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Blaue Guramis

Monster-WG
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10.09.2014
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Blaue Guramis

Grundgütige Augen hat er, als wolle er mir etwas nachsehen. Und Tränensäcke. Die gewölbten Brillengläser verstärken den milden, verständnisvollen Ausdruck seiner Augen. Nur will ich keine Beichte ablegen, ich brauche Fischfutter.
Der Laden floriert, jetzt kommt er auf mich zu:
„Oh, es tut mir leid, dass Sie warten mussten – aber nun bin ich ja für Sie da. Wie kann ich helfen?“
Auf fünfzig, sechzig Jahre schätze ich ihn. Er hat lichtes Haar und ein fliehendes Kinn. Das fällt in zahlreichen Falten bis zum ersten Hemdknopf, unter dem sanft die Wölbung seines stattlichen Bauches beginnt.
Auf Anhieb gefällt er mir, genau so stelle ich mir eine Vertrauensperson vor. Er ist so groß wie ich. Das ist, als ob wir im gleichen Verein wären.
Kleine Leute mag ich nicht.
Mit deren Stimme fängt es schon an. Damit sie nicht übersehen werden, erhöhen sie die Lautstärke. Sie quengeln und sind rechthaberisch. Als ob sie es uns, den Großen, zeigen wollten.
Wir sind da ganz anders, eher gemütlich, großzügig. Leben und leben lassen.
„Ehm“, räuspert sich der sympathische Herr und nestelt an seiner Strickjacke, „vielleicht wollen Sie sich erst einmal gründlich umschauen?“
Gott noch, bin ich unkonzentriert. „Ach“, sage ich, „war mit meinen Gedanken grad ganz woanders, Entschuldigung. Nein, nein, ich brauch nur bisschen Fischfutter für meinen Neffen“.
Mit ernstem Gesicht schaut mich der Verkäufer an: „Wirklich?“
Wie ich meinen Patzer bemerke, gefällt mir der Humor dieses Mannes.
„Aber natürlich nicht“, erwidere ich, und um auf gleichem Level zu bleiben: „Ich glaube nicht, dass er davon nascht.“ Mir fällt ein, dass Heiko Veganer ist – und getrocknete Wasserflöhe sind ja auch Tiere. So sage ich nur: „Nein, für seine Fische, meinte ich.“
Er verzieht keine Miene und bleibt beim Thema: „Und was hat er für Fische?“
„Was für Fische? Nun, Blaue Guramis hat er – nur Blaue Guramis. Das ist vielleicht ungewöhnlich, aber er hat’s mit Style und Design und so’m Zeugs. Alles Bunte ist ihm ein Greuel. Non Colour, sagt er immer, das wär’ das einzig Geschmackvolle.“
Der Verkäufer tippt sich mehrmals an die Nasenspitze: „Oder eben nur eine Farbe. Er hat ja Blaue Guramis, wie Sie sagen.“ Er betont das ‚Blaue’.
„Ja, freilich. Etwas Blau und sonst nichts – alles reduziert und sparsam“, bestätige ich und füge noch hinzu: „Ein mattes Weiß oder helles Grau vielleicht noch, aber auf keinen Fall bunt – stylisch eben.“ Ich weiß das von Heiko.
„Ei, da sind wir ja schnell auf den Punkt gekommen“, sagt der füllige Herr und will wissen, wie viel ich benötige.
„Na, so für ein paar Tage. Er ist gerade in Irland, da ist er ganz verrückt drauf. War schon paar Mal da, hat mir einen schönen Whiskey mitgebracht. Ganz mild ist der. Fabelhaft. Man muss aufpassen, dass man nicht zu viel davon trinkt, den Alkohol merkt man gar nicht. Also hinterher schon. Aber in der Hauptsache geht es ihm um die Musik.“
Mein Verkäufer blickt nervös zu den wartenden Kunden, doch das will ich ihm noch erklären: „Da ist jetzt ein Festival, in ... in ... ah, jetzt, wo ich ihn bräucht’, fällt mir doch der Name nicht ein. Kune ..., Conne – ich komm einfach nicht drauf. Coonemarra, glaub’ ich, bin mir jedoch nicht sicher. Die haben aber auch Namen dort, meine Herren!“
„Irische Namen halt“, meint der Verkäufer, etwas kurz angebunden, wie mir scheint.
Ja, logisch. Doch um Namen geht es nicht so sehr – um die Musik geht es. Und Heiko ist bei dieser Musik hin und weg. Ich mag sie auch. Sie ist wunderschön, trifft Herz und Seele, macht die Augen nass, schreit nach Betäubung. Moll – schräge Töne, die beinahe wehtun, fast wie danebengegriffen, und dann die kraftvolle Vereinigung, von der sie alle träumen, zu der sie tanzen wie verrückt und der sie dann doch mit ihrem verdammten Stolz im Wege stehen.
„Jedenfalls muss ich auf seine Fische aufpassen“, sage ich.
„Ich denke, die werden schon keinen Blödsinn anstellen.“
„Ach nein, ich will sagen, dass ich sie füttern muss.“
„Und darf ich fragen, um wie viele Blaue Guramis es sich handelt?“
Hier trifft er mich unvorbereitet. „Gute Frage! Lassen Sie mich einmal nachdenken.“
Das Ladenglöckchen schellt zum wiederholten Male, mein Verkäufer tritt unruhig von einem Fuß auf den anderen.
Ich muss mich beeilen: „ Tja, wie viele könnten es wohl sein? Sagen wir, es sind zwölf. Ja, ein Dutzend – das kommt wohl so ungefähr hin.“
„Zwölf. Gut.“ Jetzt macht er auf Tempo. „Ein Päckchen reicht für fünf Fische und eine Woche. Wie viele Päckchen möchten sie?“
„Wie viele?“, wiederhole ich und gerate ins Schwimmen. „Ach, bedienen Sie nur erst die anderen Kunden, ich muss mir das mal fix ausrechnen. Es sind voraussichtlich acht oder neun Tage, bis er wieder zurück ist, und es sind wohl eher zehn als zwölf Blaue Guramis.“ Schließlich muss ich das Futter aus meiner Tasche bezahlen.
Als der letzte Kunde gegangen ist, wende ich mich wieder an den freundlichen Herrn. Der hat mein Vertrauen. „Ach, seien Sie so gut und helfen Sie mir mal. Mit meinen Guramis komm’ ich nicht so richtig klar. Es sind zehn, ungefähr, so haargenau kann ich das natürlich nicht sagen, und sie bekommen einmal täglich ihr Futter. So zur Mittagszeit.“
Mir ist das fast peinlich, deshalb mache ich noch einen kleinen Scherz: „Wasser haben sie ja genug.“
Der Freundliche schaut mich über den Brillenrand an und sagt: „ Hab ich das richtig verstanden: für acht oder neun Tage?“
„Acht, möglicherweise auch neun Tage, ja, so hat er gesagt, glaube ich. Der ist ja jetzt in Irland, wegen der Musik.“
„Ja, ja, ich weiß. Sie sagten es schon. Für die Fische brauchen Sie drei Päckchen, bitte sehr. Macht fünf Euro vierzig.“
Ich glaube, das habe ich passend. Mit Hilfe des netten Herrn zähle ich die Münzen. Vier achtzig. Verdammt. Und jetzt? Wir überlegen beide – dann sagt er:
„Ich kann auch größeres Geld wechseln. Kein Problem.“ Und zeitgleich sage ich:
„Ach, ich hab ja glücklicherweise die Karte dabei. Die akzeptieren Sie doch, oder?“
„Ja, ja – gewiss, gewiss“, eifert der Verkäufer, weil wieder neue Kunden im Laden warten.
Ich reiche sie ihm: „Bitte sehr, hier ist sie.“
Er schiebt sie durch ein Kästchen und bittet mich, den Code einzugeben.
Den Code? Ach du lieber Gott. So schnell fällt der mir nicht ein. Ich hab den irgendwo aufgeschrieben. Acht sieben und zweimal die ... oder sieben acht und dann zweimal die ...? Ich verspüre ein Brennen oben im Kopf, an der Schädeldecke.
So blamiert habe ich mich selten. Ich werde mit einem Schein bezahlen.
Mein Bargeld trage ich an verschiedenen Stellen am Körper, damit Räubern im Falle eines Überfalls nicht das gesamte Geld in die Hände fällt.
Ich finde einen Zehner und bitte ihn, mir die Karte zurückzugeben.


Jetzt geht’s ans Fische füttern. Zuvor muss ich noch mal nach Hause. Ich habe vergessen, Heikos Schlüssel mitzunehmen.
Gespannt schließe ich seine zartblau lackierte Tür auf. Hui! Aufgeräumt hat er. Das ist neu. Seit ihn Monika – so hieß ... nein Veronika, egal, verlassen hat, ist er an Aufräumen nicht sehr interessiert. Aber aha – er wusste ja, dass ich komme.
Übrigens, die Vera oder Moni, wie auch immer, die war das Bild von einer Frau. Bunt angezogen wie ein Hippymädchen, bezaubernd und schön. Die hätte mir auch gefallen. Komisch, den Heiko hat sie nur ein einziges Mal besucht und weg war sie.
Vielleicht ein Autounfall, oder was beim Sport?
Ich kenne mich in seiner Wohnung aus und gehe, vorbei an der Bonsai-Galerie, rüber zum Wohnzimmer. In der Mitte das Prachtstück von einem Aquarium. Kristallklar. Scheiben und Wasser – alles piccobello. Leichtes Surren vernehme ich. Ja, die Technik. Alles vom Feinsten. So etwas hätte mir damals auch gefallen, aber nun ja, das waren andere Zeiten.
Ich hatte nur Guppys. Die kosteten beinahe nichts und vermehrten sich rapide. Allerdings war das Saubermachen nicht mein Ding. Aller Naslang grüne Scheiben, Algenschlieren, Schleim mit Bläschen, ziemlich unappetitlich. Der Kies musste gewaschen werden, na ja, eben alles unangenehme Sachen.
Ach, schon wieder ertappe ich mich, wie meine Gedanken abschweifen. Füttern wollte ich, hab doch das Päckchen schon in der Hand. Fehlt nur noch, dass ich vergesslich werde.

Wunderbar gleiten sie dahin, diese merkwürdigen blauen Fische. Oder scheint es nur so?
Ja, ich bilde mir das ein. Beim zweiten Hinsehen bemerke ich, dass sie sich fast nicht bewegen, quasi auf der Stelle stehen. Doch wie sie schauen!
Das irritiert mich gewaltig. Ich meine, sie kennen mich ja fast gar nicht – warum dann also dieser blasierte Gesichtsausdruck? Wäre ich sensibler, würde ich den als Beleidigung empfinden, doch sie wissen wohl nicht, dass ich es bin, der ihnen von jetzt an die Mahlzeiten reichen wird.
Ich schaue noch mal hin. Nein, ‚blasiert’ trifft es nicht, ihre Blicke sind verächtlich.

Ops, jetzt sehe ich Heikos Zettel:
‚Welcome, Onkel Walter, bitte sei so gut und gieb Ihnen einmal am Tag ein Drittel Päkchen. Das reicht schon. Mehr braucht nicht. Für dich ist Bier im Kühlschrank.
Vielen Dank für deine Hilfe und prosit. Am 28 ten bin ich wieder da.
Viele liebe grüße Heiko.’
Hat er mit seinem Computer ausgedruckt. In hundert Jahren wird er’s noch nicht begreifen, dass mein Vorname mit ‚th’ geschrieben wird. Aber unsereiner macht ja auch Fehler.
Jedenfalls kann er sich auf mich verlassen, nur am letzten Tag habe ich einen Auftritt im Kinderkrankenhaus – bin so eine Art ehrenamtlicher Clown – da kann ich erst gegen Abend meiner Pflicht nachkommen.
Und ach, verflixt – wenn ich das gewusst hätte, dass er hier schon die Futterpäckchen parat hat, dann hätte ich, na ja .... Oder hat er mir das gesagt?
Aber zurück zu diesen scheelen Blicken. Na, da haben die sich aber was angewöhnt! Wenn mich ein Mensch so anschauen würde, dann bekäme er von mir eine reingehauen. Direkt, frontal, gnadenlos.
Ja, das sieht man mir nicht an. Aber in gewissen Situationen – ich meine: So guckt man nicht.
Ich habe das Gefühl, sie schauen durch mich hindurch, zu Tode gelangweilt, auf etwas Besseres wartend als auf mein Rieselfutter.
Doch da muss ich durch. Ich hole mir ein Bier und fläze mich in einen dieser Drehsessel im Astronauten-Look – Blickrichtung Aquarium. Die Blauen stehen und glotzen. Wir sind Bewohner unterschiedlicher Welten.

Am nächsten Tag das Gleiche. Ein Hund würde mit dem Schwanz wedeln, aber nein – hier werde ich angeschaut, als ob ich störte. Vielleicht muss ich mich noch entschuldigen, dass ich mich um ihre Fressalien kümmere. Wenn die weiterhin ihre Hochnäsigkeit pflegen, schütte ich ihnen Salzsäure ins Luxusbad. Oder Essigessenz. Arrogante Bande.

Ich überlege, warum sich mein Neffe ausgerechnet für diese Fischsorte entschieden hat. Es gäbe doch sicherlich freundlichere, lebhaftere Fische als diese blassblauen Mumien. Es muss an ihrer Farbe liegen. Vom ‚Gesamtkonzept’ spricht er immer.
Dann müsste er, so spinne ich meinen Gedanken weiter, nur introvertierte, farblose Frauen hofieren – aber da ist er erstaunlich locker.
Im Frühjahr begegneten mir Heiko und seine neue Freundin Sonja. Er war mächtig stolz auf sie – und das mit Recht. Auch ich war fasziniert. Eine prächtige junge Frau mit dichtem braunen Haar und einer wunderbaren Haut, in einem Seidenkleid mit Blutlilien, Jadeblättern und schwarzen Taranteln. Fast peinlich, wie sich mein Puls beschleunigte.
Ich mochte gar nicht hören, dass er sie zum Tofu-Sukiyaki bei sich zu Hause eingeladen hat. Der blanke Neid stieg in mir hoch.
Doch schon am nächsten Tag sah alles ganz anders aus. Heiko rief mich verstört an und erzählte, dass Sonja das japanische Essen verschmähte und lieber eine Pizza wollte. Sie hatten sich gestritten, er war beleidigt und wohl auch etwas besoffen; jedenfalls fiel die Liebesnacht ins Wasser, weil Sonja im Wohnzimmer auf der Couch schlafen wollte. Und als er morgens zu sich kam, war sie nicht mehr da.
„C’est la vie!“, hätte ich sagen und zum Trost einige meiner verunglückten Liebesabenteuer zum Besten geben können. Aber seinem Elend wäre das kein Balsam gewesen.

Er hat ein sehr schönes Wohnzimmer. Altbau, hohe Decke, doch es wirkt wie ein Eispalast. Es fehlen die Farben. Zartes Grau herrscht vor, mattes Blau dazwischen, in dezenten Abstufungen.
Leider ist sein Bier nicht doll. Kommt aus Malaysia, in silberblauen Dosen. Trinken kann man’s, aber ohne Genuss. Allein diese Blechbüchsen stoßen mich ab. Und der Verschluss erst! Es hat ordentlich gespritzt beim Versuch, dessen Geheimnis zu lüften.
Ein leckeres Bier hätte ich mit einem Husch weggeputzt, aber dieses Gesöff dauert. Doch ich will es nicht wegschütten. Der menschliche Körper benötigt Flüssigkeit, außerdem kommt es von weither.
Die ausdruckslosen Augen der Guramis erschüttern mich. Diese Tiere leben, und sie leben nicht. Was ist ihre Aufgabe in der Welt? Wozu sind sie da? Wozu bin ich da?
Das Bier wird noch bitterer. Was für eine Frage: Wozu bin ich da? Das spielt doch gar keine Rolle! Hab ja nur gearbeitet, mein ganzes Leben nur gearbeitet. Und jetzt fragen die mich, wozu ich da bin. Tja, wahrscheinlich zum Gurami-Füttern. Doch ein Hauch von Alkohol stimmt mich versöhnlich.
Versonnen blicke ich auf die Fische. Schon, schon, ich weiß, die haben – wie jede andere Kreatur auch – ihr Programm. Nein, diesmal frage ich nicht: Wie ich?
Bei mir ist das anders, denn ich bin es, der das Programm bestimmt – nur ich allein. Die aber sind im Käfig, hinter Glas.
Ich gehe auf die andere Seite des Aquariums. Keine Ahnung, was ich da erwarte, nur einfach so. Ungemein spaßig, es ist das gleiche Bild, nur dass der kleine Felsen jetzt links steht. Sie mussten sich nicht bewegen, sondern haben mich jetzt mit dem anderen Auge im Visier.
Sie scheinen mehr zu wissen als ich, sie haben etwas Überlegenes, was ich nicht habe.
Keine Ahnung, wie alt solche Lebewesen werden, und erst recht nicht, wie die ein Jahr empfinden. Mal zehn, mal hundert, mal tausend – oder wie einen einzigen Tag, an dem es in steter Abfolge blitzschnell hell und dunkel wird?
Sie mustern mich.
Auch in den nächsten Tagen stehen die Blauen mit ausdruckslosen Augen und unbeweglich in ihrem Milieu. Unsere Blicke treffen sich immer wieder, beinahe magnetisch. Und dabei – das ist ganz sicher – haben wir uns nichts, absolut nichts zu sagen.
Oder doch? Sie geben mir Rätsel auf. Sind sie vielleicht auf der Welt, um die Menschen zum Nachdenken zu bringen? Wie ein Spiegel, der nicht sagt, wie schön jemand ist, sondern fragt, wer er ist.
Ich hatte schon den Schlüssel im Schloss, dann hab ich ihn wieder abgezogen und bin zurück in Heikos Wohnzimmer.
Senil bin ich noch nicht, bemerke schon, dass ich immer länger vorm Aquarium verweile – und sinniere. Ich gerate in einen träumerischen Zustand, muss lächeln: Sie bringen meine Gedanken in Schwung. Sie, die Stummen, die mir nicht den Kopf heiß reden, die Passiven, die philosophische Gelassenheit und Ruhe pflegen. Ich gewinne Respekt vor diesen klugen Wesen.
Fische sind ja ein paar Millionen Jahre länger auf der Welt als der Mensch. Könnte es sein, dass ihr kalter Blick das Resultat aller komplizierten Überlegungen ist, die wir noch vor uns haben? Dass auch wir verstummen, weil in den Zeiten, in denen wir miteinander redeten, zu viel Blut geflossen ist?

Freitag, mein letzter Tag als Gurami-Sitter. Es ist fast Abend, als ich das Fest verlasse. Die übergroßen roten Schuhe und die Perücke habe ich abgelegt, doch mein Clownkostüm behalte ich an, der Mantel wird es verdecken. Und tatsächlich nimmt niemand Notiz von mir, als ich zu Heikos Wohnung eile. Ich hänge den Mantel in den Flur und kümmere mich, wie ich mir das vorgenommen habe, auch heute um die Guramis. Die paar Stunden Verspätung müssen sie leider in Kauf nehmen.
Nach dem Füttern knipse ich die Aquariumbeleuchtung aus, jetzt strahlt nur noch die Stehlampe. Dann rücke ich näher heran an meine stummen Blauen, erkenne mein Spiegelbild.
Der kleinste durchpflügt meine Stirn so langsam, wie der Mond aufgeht. Ein anderer stupst meine Lippen, einer Liebkosung gleich, ein dritter nähert sich meinem Ohr mit einer vertraulichen Botschaft. Alle schauen mich an, wie wachgeworden – ich bin der neue Mittelpunkt ihrer Welt. Fürwahr ein magischer Moment.
Ich fühle mich wunderbar entspannt. Morgen ist Heiko zurück. So nehme ich die letzte Dose Malaysia-Bier an mich und stibitze eine Winzigkeit von seinem Irish Wiskey. Dann gehe ich wieder zur Couch und gebe mich der Betrachtung meiner neuen Freunde hin.
Bald überkommt mich eine wunderbare Schläfrigkeit und ich lasse mich treiben. An Tausenderlei denke ich, an eine Reise an die Loire mit ihren Schlössern, an Heikos silberblauen Flitzer, an meine Hammerzehen, an Roswitha.
Beim Einnicken merke ich, wie mir das Glas entgleiten will. Im selben Moment ein Schnappen und Platschen, ich will mich aufrichten, doch da sind die Blauen schon über mir. Sie haben Zähne wie Piranhas. Rasender Schmerz durchfährt mich – an Händen und Beinen, überall sind sie, am Bauch, im Gesicht. Es wütet wie Phosphor, brennt wie Napalm auf blankem Fleisch. Reißen, Zerren und Beißen, ich werde aufgeschnitten, aufgerissen – wie tausend Skalpelle dringen ihre Zähne in mich.

 

Hola@zash,

ich danke Dir für Deinen Kommentar.

Also im Nachhinein gefällt mir deine Geschichte ziemlich gut. Während des Lesens habe ich immer darauf gewartet, dass irgendetwas 'horrormäßiges' passiert.

... aber das Genre 'Horror' fand ich äußerst irreführend. Habe ständig gewartet (und gehofft), aber nie ist irgendwas passiert. Ich persönlich würde das Stichwort Horror rausnehmen, da es ziemlich irreführend ist.

Ein Einwand zu Recht. Die Ur-Geschichte erzählte von Guramis und Scalaren – etwas launig, und weiter nichts. Peu à peu kam dann ein Mensch ins Spiel. Irgendwann war’s ‚seltsam’. Und erst durch Holgs Aufmunterung wg. ‚Horror’ hab ich diesen tag gesetzt.
Vielleicht doch etwas kühn.
Anfangs, im Fischfutterfachgeschäft, wo der zerstreute Charakter des Protagonisten gezeigt wird, dachte ich, dass dieser sich super für eine Horrorgeschichte eignen wird. Diese Zerstreutheit, aus der kann man diesbezüglich einiges machen.
Leider kam in dieser Hinsicht nichts.
Immerhin hat er letztendlich seinen Leib zur Verfügung gestellt:D.
Als du darüber schreibst, wie sauber die Wohnung plötzlich ist, obwohl Heiko unordentlich ist, dachte ich, dass da irgendetwas nicht stimmt. Leider auch nichts.
Nichts horrormäßiges, aber die Erklärung:
... ist er an Aufräumen nicht sehr interessiert. Aber aha – er wusste ja, dass ich komme. So also.
Sehr bürgerlich:shy:.

Das Ende ... nun gut. Ich mag das Ende eigentlich, obwohl es mMn nicht zum Rest der Geschichte passt, aber das ist Geschmackssache.
Selten waren sich Kommentatoren so einig. Hier muss ich einknicken.

Zash, Deinen letzten Satz zitiere ich nicht wg. der mir angeborenen Bescheidenheit, aber ich habe mich sehr darüber gefreut.
Vielen Dank und schöne Grüße!

José

p. s.:
Ich hatte das Ende etwas geändert, weiß allerdings nicht, ob Du das zur Kenntnis genommen hast oder ob Du die Geschichte zuvor gelesen hast.

 

Hola@Novak,

danke bestens für Deinen Kommentar! Und:

Du bist so frech, da brauchst du glaub ich manchmal einfach einen drüber.
Stimmt. Meine Mutter hatte gedacht, das verwächst sich. Aber leider ...

Doch das ist nicht das einzige Problem, denn:

Grundgütige Augen hat er, als wolle er mir etwas nachsehen. Und Tränensäcke. Die gewölbten Brillengläser verstärken den milden, verständnisvollen Ausdruck seiner Augen.
Erster Satz: top. Zweiter Satz: milden Ausdruck seiner Augen. Okay, Jose will die Besonderheit des Verkäufers und Walthers Bindung zu ihm betonen. Geht durch. verständnisvollen Ausdruck. Mannnnn, Jose, ich habs gemerkt, Herrschaftszeiten, zweimal reicht doch, denkst du, wir sind blind, taub und unsere Gehirnwürstchen zu Salat verarbeitet? Also ich würd verständnisvoll streichen. Ist doch auch nichts anderes als grundgütig.
Ist schon viel Milde, zugegeben, aber ich wollte ein Pfaffengesicht zeichnen wegen:
Nur will ich keine Beichte ablegen, ...

Auch wenn ich mich aufreg.
Zu Weihnachten kriegst Du einen Blutdruckmesser mit eingebauter Tröte.

Es ist natürlich nur eine Kleinigkeit.
Ja, das sagst Du. Aber frag mal einen lebenserfahrenen Menschen wie mich! Sachen könnt’ ich Dir erzählen – die glaubst Du nicht. Die dachten alle, es wär nur eine Kleinigkeit – und dann lagen sie da ...
Oh, ich bin schon wieder beim Horror.
Deine Einwände, den Text betreffend, bestehen zu Recht:
Das sind als Andeutungen zu viele und momentan wirken sie noch wie lose Fäden, die einer vergessen hat zu stopfen.
Ursprünglich war das eine langweilige Geschichte. Dann hab ich sie mir noch einmal vorgenommen, und zu guter Letzt kam die Piranha-Idee. Du und alle anderen Kommentatoren haben das als 'unrund' empfunden.
Ob ich die Idee von@Schwups umsetzen kann, weiß ich nicht. Gefallen tut sie mir. Probieren werd’ ich’s auf jeden Fall, und den ‚Horror’-tag hab ich rausgenommen.

Liebe Novak, wie immer – so auch heute – hat es mich gefreut, dass Du Dich für einen meiner Texte interessiert hast. Dank und Trost:

Viele Grüße an dich aus dem ergrauten Frankfurt
Grau hin, grau her – was macht das schon? Jedenfalls habt Ihr dort das Geld!

José
zash

... aber das Genre 'Horror' fand ich äußerst irreführend. Habe ständig gewartet (und gehofft), aber nie ist irgendwas passiert. Ich persönlich würde das Stichwort Horror rausnehmen, da es ziemlich irreführend ist.
Hola zash, bin Deiner Empfehlung nachgekommen und ‚Horror’ ist eliminiert, gnadenlos.
Wünsche prächtige Herbsttage!
José

 
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Auf dem Seitenstreifen lese ich:
31.12.2017
Schreibwettbewerb für über 70-Jährige

Ei ja, da ist meine Teilnahme Ehrensache – anders als beim Senioren-Marathon:shy:.
Die eingesendeten Geschichten sollen sich um die Farbe ‚Blau’ drehen.
Hex, hex, meine ‚Blaue Guramis’ schreit danach.
Diesen Text hatte ich hier im Forum am 2. Okt. 2016 eingestellt und er ist überwiegend freundlich kommentiert worden. Ich bekam sogar Tipps, die zwar mittlerweile Staub angesetzt haben, die ich aber jetzt auf Hochglanz poliert in den überarbeiteten Text eingebracht habe.
Danke schön möchte ich allen sagen, die mir durch ihre konstruktive Kritik eine Verbesserung meiner Geschichte ermöglichten: The Incredible Holg:

„Allerdings blendest du für meinen Geschmack etwas zu früh ab, es bleibt bei der Andeutung eines grausamen und/oder unnatürlichen Geschehens.“
Novak:
„ ... mich würde das interessieren, wie die Geschichte wird mit Schwupsens Ideen. Ich glaube, er war das mit der Idee, dass die Freundinnen immer verschwinden. Und noch jemand hatte die Idee, dass Walther ja den Blauen Guramis mit seinem fiesgemusterten Hawaiihemd ein Dorn im Auge sein könnte. Also was weiß ich, ich fänds einfach spannend, was du daraus machst.“
Schwups:
„Was auffällt, sind die Wiederholungen der sterilen, farblosen Einrichtung und die Freundinnen, die Heiko verlassen haben. Könnte es sein, dass auch hier die Fische irgendwie ihre "Finger" im Spiel haben, und sich den Walther vielleicht deshalb schnappen, weil er sie in einem bunten Hemd füttern kommt (oder die Fische ihn sonst als Eindringling in Heikos Leben betrachten)?“
peregrina:
„Aber halt der Schluss, der ist irgendwie so unbefriedigend.“
Und wieselmaus schrieb ich:
„... auch dieses Mal besten Dank für die Beschäftigung mit meinem Text. Die Unzufriedenheit mit dem Schluss hat sicherlich ihre Berechtigung – schließlich sagen das alle. Ich hatte ihn der Klarheit wegen etwas geändert, aber Schwups hatte dann die bahnbrechende Idee (#14).
Da geh’ ich noch mal ran, indem ich die verschwundenen ‚Ehemaligen’ Heikos in Zusammenhang mit der Gefräßigkeit der Blauen Guramis bringe. Hoffentlich gelingt’s.“
Tja, hoffentlich. Das letzte Wort hat der Leser. Der hat Butterkekse in der einen Hand und bedient mit der anderen die Guillotine (die er gegebenenfalls geschickt zu handhaben weiß).
Jedenfalls könnt Ihr hier die aktuelle Geschichte überfliegen, gerne auch genauer lesen.
So würde ich sie gern beim Wettbewerb einstellen, doch es ist nie zu spät für Korrekturen und Verbesserungen.

Viele Grüße an alle Interessierten!

José

 

Hey José,

na, da drücke ich feste die Daumen!

Ich mochte die Geschichte gern. Sie ist ja irgendwie sehr ruhig, da passiert viel im Inneren, die Ruhe der Fische überträgt sich fast auf mich als Leser, was ich wunderbar finde. Zwei Sachen und einen Schönheitsfehler will ich Dir gern mitgeben.

Zum Schönheitsfehler: Da sind noch Zeilenumbrüche im Text, die da nicht hingehören, so mitten im Satz.

Dann hatte ich lange eher eine Tante im Kopf, als einen Onkel, weil sich der Anfang fast wie eine kleine "Verliebtheit" in den Verkäufer liest. Kann auch von einem Mann ausgehen, aber ich würde das wirklich von Anfang an klarer stellen. Ich musste später aus der Tante erst mal einen Onkel in meinem Kopf formen.
Übrigens mochte ich total das Verhuschte an deinem Protagonisten. Das war so menschlich, so liebenswert - wirklich schön gemacht.

Aber das Ende ... ich kam darauf gar nicht klar. Ich habe jetzt die Kommentare überflogen und es geht wohl irgendwie darum, dass die Fische gar nicht friedlich sind, sie eventuell all die bunten Frauen auf dem Gewissen haben, und nun auch ihn, wegen seinem Clownkostüm, aber mir erscheint die Erklärung zu sehr an den Haaren herbeigezogen, ich wäre da allein nicht drauf gekommen, das ist mir zu wenig hergeleitet und im Text verankert, wenn es denn so sein soll.
Natürlich ist es ein Bruch. Ich fand die Entwicklung schön, von Abscheu zu Annerkennung bis hin zur Bewunderung. Da geht am Ende ja irgendwie was Buddhistisches von den Fischen aus, und dann dieser Albtraum (so las sich das für mich) - denn ich nicht ins Gesamtbild integrieren konnte.
Einen Bruch am Ende finde ich für die Storyline schon wichtig. Ich habe jetzt auch keine Idee, wie der Aussehen könnte, aber er sollte sich in die Entwicklung des Prots fügen, die Du hier so wunderschön gezeichnet hast. Es sollte etwas sein, dass ihn nicht überfällt, sondern aus ihm heraus passiert. Das er jetzt auch ein Aquarium haben will, dass er die Wände bunt streicht, Farbe ins Leben des Neffen bringt, das er zu den Fischen ins Aquarium steigt, um ihnen noch näher zu sein, selbst so ein Fisch werden will, oder das einer der Fische stirbt und er nun überlegt, wie man ihm ein würdiges Begräbnis zukommen lassen kann (so ein "heiliges" Wesen spült man nicht im Klo runter), was weiß ich. Alles nur Gedankenfetzen die mir auf die Schnelle kommen. Oder diese Fische sind einfach die bessere Medizin. Die Blutdruckpillen braucht's nicht mehr, solange er bei ihnen ist. Es gäbe da viele Möglichkeiten.
Wahrscheinlich magst Du das Ende aber so wie es ist, dann sei dem so. Wirst Dir schon was dabei gedacht haben. Da bin ich mir sicher.

Wie gesagt, bis auf den letzten Absatz war ich ein großer Fan.

Liebe Grüße, Fliege

 

Hallo Jose,
da bin ich auch noch mal zu deiner überarbeiteten Fassung.

Die Absatzkrumpler wollte ich dir auch sagen.
Fliege schrieb sie hätte den Mann für eine Frau gehalten anfangs, das ging mir jetzt gar nicht so, aber da würde ich zumindest noch mal eine Gegenprobe machen mit einer weiteren Person oder eben Hinweis einbauen.

Ich weiß leider nicht mehr, wie das Ursprungsende war. Da haben viele (ich ja auch) dran rumgemeckert. Und du hast jetzt Schwups Idee umgesetzt, eine rote Linie zu basteln zwischen dem Verschwinden der Freundinnen und ihrer Kleidung und den farbfeindlichen Bläulingen.

Mir tut das richtig leid, das jetzt zu schreiben, aber für mich ists immer noch so, dass das Ende mir zu überraschend kommt. Der Angriff der Fische kommt mir einfach zu unvermittelt. Halt leider immer noch wie Kasperl aus der Kiste. Und dabei hast du alles getan, was nötig ist, die Hinweise sind gelegt. Sein Clownskostüm, dass die Freundinnen alle Buntes bevorzugen, dass sie verschwinden.

Ich weiß jetzt grad nicht genau, woran es liegt, dass einem das immer noch so unvorhersehbar vorkommt. Und denk einfach mal in diversen Richtungen rum.

a) Was auf jeden Fall fehlt, ist eine leise Andeutung darüber, innerhalb des Textes, dass die Fische die Farbfresser sind. Das erschließt man sich erst durch das Ende. Sie werden z. B. gar nicht unruhig, wenn sie zum Beispiel sein buntes Kostüm sehen. Oder irgendwas anderes halt. Irgendwas, wo man eine Änderung bei ihnen feststellen kann, wenn sie Farben zu Gesicht kriegen. Das wäre die eine Möglichkeit.

b) Die andere ist das Klaffen zwischen realer und phantastischer Ebene deines Textes. Ich muss sofort denken, wie das ganze Blut denn verschwindet und wie das denn klappen kann, dass die Fische aus dem Aquarium rauskommen und so. Wahrscheinlich lachst du, wenn ich so argumentiere, aber es ist wahnsinnig wichtig, dass man dem Leser diese phantastische Ebene zumuten kann, und ich weiß grad selbst nicht, wie man das macht. Obwohl ich Horrors schreibe. In meinen Horrogeschichten bahne ich das halt ganz langsam an, das Grauen natürlich für das Opfer, aber eben auch, dass in dem vermeintlich Harmlosen was Böses steckt. Und dann muss man hinkriegen, dass der Leser den Sprung ins Reich des Unrealen mitmachen will und kann. Er muss sich drauf einlassen können. Ich weiß das jetzt auch grad nicht, ob das besser gelingt, wenn noch ein paar mehr Hinweise eingestreut werden und die Fische in ihrer Vielfischigkeit, also in dem dem Farbfeinlichen gezeigt werden.

c) Oder vielleicht ist es so, dass die Geschichte ja sehr schön feinhumorig erzählt ist, vielleicht erwarte ich da ein Ende, was dieses Feine stärker betont. Subtiler ist.
Irgendwie will ich vielleicht in meinem tiefsten Inneren, dass am Ende was anderes passiert, was Subtileres, Feinsinnigeres eben, so bösartig, wie nur was, aber eben was feiner.


Ich weiß es grad selbst nicht, was es ist. Wirklich nicht. Und mir ist auch klar, dass du diesen Kommentar grad so gut gebrauchen kannst wie Fußpilz. Ich wollte es dir trotzdem schreiben.

Und eines will ich dir auch noch sagen.
Die Geschichte ist auf jeden Fall schön geschrieben und sehr sehr lesenswert, Ende hin oder her. Voller Humor und in einem sehr feinen Stil. Und die können froh sein über so eine hübsche sarkastische Perle wie diese Geschichte.
Also von daher, Jose. Schlaf noch mal eine Nacht drüber, Jose, vielleicht kommt dir noch eine Idee zu den neuen Komms hier, aber hau rein und schick die Geschichte ab. So oder so. Die Geschichte lohnt sich.
Ich wünsch dir alles Gute und drück die Daumen.

Ein bisschen lachen musste ich eh über diesen Wettbewerb. Über Siebzigjährige. Und ich bin zu jung dazu. Hehe. Ein bisschen tun die schon auch, als bräuchten ältere Autoren so eine Art Schutzzone (so wie Schreibanfänger, die noch wenig Erfahrung haben). Als hätten Ältere, die die siebzig überschritten haben, nur noch Gichtgriffel an der Tastatur und Wörtergrütze im Schädel und müssten in einer Spezialzone antreten. :)
Aber da haben sie nicht mit dir gerechnet. Also Jose, hau rein!!!!!!!!!

Ganz lieben Gruß und Daumendrückung.
Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Okay, die Fische sollen wirklich die Farbkiller sein. Hätte ich mal gründlicher die Kommentare gelesen. Na dann, lass nach und nach die Farbe aus dem Clownkostüm verschwinden, aus seinem Körper und im Gegenzug werden die Fische immer blauer. Und mit der weichenden Farbe weicht das Leben, bis totenblass im wörtlichen Sinne. Halt paar Sätze mehr, als jetzt und nicht so spaltterhaft ;) Und vielleicht könnten die Fische im Laufe der Woche auch ihre Farbe etwas verlieren. Nicht viel, nur ein bisschen, so ein bunter Mensch sollte schon eine Weile reichen, den blauen Farbakku der Fische aufzufüllen.

Ach je, ist das tragisch. Aber tatsächlich ein schöner Kern. Fressen und gefressen werden, der Kreislauf des Lebens ein bisschen anders ausgelegt. Oder, für die Schönheit des einen müssen andere leiden. Diesmal nicht die Tiere in Tierversuchen. Damit käme eine neue Interpretationsebene hinein, mehr Tiefe in die Geschichte. Doch, gefällt mir jetzt gut als Ansatz.

 

Lieber josefelipe

ich hab mir mal meinen alten Kommentar angeschaut und kann dir versichern, dass ich immer noch dahinterstehe, zumal du ja den Schluss tatsächlich geändert hast. Er geht jetzt ins Horrorgenre. Warum auch nicht. Die Plötzlichkeit könnte tatsächlich etwas gedämpft werden, so wie Fliege ee vorschlägt.

Ich habe mir die Ausschreibung auch angesehen. Zur Farbe "Blau" ist mir außer der AFD nix eingefallen. Leider kann ich auch auf keinen älteren Text zurückgreifen.

Auch hat mir der "Hauptpreis" nicht sonderlich gefallen. Will ich mich wirklich auf Grund des Alters literarisch austauschen? Da kann man ja gar nicht mehr damit kokettieren, wenn alle über das Gleiche jammern:D.

Ich wünsche dir natürlich eine gute Resoanz. Du wirst uns doch hoffentlich auf dem Laufenden halten!

Fröhliches Schreiben und fröhliches Weihnachten mit vielen lieben Menschen wünscht dir

wieselmaus

 

Novak schrieb:
Ein bisschen lachen musste ich eh über diesen Wettbewerb. Über Siebzigjährige. Und ich bin zu jung dazu. Hehe. Ein bisschen tun die schon auch, als bräuchten ältere Autoren so eine Art Schutzzone (so wie Schreibanfänger, die noch wenig Erfahrung haben). Als hätten Ältere, die die siebzig überschritten haben, nur noch Gichtgriffel an der Tastatur und Wörtergrütze im Schädel und müssten in einer Spezialzone antreten. :)
Aber da haben sie nicht mit dir gerechnet. Also Jose, hau rein!!!!!!!!!

wieselmaus schrieb:
Ich habe mir die Ausschreibung auch angesehen. Zur Farbe "Blau" ist mir außer der AFD nix eingefallen. Leider kann ich auch auf keinen älteren Text zurückgreifen.

Auch hat mir der "Hauptpreis" nicht sonderlich gefallen. Will ich mich wirklich auf Grund des Alters literarisch austauschen? Da kann man ja gar nicht mehr damit kokettieren, wenn alle über das Gleiche jammern:D.


Keine Ahnung, ob es wirklich um eine Art spezielle Förderung geht. Meistens stehen hinter solchen Wettbewerben (v.a. wenn es denn überhaupt mal was zu gewinnen gibt) ja die Interessen der Förderer. Da gibt es regionale Auschreibungen, Wettbewerbe für Kinder, Jugendliche, bis 30, bis 40, ab 70, für Einwanderer, für Opfer von xy und was sonst noch alles. Und in diesem Fall ist es ein Projekt, das Kids fördert. Vielleicht brauchten die einfach mal zur Abwechselung das totale Gegenprogramm.

Ich finde den Preis übrigens super. Und selbst, wenn der workshop und die Leute da nix taugen (wovon ich nicht per se ausgehen würde, aber möglich), dann bleibt einem immer noch eine Woche Hotel in der Schweiz. Und auch dort, darf niemand gegen seinen Willen in einem Raum festgehalten werden. So what ... Ü70 schließt eine Menge Leute aus, damit erhöhen sich die Gewinnchancen. Ich will jetzt auch 70 sein, Meno!

 

Hola Fliege,

besten Dank für Deinen Post und für die guten Wünsche!

Da sind noch Zeilenumbrüche im Text, die da nicht hingehören, so mitten im Satz.
Hast recht. Hab’s geändert.
Dann hatte ich lange eher eine Tante im Kopf, als einen Onkel, weil sich der Anfang fast wie eine kleine "Verliebtheit" in den Verkäufer liest.
Nachvollziehbar. Onkel Walther liebt alle Menschen, die Guramis erst nach einer gewissen Anlaufzeit:shy:.
Liebe Fliege, ich will das mal so stehen lassen, weil sonst niemand diesen Eindruck hatte. Aber hier liegst Du total richtig:
Aber das Ende ... ich kam darauf gar nicht klar. Ich habe jetzt die Kommentare überflogen und es geht wohl irgendwie darum, dass die Fische gar nicht friedlich sind, sie eventuell all die bunten Frauen auf dem Gewissen haben, und nun auch ihn, wegen seinem Clownkostüm, aber mir erscheint die Erklärung zu sehr an den Haaren herbeigezogen, ich wäre da allein nicht drauf gekommen, das ist mir zu wenig hergeleitet und im Text verankert, wenn es denn so sein soll.
Ja, das hab ich jetzt umgeschrieben. Der Walther bleibt am Leben, hat sich das im Halbschlaf nur eingebildet.
Das ist nicht gerade neu oder originell – Deine Vorschläge aber sind es:

Es sollte etwas sein, dass ihn nicht überfällt, sondern aus ihm heraus passiert. Das er jetzt auch ein Aquarium haben will, dass er die Wände bunt streicht, Farbe ins Leben des Neffen bringt, das er zu den Fischen ins Aquarium steigt, um ihnen noch näher zu sein, selbst so ein Fisch werden will, oder das einer der Fische stirbt und er nun überlegt, wie man ihm ein würdiges Begräbnis zukommen lassen kann (so ein "heiliges" Wesen spült man nicht im Klo runter), ...
Toll! Da drückst Du mich in puncto Fantasie an die Wand! Auch hier:

... so ein bunter Mensch sollte schon eine Weile reichen, den blauen Farbakku der Fische aufzufüllen.
Du verblüffst mich. Klasse. Mal so richtig die Fantasie aufblühen lassen! Aber das wäre schon die nächste Geschichte ...

Liebe Fliege, danke nochmals. Eine schöne Weihnachtszeit wünsche ich Dir!

José

 

Hola Novak,

ich grüße Dich mit matter Stimme. Es steht schlecht um mich, ich stehe kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Bitte um Nachsicht, weil ich Deine kostbare Zeit für meine Nichtigkeiten in Anspruch nehme. Und undankbar bin ich auch noch! Hab nach ewigem Hin und Her das alte splatterige Ende wieder eingesetzt, obwohl Du es nicht magst. Jetzt ist es, wie Du schreibst:

Und du hast jetzt Schwups Idee umgesetzt, eine rote Linie zu basteln zwischen dem Verschwinden der Freundinnen und ihrer Kleidung und den farbfeindlichen Bläulingen.
Und Onkel Walther ist das dritte Opfer. Aber weil Du schriebst:
für mich ists immer noch so, dass das Ende mir zu überraschend kommt. Der Angriff der Fische kommt mir einfach zu unvermittelt. Halt leider immer noch wie Kasperl aus der Kiste.
... hab ich die rote Linie zum Walther durch das bunte Clownkostüm verlängert, sodass ich hoffen kann, der Leser hat nach zweimal durch die Kombi ‚bunt’ und ‚verschwinden’ beim dritten Mal den notwendigen Verdacht und der Kasperl bleibt in der Kiste.
Ich weiß jetzt grad nicht genau, woran es liegt, dass einem das immer noch so unvorhersehbar vorkommt. Und denk einfach mal in diversen Richtungen rum
.
Du hast Dir eine Wahnsinnsarbeit gemacht mit a.), b.) und c.) – herzlichen Dank dafür!
a) Was auf jeden Fall fehlt, ist eine leise Andeutung darüber, innerhalb des Textes, dass die Fische die Farbfresser sind. Das erschließt man sich erst durch das Ende. Sie werden z. B. gar nicht unruhig, wenn sie zum Beispiel sein buntes Kostüm sehen. Oder irgendwas anderes halt. Irgendwas, wo man eine Änderung bei ihnen feststellen kann, wenn sie Farben zu Gesicht kriegen.
Da hast Du völlig recht. Ich hoffe, dieser Hinweis wird genügen:
... ein dritter nähert sich meinem Ohr mit einer vertraulichen Botschaft. Alle schauen mich an, wie wachgeworden – ich bin der neue Mittelpunkt ihrer Welt.
b) Die andere ist das Klaffen zwischen realer und phantastischer Ebene deines Textes. Ich muss sofort denken, wie das ganze Blut denn verschwindet und wie das denn klappen kann, dass die Fische aus dem Aquarium rauskommen und so. Wahrscheinlich lachst du, wenn ich so argumentiere, ...
Oh nein, liebe Novak! Ich bewundere Dein Engagement für eine x-beliebige Geschichte, und außerdem hast Du so was von Recht, denn diese Fragen stellen sich automatisch – und ich weiß keine Antwort.
Die Gründlicheren unter den Lesern werden das bemängeln, vielleicht behaupte ich, der Heiko hat die Sauerei weggeräumt.
Novak schrieb:
Obwohl ich Horrors schreibe. In meinen Horrogeschichten bahne ich das halt ganz langsam an, das Grauen natürlich für das Opfer, aber eben auch, dass in dem vermeintlich Harmlosen was Böses steckt. Und dann muss man hinkriegen, dass der Leser den Sprung ins Reich des Unrealen mitmachen will und kann. Er muss sich drauf einlassen können.
Hehe – das ist der springende Punkt. Du hast einen Plan, und genau der fehlt mir. Ich lebe in dem Wahn, die Geschichte wird sich schon beim Schreiben entwickeln – und das tut sie meistens nicht. Das dann notwendige Verändern ist immer aufwendiger als erst den Plot festzulegen und dann zu schreiben. Aber ich hab’s auch schon geschafft, feste Plots über den Haufen zu schmeißen:shy:.
c) Oder vielleicht ist es so, dass die Geschichte ja sehr schön feinhumorig erzählt ist, vielleicht erwarte ich da ein Ende, was dieses Feine stärker
betont. Subtiler ist.
Irgendwie will ich vielleicht in meinem tiefsten Inneren, dass am Ende was anderes passiert, was Subtileres, Feinsinnigeres eben, so bösartig, wie nur was, aber eben was feiner.
Ja, das wäre die echte Herausforderung. Find ich toll, von wie vielen Seiten Du eine Sache betrachtest! Aber da müsste ich einen ganz gescheiten Plot haben; Fliege hatte da auch schon Ideen, dass ich nur so gestaunt habe.
Und mir ist auch klar, dass du diesen Kommentar grad so gut gebrauchen kannst wie Fußpilz.
Stimmt, ohne Sarkasmus und ohne Fußpilz:D. Und recht vielen Dank dafür!

Novak schrieb:
Ein bisschen lachen musste ich eh über diesen Wettbewerb. Über Siebzigjährige. Und ich bin zu jung dazu. Hehe.
Eine beknackte Idee, ohne Frage. Doch sei froh, dass Du so jung bist; in diesem Zirkel der Resignierten hast Du nichts verloren:sconf:. Aber ich werde mich strikt nach Deiner Anweisung richten:
Also Jose, hau rein!!!!!!!!!
Jou, dat mookt wi sou !!!

Liebe Novak, nochmals besten Dank für die Krücken, die freundlichen Grüße und nicht zuletzt fürs Daumendrücken. Dir wünsche ich ein schönes Weihnachtsfest!

José

 

Hallo josefelipe,

ich kannte deine hervorgezauberte Geschichte noch gar nicht, weil ich hier noch nicht solange dabei bin, aber dass über das Ende bereits viel gesagt wurde, habe ich schon mitbekommen und du hast es ja wohl mehrfach geändert. Mir ist es so, wie es jetzt dasteht, einleuchtend. Na ja - man weiß natürlich mehr,
wenn man schon die Kommentare gelesen hat, aber ich glaube, es funktioniert.
Der arme Onkel Walther, das hat er eigentlich nicht verdient - aber er ist nicht umsonst gestorben:
du wirst den Über-Siebzigjährigen den Schreck ihres Lebens verpassen mit deiner Geschichte! :D :thumbsup:

Eine Geschichte voller schöner Details und unterschwelliger Spannung und Witz und Selbstironie,
und – Surprise, Surprise – natürlich liebe ich deine Beschreibung der irischen Musik:

trifft Herz und Seele, macht die Augen nass, schreit nach Betäubung. Moll – schräge Töne, die beinahe wehtun, fast wie danebengegriffen, und dann die kraftvolle Vereinigung, von der sie alle träumen, zu der sie tanzen wie verrückt und der sie dann doch mit ihrem verdammten Stolz im Wege stehen.
:herz:


Bunt angezogen wie ein Hippymädchen

Die Schreibweise Hippie ist gebräuchlicher.


Liebe Josefelipe, ich wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest, und zum Anstoßen einen guten Whiskey aus Irland, oder einen andalusischen Sherry oder einen edlen Palinka - wo immer du dich befinden magst – auf jeden Fall: Slainte!

Liebe Grüße von Raindog

 

Hola Raindog,

Du bist so unglaublich höflich! Wenn ich ‚Hippiemädchen’ falsch schreibe, dann sagst Du nicht, dass es falsch ist, sondern:

Die Schreibweise Hippie ist gebräuchlicher.
Arbeitest Du im diplomatischen Dienst? Denn bei meiner Besserwisserei wg. Marrakesch und Marokko hast Du auch darauf verzichtet, mir einen Vogel zu zeigen. Ich wollt’ da noch ein passendes Smiley ranpappen, hab’s aber dann gelassen, weil es eh schon blöd genug war.
Zum Text-Ende:
[QUOTERaindog]... du hast es ja wohl mehrfach geändert. Mir ist es so, wie es jetzt dasteht, einleuchtend. Na ja - man weiß natürlich mehr,
wenn man schon die Kommentare gelesen hat, aber ich glaube, es funktioniert.[/QUOTE]
Da hab ich wirklich viel herumgeschraubt, aber jetzt sehe ich es so wie Du.
... du wirst den Über-Siebzigjährigen den Schreck ihres Lebens verpassen mit deiner Geschichte!
Sie werden mich hassen, doch sie sollten mir für die Warnung vor Piranhas und Guramis dankbar sein:D.
... natürlich liebe ich deine Beschreibung der irischen Musik
Ein Teufelskreis. Angetüdert fallen mir wundervolle Melodien ein, aber ich singe und spiele auch besser. Deshalb sag auch ich ‚Slainte!’, obwohl ich mich hier an die ungarischen Weine und Schnäpse halte. In Maßen, versteht sich:rolleyes:.

Liebe Raindog, besten Dank für Komm und die guten Wünsche, auch Dir ein schönes Weihnachtsfest!

José

 

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