde. Ich habe aber auch ein paar Kritikpunkte vorzubringen, und hoffe, dass Du das irgendwie nützlich findest.


Die Tonart einer Komödie

Beim Schluss war ich mir lange nicht schlüssig. Letztendlich habe ich ihn bewusst fast ein wenig wie eine Komödie angelegt.

Meinem Empfinden nach ist der gesamte Text in der Tonart einer Komödie geschrieben. Sicher, eine schwarze Komödie, aber bereits der Beginn steckt voller spaßiger oder halbspaßiger Wendungen und Verweise. Und da kommt mein erster Punkt. Du schreibst also eine schwarze Komödie über einen Serienmörder, der zwanzig Kinder umgebracht hat. Tja. Ich finde, das kann man sich noch mal in Ruhe so geistig vor Augen führen – Komödie über einen Kindermörder.

In allem was Menschen tun, steckt Drama, Komödie und Tragödie. Es kommt nur darauf an, es von der entsprechenden Seite zu beleuchten. Im Film Das Leben ist schön wird die Deportation eines jüdischen Italieners erzählt, der mit seinem Sohn in einem KZ landet. Vielleicht kennst Du den Film. Da gibt es so viele lustige Szenen, dass man von einer Komödie sprechen könnte. Dennoch wird der tragische Rahmen nicht ausgeblendet.

Ich habe mit der Tonart ein Problem. Das ging mir neulich schon bei einem anderen Text so, der von einem Kinderschänder handelte. Vielleicht mangelt es mir einfach an Humor. Das kann gut sein.


Die innere Logik der Ereignisse

Als ich im ersten Abschnitt begriffen hatte, dass der erwachsene Täter von einem kleinen Mädchen niedergestreckt wird, hätte ich beinahe mit dem Lesen aufgehört. Es passt zwar zum komödienhaften Ganzen der Geschichte, so in der Art, wie Al Bundy einen Kick von einer Zehnjährigen in die Eier bekommen könnte, aber mir ist das zu viel Klamauk. Ist mir noch nie passiert, habe ich noch nie gesehen oder gehört. Du sagst, es sei Dir passiert. Okay, verrückte Sachen passieren eben, aber in der Geschichte wirkt es unglaubwürdig auf mich.

Bei all den Überlegungen die Butenschön so anstellt, tauchen nie die Eltern oder Betreuer der Kinder auf. Im Schwimmbad ist nicht die Rede davon, dass Butenschön auch nur einen Gedanken daran verschwendet, die potentiellen Beschützer der Kinder im Auge zu behalten. Wenn wir uns vorstellen, dass wir über Kinder reden, die alle jünger als zwölf, mehrere jünger als zehn Jahre alt sind, stellt sich die Frage, weshalb das Wort Eltern im ganzen Text nicht einmal auftaucht.

Das gilt auch für das Pferdemädchen, ein Kind, das deutlich jünger als "Neun" ist und offenbar ebenso wie dieser völlig unbeaufsichtigt in einem Wellenbad rumtobt. Dieses Wellenbad beschreibst Du als Chaos, in dem Schwimmer wie Treibgut aneinander stoßen. Die Eltern von "Neun" und dem Pferdemädchen scheint das nicht zu beunruhigen und selbst als das Pferdemädchen bewegungslos durch das Becken treibt, nimmt das außer Butenschön niemand zur Kenntnis.

Es mag daran liegen, dass ich wöchentlich so zwei Mal im Schwimmbad bin und bei meiner Langstrecke mehr als genug Zeit habe, Eltern und ihre Kids im Wasser zu beobachten. Das Szenario, das Du beschreibst, kommt mir sehr unrealistisch vor.

Ein weiterer Logikfehler ist meinem Empfinden nach dieser Dexter-Aspekt, demzufolge sich titelgebend Butenschön absichern muss, bevor er tötet. Seine Absicherung soll darin bestehen, zu gewährleisten, dass er ein Monster tötet, so wie wir es von Dexter kennen. Nur ist das bei Kindern gänzlich unmöglich.

Es wird auch nicht ein einziger Fall angeführt, bei dem sich Butenschön tatsächlich einen Beweis für die Schlechtigkeit seines Opfers erbracht hätte. Bei dieser Geschichte im Einkaufszentrum wird beschrieben, dass Butenschön den achtjährigen Jungen (wieder ohne Eltern) durch Anschauen durchschaut hätte. Er wusste es einfach, wusste, dass dieses Kind durch und durch schlecht war. Okay, aber wo liegt hier die titelgebende Absicherung? Wenn Butenschön ein Kind nur anschauen muss, um zu wissen, dass es böse ist, worin besteht denn nun diese Sorgfalt in der Auswahl der Kinder? Wo ist die angeblich monatelange Recherche? Für mich passt das alles nicht zusammen.

Ich sehe zwar, dass die Geschichte versucht, die Widersprüche so zu verkaufen, als wären sie die Folge von Butenschöns umnachteten Geisteszustand, aber auf mich wirken sie wie Probleme der Plotstruktur.

Fazit: Ich erkenne, wie souverän das Ganze in Szene gesetzt wurde, habe am Resultat aber dennoch so meine Zweifel, einerseits, weil ich keine Komödien über Kindermörder lesen mag, andererseits weil der Text meinem Empfinden nach einige Glaubwürdigkeitsprobleme besitzt. Trotzdem fand ich die Auseinandersetzung mit dem Text spannend und bereichernd. Ich freue mich auf Deine Nächste, svg.

Gruß Achillus

 

Hallo svg,

während deines Maskenballs hatte ich leider keine Zeit zum Kommentieren - also hole ich es jetzt nach, dann musst du wenigstens nicht warten, bis du antworten darfst und ich muss nicht erfolglos herumraten, wer das geschrieben haben könnte. :)

Die bisherigen Kommentare habe ich jetzt nicht alle gelesen, es könnten sich also Sachen wiederholen.

Ich fand die Geschichte sehr spannend und die Ungewissheit, ob Butenschön einfach nur verrückt ist oder ob an seiner Gabe tatsächlich was dran ist, ist sehr wirkungsvoll in Szene gesetzt.
Mäkeleien habe ich zu zwei Punkten - aber das sind bloß Kleinigkeiten. Insgesamt hat mir der Text echt gut gefallen.

Butenschön fand ich gut gezeichnet, trotz seiner schrecklichen Gedankengänge kann man sich gut in ihn hineinversetzen und er wirkt glaubwürdig auf mich. Was mich nicht ganz so überzeugt hat, war die Darstellung der wenigen Nebenfiguren - die finde ich stellenweise überzeichnet. Insbesondere die Mutter des Pferdemädchens wirkt eher wie eine Karikatur als wie ein Mensch. Ich versuche das nachher auch noch an Textstellen festzumachen.

Die andere Mäkelei bezieht sich auf einzelne Formulierungen, wo aus meiner Sicht noch kleine Korrekturen oder Verschönerungen nötig sind. Zwischendurch werde ich zur Abwechslung auch immer mal etwas lobend erwähnen. :)

Ein paar Leute gucken flüchtig zu ihnen herüber, aber weil alles ohne Zeter und Mordio abläuft und keine Verletzten gibt, kümmert sich niemand weiter ums sie.
Da ist noch ein s zuviel

Trampelt trabend in Richtung Strudelbecken.
Ich würde eins rausschmeißen. Wenn sie nur trampelt oder nur trabt, würde es zeigen, dass sie weiter Pferdchen spielt, wobei das trampeln deutlicher macht, dass sie dabei nicht besonders elegant wirkt. Beides zusammen ist doppelt gemoppelt, und die Alliteration finde ich auch nicht so schön.

Butenschön muss sich an der Wand abstützen, um sich zu sammeln, die Systeme wieder neu hochzufahren
das hier und eine spätere Formulierung - die Pubertät als "Virenschutzprogramm" gegen seine Gabe - finde ich nicht ganz passend für Butenschöns Gedankenwelt. Natürlich gibt es auch computeraffine Mittfünfziger, vielleicht hat er ja mal im IT-Bereich gearbeitet (inzwischen scheint er nicht mehr zu arbeiten, sonst hätte er ja nicht die Zeit, so viele Kinder zu stalken und umzubringen). Aber irgendwie scheinen mir diese Metaphern zu technisch für Butenschön. Der denkt sonst in anderen Kategorien, religiösen Bildern und so. Vielleicht findest du da noch alternative Formulierungen.

Erst als Neun freudig johlend in der Öffnung der Riesenrutsche verschwindet
Würde ich streichen, wie soll der denn sonst johlen? Du schreibst ja auch nichts davon, dass er in nassem Wasser landet. :p

Der Beweis für den vollkommenden Wahnsinn oder der ultimativen Rechtschaffenheit von Butenschöns Handeln.
die ultimative ... (das folgt ja auch noch auf das "Beweis für ...")

Mit den für sein Alter typisch schlaksigen Bewegungen rennt er um die Ecke,
typischen

Das Scheißschwimmbad kommt schon verdammt nah an die Hölle dran.
Das klingt ein bisschen ungelenk, ich wäre für "kommt der Hölle schon verdammt nahe".

Also schlendert er, die Hände vor dem Bauch verschränkt, scheinbar von Wonne beseelt durch das Spaßinferno.
So, jetzt kommt wie versprochen das Lob! Der Satz ist echt hervorragend. "Spaßinferno" wäre schon an und für sich ein tolles Wort, aber mit dem Bezug zu der Hölle, die vorher erwähnt wurde, gefällt mir das wirklich sehr gut. :)

Diejenigen, bei denen es notwendig ist. Diejenigen, die böse sind. Diejenigen, die später selber Leben nehmen werden. Diejenigen, die den Tod verdienen.
Ich würde einen der Sätze streichen. Im Prinzip egal welchen, die sagen ja alle mehr oder weniger dasselbe aus. Aber solche Sachen wirken einfach am stärksten, wenn man sie dreimal sagt. Das vierte Mal wirkt dann übertrieben und irgendwie fehl am Platz.

Allein der Gedanken reißt die Tore zur Hölle speerangelweit auf
sperrangelweit

Neun guckt nicht, zumindest nicht direkt. Er vergäbt sein Gesicht in den Händen.
vergräbt
Ansonsten finde ich das hier auch sehr gut, weil die Ungewissheit die ganze Zeit durchgehalten wird. Wahrscheinlich hält sich der Junge einfach aus Entsetzen die Augen zu oder vielleicht weint er. Aber man kann als Leser eben nicht hunderprozentig sicher sein, ob er nicht doch ein kleiner psychopatischer Killer ist und Butenschön eben doch nicht verrückt. Natürlich wäre es, auch wenn er tatsächlich zukünftige Morde vorhersehen kann, moralisch falsch, die Kinder zu ermorden. Aber die Tatsache, dass man sich nicht sicher sein kann, ob Butenschön völlig verrückt ist oder tatsächlich eine Art Precog, macht die Geschichte echt beunruhigend.

„Danke“, kreischt die Frau. „Sie haben sie gerettet. Meine Kleine. Meine Süße. Mein Liebling. Meine Elfe.“
Wie schon gesagt, die Darstellung der Mutter finde ich nicht überzeugend. Die Beschreibungen - der zu enge Badeanzug, die Tätowierung und all so was, das geht, das sind Butenschöns Beobachtungen, und dass der seine Mitmenschen nicht gerade in freundlichem Licht sieht, ist klar.
Aber was sie sagt, kommt aufgesetzt und unecht rüber, als hätte jemand einer schlechten Schauspielerin gesagt: Gib mal die besorgte Mutter. Und das kann ich nicht auf Butenschöns Wahrnehmung schieben, das gibt sie ja tatsächlich von sich. Also muss ich das wohl dem Autor zur Last legen. :p
Ich kann auch schlecht erklären, warum das so auf mich wirkt. Ich glaube, allein dadurch dass sie nicht den Namen des Mädchens sagt, wirkt es schon künstlich. Klar, jeder Mensch ist anders, aber ich behaupte jetzt einfach mal, mindestens neunzig Prozent aller Eltern würden da den Namen des Kindes rufen. Das "meine Elfe" kannst du meinetwegen behalten, wenn dir der Zusammenhang mit dem Tattoo wichtig ist, aber diese Wiederholungen "meine Kleine, meine Süße" und kein Name, das funktioniert für mich nicht.

„Sie sind ein Heiliger“, kreischt ihm die Walküre schrill hinterher, die es glücklicher Weise aufgegeben hat, ihm zu folgen. Sie steht bebend da, schnauft kurzatmig und brüllt: „Ein Engel! Hören Sie? Sie sind ein Geschenk Gottes.“
Das finde ich noch schlimmer. Jetzt hat jemand der schlechten Schauspielerin auch noch schlechte Regieanweisungen gegeben, damit sie noch dicker aufträgt.

Ein Lächeln breitet sich auf Butenschöns Gesicht aus. Schief, schmallippig, aber nicht unsympathisch.
Denkt Butenschön selbst das von seinem Lächeln? Bisher ist die Erzählperspektive seine, an der Stelle ist es scheinbar plötzlich eine Sicht von außen.

Und so geht er pfeifend seinem Tagewerk entgegen, raus aus dem Schwimmbad, rein ins Auto, um in eine andere Stadt zu fahren, wo Zweiundzwanzig wartet, eine rothaarige Sechsjährige, voller boshafter Tücke, die er auf dem Weg zur Klavierstunde abpassen wird, denn bei ihr, denkt sich Butenschön, bei ihr, gibt es nicht den geringsten Grund, noch länger zu warten.

Der letzte Satz ist super. An manchen Stellen der Geschichte kommt man schwer drum herum, Butenschön ein bisschen ... nicht gerade Sympathie, aber schon eine Art Bewunderung entgegen zu bringen, und sich zu fragen: was ist, wenn er recht hat? Und der letzte Satz macht einem dann brutal klar - selbst wenn das so wäre, der Mann ist immer noch ein Kindermörder.

Ein bisschen erinnert mich der Text an eine Kurzgeschichte von Stephen King, über eine Lehrerin, die plötzlich anfängt, Monster in den Kindern zu sehen, die sie unterrichtet, und dann ähnliche Gegenmaßnahmen ergreift wie Butenschön ... aber ich kann mich leider nicht mehr an den Titel erinnern.

Na ja, jedenfall ist das ein gelungener Horrortext, in dem Genre war ich schon länger nicht mehr unterwegs und diese Geschichte hat mich daran erinnert, dass ich das unbedingt ändern sollte. :)

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Achillus und Perdita, vielen Dank für die langen Kommentare. Bin gerade eine Woche im Urlaub und nur über Mobiltelefon online, werde euch aber sobald ich wieder zurück bin, natürlich ausführlich antworten. Bis hierhin schon mal danke! LG svg
P.S.: Meine Frau hat mir die Woche Laptopverbot erteilt. (Und sie hat Recht.)

 

Hi svg

das mit dem Laptopverbot habe ich auf meine Weise auch hinter mir, so langsam bessert es sich wieder und ich kann nachholen, was ich verpasst habe, zum Beispiel deine Geschichte kommentieren :Pfeif:

Die ist dir nämlich gelungen, hat mich von Anfang an gefesselt und bis zum Schluss die Spannung gehalten. Darüberhinaus hast du ein paar sitlistische, handwerkliche Dinge gemacht, die sehr sehr gut waren. Dazu zähle ich vor allem die Vergleichsdichte ohne dass ich einen einzigen platt gefunden hätte. Die grafische Gestaltung (nach quasi jedem Satz einen Absatz) wollte ich erst kritisieren, habe aber festgestellt, dass das den Spannungsfaden eher verstärkt. Insgesamt also große KLasse :thumbsup:

Okay, jetzt kommen ein paar kritische Anmerkungen inhaltlicher Natur. Trotz all der Erklärungen und Wiederholungen, erschließt sich mir am Ende nicht, warum Neun verschont wird, besonders weil Butenschön ja weitermacht. Nicht ganz deutlich wird auch seine Fähigkeit das Böse zu erkennen. Da könnte man mehr machen, glaube ich.

Paar Textstellen:

Ist wie ein Insekt, das von Bernstein umschlossen ist.
top

Trampelt trabend in Richtung Strudelbecken.
verspielte Alliteration

[/QNamen bedeuten Bindung. Und Bindung ist das Letzte, was Butenschön will.UOTE]gute Erklärung

Ein Tsunami aus dunklen Gefühlen
dunkel könntest du weglassen, sonst sehr gut

Neun ist seine Obsession. Und noch viel mehr als das. Neun ist das Entweder-oder! Der Beweis für den vollkommenden Wahnsinn oder der ultimativen Rechtschaffenheit von Butenschöns Handeln.
das finde ich nicht so gelungen, das Alpha und Omega, na ja, aber warum? und: vollkommenen...

wo hässliche Menschen noch hässlichere Tattoos zur Schau tragen.
p je, ist das platt

Noch nie war sich Butenschön so sicher wie bei Neun. Das ist der Grund, warum der Junge noch am Leben ist. Der einzige Grund. Denn manchmal...
warum?

Und dennoch muss Neun leben!
Denn sollte sich Butenschön bei Neun irren – bei Neun, wo jeglicher Irrtum zu 100 Prozent ausgeschlossen ist, schlicht und einfach nicht vorstellbar, absolut unmöglich … aber wenn ... wenn
warum?

wie eines dieser abscheulichen Weltuntergangsgemälde von Hieronymus Bosch.
der hat auch tolle Dorfszenen gemacht, würde uach passen auf die Schwimmbakdszenerie

[QUOTEIhn runterziehen. Nicht mehr hochkommen lassen. ]

wie soll denn das gehen? Wie kann der selbst länger als drei Minuten ohne Luft tauchen, der Butenschön?

[QUOTEButenschön hat Nummer Neun verschont, aber er hat deswegen nicht aufgehört, die anderen auszuradieren. ][/QUOTE]warum?

[weit geöffneten Augen stumpf und karpfig vor sich hin./QUOTE]gefällt mir, merk ich mir

[QUOTEMit einem Mal wird das Spaßbad seinem Namen wieder gerecht. Die Leute johlen, jubeln, klatschen, Fremde fallen sich in die Arme, einige weinen hemmungslos.]

wird jetzt zur Groteske

[Die Stimmung kippt ins Ballermanneske./QUOTE]:thumbsup:

Denn wenn Neun nur im Ansatz derjenige ist, den Butenschön in ihm sieht, und natürlich ist er das, dann ist Butenschön vielleicht wirklich ein Gottesgeschenk.
o je: Gott?!

Hoffe du kannst was mit anfangen

viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Achillus,
sorry, dass ich mich jetzt erst zurückmelde. Ich habe deinen Kommentar schon in der vergangenen Woche gelesen, war aber im Urlaub – und weil ich meiner besseren Hälfte versprochen habe, Laptop und Tablet zuhause zu lassen, war ich nur über das Handy online. Deswegen gibt es erst jetzt Antwort.
Gleiches gilt übrigens für Perdita und Isegrims, denen ich heute, spätestens morgen auch antworten werde.

dass Deine Geschichte souverän geschrieben ist, sich sprachlich auf hohem Niveau bewegt und auch deshalb einen hohen Unterhaltungswert besitzt, weil man den Ich-Erzähler so nach und nach immer genauer kennenlernt, wurde bereits gesagt. Du hast viel berechtigtes Lob für den Text eingeheimst, und ich könnte eine Menge davon wiederholen, um Dir zu signalisieren, wie fortgeschritten ich Deine Fähigkeiten als Autor finde.
Danke für dein Lob, ist bei mir angekommen und ich freue mich darüber – gerade aus dem Munde eines solch visierten Autoren wie dir. Freue mich darüber.

Ich habe aber auch ein paar Kritikpunkte vorzubringen, und hoffe, dass Du das irgendwie nützlich findest.
Kann ich, zumal ich mir auch einiges davon anziehe. Danke auch dafür.

Meinem Empfinden nach ist der gesamte Text in der Tonart einer Komödie geschrieben. Sicher, eine schwarze Komödie, aber bereits der Beginn steckt voller spaßiger oder halbspaßiger Wendungen und Verweise.
Ja, damit habe ich auch gekämpft, ob ich das so machen kann, soll und darf. Letztendlich habe ich Anfang und Schluss durchaus mit einem komödiantischen Anstrich versehen. Warum? Um den Leser gerade zu Beginn ein bisschen auf einen Irrweg zu führen, ja, das kann und will ich nicht leugnen. Aber auch, weil ich finde, dass es so unklarer bleibt, welche der zahlreichen Möglichkeiten, die wahrscheinlichste ist. Allerdings war es nie meine Absicht, auch nicht bei den erwähnten Passagen, in erster Linie eine Komödie draus zu machen. Ich hoffe, dazu ist es auch nicht geworden.

Und da kommt mein erster Punkt. Du schreibst also eine schwarze Komödie über einen Serienmörder, der zwanzig Kinder umgebracht hat. Tja. Ich finde, das kann man sich noch mal in Ruhe so geistig vor Augen führen – Komödie über einen Kindermörder.
Das empfinde ich ein bisschen anders, aber es fällt mir schwer, dir zu widersprechen, weil du es so wahrnimmst, und ich finde, als Leser hast du Recht, weil es bei dir so ankommt. Da kann ich dann als Autor argumentieren wie ich will. Das alles mein ich überhaupt nicht böse – im Gegenteil. Beim Schreiben habe ich versucht, den Mittelteil – nach dem Zusammenstoß mit dem Pferdemädchen, bis zur erfolgreichen Rettung derselbigen – relativ humorfrei zu halten, also bewusst einen anderen Tonfall anzuschlagen als vorher. Ob das gelungen ist, fiel und fällt mir bis heute schwer zu beurteilen. Nochmals: Ich habe den Text in seiner Gesamtheit nicht als Komödie anlegen wollen.

Ich habe mit der Tonart ein Problem. Das ging mir neulich schon bei einem anderen Text so, der von einem Kinderschänder handelte. Vielleicht mangelt es mir einfach an Humor. Das kann gut sein.
Das ist echt interessant, weil ich mir über die Tonart viele Gedanken gemacht habe. Mein ursprünglicher Plan war es, die Geschichte viel härter zu machen, stringenter, realistischer. Aber mir hat das Ergebnis nicht gefallen, was dabei rauskommt, weil ich es als zu real empfunden habe. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt hier richtig verständlich rüberbringen kann, aber je realer das wurde, desto weniger hat mich der Text mit Angst erfüllt. Obwohl er viel brutaler und klarer in den Einzelheiten war. Ich möchte hier – und bitte siehe es nicht als einen Einschleimversuch – mal deutlich klarstellen, dass ich deinen sehr realistischen Stil bei deinen Geschichten sehr schätze und bewundere. Ich kann so nicht schreiben, zumindest nicht so überzeugend. Ist wenigstens meine Empfindung. Ich könnte es übrigens gern ;)... Und das soll übrigens nicht heißen, dass ich es nicht versuche.

Ich kann verstehen, dass dir und eventuell auch anderen die Tonart des Textes bei dieser Thematik Probleme macht. Ich habe mich beim Schreiben am Ende fast durchgehend überlegt: Kannst du das machen, lassen sie dir das durchgehen, ist das noch plausibel usw. Ein Grund übrigens, warum ich den Text zunächst beim Maskenball gepostet habe.

Für mein Empfinden ist der Ton so richtig, wobei ich sprachlich am Anfang schon ein bisschen zurückgedreht habe, die fast schon übertrieben harte Bandenkrieg-Attitüde aus Butenschöns Gedanken verbannt habe. Ich werde mir den Text diesbezüglich aber auch weiter ansehen, gerade den Anfang und das Ende.
Und nein, ich glaube nicht, dass deine Bauchschmerzen diesbezüglich an fehlendem Humor liegen.

Bei all den Überlegungen die Butenschön so anstellt, tauchen nie die Eltern oder Betreuer der Kinder auf. Im Schwimmbad ist nicht die Rede davon, dass Butenschön auch nur einen Gedanken daran verschwendet, die potentiellen Beschützer der Kinder im Auge zu behalten. Wenn wir uns vorstellen, dass wir über Kinder reden, die alle jünger als zwölf, mehrere jünger als zehn Jahre alt sind, stellt sich die Frage, weshalb das Wort Eltern im ganzen Text nicht einmal auftaucht.

Das gilt auch für das Pferdemädchen, ein Kind, das deutlich jünger als "Neun" ist und offenbar ebenso wie dieser völlig unbeaufsichtigt in einem Wellenbad rumtobt. Dieses Wellenbad beschreibst Du als Chaos, in dem Schwimmer wie Treibgut aneinander stoßen. Die Eltern von "Neun" und dem Pferdemädchen scheint das nicht zu beunruhigen und selbst als das Pferdemädchen bewegungslos durch das Becken treibt, nimmt das außer Butenschön niemand zur Kenntnis.

Es mag daran liegen, dass ich wöchentlich so zwei Mal im Schwimmbad bin und bei meiner Langstrecke mehr als genug Zeit habe, Eltern und ihre Kids im Wasser zu beobachten. Das Szenario, das Du beschreibst, kommt mir sehr unrealistisch vor.

Die Eltern wegzulassen war eine bewusste Entscheidung. Ich bin kein regelmäßiger Schwimmbadbesucher und der Besuch des Spaßbades war einzig und allein dem Wunsch meiner Tochter geschuldet. Ich war überrascht, wie wenige Eltern dort mit ihren Kindern unterwegs waren. Es sind da massenhaft unbeaufsichtigte Kinder rumgelaufen. (Ich habe mich, weil ich ständig mit meiner Tochter mitgelaufen bin, wie ein Helikopter-Dad gefühlt.) Übrigens zu meiner Verwunderung auch ziemlich kleine. Ich schrieb als Antwort zu einem vorherigen Kommentar, dass ich auf die Geschichte gekommen bin, weil ein Mann ein Kind so offensichtlich (gelangweilt) im Auge behielt – und nicht einmal zu dem Jungen dazuzugehören schien. Von den Eltern des Jungen habe ich nichts gesehen.
Ich glaube, in Schwimmbädern, wo wirklich geschwommen wird, sieht das anders aus. Aber gerade im Rutschbereich hat man im besagten Spaßbad kaum Eltern wahrgenommen.
Die Stelle mit dem Chaos und Treibgut sollte übrigens Butenschöns Wahrnehmung widerspiegeln. Kommt das nicht raus?

Ein weiterer Logikfehler ist meinem Empfinden nach dieser Dexter-Aspekt, demzufolge sich titelgebend Butenschön absichern muss, bevor er tötet. Seine Absicherung soll darin bestehen, zu gewährleisten, dass er ein Monster tötet, so wie wir es von Dexter kennen. Nur ist das bei Kindern gänzlich unmöglich.

Es wird auch nicht ein einziger Fall angeführt, bei dem sich Butenschön tatsächlich einen Beweis für die Schlechtigkeit seines Opfers erbracht hätte. Bei dieser Geschichte im Einkaufszentrum wird beschrieben, dass Butenschön den achtjährigen Jungen (wieder ohne Eltern) durch Anschauen durchschaut hätte. Er wusste es einfach, wusste, dass dieses Kind durch und durch schlecht war. Okay, aber wo liegt hier die titelgebende Absicherung? Wenn Butenschön ein Kind nur anschauen muss, um zu wissen, dass es böse ist, worin besteht denn nun diese Sorgfalt in der Auswahl der Kinder? Wo ist die angeblich monatelange Recherche? Für mich passt das alles nicht zusammen.

Die Absicherung liegt eben genau darin, dass sich Butenschön bei Neun zu einhundert Prozent sicher ist. Deswegen will er warten, bis Neun tötet. Dann weiß er, dass seine Vermutungen höchstwahrscheinlich (nein, nicht zu einhundert Prozent) richtig sind. Wenn Neun aber nicht tötet, wenn er sich sogar bei Neun irrt, Neun also kein Mörder ist, dann wäre Butenschön bereit sich einzugestehen, dass er falsch liegt – und auch bei allen anderen Kindern falsch gelegen hat. Weil Neun der absolut sichere Kandidat ist, ein Mörder zu werden – muss auch genau das geschehen.
Ich gebe zu, hier säume ich das Pferd von hinten auf, aber bewusst, denn genau diesen Gedankengang fand ich so reizvoll. Weil er Butenschön, egal ob im „Recht“ oder „Unrecht“, zu einem total unzuverlässigem Protagonisten macht.
Die Recherche (zu Nummer drei übrigens) hatte ich in einer früheren Fassung ausführlich beschrieben. Hat der Geschichte komplett das Tempo genommen und ist deshalb rausgeflogen.
Was mich ein bisschen verunsichert: Für mich ist das alles total klar, ich habe aber jetzt mehrfach vernommen, dass es das für den Leser nicht ist. Heißt wohl, da muss ich noch mal ran.

Ich sehe zwar, dass die Geschichte versucht, die Widersprüche so zu verkaufen, als wären sie die Folge von Butenschöns umnachteten Geisteszustand, aber auf mich wirken sie wie Probleme der Plotstruktur.
Genau das ist der Versuch. Ich überdenke die von dir angesprochenen Probleme aber. Und danke, dein Input hilft mir diesbezüglich.

Ich freue mich auf Deine Nächste, svg.
Darüber freue ich mich. Und kann das Kompliment aus vollem Herzen zurückgeben.

LG svg

wird fortgesetzt

 

Perdita,
sorry, jetzt hat es doch länger gedauert, aber ich musste aus heiterem Himmel ein Auto kaufen – und das ist (zumindest für mich) mindestens so anstrengend wie eine Kurzgeschichte zu schreiben...
Jetzt aber die verdiente Antwort ;)...

Ich fand die Geschichte sehr spannend und die Ungewissheit, ob Butenschön einfach nur verrückt ist oder ob an seiner Gabe tatsächlich was dran ist, ist sehr wirkungsvoll in Szene gesetzt.
Mäkeleien habe ich zu zwei Punkten - aber das sind bloß Kleinigkeiten. Insgesamt hat mir der Text echt gut gefallen.
Herzlichen Dank dafür – übrigens auch für die Kritik. Hilft weiter. Und Lob ist immer schön.

Butenschön fand ich gut gezeichnet, trotz seiner schrecklichen Gedankengänge kann man sich gut in ihn hineinversetzen und er wirkt glaubwürdig auf mich. Was mich nicht ganz so überzeugt hat, war die Darstellung der wenigen Nebenfiguren - die finde ich stellenweise überzeichnet. Insbesondere die Mutter des Pferdemädchens wirkt eher wie eine Karikatur als wie ein Mensch.
Ersteres freut mich natürlich sehr. Mit der Mutter hast du Recht: Die werde ich abschwächen. Und zu meiner Schande muss ich gestehen: Ich habe die vorm Posten sogar schon etwas abgeschwächt. Die war noch schriller!

Trampelt trabend in Richtung Strudelbecken.
Ich würde eins rausschmeißen. Wenn sie nur trampelt oder nur trabt, würde es zeigen, dass sie weiter Pferdchen spielt, wobei das trampeln deutlicher macht, dass sie dabei nicht besonders elegant wirkt. Beides zusammen ist doppelt gemoppelt, und die Alliteration finde ich auch nicht so schön.
Ja, hat recht... zu dick... das trabend kommt weg!

Butenschön muss sich an der Wand abstützen, um sich zu sammeln, die Systeme wieder neu hochzufahren
das hier und eine spätere Formulierung - die Pubertät als "Virenschutzprogramm" gegen seine Gabe - finde ich nicht ganz passend für Butenschöns Gedankenwelt. Natürlich gibt es auch computeraffine Mittfünfziger, vielleicht hat er ja mal im IT-Bereich gearbeitet (inzwischen scheint er nicht mehr zu arbeiten, sonst hätte er ja nicht die Zeit, so viele Kinder zu stalken und umzubringen). Aber irgendwie scheinen mir diese Metaphern zu technisch für Butenschön. Der denkt sonst in anderen Kategorien, religiösen Bildern und so. Vielleicht findest du da noch alternative Formulierungen.
Auch hier volle Zustimmung. Kommt raus. Danke!

Erst als Neun freudig johlend in der Öffnung der Riesenrutsche verschwindet
Würde ich streichen, wie soll der denn sonst johlen? Du schreibst ja auch nichts davon, dass er in nassem Wasser landet.
Und auch gleich weg...!!!


Das Scheißschwimmbad kommt schon verdammt nah an die Hölle dran.
Das klingt ein bisschen ungelenk, ich wäre für "kommt der Hölle schon verdammt nahe".
wird geändernt. Wieder danke!

Also schlendert er, die Hände vor dem Bauch verschränkt, scheinbar von Wonne beseelt durch das Spaßinferno.
So, jetzt kommt wie versprochen das Lob! Der Satz ist echt hervorragend. "Spaßinferno" wäre schon an und für sich ein tolles Wort, aber mit dem Bezug zu der Hölle, die vorher erwähnt wurde, gefällt mir das wirklich sehr gut.
Freut mich, weil ich an dem Satz durchaus etwas geschraubt habe vorm Posten :)...

Diejenigen, bei denen es notwendig ist. Diejenigen, die böse sind. Diejenigen, die später selber Leben nehmen werden. Diejenigen, die den Tod verdienen.
Ich würde einen der Sätze streichen. Im Prinzip egal welchen, die sagen ja alle mehr oder weniger dasselbe aus. Aber solche Sachen wirken einfach am stärksten, wenn man sie dreimal sagt. Das vierte Mal wirkt dann übertrieben und irgendwie fehl am Platz.
Und auch hier bin ich bei dir. Viermal ist einmal zuviel.

Ansonsten finde ich das hier auch sehr gut, weil die Ungewissheit die ganze Zeit durchgehalten wird. Wahrscheinlich hält sich der Junge einfach aus Entsetzen die Augen zu oder vielleicht weint er. Aber man kann als Leser eben nicht hunderprozentig sicher sein, ob er nicht doch ein kleiner psychopatischer Killer ist und Butenschön eben doch nicht verrückt. Natürlich wäre es, auch wenn er tatsächlich zukünftige Morde vorhersehen kann, moralisch falsch, die Kinder zu ermorden. Aber die Tatsache, dass man sich nicht sicher sein kann, ob Butenschön völlig verrückt ist oder tatsächlich eine Art Precog, macht die Geschichte echt beunruhigend.
Das geht natürlich runter wie Öl, weil genau das meine Intension war. Insofern: Ich freue mich!!!

Klar, jeder Mensch ist anders, aber ich behaupte jetzt einfach mal, mindestens neunzig Prozent aller Eltern würden da den Namen des Kindes rufen. Das "meine Elfe" kannst du meinetwegen behalten, wenn dir der Zusammenhang mit dem Tattoo wichtig ist, aber diese Wiederholungen "meine Kleine, meine Süße" und kein Name, das funktioniert für mich nicht.
Ja, wie schon oben gesagt, ich stimme dir völlig zu. Hier gehe ich gleich noch mal ran. Das wird weniger.

„Sie sind ein Heiliger“, kreischt ihm die Walküre schrill hinterher, die es glücklicher Weise aufgegeben hat, ihm zu folgen. Sie steht bebend da, schnauft kurzatmig und brüllt: „Ein Engel! Hören Sie? Sie sind ein Geschenk Gottes.“
Das finde ich noch schlimmer. Jetzt hat jemand der schlechten Schauspielerin auch noch schlechte Regieanweisungen gegeben, damit sie noch dicker aufträgt.
Ich würde dir wirklich gerne mal widersprechen ;)... aber: wird ebenfalls geändert.

Der letzte Satz ist super. An manchen Stellen der Geschichte kommt man schwer drum herum, Butenschön ein bisschen ... nicht gerade Sympathie, aber schon eine Art Bewunderung entgegen zu bringen, und sich zu fragen: was ist, wenn er recht hat? Und der letzte Satz macht einem dann brutal klar - selbst wenn das so wäre, der Mann ist immer noch ein Kindermörder.
Das wiederum freut mich sehr, weil ich ein bisschen die Befürchtung hatte, dass genau das vielleicht untergeht. Übrigens auch DURCH diesen Satz. Toll, dass er bei dir so wirkt, wie er eigentlich soll.

Perdita, ganz herzlichen Dank.
Isegrims... ich habe dich nicht vergessen, ich werde auch dir ausführlich antworten, ich muss jetzt erst einmal alles für die Versicherung raussuchen, um die Karre morgen anzumelden... ;)

 

Hi svg,

authentische Erzählsprache, spannende Handlung und packendes Thema. Erinnert mich an die Serie Hand of God. Was, wenn er Butenschön recht hat? Dann wäre ein Held. Überleg dir mal, jemand hätte den kleinen Adolf ermordet - weil er wusste, was er machen würde. Schwieriges Thema, gut umgesetzt. Auch ohne irgendeine moralische Wertung, das fand ich sehr gelungen.

Danke für die Geschichte.

Sommerliche Grüße von der Sonne

 

Isegrims,
so das neue Auto ist da, angemeldet und es fährt … und ich habe wieder Zeit für die schönen Künste und deinen Kommentar. Bitte entschuldige die Verzögerung, es war halt auch noch ein Urlaub mit von der Ehefrau ausgesprochenem Online-Verbot dazwischen.

Also zum Wesentlichen!

Die ist dir nämlich gelungen, hat mich von Anfang an gefesselt und bis zum Schluss die Spannung gehalten. Darüber hinaus hast du ein paar stilistische, handwerkliche Dinge gemacht, die sehr sehr gut waren. Dazu zähle ich vor allem die Vergleichsdichte ohne dass ich einen einzigen platt gefunden hätte. Die grafische Gestaltung (nach quasi jedem Satz einen Absatz) wollte ich erst kritisieren, habe aber festgestellt, dass das den Spannungsfaden eher verstärkt. Insgesamt also große Klasse.
Herzlichen Dank für so viel Lob, habe mich sehr darüber gefreut, gerade auch darüber, dass die vielen Vergleiche bei dir ins Schwarze getroffen haben, die in diesem Fall bewusst gesetzt wurden, um Butenschöns Seelenleben ein bisschen zu beleuchten.
Mit den Absätzen hast du mich erwischt, das ist ein bisschen eine Manie von mir – und ist ab und an auch schon in älteren Geschichten von mir kritisiert worden. Auch wenn es dich hier nicht gestört hat, ich werde beim nächsten Mal wieder gezielter darauf achten.

Trotz all der Erklärungen und Wiederholungen, erschließt sich mir am Ende nicht, warum Neun verschont wird, besonders weil Butenschön ja weitermacht. Nicht ganz deutlich wird auch seine Fähigkeit das Böse zu erkennen. Da könnte man mehr machen, glaube ich.
Du bist da ja nicht der Einzige (du bist männlich, oder Isegrims? Ansonsten sorry und ich behaupte das Gegenteil! ;)). Für Butenschön ist Neun das absolut Böse, also ist es für ihn zu einhundert Prozent klar das Neun töten wird, noch klarer als bei all den anderen Nummern. Sollte Neun sich aber nicht zum Mörder entwickeln – also derjenige bei dem er es mehr als sicher zu wissen glaubt – wären all seine Wahrnehmungen und Überzeugungen hinfällig und Butenschön wäre selbst der Wahnsinnige. Er muss Neun also leben lassen, um zu sehen, ob seine Annahme auch eintritt.
Offenbar ist es aber wirklich sehr vage von mir formuliert, weil jetzt schon zwei, drei andere genau dieselbe Fragestellung hatten wie du. Da werde ich beizeiten noch mal rangehen. Allerdings bedarf das echt noch Überlegung, weil ich es halt auch weiterhin sehr vage lassen möchte. Schwierig, schwierig.

Zu der von dir angesprochenen Stelle mit dem Untertauchen: Ich habe es mir so ausgemalt, dass Butenschön selbst nicht die ganze Zeit unter Wasser ist, sondern Neun einfach runterdrückt. Der Plan spielt sich ja nur in seinem Kopf ab, er führt ihn nicht durch. Insofern schien mir die schwammige Plausibilität reizvoll. Aber ich will mich damit nicht rausreden. Die Stelle prüfe ich noch mal. Danke für den Hinweis.

Zu dem Gottesbeweis. Ja: Hier habe ich überlegt und tue es immer noch. Möglicherweise zu dick. Da bin ich noch unentschieden.

Vielen Dank Isegrims für dein hilfreiches Feedback und die vielen lobenden Worte.
schwarze sonne, auch dir danke für das Lob und den Kommentar.

Was, wenn er Butenschön recht hat? Dann wäre ein Held. Überleg dir mal, jemand hätte den kleinen Adolf ermordet - weil er wusste, was er machen würde.
Witziger Weise hatte ich diesen Aspekt, wenn auch nur ganz kurz mit einem kurzen Satz angerissen, in der Story drin, habe dann aber auf Peeperkorn gehört und das wieder eliminiert, weil es zu dick aufgetragen war. Und Peeperkorn hatte glaube ich in diesem Fall Recht! Aber spannend finde ich diesen Aspekt auch, obwohl der glaube ich schon mehrfach in Filmen und Büchern behandelt worden ist.

Erinnert mich an die Serie Hand of God
Sagt mir gar nichts :O… Lohnt die Serie sich?

Danke und LG svg

 

Hallo svg,
ich habe eigentlich einen längeren Kommentar geschrieben, der ist aber verloren gegengen.
Aber egal. Ich möchte dir nur sagen, dass ich die Story schön fand.
Gerne gelesen von,

alexei

 

Hallo Alexei,

danke für das Lob, freue mich darüber, auch wenn ich die Geschichte nicht unbedingt als schön bezeichnen würde ;)... aber ich weiß was du meinst - und ich kenne das frustrierende Gefühl, wenn alles was man hart erarbeitet und dann posten will plötzlich VOR dem Posten weg ist. Deswegen schreibe ich die Sachen jetzt fast immer auf Word vor und setze sie dann hier rein. Mir ist das drei Mal passiert, dass ein langer Text hier plötzlich unwideruflich weg war. Ein viertes Mal wird es nicht geben. Obwohl ... ;)
LG svg
LG

 

Hallo sag,

mit Entsetzen stelle ich beim Durchsehen der top16 fest, dass ich deinen Text scheinbar nie kommentiert habe. Dabei habe ich den Text noch unter der Maske gelesen und er hat bis heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Allein der Name, in Verbindung mit dem Titel, das klingt einfach nach. Mit vielen kgs ist das so, dass ich erstmal kurz reinlesen muss nach längerer Zeit, um sicher zu sein, welche Geschichte das verdammtnochmal war. Hier sprengt der Titel gleich die Tür der Erinnerung auf.
Ein Text, der einen unangenehmen Sog entfacht. Du webst den Wahn deines Prost sehr gekonnt, die Fäden greifen sehr schnell nach mir und wickeln mich ein, lassen nicht mehr los bis zum überraschenden Ende. Also für mich war es das zumindest. Du hättest die Lebensgeschichte jetzt auch wenden können, durch die Errettung hätte sich eine andere Stimme in Butenschön breit machen können - aber du drehst das fies in seinen Wahn rein, nutzt es quasi als zusätzlichen Antrieb, als Legitimation von höchster Ebene. Das ist echt mies, weil du den Hoffnungsschimmer kurz aufflackern lässt, nur um ihn dann restlos zu ersticken.
Danach war erstmal Durchatmen angesagt.

Ein äußerst gelungener Text, der die Empfehlung zurecht trägt.

grüßlichst
weltenläufer

 

Und nochmals danke weltenläufer. Auch hier gilt: Ich habe deinen netten Kommentar schon vor einiger Zeit gelesen, schaffe es aber erst jetzt zu antworten. Sorry.

Du hast mir mit deinen Worten eine große Freude gemacht.

Gerade das hier:

Allein der Name, in Verbindung mit dem Titel, das klingt einfach nach. Mit vielen kgs ist das so, dass ich erstmal kurz reinlesen muss nach längerer Zeit, um sicher zu sein, welche Geschichte das verdammtnochmal war. Hier sprengt der Titel gleich die Tür der Erinnerung auf.

und das:

Ein Text, der einen unangenehmen Sog entfacht. Du webst den Wahn deines Prost sehr gekonnt, die Fäden greifen sehr schnell nach mir und wickeln mich ein, lassen nicht mehr los bis zum überraschenden Ende. Also für mich war es das zumindest.

Der Text hat mir beim Schreiben einiges abverlangt, vielmehr als zum Beispiel "der Fee", der arbeitet bis heute in mir. Insofern bedeutetet mir dein Lob hier wirklich viel.

LG und nochmals vielen Dank, svg

 

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