Was ist neu

Burger und Butterblumen

Seniors
Beitritt
21.04.2015
Beiträge
1.419
Zuletzt bearbeitet:

Burger und Butterblumen

Mareikes Finger trommeln auf die Tischplatte. Das dauert alles viel zu lange! Ein stilles Wasser und Avocadosalat. Mehr nicht. Dann weiter zur nächsten Besprechung. Sie schiebt den Ärmel der schwarzen Seidenbluse ein Stück nach oben und schaut auf die Uhr. Noch dreißig Minuten. Ihr Blick flattert zwischen Tresen und Restaurant hin und her. Keine Spur von dem Kellner. Sie fährt sich durch die Haare und spürt die Hitze ins Gesicht kriechen. Ihr Magen zieht sich zusammen.
Eigentlich hätte sie große Lust auf einen Burger. Mit doppelt Käse und Speck. Mareike hört das Zischen auf dem Grill, sieht den Cheddar zerlaufen, schmeckt das saftige Fleisch. Sie schluckt, leckt sich mit der Zunge über die Lippen. Ihr Trainingsplan sagt leider etwas anderes. Rohkost. Leichte Mahlzeiten und abends ins Fitnessstudio. Bis die Lunge pfeift.

Sie denkt an den Mädelsabend vor zwei Tagen. Wie stolz ihre Freundin Silke davon erzählte, dass sie jetzt wieder in eine XS passt.
„Ihr wisst ja, die Konkurrenz schläft nicht“, warf sie augenzwinkernd in die Runde. Sie hatten ihr lachend zugestimmt, aber Mareike konnte die Anspannung fühlen, die sich in der Luft ausbreitete.
„Ach, wisst ihr, das ist das Gute am Kinderkriegen“, hatte Kristin gesagt, die vor sechs Monaten Mutter geworden war. „Da werden dann auf einmal ganz andere Sachen wichtig.“
Die Stille hing plötzlich schwer über ihnen. Vier Frauen Anfang dreißig, die sich für einen kurzen Moment argwöhnische Blicke zuwarfen. Mareike war diejenige, die es nicht aushielt und aufsprang, um eine neue Flasche Sekt zu holen. Es war so anders als früher.

Ihr Handy vibriert. Anna hat ein neues Foto bei Facebook hochgeladen. Sie steht auf weißem Sand, hinter ihr türkisblaues Meer, am rechten Rand neigt sich eine Palme ins Bild. Anna dreht sich seitlich zur Kamera, hat das vordere Bein leicht angewinkelt und lächelt, ohne dass dabei Falten ihr Gesicht zerfurchen. Ihr Bauch ist flach und durchtrainiert. Mareike freut sich für sie. Wirklich. Sie wäre bloß auch gerne am Strand. Mit einer perfekten Figur, ohne sich täglich dafür abrackern zu müssen. Mit einem Menschen, der sie liebt.
„Du findest auch noch den Richtigen, wirst schon sehen.“ Anna sagt das immer auf eine Art und Weise, die Mareike wütend macht. Dieses leise Lächeln und der Schimmer von Mitleid in ihren Augen. Mareike will dann um sich schlagen, sich befreien von all den Erwartungen, die ständig zwischen ihnen stehen.
Vor ihr knallt ein Glas Wasser auf das glänzende Holz. Erschrocken schaut sie in das Gesicht des Kellners, der mit hochgezogener Augenbraue darauf wartet, dass sie ihr Handy vom Tisch nimmt. Sie schiebt es zur Seite und blickt auf den Teller. Ein winziges Häufchen aus sämigen Avocadostücken, garniert mit einer halben Cocktailtomate.

Fünfzehn Minuten später steht Mareike schwer atmend im Aufzug. Nur noch drei Minuten, dann geht die Besprechung los. Sie hetzt durch den Gang, vorbei an den gläsernen Käfigen der Kollegen. Auf ihrem Schreibtisch türmen sich Papierstapel. Sie will das Fenster aufreißen. Sehnt sich nach einem Windstoß, der alles zu Boden fegt. Aber sie reißt sich zusammen. Steckt eine lose Haarsträhne zurück in den Zopf, zupft ihre Bluse zurecht und schnappt sich den Schnellhefter, der auf der Tastatur liegt.
Im Konferenzraum ist nur noch ein Platz frei, als sie hineinstürmt und ein „Entschuldigung“ hervorpresst. Sie lässt sich neben ihren Chef auf den Stuhl fallen. Herr Heinzmann mustert sie stirnrunzelnd, beugt sich dann aber nach vorne und beginnt zu den übrigen Kollegen im Raum zu sprechen. Mareike weiß, dass sie zuhören sollte. Sie starrt auf seine Lippen und sieht, wie die Worte aus seinem Mund fallen. Doch sie ergeben keinen Sinn.
Alle haben ihr gratuliert, als sie den Job in der Werbeagentur bekommen hat. Guter Ruf, gute Bezahlung, tolle Aufgaben. Sie sprechen immer von Verwirklichung. Von Aufstiegschancen. Mareike denkt an die Dolomiten. An die Berghütte, die dort am Steilhang steht. Die Aussicht ist mit nichts zu vergleichen. Die Luft riecht nach frischem Gras und Butterblumen.

Es stinkt nach Gummi und Schweiß. Sie liegt auf ihrer Yogamatte und schnappt nach Luft. Tief ein- und ausatmen soll sie. Neunzig Minuten lang hat sie sich verrenkt und von Chips und Fernsehen auf dem Sofa geträumt. Um sie herum andere hechelnde Frauen. Als alle aufstehen, nickt man sich zu. „Eine tolle Stunde war das!“ Eine von ihnen zieht sich neben Mareike um und steigt mit schmerzverzerrtem Gesicht in ihre Jeans.
Klebrig und mit rotem Kopf hetzt sie nach Hause und springt unter die Dusche. In zwanzig Minuten kommt Silke. Es ist Freitag und ihre Freundin will ein paar Bars abklappern. Spaß haben. Ausflippen, wie sie es immer nennt. Mareike wickelt sich das Handtuch um den Kopf und drückt auf dem Weg ins Schlafzimmer schnell auf den Knopf ihrer Kaffeemaschine. Ihre Augen brennen, der Kopf ist schwer. Das Bett sieht so weich aus.

Früher hat es geholfen, einfach einen Fremden zu küssen. Wild mit ihm zu knutschen, eng umschlungen in der dunklen Ecke einer Bar. Mareike spürt seine weichen Lippen, seine Hände in ihrem Haar, sein Drängen. Zu wenig Platz, zu wenig Luft! Sie löst sich ruckartig aus seiner Umarmung und torkelt hinaus in die Nacht. Silke kommt schon klar.
Mareike zieht die Pumps aus und schmeißt sie in die Hecke. Ihre Füße sehen schlimm aus. Angeschwollen und mit Blasen an der Ferse. Barfuß läuft sie über den warmen Asphalt. So viele Menschen sind unterwegs, alle auf der Suche nach etwas. Die Stadt schrumpft plötzlich zusammen. Die Häuserwände kommen näher, die Luft wird stickig, Mareike irrt umher mit Tränen in den Augen. Sie muss hier raus. Sehnt sich nach Weite. Nach frischem Gras und Butterblumen.

Sie steigt aus dem Auto und atmet tief ein. Vögel zwitschern, ein leichter Wind raschelt durch die Baumkronen. Mareike hievt den schweren Rucksack aus dem Kofferraum und läuft los. Ihr Herz klopft hart gegen den Brustkorb. Sie stapft um die große Rechtskurve und sieht sie in der Ferne über den Steilhang ragen. Die Hütte hat fünf Zimmer, die im unteren Geschoss in den Berg hineingebaut wurden. Mareike hat eins der vorderen reserviert. Hier kann sie durch die bodentiefe Scheibe über das ganze Tal schauen. Über sich hört sie die Wanderer auf der Terrasse lachen.
Die Besitzerin steht hinter ihr in der Zimmertür. „Wissen Sie jetzt schon, wie lange Sie bleiben möchten?“
Mareike schüttelt den Kopf. Sie dreht sich zu der Frau um und weiß nicht, was sie sagen soll. Die Besitzerin sieht ihr fest in die Augen und lächelt. „Na, das hat ja keine Eile. Jetzt kommen Sie erst einmal an. Bis Sonntag gehört das Zimmer auf jeden Fall Ihnen. Danach sehen wir weiter. Möchten Sie etwas essen?“
Mareike sieht sie fragend an: „Haben Sie vielleicht Hamburger?“
Die Frau lacht. „Nein, die gibt’s hier oben nicht. Aber ich kann Ihnen ein schönes Rindersteak auf den Grill hauen, wenn Sie möchten.“
Mareike nickt ihr zu. Sie wartet, bis die Besitzerin die Zimmertür hinter sich geschlossen hat, und wendet sich wieder der Aussicht zu. Setzt sich auf den warmen Holzboden, starrt auf die kantigen, mächtigen Berge und weint.

 

Eine gute Geschichte ist das, RinaWu. Zwar ist der Inhalt nicht mein Ding – Schröder würde dazu „Frauengedöns“ sagen – aber du schafft es, mich bis zum Ende festzuhalten. Apropos Ende: Die letzte Szene muss bleiben, weil Frauen nun mal weinen, wenn’s zu viel für sie wird.

Deine Prota ist fremdbestimmt, keine Frage, und ist gerade dabei, dies zu begreifen. Das ist das Schicksal der Frauen von Anbeginn: Sie müssen gefallen, und um das zu erreichen, eifern sie denen nach, die es anscheinend geschafft haben. So wird z.B. Kim Kardashian zum Vorbild und Medien, die das in die Welt posaunen, verdienen Milliarden. Es gibt nicht ohne Grund so viele Frauenzeitschriften, während bei Männern einige wenige genügen.

Wer sich an anderen orientiert, hat schon verloren. Das gilt für alle Bereiche: Kopien sind keine Originale, sondern eben nur Kopien. Es kann also nur noch darum gehen, wie gut die Kopie wird.

Kopieren ist natürlich einfacher als einen eigenen Stil zu entwickeln. Selbst zu entscheiden, was für einen gut ist, erfordert Selbstbewusstsein, was aber bei weiblichen Kindern in der Regel nicht gefördert wird. Ausnahmen davon sind reine Mädchenschulen und vielleicht noch ein paar alternativ geführten Schulen. Waldorfschulen seien in dieser Hinsicht auch gut, habe ich gehört.

Aber Männern gefallen, wird auch so eine selbstbewusste Frau müssen, sonst bleibt sie alleine, muss Kinder vielleicht selbst großziehen. Und Kinder haben wollen 99% der Frauen, spätestens mit 35 Jahren hat sie die Torschlusspanik gepackt – mögen sie vorher noch so versichern, sie wollen keine Kinder.

Es gibt eben Dinge, die unabänderlich sind, weil in den Genen festgelegt. Gäbe es sie nicht, wir Menschen wären nicht mehr da. Solltest du eine Fortsetzung der Geschichte in Erwägung ziehen, wird deine Prota nach dem Aufenthalt in den Bergen wieder die Arbeit aufnehmen und weiter Sport treiben - und sich den Chef angeln. Sie sitzt ja schon jetzt neben ihn, eine Frau bekommt das leicht hin: Enge Röcke und hochhackige Schuhe tragen – beides führt zum Hüftewackeln! –, große Augen machen, ihn anhimmeln, ihm in Besprechungen argumentativ zur Seite stehen, etc. Da wird jeder Chef/Mann schwach.

Und wenn das geschafft ist, werden – wie eine ihrer Freundinnen richtig sagte – andere Dinge wichtiger. Was nicht heißt, dass sie sich gehen lassen soll. Auf jeden Fall ist sie mit Steak essen anstatt Hamburger schon auf dem richtigen Weg: Die Gesamtkalorienmenge/Tag ist ja entscheidend: Werden diese Kalorien nicht restlos verbraucht, werden sie in Fett verwandelt und eingelagert - man nimmt zu. Was sonst über Diäten geschrieben wird, ist nichts als Blödsinn. Im Kopf über die Kalorienmenge buchführen und entsprechend essen genügt vollkommen.

Apropos Gene: Was die wollen, äußert sich im sogenannten Bauchgefühl. Darauf sollte man achtgeben, und nur darauf.

Kleinigkeit:

Sie hetzt durch den Gang, vorbei an den gläsernen Käfigen ihrer Kollegen in ihren eigenen.
Bei Fettgedrucktem bin ich kurz gestolpert. Ist ungeschickt formuliert, mMn.

 

Hallo nochmal GoMusic,

Ich muss da nach so langer Pause erst Mal selber wieder reinkommen. Und das klappt am besten, indem ich schon seit Tagen nach und nach die bisherigen Kapitel überarbeite und hier Uppdates reinstelle. Es dauert nicht mehr lange.
Ich freue mich drauf!!

Hallo Dion,

danke für deine Worte zu meiner Geschichte und für deine Gedanken zu diesem Thema.

Zwar ist der Inhalt nicht mein Ding – Schröder würde dazu „Frauengedöns“ sagen – aber du schafft es, mich bis zum Ende festzuhalten. Apropos Ende: Die letzte Szene muss bleiben, weil Frauen nun mal weinen, wenn’s zu viel für sie wird.
Na, das freut mich. Ja, es ist wohl "Frauengedöns", wenn ich dich aber dennoch festhalten konnte, umso besser. Und nun ja, ich habe GoMusic ja schon geschrieben, dass ich mich momentan noch nicht dazu durchringen kann, das Ende zu streichen. Aber ich lasse das dennoch mal sacken.

Deine Prota ist fremdbestimmt, keine Frage, und ist gerade dabei, dies zu begreifen.
Genau.

Ich möchte bei dem Thema Fremdbestimmung gar nicht so sehr drauf eingehen, ob das nur bei Frauen der Fall ist. Denn ich habe durchaus auch schon Männer erlebt, die fremdbestimmt waren. Da sind es eben andere Themen, als bei uns Frauen. Ich sehe das Thema weniger geschlechtsspezifisch. Von den Medien werden jedoch in der Tat Frauen"vorbilder" propagiert, die ich fragwürdig finde. Die es "geschafft haben". Was denn genau "geschafft"? Mich persönlich tangiert Frau Kardashian nicht so sehr wie ihr größenwahnsinniger Ehemann, aber dennoch frage ich mich natürlich: Ist das nun also das Ziel vieler Frauen? Noch dazu habe ich ein sehr zwiegespaltenes Verhältnis zu den sozialen Medien und wollte das hier mit einfließen lassen. Vieles von dem, was sich da abspielt, ist so eine riesige Kulisse. Man legt tausend Filter über Fotos, macht acht Mal das gleiche Bild, bis es "perfekt" ist, präsentiert sich vor so vielen Menschen .... Ich finde das irgendwie ganz schön schlimm.

Selbst zu entscheiden, was für einen gut ist, erfordert Selbstbewusstsein, was aber bei weiblichen Kindern in der Regel nicht gefördert wird.
Da habe ich zum Glück andere Erfahrungen gemacht, sowohl in der Schule, als auch bei meiner Erziehung.

Aber Männern gefallen, wird auch so eine selbstbewusste Frau müssen, sonst bleibt sie alleine, muss Kinder vielleicht selbst großziehen.
:hmm: Das sehe ich ein bisschen anders. Also eher als Wechselspiel zwischen den Geschlechtern. Ich glaube, Männer wollen auch gefallen.

Solltest du eine Fortsetzung der Geschichte in Erwägung ziehen, wird deine Prota nach dem Aufenthalt in den Bergen wieder die Arbeit aufnehmen und weiter Sport treiben - und sich den Chef angeln. Sie sitzt ja schon jetzt neben ihn, eine Frau bekommt das leicht hin: Enge Röcke und hochhackige Schuhe tragen – beides führt zum Hüftewackeln! –, große Augen machen, ihn anhimmeln, ihm in Besprechungen argumentativ zur Seite stehen, etc. Da wird jeder Chef/Mann schwach.

Und wenn das geschafft ist, werden – wie eine ihrer Freundinnen richtig sagte – andere Dinge wichtiger. Was nicht heißt, dass sie sich gehen lassen soll. Auf jeden Fall ist sie mit Steak essen anstatt Hamburger schon auf dem richtigen Weg: Die Gesamtkalorienmenge/Tag ist ja entscheidend: Werden diese Kalorien nicht restlos verbraucht, werden sie in Fett verwandelt und eingelagert - man nimmt zu. Was sonst über Diäten geschrieben wird, ist nichts als Blödsinn. Im Kopf über die Kalorienmenge buchführen und entsprechend essen genügt vollkommen.

Nein. So eine Fortsetzung wird es nicht geben. Auf keinen Fall. ;)

Der Satz, der dir aufgefallen ist, hat mir auch noch nicht wirklich gefallen. Ich habe das geändert. Danke, dass du mich nochmal drauf gestoßen hast.

Apropos Gene: Was die wollen, äußert sich im sogenannten Bauchgefühl. Darauf sollte man achtgeben, und nur darauf.
Schöner hätte man es nicht sagen können.

Liebe Grüße an dich!
RinaWu

 

Hallo RinaWu,

ich fürchte, mein Kommentar wird nicht viel Neues bringen, dennoch wollte ich dir auch gerne ein paar Zeilen da lassen.

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen, dass sie gut geschrieben ist, brauche ich nicht zu erwähnen. Zum Ende hin war ich ein wenig zwiegespalten. Einerseits habe ich mich beim Lesen für Mareike gefreut, dass sie endlich kurz mal aufatmen konnte, andererseits hätte ich mir ein etwas spannenderes Finale gewünscht, das sich nicht so gut in den Rest einfügt.
Deine Argumente, warum du nicht in die Tiefe gegangen bist, habe ich gelesen und kann sie nachvollziehen, trotzdem hätte ich mir ein klein wenig mehr Spannung / Konflikt gewünscht. Anfangs hatte ich auf Essstörung, Depression, den großen Knall gelauert. Aber eigentlich hast du die Stimmung sehr gut eingefangen und auf den Punkt gebracht. Muss ja nicht immer das große Drama sein. Nicht zuletzt, weil ich mich gerade im gleichen Alter wie deine Protagonistin befinde und ihre Stimmung gut nachvollziehen kann, habe ich die Geschichte gerne gelesen.

Meine Lieblingsstelle:

Sie will das Fenster aufreißen. Sehnt sich nach einem Windstoß, der alles zu Boden fegt. Aber sie reißt sich zusammen.
Noch ein bisschen mehr sogar, nachdem ich gelesen habe, dass es Absicht war. :thumbsup:

Viele Grüße,
Rotmeise

 

Hallo RinaWu,

ich habe jetzt endlich deine Überarbeitungen begutachten können. Sehr behutsam bist du vorgegangen, es gab ja auch nichts Großes zu ändern. Gut so! An einem neuen Satz habe ich kurz eingehakt:

Ein winziger Haufen aus sämigen Avocadostückchen, garniert mit einer halben Cocktailtomate.
"Haufen" impliziert für mich etwas Großes, das steht dann natürlich im Widerspruch zu "winzig". Könnte man humoristisch anwenden, aber darauf zielst du ja sicher nicht ab. Deshalb vielleicht lieber ein "Häuflein"? Um nicht zwei Diminutive im selben Satz zu haben, könntest du dafür die Avocadostückchen zu "-stücken" hochstufen. Ist aber nur eine Winzigkeit und obendrein Bauchgefühl.

Sehr schön finde ich übrigens das Wort "sämig". Bin ich der einzige, für den das grundsätzlich eklig klingt? Passt jedenfalls für mich prima hierhin, auf so einen Avocadopamps hätte ich definitiv keinen Appetit. :D

Grüße vom Holg ...

 

Hallo RinaWu,

ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen. Frauen, wie Mareike, gibt es ja tatsächlich. Und auch ihre Freundinnen, deren Porträts kurz gezeichnet werden, mit dieser immer mitschwingenden unterschwelligen Konkurrenz, die habe ich im echten Leben auch schon gesehen.
Einige Sätze haben mir wieder besonders gut gefallen. Z.B. "So viele Menschen sind unterwegs, alle auf der Suche nach Etwas." Darin sehe ich den Kernsatz der Geschichte.
Den Schluss konnte ich dann nicht richtig nachvollziehen. Warum weint sie denn? Bei so einer tollen Aussicht! Aber vielleicht fällt da alles von ihr ab und es muss einfach raus. Ich bin da eher positiv eingestellt, kann deshalb das Weinen nicht verstehen. Muss ich ja aber auch nicht.

Wirklich eine toll erzählte Geschichte, die mir gefallen hat.

Grüße
Lind

 

Hallo Rotmeise,

danke, dass du dir Zeit für meinen Text genommen hast.

Anfangs hatte ich auf Essstörung, Depression, den großen Knall gelauert.
Kann ich verstehen. So klingt das Anfangs auch, gerade weil sie so dringend einen Burger bräuchte und nur eine winzige Portion Avocados bekommt. Also ich würde ausflippen!

Ich gebe dir recht, ich arbeite hier nicht sehr intensiv mit Konflikten, bzw. einem Höhepunkt / Knall. Es ist eher eine Stimmung, die beschrieben wird. Ich bin froh, dass du die Geschichte auch so akzeptieren kannst, bzw. dass sie bei dir ankommt.

Liebe Grüße
RinaWu

Hallo nochmal lieber The Incredible Holg,

ich freue mich, dass du dir die paar kleinen Überarbeitungen noch einmal angesehen hast. Stimmt, da war ich behutsam. Der Avocadosatz sieht nun so aus:
Ein winziges Häufchen aus sämigen Avocadostücken, ...
Häufchen gefiel mir dann noch besser als Häuflein, weil ich bei Häufchen an das berühmte Häufchen Elend denken musste und das passte angesichts ihres Bärenhungers und der winzigen Portion ganz gut, fand ich. Danke für dein Bauchgefühl, das klingt nun besser.

Haha, so geil, wie jeder so bestimmte Wörter hat, die er nicht leider kann. "Sämig" gehört bei mir persönlich nicht dazu, passt aber ganz gut zur Konsistenz der Avocado. Ich persönlich mag ja das Wort "Knospe" überhaupt nicht. Schlimm, krieg ich gleich Gänsehaut ...

Liebe Grüße an dich!
RinaWu

Hallo Lind,

danke für deine netten Worte. Ja, Frauen wie Mareike gibt es wirklich. So halb bin ich auch vor Jahren mal fast in dieses Kuddelmuddel aus Erwartungen und Druck gerutscht, hab mich da aber zum Glück wieder rausgezogen. Und lebe nun echt viel ausgeglichener. Ich finde, das fängt ja schon damit an, jedem gefallen zu wollen. Das geht einfach nicht! Wenn man sich davon schon mal frei macht, lebt sich's echt leichter.

Warum sie am Schluss weint, kann jeder für sich selbst entscheiden. Für mich war es genau das, was du beschrieben hast. Alles fällt von ihr ab und es muss raus. Aber ich sehe sie als positive Tränen. Tränen, nach denen man sich leichter fühlt.

Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat!
Liebe Grüße
RinaWu

 

Liebe Rina,

die Idee deiner Geschichte sagt mir sehr zu. Es ist authentisch, unprätenziös und doch raffiniert: Der Druck, dem man nicht nur ausgesetzt wird, sondern dem man sich selber aussetzt/auferlegt (Verzicht auf bestimmtes Essen, Stress im Fitnessstudio ...). Ja, das mit dem Essen/Fitness hat mir vor allem gefallen. Denn eigentlich soll Sport ja als Ausgleich dienen. Aber wenn man sich so dahin quält (anstatt mal auszuspannen auf der Couch, wie es vielleicht gesünder wäre) oder total Lust auf nen Burger hat, aber stattdessen an der Avocado rumknabbert - dabei soll die Avocado einen doch vor'm Herzinfarkt retten.
Das sind so "Schlüsselpunkte" unserer Zeit - dieser hypergesunde Lifestyle (und ja, alle finden es so toll und fühlen sich so lebendig. #healthychoice :P Is klar.)
Dann die Sache mit dem Partner/den Kindern/der Karriere. Darüber könnte ich mich jetzt stundenlang auslassen, aber es geht um deine Geschichte und nicht um unsere verquere Welt. :P

Wie gesagt, du beweist, dass du eine scharfe Auffassungsgabe bzw. Beobachtungsgabe hast und es literarisch umsetzen kannst. (Das wollte ich mit dem oberen Absatz sagen.)

Da finde ich auch dieses "deine Protagonistin jammer auf hohem Niveau" etwas sehr plump. Ganz ehrlich: Wenn jemand etwas als Problem empfindet, ist es (erstmal) ein Problem. Und wenn man über Probleme schreibt, die einem näher stehen (also unsere "Erste-Welt-Probleme") dann kann man das oft besser umsetzen als beispielsweise eine Geschichte über Hunger in Afrika, wenn der Autor noch nie im Leben wirklich richtig Hunger gehabt hat.
Und es sind ja auch existenzielle Probleme: Die Frage nach der Richtung im Leben. Das Problem mit Selbst- und Fremdbestimmung ist in der Geschichte gut dargestellt durch die Situationen, die du ausgewählt hast.

Was mich an der Umsetzung ebenfalls gestört hat, ist, dass es alles etwas "lapidar" runtererzählt wird. Da komm ich irgendwie nicht so richtig rein, bekomm keine Vorstellung von der Umgebung. Wenn du dich auf zwei konkrete Situationen konzentriert hättest (vll wie sie beim Yoga ist und im Kopf revue passieren lässt, wie das mit dem Avocadosalat am Nachmittag war und wie sie gleich in die Bars tingeln wird so wie sie es letzten Freitag gemacht hat, als sie diesen Typen traf, was dann aber doch nicht so das Gelbe vom Ei war ...) - und dann kurzentschlossen doch der Trip in die Berge.
Denn an Ideen und Geschick mangelt es dir nicht wie du schon mehrfach (und hier auch wieder) bewiesen hast. ;)

Viele liebe Grüße
Tell

 

Hallo Tell,

du sagst es: Sport als Ausgleich! Nicht als zusätzlicher Stressfaktor. Ich glaube, seit meinen 31 Jahren auf der Welt habe ich noch nie erlebt, dass man so krass auf sich geachtet hat. Ja, dass man ja schon schief angeschaut wird, wenn man sagt, man lümmelt gerne mal auf dem Sofa rum. Ich finde ein achtsames Leben gut, aber der Spaß und der Genuss dürfen nicht zu kurz kommen. Und dieses super healthy food geht mir tierisch auf die Nerven. Hashtags sowieso. :P

Wie gesagt, du beweist, dass du eine scharfe Auffassungsgabe bzw. Beobachtungsgabe hast und es literarisch umsetzen kannst.
Danke, das freut mich sehr!

Klar, ich verstehe, was du meinst mit der Aussage, wenn jemand etwas als Problem empfindet, ist es erstmal eins. Und ich gebe dir recht, sehe ich genauso. Dennoch widerspricht das ja nicht unbedingt dem Jammern auf hohem Niveau, finde ich. Denn im Grunde schafft sich Mareike viele ihrer Probleme selbst. Damit meine ich vor allem wieder dieses Essens- und Sport- und Freizeitstress-Thema. Wenn es darum geht, sich zu überlegen, ob das eigenen Leben vielleicht generell in eine andere Richtung gehen sollte, dann wird es natürlich existenzieller. Wer kann diese Frage schon wirklich beantworten?

Ich glaube, würde ich mich beispielsweise nur auf die Yoga-Situation konzentrieren und Mareike bestimmte Dinge revue passieren lassen, hätte ich Angst, zu viel nur zu erzählen, anstatt anschaulich zu zeigen. Ich wollte eben bei dieser Geschichte nicht so viele Gedanken oder Dialoge sprechen lassen, sondern Schlüsse aus einzeln geschilderten Situationen ziehen. Ich kann aber durchaus verstehen, wenn das ein wenig zu sehr "aneinandergereiht" wirkt. Bin nur sehr unschlüssig, wie ich Mareike besser greifbar machen könnte, ohne eben zu sehr in eine Gedankenwelt abzudriften ...

Danke dir und viele liebe Grüße zurück
RinaWu

 

Weil gerade viel über Avocado gesprochen wurde: Eine halbe Avocado enthält so viel Kalorien wie ein Hamburger. Deine Prota Mareike erliegt einem Trugschluss, wenn sie meint, mit dem Avocadosalat - und dem Verzicht auf einen Hamburger! - tut sie etwas für ihre Figur.

 

Hallo RinaWU,

nicht viel neues, nur dass mir die Story gefallen hat und ich mich, auch als Mann, gut in die Protagonistin hineinversetzen kann. Wie oft habe ich selbst schon gedacht: Scheiß auf alle, ich mach wozu ich, und nur ich, Lust habe. Aber dann steckt man wieder fest zwischen Abnehmen wollen und essen worauf man Lust hat, zwischen Sport machen und auf dem Sofa chillen und so weiter. Besonders die Szene mit den Freundinnen, wo eine was sagt und dann ist da plötzlich dicke Luft. Als ob es da soviel unausgesprochenes gäbe, und es ist selbstverständlich sich nicht einander zu sagen, was man wirklich denkt. Und dann die Facebook-szene; wie mich diese Urlaubsbilder auch immer eifersüchtig machen, ja ichb gebe es zu. Aber nochmal als Resumee: ich mag deinen Stil und finde es interessant wie vielseitig du schreibst, also wie Isegrims schon meinte von sprechendem Essen zu Geistern in der idyllischen Gegend.
Also mir hat´s gefallen.

Lg, chico

 
Zuletzt bearbeitet:

Dion,

nun ja, nun ist es aber so, dass sogenannte "Ernährungsexperten" der Avocado besonders gesunde, ungesättigte Fettsäuren zusprechen, die sogar beim Abnehmen unterstützend wirken sollen (frag mich bitte nicht, woher ich das weiß!). Die Avocado ist einer der Topfavoriten unter den healthy foods. Jawohl. Und deshalb isst die Mareike das. Deshalb bin ich gerade auf die Avocado gekommen. Ich esse sie selbst total gerne (aber mit was dazu, schön Garnelen oder ein Steak) und verfolge schon seit geraumer Zeit sehr verwundert ihren Weg an die Spitze der extra gesunden voll guten Lebensmittel. In München kriegste in jedem veganen oder vegetarischen oder total gesunden Restaurant immer auch so einen Avocadosalat. Mit nüscht dazu =) Und in so einem Restaurant stelle ich mir Mareike vor. Der Fettanteil macht die Sache mit dem Burger natürlich eigentlich noch tragischer ...

Hola Chico1989,

Wie oft habe ich selbst schon gedacht: Scheiß auf alle, ich mach wozu ich, und nur ich, Lust habe.
Kenn ich! Ich habe da über die Jahre einen Egoismus entwickelt, den ich davor nicht hatte. Achte viel mehr darauf, wonach mir ist. Das heißt nicht, dass man nicht auch mal Kompromisse eingeht, anderen zuliebe. Aber das darf halt nicht ausufern.

Sei nicht eifersüchtig auf Facebook- oder Insta-Fotos! Viel davon ist echt nur Show, glaube ich. Die alltäglichen Dinge werden natürlich nicht geposted, immer nur das Aufregende, Schöne, "Luxoriöse". Oder du machst es wie ich: Meld dich ab. Dann sieht man sowas erst gar nicht mehr ;)

ich mag deinen Stil und finde es interessant wie vielseitig du schreibst
Danke Chico, das ist schön gesagt. Mein Wunsch ist es ja, einen Kurzgeschichtenband hinzubekommen, in dem es zu allen möglichen Genres (Krimi, Drama, Humor, Märchen, Alltag, ...) jeweils eine Geschichte gibt. Deshalb probiere ich mich immer an etwas anderem aus und scheitere auch mal, aber es macht Spaß. Es ist schön zu lesen, dass diese Vielseitigkeit wahrgenommen wird.

Liebe Grüße an dich!
RinaWu

 

Bitte tauchst eure Rezept- und Diättipps woanders aus. Sie gehören nicht unter diese Geschichte.
Ich lösche sämtlichen Offtopic nun.

 

Ich glaube, würde ich mich beispielsweise nur auf die Yoga-Situation konzentrieren und Mareike bestimmte Dinge revue passieren lassen, hätte ich Angst, zu viel nur zu erzählen, anstatt anschaulich zu zeigen. Ich wollte eben bei dieser Geschichte nicht so viele Gedanken oder Dialoge sprechen lassen, sondern Schlüsse aus einzeln geschilderten Situationen ziehen. Ich kann aber durchaus verstehen, wenn das ein wenig zu sehr "aneinandergereiht" wirkt. Bin nur sehr unschlüssig, wie ich Mareike besser greifbar machen könnte, ohne eben zu sehr in eine Gedankenwelt abzudriften ...

Das mit den Schlüssen klappt sehr, sehr gut. Ohne, dass es erwähnt wird, hat (glaube ich) jeder das Paradoxe an Mareikes Verhalten bemerkt. Sie strengt sich an, um "besser" zu leben und fühlt sich dabei immer schlecht. Möchte ich nochmal hervorheben, denn das ist das Gelungene an der Geschichte und das soll anständig gewürdigt werden.

Ebenso wie die Geschichte an sich: Die ist gut. :) Ein zeitgenössisches Portrait, das man dir von vorne bis hinten abkauft und egal, wie du es machst - dem einen gefällt die Heransgesehensweise eben besser, der andere hat andere Vorschläge - das tut dem gelungenen Kern keinen Abbruch.

Liebe Grüße
Tell

 

Hallo Tell,

danke, dass du noch einmal geschrieben hast und für deine netten Worte.

dem einen gefällt die Heransgesehensweise eben besser, der andere hat andere Vorschläge
Auf jeden Fall. Und ich möchte definitiv nicht beratungsresistent wirken, ich denke über die Vorschläge immer sehr viel nach und sie bereichern meine Geschichten, weil diese anderen Leseaspekte und Ideen immer hilfreich sind. Manchmal verstehe ich die Einwände sehr gut, habe aber Angst, die Geschichte verliert an ihrem Grundgedanken, wie z.B. hier, wenn ich zu viel Gedanken mit einbringe. Ich bin froh über deine Worte und dass du dich für den Kern erwärmen kannst!

Ich wünsche dir eine schöne Woche!
RinaWu

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom