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Bohrende Nachfrage

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03.08.2003
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Bohrende Nachfrage

Sie hatte im Flur gestanden und ihn irritiert angesehen. Zumindest hoffte Rolf, dass sie irritiert gewesen war und nicht genervt oder sogar angewidert. Aber er hatte sie ja nur gefragt, ob sie vielleicht mal zu ihm auf eine Tasse Kaffee vorbeikommen wollte. So von Nachbarin zu Nachbar. Doch nichts dabei, oder? Ihr freches, aber süßes Balg hätte sie auch mitbringen können.
Rolf blickte in den Spiegel im Flur und versuchte sich in seine Nachbarin hineinzuversetzen. Okay, sein Bart könnte etwas mehr Pflege vertragen, aber alles in allem – ganz passabel. Die Nachbarin jedoch hatte nach einer Schweigesekunde einfach ihre Wohnungstür aufgeschlossen. Nur das Balg an ihrer Hand hatte eine nennenswerte Reaktion gezeigt. Es hatte sich noch einmal umgedreht und ihm die Zunge herausgestreckt.
Schade, aber nicht zu ändern. Seit Rolf vor zwei Wochen hier eingezogen war, hatte er noch niemanden aus dem Haus kennengelernt. Und das zur Weihnachtszeit.

Als Marie aus dem Fenster schaute, tanzten Schneeflocken in der Luft. Am Ende der Straße konnte sie die große Weihnachtstanne vor dem Rathaus sehen. Es ließ sich wohl nicht länger aufschieben. Sie holte den Karton mit dem Weihnachtsschmuck aus einem Fach ganz oben im Schlafzimmerschrank und stellte ihn neben dem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer ab. Vorsichtig packte sie die zerbrechlichen Kugeln aus, bemühte sich, nicht viel nachzudenken, konzentrierte sich auf ihre Hände. Jonas, ihr fünfjähriger Sohn, wuselte währenddessen um sie herum und sah ihr neugierig zu. Maries Blick blieb an einer weißen Kugel hängen, die mit einer feinen, gestrickten Umhüllung versehen war. Sie musste schlucken. Die Kugel hatte ihnen Lina, die litauische Pflegerin, aus ihrer Heimat mitgebracht. Das war vor einem Jahr gewesen.
Inzwischen hatte eine Engelsfigur Jonas‘ Interesse geweckt.
„Mama, kann der Engel Wünsche erfüllen, so wie der Weihnachtsmann?“, fragte er.
Marie lächelte. „Nur, wenn man fest daran glaubt.“
Jonas umklammerte die Figur, schloss die Augen und flüsterte seinen Wunsch. Als er sie wieder öffnete, strahlte er.
„Was hast du dir denn gewünscht?“, fragte Marie.

Rolf seufzte. Genug der nutzlosen Gedanken. Ran an den Speck!, befahl er sich. Wohlgefällig betrachtete er den gewaltigen Bohrhammer, den er im Baumarkt erstanden hatte. Damit sollte es selbst seinen mit lauter Daumen ausgestatteten linken Händen möglich sein, die benötigten Löcher in die Wand zu kriegen, anschließend Dübel und Schraubhaken zu platzieren und daran das Regal aufzuhängen. Kinderspiel. Sorgfältig maß und taxierte Rolf, kontrollierte mit der ebenfalls frisch gekauften Wasserwaage, riss an, bis es endlich so weit war. Ob ein 6er Bohrer reichte? Besser ein 8er, um auf Nummer Sicher zu gehen. Jetzt noch den Stecker, kurzer Probelauf. Ja, das brummte. Ein tiefes, kraftvolles Geräusch, wie geschaffen, den Tatendrang eines Mannes akustisch aufzuwerten.
Er schaltete den Bohrhammer ein und setzte den Bohrer auf das Bleistiftkreuz an der Wand. Überraschend leicht glitt der Bohrer in die Wand hinein, er musste kaum Druck aufwenden. Wie das vielzitierte Messer durch die Butter. Ein ziemlich abgedroschener Vergleich. Gab es da nicht irgendetwas Originelleres? Wie der Delphin durchs W… Ein Ruck unterbrach seine Überlegungen. Plötzlich gab es überhaupt keinen Widerstand mehr, die Bohrmaschine rutschte bis zum Anschlag gegen die Wand und hässliches Poltern war zu hören, dann ein Schrei. Verunsichert zog Rolf den Bohrer aus dem Loch und schaltete das Gerät ab. Als er durch das Loch blickte, sah er auf der anderen Seite einen ziemlich großen, unregelmäßig geformten hellen Fleck.

„Einen …“
Ein brummendes Geräusch aus der Nachbarwohnung, dann ein Poltern ließen Jonas verstummen und Marie hochschrecken. Ein großer Brocken der Wohnzimmerwand brach heraus und krachte auf das neue Laminat. Marie schrie unwillkürlich auf.

Schlagartig wurde Rolf wieder bewusst, wo diese andere Seite war, als sich der Fleck verdunkelte.
Er setzte statt des Auges den Mund an das Loch.
„Wie wär‘s jetzt mit einem Kaffee?“, fragte er.

 

Hallo @Sturek,
den Titel finde ich lustig. Gut geschriebene leichte Weihnachtsstory. Es muss ja nicht immer das ganz große Gefühl sein. Es tut zur Abwechslung auch mal ein Wohlfühlalltagsgeschichte ganz gut. Ich finde sowieso, richtige Weihnachtsstory müssen irgendwie harmlos sein. Ein bisschen Talmi, wie der Weihnachtsschmuck, ebenfalls etwas falsch sentimental. Die Amis kriegen das immer ganz gut hin. Wenn ich da an meinen Lieblingsweihnachtsfilm "Betty und ihre Schwestern" mit Winona Ryder denke. Ich weiß nicht, was ich an diesem Film finde. Sogar der Schnee wirkt unecht. Alles trieft vor falschen Gefühlen. Doch, Last ,not least, Betty und ihre Schwestern hat was. Vielleicht solltest Du sogar bei Deiner Geschichte noch mehr auf die Tube drücken.
Gruß Frieda

 

Hallo @Frieda Kreuz

Vielen Dank für dein Feedback.

Gut geschriebene leichte Weihnachtsstory. Es muss ja nicht immer das ganz große Gefühl sein.

Freut mich, dass du es so liest. Genau so war es auch von mir gedacht. Weihnachtsstorys können von mir aus gerne leicht sein und ein wohliges Gefühl vermitteln. Was ja nicht heißen muss, dass ernste Themen ausgespart werden. Hier die Anonymität, der Mangel an Kontakten in der Stadt und ein Trauerfall im Hintergrund. Der Trend geht hin zur Vereinzelung. In Großstädten sind mittlerweile die Singlehaushalte in der Mehrzahl und Berlin ist die Hauptstadt der Alleinlebenden.

Aber ein Happy Ende sollte unbedingt in Sicht sein. Vielleicht nimmt sie die Einladung an?

Wenn ich da an meinen Lieblingsweihnachtsfilm "Betty und ihre Schwestern" mit Winona Ryder denke.
Kenne ich nicht. Ist aber, wie du es andeutest, bestimmt ein schöner Weihnachtsfilm. Ich hab früher öfter „Fanny und Alexander“ geguckt. Einfach tolle Bilder. Sollte ich mir auch mal wieder antun.
Vielleicht solltest Du sogar bei Deiner Geschichte noch mehr auf die Tube drücken.
Das sollen mal lieber die Leser machen, wenn sie wollen. Möglichkeiten gäbe es.

Vorweihnachtliche Grüße
Sturek

 

Hallo @Sturek!

Schöne, kleine Weihnachtswohlfühlgeschichte hast du da geschrieben; samt Wendung am Ende – gibt es nix zu meckern.
Was mich als Handwerker jedoch triggert, sind die technisch/handwerklichen Parts. Da klingt für mich manches wie bei Beschreibungen von sportlichen Aktivitäten (in Filmen ist das fast ausschließlich so), die so meilenweit an der Realität vorbeigehen. Da frage ich mich immer: Warum wird das so gemacht?
Eine realistisch dargestellte Kletterszene beispielsweise würde mMn nichts an Spektakel einbüßen – selbst wenn der Held keine vierköpfige Familie einhändig überm Abgrund hält. Klar, kann man nun argumentieren, dass sich die Mehrzahl nicht dafür interessiert, ob das möglich ist – Hauptsache es knallt! Ich glaube jedoch, dass sich mittlerweile die Meisten physikalischer Grenzen bewusst sind und solch bodenlose Übertreibungen eher müdes Gähnen und Kopfschütteln hervorrufen.
Zurück zu deinem Text: Natürlich muss/soll nicht detailverliebt beschrieben werden, stimmig sollte es aber schon daherkommen, oder? Mein Hauptkritikpunkt Trift leider direkt die Pointe. Trennwände sind in aller Regel zumindest 24cm dick. Plus 2-3cm Putz braucht es da schon einen stattlichen Bohrer und eine recht gestörte Wahrnehmung von Dimensionen, wenn er sich zuvor fragt, sollen es 6er oder 8er Dübel sein, die so um die 4 - 12cm lang sind. Lange Rede, kurzer Sinn: Das passiert mMn nur, wenn man es will. Und in diesem Fall eben der Autor.;)

Sie hatte im Flur gestanden und ihn verwirrt angesehen. Zumindest hoffte Rolf, dass sie verwirrt gewesen war und nicht genervt oder sogar angewidert.
Fände verwundert passender. Vielleicht aber auch nur, weil wir es zuletzt mit so vielen verwirrten Omas zu tun hatten.:lol:

Ihr freches, aber süßes kleines Balg hätte sie auch mitbringen können.
Weißt du selber: Frech & süß, reine Behauptungen – ließe sich in ein, zwei Sätzen auch zeigen.

Okay, sein Bart könnte etwas mehr Pflege gebrauchen, aber alles in allem – ganz passabel.
vertragen?

Seit Rolf vor zwei Wochen hier eingezogen war, hatte er noch niemanden aus dem Hausaufgang kennengelernt. Die Anonymität der Großstadt. Und das zur Weihnachtszeit.
Typischer Streichkandidat.

Jonas, ihr fünfjähriger Sohn, wuselte währenddessen um sie herum und sah ihr neugierig zu. Maries Blick blieb an einer weißen Kugel hängen, die mit einer feinen, gestrickten Umhüllung versehen war. Sie musste schlucken. Die Kugel hatte ihnen Lina, die litauische Pflegerin, aus ihrer Heimat mitgebracht. Das war vor einem Jahr gewesen.
Inzwischen hatte eine Engelsfigur Jonas‘ Interesse geweckt.
„Mama, kann der Engel Wünsche erfüllen, so wie der Weihnachtsmann?“, fragte er.
Marie lächelte. „Nur, wenn man fest daran glaubt.“
Jonas umklammerte die Figur, schloss die Augen und flüsterte seinen Wunsch. Als er sie wieder öffnete, strahlte er.
„Was hast du dir denn gewünscht?“, fragte Marie.
Zumal dann auch hier nix von frech zu spüren ist …

Kinderspiel!

Sorgfältig maß und taxierte Rolf, riss an, kontrollierte mit der ebenfalls frisch gekauften Wasserwaage, bis es endlich so weit war.
Hier beispielsweiße: Er macht zunächst Striche an die Wand und überprüft die danach mit der Wasserwaage? Da greifen für mich nicht die linken Hände, das ist ein logischer Denkfehler, der ihn nicht handwerklich ungeschickt, sondern dümmlich erscheinen lässt.

Ein tiefes, kraftvolles Geräusch, wie geschaffen, den Tatendrang eines Mannes akustisch aufzuwerten.
Da komm ich nicht ganz mit: Er will es machen, Tatendrang, und das Lärmen der Maschine gibt seinem Drang, es machen zu wollen eine höheren Wert. Hm, bekomm ich nicht zusammen.:confused:

Er schaltete das Hammerwerk ein und setzte den Bohrer auf das Bleistiftkreuz an der Wand.
Er schaltet das Hammerwerk ein obwohl er einen Bohrer verwendet? Schon gut, schon gut – lassen wir das.:)

Überraschend leicht glitt der Bohrer in die Wand hinein, er musste kaum Druck aufwenden.
Auch ohne handwerklichen Hintergrund scheint mir gleiten hierbei fehl am Platz.

und hässliches Poltern war zu hören, dann ein Schrei. Etwas verunsichert zog Rolf den Bohrer aus dem Loch und scha
Hässlich, ja, kann man machen – fände dumpf oÄ besser. Geschmack.
beunruhigt?

Als er durch das Loch blickte, sah er auf der anderen Seite einen ziemlich großen, unregelmäßig geformten hellen Fleck.
Wie das? Egal wie groß das auf der anderen Seite der Wand abgeplatzt Stück auch sein mag, er schaut durch das 8ter Loch und kann daher auch nur diesen Ausschnitt erkennen, oder?

Wie dem auch sei, lässt mann meine Bedenken beiseite, funktioniert die Geschichte prima. Ich kann nur nicht:rotfl:

Gruß,
Sammis

 

Hallo @Sammis

und vielen Dank für dein Feedback. Es freut mich, dass die Story dir insgesamt als kleine Wohlfühlgeschichte gefallen hat.

Und du hast sogar noch deine handwerkliche Erfahrung eingebracht. Mal sehen, ob ich dein Bild von dem Helden über dem Abgrund wenigstens so weit abmildern kann, dass der Held mit seiner freien Hand nur noch seine beiden Kinder hält. :)

Wenn Rolf auf seiner Seite ein Loch bohrt, das sagen wir, 10 cm lang ist, und auf der anderen Seite da in der Nähe auch schon mal irgendein Vormieter ein Loch gebohrt hat, ist so ein Durchbruch gar nicht mal so unwahrscheinlich, oder? Vielleicht hat die Wand beim ersten Bohren Risse bekommen. Da kann schnell mal ein großer Brocken abplatzen, vor allem, wenn man einen Bohrhammer einsetzt und die Wand spröde ist, zum Beispiel aus Beton.

Weißt du selber: Frech & süß, reine Behauptungen – ließe sich in ein, zwei Sätzen auch zeigen.
Ich könnte das Balg schon im Flur dabei sein lassen. Mal sehen. Guter Tipp.
Seit Rolf vor zwei Wochen hier eingezogen war, hatte er noch niemanden aus dem Hausaufgang kennengelernt. Die Anonymität der Großstadt. Und das zur Weihnachtszeit.
Typischer Streichkandidat.
Das könnte noch weg, stimmt.
Zumal dann auch hier nix von frech zu spüren ist …
Er ist auch ab und zu süß.
Er macht zunächst Striche an die Wand und überprüft die danach mit der Wasserwaage? Da greifen für mich nicht die linken Hände, das ist ein logischer Denkfehler, der ihn nicht handwerklich ungeschickt, sondern dümmlich erscheinen lässt.
Da er ungeschickt ist, macht er solche Arbeiten auch ungern und stellt sich dümmlich dabei an. Aber ich kann die Reihenfolge auch ändern.
Da komm ich nicht ganz mit: Er will es machen, Tatendrang, und das Lärmen der Maschine gibt seinem Drang, es machen zu wollen eine höheren Wert. Hm, bekomm ich nicht zusammen.:confused:
Hmm, das sind so Sachen, die entweder zünden oder nicht. Will ich erstmal so lassen.
Er schaltet das Hammerwerk ein obwohl er einen Bohrer verwendet? Schon gut, schon gut – lassen wir das.:)
Da hat er wohl noch eine Schlagbohrmaschine. Scheint ein Fehler zu sein.
Wie das? Egal wie groß das auf der anderen Seite der Wand abgeplatzt Stück auch sein mag, er schaut durch das 8ter Loch und kann daher auch nur diesen Ausschnitt erkennen, oder?
Der Durchbruch ist selbstverständlich trichterförmig.

Vorweihnachtliche Grüße
Sturek

 

Okay, sein Bart könnte etwas mehr Pflege vertragen, aber alles in allem – ganz passabel.

Großer Gott, aber meiner ist gestern … auf einen “look like unshaven“ reduziert worden („Stoppel“bart, also scheinbar „un“rasiert, die Welt will betrogen werden), Grund genug – vielleicht, vielleicht auch nicht – als Stoppelfeld (des momentanen Vietnam-Nahkampf-Schnitts spricht eher dafür als dagegen) anzusehen oder gar zu interpretieren, ...

bester @Sturek,

und weil ich mir „Schonung“ zwischen den Zeiten verordnet hab, bin ich bei Dear gegen elf Uhr gestrandet, weil’s mir halt so gefällt und die Lektüre auch, und was es zu rügen gäbe, kann jedem widerfahren. Denn hier
Ihr freches, aber süßes[,] kleines Balg hätte sie auch mitbringen können.
ist die Größe unabhängig vom Geschmack (ich kann auch ganz süß …), und sei’s Liqueur
Rolf blickte in den Spiegel im Flur und versuchte, sich in seine Nachbarin hineinzuversetzen.
Komma weg – es zerschlägt das komplexe Prädikat "sich in …. hineinzuversetzen“

Muss dear nicht Leid tun, dass mehr nicht ist ... auf jeden Fall gern gelesen vom Dante

friedchen,

mit 'n paar Hinmweisen - wie

Seit Rolf vor zwei Wochen hier eingezogen war, hatte er noch niemanden aus dem Hausaufgang kennengelernt.
Nix falsch, aber je- und niemand können nicht nur ohne Endung bestehen, also
„Seit Rolf vor zwei Wochen hier eingezogen war, hatte er noch niemand… aus dem Hausaufgang kennengelernt.
Das war vor einem Jahr gewesen.
Wozu das Gewese?

Rolf seufzte. Genug der nutzlosen Gedanken. Ran an den Speck!, befahl er sich.
Wem denn sonst – wenn „niemand“ (Odysseus?) genannt wird oder wurde ... oder kürzer - niemand sonst da ist?

Gab es da nicht irgendetwas Originelleres.
Warum Großschreibung & vor allem die FRAGE ... kein Fragezeichen¿

Schlagartig wurde Rolf bewusst, wo sich diese andere Seite befand, als sich der Fleck verdunkelte.
Warum Befindlichkeiten belästigen, wenn ein Hilfsverb substantiviert die ganze Welt beherrscht als Sein ...

fragt der Freatle

 

Lieber Friedel,
@Friedrichard

Schön, dass du zum Entspannen zu meiner kleinen Weihnachtsgeschichte gefunden hast. Danke auch für die Fehlersuche. Glücklicherweise waren es diesmal gar nicht so viele. Sogar eine ausreichende Anzahl Ausrufungszeichen scheinen im Text vorhanden zu sein. Ich habe alles korrigiert und behalte hoffentlich auch deine Hinweise im Kopf.

Großer Gott, aber meiner ist gestern … auf einen “look like unshaven“ reduziert worden
Gar nicht Weihnachtsmann-like. :)
Rolf blickte in den Spiegel im Flur und versuchte, sich in seine Nachbarin hineinzuversetzen.
Komma weg – es zerschlägt das komplexe Prädikat "sich in …. hineinzuversetzen“
Hattest du mir ja schon mal angemahnt. Und ich hatte es wieder vergessen … Ich versuche es mir zu merken.
Nix falsch, aber je- und niemand können nicht nur ohne Endung bestehen, also
Das geht auch ohne Deklinition? Hätte ich nicht gedacht.
Wozu das Gewese?
Einfach „war“ ist eine gute Alternative. Es kommt aus meiner Sicht darauf an, welchen Standpunkt der Leser an der Stelle einnimmt, den des Erzählers oder den Maries. Vom Standpunkt des Erzählers ist es vollendete Vergangenheit.
Gab es da nicht irgendetwas Originelleres.
Warum Großschreibung & vor allem die FRAGE ... kein Fragezeichen¿
Substantivierung von Adjektiven? Kann man das hier auch klein schreiben? Ich würde hier sicherheitshalber immer die Großschreibung anwenden.

Vorweihnachtliche Grüße
Sturek

 

Hallo @Sturek,

eine nette Weihnachtsgeschichte!

Sie hatte im Flur gestanden und ihn verwirrt angesehen.
"Verwirrt" ist so negativ konnotiert. Skeptisch?

Seit Rolf vor zwei Wochen hier eingezogen war, hatte er noch niemanden aus dem Hausaufgang kennengelernt
Aus dem Hausaufgang, nicht dem Haus? Im Treppenhaus kennengelernt? "Aus dem" klingt so, als ob da welche im Treppenhaus wohnen.

Damit sollte es selbst seinen mit lauter Daumen ausgestatteten linken Händen
Welch schönes Bild für ein illustriertes Kinderbuch!

Jetzt noch den Stecker, kurzer Probelauf. Ja, das brummte. Ein tiefes, kraftvolles Geräusch, wie geschaffen, den Tatendrang eines Mannes akustisch aufzuwerten.
"brummte" ist ein wenig dürftig, gemessen daran, dass der "Tatendrang eines Mannes" akustisch aufgewertet werden soll.

Wie das vielzitierte Messer durch die Butter. Ein ziemlich abgedroschener Vergleich. Gab es da nicht irgendetwas Originelleres? Wie der Delphin durchs W…
Du kennst die Kritiker ... hatte schon angesetzt: "Ein ziemlich abgedroschener Vergleich". Ein schöner Einfall, dem Kritiker den Wind aus den Segeln zu nehmen ... auch ein ziemlich abgedroschener ...
Wie ein Elefant, der mit dem Kopf durch die Wand will, dieser Sturkopf! :lol:

Leider muss man glauben, dass ein Bohrer solch eine Wirkung haben kann. Da werden, um zwei Wohnungen aus einer zu machen, einfach mal ein paar Leichtbauelemente aufgestellt, vorgeschädigtes Material verwendet ...


Schlagartig wurde Rolf bewusst, wo diese andere Seite war, als sich der Fleck verdunkelte.
Das nehme ich ihm nicht so ab, man weiß, wo die Nachbarwände sind, hat vielleicht mal das Kind gehört.

Ein brummendes Geräusch aus der Nachbarwohnung, dann ein Poltern ließ Jonas verstummen und Marie hochschrecken. Ein großer Brocken der Wohnzimmerwand brach heraus und krachte auf das neue Laminat. Marie schrie unwillkürlich auf.
Dieser Perspektivwechsel hat mich etwas aus dem Lesefluss gebracht, ist vielleicht auch unnötig, da du vorher schreibst:
hässliches Poltern war zu hören, dann ein Schrei.
Man könnte sogar, über den Schrei hinaus, Worte verstehen ("oh Gott!" o. Ä.).

Er setzte statt des Auges den Mund an das Loch.
Das klingt etwas gestelzt (finde ich). Er schaut durch, sieht die Frau, findet es dringend nötig, etwas Versönliches zu sagen (klar, dass er dann durch das Loch sprechen muss).

Schön, dass (wie bei dir eigentlich immer) dein Text, abgesehen vom Unterhaltungswert noch eine ernste Komponente hat: Einsamkeit, Hürden bei der Kontaktaufnahme, mehr oder weniger berechtigtes Mißtrauen - durchaus Probleme unserer Gesellschaft.

Dabei ist es so einfach: Wenn ihr besser leben wollt, seid nett zueinander ...
Oder, wie man in Hessen sagt: 'Schwätze muss mer mit de Leit!'

L G,

Woltochinon

 

Hallo @Woltochinon

Danke für deine Kritik und ich freue mich, wenn ich dich unterhalten konnte. Ernste Themen müssen ja nicht immer bierernst behandelt werden.

"Verwirrt" ist so negativ konnotiert. Skeptisch?
So unterschiedlich ist das mit der Wahrnehmung von Wörtern. Für mich ist eher „skeptisch“ negativ besetzt und „verwirrt“ neutral.
Aus dem Hausaufgang, nicht dem Haus? Im Treppenhaus kennengelernt?
In einem Wohnblock mit mehreren Hausaufgängen kenne ich das so, dass man von Hausaufgang spricht, wenn von den Mietern die Rede ist, die dort wohnen. Ist vielleicht nicht überall so gebräuchlich? „Haus“ ist ja nicht verkehrt, obwohl das nicht unbedingt auf einen Wohnblock schließen lässt. Habe ich geändert.
"brummte" ist ein wenig dürftig, gemessen daran, dass der "Tatendrang eines Mannes" akustisch aufgewertet werden soll.
Da fällt mir kein passender Ersatz für „brummen“ ein. „Dröhnen“ trifft es nicht. Und ich habe das „brummen“ ja zusätzlich noch als tief und kraftvoll beschrieben.
Du kennst die Kritiker ... hatte schon angesetzt: "Ein ziemlich abgedroschener Vergleich"
Genau! Ich habe inzwischen eine ausgewachsene Phobie vor Wörtern wie „Phrase“ und „Klischee“ entwickelt. :D
Leider muss man glauben, dass ein Bohrer solch eine Wirkung haben kann.
Nicht der Bohrer, sondern ein gewaltiger Bohrhammer, der Hammer des Thor gewissermaßen.:lol:
Schlagartig wurde Rolf bewusst, wo diese andere Seite war, als sich der Fleck verdunkelte.
Das nehme ich ihm nicht so ab, man weiß, wo die Nachbarwände sind, hat vielleicht mal das Kind gehört.
Er hat im Moment des Bohrens nicht daran gedacht. Es wurde ihm also vielleicht wieder bewusst.
Dieser Perspektivwechsel hat mich etwas aus dem Lesefluss gebracht, ist vielleicht auch unnötig, da du vorher schreibst:
Natürlich könnte die Passage auch entfallen. Ich wollte aber genau an der Stelle noch einmal an den Wunsch von Jonas erinnern.
'Schwätze muss mer mit de Leit!'
Der Satz gefällt mir. Das kostet oft Überwindung. Mauern einreißen … auch um sich.

Vorweihnachtliche Grüße
Sturek

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Sturek,


Du schreibst:
"Für mich ist eher "skeptisch" negativ besetzt und "verwirrt" neutral.

Vielleicht habe ich einen zu starken medizinischen 'Bias': Verwirrtheit ist eine Bewusstseinsstörung, mir kommen Assoziationen wie 'aus dem Altenheim entwichen, die Person ist verwirrt und hilflos' in den Sinn. Aber, wie gesagt, es kann eine ganz persönliche Sichtweise sein.

Ernste Themen müssen ja nicht immer bierernst behandelt werden.
Auf alle Fälle! Ich finde, Texte die nicht literarisch schwer daherkommen werden sowieso unterschätzt.

In einem Wohnblock mit mehreren Hausaufgängen kenne ich das so, dass man von Hausaufgang spricht, wenn von den Mietern die Rede ist, die dort wohnen. Ist vielleicht nicht überall so gebräuchlich?
Danke für die Erklärung, kannte den Begriff nicht. Ist zum Glück nix Wesentliches ...

Er hat im Moment des Bohrens nicht daran gedacht. Es wurde ihm also vielleicht wieder bewusst.
Also: Ich glaube, er hat es im Moment des Bohrens verdrängt! Er hoffte, dass die Mauer einbricht, damit er die Frau anquatschen kann (wahrscheinlich ist er ein hinterhältiger Lustmörder – ja, so wird, nein muss es sein!).

Übrigens: Eine gelungene Überschrift!

Wünsch dir frohe Weihnachtstage!

Woltochinon

 

Also: Ich glaube, er hat es im Moment des Bohrens verdrängt! Er hoffte, dass die Mauer einbricht, damit er die Frau anquatschen kann (wahrscheinlich ist er ein hinterhältiger Lustmörder – ja, so wird, nein muss es sein!).
Und ich dachte schon, der tiefere Sinn der Story bliebe unbemerkt. :D
"Irritiert" statt "verwirrt", trifft es doch!?.

Dir auch schöne Weihnachtstage!
Sturek

 

Hallo @Sturek,


als gelegentliche Liebhaberin von Kalauern gefällt mir dein Titel. Die Geschichte bringt viel von dem mit, was zu einer (vor)weihnachtlichen Geschichte gehören kann, Kontaktwünsche in der Anonymität und im Alleinsein zur Weihnachtszeit, ein bisschen Tränendrüse, nette Protagonisten und ein bisschen Comedy. Romantic Comedy, wäre es ein Film. Die Tränendrüse finde ich aber dezent eingearbeitet, das steht der Geschichte ganz gut und auch ein allzu offensichtliches Happy End hast du dir verkniffen.

Ihr freches, aber süßes, kleines Balg hätte sie auch mitbringen können.

Hast du mal dran gedacht, ein Adjektiv zu streichen, z.B. klein, oder frech, weil er ja ohnehin die Zunge rausstreckt?
Vorsichtig packte sie die zerbrechlichen Kugeln aus, bemühte sich, nicht viel nachzudenken, konzentrierte sich auf ihre Hände.
Das klingt, als wäre das eine ganz belastende Tätigkeit für sie, diesen Weihnachtsbaum zu schmücken. Als wäre das Fest vielleicht irgendwie vorbelastet.
Maries Blick blieb an einer weißen Kugel hängen, die mit einer feinen, gestrickten Umhüllung versehen war. Sie musste schlucken. Die Kugel hatte ihnen Lina, die litauische Pflegerin, aus ihrer Heimat mitgebracht. Das war vor einem Jahr gewesen.
Es ist das erste Weihnachten ohne jemand Besonderen, vielleicht Jonas' Vater, weil er schwer krank war und im zurückliegenden Jahr verstorben ist. Das könnte auch ein wenig erklären, warum Marie nicht reagiert, als Rolf sie im Flur anspricht. Vielleicht trägt sie noch genug an ihrer Trauer und ist noch nicht soweit, vielleicht ist sie überfordert, weil sie nicht damit rechnet, weil sowas alles viel zu lange her ist.
frisch gekauften Wasserwaage, riss an, bis es endlich so weit war.
soweit
Ja, das brummte. Ein tiefes, kraftvolles Geräusch, wie geschaffen, den Tatendrang eines Mannes akustisch aufzuwerten.
Ich hege den Verdacht, dass deshalb Laubbläser so beliebt sind.
Finde die Formulierungen aber schön an dieser Stelle.
Ein brummendes Geräusch aus der Nachbarwohnung, dann ein Poltern ließ Jonas verstummen
würde "ließen" schreiben

Gern gelesen,
viele Grüße,
Helen

 

Hallo @Helenesthe

Vielen Dank für dein Feedback und die nützlichen Hinweise. Aha, Romantic Comedy also. Das klingt gut. Ich wollte wirklich ganz bewusst vermeiden, auf die Tränendrüsen zu drücken. Deswegen habe ich mir auch verkniffen, den Weihnachtswunsch von Jonas auszuformulieren …

Das und auch das wahrscheinliche Happy End überlasse ich gerne der Fantasie des Lesers.

Hast du mal dran gedacht, ein Adjektiv zu streichen, z.B. klein, oder frech, weil er ja ohnehin die Zunge rausstreckt?
Ich nehme "klein". Das steckt ja schon im "Balg" drin.
Es ist das erste Weihnachten ohne jemand Besonderen, vielleicht Jonas' Vater, weil er schwer krank war und im zurückliegenden Jahr verstorben ist.
So war es von mir gedacht. Und die möglichen Ursachen für Maries Verhalten hast du schön formuliert.
frisch gekauften Wasserwaage, riss an, bis es endlich so weit war.
soweit
Soweit ich weiß, müsste „so weit“ hier getrennt geschrieben werden, weil es einen Zustand beschreibt und keine Konjunktion ist. Ich kann es nicht durch „soviel“ oder „in dem Maße, wie“ ersetzen.
Ich hege den Verdacht, dass deshalb Laubbläser so beliebt sind.
Ich hatte auch mal einen. Die Dinger machen einen höllischen Lärm. Mir war es zu viel und ich habe ihn verkauft.:)
Ein brummendes Geräusch aus der Nachbarwohnung, dann ein Poltern ließ Jonas verstummen
würde "ließen" schreiben
Ändere ich.

Vorweihnachtliche Grüße
Sturek

 

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