Hi Chai
Wie schön, Dich an Bord zu haben. Da können wir ja direkt eintauchen. Alles, was ich nicht weiter erwähne, habe ich bereits eingearbeitet.
Die Geschichte einer Dreiecksbeziehung, in der sich alle Protagonisten am Ende verlieren. Durch Tod, mangelnde Liebe und Selbstaufgabe. Schönes Thema
Ach, das liest sich richtig schön! Danke für die Zusammenfassung. Ich finde, das passt super.
und die gewählten Szenen gefallen mir gut, ich bekomme einen Eindruck von den Figuren, wie sie zueinander stehen, aber nicht, was sie umtreibt. An sich finde ich dieses Reduzierte nicht schlecht, dass ich nicht alles erfahre und mir manches selbst zusammenreimen muss. Aber hier bleibst du für meinen Geschmack zu vage, und ich habe oft nicht verstanden, was los ist, sorry.
Ich arbeite schon sehr lange an der Geschichte und habe versucht, alles organisch zusammenzufügen, das zu erzählen, was die Erzählerin interessieren würde, und dann habe ich es auch noch stark gekürzt. Gerade bei Letzterem gucke ich mal, dass ich noch ein paar mehr, längere Texte einbringe, die Kürzung also rückgängig mache. Ich glaube, dabei ist viel verloren gegangen.
Du deutest viel an, aber die Hintergrundgeschichte erschließt sich mir nicht.
Im Prinzip, schlussfolgere ich mal so frech, lässt sich Dein wesentliches Problem mit der Geschichte mit dem Satz oben zusammenfassen. Das ist auch schwierig, weil die Geschichte auf kurzem Raum wahnsinnig viel Zeit überbrückt. Die Ereignisse in der Vergangenheit erstreckten sich vom frühen Herbst bis Neujahr, und die Rahmenhandlung spielt wahrscheinlich einige Jahre in der Zukunft (was nirgendwo steht, und das ist auch noch ein Problem).
Dazwischen passiert natürlich ganz viel, das liegt auch daran, dass ich die Beziehungen entwickeln möchte. Simi merkt nicht von heute auf morgen, dass sie mehr Distanz zu Charlotte braucht, und sie merkt nicht von heute auf morgen, dass Charlotte sie braucht. Und gleichzeitig glaube ich, dass sie diese Beziehungsentwicklung gar nicht so eindeutig reflektieren würde.
Daher kommt wohl dieser Eindruck, die Hintergrundgeschichte würde fehlen. Im Prinzip sind die einzelnen Szenen ja Highlights in einem stetigen Verlauf, nur Einzelteile, die aus dem großen Ganzen herausgegriffen wurden.
Anders gesagt:
Mir fehlt eine Backgroundstory, die die einzelnen Szenen miteinander verknüpft. Die finde ich nämlich für sich sehr bedachtsam gewählt und auch toll erzählt, z.B. die Szene auf dem Brocken. Ich ahne, dass es da eine tiefe Verbindung gibt zwischen den Mädchen, aber ich spüre sie noch nicht.
Tja. Ich erzähle die Hintergrundgeschichte einfach mal so runter. Damals: Charlotte und Simi bereiten sich aufs Abitur vor. Charlotte möchte aber eigentlich möglichst schnell nach Berlin ziehen, reißt in den Herbstferien von zu Hause aus und nimmt an einem Modelcasting teil. Ist aber ein Reinfall. Anschließend kommen sich Simi und Anton näher, während Charlotte neue Berlin-Pläne schmiedet und zu hungern anfängt. Sie wird schließlich stationär behandelt, kann die Krankheit aber nicht besiegen und stirbt. Heute: Simi zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus und verabschiedet sich von Anton.
Also, ich sage mal: Die Hintergrundgeschichte gibt es. Sie steht da nur nicht. Ein paar Dinge werde ich auf jeden Fall genauer herausarbeiten, ich glaube, vor allem auf die Simi-Anton-Annäherung sollte ich noch eingehen, sowie auf Charlottes konkretere Pläne.
Mir wird hier zuviel angedeutet, ohne, dass etwas gelöst wird. Dadurch fällt es mir schwer, mich in die Figuren hineinzuversetzen.
Ich weiß momentan ehrlich nicht, wie Lösungen aussehen sollen. Eigentlich löst sich ja jede Figur am Ende ihrer Handlung aus dem Knoten – ich glaube auch, das ist nicht, worauf Du hinauswillst. Charlotte stirbt, Anton redet nicht mehr über sie, und Simi möchte mit der Vergangenheit weiterleben. Für mich sind das Lösungen.
Wahrscheinlich ist da aber mehr. Und ich denke, ich muss das noch genauer herausarbeiten, beziehungsweise auch aufschreiben. Ich schaue mir alles nochmal in Ruhe an.
Ich gehe aber davon aus, dass der Wodka hier Thema ist, oder das, was im Wodkarausch passiert ist. Das ist es aber nicht, sondern nur eine kurze Sequenz aus der Vergangenheit,
Hm, das ist lustig. Ich lasse meine Figuren, wenn sie einfach nur miteinander reden, gerne etwas nebenher tun. Dann wird mir oft angekreidet, das sei zu viel (normalerweise ist es Tee). Und dass es diese falsche Fährte gibt, ist mir natürlich mal wieder nicht aufgefallen. Ich habe Anton schonmal weniger violett gemacht und gucke, wie ich auch sonst die Kurve kriege.
Klappern passt für mich nicht. Vielleicht eher: krachend.
Das passt für mich nicht. Ich weiß nicht, für mich klingt „klappern“ richtig. Ich lasse es erstmal so.
Hier klingt es wieder, als wäre es da toll gewesen. Und dass sie sowieso nie aufhört zu reden, war nicht mein Eindruck zuvor.
Das viele Gerede ist der Kürzung zum Opfer gefallen. Dass Charlotte trotz eines Niederschlags nicht von ihrem Kurs abweichen kann, ist Teil ihres Charakters. Das ist natürlich fatal – aber das weiß sie nicht. Lockerlassen kann sie nicht. Und dadurch:
Am Ende stirbt Charlotte. Mal klingt es, als hätte sie sich umgebracht, aber dann spricht sie davon, wieder gesund zu werden.
… kommt sie auch ums Leben. Ich habe ihren Tod sehr reduziert eingebracht, es steht da tatsächlich nicht. Aber sie redet von Diäten, andere werfen ihr vor, sich aus Oberflächlichkeit umzubringen, die geschwollenen Knöchel sind auch ein Zeichen. Charlotte leidet an Anorexia nervosa, und das macht sie auch so zwanghaft, so unnachgiebig (oder hat die Zwanghaftigkeit und die Unnachgiebigkeit sie anorektisch gemacht? – Ausführungen dazu mache ich ganz unten, falls es Dich interessiert).
Das führt dazu, dass manche der Ansicht sind, dass sie ihren eigenen Tod herbeigeführt hat. Ihr sturer Charakter führt sie dazu, bis zum Ende davon überzeugt zu sein, dass sie eines Tages (bald!) das Leben führen wird, von dem sie träumt. Das ist für mich entscheidend. Weniger der Hunger als die Alternativlosigkeit.
Aber wie ich dich kenne, you will
Make it work.
I will! Danke für Deinen tollen Kommentar. Ich setze mich weiter mit der Geschichte auseinander. Das macht mir nämlich verboten viel Spaß, und wahrscheinlich habe ich deshalb hier auch so einen wirren Aufbau präsentiert. Aber es ist schön, mal wieder Spaß am Schreiben zu haben. Ich gucke, wie ich mehr Hintergründe einbringen kann, ohne den bewusst fragmentarischen Aufbau zu zerstören. Quasi ein Kompromiss. Wow!
Cheers,
Maria
Hi @Raindog
Schön, dass Du auch dabei bist. Die ersten drei Kommentare und gleich drei Gatheringskommentare. Umwerfend! Alles, was ich nicht extra erwähne, habe ich sofort umgesetzt.
schön, deine neue Geschichte, und der Titel kam mir natürlich sofort bekannt vor, und genau: Davon hast du ja auf unserer Wanderung in den Dutch Mountains gesprochen.
Stimmt, ich habe mich nämlich getraut, ganz viel darüber zu sprechen und sie nach dem Gathering auch schon ein paar Leuten zu lesen gegeben. Ich glaube auch, es war eine gute Idee, die Geschichte jetzt endlich rauszuhauen. Hätte ich sie noch länger liegen gelassen, sie wäre keine geringere Leseherausforderung geworden.
vor allem teile ich die Orientierungslosigkeit von @bernadette bezüglich der Fragen, wer wann wo ist, und manchmal auch noch: warum?
Ich habe rasch den plumpen Weg gewählt und über alle Szenenwechsel Zeit- und Ortsangabe geschrieben. Das sollte das Wann und Wo klären (das Wer ist hoffentlich klar). Beim Warum habe ich Schwierigkeiten, ich denke, hier wird wichtig, die Geschichte zwischen den beiden Zeitlinien klarzumachen, sodass eindeutig wird, warum Simi und Anton in Berlin sind. Das gucke ich mir noch an!
Ich weiß nicht. Dann kommen in dem Satz zwei „ein“s vor. Ist das notwendig? Für mein Sprachgefühl könnte man es auch weglassen.
Wieso denn wir? Und er ist doch aber eh dort, war doch gar nicht weg. Oder? (ich vermisse gerade das (den?) Fragezeichen Smiley)
Haha. Da wäre ein Fragezeichen-Smiley passend, sorry. Die Geschichte zwischen den Zeitlinien geht nämlich so, dass Anton und Simi zusammen in Berlin gelebt haben. Deshalb sind jetzt beide in Berlin, und „wir“ wollten nie zurück nach Goslar. Stimmt aber nicht, denn Simi will nun doch. Oder so. Diese Ereignisse muss ich klarer rausbringen. Bin dran!
Das kommt für mich wirklich nicht raus, ob die Prot mal mit Anton zusammengelebt hat, man spürt auch so gar nichts, zwischen den beiden.
Das ist ein total wertvoller Hinweis für mich. Mir ist aufgefallen, dass praktisch alle Vergangenheitsszenen zwischen Charlotte und Simi spielen und nie zwischen Anton und Simi – und wenn, dann reden sie über Charlotte. Das muss ich unbedingt noch unterbringen. Auch in der Gegenwart sollte ich mir das nochmal angucken. Danke!
Ist das der eigentliche Punkt der Geschichte, dass sich Charlotte nirgendwo heimisch gefühlt hat? Und sich deshalb auf eine mir nicht ganz klargewordene Weise umgebracht hat?
Der eigentliche Punkt der Geschichte ist für mich, dass Charlotte sich so extrem nach einer wundervoll ausgemalten Zukunft verzehrt, dass sie alles andere aus den Augen verliert. Ihre Freundin, die Schule, das Überleben. Nichts zählt, nur der Traum von Berlin. Und sie verhungert.
Deine Prots brauchen alle mehr Gesicht. Sicher willst du das ganz zurückhaltend gestalten, schon klar, aber so versteht man irgendwie von keinem die Motivation für Irgendwas.
Irgendwie stört es mich bei dieser Geschichte, über Motivation zu reden. Ich habe mich ewig lange mit den Charakteren auseinandergesetzt und die Geschichte dann so geschrieben, wie ich denke, dass Simi sie erzählen würde. Das erscheint mir organischer als ein: Was ist ihre Motivation? Denn Simis „Motivation“ ist ja im Prinzip, herauszufinden, was sie ganz allein für sich will. Das ist aber nichts Bewusstes, sondern eine Veränderung, die sie durchmacht.
Hm. Aber das wurde jetzt schon so oft angesprochen, dass ich mir wohl doch Gedanken darüber machen muss. Sollte mir ja leicht fallen, wenn ich meine Figuren wirklich so gut kenne, wie ich behaupte.
Na ja, das sagst du jetzt so, aber da würde man gerne mehr davon spüren. Dass sie sich klein macht, wo habe ich das in der Geschichte gesehen?
Ich habe den ganzen Absatz gestrichen.
Das ist eine Freundinnensache. Eine schminkt die andere.
Panda kommt später nochmal, vllt. kann da einer weg
Ich weiß nicht, wenn ich nur von „Pandaaugen“ schreiben würde, ohne sie vorher einzuleiten, wärest Du nicht verwirrt? Also, ich schon.
Ich komme mir minderbemittelt vor - ich weiß wirklich nicht, was sie eigentlich hat. Oder soll ich das gar nicht?
Die allererste Version dieser Geschichte begann mit dem Satz: „Charlotte wollte nie magersüchtig sein.“ Ich bin dann immer weiter hinabgestiegen, habe ihr Umfeld und ihre Träume untersucht. Sie will größer sein als alle anderen Menschen, größer als sie selbst, das ist, worauf diese Untersuchung für mich hinausläuft. Und dadurch ist die Diagnose selbst dann weggefallen, und heute finde ich sie gar nicht mehr so furchtbar wichtig. Oder was denkst du?
Ich finde das mit Bosse und dem Bezug zu diesem Titel klasse und könnte mir vorstellen, dass du das auch schon eher bringst.
Das ist eine super Idee! Notiert!
Aber auch dann eher mit klareren zeitlichen Bezügen, denn es hörten sie zusammen, dann versteht sie, aber Charlotte verstand nicht. Also - ich verstehe das natürlich, wie es gemeint ist, aber es kommt kein richtiger Flow rein in den Text auf diese Weise
Alles klar, ich schaue mir die Stelle nochmal an.
Leute, Tauben und Farben sind ja jetzt nicht soooo berlinspezifisch, die gibt's in Goslar auch.
Das schaue ich mir auch nochmal an. Im Prinzip kann ich aber freudestrahlend auf den Kommentar von
@Huxley und auf meine Antwort darauf weiter unten verweisen. Genau: This! Ich bin selbst mitten in Niedersachsen aufgewachsen, und da ist Berlin eben wirklich wie New York: So weit weg, dass ich es nur aus dem Fernsehen kenne. Der Glamour, die Stars, das große Leben! Wow!
Auch, wenn mehrere Themen gleichzeitig behandelt werden, kannst du auf eines davon einen stärkeren Fokus setzten, und vor allem deinen Prots deutlichere Gesichter geben. Dann schaue ich denen gerne nochmal in selbige!
Danke für die motivierenden Worte! Ich werde weiter daran schrauben und sage nochmal bescheid.
Cheers,
Maria
Hi @PlaceboParadise
Schön, dass wir uns mal wieder begegnen. Passiert ja viel zu selten.
Ich will mich immer auch mal deinem Roman widmen, aber dann überfordert mich die Menge an Geschriebenem etwas, da du ja schon echt viel geleistet hast, was das angeht. :O
Das kann ich mir gut vorstellen. Ich finde es auch beängstigend, später in ein Romanprojekt einzusteigen. Und ich persönlich mache momentan sowieso Pause. Muss Erzählstimmen üben. Das mache ich hier. Also bist Du mitten in meinen Romanübungen.
Was nicht heißt, dass ich diese Geschichte als Übung betrachte. Sie ist ein echtes Herzstück von mir.
Einmal, weil du, wie du ja selbst sagst, vielleicht ein bisschen viel vom Leser erwartest, was gut und gern passiert, wenn man sich lang mit Figuren und Co. beschäftigt.
Genau das wurde langsam meine Befürchtung. Selbst komme ich da nicht so richtig raus. Momentan finde ich meine Geschichte beim Lesen
perfekt (und das sage ich gar nicht gerne). Mir war aber schon klar, dass andere das sicherlich anders sehen. Ich musste dringend aus meinem eigenen Kopf raus, also habe ich sie jetzt eingestellt.
Aber auch wegen der vielen, richtig tollen Details und wunderschönen Szenen, die du gefunden hast. Die vielen kleinen Dinge lassen die Geschichte atmen und lebendig werden. Ich war auf jeden Fall echt dran an deiner Protagonistin und hab die Geschichte zügig gelesen.
Das freut mich total. Vor allem die Hitliste meiner eigenen Darlings, die jetzt folgt. Normalerweise kille ich sie in der Überarbeitung alle nach und nach, aber nun hast Du fast jeden einzelnen davon benannt und findest sie auch alle gut. Wahnsinn! Das scheint ja super zu funktionieren bei Dir.
Den Titel mag ich, weil er so nüchtern klingt, ein wenig wie aus einem Reiseführer, wie eine Bildunterschrift. Das hat schon so etwas sehnsuchtsvolles, das einen in den Bann zieht. Außerdem die tolle, mysteriöse Wirkung: »Was? Berlin vom Brocken aus sehen? Geht das denn?«
Es geht mit dem Titel los. Der ist mir vor einem halben Jahr in den Kopf gefallen, und ich war so: Bäm! Das ist es. Übrigens kann man Berlin vom Brocken nicht sehen – es ist aber knapp. Angeblich kann man bei ausgezeichnetem Wetter Berge sehen, die über zweihundert Kilometer entfernt sind. Google Maps sagt, auf dem schnellsten Weg mit dem Auto sind es zweihundertdreißig Kilometer bis Berlin. Das heißt, Luftlinie würde es wahrscheinlich passen: wenn Berlin auf einem Berg und auf dem Brocken mal gutes Wetter wäre.
Sehr schön. Warum? Weil ich sofort einen wilden, sturen Freigeist im Kopf habe.
Genauso soll Charlotte sein.
Ich finde, der Wodka bekommt eine sehr große Bedeutung und kommt oft im Text vor. Ist jetzt nicht wirklich schlimm, aber ich glaube viele Menschen finden Vodka pur eher ... naja ... fragwürdig.
Ich übertreibe es oft, mit diesen kleinen Gesprächsstartern. Da muss ich nochmal einen Gang rausnehmen. Und ich persönlich trinke total gerne Wodka pur. Tja.
Finde ich super. Die Träume der einen, die Träume der anderen. Solche Verschmelzungen gibt es ... und oft endet es im Erwachsenenalter schmerzhaft.
Genau darum ging es mir bei diesem Satz. Hervorragend!
Super, wirklich! Mehr gibt es da nicht zu sagen. Es ist ominös und wirft neue Fragen auf.
Was soll ich noch sagen? Wahnsinn, dass es so gut funktioniert bei Dir.
Er zerrt alles, was bis hierhin so schön zwischen den Zeilen schlummerte an die Oberfläche, was schade ist. Was denkst du? Könnte man auf diese Passage auch verzichten? Das deine Prota an ihr hing, weiß man direkt aus den vorangegangen Szenen.
Weißt Du was? Ich habe die zwei Absätze komplett gestrichen. In der Berlin-Debatte unten wird mir klar, dass sie trotzdem wichtig waren. Aber ich versuche, sie über Szenen wieder reinzubringen. Gib mir ein paar Tage.
Toll, wie sehr du dich in ihren Kopf versetzt hast. Auch dieser plötzliche Themenwechsel hin zum abnehmen, als wäre es das Normalste auf der Welt.
Die Dialoge sind mir wie immer sehr wichtig. Besonders in der Rahmenhandlung liefern sie eigentlich viel Erklärrahmen – das ist normalerweise nicht meine Art. Aber in der Charlotte-Simi-Beziehung habe ich mich mal wieder richtig ausgetobt.
Wobei ich denke, ich habe mich in der ganzen Geschichte total ausgetobt. Hat sich richtig angefühlt.
Hier habe ich auch gerätselt, bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass entweder der sehr verkümmerte Magen keine großen Flüssigkeitsmengen mehr aufnehmen kann, oder die Patienten eben schummeln und versuchen, den Magen mit Wasser zu füllen.
Das sind für mich so Details, zu denen ich ehrlich gesagt nicht recherchiert, sondern direkt Simis Perspektive eingenommen habe. Um ganz ehrlich zu sein: Meine beste Freundin war magersüchtig. Die Klinik, die geschwollenen Knöchel, das Getränk, das habe ich direkt aus meinen Besuchen bei ihr übernommen. Sie hat mir erklärt, dass sie nicht so viel trinken darf, weil das sonst das Zunehmen behindert.
Aus der Theorie, also aus meinem Studium weiß ich, dass das erste Behandlungsziel es ist, die Betroffenen wieder auf ein Gewicht zu bekommen, bei dem man mit ihnen arbeiten kann. Unsere Professorin meinte in der Vorlesung über Essstörungen, dass es ganz natürlich wäre, dass jemand mit einem BMI unter 17 an nichts anderes als an Essen denken könne und dass deshalb jede Psychotherapie vor einer Gewichtszunahme überflüssig wäre. (Ich finde das übrigens eine schwierige Aussage. Gut, der BMI wurde oft genug kritisch diskutiert, das gehört jetzt nicht hierher, also das nur am Rande.)
Was ich sagen will, ist, dass Simi das auch nicht weiß. Da ich jetzt zumindest kurz dazu recherchiert habe, ist meine Theorie für den Grund hinter der Trinkregulierung, dass das viele Trinken, das bei manchen (nicht bei allen) anorektischen Personen vorkommt, das Hungergefühl unterdrücken soll.
Sehr schön, diese kleinen Details, die einfach so natürlich daherkommen.
Ich schreibe ja gerne über Orte. Ich finde an jedem Ort etwas, das ihn ganz besonders macht. Jede Stadt hat ihr eigenes Gesicht, aber eben auch Gebirge. Ich sage mal, die Harzluft ist anders als die Alpenluft. Die ganze Atmosphäre unterscheidet sich einfach. Der Harz ist eine Märchengegend, voller Orte mit geheimnisvollen Namen – wie eben der Blocksberg, der Radaufall, der Hexenstieg und so weiter und so fort. Überall begegnet man beim Wandern im Harz den Symbolen von Hexen und Teufeln. Das ist für mich das Besondere, das ich rüberbringen will.
Finde ich auch super, Berlin als Sehnsuchtsort und Paradies, in dem Wünsche wahr werden.
Genauso habe ich es mir gedacht. (Auf die Berlin-Debatte gehe ich weiter unten ein.)
Sie aß nicht einmal mehr diesen Apfel. Ein tolles Symbol für ihre Krankheit und wie sehr sie am Ende mit sich selbst abgeschlossen hatte.
Und auch ein bisschen märchenhaft.
Gegen Ende hatte ich die Befürchtung, etwas zu dick aufzutragen. Freut mich, dass es bei Dir richtig ankommt.
Fazit: Ich finde deine Geschichte sehr schön. Sie hat viel Substanz und man spürt die Liebe in jedem Wort, das du geschrieben hast. Das macht für mich eine gute Geschichte aus.
Das freut mich sehr, das so zu hören. Vielen Dank für das wahnsinnig viele Lob. Ich weiß gar nicht, wohin damit.
Zum Glück holst Du mich zurück auf den Boden der Tatsachen:
Ich stimme aber auch zu, dass sie noch ein wenig verwirrend ist und etwas Ordnung braucht.
Dazu ist eure Hilfe wirklich sehr wertvoll. Ich habe ja jetzt schon einmal die Überschriften ergänzt und muss jetzt gucken, wie ich die Geschichte im Hintergrund klarer mache, obwohl hier auf so wenig Raum so viel Zeit „wegerzählt“ wird und ich mir prinzipiell nur die Schlüsselszenen rausgepickt habe. Das ist zumindest meine Idee beim Schreiben.
Und auch die Beziehungen der Charaktere zueinander ist ab und an etwas schwammig, aber das haben die anderen schon gut beschrieben.
Ich gucke mir das alles nochmal sorgfältig an; wie ich alle Charaktere mehr rausbringe, ihre Beziehung zueinander, ihre Entwicklung über die Szenen hinweg.
Auf die Berlin-Debatte gehe ich weiter unten zusammenfassend ein. An dieser Stelle auf jeden Fall schon einmal Dankeschön für den wertvollen Input. Mir ist immer wichtig zu wissen, was schon gut funktioniert – denn sonst schmeiße ich am Ende einfach alles weg. Es ist gut zu hören, dass die Geschichte nicht direkt in die Tonne muss. Überspitzt gesprochen.
Natürlich heißt das nicht, dass ich mich jetzt ausruhe. I’ll make it work!
Cheers,
Maria
Hallo, @Huxley
Es hat mich sehr gefreut, direkt vor dem Schlafengehen noch Deinen Kommentar zu lesen. Da scheint bei Dir ganz viel schon so funktioniert zu haben, wie ich mir das gedacht habe. Danke, dass Du mir Deine Gedanken dalässt!
Du hast den Titel erwähnt, den "Auseinanderhalten"-Satz gelobt... da war Alles drin, was ich auch gesagt hätte. ^^ Danke dafür.
Freut mich, dass Dir diese Aspekte auch gefallen. Wie ich oben schon geschrieben habe, ist es für mich total wichtig zu wissen, was schon funktioniert. Ich bin eine wilde Überarbeiterin, und im Alles-muss-besser-Rausch werfe ich häufig Dinge weg, die eigentlich gut waren. Wenn man’s mir nicht extra sagt. Das ist also sehr nützlich für mich. Danke!
Ich komme aus dem Speckgürtel von ebendieser Stadt und früher war es egal, warum und was und wo, Berlin war DER Ort.
Genau darum geht es mir. Ich bin wie die Figuren in dieser Geschichte mitten in Niedersachsen großgeworden. Dort ist Berlin nochmal weiter entfernt, eben wie
New York. Ich habe gar keine konkrete Idee davon, wie New York WIKRLICH ist, aber darum geht es gar nicht. Es geht um die Idee von New York/Berlin, den Glamour, das Bedeutsame, das Einzigartige und das, was besonderer und wichtiger ist als Buchholz in der Nordheide oder eben Goslar.
nichts war harmlos, alles besonders. Als Kleinstadtkind direkt vor den Toren der Hauptstadt brauchte es nichts Konkretes und das macht es in dieser Geschichte für mich so nachvollziehbar.
Deshalb finde ich es bei Licht betrachtet auch gar nicht schlimm, dass in der Geschichte weniger konkretes Berlin ist als konkreter Harz. Für Simi geht es ja auch darum festzustellen, dass der Harz auch ein realer, bedeutsamer, einzigartiger Ort ist. Einer, der sich nicht so aufdrängt und der Charlotte deswegen nicht auffällt. Aber beide Mädels haben die meiste Zeit der Geschichte keine Ahnung, was Berlin in Wahrheit ist. Es geht um die Idee von Berlin.
Hat mich sehr gefreut, dass Du da mit mir fühlst. Die Berlin-Debatte fasse ich unten weiter zusammen. Danke für Deinen Besuch!
Cheers,
Maria
Hallo, @PlaceboParadise, @Huxley und @Maedy
PP hat gefragt:
Zum Beispiel habe ich nicht verstanden, warum Berlin für sie dieser enorme Sehnsuchtsort war. Wollte sie Model werden?
Und tatsächlich ist Charlotte zu einem Casting gefahren. Das sind die Leute, die ihr (in der gestrichenen Passage) sagen, sie sei nicht besonders genug. Das werde ich klarer rausstellen.
Im Prinzip aber ist mir eine Sache total wichtig:
Aber für die Geschichte war es mir vielleicht ein wenig zu diffus, vor allem wenn Berlin der Grund für ihre Essstörung ist.
Die Klinische Psychologie und die Psychiatrie (nicht verwechseln, Letzteres ist eine medizinische Fachrichtung) fragen natürlich immer wieder nach der Ursache von psychischen Störungen. Der Witz ist: Für die meisten Störungen gibt es auf diese entscheidende Frage keine befriedigende Antwort.
Wir behelfen uns in unserer Hilflosigkeit für die meisten Störungen mit einem sogenannten biopsychosozialen Erklärungsmodell. Das ist so kompliziert, wie es klingt. Weil wir für die allermeisten Störungen keine eindeutigen Gründe finden können, gehen wir davon aus, dass ein Zusammenspiel von Faktoren eine Störung verursacht oder das Risiko erhöht, daran zu erkranken.
Die Anorexia nervosa tritt zum Beispiel häufig bei Menschen mit zwanghaften Persönlichkeitsstilen auf oder geht sogar Hand in Hand mit Zwangsstörungen (das unterscheidet sie häufig von der Bulimie). Zwanghafter Persönlichkeitsstil wäre ein psychologischer Faktor. In der populärwissenschaftlichen Literatur lese ich häufig, dass anorektische Personen sehr stark kontrollierende Eltern, vor allem Mütter haben. Das wäre ein sozialer Faktor.
Lange Rede, kurzer Sinn: Mir würde es nie in den Sinn kommen zu sagen, Charlotte wollte Model werden und das hat sie magersüchtig gemacht. Das könnte ein Faktor sein, ist es häufig wohl auch. Das Schönheitsideal einer Gesellschaft ist was? Richtig, ein sozialer Einflussfaktor.
Für mich ist es komplizierter. So möchte ich Charlottes Sturheit und Unnachgiebigkeit zeigen. Sie kann nicht anders, als das zu tun, was sie tut. Sie muss die Schule schmeißen, sie kann nicht davon ausgehen, dass sie stirbt, wenn sie ihren Kurs nicht wechselt. Das ist ihre Persönlichkeit.
In einer Vorversion habe ich geschrieben, dass Charlottes Vater gestorben ist und ihre Mutter ihr kaum Privatsphäre lässt. Das werde ich nochmal aus der Kiste holen. Ich glaube aber, Berlin ist mehr ein Symptom als ein Grund. Charlotte möchte etwas ganz Besonderes sein. Deshalb kann sie auch nicht weiter an einem unbesonderen Ort wie Goslar mit einer unbesonderen Freundin wie Simi leben.
Charlotte strebt nicht einem klar definierten Ziel, sondern vielmehr dieser vagen Idee entgegen und gleichzeitig strebt sie weg aus ihrer Heimat. Für mich trifft dieses eher vage Berlinthema genau den Ton der restlichen Geschichte.
Was Huxley sagt.
Die Gründe für die Magersucht liegen oft wo ganz anders und das übermäßige Achten auf die Figur ist nur ein Symptom, etwas um sich von den eigentlichen Problemen abzulenken und vor allem etwas, worüber der/die Betroffene Kontrolle hat (im Gegensatz zu dem zugrundeliegenden Problem).
Maedy hat meinen Punkt hier noch etwas gerafft dargestellt. Genauso sehe ich es auch. Die Magersucht selbst als Symptom eines Lebens, das aus dem Gleichgewicht geraten ist. Deshalb hatte ich auch diese Entfaltungspassage drin. Charlotte will eigentlich die Flügel ausstrecken und fliegen, aber alles zieht sie zu Boden. Ihre Familie, ihre Freundin, ihre gesamte Umgebung (ja, ich bin wieder auf einem sehr sozialpsychologischen Zug unterwegs).
Aber man weiß weder warum, noch weshalb sie dann magersüchtig wird.
Das ist also, warum sie magersüchtig wird. Dafür ist natürlich die Wahnsinnshintergrundgeschichte nötig. Ich wollte zeigen, wie eingewoben Charlotte in ihr soziales Umfeld ist und wie sehr sie das hasst. Und wie angewiesen sie gleichzeitig darauf ist, denn am Ende hält sie Simis Hand.
Zwei Dinge, die ich tun sollte: 1) diese Wahnsinnshintergrundgeschichte ausbauen. Und dann natürlich, 2) woran sich diese Debatte ja auch entzündet hat:
Was ist denn eigentlich so krass in Berlin?
Und das schaue ich mir doch gerne nochmal genauer an. Wie Du es sagst:
einen solchen Sehnsuchts-Fixstern schaffen.
Ich hoffe, ihr wisst jetzt, worauf ich hinauswill. Ich glaube nicht, dass Berlin Charlottes Störung verursacht hat. Berlin ist ein Symbol für die Autonomie, die Charlotte unbedingt erlangen will. Ach Gottchen, stimmt, wir können bei Essstörungen gerne nochmal über den Autonomie-Abhängigkeits-Konflikt diskutieren. Das ist ja eigentlich auch der große Konflikt des Erwachsenwerdens und ein Thema, das ich immer und immer wieder (auch in meinem Roman) bearbeitet habe.
So. Bis hierhin. Danke für diese furchtbare Diskussion. Da gibt es Einiges rauszuholen für mich.
Morgen geht’s weiter!
Cheers,
Maria