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Bevor die Welt verschwand

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22.08.2012
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Bevor die Welt verschwand

„Was würdest du tun, wenn du wüsstest, wann die Welt zu Ende ist? Also nächste Woche oder so.“

„Ich würde heulen.“

„Ach quatsch, ich meine doch, wenn du darüber schon hinweg wärst.“

„Was soll der Scheiß, ich will über so etwas nicht nachdenken.“

„Man kann doch mal ganz hypothetisch darüber nachdenken. Du denkst doch auch darüber nach, was du mit einem Lottojackpot anstellen würdest.“

„Du ziehst mich total runter, über so was will ich aber nicht nachdenken.“

„Komm schon, du würdest doch bestimmt die letzten Tage genießen wollen.“

„Nein, ich würde mich an meinem Kind festkrallen und heulen.“

Es war nicht, was ich erwartet hatte. Mit ihr zu reden konnte manchmal schwierig sein, als wären wir aus verschiedenen Welten. Aus einer normalen Unterhaltung wurde ein Streit, wurde eine Kränkung, im schlimmsten Falle etwas, das zu Herzen ging. Ich wollte die Laune nicht noch mehr drücken und ging aus dem Zimmer. Sie verzog sich hinter ihren Laptop und schloss die Umwelt aus. In der Küche, mischte ich einen Rest kalter Nudeln, mit etwas Ketchup und Kräuterfrischkäse, erwärmte das Ganze in der Mikrowelle und starrte in die Nacht. Im Gebäude gegenüber flackerte ein Fernseher. Wusste es dort vielleicht schon jemand? Das Essen war lang genug bestrahlt worden und ich begann, es in mich hinein zu schaufeln. Wieder starrte ich in die Nacht und konnte mich nicht erinnern, jemals in eine solche Dunkelheit hineingesehen zu haben. Am Fenster gegenüber rührte sich etwas. Da wo der Fernseher flimmerte. Eine Gestalt erschien und sah mich an. Einen Moment fühlte ich mich unbehaglich, doch dann hob ich die Hand, wie zum Gruß. Es ist wie in allen Ausnahmesituationen, wenn im Zug plötzlich das Licht ausgeht, eine Flutwelle das Dorf hinfort reißt, oder kurz bevor die Welt verschwindet. Man kommt sich näher, verliert die Scheu vor anderen Menschen.

Drüben ratterte die Außenjalousie herunter und die Dunkelheit war vollkommen. Klar, dachte ich, es gibt bestimmt noch viele Filme, die man unbedingt gesehen haben muss, bevor die Welt untergeht. Kein Grund sich durch neugierige Nachbarn stören zu lassen. Ich wollte noch viele Bücher lesen, das konnte ich wohl vergessen. Nächste Woche schon und mir fiel nichts Vernünftiges ein, was ich tun könnte. Wenn es die ganze Welt schon wüsste, gäbe es vielleicht eine Sendung im Fernsehen, mit den besten Tipps, wie man seine letzten Tage verbringen kann. Für solche Medienspielerein war es nun leider zu spät – noch drei Tage – so knapp vor dem Ende, würde keiner mehr zur Arbeit kommen. Kein Kameramann, kein Regisseur, der nicht bei seinen Lieben wäre, oder nicht wenigstens im Vollrausch versuchen würde, irgendwo einen letzten Fick aufzutreiben. Hätte die Regierung frühzeitig informiert, die Industrie hätte sich darauf einstellen, und die unglaublichsten Produkte auf den Markt werfen können. Weltuntergangsgetränke mit Drogen, unzerstörbare Erinnerungsspeicher für eventuelle außerirdische Archäologen oder noch verrücktere Dinge. Eine gewisse Zeit, hätte das System bestimmt noch funktioniert. Wer würde denn auch alles schon Monate vor dem Ende hinwerfen und sich die Chance entgehen lassen, an der großen Weltuntergangsparty teilzunehmen?
Doch so –

Ich wusste seit heute Bescheid und wartete auf die offizielle Bekanntgabe. Wie bereitet man sich auf das Ende vor, war der einzige Gedanke, den ich noch hatte. Bringen Sie ihre Sachen in Ordnung – wird häufig verwendet, wenn man einem todgeweihten Patienten seine Chancenlosigkeit mitteilt. Doch in diesen Fall – wen interessiert’s? Es musste doch möglich sein, etwas zu finden, das ich mit meiner Frau und unserer Tochter unternehmen konnte, um aus diesen letzten Tagen noch das Beste rauszuholen. Das Problem war nur, solange es nicht offiziell wäre, würde mir kein Mensch glauben – ich wäre nur ein Irrer mit Wahnvorstellungen.
Später vor dem Spiegel, die Zahnbürste im Mund, fragte ich mich, warum meine Trauer ausblieb. Keine Panik, kein Fall in emotionale Tiefe. Nichts. Lag es an der Endgültigkeit, dem Fakt, dass es keine Rettung in letzter Sekunde geben würde? War es ein hormonelles Ungleichgewicht, das mich gleichgültig machte? Stand ich unter Schock? Eine unglaubliche Müdigkeit überfiel mich. Meine Augen ließen sich auf dem Weg ins Schlafzimmer kaum offen halten. Gerade als ich die Decke über meinen Kopf gezogen hatte, hörte ich meine Frau, für die es noch zu früh zum Schlafen war, fragen:

„Alles Okay? Du hast nicht mal Gute Nacht gesagt.“
„Gute Nacht.“
Der Schlaf zog all meine Aufmerksamkeit nach innen, das entfernte Knallen einer Tür war wie ein Schalter, der mich in die Dunkelheit kippte.

Bevor der Wecker am nächsten Tag klingelte, lag ich bereits hellwach im Bett, sie schlief tief und fest, die ersten Sonnenstrahlen verirrten sich über die Dächer in unser Schlafzimmer. Ich war aufgeregt. Sollte ich zuhause bleiben? Jegliche Lust am Aufstehen hatte sich verflüchtigt. Es erschien mir plötzlich völlig sinnlos noch auf Arbeit zu gehen, ich wollte mich eigentlich nur noch an sie schmiegen und festhalten. Als ich mich ihr jedoch näherte, klingelte der Wecker. Kein guter Zeitpunkt. Das schrille Geräusch war kaum zu ertragen und zwang mich aus dem Bett. Gleichzeitig wachte sie auf.

„Wann musst du los?“, ihre Stimme war belegt.
„Weiß nicht genau.“
„Hast du noch Zeit, den Vertrag mit Grombach durchzulesen, ich konnte die halbe Nacht nicht einschlafen, weil ich daran denken musste.“
„Nein, keine Zeit. Nicht dafür.“
„Wann musst du denn los?“
„Weiß nicht.“

Ihr Blick sagte mehr als ich wissen wollte. Ich konnte ja schlecht sagen: Hör zu Schatz, die Welt ist bald nicht mehr. Lass uns die letzten Tage nicht mit solchen Banalitäten vergeuden. Sie würde mir nicht glauben. Erst wenn die Regierung die Nachricht herausgab, durfte auch ich darüber sprechen. Andernfalls könnte ich mich gleich wie einer von diesen Verrückten mit einem Schild auf die Straße stellen. Ich wäre ähnlich glaubhaft.
„Was hältst du davon, wenn wir heute einfach mal zuhause bleiben, vielleicht mit Lana in den Zoo gehen, irgendwas zusammen machen“, sagte ich. Sie lächelte.
„Das wäre schön.“
Es klang ein bisschen traurig und mein Gewissen meldete sich zu Wort, wieso musste erst der Weltuntergang bevorstehen, dass mir dieser Wunsch in den Sinn kam. Wie oft hatte ich mir anhören müssen, dass ich nicht genug Zeit in die Familie investierte. Ich ging auf sie zu, legte meine Hände auf ihre Hüften, aber sie bellte mich an.
„Jetzt nicht nerven. Ich muss mich beeilen. Kümmere dich um Lana.“
Schnell befreite sie sich und begann ihr Gesicht zu pudern. In meinem Brustkorb entstand ein ungutes Gefühl, etwas zog sich da zusammen.

„Schatz, ich brauche Urlaub. Mit dir, mit Lana, jetzt sofort.“
Sie rollte mit den Augen. „Lass uns heute Abend drüber reden. Musst du nicht auch langsam los?“
„Wir können zu unserem Platz gehen. Zum Aussichtspunkt“, flüsterte ich, aber sie hatte sich weggedreht. Ihr Spiegelbild tupfte etwas Glitzerndes von ihrer Wange und aus dem Kinderzimmer rief es:
„Papa! Paaapaaaa!“
Ich lächelte und gleichzeitig wurde mir schlecht. Keine Zukunft. Dieser Gedanke rasselte mir direkt vom Kopf in den Magen. Ich drehte mich Richtung Kinderzimmer und die Welt entglitt. Kreislaufprobleme. Das Atmen wurde schwer. Panikattacke. Das Herz raste. Ich musste mich regelrecht ins Bad schleppen, und spritzte kaltes Wasser in mein Gesicht, um wieder runter zu kommen. Es funktionierte nicht. Das Badezimmer begann zu schaukeln, wurde kleiner, drohte mich zu zerquetschen und nahm mir die Luft. Raus, einfach nur raus.

Irgendwie schaffte ich es auf dem Weg nach draußen ein paar Sachen anzuziehen. In einer Gasse hinter unserem Wohnhaus ging ich in die Knie und würgte. Viel kam aber nicht, mein Magen war leer, und obwohl der Uringeruch in dem Durchgang meine Übelkeit noch verstärkte, richtete ich mich auf und ging wieder zurück in die Wohnung. Meine Frau war schon fertig, als ich zur Tür hereinkam.
„Wo kommst du denn her?“
„Briefkasten.“
„Okay, ich muss los. Bis heute Abend.“
Kein Küsschen, sie war einfach verschwunden. Vor mir stand die Kleine, zuckersüß lächelnd. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht zu heulen anzufangen. Keiner konnte verstehen, was im Augenblick mit mir los war. Schon gar nicht meine vierjährige Tochter.
Völlig benebelt brachte ich Lana in die Kita. Ich empfand es nicht als sinnvoll, sie jetzt aus ihrem gewohnten Alltag zu reißen. Vor allem nicht, da ich mich selbst in einem so unsäglichen Zustand der Verwirrung befand. Ich musste meine Fassung zurückgewinnen, um dann, wenn es offiziell war, eine Stütze für meine Lieben sein zu können. Niemandem nützte es etwas, wenn ich jetzt den Boden unter den Füßen verlöre und damit alle belastete.

Auf dem Rückweg kam ich ins Grübeln, ich trug immer noch die achtlos übergestreiften Sachen und sah nicht besonders gesellschaftsfähig aus, trotzdem wurde mir in der Straßenbahn keine große Beachtung zuteil. Jeder war mit sich selbst beschäftigt. Die Blicke der Menschen gingen ins Leere. Ich konnte sehen, wie sie ihre Probleme wälzten, Pläne machten oder vor sich hinträumten. Keiner war wirklich da, alle nur Hüllen, die ihr Bewusstsein von Punkt A zu Punkt B brachten, um sich vielleicht dort mit der Realität auseinanderzusetzen. Der Gedanke belustigte mich, weil mir plötzlich klar wurde, dass die eine Realität nicht existiert. Jeder lebt in seiner eigenen Wirklichkeit und ist abgetrennt von der Wirklichkeit seiner Mitmenschen. Nun ja, jedenfalls bis zu dem Moment, an dem alle erfahren, dass ihr Ende unweigerlich bevorsteht. Dann würde alles menschliche Streben seine Bedeutung verlieren und vielleicht der wahre Sinn erkennbar werden - niemanden würden mehr unbezahlte Rechnungen oder die nächste Gehaltserhöhung interessieren. Es würde egal sein, was die Nachbarn oder die Eltern denken, alle wären am gleichen Punkt.

Noch drei Tage. Eigentlich hätte ich zur Arbeit gehen müssen, aber ich konnte nicht. Ich saß zu Hause vor dem Fernseher und schaltete durch die Kanäle. Keine Nachrichten zum bevorstehenden Weltuntergang. Keine Sondersendung. Nicht das geringste Anzeichen, das darauf hindeuten könnte. Ein ganz normaler Tag für alle Unwissenden. Doch irgendwo waren die Eingeweihten und bereiteten alles vor. Nur ich tat nichts, fühlte mich hilflos und ausgeliefert, nicht einmal in der Lage mit irgendwem darüber zu reden. Offiziell wusste ich ja auch gar nichts. Die Meldungen konnten aber jeden Moment losgehen und mit ihnen das Chaos auf den Straßen. Die Verwirrung der restlichen Bevölkerung würde in den ersten Stunden alles durcheinanderbringen. Vor meinem inneren Auge spielten sich Hamsterkäufe, Aufstände, Plünderungen und Anarchie ab.

Mit einem entsetzten Keuchen sprang ich auf. Ich Idiot! Ich musste sofort zurück und Lana holen, es war nicht auszudenken, was passieren konnte, sobald es alle wussten. Die ersten Reaktionen würden höchstwahrscheinlich unlogisch und panisch ausfallen. Ich musste sofort mein Kind holen und Lebensmittel kaufen. Ich hatte nicht richtig nachgedacht, sie hätte bei mir bleiben müssen. Die Erkenntnis meiner Dummheit brachte mich fast zur Verzweiflung. Das Wissen, dass ich wertvolle Zeit vergeudet hatte, machte mich wahnsinnig. Mein ganzer Vorsprung vergeudet mit Lethargie und Verwirrung. Die Bilder vor meinem inneren Auge ließen mich in Hektik verfallen, nichts funktionierte mehr auf Anhieb, selbst Schnürsenkel binden misslang. So schnell wie es ging raste ich die Treppe hinunter und scheiterte daran das Fahrradschloss zu öffnen. Auf öffentliche Verkehrsmittel durfte ich mich nicht länger verlassen, sie konnten jederzeit ausfallen. Zum Glück hatte ich einen Kindersitz am Fahrrad. Mit Öffnen des Schlosses atmete ich kurz auf, sprang auf den Sattel und trat in die Pedale, doch schon in der ersten Kurve, die ich viel zu eng nahm, streifte ich mit meiner Schulter eine Hausecke und schlug mit voller Wucht auf dem Boden auf. Benommen versuchte ich, wieder aufs Rad zu kommen. Der Sturz war allerdings so schmerzhaft gewesen, dass ich kaum weiterfahren konnte. Ich biss die Zähne zusammen. Für meine Familie. Die ersten Meter waren kaum zu ertragen, da sich immer mehr Stellen an meinem Körper meldeten, die Blessuren davongetragen hatten. Je mehr ich jedoch an Fahrt aufnahm, desto besser kam ich voran und motivierte mich durchzuhalten. Ein Rennen gegen die Zeit. Ich war so dumm, natürlich würde Panik ausbrechen. Ich war panisch. Ein Rennen um die letzten Reserven, Fanta, Cola, Zigaretten und Schnaps. Ein Rennen für die letzten Stunden Genuss. Ich hätte Sie anflehen sollen bei mir zu bleiben. Auf Knien rutschend, um gemeinsame Zeit betteln sollen. Ein Rennen um die letzten Stunden mit der Familie.

Die nächste Kreuzung zwang mich zu einem Halt. Kurze Verschnaufpause. An der roten Ampel, ein Fahrzeug neben mir, drinnen saßen ein Mann und eine Frau, die gebannt auf ihr Radio starrten und gespannt zuzuhören schienen. War das die Meldung? Erfuhren sie gerade, was uns bevorstand? Ich musste mich beeilen. Die Ampel wurde grün, und jeder meiner Tritte von stechendem Schmerz begleitet. Es war derselbe Weg zur Kita, dem auch die Schienen der Straßenbahn folgten. Ich versuchte, in den Gesichtern der Menschen, die mir entgegenkamen, Anzeichen zu entdecken, die auf die Bekanntmachung des Weltuntergangs hindeuteten, aber ich war mir nicht sicher. Bis ich an einer Hauswand vorbeikam, die am Morgen noch rein und weiß gewesen war, auf der nun mit frischer Farbe in roten Lettern stand: DAS ENDE IST NAH.

Völlig durchgeschwitzt erreichte ich die Kita und betrat das Gebäude wie ein alter Mann auf der Suche nach einem Arzt. Mit einiger Mühe schaffte ich die Treppe in die Etage mit Lanas Gruppenraum und stand einer schockiert dreinblickenden Erzieherin gegenüber, die fragte:
„Was machen Sie denn hier?“
„Ich will Lana abholen.“
„Aber Ihre Frau war schon hier. Lana ist nicht mehr da.“
Sie wusste es, es musste jetzt in den Nachrichten sein. Ganz frisch, so, dass die Information noch nicht bis überall vorgedrungen war.
„Was hat sie gesagt?“, wollte ich wissen.
Die Erzieherin sah aus, als wollte sie am liebsten nicht mit mir reden.
„Sie hat nichts gesagt, vielleicht versuchen Sie besser Ihre Frau anzurufen.“

Okay, die Erzieherin wusste anscheinend noch nichts. DAS ENDE IST NAH - mehr konnte ich in diesem Moment nicht denken. Auf der Suche nach meinem Telefon, ich durchwühlte alle meine Taschen, schossen mir weitere Gedanken durch den Kopf, ich musste zurück. Am besten ich machte mich wieder auf den Weg nach Hause. Das Telefon hatte ich wohl in der Wohnung liegen lassen und meine Familie würde dort auf mich warten. So konnte ich zumindest noch schnell in einen Supermarkt, Lebensmittel einkaufen. Meine Frau hatte es irgendwie im Büro erfahren, wenn sie mich erreichen wollte, dann auf meinem Telefon. Ich schlug mir gegen die Stirn, Idiot - diese Weltuntergangssache brachte mich ganz durcheinander.

Im Supermarkt war alles ruhig, keiner rannte wie ein Wahnsinniger durch die Gänge und schubste den Inhalt der Regalreihen wahllos in seinen Wagen, so wie ich mir das vorgestellt hatte. Es fiel mir äußerst schwer, die Beherrschung nicht zu verlieren. Unaufhaltsam verstrichen die Minuten. Mit jeder Sekunde, die verging, wurden die Verbleibenden wertvoller. Schweiß lief an mir herab, mein Herz klopfte, die Menschen um mich herum sahen mich an, als hätte ich eine ansteckende Krankheit und wichen vor mir zurück. War denn von denen noch keiner im Bilde? Dass Ganze passte nicht zusammen. Meine Frau wusste es, sie hatte Lana schon in Sicherheit gebracht. So eine Nachricht müsste sich schneller verbreiten und die Menschen bis aufs Mark erschüttern, weit mehr noch als ein 11. September. In der Schlange zur Kasse atmete ich tief ein und aus, um mich zu beruhigen. Eine ältere Dame mit vollem Einkaufswagen fragte, ob alles in Ordnung sei, und ließ mich nach vorn. Zum Glück hatte ich überhaupt Geld dabei, allerdings war der Wagen viel zu voll, um all die Sachen, die ich gekauft hatte mit dem Fahrrad zu transportieren. Kurzerhand machte ich mich mit Einkaufswagen auf dem Nachhauseweg.

DAS ENDE IST NAH. Da war sie wieder, die frische Schrift auf der Hauswand. Den Einkaufswagen im Laufschritt vor mir her schiebend zog sie an mir vorüber. Eine unglaubliche Botschaft, die normalerweise niemals jemand ernst nehmen würde. Vielleicht war das die Lösung. Die Nachricht wurde verkündet, aber niemand nahm sie ernst. Hatten nicht schon viele den Weltuntergang vorhergesagt und lagen falsch. Religionen, Sekten, Wissenschaftler, wieso sollte man irgendwem glauben, wenn alle Tatsachen dagegen sprachen. Kein Feuerball am Himmel, der auf die Erde zurast, keine Erdbeben, kein Atomkrieg, keine außerirdische Invasion, keine vernünftige Erklärung. Ich wusste es allerdings. Meine Quelle war sicher und meine Frau wusste es jetzt auch, hoffentlich. Ein anderer Grund fiel mir nicht ein, warum sie sonst Lana abgeholt haben könnte.

Als ich die letzte Stufe erklommen hatte, fiel mir fast der Schlüssel aus den zittrigen Fingern. Drinnen war auf den ersten Blick alles so, wie ich es verlassen hatte. Sofort schaltete ich den Fernseher ein und landete bei der Wiederholung einer alten Serie. Mein Telefon lag auf dem Wohnzimmertisch und blinkte, sechzehn entgangene Anrufe, alle von meiner Arbeit. Mir wurde schwindelig. Was war hier los? Mit der eingespeicherten Kurzwahl wählte ich die Nummer meiner Frau, es meldete sich die Mailbox:
„Dies ist der Anschluss von … “ das Ergebnis blieb bei jedem Versuch dasselbe. Resigniert setzte ich mich wieder vor den Fernseher und wartete. Wo waren denn die Meldungen, wieso blieb alles wie immer? Dann klingelte es. Der Bruder meiner Frau. Fast hätte ich den Anruf abgelehnt, weil ich mit der berührungssensitiven Oberfläche des Handys in meiner Erregung nicht zurecht kam.

„Ja. Ja. Ich bins, was ist los? Sie sind bei dir. Bei euch. Gut. Ich kann kommen. Sie abholen oder ganz zu euch kommen, was euch lieber ist. Nein? Was meinst du damit, das ist keine gute Idee? Ihr wisst doch, was los ist. Dann müssen wir zusammen sein. Nein. Was redest du denn da? Ja, das meine ich doch, das Ende. Nein wir haben keine Zeit. Woher soll ich Zeit nehmen. Es sind nicht mehr ganz drei … “

Plötzlich schrie er mich an, ich solle mich jetzt mal zusammenreißen und nicht so eine Szene machen. Ich hätte genug Zeit gehabt mir Mühe zu geben, und dass ich jetzt, wo ich spüre, das da etwas in der Luft liegt natürlich Himmel und Hölle in Bewegung setzen möchte, nur um noch irgendwie die Kurve zu kriegen. Er sagte, dass es vorbei ist, dass sie genug von mir hat, dass sie mit Lana bei ihm und seiner Familie wäre, und dass ich mich dort ja nicht blicken lassen solle. Weil sie Zeit bräuchte. Gib ihr Zeit hatte er immer wieder gesagt.

DAS ENDE IST NAH. Eine Botschaft auf einer Wand. Das war alles. Mehr hatte es nicht gegeben. Keine Sondersendung. Keine Radiomeldung. Nichts. Man hatte wohl beschlossen, dass es so einfacher für alle würde – ohne Vorwarnung. Vielleicht hätte man es erkennen können, wenn man die Anzeichen bemerkte. Signale aus einer anderen Welt, schwer zu entschlüsseln, aber da. Ich saß auf einer Bank, unser Aussichtspunkt über der Stadt und gleich würde es so weit sein. Für mich nur eine weitere Welt, die verschwinden würde.

 

Challenge-Geschichten bitte nicht mehr unter "Kurzgeschichten" einstellen und mit "Thema des Monats versehen, siehe hier.

 

Hallo Lem Pala,

ich fange mal damit an, was mir sprachlich aufgefallen ist:

Aus einer normalen Unterhaltung wurde ein Streit, wurde eine Kränkung, im schlimmsten Falle etwas, das zu herzen ging.
- zu Herzen

Eine gewisse zeit, hätte das System bestimmt noch funktioniert.
- Zeit

Bringen sie ihre Sachen in Ordnung – wird häufig verwendet, wenn man einem todgeweihten Patienten seine Chancenlosigkeit mitteilt.
- Höflichkeitsformel, daher: Sie

Es musste doch möglich sein, etwas zu finden, dass ich mit meiner Frau und unserer Tochter unternehmen konnte, um aus diesen letzten Tagen[,] noch das Beste rauszuholen.
- das / das letzte Komma muss weg

Der Schlaf zog all meine Aufmerksamkeit nach innen, das entfernte Knallen einer Tür[,] war wie ein Schalter, der mich in die Dunkelheit kippte.
- das markierte Komma kann weg

Es erschien mir plötzlich völlig sinnlos noch auf die Arbeit zu gehen, ich wollte mich eigentlich nur noch an sie schmiegen und sie festhalten.
- die fett markierten Worte fehlen (für mein Empfinden)

„Wann musst du los[B[?][/B]“, ihre Stimme war belegt.
- da sie eine Frage stellt, würde ich sie auch als solche kennzeichnen

Andernfalls könnte ich mich gleich, wie einer von diesen Verrückten, mit einem Schild auf die Straße stellen.
- die Kommas können beide raus

Ich ging auf sie zu, legte meine Hände auf ihre Hüften[KOMMA] aber sie bellte mich an.
- Wann ist er denn aufgestanden, um hier auf sie zugehen zu können? Ich dachte, die beiden liegen noch im Bett. Oder habe ich da etwas überlesen?

Zum Aussichtspunkt“, flüsterte ich[KOMMA] aber sie hatte sich weggedreht.

Ihr Spiegelbild tupfte etwas glitzerndes von ihrer Wange
- Glitzerndes

Irgendwie schaffte ich es auf dem Weg nach draußen, ein paar Sachen anzuziehen.
- kein Komma

In einer Gasse, hinter unserem Wohnhaus, ging ich in die Knie und würgte.
- keine Kommas

und obwohl der Uringeruch in dem Durchgang meine Übelkeit noch verstärkte, richtete ich mich auf und ging wieder zurück[,] in die Wohnung.
- markierstes Komma kann weg

Ich musste mich zusammenreißen, um nicht anfangen zu heulen.
- anzufangen

Niemanden nützte es etwas, wenn ich jetzt den Boden unter den Füßen verlor und damit alle Belastete.
- belastete

Doch irgendwo sind die Eingeweihten und bereiten alles vor.
- weshalb wechselst du hier ins Präsenz?

Das Wissen, das ich wertvolle Zeit vergeudet hatte, machte mich wahnsinnig.
- dass

Wo ich eben noch gehofft hatte baldmöglichst die Meldungen im Fernsehen zu entdecken, hoffte ich nun, das mir noch genug Zeit blieb meine Tochter in Sicherheit zu bringen und am besten noch ein paar Vorräte einzukaufen.
- dass

Ich versuchte, in den Gesichtern der Menschen[KOMMA] die mir entgegenkamen[KOMMA] Anzeichen zu entdecken, die auf die Bekanntmachung des Weltuntergangs hindeuteten, aber ich war mir nicht sicher.

Völlig durchgeschwitzt erreichte [ich] die Kita und betrat das Gebäude wie ein alter Mann auf der Suche nach einem Arzt.

Mit einiger Mühe schaffte ich die Treppe, in die Etage mit Lanas Gruppenraum
- kein Komma

„Was machen sie denn hier?“
- Höflichkeitsformel, daher: Sie

„Aber ihre Frau war schon hier
- siehe oben, daher: Ihre

vielleicht versuchen sie besser ihre Frau anzurufen
- Sie, Ihre

Meine Frau hatte es irgendwie auf Arbeit erfahren
- "auf Arbeit" klingt sehr umgangssprachlich, vielleicht eher "im Büro"? Oder so ähnlich.

Im Supermarkt war alles ruhig, keiner rannte wie ein wahnsinniger durch die Gänge
- Wahnsinniger

Dass ganze passte nicht zusammen.
- Das Ganze

Ich klingelteKOMMA] aber keine Antwort.

Ich bins, was ist los.
- Hier würde ich die Frage wieder entsprechend mit einem Fragezeichen kennzeichnen.

Die Grundidee deiner Geschichte finde ich gelungen. Es gibt Passagen, in denen du schön beschreibst, was deinem Protagonisten durch den Kopf geht und was wohl mit den Menschen passieren würde, wenn sie wüssten, dass in drei Tagen die Welt untergeht. Ich habe mich zwischendurch immer wieder gefragt, ob mit ihm was nicht stimmt, ob er sich das alles nur einbildet. Der Grund für diese Vermutung war, dass er nie erzählt, wie er daruf kommt, auf diesen Weltuntergang. Schön finde ich auch, dass sich bei ihm das Ende seiner Ehe, die Gewissheit, dass es zu Ende ist, wohl von hinten anschleicht und als Halluzination über das Ende der Welt in seinem Kopf erscheint. Gute Idee.

Viele Grüße
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lem Pala,

eine beliebte Idee aus dem SF- Fundus hast du einer Geschichte umgebogen, in der der Protagonist einer Wahnidee verfällt und dabei die Realität umdeutet und verliert.

Als Idee nicht schlecht, nur finde ich die Umsetzung etwas langatmig, eher berichtmäßig. Die gefühlsmäßige Tonlage und der sprachliche Duktus bleiben mehr oder weniger gleich durch den ganzen Text. Ich habe übrigens wesentlich früher als der Prot erkannt, dass es sich um eine Wahnvorstellung handelt.
Hier die eine oder andere Idee für eine Steigerung, wenn du das willst.

Hört er Stimmen, die ihm als Einzigem die geheime Botschaft zukommen lassen? Verhält er sich für die Frau merkwürdig? Wird seine Sprache, auch nach innen, zunehmend hektischer, abgehackter, für die anderen unverständlicher?

Das könnten Bausteine sein, die der Geschichte mehr Spannung geben.

Nochmals: Die Idee als solche finde ich interessant. Das meine ich nicht als Floskel.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo RinaWu,

Danke für die sprachlichen Hinweise und die Fehlersuche, ich werde versuchen alles schnell zu korrigieren oder einzuarbeiten, sowas ist immer ein große Hilfe. Ich verliere gerne mal den Blick für gewisse Dinge - um so häufiger ich den Text lese und daran feile, um so schwerer wird es scheinbar.

Freut mich das die Idee bei dir gut ankommt. Ich wollte es ein bisschen offen lassen und die Möglichkeit, dass der Protagonist vielleicht doch Recht hat und die Welt bald unter geht, für den Leser bestehen lassen. Der letzte Absatz spielt ja direkt vor dem "Ende". Vielleicht ist mir das an der Stelle garnicht so gelungen wie geplant, denn du bist dir ja ziemlich sicher, dass er unter Halluzinationen leidet. Wie auch die dir nachfolgende Beitragsposterin -

Hi wieselmaus,

dir gehts ähnlich wie RinaWu, du bist überzeugt, dass der Ich-Erzähler tatsächlich an Halluzinationen leidet. Ein bisschen wollte ich das vermeiden und auch die Tür offen lassen für die andere Möglichkeit, nämlich das er Recht hat - aber da hakt die Geschichte scheinbar noch.

Der Grundgedanke war dabei das Weglassen, also das Weglassen einer Erklärung für sein Wissen über den Weltuntergang. Ich dachte mir, dass es theoretisch égal ist, da ja die wichtige Welt, die deren Verschwinden man tatsächlich mitbekommt, für das Glück des Protagonisten ausschlaggebend ist und nicht die materielle Welt. Jetzt frage ich mich, ob ich vielleicht mit anderen Mitteln, noch mehr erreichen könnte. Sozusagen den Focus des Lesers auf das (vielleicht echte oder wahnhafte) vorhandene Wissen zum Untergang zu lenken - alles mit Details ausschmücken, eine vernünftige/glaubhafte Quelle vorstellen etc. etc. - damit sich die Frage am Ende ausdrücklicher stellt, ob die Welt nun noch untergehen wird, oder ob er nebenbei eine Psychose entwickelt hat.

Muss da wohl erstmal ne Nacht drüber schlafen :dozey:

Danke für deinen Beitrag Wieselmaus und auch nochmal Danke an RinaWu

Schöne Grüße
Lem Pala

P.S.: Sorry Webmaster, ich habe das nicht gepeilt, dass sich da was geändert hatte. thankyou for verschiebing in the right thread :schiel:

 
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Niemande[m] nützte es etwas, wenn ich jetzt den Boden unter den Füßen verlor und damit alle elastete.
*

Wäre die Aufschrift plakativ und in Werbesendungen aufgetaucht, ich wüsste, dass es eine Allianz aus Herrn Bundesinnenminister (Vorräte für wenigstens zehn Tage zu bunkern) und der Lebensmittelbranche, den vorweihnachtlichen Konsum nicht nur mit Freude, sondern auch gebührendem Ernst im Sinne der Wirtschaft und der marx'schen Mehrwertrate, die nix anderes ist als der bloße Profit anzufeuern. Aber Handgeschrieben ists entweder das Menetekel, es wäre aber, wie wir seit Belsazar wissen, in einem fremden Idiom, einem göttlichen quasi, dass es eines Übersetzers bedürfte, oder von Scherzbolden und Sprayern angebracht.

„Was würdest du tun, wenn du wüsstest, wann die Welt zu Ende ist? Also nächste Woche oder so.“

Keine Frage,

lieber Lem Pala -
(Lem Verehrer?)
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts im Karneval der Endzeitlichkeit!,

das gleiche, was alle machen, die vorher wissen, dass sie morgen oder nächste Woche usw. sterben werden: Panisch - so weit ich überhaupt in Panik ausbrechen kann - noch abarbeiten, was man für wert hält, noch schnell getan zu werden oder in Panik ausbrechen oder mich im Schneidersitz hinsetzen, ein gepflegten Maibock auch im Winterhalbjahr trinken und den mehr oder weniger lieben Gott den lieben Gott sein lassen.

Da ist es gut, dass man weder Tag noch Stunde weiß und ggfs.noch ein weiteres Bockbier trinken kann und dabei A Day In The Life von John Lennon in der Fassung von Neil Young im Hyde Park zu hören und Paul McCartney seinen Teil vom St. Pepper dazugeben.Trotzig sein, eben. Attac und Greenpeace würden einem da nicht helfen und die APO gibt's so recht nicht mehr. Noch eine Bank ausrauben wäre sinnlos und unnötiger Aufwand.

Aber gewiss nicht heulen!

Nun, RinaWu hat schon einiges an formalen Schnitzern aufgezählt, da solltestu auch mal an die Korrekturen gehen, bevor hier alles doppelt und irgendwann dreifach aufgeführt wird – schon in Deinem eigenen Interesse, nicht erst mit dem

..., das zu [H]erzen ging,
sondern schon, wenn die Fälle-Falle zuschnappt im
„Nein, ich würde mich an mein[em] Kind festkrallen und heulen“,
ich zeig jetzt nur ähnliche Fälle auf (auch eine schöne Beschäftigung) und
In der Küche, mischte ich einen Rest kalte[r] Nudeln[...] mit etwas Ketchup und Kräuterfrischkäse,
Genitiv, halt!

Wenn es die ganze Welt schon wüsste, gäbe es vielleicht eine Sendung im Fernsehen, mit den besten Tipps, wie man seine letzten Tage verbringt.
Der Schluss „wie man ...“ besser im Konjunktiv, „… seine letzten Tage verbringe/verbringen kann/könnte“, je nachdem, wie ernst es dem gutmeinenden Ratgeber ist, im extremen Fall sollte der Konjunktiv irrealis durchgehaltem werden: „wie man seinen letzten Tage verbrächte“.

Hier ähnlich, jetzt aber bevorzugt Konj. I, „sei“ statt „war“

Später vor dem Spiegel, die Zahnbürste im Mund, fragte ich mich, warum ich nicht traurig war.

Ich drehte mich Richtung Kinderzimmer und die Welt entglitt [mir].

Ich musste mich zusammenreißen, um nicht anfangen zu heulen.
Holpriges, weil verdrehtes Ende (wahrscheinlich wegen des gedoppelten Infinitivs): „…, um nicht zu heulen anzufangen" ginge auch ohne anzufangen ... Probier mal aus!

Mit einem entsetzten Keuchen sprang ich auf. Ich Idiot.
Das „Idiot“ klingt nach mehr als einer bloßen Aussage – eher wie ein (erkenntnisreicher) Ausruf, besser (oder halt nur vielleicht) Ausrufezeichen!
Ähnlich, aber gänzlich anders hier
„Was hat sie gesagt“, wollte ich wissen.
Die wörtl. Rede ist eher eine Frage denn eine Aussage, besser also „Was hat sie gesagt?“, wollte ...

Die Erzieherin sah aus, als wollte sie am liebsten nicht mit mir reden.
Siehste, da spielen Praet. und Konj. II Hand in Hand.

Er sagte, dass es vorbei ist, dass sie genug von mir hat, dass sie mit Lana bei ihm und seiner Familie wäre, und dass ich mich dort ja nicht blicken lassen solle. Weil sie Zeit bräuchte. Gib ihr Zeit[,] hatte er immer wieder gesagt.
Warum nicht durchgängig nach dem "dass" Konj.?

Mühsam gelesen vom

Friedel

* Ach ja, das einleitende Zitat oben

Niemande[m] nützte es etwas, wenn ich jetzt den Boden unter den Füßen verlor und damit alle elastete.
Konjunktiv II, irrealis, darum besser "Niemande[m] nützte es etwas, wenn ich jetzt den Boden unter den Füßen verlöre und damit alle belastete" (hier fallen Praet. und Konj. II zusammen in "belasten".

 

Hallo Friedrichard,

es ist geschafft, die Korrekturen sind eingepflegt und ja, das Präteritum und der Konjunktiv II, waren bisher nur entfernte Bekannte von mir. Du hast mit deiner Korrekturliste den Anstoß gegeben, das ich meinen Blick in diese Richtung schärfe und die "weit entfernten" nun besser kennenlernen möchte.

Was Panik, Bockbier und gute Musik betrifft kann ich dir nur zustimmen - was das Bekanntwerden eines solchen Zeitpunkts angeht, naja, es scheint mir mehr Strafe als ein Lohn zu sein, auch da scheinen wir eine ähnliche Meinung zu haben.

Ich habe mal ein vergleichbares Gespräch geführt, wie das am Anfang der Geschichte Wiedergegebene und da war die Antwort tatsächlich die: Ich würde heulen...

Das war, der erste Gedanke der zu dieser Geschichte geführt hat. Ich hoffe die Mühseligkeit sie zu lesen war nicht völlig umsonst, und du konntest auch ein wenig Gefallen daran finden.

Muchas Gracias für die Verbesserungsvorschläge :)

Schöne Grüße
Lem Pala

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Lem Pala,

dann wollen wir mal … :)

Zunächst fallen mir Formatdinge auf: Du machst unnötige Leerzeilen nach den wörtlichen Reden.
Dann hast du manchmal - (Viertelgeviertstrich) und manchmal – (Gedankenstrich; richtig)

Wer spricht da am Anfang eigentlich? Der Prota und wer ist sie?

„Wann musst du los?“, ihre Stimme war belegt.
„Wann musst du los?“ Ihre Stimme war belegt.
(Kein Redebegleitsatz)
Besser: „Wann musst du los?“, fragte sie mit belegter Stimme.

So schnell wie es ging raste ich die Treppe hinunter und scheiterte daran das Fahrradschloss zu öffnen. Auf öffentliche Verkehrsmittel durfte ich mich nicht länger verlassen, sie konnten jederzeit ausfallen. Zum Glück hatte ich einen Kindersitz am Fahrrad.
Hier wird es spannend und hektisch. Sehr gut. :thumbsup:

Wo ich eben noch gehofft hatte baldmöglichst die Meldungen im Fernsehen zu entdecken, hoffte ich nun, das mir noch genug Zeit blieb meine Tochter in Sicherheit zu bringen und am besten noch ein paar Vorräte einzukaufen. Ich hätte meine Frau anflehen sollen, sie zur Not zwingen müssen, zu Hause zu bleiben.
Diese langen Sätze passen nicht zur hektischen Situation, wo er in Panik ist. Sie entschleunigen den Stress, dem er ausgesetzt ist.
Besser sind in solchen Fällen immer kurze Sätze.

Und bestimmt wird er in dem Augenblick nicht an Fernsehnachrichten denken und so „formell“ von „seiner Tochter“ und „seiner Frau“ sprechen (bzw. denken). Wie heißt seine Frau eigentlich? Wieso hat sie keinen Namen? :confused:

Beispiel (anstatt oben):

Ich muss mich beeilen. Muss Lara in Sicherheit bringen! Vorräte. Verdammt. Wir brauchen Vorräte. Und Maria! Sie hätte nicht gehen dürfen. Ich hätte sie aufhalten müssen!

Danach hält er an einer roten Ampel. Das nehme ich der Figur nicht ab. :Pfeif:
Wenn ich meine Tochter vor dem Weltuntergang retten wollte, würde mich gewiss keine rote Ampel aufhalten, wo ich außerdem auch auf dem Bürgersteig weiterfahren könnte.

„Was hat sie gesagt“, wollte ich wissen.
„Was hat sie gesagt?“, wollte ich wissen.

Dann verstehe ich nicht, warum er nicht nach Hause geht, sondern zuerst in den Supermarkt, wo er doch hofft, seine Frau und Tochter warten zuhause auf ihn. Sind ihm Frikadellen und Fanta wichtiger als zu wissen, ob seine Familie in Sicherheit ist? ;)

Ich wusste es allerdings. Meine Quelle war sicher
Wer oder was war denn seine Quelle?
(Gut, am Ende kann man es sich denken ...)

Zu Hause war keiner. Ich klingelte, aber keine Antwort. Als ich nach drinnen ging, war auf den ersten Blick alles so, wie ich es verlassen hatte.
Häh? Er steht erstmal gemütlich vor dem Haus, klingelt ein paarmal und wartet ab, ob jemand öffnet? :Pfeif:

Vielleicht so?
Zu Hause war keiner. Ich klingelte, aber keine Antwort. Als ich die letzte Stufe erklommen hatte, fiel mir fast der Schlüssel aus den zittrigen Fingern. In der Wohnung war niemand. Alles noch so, wie ich es verlassen hatte.

Ich finde die Idee deiner Geschichte echt gut.
Unrunde Dinge habe ich dir aufgeführt. Alles nur meine persönliche Meinung.
Dennoch gefällt mir der Text. Er ist sauber geschrieben, liest sich flüssig.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Ich hoffe die Mühseligkeit sie zu lesen war nicht völlig umsonst, und du konntest auch ein wenig Gefallen daran finden.

Hat er,

und mühselig nährt sich jedes Erdhörnchen, gelle? Alles halb so wild, behaupt ich mal.

¡Hasta la vista, hombre!

Frederico

 

Hallo GoMusic,

vielen Dank für deinen Kommentar, ich habe direkt die meisten Anmerkungen im Text umgesetzt, kann sein das mal so ein (-) Strich über geblieben ist. Jedenfalls fand ich deine Tipps was die Rundungen meiner Geschichte betrifft sehr vernünftig und hilfreich. Mal sehen ob's jetzt besser rollt ;)

Zwei Fragen will ich dir auch gleich beantworten. Die Frau, also die Frau des Protagonisten, hat ganz absichtlich keinen Namen erhalten. Ich dachte mir, dass ich so beim Leser ein ungutes Gefühl erzeugen kann, was die Beziehung von Ich-Erzähler und Frau angeht, damit am Ende niemand schockiert aufschreit, dass das was passiert, an den Haaren herbei gezogen wäre. Außerdem wollte ich es einfach mal ausprobieren - ohne Namen.

Das gleiche gilt für die sichere Quelle aus der, der Ich-Erzähler seine Information bezieht. Ich denke, es ist nicht wichtig für die Geschichte, die erzählt wird. Natürlich denke ich das nicht ohne eine gewisse Unsicherheit, man könnte ja noch soviel mehr erzählen, über eine Weltverschwörung zum Beispiel oder sonstige interessante Gebilde, die echt oder auch wahnhaft sein könnten aberaberaber... naja, Lust hätte ich schon, aber ... :lol: Ich bin da sehr unentschlossen.

Du warst eine große Hilfe, wie auch die Kommentatoren vor dir.
Vielen Dank und schöne Grüße

Lem Pala

 

Hi @Maria,

schön, dass du mal wieder schreibst. Der Einstieg ist natürlich eine wichtige Sache und ich glaube zu wissen worauf du aus bist. Du bevorzugst eine visuelle Schreibweise, die mehr Bilder erzeugt und da bin ich auch ganz bei dir – der Protagonist denkt nicht besonders Bildhaft. Für mich ist dieser weniger Bildhafte Teil seines Denkens wichtig, er gehört zum Erkenntnisprozess den der Leser begleitet. Ich meine damit dieses Erkennen, dass jeder in seiner eigenen Welt/Realität lebt.

Er denkt allerdings nicht nur, sondern beschreibt auch seine Umwelt und zwingt den Leser ein Stück weit zum Mitdenken, denn irgendetwas stimmt da doch nicht. Seine Wahrnehmung unterscheidet sich von unserer und schnell kommt man auf den Gedanken – da sind Wahnvorstellungen im Spiel, obwohl die Handlung der Figur als solche rational und kontrolliert bleibt.
Das Einzige, dass ihn wirklich aus der Ruhe bringt ist die Vorstellung der Gefahr für seine Familie, die überall mitschwingt; eine Vorstellung die sein Handeln bestimmt, denn er will sein Kind retten bevor Chaos ausbricht, oder er will die wichtigen Lebensmittel für die letzten Tage horten, bevor es zu gefährlich wird einen Supermarkt zu betreten. Dabei merkt er nicht, dass die Welt/Realität in der er lebt sich schon so weit von der seiner Frau weg bewegt hat, dass egal, ob er mit seiner Annahme, die Welt würde untergehen, richtig liegt oder nicht, er die falschen Entscheidungen getroffen hat (Entscheidungen die auch vor der Geschichte liegen können).
Am Ende steht die Erkenntnis, dass die Dinge, die ihm als am selbstverständlichsten erschienen, die Dinge sind, die wichtig waren und die Welt, als Planet, völlig unwichtig.

Umgekehrt ist es so, unser Planet erscheint uns oft als selbstverständlich, wäre er plötzlich weg, wäre all unser Streben nach Liebe, Macht, Erfolg usw. sinnlos - man muss sich also um seine Welt kümmern.

Du merkst schon, es sollte mehr aus der Geschichte zu erkennen sein, als du erkennen konntest. Ich werde weiter an Stil und Erzähltechnik usw. arbeiten, um die Themen, um die es mir eigentlich geht, besser zu transportieren, oder zumindest den Leser ordentlich bei der Stange zu halten ;)

Vielen Dank für deinen Kommentar und liebe Grüße
Lem Pala

 
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Hej Lem Pala,

Keine Zukunft zu haben ist eine grausame Vorstellung (obwohl: morgen ist ja auch schon bisschen Zukunft :hmm:)und kann panische Gefühle aufkommen lassen. Naja und entsprechende Handlungen, wohl auch kopflose.

Deine Geschichte habe ich gelesen, wie ich manchen amerikanischen Spielfilm sehe: ich höre, was die Protagonisten sagen, ahne, was sie sagen werden und manchmal rede ich schon vorher für sie und behaupte bei Übereinstimmung, ich hätte das Drehbuch geschrieben. :lol:

Was ich damit sagen möchte ist, ich nehme ihre Empfindungen wahr, kann aber nicht nachempfinden, weil sie sich vorhersehbar und heruntergesprochen anhören. Und vielleicht habe ich deswegen hier den Eindruck, es handelt sich von Anfang an um einen Mann mit psychischen Problemen.

So habe ich interessiert weitergelesen, auch wenn sich einiges wiederholt hat und bin dann nicht wenig überrascht, dass es sich am Ende (ähnlich wie bei The Incredible Holg) nur um jemanden handelt, der die Zeichen in einer Ehe nicht deuten konnte.

Das ist jetzt nicht wertend gemeint, doch hatte ich schon das Gefühl, dass es so nicht gedacht war.

Ein sehr gutes Thema, das für eine Beachtung immer sehr gut ist.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Lem Pala,

Eine schöne Idee hattest du für deine Geschichte. Tja, was macht man wirklich, wenn man weiß, dass das Ende naht? Ich habe mich dabei erwischt, diese Frage für mich selbst auf die Schnelle klären zu wollen, was aber echt nicht einfach ist.

Dein Prota lässt sich ja zunächst ziemlich hängen, was ja irgendwie verständlich ist. Aber ich finde, er begreift dann doch recht schnell, was denn nun für ihn das Wichtigste ist, die Familie.
Dieses Gehetzsein, auf dem Weg zum Kita der Tochter, konnte ich gut nachvollziehen, da fieberte ich mit.

Die Kälte, die unterschwellig immer in dieser Familie mitschwang, führte zur Trennung, die zeitgleich mit dem Weltende ist. Das ist sehr geschickt ausgedacht.

Insgesamt finde ich, dass man den Text etwas straffen könnte, etwas kürzen. Ansonsten gefällt er mir gut.

Ja, da kann man wohl noch etwas länger drüber nachdenken...
Mich regt es jedenfalls an, mich damit zu befassen. (Bevor das Weltende dann fest steht.)

Liebe Grüße
Lind

 

Hallo Lem Pala,

Wir sitzen hier im Garten und wir warten auf den Weltuntergang,
und wenn die Prophezeiung stimmt, dann dauert es auch gar nicht mehr lang.
-- Farin Urlaub, Apocalypse wann anders

Das ist so eine von den Geschichten, bei denen ich sage, "die hat was", ohne so richtig benennen zu können, was das ist. Es ist natürlich schon mal eine schön skurrile Idee, dass der Prot irgendwoher weiß (oder zu wissen glaubt), dass die Welt untergeht, und dass du uns nicht verrätst, woher er diese Information hat. Ich konnte auch anders als manche anderen Leser ganz gut die Stimmungen nachempfinden, durch die dein Prot im Verlaufe der Handlung geht. Ob nun am Ende wirklich die Welt untergeht oder doch nur seine Ehe und vielleicht sein Verstand - tja, wer weiß das schon?

Ein wenig enttäuschend fand ich das Ende insofern, als du im Textverlauf eine ziemliche Spannung aufgebaut hast und ich mir eine Auflösung erhofft habe - in welcher Form auch immer. Aber dieselbe Offenheit des Endes, die so lustig und bizarr wirkt, erzeugt auch eine gewisse Frustration, so als ob du uns etwas vorenthalten würdest (was du ja de facto auch tust). Nun ja ... genau für so etwas haben wir wohl das Schlagwort "Seltsam".

Auf formaler Ebene sind mir noch etliche Kommafehler aufgefallen, aber mir fehlt jetzt wirklich die Geduld, die alle aufzulisten. Na gut, ein paar Beispiele spendiere ich, heute mal nicht vom Anfang, sondern aus der Mitte:

Ihr Blick sagte mehrKomma als ich wissen wollte. Ich konnte ja schlecht sagen: Hör zuKomma Schatz, die Welt ist bald nicht mehr.

Ich musste mich regelrecht ins Bad schleppen,(Komma muss weg) und spritzte kaltes Wasser in mein Gesicht

Irgendwie schaffte ich es(1) auf dem Weg nach draußen(2) ein paar Sachen anzuziehen.
An einer der beiden Stellen muss ein Komma stehen.

Nur ich tat nichts, fühlte mich hilflos und ausgeliefert, nicht einmal in der LageKomma mit irgendwem darüber zu reden.

Interessanter Text!

Grüße vom Holg ...

 
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Hallo Lem Pala

Ich weiss nicht, ob ich dir eine neue Perspektive auf den Text eröffnen kann, denn ich habe mich da in einigen Kommentaren wiedergefunden.

Die Grundidee finde ich spannend, der Versuch, das in der Schwebe zu halten, ein Spiel zu treiben mit der Frage, ob der Erzähler verrückt ist oder nicht. Ich finde, du hast das auch gut gemacht, indem du die Quelle des Wissens verschweigst, ich habe mich da gut darauf einlassen können.

Ein Problem hatte ich allerdings mit den Längen im Text. Diese Reflexionen am Anfang - wie soll ich mich verhalten angesichts des drohenden Unheils - sind halt nicht besonders originell, müssen sie im Kontext deiner Geschichte auch nicht unbedingt sein. Aber das wird doch sehr ausgewalzt, das dreht sich am Anfang etwas im Kreis. Ich würde den Text darauf hin prüfen, ob sich da etwas kürzen liesse.

Aber du hast auch in den einzelnen Abschnitten Tempokiller drin. Ich versuche das mal exemplarisch anhand einer Szene zu zeigen:

Bevor der Wecker am nächsten Tag klingelte, lag ich bereits hellwach im Bett, sie schlief tief und fest, die ersten Sonnenstrahlen verirrten sich über die Dächer in unser Schlafzimmer. Ich war aufgeregt. Sollte ich zuhause bleiben? Jegliche Lust am Aufstehen hatte sich verflüchtigt. Es erschien mir plötzlich völlig sinnlos noch auf Arbeit zu gehen, ich wollte mich eigentlich nur noch an sie schmiegen und [sie] festhalten. Als ich mich ihr jedoch näherte, klingelte der Wecker. Kein guter Zeitpunkt. Das schrille Geräusch war kaum zu ertragen und zwang mich aus dem Bett. Gleichzeitig wachte sie auf.

Das Fettmarkierte kann alles weg. Es ist klar, dass es der nächste Tag ist, es ist egal, woher die Sonnenstrahlen kommen, Füllwörter wie "plötzlich" und "völlig" immer kritisch prüfen, die sind fast immer überflüssig, "jedoch" und andere logische Partikel sind häufig ebenfalls entbehrlich, das ergänzt der Leser automatisch. Ich rate dir, den Text auf solche entbehrlichen Wörter abzuklopfen.

Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lem Pala,

deine Geschichte hat was. Es war für mich spannend zu sehen, wie du über weite Strecken dieses Ungewisse für den Leser, also auf jeden Fall für mich, stabil halten konntest.
Super Idee, wie dein Prot in seinem Wahn den Untergang der Welt näher kommen sieht, weil seine private Welt zerbricht. So lange ich nicht wusste, wohin du mich lenken wolltest, lag etwas Beängstigendes, Unheimliches in der Luft. Leider kann ich dir den genauen Umschlagpunkt, wann sich der Schleier für mich lüftete, nicht benennen.

Nun muss ich dich warnen, es geht jetzt etwas zusammenhanglos weiter.

Einen Moment fühlte ich mich unbehaglich, doch dann hob ich die Hand, wie zum Gruß.
Es ist wie in allen Ausnahmesituationen, wenn im Zug plötzlich das Licht ausgeht, eine Flutwelle das Dorf hinfort reißt, oder kurz bevor die Welt verschwindet. Man kommt sich näher, verliert die Scheu vor anderen Menschen.
Das ist eine schöne Stelle, da hab ich den armen Kern ganz deutlich vor mir gesehen, traurig und hilflos. Der Prot macht eine interessante Beobachtung, ist so überzeugt von dieser menschlichen Verhaltensweise, um dann doch eines Besseren belehrt zu werden, nämlich genau mit dieser klaren Botschaft
Drüben ratterte die Außenjalousie herunter und die Dunkelheit war vollkommen. Klar, dachte ich, es gibt bestimmt noch viele Filme, die man unbedingt gesehen haben muss, bevor die Welt unter…
Ich schlug mir gegen die Stirn, Idiot - diese Weltuntergangssache brachte mich ganz durcheinander
Solche Textstellen sind mir mehr begegnet. Da meinte ich noch, du müsstest den Prot aufgeregter zeigen, dann scheine ich zu begreifen, du untertreibst seinen Erregungszustand bewusst, das sind deine subtilen Hinweise, stimmts?
Ich wollte die Laune nicht noch mehr drücken und...
Stimmung wäre besser für Laune

... begann, es in mich hinein zu schaufeln ...
hineinzuschaufeln

Da[KOMMA] wo der Fernseher flimmerte ...

Es erschien mir plötzlich völlig sinnlos[KOMMA]noch auf Arbeit zu gehen ..
das ist wieder so ein Beispiel, völlig sinnlos ist die Untertreibung des Jahrhunderts :D in seiner vermeintlichen Situation

Unaufhaltsam verstrichen die Minuten. Mit jeder Sekunde, die verging, wurden die Verbleibenden wertvoller.
verbleibende klein, sie beziehen sich auf die Sekunden im ersten Teil des Satzes,

So eine Nachricht müsste sich schneller verbreiten und die Menschen bis aufs Mark erschüttern, weit mehr noch als ein 11. September.
wieder diese bewusste Untertreibung, 11.September ist schrecklich, aber in Relation zum Weltuntergang. Ich finde, dass machst du sehr geschickt, da fragt sich der Leser wirklich, ob dein Prot noch normal ist.
Zum Glück hatte ich überhaupt Geld dabei, allerdings ...
überhaupt ist überflüssiges Füllwort

DAS ENDE IST NAH. Da war sie wieder, die frische Schrift auf der Hauswand.
frisch ist überflüssig, hast du mir doch eben berichtet

Ihr Blick sagte mehr[Komma]als ich wissen wollte.

Das sind nur ein paar lose Gedanken. Ich mag, wie du sehr präzise Beobachtungen unserer realen Welt? (Autor) und die Hirngespinste des Prot gleichwertig aneinander reihst. Ich finde, dass du damit eindrucksvoll zeigst, wie groß die Kluft zwischen Wahrnehmung und deren Interpretation sein kann.
Ich sehe auch Kürzungspotential (man beachte das Paradoxon in der Formulierung), kann aber die genauen Stellen nicht benennen. Deshalb schaue ich zu einem späteren Zeitpunkt noch mal in deine KG, vielleicht sehe ich ohne zeitlichen Druck klarer.

Bis bald und liebe Grüße,
peregrina

 

Hallo Lem Pala,

nichts Halbes, nichts Ganzes. Ich weiß nicht so recht, was du mit der Geschichte bezweckst. Möchtest du einen Kerl zeigen, der sich in seine eigene Welt zurückgezogen hat und dabei seine Familie verliert? Oder den langsam aufkeimenden Wahn? Oder eine Bedrohung, etwas Fantastisches? Oder etwas ganz Anderes. Für mich bleibt das im Ungefähren und der Text liest sich – wahrscheinlich deshalb – ohne Spannungsgefälle, erwartbar und überraschungsfrei.

Sprachlich in Ordnung, konventionell, dabei bräuchte es, um ein wenig Geschwindigkeit zu gewinnen, mehr Stakkato bei der Wiedergabe der Gedanken deines Protagonisten. Die Panik muss sich auch idealerweise im gewählten Stil finden. Ich glaube, wenn du reduzierst und dir klar wirst, was du willst, kann aus dem Text was werden. Na ja, und mit einem Dialog zu beginnen, ist gefährlich, geht oft schief und lenkt zu sehr.

Stellen aus dem Text:

Sie verzog sich hinter ihren Laptop und schloss die Umwelt aus. In der Küche, mischte ich einen Rest kalter Nudeln, mit etwas Ketchup und Kräuterfrischkäse,
die hat einen super großen Laptop :D und Nudeln mit Sauce istz obereklig.

es gibt bestimmt noch viele Filme, die man unbedingt gesehen haben muss, bevor die Welt untergeht.
läuft gerade Fargo

, die Industrie hätte sich darauf einstellen, und die unglaublichsten Produkte auf den Markt werfen können. Weltuntergangsgetränke mit Drogen, unzerstörbare Erinnerungsspeicher für eventuelle außerirdische Archäologen oder noch verrücktere Dinge.
da wünschte ich mir abgefarenere Ideen, klingt lahm

. Keiner war wirklich da, alle nur Hüllen, die ihr Bewusstsein von Punkt A zu Punkt B brachten, um sich vielleicht dort mit der Realität auseinanderzusetzen. Der Gedanke belustigte mich, weil mir plötzlich klar wurde, dass die eine Realität nicht existiert. Jeder lebt in seiner eigenen Wirklichkeit und ist abgetrennt von der Wirklichkeit seiner Mitmenschen.
guter Gedanke, müsste aber komprinierter sein, so wiederholt er sich.

Meine Frau hatte es irgendwie im Büro erfahren, wenn sie mich erreichen wollte, dann auf meinem Telefon. Ich schlug mir gegen die Stirn, Idiot - diese Weltuntergangssache brachte mich ganz durcheinander.
auch hier; den zweiten Satz brauchst du nicht.

. Ich saß auf einer Bank, unser Aussichtspunkt über der Stadt und gleich würde es so weit sein. Für mich nur eine weitere Welt, die verschwinden würde.
wie sieht es dort aus, wie riecht es? eine weitere Welt, warum eine weitere?

Hoffe, du kannst was mit anfangen.

viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Lem Pala,

nachdem Du schon einige Kommentare bekommen hast und ich keine Reaktion mehr von Dir hier gesehen habe, gehe ich nicht weiter ins Detail.

Der Schwebezustand zwischen der Frage, ob wirklich die Welt untergeht oder der Protagonist "nur" verrückt ist, hat mir gefallen. Allerdings war für mich das Ende unbefriedigend. Klar ist es überraschend, dass plötzlich Frau und Kind weg sind. Aber das ist keine Überraschung, die mich fasziniert, sondern eher etwas ratlos zurück lässt. Isegrims hat das als nichts Halbes und nichts Ganzes bezeichnet. Ich glaube, dass die Geschichte gewinnen würde, wenn Du Dich entscheiden würdest, was Du tatsächlich erzählen willst: eine Endzeitgeschichte, die Geschichte eines Menschen, der verrückt wird, ein Ehedrama?

Trotz dieser Anmerkung habe ich sie gerne gelesen.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo Lem Pala,

ein interessanter Plot, gar keine Frage. Deswegen und weil ich mich am Ende gefragt habe, ob der Protagonist das eigentliche Problem ist oder ob er wirklich Grund zur Annahme hat, dass die Welt untergehen wird und nun sich sein Problem aufgedoppelt hat.

Ich bin mit mir nicht ganz im Reinen, was das Ende der Geschichte anbelangt. Vielleicht liegt das daran, dass ich zu gern gewusst hätte, was er nun unternimmt, um zu seiner Familie zu gelangen, also mit ihr die letzten Stunden zu verbringen.

Aber auf der anderen Seite wäre mir auch recht gewesen, wenn so hie und da ein Blitzchen seiner Verrücktheit aufgetaucht wäre. So ganz verstohlene Hinweise darauf, dass ER das Problem darstellt und nicht die Welt, die gar nicht vorhat, unterzugehen.

Insoweit empfinde ich das Ende der Geschichte etwas unausgewogen. Es fehlt da was.

Was mich obendrein mehr überzeugt hätte, wären Hinweise deines Protagonisten über sein Sonderwissen gewesen. Wenn ich ihm als Leser abkaufe, dass ausgerechnet er genau weiß, wann etwas passiert, dann hätte sich die Spannung in der Geschichte noch weiter erhöht. So aber erwartest du von mir als deine Leserin, dass ich diese Fiktion 1 zu 1 akzeptiere und nicht nach Beweisen frage.
Beweise wären echt gut für mich. Ich könnte dann mehr mit deinem Protagonisten mitfiebern.
Er hätte ein wenig plastischer ausfallen dürfen.


Der Titel ist passend gewählt, allerdings hätte ich mir gewünscht, dass das Thema der Geschichte nicht erst nach einer ganz langen Weile auftaucht. Vielleicht hat er den Satz an der Wand schon eher gelesen und rätselt, wer ausser ihm es auch noch weiß. Dann wäre das Challengethema etwas stimmiger umgesetzt worden.

Aber ansonsten las sich die Geschichte recht gut.

Gleich am Anfang ist mir eine Textstelle aufgefallen:

Da wo der Fernseher flimmerte.
Diesen Satz benötigt es nicht, weil du ja vorher schon beschrieben hast, was dein Protagonist sieht. Jetzt geht man natürlich davon aus, dass es immer noch dasselbe Fenster ist, in das er schaut. Wäre es anders, hätte er es auch anders beschrieben.


Lieben Gruß

lakita

 

Hallo Lem Pala - dein Nick erinnert mich übrigens ständig an einen Hybriden aus Stanislav Lem und einem Impala!;)

Nun, ich will deine Geschichte nicht zerballern, denn sie hat gute und durchaus spannende Elemente. Handwerklich ist sie ganz ordentlich geschrieben und gut erzählt. Ich fühlte mich beim Lesen ständig an solche Filme wie "Signs", "Knowing" oder "The happening" erinnert, wo eine latente Bedrohung immer mehr zur Gewissheit wird und die Spannung dadurch entsteht, dass man den Beginn der Katastrophe auf sich zukommen sieht.

Dennoch gibt es da leider ein oder zwei Sachen, die mich gestört und irgendwann sogar veranlasst haben, sie gegen Ende nur noch querzulesen. Die heranziehende Katastrophe von gerade biblischem Ausmaß (das Ende der Welt!) wird von deinem Prot in meinen Augen viel zu stoisch und gleichgültig aufgenommen.
Sei es, dass er seine Frau einfach so zur Arbeit gehen lässt und allenfalls so ausweichende Dinge sagt wie "Lass uns doch sofort Urlaub machen". Oder seine kleine Tochter zur Kita fährt, anstelle jede Nanosekunde mit ihr zu verbringen. Ich glaube kaum, dass er ein Kind in ihrem Alter direkt "traumatisieren" würde, wenn er es mal nicht zur Kita fährt, sonder statt dessen mit ihr in den Zoo oder auf den Spielplatz geht. Das gesamte Verhalten deiner Figur fand ich insofern (leider) zu unglaubwürdig, um richtig in die Geschichte eintauchen zu können.

Als weiteren Kritikpunkt empfand ich die zu langgezogene Erzählweise. Dadurch, dass du oftmals Inhalte wiederholt hast, stellt sich bei mir irgendwann Monotonie ein. Spätestens nach dem zweiten, dritten Mal hatte sogar ich kapiert, dass die Welt untergeht, man gaaaar nix dagegen machen kann und es eigentlich am besten wäre, möglichst lange die Klappe zu halten und Vogel-Strauß-Kopp-in-den-Sand zu spielen.;) Das wäre kürzer für mein Gusto besser gewesen.

Insgesamt fand ich die Geschichte jetzt wirklich nicht schlecht. Wie Holg es schon gesagt hat - die hat in der Tat was. Allerdings hätte sie mir in einer etwas "dynamischeren" Form wahrscheinlich besser gefallen.

Nichts für Ungut wünscht der EISENMANN

 

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