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Bootsfahrt ohne Wiederkehr

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13.03.2013
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Bootsfahrt ohne Wiederkehr

Peter und Armin besuchten die gleiche Schule. Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in die Berge der Schweiz. Sie fuhren mit dem Auto. Knapp vier Stunden dauerte die Anfahrt. Je weiter sie fuhren, desto mehr veränderte sich die Landschaft. Die Täler wurden enger und steiler, die Straßen schmaler und kurvenreicher, die Dörfer kleiner und kleiner, bis sie schließlich in ein Hochtal kamen, an dessen Ende das gesuchte Dorf namens St. Antönien lag. Es war eine kleine Ortschaft. Sie bestand aus einigen Wohnhäusern, die zusammen mit einer Kirche eine schmale Straße säumten, und aus gut zwei Dutzend Bauernhäusern, Kuhställen und Heustadeln, die im Tal wie verstreut auf den Wiesen und Fluren lagen. Armins Vater steuerte indessen noch vor dem Dorf von der Haupt- auf eine Nebenstraße, an der nach etwa hundert Metern ein zweistöckiges Holzhaus mit grünen Fensterläden stand. «Da wären wir», sagte er und hielt das Auto auf dem Vorplatz ihres künftigen Feriendomizils an.

In der ersten Woche war das Wetter schön; in der zweiten schlug es um. Es wurde regnerisch und kühl. Eine dichte, treibende Wolkenschicht bedeckte den Himmel. Manchmal flogen die Wolken über das Tal hinweg und manchmal krochen sie, wenn sie tiefer hingen, in das Tal hinein. So konnte es vorkommen, dass Regenschauer niedergingen, und wenig später, sobald der Regen aussetzte, dichter Nebel einsetzte. Mitunter konnte man noch vier oder fünf Meter weit sehen, mehr nicht. Aber genauso schnell, wie die Nebelschwaden kamen, wurden sie auch wieder verweht. Dann klarte die Sicht auf und man glaubte schon fast die Strahlen der Sonne durch die Wolken brechen zu sehen.

Ganz hinten im Tal, wo links die Schijen- und rechts die Sulzfluh mit ihren Wänden, Zinken und Zacken bis in die Wolken reichten, wo Felsenzüge, Geröllhalden und Grasmatten einen öden Talkessel bildeten, lag länglich hingestreckt ein Bergsee.
«Hilf mir!», rief Armin. Er hatte das Ruderboot, das mit dem Kiel nach oben auf dem Kies am Ufer gelegen hatte, umgedreht und versuchte nun, es ins Wasser zu schieben. Peter sprang hinzu und packte mit an. Knirschend bewegte sich das Boot über Kieselsteine und Schlick. «Puh, ist das schwer,» prustete Peter.
«Nicht nachlassen, stoßen!», rief Armin. Sie schoben mit aller Kraft, bis das Boot zur Hälfte im Wasser lag, dann ließen sie es los, traten einen Schritt zurück und atmeten tief durch. Armins Vater kam hinzu und schaute sich das Gefährt an. «Aber ihr müsst aufpassen», sagte er, «keine Faxen machen, gelt? Das Wasser ist kalt, ich will da keinen heraus ziehen müssen.»
«Klar doch,» antwortete Armin, «wir passen schon auf.» Er stieß Peter an. Peter sagte: «In Italien sind wir mit einem Boot auf dem Meer gefahren. Einmal waren die Wellen richtig hoch. Aber hier, auf diesem kleinen See, da kräuselt sich das Wasser doch bloß so ein wenig, oder sieht hier jemand Wellen?»
«Ja, eben darum», wandte Armins Mutter ein. «In Italien hatte es auch keine Wellen. Aber ihr habt hin und her geschaukelt, bis das Wasser fast ins Boot schwappte.»
«Nein, wir passen schon auf, versprochen!», sagten die beiden Freunde und kletterten in das Boot. Peter setzte sich auf die Bank in der Mitte des Bootes, ergriff die Ruder, und Armin setzte sich auf die Bank am Heck. Die Mutter schärfte ihnen noch ein, dass sie besser nicht zu weit hinaus fahren sollten. Der Vater stieß das Gefährt vom Ufer ab. Die beiden Buben ruderten hinaus auf den See.

Das Wasser war ruhig und klar. Wenn man nahe dem Ufer in den See schaute, konnte man Felsblöcke und Gesteinsbrocken erkennen, die zwei Meter tief im Wasser lagen. Wo es jedoch tiefer war, spiegelten sich trüb die Regenwolken des Himmels und das Kalkgestein der Berge wieder. Man konnte den Seegrund nicht mehr sehen. Der Wasserspiegel wirkte grau wie die Nebelfetzen, die an den Talflanken hochstiegen. Als wären es aufgescheuchte Wesen, flogen diese den treibenden Wolken entgegen, schwebten einzeln oder zu einem gespenstigem Reigen vereint durch den Talkessel, in dem das Boot der beiden Buben einem Laubblatt glich, das in einer Pfütze vor sich hin trieb.

«Adieu», sagte Peter, wie ihm ein Ruder aus der Hand glitt und ins Wasser fiel. Einen Augenblick lang guckte er ihm nach, als ob es ihn verblüfft hätte. Dann wollte er nach ihm greifen; lehnte so weit über die Bordwand hinaus, dass sich das Boot zur Seite krängte, griff dennoch zu kurz und patschte bloß mit der Hand ins Wasser. «Hoppla», meinte er, «das ist aber wirklich kalt.»
«Pass doch auf!», rief Armin. Das Boot schwankte einige Male hin und her, sodass sie sich festhalten mussten. Es dauerte eine Weile, bis es wieder ruhiger im Wasser lag. Währenddessen trieb das Ruder im See weiter von ihnen weg.
«Du bist so ein …», ereiferte sich Armin und schätzt zugleich ab, wie weit sie vom Ufer entfernt waren. Peter feixte zurück: «Alles halb so schlimm, in Seenot sind wir noch lange nicht. Bist selber ein …» Er sah Nebelfetzen, die über das Ufer auf den See herein geweht wurden, und das Ruder im Wasser. Hastig versuchte er mit dem zweiten vorwärts zu pullen. Aber das Boot drehte nur einwärts. Sie hörten Armins Mutter rufen. Peter versuchte abwechselnd links und rechts zu paddeln. Aber das war schwieriger, als er gedacht hatte. Ein Ruder war eben kein Paddel und ein Boot kein Kanu. In einem Bottich wären sie vielleicht eher vorwärts gekommen. Immerzu drehte sich ihr Boot auf diese oder jene Seite, ohne dass es genügend vorwärts geschwommen wäre, um das verlorene Ruder einzuholen. Peter strengte sich an, schimpfte, schüttelte den Kopf, gab auf und schaute ein wenig ratlos und besorgt zu seinem Freund hin.
Armin, der schmollend weggeschaut hatte, kehrte sich ihm wieder zu und sagte: «Ach je, dann müssen wir halt mit den Händen paddeln. Komm, ich rechts, du links, das könnte gehen, dann erwischen wir es.» Sie knieten sich auf je einer Seite im Boot hin und begannen zu paddeln. Das Boot nahm träge Fahrt auf. Noch einmal hörten sie Armins Mutter rufen. Aber sie waren viel zu sehr damit beschäftig, im selben Takt zu paddeln, als dass sie auf sie geachtet hätten. «Ist das kalt», meinte Peter wieder. «Das Ufer kann ich schon bald nicht mehr sehen. Guck doch, dieser Nebel.»
«Das ist sicher Gletscherwasser», sagte Armin.
«Gletscherwasser? Nein, da ist doch nirgendwo ein Gletscher!»
«Komm jetzt, du kriegst es.»
«Noch ein Stück!» Peter bekam das Ruder, das er verloren hatte, zu fassen und zog es ans Boot heran.
«Endlich», meinte Armin, «das wurde aber auch Zeit. Meine Finger sind schon ganz klamm. Jetzt müssen wir aber zurück ans Ufer. Ich kann es schon gar nicht mehr sehen hier.»
«Deine Mutter wird böse sein», murmelte Peter. Es dauerte einige Augenblicke, bis er die Riemen wieder in die Dollen eingelegt hatte, und weil er müde war, setzte sich Armin auf die Ruderbank. Seine Mutter hatte aufgehört, nach ihnen zu rufen. Auf dem See war es nun seltsam still. Erst als Armin zu rudern begann, hörte die Stille auf. Das Wasser spritzte hoch, als die Ruder ein paar Mal klatschend in den See eintauchten; am Bug begann es wieder zu gluckern und zu glucksen.
Nach einer Weile meinte Peter: «Vielleicht rudern wir längs zum See.»
«Nein, glaube ich nicht.»
«Aber wir müssten doch schon ans Ufer gekommen sein?»
Armin ruderte weiter.

Peter hatte Armin auf der Ruderbank abgelöst. Keiner redete mehr. Noch immer waren sie von einem Nebel umhüllt, der so dicht war, dass man keine zwei Meter weit sehen konnte. Dann wehte aber mit einem Mal ein leichter Wind über den See. Die Nebelschleier lichteten sich, wurden zur Seite geschoben und gaben die Sicht frei, und vor ihnen lag so weit, wie sie sehen konnten, Wasser, Wasser nach allen Seiten hin, Wasser bis an den Horizont, überall nur Wasser, Wasser, Wasser.

 

Hallo teoma,
Peter und Armin sind die Hauptpersonen, ja? Man er erfährt nichts über sie. Warum? Dafür etwas über die Landschaft. Ist sie wichtiger als die Personen? Kann sich die Landschaft bei so einer Fahrt verändern? Nicht wirklich. Sie fahren durch eine andere Landschaft.
Auf Wiederholung von „fuhren“ achten.
Eine vorausdeutende Wetterschilderung zeigt eine Gefahr an.
Die beiden Jungen finden ein Boot am Ufer eines abgelegenen Bergsees. Die Gefahr des Bootfahrens wird erkannt und heruntergespielt. Sie rudern hinaus.
Der unachtsame Peter verliert ein Ruder. Nebel legt sich über die Szene. Die Jungen versuchen, das Ruder wieder zu bekommen, was auch gelingt. Und sie rudern und rudern durch den Nebel. Bald lichtet er sich und sie sehen nur noch Wasser um sich.
Der Schluss ist schon surreal, unwirklich, absurd. Das gefällt mir, weil es ein schönes Bild für manche Entscheidungen im Leben ist, deren Folgen für uns nicht abzusehen sind.
Aber die Geschichte ist unbeholfen erzählt. Die Hauptpersonen Peter und Armin sind blass. Die Natur wird ausführlich geschildert, was richtig ist, spielt sie doch auch eine Hauptrolle. Mensch und Natur ist das Thema und die These: Der Mensch ist der Natur ausgeliefert. Das trifft hier aber nicht zu. Denn es geht um Verzauberung, um Magie, um Angsträume von Menschen, also um Psychologie oder Philosophie. Dahin führt die Vorgeschichte überhaupt nicht. Eher finde ich eine langweilige Autofahrt vor, eine übliche Naturschilderung, standardisierte Sätze. Weniges bereitet den Leser auf den Schluss vor. Ich hatte die ersten Sätze gelesen, bin zum Schluss gesprungen und habe erst seinetwegen weitergelesen. Der Satzbau ist einfach und schlicht (siehe die ersten Sätze). Die Wortwahl „üblich“:

lag länglich hingestreckt ein Bergsee.
Je weiter sie fuhren, desto mehr veränderte sich die Landschaft. Die Täler wurden enger und steiler, die Straßen schmaler und kurvenreicher, die Dörfer kleiner und kleiner, bis sie schließlich in ein Hochtal kamen, an dessen Ende das
Rechtschreibung und Zeichensetzung sind gut.
«Hilf mir!»Komma rief Armin.
Mir kommt es vor, als wäre der Schluss der Geschichte nur locker mit dem Rest verbunden. Man müsste vom Schluss her den ganzen Vorspann nochmals durchdenken und neu formulieren.
Herzlichst
Wilhelm Berliner

 

HiHo!

Tja, also! Was soll ich sagen? Zum Beispiel, dass mir deine Geschichte sehr gut gefällt. Du setzt, anders als beispielsweise ich, nicht auf schräge Effekte und schnelle Wendungen. Du zauberst einfach so eine Atmosphäre herbei, die einen sanft durch die gesamte Geschichte zieht. Ohne aufdringlich zu sein. Entspannt - chillig. Klar sind da jetzt nicht diese großen Schockmomente drin, welche man sich in diesem Forum erwartet. Trotzdem passt diese Geschichte hier gut rein. Das Ende lässt du ein wenig offen - aber nicht zu offen. Man kann sich schon vorstellen, was passieren könnte.

Zusammenfassend: Schöne Sprache, geschmeidiger Stil, gelungener Text!!!

Einziger Einwand:

So konnte es vorkommen, dass Regenschauer niedergingen, und wenig später, sobald der Regen aussetzte, dichter Nebel einsetzte

aussetzte und einsetzte: Das liegt mir ein wenig zu nahe beieinander - hat mich kurz rausgeworfen.


LG, Mirkoo

 

Erst einmal vielen Dank für die beiden Kritiken. Dann …

Hallo Wilhelm Berliner

So, wie du die Geschichte zusammenfasst, habe ich sie mir ungefähr gedacht. Eine tiefere psychologische oder philosophische Aussage hatte ich dabei nicht im Sinn. Es ging mir vor allem um das Beschreiben und Erzählen in einem Stil, der weder überaus dramatisch noch irgendwie satirisch oder ironisch, noch besonders emphatisch oder gar pathetisch ist. Ich suche also zur Zeit mein Mittelmaß (?), einen Stil in dem ich gut, leicht und flüssig erzählen kann. Insofern überrascht es mich nicht, wenn du schreibst

Der Satzbau ist einfach und schlicht (siehe die ersten Sätze). Die Wortwahl „üblich“

tatsächlich hat mich dieses Urteil sogar gefreut. Das war es nämlich, was ich wollte.

Peter und Armin sind die Hauptpersonen, ja? Man er erfährt nichts über sie. Warum?

Weil es mir nicht einmal in den Sinn kam, sie eingehender zu beschreiben. Aber ja, damit könnte man noch einige Meriten erlangen. Allerdings sind Peter und Armin keine Paradiesvögel. Peter wird später Maschinenmechaniker und Armin will Betriebswirtschaft studieren – du verstehst, ja? Sie sind einfach normal, d.h. ein wenig blass von Natur aus. Aber ja, wie gesagt, ich könnte da zulegen.

Mir kommt es vor, als wäre der Schluss der Geschichte nur locker mit dem Rest verbunden. Man müsste vom Schluss her den ganzen Vorspann nochmals durchdenken und neu formulieren.

Dass der Eingang in die Geschichte nicht auf deren Ausgang vorbereitet – einmal abgesehen vom Titel – ist absolut wahr. Das ist etwas, über das ich bereits nachgedacht habe. Aber ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das handhaben will. Auf jeden Fall wollte ich dieser Geschichte keinen im Voraus raunenden Erzähler verpassen.

Noch einmal herzlichen Dank
Gruß teoma

Hallo Mirkoo

Du zauberst einfach so eine Atmosphäre herbei, die einen sanft durch die gesamte Geschichte zieht. Ohne aufdringlich zu sein.

Gut, höre ich gerne.

Klar sind da jetzt nicht diese großen Schockmomente drin, welche man sich in diesem Forum erwartet. Trotzdem passt diese Geschichte hier gut rein.

Wahrscheinlich gibt es auch Leser, die gerade das Schockende vermissen. Ist aber doch gut, dass es auch andere gibt.

aussetzte und einsetzte: Das liegt mir ein wenig zu nahe beieinander - hat mich kurz rausgeworfen.

Hm, ich halte diese Fügung für gelungen. Ich habe sogar absichtlich ein Wort gestrichen damit dieses «ein-» und «aus-» näher beisammen liegt.

Auch dir noch einmal herzlichen Dank
Gruß teoma

 

Hi teoma,

ich schreibe mal mit, was mir so auffällt und gebe dir zum Schluss mein Fazit.

Peter und Armin besuchten die gleiche Schule. Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz. Sie fuhren mit dem Auto. Knapp vier Stunden dauerte die Anfahrt. Je weiter sie fuhren, desto mehr veränderte sich die Landschaft.
Mhm, also den Anfang finde ich jetzt nicht besonders mitreißend; wirkt etwas abgehakt und erklärend. Ich bin da ein Freund von szenischem Schreiben: die ganze Information, die du dem Leser hier mitgeben willst, könntest du auch nett in einer kleinen Szene im Auto oder so packen; da ist man beim Lesen einfach viel direkter dabei und wird ins Geschehen gezogen. Nur so ein Gedanke.
Kurz noch zu den Namen: Ich finde, Namen, v. a. wie sie klingen, machen enorm viel aus; Peter und Armin finde ich hier etwas farblos; so können sie ja gerne heißen, aber die Kids haben doch meistens Spitznamen, die sind originell und passen zu den Charakteren; ich würde es mir an deiner Stelle überlegen. Aber ist eine spitzfindige Geschmackssache.

In der ersten Woche war das Wetter schön; in der zweiten schlug es um. Es wurde regnerisch und kühl.
Ich finde, du schreibst etwas ... wie soll ich sagen? Unspektakulär? Aber das wäre irgendwie der falsche Begriff. Kommt mir bis jetzt halt bisschen steif und erklärend vor, sodass ich einfach keine griffigen Bilder vor mir habe. Das Wetter war schön finde ich viel zu wenig - manche Leute finden Gewitter schön, andere 45 Grad im Schatten, wieder andere mögen Nebel oder Sonnenuntergänge. Weißt du, was ich meine? Ich finde, so was kann man doch sprachlich viel viel schöner und bildlicher verpacken ... In der ersten Woche spannte sich der blaue Himmel wie ein riesiger Bettlaken bis zum Horizont ... keine Ahnung, ob du das gut findest, aber ich will dir bloß beispielhaft zeigen, dass es deine Aufgabe als Autor ist, neue, schöne Bilder für den Leser zu erfinden; das Wetter war schön hat man schon zu oft gehört, und darunter vorstellen kann ich mir auch nichts. Ich sehe gerade, dass du das in den darauffolgenden Sätzen machst mit den Wolkendecken. Gerne mehr davon!

Dann klarte die Sicht auf und man glaubte schon fast die Strahlen der Sonne durch die Wolken brechen zu sehen.
fast, die

Ganz hinten im Tal, wo links die Schijen- und rechts die Sulzfluh mit ihren Wänden, Zinken und Zacken bis in die Wolken reichten, wo Felsenzüge, Geröllhalden und Grasmatten einen öden Talkessel bildeten, lag länglich hingestreckt ein Bergsee.
Da hast du originelle Ideen. Vllt muss ich mein Kritikpunkt von vorhin etwas revidieren, denn hier schaffst du echt schöne Bilder!

«Nein, wir passen schon auf, versprochen!» sagten die beiden Freunde und kletterten in das Boot.
Okay, nach den langen Wetterwechselbeschreibungen und der Elternszene hoffe ich, dass die Geschichte nicht so ausgeht, wie ich es mir hier denke

Der Wasserspiegel wirkte grau wie die Nebelfetzen, die an den Talflanken hochstiegen.
Coole Beschreibung! Irgendwie hat sich deine atmosphärische Beschreibung im Gegensatz zum Anfang echt positiv entwickelt

Als wären es aufgescheuchte Wesen, flogen diese den treibenden Wolken entgegen, schwebten einzeln oder zu einem gespenstigem Reigen vereint durch den Talkessel, in dem das Boot der beiden Buben einem Laubblatt glich, das in einer Pfütze vor sich hin trieb.
Das ist auch sehr gut. Ich muss meine anfängliche Kritik bisschen zurücknehmen, glaube ich.

Ein Ruder war eben kein Paddel und ein Boot kein Kanu. In einem Bottich wären sie vielleicht eher vorwärts gekommen.
Das mit dem Kanu würde ich weglassen, führt irgendwie in der Geschichte nicht weiter, finde ich

Das Boot nahm träge Fahrt auf.
Fahrt aufnehmen finde ich eine abgedroschene Floskel; da fällt dir sicherlich etwas besseres ein!

«Endlich», meinte Armin, «das wurde aber auch Zeit. Meine Finger sind schon ganz klamm. Jetzt müssen wir aber zurück ans Ufer. Ich kann es schon gar nicht mehr sehen hier.»
Ich weiß nicht, ich kenne dich jetzt nicht, ich weiß auch nicht, wie lange du schon schreibst oder wie alt du bist, aber die Konversation deiner Figuren wirkt mir etwas zu ... unaufgeregt. In dieser Situation wird man doch panisch, oder? Mit ein bisschen mehr Panik im Gespräch würde auch mehr Gefühl rüberkommen; die Szene, in der sie jetzt verloren gehen, finde ich etwas steif, da kommen sehr wenige Emotionen rüber!

Dann wehte aber mit einem Mal
"mit einem Mal" ist auch ein sehr abgedroscher Ausdruck; würde ich entweder streichen, oder mir etwas originelles einfallen lassen

Die Nebelschleier lichteten sich, wurden zur Seite geschoben und gaben die Sicht frei, und vor ihnen lag so weit, wie sie sehen konnten, Wasser, Wasser nach allen Seiten hin, Wasser bis an den Horizont, überall nur Wasser, Wasser, Wasser.
Da kommt endlich mal ein bisschen Action rüber! Ein bisschen dieses Gefühl des Verlorenseins, Panik.
Das habe ich in deiner Geschichte vermisst: Gefühle, Angst, Panik, so was in die Richtung. Ich finde es auch schade, dass die Geschichte hier endet. Klar, in Wikipedia steht: Kurzgeschichten brauchen ein offenes Ende. Mhm. Bin ich kein großer Fan von ... denn jetzt sitzen die beiden wirklich in der Scheiße: Wie kommen sie da raus? Das könnte der Höhepunkt deiner Geschichte sein. Vllt muss sich einer irgendwie für den anderen opfern, sie haben eine Grenzerfahrung, treiben zwei Tage im See herum, bevor sie gefunden wären; so was könnte jetzt kommen, das würde die Story zu einer Story machen, an die man sich noch lange erinnert, die einen mitnimmt. Leider endet sie. Deine Sprache wirkt mir etwas zu steif und zu erklärend, erzählend, mir fehlen die szenischen Elemente, authentische Gespräche, die die Figuren charakterisieren und Emotionen rüberbringen, Emotionen, die einen als Leser mitleiden lassen, die einem nahegehen.

Ja, ich glaube zu merken, dass du jemand bist, der Lust aufs Schreiben hat, der erzählen will; bitte lasse dich von meiner Kritik nicht aus der Bahn werfen, bleib am Ball, die Geschichte ist zwar ausbaufähig und so, aber wenn du weiter schreibst und dir hier mal gut bewertete oder sogar empfohlene Geschichten anschaust und andere Storys kommentierst, kannst du sehr viel lernen, versprochen. Nimm meine Kritik bitte auch nicht persönlich oder so, ich versuche dir bloß zu zeigen, was du meiner Meinung nach besser machen könntest. Ich hoffe, du kannst etwas mit meinen Anmerkungen anfangen.

Grüße!

 

Hallo zigga

Erst einmal danke für die Kritik.

Mhm, also den Anfang finde ich jetzt nicht besonders mitreißend

Ist er nicht, das stimmt. Das hat so oder so ähnlich auch W.B. in seiner Kritik gesagt. Ich bin aber nicht sicher, wie ich das werte. Wahrscheinlich reicht es aus, wenn man einen Leser, statt dass man ihn mitreist, einfach nur mitzieht. Mitreißend gedachte Anfänge werden leicht reißerisch. Mich selber machen erzählerisch zugespitzte Anfänge nicht selten misstrauisch. Entscheidend dürfte wohl sein, wie die Geschichte funktionieren, d.h. wirken soll. Bei einer Geschichte, die davon erzählt, wie etwas Normales überraschend aus einem schaurigen Grund schlimm endet, wäre es meiner Ansicht nach unpassend, wenn man das Normale überzeichnen würde, als wäre es spektakulär.

Kurz noch zu den Namen: Ich finde, Namen, v. a. wie sie klingen, machen enorm viel aus; Peter und Armin finde ich hier etwas farblos; so können sie ja gerne heißen, aber die Kids haben doch meistens Spitznamen, die sind originell und passen zu den Charakteren; ich würde es mir an deiner Stelle überlegen. Aber ist eine spitzfindige Geschmackssache.

Ich persönlich bin kein Freund von Spitznamen. Ich wollte einfach nur gewöhnliche Namen benutzen; keine Namen, die irgendwie lässig oder cool wirken sollen und gerade darum nicht selten gesucht und sogar albern wirken. Eher noch als der Ruch des Gewöhnlichen, das den verwendeten Namen anhaftet, störte mich, wie häufig sie im Text vorkommen. Das hat bisher aber noch niemand bemängelt.

Kommt mir bis jetzt halt bisschen steif und erklärend vor, sodass ich einfach keine griffigen Bilder vor mir habe. Das Wetter war schön finde ich viel zu wenig - manche Leute finden Gewitter schön, andere 45 Grad im Schatten, wieder andere mögen Nebel oder Sonnenuntergänge. Weißt du, was ich meine?

Ich glaube zu wissen, was du meinst. Schönes Wetter ist nichts Dramatisches. Der Satz beschreibt auch nur mittelbar etwas Augenfälliges. Die Sonne schien über dem Tal, wäre eine anschauliche Aussage, die ausführlich darstellt, was vor sich ging. Das Wetter war schön, ist hingegen eine abstrakte Aussage, die verkürzend zusammenfasst. Auf jeden Fall lasse ich es mir durch den Kopf gehen, ob es besser wäre, wenn statt dem kurzen begrifflichen Wetterbericht ein anschaulich-ausführendes Bild stehen würde.

Allerdings möchte ich noch sagen, dass man gewöhnlich doch versteht, dass die Sonne scheinen wird, wenn der Wetterbericht schönes Wetter voraussagt. Niemand denkt dann: Schön? Heißt das vielleicht, es wird so schön regnen?

Fahrt aufnehmen finde ich eine abgedroschene Floskel; da fällt dir sicherlich etwas besseres ein!

Stimmt, ist abgedroschen. Da war ich schreibfaul.

Ich weiß nicht, ich kenne dich jetzt nicht, ich weiß auch nicht, wie lange du schon schreibst oder wie alt du bist, aber die Konversation deiner Figuren wirkt mir etwas zu ... unaufgeregt. In dieser Situation wird man doch panisch, oder? Mit ein bisschen mehr Panik im Gespräch würde auch mehr Gefühl rüberkommen; die Szene, in der sie jetzt verloren gehen, finde ich etwas steif, da kommen sehr wenige Emotionen rüber!

Während dem Schreiben dachte ich einige Male daran, dass ich mehr Angst beschreiben könnte. Ich dachte aber, dass die beiden ja wissen, dass sie auf einem Bergsee sind und nicht auf irgendeinm Meer. Sie erwarten auch keinen unerklärlichen oder übernatürlichen Vorgang. Zudem spielt Peter die Angst mehrmals herunter und beide sind mit dem verlorenen Ruder beschäftigt. – Wenn überhaupt, dann müsste ich also vermehrt beschreiben, wie sie ihre Gefühle beherrschen, wie sie ihre Angst nieder halten. Na ja, vielleicht kurz nachdem das Ruder ins Wasser fällt, könnte man ein wenig am Panik-Ventil drehen. Panik verpufft aber schnell. Ein solches Gefühl kann in einer Geschichte darum wohl kaum eine weithin tragende Rolle spielen, oder? Ich zumindest finde es spannender, wie sie ihre Angst und die daraus entstehende Wut beherrschen, wie sie sich betragen, indem sie einander zum Beispiel kurz beschimpfen, sich aber bereits wieder zurück halten, bevor sie den Schimpfnamen des jeweils anderen tatsächlich aussprechen.

Ich finde es auch schade, dass die Geschichte hier endet. Klar, in Wikipedia steht: Kurzgeschichten brauchen ein offenes Ende. Mhm. Bin ich kein großer Fan von ... denn jetzt sitzen die beiden wirklich in der Scheiße: Wie kommen sie da raus?

Gar nicht, sie kommen da nicht mehr raus und … Aber das willst du nicht lesen, wie sie – nennen wir es verharmlosend – wie sie drauf gehen. Falls jemand aber die Geschichte weiter erzählen will, bitte, jeder darf von dieser Geschichte nehmen, was ihm gefällt, und dann weiter schreiben.

Danke noch einmal und: Nein, deine Kritik ist nicht entmutigend.
Herzlich grüßend teoma :)

 

Hi,

ich hatte ein bisschen das Gefühl, du hast dich mit dieser Pointe im Hinterkopf hingesetzt und wolltest da einfach möglichst schnell hin. Deswegen kamen W. Berliner die Figuren so farblos vor - sie lesen sich wie nur erdacht, um sie an die Werwölfe zu verfüttern.

Die Momente, in denen Spannung aufkommen sollte - das verlorene Paddel zum Beispiel - scheinen mir so lieblos. Ist man dann durch, wirkt das rückblickend, als verließe die Geschichte sich viel zu sehr auf diesen Knalleffekt.

Dass du darüber hinaus keine Lust auf die Story hattest, kann ja nicht sein, dem widerspricht diese detaillierte Berg-und-Tal-Beschreibung. Aber da finde ich die Prioritäten falsch gesetzt. Das langsam heraufziehende Grauen, auf diesem See in eine Art Dimensionsloch geplumpst zu sein, das fehlt komplett. Die merken, dass sie sich irgendwie verrudert haben, und schwupp, überall nur Wasser, Wasser, Wasser.

So bleibt unter dem Strich eine trockene Aneinanderreihung von Feststellungen (dann wehte wind), die zwar in einer netten Idee gipfeln, die aber so emotionsfrei runtergekurbelt wird, dass sie wirkungslos verpufft.

Grüße
JC

 

Hallo Proof

Schön, hat die Geschichte noch einen Leser gefunden und einen Kommentar erhalten.

ich hatte ein bisschen das Gefühl, du hast dich mit dieser Pointe im Hinterkopf hingesetzt und wolltest da einfach möglichst schnell hin. Deswegen kamen W. Berliner die Figuren so farblos vor - sie lesen sich wie nur erdacht, um sie an die Werwölfe zu verfüttern.

Die Pointe hatte ich tatsächlich von allem Anfang an im Kopf. Die Figuren waren für mich eher zweitrangig. Aber ja, das nächste Mal werde ich schauen, dass das Verhältnis zwischen den Figuren und der Szenerie ausgeglichener und verschränkter ist.

Das langsam heraufziehende Grauen, auf diesem See in eine Art Dimensionsloch geplumpst zu sein, das fehlt komplett.

Das fehlt der Geschichte, weil es so sein muss. Du sagst ganz richtig, dass ich auf den Knalleffekt abziele. Wenn die beiden Jungspunde langsam erkennen würden, was ihnen droht, dann gäbe es zuletzt keinen plötzlichen Knall(Effekt). Wenn ich dich richtig verstehe, endet die Geschichte für dich aber nicht mit einem Knall sondern mit einem Verpuffen, und zwar, weil du nicht mit den Figuren gehen, nicht so richtig an ihren Ängsten und Wünschen teilnehmen kannst.

Hm – ich werde deine und auch die Kritiken der anderen berücksichtigen. Das Augenmerk mehr auf die wichtigen Personen zu legen, ist sicher ein guter Ratschlag.

Danke für deinen Kommentar
Gruss teoma

 

Hallo teoma,

eine interessante und ungewöhnliche Geschichte, die nach den ersten, ich sage rundheraus: etwas schulmäßig plaudernden Sätzen nicht nur an Fahrt aufnimmt, sondern auch das sprachliche Gestaltungsvermögen aufzeigt, das in Dir steckt.
Deine Naturbeschreibungen machen mir nicht nur Sehnsucht auf den nächsten Sommer, sondern auch Neugier auf mehr, was Du in die sprachliche Ausformung Deines Textes noch hineinstecken könntest.

Der Einstieg ist mir etwas zu lasch, weil die Information über Peter und Armin nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem weiteren Geschehen steht. Besser fände ich es, die Geschichte gleich mit der stimmungsvollen Beschreibung der Fahrt zu beginnen und danach einzufügen, dass sie ihre Ferien zusammen verbringen. Etwa, dass sie darauf gespannt sind, was ihnen dieser gemeinsame Urlaub bringen würde.

Gruß
Roger

 

Hallo Roger

Danke für deinen Kommentar.

Deine Naturbeschreibungen machen mir nicht nur Sehnsucht auf den nächsten Sommer, sondern auch Neugier auf mehr, was Du in die sprachliche Ausformung Deines Textes noch hineinstecken könntest.

Im Winter die Lust auf den Sommer zu schüren ist nicht so schwierig. Herausfordernd wäre es hingegen, Leser dahin zu kriegen, dass sie sich im Sommer nach den kalten und kurzen Tagen des Winters sehnen.

Der Einstieg könnte schmissiger sein, das stimmt. Zur Zeit habe ich freilich nicht die Geduld, ihn neu zu schreiben.

Gruss teoma

PS. Ich bin übrigens neugierig auf das zweite Kapitel deines Bronzezeit-Händler-Romans.

 

Hallo teoma,
diese Geschichte hat mir gefallen: das Schlichte, Kurze und Klare. Vieles ist ja schon auführlich komentiert worden.
Das fiel mir noch auf:

Nach einer geraumen Weile meinte Peter:
"geraumen" kann doch weg, oder?
Noch immer waren sie von einem Nebel umhüllt, der so dicht war, dass man keine zwei Meter weit sehen konnten.
... sehen konnte.
Mit dem Ende hatte ich etwas Probleme. Die alpine Landschaft wird so klar geschildert, dass man sich einen kleinen, kalten Bergsee vorstellt. Das erwähnst du ja explizit: länglich, klein. Als aber der Nebel verschwindet, so sieht man nichts als Wasser. Die beiden sind also gerade am ertrinken, sehen nur noch Wasser, oder sind bereits tot? Was sehen die Eltern? Ufer mit Felswänden, kein Boot und keine schwimmenden Menschen auf dem See? Ich denke, das Ende ist zu kurz und etwas Unerwartetes fehlt mir. Aber vielleicht habe ich ja ein Detail übersehen. Dann musst Du mir helfen.
Viele Grüsse, Fugu

 

Hallo Fugusan

Das fiel mir noch auf:
Nach einer geraumen Weile meinte Peter:
"geraumen" kann doch weg, oder?

Stimmt, das ist nicht nur überflüssig, es wirkt sogar überkandidelt.

Mit dem Ende hatte ich etwas Probleme. Die alpine Landschaft wird so klar geschildert, dass man sich einen kleinen, kalten Bergsee vorstellt. Das erwähnst du ja explizit: länglich, klein. Als aber der Nebel verschwindet, so sieht man nichts als Wasser. Die beiden sind also gerade am ertrinken, sehen nur noch Wasser, oder sind bereits tot? Was sehen die Eltern? Ufer mit Felswänden, kein Boot und keine schwimmenden Menschen auf dem See? Ich denke, das Ende ist zu kurz und etwas Unerwartetes fehlt mir. Aber vielleicht habe ich ja ein Detail übersehen. Dann musst Du mir helfen.

Du hast höchstwahrscheinlich nichts übersehen. Der Schluss beschreibt eben etwas, das man sich zwar vorstellen, aber nicht erklären kann. Der Grund für den Umstand, dass der See plötzlich riesig, vielleicht sogar unendlich ist, liegt im Verborgenen. Das ändert aber nichts an den Tatsachen, die in der Geschichte erzählt werden.

Eigentlich sollte der Schluss bestürzend wirken. Darum ist er auch kurz und ohne dieses langsame in die Sache hinein gehen wie der Anfang. Aber so richtig gelungen ist mir das mit dem Bestürzen bei dir zumindest nicht.

Vielen Dank für deine Kritik. Habe mich darüber gefreut.
Gruss teoma

 

Hallo teoma

Ich mag eigentlich unaufgeregten Schreibstil ganz gern, WENN dahinter das Grauen subtil durchschimmert. Aber deine Geschichte gruselt mich in keiner Weise, so wie ich es erwartet hätte.
Die ausführliche, zum Teil sich wiederholende Beschreibung des Schauplatzes verdrängt leider auch den zwischenmenschlichen Konflikt, ja lässt ihm hier überhaupt keinen Raum.
Schnell kommst du zum Ende, das du bereits im Titel mit dem Zaunpfahl angekündet hast, ohne das gross was passiert. Ok, aufziehender Nebel und ein verlorenes Paddel, that's it.

"Hast du das gehört?"
"Was?"
"Dieses Zischen, wie von einem Zug."
"Ein Zug? Hier auf dem See? Du spinnst ja, rudere lieber weiter."
"Du bist so ein Arsch." (ja, Arsch und nicht Punkt Punkt Punkt)
"Selber Arsch."

irgend so was bräuchte es, damit ich mit der Geschichte und seinen Protagonisten warm werden könnte. Aber ich glaube, hier trete ich alte Pfade aus, das hat man dir ja bereits ausführlich dargelegt.

Mein Urteil: Zuviel Landschaftsmalerei, zuwenig zwischenmenschlicher Konflikt. Und an den Dialogen musst du feilen.
Trotzdem, die Geschichte hat was und ich mochte eigentlich diese stille Bootsfahrt ins Verderben, musste aber dafür die ersten beiden Absätze streichen und mir auf dem See noch einiges dazufabulieren.
;)

Gruss dot

 

Als wären es aufgescheuchte Wesen, flogen diese den treibenden Wolken entgegen, schwebten einzeln oder zu einem gespenstigem Reigen vereint durch den Talkessel, in dem das Boot der beiden Buben einem Laubblatt glich, das in einer Pfütze vor sich hin trieb.

Hallo teoma,
nun bin ich doch wahrhaftig auf Deine Anfänge hierorts neugierig geworden (die mir auch durch den Tag der Einstellung hierorts verraten, warum wir uns nicht früher begegnet sind) und hatte nach dem allzu offensichtlichen Verstoß gegen elterliches Gebot mit direkter, von übergeordneter Stelle veranlassten Strafaktion sofort das Gefühl, dass es eine mythische Reise sein könne, hieße das Gewässer Tünnes-/Antoine-/Antöniensee oder auch Styx oder Acheron, das Ziel der Reise nun Tartaros/Hades oder Hel/Hölle wäre, zu denen auch die Namen der Jungen passten: Peter = Petrus/Kephas (aram.) der „Stein/Fels“, Armin (irmin/ermin) „allumfassend/groß“, die im Nebel von Niflung … usw.

Das mag Deiner Intention widersprechen, aber gute Literatur ist niemals so eindeutig wie ein Polizeibericht (wiewohl ein solcher auch gut geschrieben sein kann) oder ein mathematisches Problem.

Eine Flüchtigkeit wäre auszumerzen

Das Wasser spritz[t]e hoch, als die Ruder
Nachtragen müsstestu noch drei Kommas, jeweils zum Abschluss wörtl. Rede
«Nicht nachlassen, stoßen!»[,] rief Armin. // «Nein, wir passen schon auf, versprochen!»[,] sagten die … // «Pass doch auf!» [,] rief Armin.
(weil die Sätze – der Duden bezeichnet sie als „übergeordnet“ – fortgesetzt werden)

… lehnte so[…]weit über die Bordwand hinaus, …
hier ist „soweit“ keineswegs Subjunktion (die einschränkt, also begrenzt, als Weite anzuzeigen), hier sind Partikel (so = i.S. v. in dieser Weise, eben genau so) und Adjektiv (weit = entfernt, eher grenzenlos, soweit wir wissen), also: besser auseinander

Hier bei diesem Satz würd ich den Akkusativ vorziehn (wohin geht’s in diesen Ferien? In die Berge der …)

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz

Gern gelesen vom

Friedel,
der nun der neuen Taten harret ...

 

Hallo Friedel

hatte nach dem allzu offensichtlichen Verstoß gegen elterliches Gebot mit direkter, von übergeordneter Stelle veranlassten Strafaktion sofort das Gefühl, dass es eine mythische Reise sein könne

Das kann man so sehen, ja. Die auffliegenden Nebelfetze haben etwas Mystisches. Für mich hat auch der Ort, ein Talkessel ganz hinten im Tal, einen mystischen Anklang, weil ich dort den Ursprung der Flüsse und Täler sehe. Ein anderer Leser assoziiert damit vielleicht etwas anderes wie zum Beispiel das Ende der Welt oder einen Übergang zwischen irgendwelchen Welten. Es kommt darauf an, wie man die Sache zu sehen gewohnt ist.

Das mag Deiner Intention widersprechen, aber gute Literatur ist niemals so eindeutig wie ein Polizeibericht (wiewohl ein solcher auch gut geschrieben sein kann) oder ein mathematisches Problem.

Habe mir letzthin auf der Internetseite «Belles Lettres – Deutsch für Dichter und Denker» einen Beitrag angehört, in dem es eigentlich um Metaphern ging, in dem der Sprecher aber auch über das Deuten von Literatur sprach. Er erklärte, dass Schriftsteller nicht öffentlich darüber reden sollten, wie ihre Geschichten zu verstehen seien, weil das den Leser beim Bilder sehen einschränke. Das scheint mir eine bedenkenswerte Aussage zu sein. Es ist eine entspannte Haltung, die sich darin zeigt; ist vielleicht die Haltung, aus der heraus schlechte Polizeiberichte und gute Geschichten entstehen.

«Nicht nachlassen, stoßen!»[,] rief Armin. // «Nein, wir passen schon auf, versprochen!»[,] sagten die … // «Pass doch auf!» [,] rief Armin.
(weil die Sätze – der Duden bezeichnet sie als „übergeordnet“ – fortgesetzt werden)

Danke für die Erklärung. Habe mir das nie richtig merken können, weil ich nur immer gesehen habe, wie’s gemacht wird, aber nie gelesen habe, warum es so gemacht wird.

Danke auch für die anderen Hinweise auf Fehler.

Hier bei diesem Satz würd ich den Akkusativ vorziehn (wohin geht’s in diesen Ferien? In die Berge der …)

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz

Wohin ging’s in den Ferien? – In die Berge.
Wo haben sie ihre Ferien verbracht? – In den Bergen.
Wohin fuhren sie in ihren Ferien? – In die Berge.
Wo lag das Ferienhaus? – In den Bergen.

Ich habe beim Schreiben hin- und herüberlegt, ohne dass ich zu einem Schluss gelangen konnte. Dann wollte ich nach der Maßgabe des Gefühls entscheiden. Allerdings sagte das Gefühl bei jedem Lesen wieder etwas anderes. Zum Schluss habe ich ganz im Sinne der hohen Schule deutscher Grammatik entschieden mit einem Abzählreim.Tja, war vielleicht ganz vernünftig so.

Habe übrigens nicht wenig gestaunt, wie du dich durch meine Geschichten durchgeackert hast.

Gruss teoma

 

Noch mal ich,

lieber teoma,
in der Hoffnung, Dir nicht auf den Geist zu gehen, und noch mal das Problem Akkusativ (die Ferien; die Berge) oder Dativ (den Bergen)

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz.
...
Wohin ging’s in den Ferien? – In die Berge.
Wo haben sie ihre Ferien verbracht? – In den Bergen.
...
Ich habe beim Schreiben hin- und herüberlegt, ohne dass ich zu einem Schluss gelangen konnte. Dann wollte ich nach der Maßgabe des Gefühls entscheiden. Allerdings sagte das Gefühl bei jedem Lesen wieder etwas anderes. Zum Schluss habe ich ganz im Sinne der hohen Schule deutscher Grammatik entschieden mit einem Abzählreim.Tja, war vielleicht ganz vernünftig so.

Der erste Teil ist auf jeden Fall korrekt konstruiert

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; …
der zwote hingegen ist ein unvollständiger Satz:
heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz.
der sein Prädikat aus dem „gingen“ des ersten Teiles ziehen muss, wenn sie denn schon in den Bergen sind (was der Dativ ja behauptet). Dem widerspricht aber das sicherlich gutgemeinte Semikolon. Das steht üblicherweise zwischen „gleichrangigen“ Sätzen, wenn der Punkt zu stark, das Komma zu schwach wirkt.

Kurz: Ein Komma statt des Semikolons wäre m. E. die Lösung des Problems, es trennt eine Aufzählung zwischen den Ferien und den Bergen.

Gruß

Friedel

 

Hallo teoma

Der Titel erweckte mir Neugierde, da er in seiner Aussage zu einem Stück aus der Mythologie oder ebenso zu einer Abenteuergeschichte passen könnte. Umso überraschter war ich, als ich merkte, dass die Autofahrt ins Prättigau führte.

Es liest sich leicht und beschaulich, man meint als Leser direkt vor Ort zu stehen, der schnell veränderlichen Witterung in den Alpen ausgesetzt. Dass die Jungen es sich nicht nehmen lassen, aus Zeitvertreib und Vergnügen das am Ufer liegende Boot zu kapern, ergibt sich schon fast zwingend. Die andern Möglichkeiten an einem solchen Tag in der Einöde, etwa bergauf zu kraxeln und nach Edelweiss oder einem Bergkristall zu suchen, sind dann ja eingeschränkt.

Beim sich nahezu kenternden Boot und auch noch, als es sich im Kreis drehte, glaubte ich das sich nahende Ende zu kennen, die Suggestion des Titels war zu gegenwärtig. Umso verblüffender war mir der Ausgang der Geschichte, die hier in beinah mythologisch anmutender Verwischung der Wirklichkeit, den Bergsee als Gewässer von unendlicher Weite auftun liess.

Auch wenn die Ereignisse sehr knapp gehalten sind, die Protagonisten beinah Statistenrollen wahrnehmen und ich mich anfänglich in einer simpel anmutenden Jugendgeschichte wähnte, gab es mir mit dem surrealen Brückenschlag zum Titel, eine völlig neue Perspektive. Eine „Legende“ aus den Bergen von mal ganz anderer Art. Mit wenigen Elementen ist Dir hier eine sehr schöne Erzählung gelungen, deren Titel sich als raffiniert treffend erwies.

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz.

Bei diesem Satz stolperte ich – wie auch Friedel, wie ich beim nachträglichen Lesen der anderen Kommentare sah, - über die von mir fettmarkierte Formulierung. Ich hätte an dieser Stelle in die Schweizer Berge gewählt.

Mit der Nachlese an Kommentaren bemerkte ich erst, dass Du die Geschichte mit dem Stichwort Horror versehen hast. Auch wenn sich dahinter eine breite Palette an Themen verbergen kann, die dem Unbehagen Rechnung tragen, finde ich es schwächt mit dieser Wahl den Esprit dieser Geschichte. Sonstige mag verallgemeinernd klingen, doch das Besondere, welches sich mit dem Unerwarteten erfüllt, käme damit besser zum Tragen, finde ich zumindest.

Sehr gern gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Nochmals hierzu

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz.
, ohne jemand auf den Geist gehen zu wallen:

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien, heuer [gingen/(altern.: wandern o. a. sinnvolles Verb) sie] mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz.
Sie sind also schon da! Aber warum sollten sie nur gehen?

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer [ging’s] mit der Familie Armins in [die Berge] der Schweiz
, oder besser Anakreons Umstellung.
Oder aber: "Sie sind auf dem Weg in die Schweiz." In dem Falle wäre der Hinweis auf die Berge entbehrlich (ist ja nicht plötzlich Flachland geworden).

Schönes Wochenende und tschüss!

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Friedel und Anakreon

Hat einige Zeit gedauert, bis ich nun antworte. Aber ich wollte nicht nur schnell, schnell etwas in die Tasten hauen. Darum hat es gedauert.

An Friedel

Das Problem wächst. Zuerst ging’s nur um den Artikel und jetzt geht’s auch noch um das Satzzeichen. Naja, ist oft so: Man hat einen klitzekleines Zweifelchen, also schaut man genauer hin und schon kommt man auf eine Frage, zwei Fragen, drei Fragen … und am Schluss fragt man sich, wie ist es überhaupt möglich, dass man sonst doch immer ohne zu überlegen scheinbar richtig redet.

Der erste Teil ist auf jeden Fall korrekt konstruiert

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; …

Dann lassen wir den so.

der zwote hingegen ist ein unvollständiger Satz:

heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz.

Dem stimme ich zu.

der sein Prädikat aus dem „gingen“ des ersten Teiles ziehen muss, wenn sie denn schon in den Bergen sind (was der Dativ ja behauptet).

Dass sie schon in den Bergen sind, kann man tatsächlich so verstehen, wenn geschrieben steht, dass sie in den Bergen gingen. Mit «gingen in die Berge» bedeutet der Satz hingegen, dass sie noch nicht dort sind. Wenn man zudem sieht, dass später in der Geschichte auch noch die Fahrt in die und danach in den Bergen der Schweiz auch beschrieben wird, wenn man das also bedenkt, dann muss man folglich im ersten Satz «die Berge der Schweiz» schreiben. - Ich stimme zu.

Nun bleibt noch die Frage nach dem richtigen Satzzeichen.

Dem [dass sie schon in den Bergen sind] widerspricht aber das sicherlich gutgemeinte Semikolon.

Ja, dem würde es wiedersprechen, wenn ich den Artikel nicht ändern würde.

Das [Semikolon] steht üblicherweise zwischen „gleichrangigen“ Sätzen, wenn der Punkt zu stark, das Komma zu schwach wirkt.

Jawohl, so habe ich mir das auch gedacht. Weil es zwei Sätze gleichen Ranges sind, die weniger verbunden sein müssen, als wie es ein Komma bei einem Gefüge aus über- und untergeordnetem Sätzen macht, die aber – weil ja der zweite sein Prädikat aus dem ersten bezieht – nicht ganz durch einen Punkt getrennt werden können. Allerdings denke ich, dass ein Komma wohl auch ginge, wenn man so wollte.

Sind wir uns schon einig?

Übrigens, Friedel, die Landschaft der Schweiz besteht nicht nur aus Bergen. Also die Formel «Schweiz = Berge», die ist so einfach wie falsch.

Bedanke mich
Gruß teoma


An Anakreon

Der Titel erweckte mir Neugierde, da er in seiner Aussage zu einem Stück aus der Mythologie oder ebenso zu einer Abenteuergeschichte passen könnte. Umso überraschter war ich, als ich merkte, dass die Autofahrt ins Prättigau führte.

Es gibt dort einen See, den Partnunsee, der abgelegen in einem Talkessel liegt. An seinem Ufer findet man im Sommer auch stets ein Ruderboot, das jedermann benutzen kann. Ein Boot lag dort schon zu der Zeit, als ich selber noch ein Bube war wie die beiden der Geschichte.

Beim sich nahezu kenternden Boot und auch noch, als es sich im Kreis drehte, glaubte ich das sich nahende Ende zu kennen, die Suggestion des Titels war zu gegenwärtig. Umso verblüffender war mir der Ausgang der Geschichte, die hier in beinah mythologisch anmutender Verwischung der Wirklichkeit, den Bergsee als Gewässer von unendlicher Weite auftun liess.

Hat die Geschichte also bestens geklappt bei dir.

Jeden Sommer gingen sie außerdem zusammen in die Ferien; heuer mit der Familie Armins in den Bergen der Schweiz.
Bei diesem Satz stolperte ich – wie auch Friedel, wie ich beim nachträglichen Lesen der anderen Kommentare sah, - über die von mir fettmarkierte Formulierung. Ich hätte an dieser Stelle in die Schweizer Berge gewählt.

Ist geändert.

Mit der Nachlese an Kommentaren bemerkte ich erst, dass Du die Geschichte mit dem Stichwort Horror versehen hast. Auch wenn sich dahinter eine breite Palette an Themen verbergen kann, die dem Unbehagen Rechnung tragen, finde ich es schwächt mit dieser Wahl den Esprit dieser Geschichte. Sonstige mag verallgemeinernd klingen, doch das Besondere, welches sich mit dem Unerwarteten erfüllt, käme damit besser zum Tragen, finde ich zumindest.

Ja, das Stichwort hat wohl auch einige Leser dazu bewogen, die Geschichte als reine Schock- und Grusel-Geschichte zu lesen, was wiederum dazu führte, dass sie als zu beschaulich und leicht befunden wurde. Heute könnte man ihr zwei oder auch drei Stichworte zuteilen. So könnte man sich vielleicht behelfen. Aber welche? – Das könnte ich jetzt so auf die Schnelle selber nicht sagen.

Danke auch dir für deinen Beitrag
Gruß teoma

 

Sind wir uns schon einig?
Waren wir uns uneinig?,

lieber teoma.

Aber ob Wort oder Zeichen, immer wird darum gerungen und ob es korrekt ist offenbart sich oft erst in der Schriftform (selbst wenn es heißt, man schreibe, wie man spräche.

Übrigens, Friedel, die Landschaft der Schweiz besteht nicht nur aus Bergen. Also die Formel «Schweiz = Berge», die ist so einfach wie falsch.
Weiß ich doch, wie die Lüneburger Heide doch auch den Wilseder Berg kennt.

Tschüss!

Friedel

 

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