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Bock - Ein Protokoll ( neue Version )

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06.02.2002
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Bock - Ein Protokoll ( neue Version )

Die alte Fassung, geschrieben unter starkem Alkoholeinfluss. Die neue, überarbeitete Version habe ich weiter hinten drangepostet.

Wir trafen uns nach Fünf, dort wo wir uns immer trafen: André, Ratze, Biene und ich. Eigentlich kein schlechter Tag, Sonnenschein, kaum Wolken. André erzählte, er habe Stress auf der Arbeit gehabt. Ratze meinte, wenigstens hast du Arbeit. Biene schlug vor, im nahen Supermarkt Bier zu kaufen. Wir hatten unseren Spaß, wie wir zu viert auf der Parkbank saßen, Dosenbier tranken und Witze rissen; schließlich war ja auch Sommer. Die Leute, im Vorbeigehen musterten sie uns kritisch, waren uns schon lange egal geworden. Als Ratze den Blick eines Rentners, die Dose in der Hand, mit rollenden Augen und Fratzen schneidend erwiderte, hätten wir uns beinahe bepisst vor Lachen.
Kurz nach Acht, es wurde langsam dunkler, das letzte Steininger war getrunken, meinte Biene, sie müsse nach Hause. Nicht ungewöhnlich, der Alte von ihr machte öfters Terz, wenn sie zu spät zu Hause war – dabei war sie schon siebzehn!
Wir schlenderten also den Park entlang. André und Ratze fingen wieder mit der Arbeit an, dann mit dem Pogen, wir lachten uns kaputt.
Irgendwelche Penner auf der Parkbank, ich muss nur Andrés Blick folgen, um zu wissen, was los ist. Drei abgerissene, bärtige Gestalten, in abgewetzten Jacken und natogrünen, schmutzigen Bundeswehrparkas. Sie starren erst uns an, dann Biene, wir starren zurück, dann sitzen ihre zertrunken aussehenden Köpfe wieder an einer Pulle Schnaps. Sie lallen irgendwas. André starrt immer noch, während wir, betont langsam, schweigsam, an ihnen vorüberschlendern. Es ist bereits kühl geworden, keine Menschen mehr im Park, alle zu Hause.
Da umklammert einer der Penner – er sitzt links auf der Parkbank, seine Augen trübe – eine vor ihm stehende Dose, er mag nicht mehr ganz klar sein, und schleudert sie nach uns, ein „Scheiß Nazis“ stammelnd. Seltsame Augen dabei, doch dafür habe ich keinen Blick mehr: die Dose – halber Liter – dreht sich durch die Luft, verschleudert dabei ihren Rest Bier. Drei Meter vor Ratze und André, die etwas vorgegangen waren, ein helles „Pling“, als das Aluminium auf dem Weg aufschlägt. Ich weiß nicht, ob Ratze wirklich etwas abbekommen hatte. Auf jeden Fall ist ihm das folgende „Schon gut“ des Penners in der Mitte der Bank herzlich egal, sein Gesicht verzieht sich zur Grimasse aus Abscheu, Hass.
Wir müssen ihm folgen, wir sind schließlich unsere besten Freunde. Biene bleibt stehen. André stürmt auf die Bank zu, der Penner links reißt die Hände vor den Kopf, es geht los. Bamm, Bamm. Blut spritzt auf meine Hose – beige – während ich zutrete, der aus der Mitte sich am Boden windet. Ihre Flasche Fusel zerspringt in Scherben. Es geht alles sehr schnell bei so was. Ich glaube, ja ich glaube, es ist dieses geile Gefühl der Macht, was die Sache wirklich reizvoll macht.

[ 08.05.2002, 14:04: Beitrag editiert von: Paranova ]

 

Soo,
um den Challenge mal ein bißerl zu beleben und euch das Gefühl zu geben, dass ihr es besser machen könnt, hab ich mal einen alten Text von mir entstaubt und reingesetzt, der sicher irgendwie anmacht. Hoffe ich zumindest.
Euer
para

 

Hm, ich weiß nicht, ob mich dieser Text in irgendeiner Form "anmacht".
Es ist eine Standard-Geschichte über Jugendgewalt, nicht mal die Erkenntnis am Schluß ist neu, die herauszufinden hätte ich ohnehin dem Leser überlassen. Viel Substanz finde ich da nicht.

Aber vielleicht konnte ich dieser Geschichte nur nicht viel abgewinnen, weil sie ausgrechnet in "Texte die anmachen" steht.

 

Hi Steffen, schön was von dir zu lesen.
In der Tat, dein Text provoziert ganz schön und hat eine gute Wirkung, durch den dramatischen und mehr oder weniger unerwarteten Umschlag, den du gut eingebracht hast. Da ich die Geschichte vom Aufbau her gut gelungen finde, beschäftige ich mich eher mit Satzstilistik und Rechtschreibung.

Kurz nach Acht, er wurde langsam dunkler, das letzte Steininger war getrunken, meinte Biene, sie müsse nach Hause.
Ein kleiner Rechtschreibfehler: er=es

Zum Stil: Deine Sätze sind oft recht umständlich aufgebaut. An einigen Stellen trifft es ganz gut zu, aber ich würde es nicht dominieren lassen. Passend zu der Geschichte würde ich eher dazu tendieren, einfacher zu konstruieren.

Wir schlenderten also den Park entlang. André und Ratze fingen wieder mit der Arbeit an, dann mit dem Pogen, sie sprangen sich gegenseitig an, und Biene und ich lachten uns mit ihnen kaputt.
Leuchtet mir nicht ganz ein. Um was für Arbeit handelt es sich?
Die Erklärung für das Pogen würde ich weglassen. Ich denke dem Großteil der Leser dürfte die Bezeichnung geläufig sein. Eine Erklärung wirkt für die Athmosphäre eher schwächend.

Irgendwelche Penner auf der Parkbank, ich muss nur Andrés Blick folgen, um zu wissen, was los ist.
An dieser Stelle wechselst du die Zeiten. Sicher, die Gegenwart beschreibt das Geschehen wesentlich direkter und näher, allerdings verwirrt der Wechsel sehr und klingt eher ungeschickt.

Wir müssen ihm folgen, wir sind schließlich unsere besten Freunde.
unsere=seine

Blut spritzt auf meine Hose – beige – während ich zutrete
Den Zwischeneinwurf "beige" würde ich mir sparen und lieber "auf meine beige Hose" schreiben.

Den letzten Teil hast du sehr kurz und zügig beschrieben, was mir gut gefällt, da ein Gegensatz zu der "Ruhe" im ersten Teil entsteht und das Geschehen so noch krasser heraussticht.
Gewirkt hat die Geschichte besonders gut, weil ich für die Freunde zunächst positive Assoziationen hatte.

Eine Geschichte, die es in sich hat. :thumbsup:

Frederik

[ 30.04.2002, 16:30: Beitrag editiert von: Frederik ]

 

hi!
ja, ich muß Fred recht geben: anmachen tut der Text. Im Sinne von blöd anmachen.
also paßt er her.
ich fand den Stil auch vielfach zu umständlich. Besonders die ersten 2 indirekten Reden zeigen das:

André erzählte, er habe Stress auf der Arbeit gehabt. Ratze meinte, wenigstens hast du Arbeit.
Die erste ist sprachlich korrekt, aber komplizierter. Die 2. dann Umgangssprache. Das würde mE nur passen, wenn die Charaktere entsprechend wären. Also Prof zu Proll, um es zu übertreiben. Ich würde aber hier einen einfachen Stil wählen. was mich daneben gerade hier noch stört, ist die jeweils kurze Einleitung: erzählte / meinte.... das klingt so aufgezählt.
Versuch es doch hier ohnehin lieber mit wiedergegebener wörtlicher Rede.
A. motze mal wieder: "Hab Streß gehabt, auf der Arbeit". Daß Ratze einwarf, "Na, wenigstens haste Arbeit", war gar nicht nach seinem Geschmack. --- oder sowas. das würde das Konstruktionsproblem entfallen lassen, ein wenig.

Auch ansonsten: lieber leichter formulieren. Du erzählst doch aus der Perspektive eines der Charaktere, die sicherlich einfacher sprechen. - zumindest in dieser Situation oder bei einem so stolzen Bericht darüber.
Beinahe fehlt mir hier schon ein "Mann, weißte.." oder "Ey, Alter.." :D
jedenfalls wirkt der Text in der Perspektive, die Du gewählt hast, besonders intensiv. Weil man das gefühl hat, sich mit der Figur anlegen zu müssen. Ihm zu erklären, daß er sich danebenbenimmt... um es höflich zu sagen.

Was schockierend war, war der Satz, es wären keine Menschen mehr im Park. Und direkt davor und danach von den Obdachlosen zu reden. Läßt tief blicken... Da könnte man Deine Figur würgen...

Gruß,
Frauke

[ 02.05.2002, 00:56: Beitrag editiert von: arc en ciel ]

 

Mahlzeit!
Arc, dass musste mir erklären:

hi!
ja, ich muß Fred recht geben: anmachen tut der Text. Im Sinne von blöd anmachen.
"Blöd anmachen" :confused:
Aber wenigstens erfüllt er seinen Zweck. Das Challenge ist eröffnet!
Sobald ich Zeit habe ( Montag, nach Matheprüfung ), werd ich mich mit Freds und deiner umfangreichen Kritik auseinandersetzten.
Ich geb zu, dass einige Sachen noch nach Überarbeitung schreien, das hat wohl damit zu tun, dass ich den Text irgendwann mal im betrunkenen Kopf geschrieben und am nächsten Morgen für zu realistisch befunden habe, um zu gefallen.
Vielen Dank für eure Arbeit,
para

 

hi!
also ich wollte ausdrücken:
der Text macht nicht in erotischer Hinsicht an. Er macht aber in provokanter Hinsicht an. So, wie "blöd von der Seite anmachen"..
denn das tun die Figuren Deiner KG, aus deren Sicht das Ganze geschildert ist.

Erklärung ausreichend?

Frauke

 

Erklärung gelesen, zum Großhirn weitergeleitet und dort nach reichlicher Überlegung für ausreichend befunden worden.
;)

 

Moin Para.

Also, deine Kurzgeschichte, bezogen auf das Topic: "Texte, die anmachen" geht wohl in Richtung: dumm anmachen, blöd ansaugen.

Ich habe ein paar Verbesserungsvorschläge (ich habe die anderen Kritiken nicht gelesen, könnte also doppelt gemoppelt sein)

Eigentlich kein schlechter Tag, Sonnenschein, kaum Wolken.
Du leitest hier eine Rahmenleitung ein, aber bringst sie nicht zu Ende. Wie wärs mit Nieselregen zum Ende hin, oder zwischendurch ein paar dunkle Wolken? Würden der Kg mehr Pfiff geben, meiner Meinung nach.

André erzählte, er habe Stress auf der Arbeit gehabt. Ratze meinte, wenigstens hast du Arbeit. Biene schlug vor, im nahen Supermarkt Bier zu kaufen.
gefällt mir gut, diese Anapher. Gefällt mir.

 

Danke Maya.
Fließt alles rein in den Topf, aus dem ich den neuen Bock zu ziehen versuchen werde.

 

Moin Para.

Also, deine Kurzgeschichte, bezogen auf das Topic: "Texte, die anmachen" geht wohl in Richtung: dumm anmachen, blöd ansaugen.

Ich habe ein paar Verbesserungsvorschläge (ich habe die anderen Kritiken nicht gelesen, könnte also doppelt gemoppelt sein)

Eigentlich kein schlechter Tag, Sonnenschein, kaum Wolken.
Du leitest hier eine Rahmenleitung ein, aber bringst sie nicht zu Ende. Wie wärs mit Nieselregen zum Ende hin, oder zwischendurch ein paar dunkle Wolken? Würden der Kg mehr Pfiff geben, meiner Meinung nach.

André erzählte, er habe Stress auf der Arbeit gehabt. Ratze meinte, wenigstens hast du Arbeit. Biene schlug vor, im nahen Supermarkt Bier zu kaufen.
gefällt mir gut, diese Anapher. Gefällt mir!

Nicht ungewöhnlich, der Alte von ihr machte öfters Terz, wenn sie zu spät zu Hause war – dabei war sie schon siebzehn!
...zu spät nach Hause kam.
(finde ich passender, denn schließlich ist sie aktuell noch bei ihren Kumpels, aber Ansichtssache)

Wir schlenderten also den Park entlang. André und Ratze fingen wieder mit der Arbeit an, dann mit dem Pogen, wir lachten uns kaputt.
Irgendwelche Penner auf der Parkbank, ich muss nur Andrés Blick folgen, um zu wissen, was los ist.
Vielleicht solltest du nach: "wir lachten uns kaputt." einen Absatz setzen, schließlich findet dort ein "Neustart" statt und auch deine Zeit wechselt ja dann ins Präsens.

Irgendwelche Penner auf der Parkbank, ich muss nur Andrés Blick folgen, um zu wissen, was los ist.
Ist es beabsichtigt, dass das Verb fehlt? Stört beim Redefluß. Wie wärs mit hängen, sitzen,...

Sie starren erst uns an, dann Biene, wir starren zurück, dann sitzen ihre zertrunken aussehenden Köpfe wieder an einer Pulle Schnaps.
Warum wird Biene auf eimal ausgeschlossen? Zu Beginn des Textes gehörte Biene doch auch zur Gruppe.
"Sie starren uns an, besonders Biene, wir starren zurück..."
zertrunken habe ich noch nie gehört. Der Satz hört sich merkwürdig an.
",dann setzen sie ihre zerrissenen Lippen wieder an die Pulle Schnaps."

Da umklammert einer der Penner – er sitzt links auf der Parkbank, seine Augen trübe – eine vor ihm stehende Dose, er mag nicht mehr ganz klar sein, und schleudert sie nach uns, ein „Scheiß Nazis“ stammelnd.
Warum die Bindestriche nach Penner? (Das war später noch öfter, ich glaube "beige Hose" oder so. Würde ich eine Einfügung von machen. Der Satzbau ist seltsam (seine Augen sind trübe..)

sein Gesicht verzieht sich zur Grimasse aus Abscheu, Hass.
sein Gesicht verzieht sich zu einer Grimasse, eine Grimasse des Hasses und Abscheus.

Wir müssen ihm folgen, wir sind schließlich unsere besten Freunde.
Du wolltest bestimmt "seine besten Freunde" schreiben, obwohl es auch cool etwas anders wäre, z. B. Wir folgten unseren Prinzipien, schließlich sind wir selbst unsere besten Freunde.
Fiel mir nur so ein.

Blut spritzt auf meine Hose – beige – während ich zutrete, der aus der Mitte sich am Boden windet.
Wo kommt auf einmal "der aus Mitte" her? (und hier ist auch das "beige" (s. o.). Oder mach eine beige Hose einfach davon.

Ich glaube, ja ich glaube, es ist dieses geile Gefühl der Macht, was die Sache wirklich reizvoll macht.
Ich glaube, ja, ich glaube...

Ja, der Text machte an. Schön auch die Gegenüberstellung dieser zwei sich anmachenenden "Randgruppen".
Viel Glück weiterhin für dein Abi

Lieben Gruß
Maya

 

Hey Steffen.

Auf mich wirkt der Text ziemlich unfertig. Habe mehrere Aspekte, die ich mal aufgreifen möchte:

Indirekte Rede... st ab und zu ok, aber auf Dauer? Zumal sich hier die gute Gelegenheit bietet, das rein erzählerische Element durch kurze, direkte Dialoge zu brechen. Zum Beispiel in der Einleitung:

André erzählte, er habe Stress auf der Arbeit gehabt. Ratze meinte, wenigstens hast du Arbeit. Biene schlug vor, im nahen Supermarkt Bier zu kaufen.
Ist mir erstens zu umständlich formuliert, zweitens denke ich, dass man durch die direkte Rede Deine Charaktere ausgefeilter, charakteristischer wirken würden.

Genauso ein paar Sätze weiter, warum stellst Du das hier nicht dar, anstatt nur zu erzählen?

Wir hatten unseren Spaß, wie wir zu viert auf der Parkbank saßen, Dosenbier tranken und Witze rissen;...
Hier würde ich wieder direkte Rede verwenden:
Kurz nach Acht, es wurde langsam dunkler, das letzte Steininger war getrunken, meinte Biene, sie müsse nach Hause. Nicht ungewöhnlich, der Alte von ihr machte öfters Terz, wenn sie zu spät zu Hause war – dabei war sie schon siebzehn!
Dann hier:
ich muss nur Andrés Blick folgen, um zu wissen, was los ist.[
Was ist denn los? Woher kommt diese Aggressivität, die besonders Andre ausweist? Dein Erzähler sagt am Ende, das er glaubt zu wissen, worin die Ursache liegt... aber ein bisschen das Gefühl, dass Dir zwar eindeutig klar ist, was hier gemeint ist, Dein Leser aber aufgrund der Knappheit ein bisschen auf der Strecke bleibt... die ‚ich will dem Leser nicht alles vorkauen’ – Ausrede gilt hier nicht, mir muss man nichts vorkauen... aber ich will genug subtile Anhaltspunkte, um mir ein Bild zu schaffen, dass mich zum Reflektieren bringt bzw. zwingt...

Da umklammert einer der Penner – er sitzt links auf der Parkbank, seine Augen trübe – eine vor ihm stehende Dose, er mag nicht mehr ganz klar sein, und schleudert sie nach uns, ein „Scheiß Nazis“ stammelnd.
Sprachlich unschön... entweder ‚er mag nicht mehr ganz klar sein’ auch durch Gedankenstriche statt Kommata abgetrennt, oder, und die Variante würde ich vorziehen, zwei Sätze.
Ich weiß nicht, ob Ratze wirklich etwas abbekommen hatte.
Erzähler im Präsens, warum also hier Plusquamperfekt?

Wir müssen ihm folgen, wir sind schließlich unsere besten Freunde.
Streich das ‚unsere’? Und noch eine Überlegung... eigentlich würde ich gerne etwas mehr über die Freundschaft erfahren, beste Freunde kann so vieles heißen.

. Ich glaube, ja ich glaube, es ist dieses geile Gefühl der Macht, was die Sache wirklich reizvoll macht.
Für mich widersprüchlich. Zuerst spricht der Erzähler von Solidarität, fast Zugzwang. Jetzt plötzlich von Reiz... was empfindet er denn nun wirklich?

Ich will ehrlich sein, Steffen... bin von dem Text, so wie er jetzt hier steht, nicht sonderlich begeistert, zumal man mMn deutlich besseres von Dir gewohnt ist. Würde mich interessieren, was Du Dir so gedacht hast, vielleicht könnte ich dann Motiv, Intention und Umsetzung konkreter kommentieren.

Meld’ Dich mal?
San

 

Hmpf, schon alles gesagt. Schließe mich Fred und San an. Auch Ben hat Recht: Der Schluss wirkt platt. Vielleicht ersetzen durch eine subtilere Reflektion, wie geil man sich plötzlich fühlt, das Warum nicht erklären! Kommt der Leser selbst drauf.

 

Hi Paranova,
es ist eigentlich schon alles gesagt. Die Geschichte ist zwar, vom Handeln der Protagonisten her, anmachend und liest sich gut, allerdings fehlt mir eine Begründung für den plötzlich aufkommenden Hass, die Aggression. Oberflächig betrachtet ist sicherlich das Werfen der Dose ursächlich am Folgenden, aber in Wirklichkeit ist das ja nur der Auslöser, auf den sie gewartet haben.
Für mein Gefühl verlierst du zuwenige Worte über das, was dahinter steht.

Ach ja, dann fiel mir noch auf:

Wir müssen ihm folgen, wir sind schließlich unsere besten Freunde
Sollte es nicht heißen seine besten Freunde?

Gruß
querkopp

[ 07.05.2002, 16:38: Beitrag editiert von: querkopp ]

 

Bock - ein Protokoll
So, hier die Fassung, in die eure umfangreichen Kritiken eingegangen sind, und mit der ihr hoffentlich zufrieden sein könnt...?

„Na dann erzähl mal,“ fordert mich der alte Mann auf und fixiert mich mit seinen stahlgrauen Augen. Ich halte mich an der Zigarette fest, die er mir angeboten hatte. Ich sollte ihm alles sagen.
„Wir ham uns so um Fünf getroffen. War ja kein schlechter Tag...“
„...wo habt ihr euch getroffen? Wer war dabei?“, fragt der Alte freundlich.
„Naja, wir halt: André, Ratze, Biene und ich. Wir kennen uns schon ewig und sind oft da, im Park. Da auf der Bank bei den Buchen. André meinte halt, dass er Stress auf de´ Arbeit gehabt hat, mit seinem Meister. Und der Ratze hat ihn dann angemacht, von wegen wenigstens hast du Arbeit. Macht ´a immer.“
Ich drücke die Zigarette aus, sorgfältig die Glut erstickend.
„Die streiten sich oft, die beiden. Aber eigentlich sind die die besten Kumpels, echt. Wir kenn´ uns ja auch schon seit wa´ so klein war´n. Und da meinte Biene, lass uns Alk holen. Is´ ja nich´ weit, der Sparmarkt. Da kaufen wa oft“, ich mache eine kurze Pause, beschließe, beim `kaufen´ zu bleiben. „Das Steininger ist ja nich´ schlecht. Da ham wa uns so ´ne Palette von gekauft. Und dann wieder ab in ´n Park, auf die Bank, war ja schönes Wetta. Mach´n wa öfter so.“, täglich, fast, denke ich. Erinnere mich daran, wie wir auf der Bank saßen, Witze rissen.
`n Nigger, ´n Pole und ´n Deutscher stehn vorm Kreissaal und warten. Kommt die Krankenschwester raus und sagt: Herzlichen Glückwunsch, alle Geburten erfolgreich – wir haben nur leider die Babys vertauscht... Sagt der Deutsche: Na, dann such ich zuerst aus, ist ja mein Land und so. Geht halt mit der Krankenschwester rein und sieht da die drei Kleinen liegen. Zögert nicht lange und sagt: der da, das ist meiner. –Was? meint die Krankenschwester, das kann ja wohl nicht sein! Bei dem Kind sind wir uns sicher: das ist schwarz! Na und, sagt der Deutsche, das ist meiner. – Aber das kann doch nicht sein, wehrt sich die Krankenschwester. Doch, ist mein Junge, beharrt der Deutsche. So lange ich nicht genau weiß, welcher von den beiden andern ´n Pole ist, nehm ich den Nigger!
Ich unterdrücke ein Lächeln. André kriegt die besten Witze mit auf der Arbeit.
Der alte Mann unterbricht meine Gedanken. „Sie haben dann also auf der Parkbank gesessen und Dosenbier getrunken. Was passierte dann?“
„Biene meinte irgendwann, sie müsse nach Hause. Wurd´ ja auch langsam dunkel, und wenn se nicht um Acht zuhause ist, macht ihr Alter Terz – dabei isse schon siebzehn. Naja, wir so den Weg entlang...“ André und Ratze pogen, Biene und ich hinterher, wir lachen uns kaputt.
„...dann warn da diese Penner auf der Parkbank beim Ausgang,“ ich muss nur Andrés Blick folgen, um zu wissen, was los ist. Drei abgerissene, bärtige Gestalten, in abgewetzten Jacken und natogrünen, schmutzigen Bundeswehrparkas. Sie starren erst uns an, dann Biene, wir starren zurück, dann sitzen ihre zertrunken aussehenden Köpfe wieder an einer Pulle Schnaps. Sie lallen irgendwas. André starrt immer noch, während wir, betont langsam, schweigsam, an ihnen vorüberschlendern. Es ist bereits kühl geworden, keine Menschen mehr im Park, alle zu Hause.
„Die ham uns dann angemacht,“ sage ich schnell, „einer von denen warf so ´ne Bierdose nach uns. Total dicht, die Penner. Getroffen hat er nicht, die ging knapp an André und Ratze vorbei.“
„Ist das ein Grund, drei Menschen krankenhausreif zu treten?“ fragt der alte Mann plötzlich.
Ich weiche seinem Blick nicht aus. Nein, natürlich nicht, spule ich herunter. Wir werden ´s ja nie wieder machen, betone ich. War echt Scheiße, so im Nachhinein.
Ich muss alles ganz genau erklären, denn der alte Mann führt Protokoll. Ich berichte, denke dabei an was anderes. André stürmt auf die Bank zu, der Penner links reißt die Hände vor den Kopf, es geht los. Bamm, Bamm. Blut spritzt auf meine Hose während ich zutrete. Derjenige, der noch meinte, `Scheiß Nazis` stammeln zu müssen, windet sich am Boden. Ihre Flasche Fusel zerspringt in Scherben. Es geht alles sehr schnell bei so was.
Es tut mir ja so leid, lüge ich. Doch der alte Mann und ich wissen, dass die ganze Sache nach ein paar Sozialstunden vergessen sein wird. Schon morgen werden wir wieder im Park sitzen. Die Penner nicht. Ich unterdrücke ein Lächeln und frage nach einer weiteren Zigarette, während der alte Mann meinen Bericht abheftet.

 

Dass ihr euch so ´ne Mühe geben würdet mit den Kritiken, damit konnte ich nicht rechnen. Der Bock war ´ne ältere Geschichte, wie erwähnt, und ich hab sie anfangs reingesetzt, weil ich das Challenge beleben wollte, es traute sich ja niemand, was zu posten.
Wie dem auch sei. Ich hab mich noch mal rangesetzt, mir alle eure Kritiken zur Brust genommen ( war ja schon fast froh, dass ich nicht ins Korrekturcenter verschoben wurde ;) ) und eine komplett überarbeitete Version geschrieben.
Wohl bekommt´s!
Vielen Dank für eure Mühen und hoffentlich viel Spaß mit der neuen Fassung,
para

PS:
Jetzt mit 30 % mehr Inhalt.
PPS:
In nächster Zeit werd ich mich endlich über eure Beiträge hermachen können.

[ 08.05.2002, 14:17: Beitrag editiert von: Paranova ]

 

Wertung 1:

Zum Stil bleibt mir nur soviel zu sagen, dass er im Laufe der Geschichte immer wieder wechselt. Die Umgangssprache an sich ist nicht durchgehend. Manche Wörter spricht der Protagonist mal so aus, mal anders. Das macht den Charakter unglaubwürdig, genau wie seine wechselnde Ausdrucksweise.
Story hätte man in Bezug auf das Thema mehr ausbauen, mehr provozieren, mehr zum Nachdenken anregen können. Einen intelligenten, cleveren Jungen dort hinzusetzen, wäre mal etwas interessantes gewesen. Die Umsetzung ist eher mäßig. Idee ist ganz brauchbar, wenn auch nicht neu. Es fehlen neue Aspekte, die dem Ganzen mehr Pep hätte verleihen können. Formell an einigen Stellen ausbaufähig.

Wertung 2:

Stil, Bilder

Ehrlich gesagt gefällt mir die zweite Version der Geschichte überhaupt nicht. Zum einen liegt das am Sprachstil des Jungen, zum anderen aber auch an der neuen Rahmenhandlung. Viele Eindrücke, die in der ersten Version vorhanden waren gehen einfach verloren. Die Spannung im zweiten Teil, ob der Penner nun wirklich verprügelt wird existiert einfach nicht mehr, obwohl es, denke ich, zentraler Punkt der Geschichte war. Auch der Protokollant wirkt etwas störend auf mich. Er macht einen sehr obligatorischen Eindruck, seine Fragen und Äußerungen sind absehbar. Dies schadet dem Gesamteindruck der Geschichte. Titel halte ich für nicht unbedningt passend.

Idee/Innovation

Thema Jugendgewalt und Rassismus, ein sehr verbreitetes und oft verarbeitetes Thema. In dieser Form vielleicht noch nicht, jedoch konnte mich der Plot, besonders der neue, nicht wirklich begeistern.

Umsetzung des Themas

Rassenhass hat immer eine sehr provokante Wirkung auf den Leser, jedoch denke ich , dass die Geschichte dieses nicht stark genug herausarbeitet. Der eigentlich extreme Moment, in dem die Jugendlichen anfangen zu prügeln kommt zu kurz, zu viel wird von Nebensächlichkeiten gesprochen. Selbst das Ende, welches kritisiert, dass es letztlich zu keiner Änderung gekommen ist und sich beide Personen dessen bewusst sind kann dies nicht ausgleichen.

Formale Gesichtspunkte

Abgesehen von der Tatsache, dass der Autor den Protagonisten einen Slang sprechen lässt, befinden sich einige Fehler in Grammatik, Rechtschreibung und Formatierung. Abstriche an diesen Stellen.

Wertung 3:

Stil, Bilder

Extreme Umgangssprache in direkter Rede ist störend (halt, ’n, ham etc). Einfache Sprache ist angesichts der sozialen Stellung des Protagonisten gerechtfertigt , aber nach Einführung der Personen sollte dem Leser klar sein, dass ein bestimmter Umgangston die Sprache färbt.
Ich-Erzähler spricht eher gehoben „sorgfältig die Glut erstickend“, aber in direkter Rede driftet sein Ton in zum Beispiel „Da kaufen wa oft.“ u.Ä. ab.

Umsetzung des Themas

Macht auf zwei Ebenen an: erstens hat der Text „anmachen“ zum Thema, im Sinne von anpöbeln, Streit suchen.
Zweitens wird provoziert durch die Darstellung wie einfach Straftäter sich „frei reden“ können. Der Text führt zu Gedanken über sein eigenes Verhalten gegenüber Obdachlosen, aber auch, wie man reagieren würde, wäre man Augenzeuge einer solchen Situation. Der Blick auf die Gesellschaft wird geschärft.

Idee, Innovation

Gute Idee, aber trotz allem etwas zu flach umgesetzt, zu durchsichtig. Da der Leser das Ergebnis vorgeführt bekommt, wären weitere Gedanken eigentlich nicht nötig. Dieses schnelle Vergessen des Textes wird in dem Fall durch das brisante, immer aktuell und jeden betreffende Thema verhindert.

Formale Gesichtspunkte

Tempusfehler in der Einleitung, einige Zeichensetzungsfehler bei wörtlichen Reden. Indirekte Rede manchmal sehr ungeschickt eingefügt.

 

Einen intelligenten, cleveren Jungen dort hinzusetzen, wäre mal etwas interessantes gewesen. Die Umsetzung ist eher mäßig.

Ich-Erzähler spricht eher gehoben „sorgfältig die Glut erstickend“, aber in direkter Rede driftet sein Ton in zum Beispiel „Da kaufen wa oft.“ u.Ä. ab.

Aufgrund der mäßigen Umsetzung ging diese Absicht unter, denke ich.

Vielen Dank für deine Mühe, Fred, eigentlich schade, dass gerade dieser Text diese intensive Bearbeitung gekriegt hat.
:shy:

 

Tag Steffen. Faszinierend wie tief du gräbst. Wollte nur kurz anmerken, dass es keiner Entschuldigung bedarf, da das aus der dritten Wertung stammende erste Zitat und das aus der ersten Wertung stammende zweite Zitat nicht in Zusammenhang mit der, der zweiten Wertung entstammenden Kritik des ersten Frederiks steht. Auf diese Art und Weise habe ich mich wohl mehr oder weniger geoutet, aber ich hoffe es war so kompliziert, dass es keiner versteht :D

 

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