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Blut auf dem Kreuz

MRG

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12.03.2020
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Blut auf dem Kreuz

Skjor Graumähne vertiefte sich in seine Meditation, bis die Realität verfloss. Der Ablauf war immer der gleiche: Er zog den Fellmantel aus, platzierte das Horn auf dem Altar, kniete sich nieder und zückte ein Feuerzeug; im Anschluss nahm er drei Räucherstäbchen, schrieb mit seiner Hand Runen in die Luft und zündete die Stäbchen an. Grauer Dunst breitete sich aus und benebelte Skjors Sinne. Nichts liebte er mehr als diesen Moment, tief atmete er den Rauch ein und fühlte sich leicht. Als nächstes folgte das Blutritual. Dafür zog er einen Dolch, schnitt sich in die Hand und ließ das Blut in das Horn auf dem Altar tröpfeln. Feuer und Blut.

Das Ritual sorgte dafür, dass sich Skjors Geist von seinem Körper befreite. Die übliche Außenschau trat ein, losgelöst von seinem Körper konnte er den gesamten Raum wahrnehmen. Ein rotes Licht rückte in sein körperloses Blickfeld, der Altar thronte hoch empor und der Geruch des Rauchs drang in seine Nase. Immer konzentrierter richtete Skjor seinen Fokus auf diesen roten Punkt, bis er das Gefühl hatte, sich zu überanstrengen und in diesem Moment verknüpfte sich das Licht mit dem Rauch. Eine Gestalt formte sich daraus. Skjor sah einen nordisch aussehenden Mann, Ketten durchzogen seinen Bart - verziert mit einem Drachen.

„Sei gesegnet mein Kind. Möge Thalos über dich wachen“, sagte der Mann.
Skjor antwortete: „Sei gesegnet, Bruder. Möge Thalos auch über dich wachen.“ Es herrschte ein vertrauter Tonfall zwischen beiden. Normalerweise folgte nach Abschluss des Rituals ein Gefühl der Einheit, der vollständigen Geborgenheit und Skjor glitt dann hinab in seine Welt. Doch an diesem Tag passierte etwas Ungewöhnlliches. Als Skjor gerade zur abschließenden Rede ansetzte, zerbrach das Fenster. Ein Ball flog hinein. Die Gestalt löste sich auf. Skjor wurde abrupt und schmerzhaft in seinen physischen Körper zurückgeworfen. Die Schreie drangen tief aus seinem Inneren hervor, zunächst noch unverständlich formten sie sich zu Sätzen: „Wer wagt es, mich zu stören? Den großen Feuermagier Skjor Graumähne?!“

Er stand auf, griff sich den Dolch und stürzte nach draußen. Wut überkam ihn und fieberhaft suchte er die Umgebung nach dem Täter ab: nach links zur großen Kreuzung, nach rechts in Richtung Stadt. Wer war es gewesen? Skjor konnte sich beim besten Willen niemanden vorstellen. Es musste jemand von außerhalb sein. Er kannte seine Nachbarn und sie wussten, dass er unter keinen Umständen gestört werden durfte.

Hinter sich hörte er quietschende Reifen. Dann ertönten Kinderschreie. Skjor eilte los und schreckte zurück: Blut tropfte auf den Boden, ein kleines Mädchen lag mit verdrehten Gliedmaßen auf dem Boden. Eine große Kraft musste sie getroffen haben. Skjor fragte sich, ob sie ein feindlicher Sturm-Atronach attackiert hatte? Doch bevor Skjor diesen Gedanken weiter ausarbeiten konnte, hörte er mehrere Menschen hinter sich. „Hilfe! Mord! Mord! Hat die Beherrschung verloren … wusste, dass er eines Tages den Verstand verliert … erinnert euch an Tjark …“

Skjor sagte: „Ich war es nicht! Ich schwöre es bei Thalos!“
Blaues Licht umgab ihn, Männer griffen seine Handgelenke, verkreuzten sie hinter seinem Rücken und Metall klickte. Das musste die Stadtwache sein, sie waren gekommen, um ihn abzuführen. Skjor erkannte den Hauptmann, der zu ihm sagte: „Sie sind festgenommen.“ Skjor fühlte eine Welle der Verzweiflung. Sollte das sein Ende sein? Hatte ihn Thalos endgültig verlassen? Er schloss die Augen, schickte ein letztes Stoßgebet in den Himmel und fügte sich seinem Schicksal. Die Stadwache führte ihn in die Kaserne, wo ihn der Vogt erwartete (aufgrund der Kopfbedeckung tippte Skjor darauf, dass er in Windhelm sein musste).
„Können Sie sich ausweisen?“, fragte der Vogt.
Skjor antwortete nicht, weil er nicht wusste, worauf der Vogt hinauswollte. Das musste eine Falle sein. Bestimmt wollte er die Zugehörigkeit zu den Sturmmänteln erfragen, aber da musste er sich schon mehr einfallen lassen.
Der Vogt atmete hörbar aus: „Hatte ich mir gedacht. Sie müssen in Untersuchungshaft.“
Haft? Skjor schaute auf, dachte an die drei Gefangenen der dunklen Bruderschaft, die während ihrer Haft auf den Tod warteten. Sofort verteidigte Skjor sich: „Ich bin Bürger dieser Stadt. Ich habe ein Recht auf Anhörung, könnt mich nicht in Haft stecken. Habe nichts getan, bei Thalos!“
Doch der Vogt schüttelte nur den Kopf. Skjor hatte die Situation falsch gedeutet - sein Ende nahte.

Die Nacht in der Zelle war grausam. Er brauchte Thalos, brauchte dringend seinen Rat, um mit dieser Situation fertig zu werden. Wie hatte es soweit kommen können? Gerade war er noch in tiefer Meditation versunken und im anderen Moment war er ein Mörder? Ein Schauer erfasste ihn. Gab es eine Verbindung zwischen der Meditation und dem Mord? Nein, das konnte nicht sein. Das würde für Skjor das Ende seiner Welt bedeuten. Skjor flüsterte: „Bitte hilf mir, was habe ich denn getan? So hör mich doch, ich brauche deinen Rat.“ Doch niemand kam. Sein aufgewühlter Geist ließ nicht zu, dass er die tiefe Stille der Meditation erreichte.

Als er aus dem Schlaf gerissen wurde, fühlte er sich elend wie nach einer durchzechten Nacht. Plötzlich hörte er ein aufheulendes Signal und sah rotes Licht aufblitzen. Das war seine Chance, die Verbindung wieder aufzunehmen. Wieder konzentrierte er sich auf das Licht und versenkte sich in seine Welt …

… neben ihm hörte er das Gemurmel des Aventus Aretino Jungen, in Lumpen gekleidet.
„Dunkle Mutter erhöre mich“, murmelte der Junge unablässig, während er in seiner Hand ein Holzkreuz hielt.
Skjor antwortete: „Sie kommt nicht. Du macht es falsch.“
„Was weißt du schon von der dunklen Mutter?“
„Rituale sind mein Leben und du machst es falsch.“
„Aber ich hab das Kreuz.“
„Dir fehlt Feuer. Und Blut. So wird das nichts.“
Der Junge ließ den Kopf hängen.
„Was willst du überhaupt von der dunklen Mutter?“, fragte Skjor.
„Rache.“
„Verstehe. Ich helfe dir“, sagte Skjor und dachte an seine eigene Rache.
Er stand auf, blickte sich verstohlen in der Zelle nach Wachen um und ließ dann eine kleine Flamme aus seiner Hand entstehen. Pure Macht durchfloss seinen Körper.
„Das Kreuz. Gib mir das Kreuz“, sagte er zu dem Jungen. „Siehst du den Holzsplitter da?“
Der Junge antwortete: „Ja.“
„Wir brauchen dein Blut. Da führt kein Weg dran vorbei, muss auf das Kreuz tropfen. Dann kommt das Feuer dazu und alles wird klappen.“
Es folgte ein leises Stöhnen des Jungen, als das Blut auf das Kreuz floss. Dunkelroter Nebel breitete sich vor Skjor aus. Schatten schwebten vor ihm …

„Herr Breitmeier? Ich bin es, Tom Harvey.“
Skjor öffnete die Augen. Wo war er? Erinnerungsfetzen durchzogen seinen Geist, zerrissen die letzten Brücken zur Realität.
„Du bist ein Graubart?“, fragte Skjor. „Ich bin bereit für meine Mission. Ich werde die Drachenherrschaft beenden, wenn du mir endlich den Drachenschrei beibringst.“
Tom Harvey seufzte. „Die Polizei hat Sie mit einem Dolch neben einem überfahrenen Kind gefunden. Was meinen Sie, wie das aussieht? Ich kann Sie diesmal nicht rausholen. Der Psychiater ist schon bestellt, für das Gutachten.“

 

Hallo @Silvita,

bitte entschuldige die späte Antwort. Ich habe mich jedenfalls sehr über deinen erneuten Besuch gefreut:

Hab grad die Überarbeitung gelesen. Gefällt mir sehr gut, vor allem das neue Ende. :thumbsup:
Vielen Dank dafür, dass du dir die Mühe gemacht hast, die Geschichte noch einmal zu lesen. Habe mich doppelt gefreut, dass es dir gefallen hat. :-)

Die Doppelung ist mir noch aufgefallen.
Vorschlag: ... schnappte sich den Dolch / oder .... Wut übermannte ihn
Die Stelle habe ich angepasst, sehr aufmerksam gelesen.

Tolles Ende. Gefällt mir gut :thumbsup: Hab eine schöne sonnige Woche.
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende und sehe es nicht als selbstverständlich an, dass du dir die Zeit genommen hast.

Beste Grüße
MRG

 

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