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Berlin, vom Brocken gesehen

Monster-WG
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07.01.2018
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Berlin, vom Brocken gesehen

Goslar, früher
An Charlottes achtzehntem Geburtstag trank ich Wodka. Anton, ihr Bruder, schenkte mir zwei Finger breit ein. Er rief nach ihr, fragte, ob sie auch etwas wollte, aber sie tanzte. Und wenn sie tanzte, konnte sie nichts erreichen. Die Hitze des Wodkas wanderte durch meinen Körper. Breitete sich bis in die Fingerspitzen aus.

Berlin, heute
Der Wodka kommt mir wieder in den Sinn – Jahre später –, als Anton die Wohnungstür öffnet. Er sieht müde aus.
»Hi«, sage ich. Möchte etwas hinzufügen, etwas Unverfängliches, doch ich finde keine Wörter.
Er sagt nichts, und ich trete an ihm vorbei in die Wohnung.
Ich hole tief Luft. Ich bin mit dem festen Vorsatz hier, ihm schnell meine Schlüssel zu geben, die Sache hinter mich zu bringen. Doch der Anblick der gerahmten Bilder im Flur lässt mich erstarren. Das Einschulungsfoto hängt noch hier: Charlotte und ich mit Schultüten im Arm auf einer Mauer, Schulter an Schulter, Hüfte an Hüfte, Knöchel an Knöchel.
»Möchtest du was trinken?«, fragt Anton.
Ich halte ihm den Schlüssel hin. »Bin gleich wieder weg.«
»Simi. Nur einen Moment.«
Ich seufze tiefer, als nötig wäre. »Wodka, bitte.«
Seine Mundwinkel zucken, beinahe lächelt er.

Brocken, früher
In unserer Schulzeit wanderten Charlotte und ich fast jede Woche auf den Brocken. Wir saßen immer auf dem gleichen Felsen. Als wir älter wurden, teilten wir uns meistens eine Zigarette, legten unsere Beine übereinander und ignorierten die glotzenden Touristen.
Es war ein besonderer Felsen: Brockengranit, das gibt es nirgendwo sonst. Der Brocken hat sogar ein eigenes Klima, und als wir nach ihrem Geburtstag auf dem Felsen saßen, trieb der Brockenwind die ersten Schneeflocken vor sich her. Unter uns erstreckte sich der Wald: blaue Tannen und schwarze Berghänge.
Trotz der schneidenden Kälte zogen wir die Handschuhe aus und knüpften unsere Freundschaftsbänder. Ich hatte blaue und rosafarbene Fäden für Charlotte ausgesucht, Charlotte rote und grüne für mich.
»Rot für die Liebe und Grün für die Hoffnung«, sagte Charlotte. »Weil ich hoffe, dass du die Liebe findest.«
Ich konnte nicht sagen, was die Farben bedeuteten, die ich für sie ausgesucht hatte. »Ich glaube, Blau und Rosa passen zu dir«, sagte ich.
»Schau mal nach Osten.« Sie streckte die Hand aus, als könnte sie damit die Wolken am Horizont beiseiteschieben. »Ich kann Berlin sehen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Viel zu weit weg.«
»Ich kann es sehen.«
Die Haut unter meinen Fingernägeln hatte sich bläulich verfärbt, und ich pustete auf die Finger, bevor ich weiterknüpfte. »Kommst du in den Herbstferien wieder mit?«, fragte ich. »Meine Oma muss das bald wissen.«
»Nee.« Charlotte beugte sich zur Seite und flüsterte mir ins Ohr: »Ich fahre nach Berlin. Zum Casting.«

Berlin, heute
»Weißt du noch?«, fragt Anton, als er das Glas vor mir abstellt. »An Charlottes Geburtstag? Da haben wir Wodka getrunken.«
»War mein erstes Mal«, sage ich.
Er setzt sich nicht, lehnt sich an die Anrichte. Stößt nicht an, sondern nippt bereits an seinem Glas. »Simi, ist das wirklich die richtige Entscheidung?« Er holt tief Luft. »Du wolltest doch nie nach Goslar zurück.«
Ich trinke, und der Wodka brennt durch mich hindurch. Von der Straße wirbelt Motorenlärm herauf.
Anton streicht mit gespreizten Fingern das Haar zurück, bis es nach allen Seiten absteht. »Ich dachte, wir könnten vielleicht neu anfangen. Wenn wir bloß aufhören, über Charlotte zu reden …«
»Ich will nicht aufhören, über sie zu reden.« Ich nehme einen weiteren Schluck, einen größeren diesmal. »Und ich gehöre eben nicht nach Berlin.«

Nordsee, früher
Jeden Herbst besuchte ich meine Großmutter an der Nordsee. Zweimal war Charlotte bereits mitgekommen, doch meine letzten Herbstferien verbrachte ich dort allein.
Ich saß auf dem Sofa, einen heißen Kakao in der Hand, während der Sturm an den Fenstern rüttelte. Charlotte rief an, im Hintergrund das Zischen der Züge, das Stimmengewirr, die hallenden Gleisdurchsagen.
»Ich bin da«, sagte sie feierlich. »Ich bin in Berlin!«
»Toll«, sagte ich. »Wie hast du das Geld zusammenbekommen?«
»Sei keine Spaßbremse, Simi. Ich melde mich wieder.«

Als später mein Handy klingelte, war es nicht Charlotte, die anrief. Es war Anton.
»Weißt du, wo Charlotte ist?«, fragte er. Seine Stimme klang gepresst. Seltsam, wenn ich ihn nicht für einen so coolen Typen gehalten hätte – er war schließlich schon zwanzig –, hätte ich schwören können, dass er Tränen unterdrückte.
»Nein«, sagte ich. Mein Magen zog sich zusammen. »Keine Ahnung.«
»Sie war zum Abendessen nicht da. Sie geht nicht ans Handy. Meine Mutter …« Er atmete tief ein.
Eine schmerzende Gänsehaut breitete sich auf meinen Oberschenkeln aus, und ich rieb mit den Händen über den Jeansstoff, als könne ich sie dadurch vertreiben. Vor meinem inneren Auge erschien Charlottes Mutter Regina – wie sie, wenn sie die Treppe hinunterging, die Kante vom Foto berührte, das Charlottes Vater zeigte. Und das Schimmern in ihrem Blick. Seltsam, Mitleid mit einer Erwachsenen zu haben.
»Simone, wenn du weißt, wo sie ist, musst du es sagen.«
Mit schwitzigen Händen umklammerte ich das Handy. »Vielleicht kann ich etwas rausfinden.«

Berlin, heute
»Ich dachte immer, Berlin wäre dein Traum«, sagt Anton. Er berührt das Wodkaglas, lässt dann die Hand wieder sinken.
Ich nehme noch einen Schluck. »Ich konnte Charlotte und mich nicht auseinanderhalten.«

Goslar, früher
Charlotte kam früher als geplant aus Berlin zurück. Anton holte sie mit dem Auto ab, und ich befürchtete, dass er wütend auf sie sein würde. Oder sie auf mich.
Ich kehrte auch früher als geplant nach Goslar zurück. Charlotte antwortete nicht auf meine WhatsApp-Nachrichten und ging nicht ans Telefon. Also lief ich die zwei Straßen zu ihr.
»Sie ist oben«, sagte Charlottes Mutter, als sie die Tür öffnete.
Charlotte saß auf dem Boden in ihrem Zimmer, den Rücken ans Bett gelehnt. Sie schaute nicht auf, sagte nichts, also setzte ich mich neben sie, lehnte den Rücken ans Bett. So hatten wir dort schon als Erstklässlerinnen gesessen.
Mein Knöchel berührte ihren Knöchel, die Farben der geknüpften Fußbänder waren schon verblasst.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Aber ich hab nichts von dir gehört. Ich hab mir Sorgen gemacht.«

Charlotte hörte auch in den folgenden Wochen nicht auf, von Berlin zu reden. Sie hörte sowieso nie auf zu reden. Je flacher das Land, desto tiefer die Seele, pflegte mein Vater zu sagen. Er fand es lustig, schließlich lebten wir im Harzvorland. Vielleicht war Charlottes Seele nicht tief genug. Das hat ein Mitschüler mich später einmal gefragt: wie man sich aus lauter Oberflächlichkeit umbringen könne.
In der Schule schwärmte sie für Markus, einen Typen aus der Parallelklasse. Nach den Herbstferien nannte er sie eklig, und dann eilte er davon, und sie stand wie angewurzelt da, mit zitternder Unterlippe. Ich legte ihr den Arm um die Schulter, fühlte die Knochen durch ihren übergroßen Pullover.

»Hast du dich mit Anton getroffen?«, fragte Charlotte.
Wir saßen wieder an ihr Bett gelehnt, vor dem Fenster wirbelten Schneeflocken. Wir blätterten in Modezeitschriften, doch ich las nicht wirklich. Diäten, Stars, Kleidung — dafür konnte ich heute keine Konzentration aufbringen.
»Ja«, sagte ich.
»Finde ich nicht gut.«
Ich hob den Kopf. »Was?«
Sie schaute mich an. Ich hatte flüssigen Lidstrich um ihre Augen gemalt. Zu viel. Sie sah wie ein Panda aus. »Ich find’s komisch, dass ihr euch ohne mich trefft.«
»Entschuldige mal …« Ich rang nach Luft, suchte nach Worten.
»Seid ihr zusammen?«
»Nein«, entfuhr es mir. Und dann noch einmal, weniger heftig: »Nein. Wir … haben nur Spaß.«
»Cool. Dann kann ich ja beim nächsten Mal dabei sein.«
Ich klappte das Heft zu. »Und wenn ich mit Anton zusammen wäre, was dann?«
Ihr Blick folgte der Bewegung meiner Hände. »Liest du das nicht mehr?«
Wortlos reichte ich ihr das Magazin und erhob mich.
»Gehst du schon?«
»Muss noch lernen. Meine Mutter wünscht sich …« Ich holte tief Luft. Wappnete mich für die Explosion »…, dass ich es an die FU Berlin schaffe.«
»Du willst nach Berlin?«, fragte sie mit blitzenden Pandaaugen.
»Meine Mutter wünscht sich das. Ich …« Ich sah mich im Zimmer um, als könne ich irgendwo die rettenden Worte finden. »Ich denke eher an Braunschweig«, schloss ich.
»Das passt auch besser zu dir«, sagte sie und schlug die Zeitschrift auf. »Dieses Low Carb, denkst du, ich sollte das mal ausprobieren?«
Ich zuckte die Achseln und schluckte säuerlichen Speichel herunter. »Ich hab keine Ahnung von so was.«
»Eh klar. Madame hat es ja nicht nötig.«

Berlin, heute
Anton blickt ins Leere. Schließlich sagt er: »Ich weiß, was du meinst. Und deshalb denke ich auch, sie sollte kein Teil unseres Lebens mehr sein.«
»Es gibt kein unseres.« Ich trinke den Wodka leer. Als ich aufstehe, dreht sich das Zimmer um mich. »Wir haben Schluss gemacht.« Ich lege die Schlüssel auf den Küchentisch. »Mach’s gut.«

Goslar, früher
Ich bin ein Einzelkind, und ich dachte, Geschwister würden einander nie verlassen. Geschwistern konnte man nicht einfach Adieu sagen, man konnte nicht mit ihnen Schluss machen. Ein Irrtum, wie sich herausstellte.
Vor Weihnachten besuchte ich Charlotte im Krankenhaus. Sie saß auf dem Bett, und wir tranken Ingwertee. Sie durfte nicht so viel trinken wie sonst, aber dieser Becher Tee vor dem Mittagessen war ihr heilig.
»Anton versteht nicht, wie hart es ist«, sagte sie. »Wie hart ich arbeite, um das zu erreichen, was ich will.« Sie strich sich mit dem Handrücken über die geröteten Augen. »Er hat gesagt, er will mich nicht mehr sehen.«
Ich blickte auf ihre Fußknöchel. Sie waren so stark geschwollen, dass Charlotte das Bändchen nicht mehr tragen konnte. Das rosablaue Bändchen, das nun von ihrer Nachttischlampe baumelte. Ich nippte am Tee, doch der Ingwer spülte den bitteren Geschmack in meinem Mund nicht weg.
»Ja, es ist harte Arbeit«, sagte ich. »Das Hungern.«
Und diesmal sagte sie nichts.

An Heiligabend war sie zu Hause, wir saßen auf dem Balkon und blickten auf die Berge, die blauen Tannen. Den Wald, in dem die Luchse und Hexen lebten.
»Wenn ich gesund bin, ziehe ich nach Berlin«, sagte Charlotte.
»Und das Abi?«, fragte ich.
»Ich kann nicht noch ein Jahr hier festsitzen.«
Ich drückte ihre kalte Hand, und dann schauten wir beide nach Osten, auf die wolkenumhüllten Berge, und sie sagte: »Aber du kannst mich vom Brocken sehen.«

Berlin, heute
Im Flur nehme ich das Einschulungsfoto von Charlotte und mir von der Wand. Warum Anton es nicht längst abgenommen hat?
Ich drehe mich um, und er steht in der Küchentür. »Was willst du eigentlich wieder in Goslar?«, fragt er.
Er ist ihr so ähnlich. Aber das ist das Letzte, was er hören will.
»Vom Brocken aus kann ich Berlin sehen«, sage ich. »Das genügt.«
Denn was ich von Berlin aus nicht sehen kann, das sind die Bäume, der Nebel, die Luchse, der Hexentanzplatz. Berlin ist so laut und wuselig, ständig geschieht etwas. Dem Harz ist das alles gleichgültig.
»Weißt du noch, Bosse?«, frage ich. Ein anderer Niedersachse, der über Berlin sang. Leise summe ich: »Und Berlin war wie New York. Ein meilenweit entfernter Ort.« Ich schaue Anton an, doch er weicht meinem Blick aus. »Ich glaube, ich verstehe jetzt, was damit gemeint ist.« Verstehe, was Charlotte nie verstand. Was die Sehnsucht bedeutet.
Anton runzelt die Stirn. »Man kann Berlin vom Brocken nicht sehen.«
»Ich schon.«

Goslar, früher
Sie sah Berlin nicht wieder. Ihre Mutter rief am Neujahrsmorgen an, und sie sagte nichts, ich hörte bloß ihren Atem in der Leitung. Ich starrte auf das Foto an der Wand, das Foto von unserer Einschulung. Charlotte und ich, Schulter an Schulter, Hüfte an Hüfte, Knöchel an Knöchel.
Ich fuhr ins Krankenhaus und stand wie erstarrt im Zimmer, während die Mutter Charlottes Sachen zusammenräumte. Auf dem Nachtschrank lag der giftgrüne Apfel, den ich ihr an Silvester mitgebracht hatte.

Berlin, noch
Die Zugbremsen lösen sich zischend, und an der Scheibe zieht das blaue Schild vorbei. Das gleiche blaue Schild, das an jedem Bahnhof in Deutschland hängt, in Berlin aber immer ein bisschen blauer aussieht.
Vom Bahnhof in Berlin aus kann ich alles sehen: die Leute, die Tauben, die Farben. In Goslar werden es die Berge sein, die Kirchtürme. Ein Sehnsuchtsort. Ich komme nach Hause.

 
Quellenangaben
"Schönste Zeit" von Bosse (Album: Kraniche (2013))

Hallo Maria,

ich habe die Geschichte zweimal gelesen und komme mit ein paar Details nicht ganz klar. Die liste ich jetzt erstmal auf, weil sie noch so präsent sind, bevor ich mehr zum Inhalt sage.

Mein Vater und ich fuhren ins Krankenhaus, und ich stand wie erstarrt im Zimmer, während er Charlottes Sachen zusammenräumte. Auf dem Nachtschrank lag der giftgrüne Apfel, den ich ihr an Silvester mitgebracht hatte

Dabei dachte ich: Wieso räumt ihr Vater die Sachen zusammen? Sind sie Halbgeschwister? Was soll mir diese Info sagen? Es muss doch was bedeuten, dass er, der doch nichts ganz nahes mit Charlotte zu tun hat, die Sachen einer Toten zusammenräumt? Das hat mich durcheinander gebracht und ich las die KG nochmal, weil ich dachte, ich muss sie in einem anderen Zusammenhang lesen und verstehen. War aber nicht so. Hmm. Bringt mich jedenfalls auf eine ganz falsche Fährte.

Das passt für mich auch nicht so ganz:

Ich bin mit dem festen Vorsatz hier, die Schlüsselübergabe schnell hinter mich zu bringen.
... aber dann:
»Möchtest du was trinken?«, fragt Anton.
»Ja«, sage ich,

»Weißt du noch?«, frage ich, als Anton das Glas vor mir abstellt. »An Charlottes Geburtstag? Da habe ich das erste Mal Wodka getrunken.«

Sie will eigentlich schnell weg und fängt dann mit so "weißt-du-noch-Fragen" an.

Doch der Anblick des hellen Sofas im Flur, die gerahmten Bilder darüber – Anton und ich vor dem Eifelturm, Karyna, die Hündin, die jetzt bei meinen Eltern in Goslar wohnt, auf dem Sonnenfleck im Wohnzimmer und das Einschulungsfoto von Charlotte und mir – dieser Anblick lässt mich erstarren.
Fettmarkiertes verstehe ich nicht. :shy:
Vielleicht würden Semikolon helfen, dass man die Aufzählung besser sortiert bekommt als Leser?

Hier läßt du die Mädels schon mit 6 oder 7 rauchen :D:

das Einschulungsfoto von Charlotte und mir

In unserer Schulzeit wanderten Charlotte und ich fast jede Woche auf den Brocken. Wir saßen immer auf dem gleichen Felsen. Dann teilten wir uns eine Zigarette, legten unsere Beine übereinander und ignorierten die glotzenden Touristen.

»Ich glaube, Blau und Rosa passen zu dir«, sagte ich.
Hast du das nachgeguckt ob groß oder klein? So aus meinem Gefühl heraus würde ich blau und rosa schreiben.


Er setzt sich nicht, lehnt sich an die Anrichte. Stößt nicht mit mir an, sondern nippt bereits an seinem Glas. »Bist du wirklich sicher, Simi? Ich dachte …« Er holt tief Luft. »Wir wollten doch nie nach Goslar zurück.«
Wo sind sie jetzt? Ich komme da nicht ganz mit.

Klappernd stellt er das Glas auf die Anrichte. Ich trinke, und der Wodka brennt sich durch mich hindurch. Reißt mich entzwei. Motorenlärm wirbelt durch das angelehnte Küchenfenster.
Das ist mir hier zu gewollt dramatisch, das nehme ich der Erzählerin nicht ab.


Anton fährt sich durchs Haar. »Ich dachte, wir könnten vielleicht neu anfangen. Wenn wir bloß aufhören, über Charlotte zu reden …«
»Ich will nicht aufhören, über Charlotte zu reden.«
Hmm. Da wird Anton aber sehr eindimensional gezeichnet.

Ich nehme einen weiteren Schluck, einen größeren diesmal. »Und ich gehöre eben nicht hierher.«
Wo ist dieses hierher? Wieso ist es nötig, das nicht auszusprechen?
»Ich dachte immer, Berlin wäre dein Traum«, sagt Anton.
Ah, endlich werden die Zwei verortet.
Da es sowieso um mehrere Orte geht, finde ich das unbefriedigend, wenn man sich solche Infos später zusammenstückeln muss.

»Ich konnte Charlotte und mich nicht auseinanderhalten.«
Habe ich heute irgendwie richtig Probleme, Dinge zu verstehen?
Nicht auseinanderhalten bedeutet für mich, dass ich zB ein Zwilllingspaar ansehe und sie nicht unterscheiden kann, wer wer ist. So weiß ich jetzt nicht, was Charlotte Anton damit sagen will ... und es scheint ja sehr wichtig zu sein.

Charlotte kam früher als geplant aus Berlin zurück. Anton holte sie mit dem Auto ab, und ich befürchtete, dass er wütend auf sie sein würde. Dass Charlotte wütend auf mich sein würde.
Ich kehrte auch früher als geplant nach Goslar zurück.
Das hier kapiere ich auch nicht. Sie kam früher zurück als geplant. Von ihrem Trip, als zeitgleich Simi bei ihrer Oma war? Das ist für mich sehr unklar, wann wo wer ist.

»Hast du dich wieder mit Anton getroffen?«, fragte Charlotte.
Wir saßen wieder an ihr Bett gelehnt, vor dem Fenster wirbelten Schneeflocken.


und ich versuchte, die Broschüre, in der ich las, so zu halten, dass Charlotte nicht mitlesen konnte.
[...]
Ihr Blick folgte der Bewegung meiner Hände. »Was ist das?«
Ich wollte die Broschüre weglegen, doch Charlotte griff schon danach und riss sie mir aus der Hand.

Ich verstehe nicht, dass man eine Broschüre bei der Freundin im Zimmer liest, wenn sie sie aber doch nicht sehen soll - wieso nimmt sie diesen Flyer überhaupt mit? :confused:


Eine Weile bewegt Anton sich nicht, blickt ins Leere. Schließlich sagt er: »Ich weiß, was du meinst. Und deshalb denke ich auch, sie sollte kein Teil unseres Lebens mehr sein.«
Wenn jemand Nahes stirbt, wird diese tote Person immer um einem drumrum bleiben. Was für ein törichter Gedanke von Anton, sowas totschweigen zu wollen.

Sie durfte nicht so viel trinken wie sonst, aber dieser Becher Tee vor dem Mittagessen war ihr heilig.
Das würde mich interessieren, wieso.

An Heiligabend war sie zu Hause, und wir saßen auf dem Balkon ihrer Mutter und blickten auf die Berge, die blauen Tannen. Den Wald, in dem die Luchse und Hexen lebten.
fett kann weg

»Wenn ich gesund bin, ziehe ich nach Berlin«, sagte Charlotte.
Das ist jetzt aber nach dem Gespräch mit dem Sterben, oder?
Das irritiert. Sie scheint doch mit offenen Augen ihrem Tod entgegen zu gehen und nun macht sie so, als würde sie gesund werden.

So ganz kann ich nicht spüren, wo du den Fokus eigentlich setzen wolltest.
Eine verlorene Freundschaft?
Sehnsucht nach dem Heimatort?
Eifersucht auf Beziehungen?
Magersucht und das vergebene Suchen nach der eigenen Identität?

Teilweise waren mir die örtlichen und zeitlichen Bezüge zu undeutlich.

Schäle doch deine Intension besser heraus, lass' mehr Zwischenmenschliches zu. Momentan habe ich das Gefühl, die Personen agieren und reagieren nur aufgrund eines bestimmten Ortes, in dem sie leben oder auch nicht oder gerne leben würden und dieser Blick hat eine Dominanz, die viele andere Details vergräbt. Da gibt es noch Arbeit :gelb:

Bin ja mal gespannt, was die andren so sagen.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hey @TeddyMaria,
oh wie schön! Die erste, die nach dem Gathering eine Geschichte postet. Die Geschichte einer Dreiecksbeziehung, in der sich alle Protagonisten am Ende verlieren. Durch Tod, mangelnde Liebe und Selbstaufgabe. Schönes Thema und die gewählten Szenen gefallen mir gut, ich bekomme einen Eindruck von den Figuren, wie sie zueinander stehen, aber nicht, was sie umtreibt. An sich finde ich dieses Reduzierte nicht schlecht, dass ich nicht alles erfahre und mir manches selbst zusammenreimen muss. Aber hier bleibst du für meinen Geschmack zu vage, und ich habe oft nicht verstanden, was los ist, sorry. MMn hättest du ein wenig mehr preisgeben können, damit sich die Szenen geschmeidig ineinanderfügen. Ich versuch das mal am Text zu zeigen:

Zu Charlottes achtzehntem Geburtstag trank ich Wodka.
Toller erster Satz! Macht mich sofort neugierig. Ich gehe aber davon aus, dass der Wodka hier Thema ist, oder das, was im Wodkarausch passiert ist. Das ist es aber nicht, sondern nur eine kurze Sequenz aus der Vergangenheit, bevor wir hier:

Er sieht müde aus, die Schatten unter seinen Augen sind violett.
landen. Aha, denke ich. Sie sieht ihn nach Jahren wieder und der ist abstürzt. Vermutlich mit Wodka. Aber auch hier gehst du nicht näher darauf ein im Verlauf der Geschichte. Ich weiß, dass er deprimiert ist, aber ich weiß nicht so recht, ob es der Tod der Schwester ist, der ihn generell gebrochen hat, oder weil er sie erst kürzlich verloren hat - das würde die Schlüsselübergabe erklären. Er räumt ihren Teil der Wohnung leer. Oder zieht die Prota erst ein? Oder ist es die unglückliche Liebe zur Prota oder dass sein Leben allgemein sinnlos ist. Mir wird hier zuviel angedeutet, ohne, dass etwas gelöst wird. Dadurch fällt es mir schwer, mich in die Figuren hineinzuversetzen.


Er grunzt, sagt nichts, und ich trete an ihm vorbei in die Wohnung.
Das Grunzen finde ich an der Stelle unpassend. Ich würde nur schreiben, dass er nichts sagt.

Sie lachte und warf dabei den Kopf in den Nacken.

Das war mir ein bisschen zu extrem an der Stelle. Dadurch bekommt sie für mich sowas Dämonisches. Ich würde sie eher kichern lassen.

Da habe ich das erste Mal Wodka getrunken.
Hier kommt nochmal der Wodka. Aber dann reden sie wieder aneinander vorbei. Und plötzlich will er wieder mit ihr zusammen sein. Du deutest viel an, aber die Hintergrundgeschichte erschließt sich mir nicht.


Klappernd stellt er das Glas auf die Anrichte.
Klappern passt für mich nicht. Vielleicht eher: krachend.

Dann ist Charlotte aus Berlin zurück. Offenbar ist da irgendwas schief gelaufen. Vielleicht aber auch nicht, denn:

Charlotte hörte nicht auf, von Berlin zu reden. Sie hörte sowieso nie auf zu reden.
Hier klingt es wieder, als wäre es da toll gewesen. Und dass sie sowieso nie aufhört zu reden, war nicht mein Eindruck zuvor.

Am Ende stirbt Charlotte. Mal klingt es, als hätte sie sich umgebracht, aber dann spricht sie davon, wieder gesund zu werden.

Liebe Maria, ich hoffe, du kannst mein Problem nachvollziehen. Mir fehlt eine Backgroundstory, die die einzelnen Szenen miteinander verknüpft. Die finde ich nämlich für sich sehr bedachtsam gewählt und auch toll erzählt, z.B. die Szene auf dem Brocken. Ich ahne, dass es da eine tiefe Verbindung gibt zwischen den Mädchen, aber ich spüre sie noch nicht. Aber wie ich dich kenne, you will

Make it work.

Liebe Grüße von Chai

 

Hi, @TeddyMaria,

schön, deine neue Geschichte, und der Titel kam mir natürlich sofort bekannt vor, und genau: Davon hast du ja auf unserer Wanderung in den Dutch Mountains gesprochen. ;)

Mir geht das mit der Geschichte so wie meinen beiden Vorkommentatorinnen,
vieles des bereits Gesagten sehe ich ganz genau so, vor allem teile ich die Orientierungslosigkeit von @bernadette bezüglich der Fragen, wer wann wo ist, und manchmal auch noch: warum?
Die Punkte zitiere ich dann also nicht nochmal. Und wenn, dann nicht mit Absicht.

Anton, ihr Bruder, schenkte mir zwei Finger hoch in ein Glas.
schenkte ein, oder?
»Bist du wirklich sicher, Simi? Ich dachte …« Er holt tief Luft. »Wir wollten doch nie nach Goslar zurück.«
Wieso denn wir? Und er ist doch aber eh dort, war doch gar nicht weg. Oder? (ich vermisse gerade das (den?) Fragezeichen Smiley)
Eine schmerzende Gänsehaut breitete sich auf meinen Oberschenkeln aus, und ich rieb mit den Händen über den Stoff meiner Jeans,
Ich nahm sie bei der Schulter, fühlte die Knochen durch ihren übergroßen Pullover – wie die zarten Knochen eines Vogels.
Nahm sie bei der Schulter? Gibt es, glaube ich, nicht. Das mit den Vogelknochen habe ich schon oft gelesen.
Heute, als ich in Antons Küche sitze, die einige Jahre unsere Küche war,
Das kommt für mich wirklich nicht raus, ob die Prot mal mit Anton zusammengelebt hat, man spürt auch so gar nichts, zwischen den beiden.
glaube ich, wir haben Charlotte bloß falsch verstanden. Sie fand in dieser Welt keinen Platz. Ihr Platz war nicht in Berlin, wo man ihr sagte, sie sei nicht besonders genug. Ihr Platz war nicht in Goslar, wo ihr Schwarm ihr sagte, sie sei eklig.
Ist das der eigentliche Punkt der Geschichte, dass sich Charlotte nirgendwo heimisch gefühlt hat? Und sich deshalb auf eine mir nicht ganz klargewordene Weise umgebracht hat? Dann solltest du das deutlicher machen, greifbarer werden lassen, finde ich. Deine Prots brauchen alle mehr Gesicht. Sicher willst du das ganz zurückhaltend gestalten, schon klar, aber so versteht man irgendwie von keinem die Motivation für Irgendwas.
Und sie machte sich klein, klein und immer kleiner, versuchte, sich in irgendeine Nische zu quetschen. Und gleichzeitig zu glauben, sie sei besonders und schön. Woran ich immer geglaubt habe. Und Anton auch.
Na ja, das sagst du jetzt so, aber da würde man gerne mehr davon spüren. Dass sie sich klein macht, wo habe ich das in der Geschichte gesehen?
Ich hatte flüssigen Lidstrich um ihre Augen gemalt.
Warum hat sie ihr?
Sie sah wie ein Panda aus.
Panda kommt später nochmal, vllt. kann da einer weg
Ich blickte auf ihre Fußknöchel. Sie waren so stark geschwollen, dass sie das Bändchen nicht mehr tragen konnte.
Ich komme mir minderbemittelt vor - ich weiß wirklich nicht, was sie eigentlich hat. Oder soll ich das gar nicht?
Charlotte und ich hörten uns Bosse an, die Musik eines anderen Menschen aus Niedersachsen, der über Berlin sang.
Und Berlin war wie New York. Ein meilenweit entfernter Ort.
Und ich glaube, ich verstehe das jetzt erst, verstehe, was Charlotte nie verstand. Was die Sehnsucht bedeutet.
Ich finde das mit Bosse und dem Bezug zu diesem Titel klasse und könnte mir vorstellen, dass du das auch schon eher bringst. Aber auch dann eher mit klareren zeitlichen Bezügen, denn es hörten sie zusammen, dann versteht sie, aber Charlotte verstand nicht. Also - ich verstehe das natürlich, wie es gemeint ist, aber es kommt kein richtiger Flow rein in den Text auf diese Weise
»Ja, es ist harte Arbeit«, sagte ich. »Das Sterben. Nicht wahr?«
Wie ist sie denn nun gestorben …?
Mein Vater und ich fuhren ins Krankenhaus, und ich stand wie erstarrt im Zimmer, während er Charlottes Sachen zusammenräumte.
Warum macht das denn micht jemand aus Charlottes Familie?
Vom Bahnhof in Berlin aus kann ich alles sehen: die Leute, die Tauben, die Farben. Wenn ich in Goslar aussteigen werde, werde ich die Berge erblicken, die Kirchtürme. Ein Sehnsuchtsort. Mein Sehnsuchtsort.
Ich weiß zwar immer, was du meinst, aber im Moment ist es noch etwas umständlich formuliert. Leute, Tauben und Farben sind ja jetzt nicht soooo berlinspezifisch, die gibt's in Goslar auch. Und den ersten Sehnsuchtsort vllt. entfernen, weil es sonst zu pathetisch wirkt?

Also, @TeddyMaria , ich finde die Idee deiner Geschichte auf jeden Fall klasse, aber an der Umsetzung kannst du natürlich noch feilen. Auch, wenn mehrere Themen gleichzeitig behandelt werden, kannst du auf eines davon einen stärkeren Fokus setzten, und vor allem deinen Prots deutlichere Gesichter geben. Dann schaue ich denen gerne nochmal in selbige!:)

Liebe Grüße von Raindog

 

Hallo, meine Lieben

Kurz vorweg: Um einiges an Verwirrung blitzschnell (und außerordentlich plump) zu lösen, habe ich jetzt erstmal einfach Ortsüberschriften über jede Szene gesetzt. Das erscheint mir noch nicht ganz das Gelbe vom Ei zu sein, aber dann müsst ihr alle beim Lesen weniger grübeln, während ich darüber grüble, wie ich ganz elegant da wieder rauskomme. ;)

Cheers,
Maria

Hi @bernadette

Freut mich, dass Du hier bist. Das ging aber fix. :D

komme mit ein paar Details nicht ganz klar.

Ich denke, das ist die Gefahr, die darin liegt, über vertraute Themen zu schreiben und zugleich auch noch über ein Jahr an einer Kurzgeschichte zu arbeiten. Denn solange sitze ich schon an meiner "Charlotte". Da erscheinen mir inzwischen viele Dinge völlig natürlich. Schauen wir mal genauer hin:

Was soll mir diese Info sagen? Es muss doch was bedeuten, dass er, der doch nichts ganz nahes mit Charlotte zu tun hat, die Sachen einer Toten zusammenräumt?

Ich wollte damit eigentlich ausdrücken, dass diese Familien sich so nahestehen. Charlotte und Simi waren sich ja schon bei ihrer Einschulung nahe, das führt mich zu der Erkenntnis, dass sie sich schon mindestens im Kindergarten kannten. Und ihre Eltern dürften sich diesbezüglich nahe sein. Das ist eines der Details, die mir, nachdem ich mich so lange mit dem Leben meiner Figuren auseinandergsetzt habe, so natürlich erschienen, dass es für mich nicht einmal mehr der Rede wert war.

Anyway: Ich habe es geändert, und nun packt Charlottes Mutter selbst die Sachen zusammen. Übrigens habe ich alles andere, was ich nicht extra erwähne, bereits eingearbeitet.

Sie will eigentlich schnell weg und fängt dann mit so "weißt-du-noch-Fragen" an.

Ich habe versucht, das in den vorherigen Gedanken der Prota zu reflektieren. Dass sie überwältigt ist und dann doch noch einmal das Gespräch sucht. Andererseits, ich habe gerade die Idee, dass es wahrscheinlich eher zu Antons Anliegen passt, wenn er versucht, sie festzuhalten. Hey, das notiere ich mir direkt und setze es morgen um.

Hast du das nachgeguckt ob groß oder klein? So aus meinem Gefühl heraus würde ich blau und rosa schreiben.

Na ja, das Prädikat "passen" bezieht sich auf "Blau und Rosa", insofern müssen das die Subjekte sein. Deshalb habe ich die beiden groß geschrieben. Weiß nicht, ob die Argumentation so schlüssig ist. Für mich ergibt das Sinn.

Wo sind sie jetzt? Ich komme da nicht ganz mit.

Beim Schreiben habe ich erst befürchtet, dass es ein Problem mit der Chronologie der Geschichte gibt. Bei den Leuten, denen ich den Text vorab zu lesen gegeben habe, ist mir dann klargeworden, dass der Ort das Problem ist. Ich habe dann versucht, es irgendwie im Gespräch immer wieder unterzubringen ...

Wo ist dieses hierher? Wieso ist es nötig, das nicht auszusprechen?

... aber eben nicht zu oft, weil mir dann die Dialoge wieder seltsam vorkamen. Und das führt dann leider dazu ...

Da es sowieso um mehrere Orte geht, finde ich das unbefriedigend, wenn man sich solche Infos später zusammenstückeln muss.

... dass die Leser/innen sich die Orte irgendwie zusammenstückeln müssen. Mir fällt bis hierhin keine elegante Lösung dafür ein. Eine Idee von mir war noch, die Rahmenhandlung um Anton und Simi einfach komplett zu streichen – aber das gefiel mir einfach nicht, also habe ich es gelassen. Ich habe es jetzt erstmal ganz plump gemacht und Ort- und Zeitangaben über jeden Absatz geschrieben. Das lasse ich stehen, bis mir was Eleganteres einfällt. Ich hoffe, es hilft.

Hmm. Da wird Anton aber sehr eindimensional gezeichnet.

Anton ist für mich ein Vorwärtsgucker. Er hat sich dazu entschieden, Charlotte aufzugeben, mit ihr Schluss zu machen. Das hat er sogar vor ihrem Tod schon getan. Ich habe einmal einen Artikel über Magersucht gelesen (also, ich habe schon sehr viele Artikel darüber gelesen, aber dieser eine hat mich besonders beeindruckt), wo eine Betroffene berichtete, dass ihr die Augen geöffnet wurden, als ihr Bruder sie aufgegeben hat. Als er ihr sagte, dass es ihm egal sei, wenn sie stirbt: Er würde sich das zumindest nicht länger ansehen.

Die Erzählerin ist in dieser Beziehung natürlich nur eine ferne Beobachterin. Sie war nicht dabei und kann Anton nicht mehr zum Reden bewegen. Ich denke trotzdem, dass ich hier klarmachen muss, dass er diese Entscheidung als allerletzte Lösung für sich gewählt hat. Und ich wollte das hier nicht verurteilen (obgleich die Erzählerin es eben anders sieht). Mir wird klar, dass Anton hier stärker beleuchtet werden muss. So wie die anderen beiden eben auch.

Nicht auseinanderhalten bedeutet für mich, dass ich zB ein Zwilllingspaar ansehe und sie nicht unterscheiden kann, wer wer ist. So weiß ich jetzt nicht, was Charlotte Anton damit sagen will ... und es scheint ja sehr wichtig zu sein.

Mir geht es darum, dass Simi der Meinung ist, ihre eigenen Ziele mit den Zielen von Charlotte verwechselt zu haben. Sie sind ihr quasi so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie sich selbst erst wiederfinden musste. Ich habe versucht, in den Szenen zwischen den beiden zu zeigen, was für eine einnehmende Person Charlotte ist und wie Simi sich hinter sie stellt, kuscht, wenn Charlotte das so will, sogar für sie lügt – zunächst einmal.

Das ist also ein sehr raumgreifender Satz, und ja, der ist wichtig. Für mich ist das ein Darling ... Hm, und ich weiß, es hilft, sich von ihnen zu trennen. Ich schaue ihn mir nochmal kritisch an. Und nochmal. Und nochmal. :)

Ich verstehe nicht, dass man eine Broschüre bei der Freundin im Zimmer liest, wenn sie sie aber doch nicht sehen soll - wieso nimmt sie diesen Flyer überhaupt mit? :confused:

Wieder so eine Sache, die für mich selbstverständlich war: Ich habe mir vorgestellt, dass die beiden sowieso alles zusammen machen. Aber da hast Du mich ertappt, ich weiß, ich soll meine Figuren nicht so handeln lassen, so ... außenwirksam. Da muss ich unbedingt nochmal draufgucken.

Wenn jemand Nahes stirbt, wird diese tote Person immer um einem drumrum bleiben. Was für ein törichter Gedanke von Anton, sowas totschweigen zu wollen.

Findest Du? Ich glaube, für ihn ist das ein Loslassen, ein Sich-selbst-beschützen. Vielleicht sollte Anton auch beschützter auftreten. Ich mache mir Gedanken darüber.

Aber darum ging es mir eigentlich auch: Simi und Anton kommen nach Charlotte miteinander nicht weiter, weil Anton entschieden hat, Charlotte totzuschweigen, und Simi feststellt, dass sie lieber mit ihrer Vergangenheit leben möchte. Deshalb müssen sich ihre Wege trennen. Das ist eine Kluft, die sie nicht überwinden können.

Das würde mich interessieren, wieso.

Viele Magersüchtige trinken wahnsinnig viel. Anscheinend hilft das, weniger Hunger zu leiden. Wobei eine kurze Internetrecherche meinerseits gerade ergeben hat, dass manche Betroffene auch kaum trinken. Aber das scheint zu variieren. Charlotte ist eben eine, die viel trinkt.

Das irritiert. Sie scheint doch mit offenen Augen ihrem Tod entgegen zu gehen und nun macht sie so, als würde sie gesund werden.

Charlotte hat nie gesagt, dass sie sterben wird. Simi konnte sie mit dieser Konfrontation zum Schweigen bringen. So wie ich sie verstanden hat, hat Charlotte immer daran geglaubt, gesund zu sein oder zu werden.

Schäle doch deine Intension besser heraus, lass' mehr Zwischenmenschliches zu. Momentan habe ich das Gefühl, die Personen agieren und reagieren nur aufgrund eines bestimmten Ortes, in dem sie leben oder auch nicht oder gerne leben würden und dieser Blick hat eine Dominanz, die viele andere Details vergräbt.

Aber das sind halt super viele Details, die ich anspreche. Ich habe die Geschichte in der Überarbeitung vor dem Hochladen stark gekürzt und fürchte, das hat ihr nicht gutgetan. Ich werde wohl nochmal eine längere Version aus der Kiste kramen. Auf jeden Fall war es eine gute Idee, jetzt endlich mal andere Leute draufgucken zu lassen.

So ganz kann ich nicht spüren, wo du den Fokus eigentlich setzen wolltest.
Eine verlorene Freundschaft?
Sehnsucht nach dem Heimatort?
Eifersucht auf Beziehungen?
Magersucht und das vergebene Suchen nach der eigenen Identität?

Ich bin bei dieser Geschichte ganz anders vorgegangen als sonst. Das mag zum Einen daran liegen, dass ich so verdammt lange daran gearbeitet habe. Dadurch verschwimmen anfänglich klar umrissene Themen immer stärker. Dies ist die ... ich glaube, vierte komplett neue Version der Geschichte, und zwei vorhergehende habe ich sogar schon eine Weile überarbeitet.

Ich habe hier versucht, organischer vorzugehen, die Leute kennen zu lernen und das zu erzählen, was der Erzählerin wichtig wäre. Ich habe das Ganze dann noch stark eingekürzt, und das war wahrscheinlich ein Fehler.

Worauf ich eigentlich hinauswill, das ist die Sehnsucht danach, was man aus seinem Leben macht. Die jugendliche Vorstellung davon, wo und wer man in Zukunft sein will. Charlotte ist da total stur. Sie hat eine ganz klare Vorstellung und kann nicht davon abweichen. Selbst als ihre beste Freundin sie darauf aufmerksam macht, dass sie stirbt, sieht sie nur: Ich werde in Berlin leben und ein anderes Leben führen als ihr Normalos.

Simi ist ganz anders, aber dadurch, dass sie immer neben Charlotte existiert hat, geht sie halt erstmal (in der Zeit zwischen den beiden Handlungssträngen) Charlottes Weg weiter. Bis sie eben feststellt, dass sie ihre eigene Zukunftssehnsucht hat und dass die Fantasie nicht (sofort) Wirklichkeit werden muss.

Verstehst Du, was ich meine? Dieses Das-ist-mein-Schicksal-dazu-wurde-ich-ausersehen-und-nur-dieses-Eine, das ist das, was Charlotte kaputtmacht. Simi lernt, die Sehnsucht auszuhalten. Und darum ging es mir: Sehnsucht auch mal auszuhalten.

Ich hoffe, das klingt nicht zynisch. Und vielleicht ist das von mir selbst sehr jugendlich gedacht. Für mich zumindest war es eine große Erkenntnis der letzten Jahre (also nach der Teenagerzeit), dass nicht immer alles sofort und jetzt gleich passieren muss und dass ich zufrieden sein kann mit dem, was schon da ist. Dass alles andere ruhig auch mal dauern darf. Und um diese Entwicklung geht es mir.

Das ist freilich ein Thema, das ich nur als "Sehnsucht" in einem Wort ausdrücken kann. Und das ist dann vielleicht unzureichend. Wie gesagt, es ging mir auch darum, diesen anderen Ansatz des Schreibens auszuprobieren, die Geschichte mehr aus den Figuren heraus und weniger um ein Thema herum zu entwickeln. Das ist ungewohnt für mich und offensichtlich kein augenblicklicher Erfolg.

Aber ich mache mich morgen daran, die ganzen losen Fäden aufzuheben. Danke für Deinen Besuch und Deinen Input. Du siehst, es fällt auf fruchtbaren Boden. ;) Hat mich gefreut, dass Du da warst.

Cheers,
Maria

Jetzt ist mein Freund schon nach Hause gekommen und ich schaffe es erst morgen, die übrigen Kommentare zu beantworten. Kleinkram ist aber schon eingearbeitet. :( Bis dann!

 

Hallo liebe @TeddyMaria

cool! Eine Kurzgeschichte! :) Ich will mich immer auch mal deinem Roman widmen, aber dann überfordert mich die Menge an Geschriebenem etwas, da du ja schon echt viel geleistet hast, was das angeht. :O

Ich muss sagen, man merkt, wieviel Zeit du in die Geschichte investiert hast. In zweierlei Hinsicht. Einmal, weil du, wie du ja selbst sagst, vielleicht ein bisschen viel vom Leser erwartest, was gut und gern passiert, wenn man sich lang mit Figuren und Co. beschäftigt. ;) Aber auch wegen der vielen, richtig tollen Details und wunderschönen Szenen, die du gefunden hast. Die vielen kleinen Dinge lassen die Geschichte atmen und lebendig werden. Ich war auf jeden Fall echt dran an deiner Protagonistin und hab die Geschichte zügig gelesen. :thumbsup: Naja, nun steig ich mal etwas konkreter ein.

Berlin, vom Brocken gesehen

Ich achte ja immer gern auf den Titel, weil ich es sehr spannend, finde, warum die Autoren welchen Titel auswählen. Das sagt schon unheimlich viel über die Geschichte aus. Den Titel mag ich, weil er so nüchtern klingt, ein wenig wie aus einem Reiseführer, wie eine Bildunterschrift. Das hat schon so etwas sehnsuchtsvolles, das einen in den Bann zieht. Außerdem die tolle, mysteriöse Wirkung: »Was? Berlin vom Brocken aus sehen? Geht das denn?« :lol:

Und wenn sie tanzte, konnte nichts sie erreichen.

Sehr schön. Warum? Weil ich sofort einen wilden, sturen Freigeist im Kopf habe.

»Ja«, sage ich, und durch die Watte in meinem Schädel bahnen sich die Worte: »Wodka, bitte.«

Ich finde, der Wodka bekommt eine sehr große Bedeutung und kommt oft im Text vor. Ist jetzt nicht wirklich schlimm, aber ich glaube viele Menschen finden Vodka pur eher ... naja ... fragwürdig. ;) Tatsächlich hatte ich mit 17 auch meinen ersten Vodka-Vollrausch und hab seitdem eigentlich nie wieder Vodka pur getrunken. :D Deswegen finde ich Vodka als Getränk, das man eben mal so casual bei einem Freund/Bekannten trinkt, eine sehr schräge Wahl. Aber wie gesagt, kann ja durchaus sein, ist in dem Sinn eigentlich keine Kritik. Nur weil da so viel Fokus drauf liegt, sticht es etwas raus. :)

Brauche die Hitze und den Mut, um zu sagen, was ich sagen muss: »Ich konnte Charlotte und mich nicht auseinanderhalten.«

Finde ich super. :herz: Die Träume der einen, die Träume der anderen. Solche Verschmelzungen gibt es ... und oft endet es im Erwachsenenalter schmerzhaft.

e flacher das Land, desto tiefer die Seele, pflegte mein Vater zu sagen. Er fand es lustig, schließlich lebten wir in den Bergen. Vielleicht war Charlottes Seele nicht tief genug.

Super, wirklich! Mehr gibt es da nicht zu sagen. Es ist ominös und wirft neue Fragen auf.

Berlin, heute
Heute, als ich in Antons Küche sitze, die einige Jahre unsere Küche war, glaube ich, wir haben Charlotte bloß falsch verstanden. Sie fand in dieser Welt keinen Platz. Ihr Platz war nicht in Berlin, wo man ihr sagte, sie sei nicht besonders genug. Ihr Platz war nicht in Goslar, wo ihr Schwarm ihr sagte, sie sei eklig.
Und sie machte sich klein, klein und immer kleiner, versuchte, sich in irgendeine Nische zu quetschen. Und gleichzeitig zu glauben, sie sei besonders und schön. Woran ich immer geglaubt habe. Und Anton auch.

Und genau aus diesem Grund braucht es diesen ganzen Absatz für mich eigentlich nicht, denn er erklärt jetzt genau, was Sache ist. :confused: All das sind doch die Dinge, die ich mir als Leser langsam im Kopf zusammengereimt habe, da brauche ich an dieser Stelle den inneren Monolog von deiner Prota überhaupt nicht. ;) Er zerrt alles, was bis hierhin so schön zwischen den Zeilen schlummerte an die Oberfläche, was schade ist. Was denkst du? Könnte man auf diese Passage auch verzichten? Das deine Prota an ihr hing, weiß man direkt aus den vorangegangen Szenen.

»Ich habe keine Ahnung von so etwas.«
»Eh klar. Madam hat es ja nicht nötig.«

Toll, wie sehr du dich in ihren Kopf versetzt hast. Auch dieser plötzliche Themenwechsel hin zum abnehmen, als wäre es das Normalste auf der Welt.

Sie durfte nicht so viel trinken wie sonst, aber dieser Becher Tee vor dem Mittagessen war ihr heilig.

Hier habe ich auch gerätselt, bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass entweder der sehr verkümmerte Magen keine großen Flüssigkeitsmengen mehr aufnehmen kann, oder die Patienten eben schummeln und versuchen, den Magen mit Wasser zu füllen.

An Heiligabend war sie zu Hause, wir saßen auf dem Balkon ihrer Mutter und blickten auf die Berge, die blauen Tannen. Den Wald, in dem die Luchse und Hexen lebten.

Sehr schön, diese kleinen Details, die einfach so natürlich daherkommen.

Charlotte und ich hörten uns Bosse an, die Musik eines anderen Menschen aus Niedersachsen, der über Berlin sang. Und Berlin war wie New York. Ein meilenweit entfernter Ort. Und ich glaube, ich verstehe das jetzt erst, verstehe, was Charlotte nie verstand. Was die Sehnsucht bedeutet.

Finde ich auch super, Berlin als Sehnsuchtsort und Paradies, in dem Wünsche wahr werden.

Auf dem Nachtschrank lag der giftgrüne Apfel, den ich ihr an Silvester mitgebracht hatte.

Sie aß nicht einmal mehr diesen Apfel. Ein tolles Symbol für ihre Krankheit und wie sehr sie am Ende mit sich selbst abgeschlossen hatte.

Das gleiche blaue Schild, das an jedem Bahnhof in Deutschland hängt, in Berlin aber immer ein bisschen blauer aussieht.

Mega! :herz:

Fazit: Ich finde deine Geschichte sehr schön. Sie hat viel Substanz und man spürt die Liebe in jedem Wort, das du geschrieben hast. Das macht für mich eine gute Geschichte aus. Ich stimme aber auch zu, dass sie noch ein wenig verwirrend ist und etwas Ordnung braucht. ;)

Zum Beispiel habe ich nicht verstanden, warum Berlin für sie dieser enorme Sehnsuchtsort war. Wollte sie Model werden? Vielleicht wäre ein Hinweis darauf gut, irgendetwas kleines. Kennst du das Buch "Hungry" von dem Model Chrystal Renn? Da beschreibt sie, wie sie in einer Phase, in der sie ohnehin unsicher war, ein Modelagent auf sie zukam und ihr eine Vogue zeigte. Sie war so fasziniert von einem Bild von Giselle Bündchen, dass sie ab da nichts mehr anderes wollte, als Model zu werden. Und dann begann das große Hungern. Vielleicht kannst du auch einen solchen Sehnsuchts-Fixstern schaffen. :)

Und auch die Beziehungen der Charaktere zueinander ist ab und an etwas schwammig, aber das haben die anderen schon gut beschrieben.

Alles in allem: eine tolle Geschichte, die nachdenklich macht! :thumbsup:

Viele liebe Grüße, PP

 

@PlaceboParadise
Da wollte ich gerade noch einen Kommentar schreiben, nur ein zwei kleine Sachen, die mir auf der Seele brannten und morgen was Ausführliches ... und dann lese ich deinen Kommentar und denke mir nur so "This."
Du hast den Titel erwähnt, den "Auseinanderhalten"-Satz gelobt... da war Alles drin, was ich auch gesagt hätte. ^^ Danke dafür.

Nur das Unverständnis über Berlin als Sehnsuchtsort kann ich so nicht teilen. Ich komme aus dem Speckgürtel von ebendieser Stadt und früher war es egal, warum und was und wo, Berlin war DER Ort. Da gab es bessere Läden, coole Jobs, verrückte Leute, Universitäten, wo kluge Menschen hingingen... nichts war harmlos, alles besonders. Als Kleinstadtkind direkt vor den Toren der Hauptstadt brauchte es nichts Konkretes und das macht es in dieser Geschichte für mich so nachvollziehbar. Charlotte strebt nicht einem klar definierten Ziel, sondern vielmehr dieser vagen Idee entgegen und gleichzeitig strebt sie weg aus ihrer Heimat. Für mich trifft dieses eher vage Berlinthema genau den Ton der restlichen Geschichte.

man liest sich
huxley

 

@Huxley

Haha, sorry! :P

Ich komme aus dem Speckgürtel von ebendieser Stadt und früher war es egal, warum und was und wo, Berlin war DER Ort.

Das kann ich verstehen, ich kenne auch so Leute. Aber für die Geschichte war es mir vielleicht ein wenig zu diffus, vor allem wenn Berlin der Grund für ihre Essstörung ist. An sich sehe ich es auch so wie du, klar, du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin! :D Aber um in der Hauptstadt akzeptiert und anerkannt zu werden, vor allem für das Anderssein, braucht es doch nicht gleich eine handfeste Essstörung, die dich am Ende ins Grab bringt? Ich bin mir sehr sicher, das sich TeddyMaria da einen Grund überlegt hat und ich habe mich eben beim Lesen dann gefragt: Was ist denn eigentlich so krass in Berlin?

Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass ich selbst mit Berlin nicht viel anfangen kann. :lol: Ich würde aber auch das Argument gelten lassen, dass der Druck dazuzugehören sie dazu veranlasst hat, abzunehmen. So auszusehen wie die coolen Leute aus der großen Stadt.

Viele liebe Grüße, PP

 

@PlaceboParadise: Ah, jetzt versteh ich, glaub ich, besser, worauf du hinaus willst. Dir fehlen Ansatzpunkte/Hinweise, die die Magersucht glaubwürdiger machen, oder?
Ich hab den Text jedenfalls mal ganz gezielt mit diesem Gedanken gelesen und tatsächlich dachte ich gestern Abend noch, dass ihr Schwarm und seine Bemerkung ein Auslöser sein könnte, aber jetzt seh ich erst, dass sie da schon so dünn war und er es vermutlich deshalb gesagt hat.
Der Teil, in dem Charlotte aus Berlin zurückkehrt, da klingt ja irgendwie schon an, dass etwas "schief lief", aber greifen kann ich es nicht.
Kurzum: Ja, ich geh mit, ein wenig Konkreteres würde mich der Krankheit und Charlotte näher bringen.
(Nebenbei keimt in mir aber auch die Befürchtung auf, dass es bei einigen Jugendlichen schockierend wenig braucht, um eine Essstörung als Coping-mechanismus zu entwickeln...)

man liest sich
huxley

 

Hallo zusammen,

für mich braucht es da keine Erklärung, woher die Magersucht kommt. Gerade das Modellseinwollen ist ja ein totales Klischee. Es gibt viele Modells, die auf ihr Gewicht achten, aber nicht magersüchtig sind.

Die Gründe für die Magersucht liegen oft wo ganz anders und das übermäßige Achten auf die Figur ist nur ein Symptom, etwas um sich von den eigentlichen Problemen abzulenken und vor allem etwas, worüber der/die Betroffene Kontrolle hat (im Gegensatz zu dem zugrundeliegenden Problem).

Ich finde es daher in Ordnung als Leser, nur die Info zu haben, dass Charlotte krank ist. Warum, wäre eine andere Geschichte, die mehr von Charlotte als von Simi handeln würde.

Ich glaube auch nicht, dass man für alles im Leben einen Grund braucht. Manchmal sind Dinge so und man muss sie hinnehmen. Damit sollte der Leser nicht überfordert sein.

Viele Grüße
Mae

 

Hallöle @Maedy

das mit dem Model-sein-wollen war ja auch nur ein Beispiel (wobei das Aussehen halt Grund Nr. 1 für Essstörungen ist, oder nicht?). Es muss nicht unbedingt das Model-Gedöns sein, natürlich kann die Krankheit viele andere Gründe haben.

Aber ich finde eben, dass die Motive von Charlotte noch sehr im Dunklen liegen. Man weiß eigentlich nur, dass sie nach Berlin will. Aber man weiß weder warum, noch weshalb sie dann magersüchtig wird. Aber als Leser möchte ich ja schon nachvollziehen können, warum die Dinge passieren, die passieren. ;)

Damit sollte der Leser nicht überfordert sein.

Haha, ob der Leser das sollte oder nicht, sei mal dahingestellt. :lol: Mir persönlich fehlte es eben ein wenig, wie gesagt, ich glaube nicht, dass es da viel braucht, vielleicht nur ein kleiner Hinweis. Ich bin mir sicher, das @TeddyMaria da eine mega Backstory zu hat, die sie einweben könnte. :thumbsup: Locker-leicht, sodass es kaum auffällt. Ich bin auch ein Freund von "weniger ist mehr", aber es darf eben auch nicht zu wenig sein, sonst bleiben zu viele Fragezeichen zurück.

Aber gut, zu diesem Thema sind die Meinungen eben verschieden, das verstehe ich total. Vielleicht habt ihr ja recht und es genügt genauso, wie es ist. :) Am Ende ist es einfach das persönliche Empfinden. :read:

Viele liebe Grüße, PP

 

Hey @TeddyMaria,

ich beschränke mich (vorerst) mal auf Textkram:

Anton, ihr Bruder, schenkte mir zwei Finger hoch in ein Glas.
Würde ich streichen.

Er rief nach Charlotte ...
Da hast das bewusst gemacht, denke ich, aber ich will dir trotzdem mitteilen, dass mich der Name in der Häufung etwas genervt hat (35 x Charlotte, 7 x Charlottes).

Er sieht müde aus.
...
»Hi«, sage ich und blicke in Antons müde Augen. »Alles klar?«
Du hast schon bisschen was am Text gemacht. Gut, dass du die violetten Augen bereits gestrichen hast. Dass er müde aussieht, weiß ich schon.

»Ich … äh …« Ich hole tief Luft. Ich bin mit dem festen Vorsatz hier
...
Ich konnte ... Ich glaube,
...
Ich schüttelte ...
»Ich kann ...
...
»Ich will nicht aufhören, über Charlotte zu reden.« Ich nehme ...
...
»Ich bin da«, sagte sie feierlich. »Ich bin in Berlin!«
Nur weil es mir in der Häufung wirklich ins Auge gestochen ist, mal ein paar Beispiele. Du weißt schon, was ich meine, denke ich. Würde den ganzen Text darauf abklopfen.

Doch der Anblick des hellen Sofas im Flur, die gerahmten Bilder darüber – Anton und ich vor dem Eifelturm, Karyna, die Hündin, die jetzt bei meinen Eltern in Goslar wohnt, auf dem Sonnenfleck im Wohnzimmer … Und das Einschulungsfoto von Charlotte und mir. – Dieser Anblick lässt mich erstarren.
Der Einschub ist viel zu lang, finde ich, macht den Satz sehr unübersichtlich und am Ende dann (fett) stimmt was nicht.

»Weil ich hoffe, dass du die Liebe findest.« Sie kicherte.
Gut, dass der in den Nacken geworfene Kopf weg ist, kichern gefällt mir aber auch nicht so gut (kann aber einfach mit persönlicher Vorliebe zu tun haben). Würde ich einfach streichen.

Ich konnte nicht sagen, was die Farben bedeuteten, die ich für sie ausgesucht hatte. »Ich glaube, Blau und Rosa passen zu dir«, sagte ich.
Nur weil ich gerade hier angekommen bin, noch mal exemplarisch.

Er rief nach Charlotte, fragte, ob sie auch etwas wollte,
...
Schau mal nach Osten.« Sie streckte die Hand aus, als könne sie damit die Wolken am Horizont beiseiteschieben.
Stilbruch?

Unter meinen Fingernägeln breitete sich frostblaue Farbe aus, und ich pustete auf die Finger, bevor ich weiterknüpfte.
Mir ist das too much, musste an Shackleton denken.

Zu Charlottes achtzehntem Geburtstag ...
...
An Charlottes Geburtstag ...
Würde ich anpassen.

Klappernd stellt er das Glas auf die Anrichte.
Weiß nicht, passt nicht so recht, finde ich.

Jeden Herbst besuchte ich meine Großmutter an der Nordsee. Zweimal war Charlotte bereits mitgekommen, doch meine letzten Herbstferien verbrachte ich allein bei meiner Großmutter.
Ich sehe keinen Mehrwert im Doppeln, würde auch die Possessivartikel reduzieren. Vielleicht so (?): Jeden Herbst besuchte ich meine Großmutter an der Nordsee. Zweimal war Charlotte bereits mitgekommen, doch die letzten Herbstferien verbrachte ich dort allein(e).

Seine Stimme klang gepresst, seltsam, wenn ich ihn nicht für einen so coolen Typen gehalten hätte – er war schließlich schon zwanzig –, hätte ich schwören können, dass er Tränen unterdrückte.
Den Satz finde ich etwas unübersichtlich. Wäre mir schon geholfen, wenn du das rausnehmen würdest.

»Nein«, sagte ich. Mein Magen zog sich bei diesem Wort zusammen, doch ich fügte hinzu: »Keine Ahnung.«
Ließe sich stellenweise gewinnend noch weiter straffen, finde ich.

»Sie war zum Abendessen nicht da. Sie geht nicht an ihr Handy. Meine Mutter …«
Sie war zum Abendessen nicht da. Sie geht nicht ans Handy. Meine Mutter …«

»Ich … ich …« Mit schwitzigen Händen umklammerte ich das Handy. »Ich gucke mal, ob ich etwas herausfinden kann.«
Klingt unecht, finde ich. Und ein persönlichstes Ding jetzt: schweißnass bekäme immer den Vorrang bei mir.
Wie wär's damit (?): »Ich … « Mit schweißnassen Händen umklammerte ich das Handy. »Vielleicht kann ich was rausfinden.«

Er berührt das Wodkaglas, greift fast danach, lässt dann jedoch die Hand wieder sinken.
Würde mir schon reichen.

»Ich konnte Charlotte und mich nicht auseinanderhalten.«
Den Satz hab' ich nicht (gleich) kapiert.

Anton holte sie mit dem Auto ab, und ich befürchtete, dass er wütend auf sie sein würde. Dass Charlotte wütend auf mich sein würde.
Ist eh ein unschönes Hilfskonstrukt, finde ich, und dann noch gedoppelt.
Vielleicht: Oder sie auf mich?

Charlotte antwortete nicht auf meine WhatsApp-Nachrichten, und sie ging auch nicht ans Telefon.
Die Weder-noch-Konstruktion fände ich hier geschmeidiger.

»Sie ist oben«, sagte Charlottes Mutter, als sie die Tür öffnete.
Charlotte saß auf dem Fußboden in ihrem Zimmer, den Rücken ans Bett gelehnt. Sie schaute nicht auf, sie sagte nichts, also setzte ich mich neben sie, lehnte den Rücken ans Bett.
Probier's mal für dich aus, wenn du möchtest.

Mein Knöchel berührte ihren Knöchel, die geknüpften Fußbänder ragten aus unseren Skinny Jeans.
Da bleibe ich kurz hängen, will mir einfach nicht gefallen.

»Tut mir leid«, sagte ich. »Aber ich habe nichts von dir gehört. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
Klingt mMn nicht authentisch genug. Vielleicht irgendwie so, reduzierter (?): »Tut mir leid«, sagte ich. »Ich hab mir Sorgen gemacht.«

Nach den Herbstferien nannte er sie eklig, und dann eilte er davon, ohne ein weiteres Wort zu sagen, und Charlotte stand wie angewurzelt da, mit zitternder Unterlippe.
Für mich wäre hier weniger mehr.

Ich hatte flüssigen Lidstrich um ihre Augen gemalt. Zu viel. Sie sah wie ein Panda aus.
...
mit blitzenden Pandaaugen
Finde ich too much.

»Na ja, ich find’s komisch, dass ihr euch trefft, ohne dass ich dabei bin.«
»Entschuldige mal …« Ich rang nach Luft, suchte nach Worten.
Würde ich auch verknappen.

Ich klappte die Broschüre zu. »Und wenn ich mit Anton zusammen wäre, was dann?«
Ihr Blick folgte der Bewegung meiner Hände. »Was ist das?«
Ich wollte die Broschüre weglegen, doch Charlotte griff schon danach und riss sie mir aus der Hand.
»Freie Universität Berlin?«, fragte sie mit blitzenden Pandaaugen. »Du willst nach Berlin?«
»Die Broschüre hat meine Mutter mir gegeben. Ich …« Ich sah mich im Zimmer um, als könne ich irgendwo die rettenden Worte finden. Den Satz, der Charlotte befrieden würde. »Ich denke eher an Braunschweig«, schloss ich.
»Das passt auch besser zu dir«, sagte sie und pfefferte die Broschüre in den Papierkorb.
Ich finde das schon ziemlich broschürenlastig.

»Ich habe keine Ahnung von so etwas.«
Das klingt doch sehr gestelzt. Ich finde, du könntest dir die Dialoge gerne noch mal ansehen, sie ein wenig an die jungen Menschen anpassen, ihnen mehr Authentizität einhauchen.
Ach, der kriechende Speichel zuvor ist auch nicht so meins :).

Eine Weile bewegt Anton sich nicht, blickt ins Leere.
Warum so kompliziert?

Als ich mich erhebe, dreht sich das Zimmer um mich.
Das klingt doch sehr gespreizt (wieder), will mir einfach nicht so gut zu diesem jungen Menschen passen.

Ich blickte auf ihre Fußknöchel. Sie waren so stark geschwollen, dass sie das Bändchen nicht mehr tragen konnte.
Da sind die Bezüge unsauber, also das letzte "sie".

Ich nippte am Tee, doch der Ingwer konnte den bitteren Geschmack in meinem Mund nicht wegspülen.
Streichkandidat(en) für mich. Und den Konnte-Doppler würde ich auch ausmerzen.

»Ja, es ist harte Arbeit«, sagte ich. »Das Sterben. Nicht wahr?«
Und diesmal sagte Charlotte nichts.
Fände ich ohne stärker, eindrücklicher. Authentischer?

»Wenn ich gesund bin, ziehe ich nach Berlin«, sagte Charlotte.
»Was ist mit dem Abitur?«, fragte ich.
Du weißt schon.
Vorschlag:
»Wenn ich gesund bin, ziehe ich nach Berlin«, sagte Charlotte.
»Und das Abi?«, fragte ich.

Berlin ist so laut und wuselig, ständig geschieht irgendetwas. Dem Harz ist das alles gleichgültig.
Auch hier - für meinen Geschmack. "Ständig passiert was" vielleicht.

Charlotte und ich hörten uns Bosse an ...
Würde ich kursiv setzen.

Vom Bahnhof in Berlin aus kann ich alles sehen: die Leute, die Tauben, die Farben. Wenn ich in Goslar aussteigen werde, werde ich die Berge erblicken, die Kirchtürme. Ein Sehnsuchtsort. Ich komme nach Hause.
Vorschlag, auch um Bezug zu weiter oben Liegendes vorzunehmen:
Vom Bahnhof in Berlin aus kann ich alles sehen: die Leute, die Tauben, die Farben.
In Goslar werden es Berge, Kirchtürme und der Brocken sein. Ein Sehnsuchtsort. Ich komme nach Hause.

Würde das Ende auch ein Stückchen weiter öffnen, finde ich.


So, ich bin durch. Ist alles sehr, sehr kleinlich, Maria, das weiß ich. Nenne es ruhig: Jammern auf hohem Niveau. Natürlich werde ich von persönlichen Vorlieben beeinflusst, vielleicht kannst du dennoch was davon gebrauchen.
Zum Inhalt schreibe ich bestimmt später noch was. Man merkt auf jeden Fall, dass du dich sehr lange mit ihm auseinandergesetzt hast. Ich hab' den Text gerne gelesen (das nur, weil das im Komm nicht unbedingt ersichtlich ist).


Vielen Dank fürs Hochladen


hell

 

Hi Chai

Wie schön, Dich an Bord zu haben. :herz: Da können wir ja direkt eintauchen. Alles, was ich nicht weiter erwähne, habe ich bereits eingearbeitet.

Die Geschichte einer Dreiecksbeziehung, in der sich alle Protagonisten am Ende verlieren. Durch Tod, mangelnde Liebe und Selbstaufgabe. Schönes Thema

Ach, das liest sich richtig schön! Danke für die Zusammenfassung. Ich finde, das passt super.

und die gewählten Szenen gefallen mir gut, ich bekomme einen Eindruck von den Figuren, wie sie zueinander stehen, aber nicht, was sie umtreibt. An sich finde ich dieses Reduzierte nicht schlecht, dass ich nicht alles erfahre und mir manches selbst zusammenreimen muss. Aber hier bleibst du für meinen Geschmack zu vage, und ich habe oft nicht verstanden, was los ist, sorry.

Ich arbeite schon sehr lange an der Geschichte und habe versucht, alles organisch zusammenzufügen, das zu erzählen, was die Erzählerin interessieren würde, und dann habe ich es auch noch stark gekürzt. Gerade bei Letzterem gucke ich mal, dass ich noch ein paar mehr, längere Texte einbringe, die Kürzung also rückgängig mache. Ich glaube, dabei ist viel verloren gegangen.

Du deutest viel an, aber die Hintergrundgeschichte erschließt sich mir nicht.

Im Prinzip, schlussfolgere ich mal so frech, lässt sich Dein wesentliches Problem mit der Geschichte mit dem Satz oben zusammenfassen. Das ist auch schwierig, weil die Geschichte auf kurzem Raum wahnsinnig viel Zeit überbrückt. Die Ereignisse in der Vergangenheit erstreckten sich vom frühen Herbst bis Neujahr, und die Rahmenhandlung spielt wahrscheinlich einige Jahre in der Zukunft (was nirgendwo steht, und das ist auch noch ein Problem).

Dazwischen passiert natürlich ganz viel, das liegt auch daran, dass ich die Beziehungen entwickeln möchte. Simi merkt nicht von heute auf morgen, dass sie mehr Distanz zu Charlotte braucht, und sie merkt nicht von heute auf morgen, dass Charlotte sie braucht. Und gleichzeitig glaube ich, dass sie diese Beziehungsentwicklung gar nicht so eindeutig reflektieren würde.

Daher kommt wohl dieser Eindruck, die Hintergrundgeschichte würde fehlen. Im Prinzip sind die einzelnen Szenen ja Highlights in einem stetigen Verlauf, nur Einzelteile, die aus dem großen Ganzen herausgegriffen wurden.

Anders gesagt:

Mir fehlt eine Backgroundstory, die die einzelnen Szenen miteinander verknüpft. Die finde ich nämlich für sich sehr bedachtsam gewählt und auch toll erzählt, z.B. die Szene auf dem Brocken. Ich ahne, dass es da eine tiefe Verbindung gibt zwischen den Mädchen, aber ich spüre sie noch nicht.

Tja. Ich erzähle die Hintergrundgeschichte einfach mal so runter. Damals: Charlotte und Simi bereiten sich aufs Abitur vor. Charlotte möchte aber eigentlich möglichst schnell nach Berlin ziehen, reißt in den Herbstferien von zu Hause aus und nimmt an einem Modelcasting teil. Ist aber ein Reinfall. Anschließend kommen sich Simi und Anton näher, während Charlotte neue Berlin-Pläne schmiedet und zu hungern anfängt. Sie wird schließlich stationär behandelt, kann die Krankheit aber nicht besiegen und stirbt. Heute: Simi zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus und verabschiedet sich von Anton.

Also, ich sage mal: Die Hintergrundgeschichte gibt es. Sie steht da nur nicht. Ein paar Dinge werde ich auf jeden Fall genauer herausarbeiten, ich glaube, vor allem auf die Simi-Anton-Annäherung sollte ich noch eingehen, sowie auf Charlottes konkretere Pläne.

Mir wird hier zuviel angedeutet, ohne, dass etwas gelöst wird. Dadurch fällt es mir schwer, mich in die Figuren hineinzuversetzen.

Ich weiß momentan ehrlich nicht, wie Lösungen aussehen sollen. Eigentlich löst sich ja jede Figur am Ende ihrer Handlung aus dem Knoten – ich glaube auch, das ist nicht, worauf Du hinauswillst. Charlotte stirbt, Anton redet nicht mehr über sie, und Simi möchte mit der Vergangenheit weiterleben. Für mich sind das Lösungen.

Wahrscheinlich ist da aber mehr. Und ich denke, ich muss das noch genauer herausarbeiten, beziehungsweise auch aufschreiben. Ich schaue mir alles nochmal in Ruhe an.

Ich gehe aber davon aus, dass der Wodka hier Thema ist, oder das, was im Wodkarausch passiert ist. Das ist es aber nicht, sondern nur eine kurze Sequenz aus der Vergangenheit,

Hm, das ist lustig. Ich lasse meine Figuren, wenn sie einfach nur miteinander reden, gerne etwas nebenher tun. Dann wird mir oft angekreidet, das sei zu viel (normalerweise ist es Tee). Und dass es diese falsche Fährte gibt, ist mir natürlich mal wieder nicht aufgefallen. Ich habe Anton schonmal weniger violett gemacht und gucke, wie ich auch sonst die Kurve kriege.

Klappern passt für mich nicht. Vielleicht eher: krachend.

Das passt für mich nicht. Ich weiß nicht, für mich klingt „klappern“ richtig. Ich lasse es erstmal so.

Hier klingt es wieder, als wäre es da toll gewesen. Und dass sie sowieso nie aufhört zu reden, war nicht mein Eindruck zuvor.

Das viele Gerede ist der Kürzung zum Opfer gefallen. Dass Charlotte trotz eines Niederschlags nicht von ihrem Kurs abweichen kann, ist Teil ihres Charakters. Das ist natürlich fatal – aber das weiß sie nicht. Lockerlassen kann sie nicht. Und dadurch:

Am Ende stirbt Charlotte. Mal klingt es, als hätte sie sich umgebracht, aber dann spricht sie davon, wieder gesund zu werden.

… kommt sie auch ums Leben. Ich habe ihren Tod sehr reduziert eingebracht, es steht da tatsächlich nicht. Aber sie redet von Diäten, andere werfen ihr vor, sich aus Oberflächlichkeit umzubringen, die geschwollenen Knöchel sind auch ein Zeichen. Charlotte leidet an Anorexia nervosa, und das macht sie auch so zwanghaft, so unnachgiebig (oder hat die Zwanghaftigkeit und die Unnachgiebigkeit sie anorektisch gemacht? – Ausführungen dazu mache ich ganz unten, falls es Dich interessiert).

Das führt dazu, dass manche der Ansicht sind, dass sie ihren eigenen Tod herbeigeführt hat. Ihr sturer Charakter führt sie dazu, bis zum Ende davon überzeugt zu sein, dass sie eines Tages (bald!) das Leben führen wird, von dem sie träumt. Das ist für mich entscheidend. Weniger der Hunger als die Alternativlosigkeit.

Aber wie ich dich kenne, you will

Make it work.


I will! Danke für Deinen tollen Kommentar. Ich setze mich weiter mit der Geschichte auseinander. Das macht mir nämlich verboten viel Spaß, und wahrscheinlich habe ich deshalb hier auch so einen wirren Aufbau präsentiert. Aber es ist schön, mal wieder Spaß am Schreiben zu haben. Ich gucke, wie ich mehr Hintergründe einbringen kann, ohne den bewusst fragmentarischen Aufbau zu zerstören. Quasi ein Kompromiss. Wow!

Cheers,
Maria


Hi @Raindog

Schön, dass Du auch dabei bist. Die ersten drei Kommentare und gleich drei Gatheringskommentare. Umwerfend! Alles, was ich nicht extra erwähne, habe ich sofort umgesetzt.

schön, deine neue Geschichte, und der Titel kam mir natürlich sofort bekannt vor, und genau: Davon hast du ja auf unserer Wanderung in den Dutch Mountains gesprochen.

Stimmt, ich habe mich nämlich getraut, ganz viel darüber zu sprechen und sie nach dem Gathering auch schon ein paar Leuten zu lesen gegeben. Ich glaube auch, es war eine gute Idee, die Geschichte jetzt endlich rauszuhauen. Hätte ich sie noch länger liegen gelassen, sie wäre keine geringere Leseherausforderung geworden.

vor allem teile ich die Orientierungslosigkeit von @bernadette bezüglich der Fragen, wer wann wo ist, und manchmal auch noch: warum?

Ich habe rasch den plumpen Weg gewählt und über alle Szenenwechsel Zeit- und Ortsangabe geschrieben. Das sollte das Wann und Wo klären (das Wer ist hoffentlich klar). Beim Warum habe ich Schwierigkeiten, ich denke, hier wird wichtig, die Geschichte zwischen den beiden Zeitlinien klarzumachen, sodass eindeutig wird, warum Simi und Anton in Berlin sind. Das gucke ich mir noch an!

schenkte ein, oder?

Ich weiß nicht. Dann kommen in dem Satz zwei „ein“s vor. Ist das notwendig? Für mein Sprachgefühl könnte man es auch weglassen.

Wieso denn wir? Und er ist doch aber eh dort, war doch gar nicht weg. Oder? (ich vermisse gerade das (den?) Fragezeichen Smiley)

Haha. Da wäre ein Fragezeichen-Smiley passend, sorry. Die Geschichte zwischen den Zeitlinien geht nämlich so, dass Anton und Simi zusammen in Berlin gelebt haben. Deshalb sind jetzt beide in Berlin, und „wir“ wollten nie zurück nach Goslar. Stimmt aber nicht, denn Simi will nun doch. Oder so. Diese Ereignisse muss ich klarer rausbringen. Bin dran!

Das kommt für mich wirklich nicht raus, ob die Prot mal mit Anton zusammengelebt hat, man spürt auch so gar nichts, zwischen den beiden.

Das ist ein total wertvoller Hinweis für mich. Mir ist aufgefallen, dass praktisch alle Vergangenheitsszenen zwischen Charlotte und Simi spielen und nie zwischen Anton und Simi – und wenn, dann reden sie über Charlotte. Das muss ich unbedingt noch unterbringen. Auch in der Gegenwart sollte ich mir das nochmal angucken. Danke!

Ist das der eigentliche Punkt der Geschichte, dass sich Charlotte nirgendwo heimisch gefühlt hat? Und sich deshalb auf eine mir nicht ganz klargewordene Weise umgebracht hat?

Der eigentliche Punkt der Geschichte ist für mich, dass Charlotte sich so extrem nach einer wundervoll ausgemalten Zukunft verzehrt, dass sie alles andere aus den Augen verliert. Ihre Freundin, die Schule, das Überleben. Nichts zählt, nur der Traum von Berlin. Und sie verhungert.

Deine Prots brauchen alle mehr Gesicht. Sicher willst du das ganz zurückhaltend gestalten, schon klar, aber so versteht man irgendwie von keinem die Motivation für Irgendwas.

Irgendwie stört es mich bei dieser Geschichte, über Motivation zu reden. Ich habe mich ewig lange mit den Charakteren auseinandergesetzt und die Geschichte dann so geschrieben, wie ich denke, dass Simi sie erzählen würde. Das erscheint mir organischer als ein: Was ist ihre Motivation? Denn Simis „Motivation“ ist ja im Prinzip, herauszufinden, was sie ganz allein für sich will. Das ist aber nichts Bewusstes, sondern eine Veränderung, die sie durchmacht.

Hm. Aber das wurde jetzt schon so oft angesprochen, dass ich mir wohl doch Gedanken darüber machen muss. Sollte mir ja leicht fallen, wenn ich meine Figuren wirklich so gut kenne, wie ich behaupte.

Na ja, das sagst du jetzt so, aber da würde man gerne mehr davon spüren. Dass sie sich klein macht, wo habe ich das in der Geschichte gesehen?

Ich habe den ganzen Absatz gestrichen.

Warum hat sie ihr?

Das ist eine Freundinnensache. Eine schminkt die andere.

Panda kommt später nochmal, vllt. kann da einer weg

Ich weiß nicht, wenn ich nur von „Pandaaugen“ schreiben würde, ohne sie vorher einzuleiten, wärest Du nicht verwirrt? Also, ich schon.

Ich komme mir minderbemittelt vor - ich weiß wirklich nicht, was sie eigentlich hat. Oder soll ich das gar nicht?

Die allererste Version dieser Geschichte begann mit dem Satz: „Charlotte wollte nie magersüchtig sein.“ Ich bin dann immer weiter hinabgestiegen, habe ihr Umfeld und ihre Träume untersucht. Sie will größer sein als alle anderen Menschen, größer als sie selbst, das ist, worauf diese Untersuchung für mich hinausläuft. Und dadurch ist die Diagnose selbst dann weggefallen, und heute finde ich sie gar nicht mehr so furchtbar wichtig. Oder was denkst du?

Ich finde das mit Bosse und dem Bezug zu diesem Titel klasse und könnte mir vorstellen, dass du das auch schon eher bringst.

Das ist eine super Idee! Notiert!

Aber auch dann eher mit klareren zeitlichen Bezügen, denn es hörten sie zusammen, dann versteht sie, aber Charlotte verstand nicht. Also - ich verstehe das natürlich, wie es gemeint ist, aber es kommt kein richtiger Flow rein in den Text auf diese Weise

Alles klar, ich schaue mir die Stelle nochmal an.

Leute, Tauben und Farben sind ja jetzt nicht soooo berlinspezifisch, die gibt's in Goslar auch.

Das schaue ich mir auch nochmal an. Im Prinzip kann ich aber freudestrahlend auf den Kommentar von @Huxley und auf meine Antwort darauf weiter unten verweisen. Genau: This! Ich bin selbst mitten in Niedersachsen aufgewachsen, und da ist Berlin eben wirklich wie New York: So weit weg, dass ich es nur aus dem Fernsehen kenne. Der Glamour, die Stars, das große Leben! Wow!

Auch, wenn mehrere Themen gleichzeitig behandelt werden, kannst du auf eines davon einen stärkeren Fokus setzten, und vor allem deinen Prots deutlichere Gesichter geben. Dann schaue ich denen gerne nochmal in selbige!

Danke für die motivierenden Worte! Ich werde weiter daran schrauben und sage nochmal bescheid.

Cheers,
Maria


Hi @PlaceboParadise

Schön, dass wir uns mal wieder begegnen. Passiert ja viel zu selten. ;)

Ich will mich immer auch mal deinem Roman widmen, aber dann überfordert mich die Menge an Geschriebenem etwas, da du ja schon echt viel geleistet hast, was das angeht. :O

Das kann ich mir gut vorstellen. Ich finde es auch beängstigend, später in ein Romanprojekt einzusteigen. Und ich persönlich mache momentan sowieso Pause. Muss Erzählstimmen üben. Das mache ich hier. Also bist Du mitten in meinen Romanübungen. ;) Was nicht heißt, dass ich diese Geschichte als Übung betrachte. Sie ist ein echtes Herzstück von mir.

Einmal, weil du, wie du ja selbst sagst, vielleicht ein bisschen viel vom Leser erwartest, was gut und gern passiert, wenn man sich lang mit Figuren und Co. beschäftigt.

Genau das wurde langsam meine Befürchtung. Selbst komme ich da nicht so richtig raus. Momentan finde ich meine Geschichte beim Lesen perfekt (und das sage ich gar nicht gerne). Mir war aber schon klar, dass andere das sicherlich anders sehen. Ich musste dringend aus meinem eigenen Kopf raus, also habe ich sie jetzt eingestellt.

Aber auch wegen der vielen, richtig tollen Details und wunderschönen Szenen, die du gefunden hast. Die vielen kleinen Dinge lassen die Geschichte atmen und lebendig werden. Ich war auf jeden Fall echt dran an deiner Protagonistin und hab die Geschichte zügig gelesen.

Das freut mich total. Vor allem die Hitliste meiner eigenen Darlings, die jetzt folgt. Normalerweise kille ich sie in der Überarbeitung alle nach und nach, aber nun hast Du fast jeden einzelnen davon benannt und findest sie auch alle gut. Wahnsinn! Das scheint ja super zu funktionieren bei Dir.

Den Titel mag ich, weil er so nüchtern klingt, ein wenig wie aus einem Reiseführer, wie eine Bildunterschrift. Das hat schon so etwas sehnsuchtsvolles, das einen in den Bann zieht. Außerdem die tolle, mysteriöse Wirkung: »Was? Berlin vom Brocken aus sehen? Geht das denn?«

Es geht mit dem Titel los. Der ist mir vor einem halben Jahr in den Kopf gefallen, und ich war so: Bäm! Das ist es. Übrigens kann man Berlin vom Brocken nicht sehen – es ist aber knapp. Angeblich kann man bei ausgezeichnetem Wetter Berge sehen, die über zweihundert Kilometer entfernt sind. Google Maps sagt, auf dem schnellsten Weg mit dem Auto sind es zweihundertdreißig Kilometer bis Berlin. Das heißt, Luftlinie würde es wahrscheinlich passen: wenn Berlin auf einem Berg und auf dem Brocken mal gutes Wetter wäre.

Sehr schön. Warum? Weil ich sofort einen wilden, sturen Freigeist im Kopf habe.

Genauso soll Charlotte sein.

Ich finde, der Wodka bekommt eine sehr große Bedeutung und kommt oft im Text vor. Ist jetzt nicht wirklich schlimm, aber ich glaube viele Menschen finden Vodka pur eher ... naja ... fragwürdig.

Ich übertreibe es oft, mit diesen kleinen Gesprächsstartern. Da muss ich nochmal einen Gang rausnehmen. Und ich persönlich trinke total gerne Wodka pur. Tja.

Finde ich super. Die Träume der einen, die Träume der anderen. Solche Verschmelzungen gibt es ... und oft endet es im Erwachsenenalter schmerzhaft.

Genau darum ging es mir bei diesem Satz. Hervorragend!

Super, wirklich! Mehr gibt es da nicht zu sagen. Es ist ominös und wirft neue Fragen auf.

Was soll ich noch sagen? Wahnsinn, dass es so gut funktioniert bei Dir.

Er zerrt alles, was bis hierhin so schön zwischen den Zeilen schlummerte an die Oberfläche, was schade ist. Was denkst du? Könnte man auf diese Passage auch verzichten? Das deine Prota an ihr hing, weiß man direkt aus den vorangegangen Szenen.

Weißt Du was? Ich habe die zwei Absätze komplett gestrichen. In der Berlin-Debatte unten wird mir klar, dass sie trotzdem wichtig waren. Aber ich versuche, sie über Szenen wieder reinzubringen. Gib mir ein paar Tage.

Toll, wie sehr du dich in ihren Kopf versetzt hast. Auch dieser plötzliche Themenwechsel hin zum abnehmen, als wäre es das Normalste auf der Welt.

Die Dialoge sind mir wie immer sehr wichtig. Besonders in der Rahmenhandlung liefern sie eigentlich viel Erklärrahmen – das ist normalerweise nicht meine Art. Aber in der Charlotte-Simi-Beziehung habe ich mich mal wieder richtig ausgetobt.

Wobei ich denke, ich habe mich in der ganzen Geschichte total ausgetobt. Hat sich richtig angefühlt.

Hier habe ich auch gerätselt, bin dann aber zu dem Schluss gekommen, dass entweder der sehr verkümmerte Magen keine großen Flüssigkeitsmengen mehr aufnehmen kann, oder die Patienten eben schummeln und versuchen, den Magen mit Wasser zu füllen.

Das sind für mich so Details, zu denen ich ehrlich gesagt nicht recherchiert, sondern direkt Simis Perspektive eingenommen habe. Um ganz ehrlich zu sein: Meine beste Freundin war magersüchtig. Die Klinik, die geschwollenen Knöchel, das Getränk, das habe ich direkt aus meinen Besuchen bei ihr übernommen. Sie hat mir erklärt, dass sie nicht so viel trinken darf, weil das sonst das Zunehmen behindert.

Aus der Theorie, also aus meinem Studium weiß ich, dass das erste Behandlungsziel es ist, die Betroffenen wieder auf ein Gewicht zu bekommen, bei dem man mit ihnen arbeiten kann. Unsere Professorin meinte in der Vorlesung über Essstörungen, dass es ganz natürlich wäre, dass jemand mit einem BMI unter 17 an nichts anderes als an Essen denken könne und dass deshalb jede Psychotherapie vor einer Gewichtszunahme überflüssig wäre. (Ich finde das übrigens eine schwierige Aussage. Gut, der BMI wurde oft genug kritisch diskutiert, das gehört jetzt nicht hierher, also das nur am Rande.)

Was ich sagen will, ist, dass Simi das auch nicht weiß. Da ich jetzt zumindest kurz dazu recherchiert habe, ist meine Theorie für den Grund hinter der Trinkregulierung, dass das viele Trinken, das bei manchen (nicht bei allen) anorektischen Personen vorkommt, das Hungergefühl unterdrücken soll.

Sehr schön, diese kleinen Details, die einfach so natürlich daherkommen.

Ich schreibe ja gerne über Orte. Ich finde an jedem Ort etwas, das ihn ganz besonders macht. Jede Stadt hat ihr eigenes Gesicht, aber eben auch Gebirge. Ich sage mal, die Harzluft ist anders als die Alpenluft. Die ganze Atmosphäre unterscheidet sich einfach. Der Harz ist eine Märchengegend, voller Orte mit geheimnisvollen Namen – wie eben der Blocksberg, der Radaufall, der Hexenstieg und so weiter und so fort. Überall begegnet man beim Wandern im Harz den Symbolen von Hexen und Teufeln. Das ist für mich das Besondere, das ich rüberbringen will.

Finde ich auch super, Berlin als Sehnsuchtsort und Paradies, in dem Wünsche wahr werden.

Genauso habe ich es mir gedacht. (Auf die Berlin-Debatte gehe ich weiter unten ein.)

Sie aß nicht einmal mehr diesen Apfel. Ein tolles Symbol für ihre Krankheit und wie sehr sie am Ende mit sich selbst abgeschlossen hatte.

Und auch ein bisschen märchenhaft. ;)


Gegen Ende hatte ich die Befürchtung, etwas zu dick aufzutragen. Freut mich, dass es bei Dir richtig ankommt.

Fazit: Ich finde deine Geschichte sehr schön. Sie hat viel Substanz und man spürt die Liebe in jedem Wort, das du geschrieben hast. Das macht für mich eine gute Geschichte aus.

Das freut mich sehr, das so zu hören. Vielen Dank für das wahnsinnig viele Lob. Ich weiß gar nicht, wohin damit. :) Zum Glück holst Du mich zurück auf den Boden der Tatsachen:

Ich stimme aber auch zu, dass sie noch ein wenig verwirrend ist und etwas Ordnung braucht.

Dazu ist eure Hilfe wirklich sehr wertvoll. Ich habe ja jetzt schon einmal die Überschriften ergänzt und muss jetzt gucken, wie ich die Geschichte im Hintergrund klarer mache, obwohl hier auf so wenig Raum so viel Zeit „wegerzählt“ wird und ich mir prinzipiell nur die Schlüsselszenen rausgepickt habe. Das ist zumindest meine Idee beim Schreiben.

Und auch die Beziehungen der Charaktere zueinander ist ab und an etwas schwammig, aber das haben die anderen schon gut beschrieben.

Ich gucke mir das alles nochmal sorgfältig an; wie ich alle Charaktere mehr rausbringe, ihre Beziehung zueinander, ihre Entwicklung über die Szenen hinweg.

Auf die Berlin-Debatte gehe ich weiter unten zusammenfassend ein. An dieser Stelle auf jeden Fall schon einmal Dankeschön für den wertvollen Input. Mir ist immer wichtig zu wissen, was schon gut funktioniert – denn sonst schmeiße ich am Ende einfach alles weg. Es ist gut zu hören, dass die Geschichte nicht direkt in die Tonne muss. Überspitzt gesprochen. ;)

Natürlich heißt das nicht, dass ich mich jetzt ausruhe. I’ll make it work!

Cheers,
Maria


Hallo, @Huxley

Es hat mich sehr gefreut, direkt vor dem Schlafengehen noch Deinen Kommentar zu lesen. Da scheint bei Dir ganz viel schon so funktioniert zu haben, wie ich mir das gedacht habe. Danke, dass Du mir Deine Gedanken dalässt!

Du hast den Titel erwähnt, den "Auseinanderhalten"-Satz gelobt... da war Alles drin, was ich auch gesagt hätte. ^^ Danke dafür.

Freut mich, dass Dir diese Aspekte auch gefallen. Wie ich oben schon geschrieben habe, ist es für mich total wichtig zu wissen, was schon funktioniert. Ich bin eine wilde Überarbeiterin, und im Alles-muss-besser-Rausch werfe ich häufig Dinge weg, die eigentlich gut waren. Wenn man’s mir nicht extra sagt. Das ist also sehr nützlich für mich. Danke!

Ich komme aus dem Speckgürtel von ebendieser Stadt und früher war es egal, warum und was und wo, Berlin war DER Ort.

Genau darum geht es mir. Ich bin wie die Figuren in dieser Geschichte mitten in Niedersachsen großgeworden. Dort ist Berlin nochmal weiter entfernt, eben wie New York. Ich habe gar keine konkrete Idee davon, wie New York WIKRLICH ist, aber darum geht es gar nicht. Es geht um die Idee von New York/Berlin, den Glamour, das Bedeutsame, das Einzigartige und das, was besonderer und wichtiger ist als Buchholz in der Nordheide oder eben Goslar.

nichts war harmlos, alles besonders. Als Kleinstadtkind direkt vor den Toren der Hauptstadt brauchte es nichts Konkretes und das macht es in dieser Geschichte für mich so nachvollziehbar.

Deshalb finde ich es bei Licht betrachtet auch gar nicht schlimm, dass in der Geschichte weniger konkretes Berlin ist als konkreter Harz. Für Simi geht es ja auch darum festzustellen, dass der Harz auch ein realer, bedeutsamer, einzigartiger Ort ist. Einer, der sich nicht so aufdrängt und der Charlotte deswegen nicht auffällt. Aber beide Mädels haben die meiste Zeit der Geschichte keine Ahnung, was Berlin in Wahrheit ist. Es geht um die Idee von Berlin.

Hat mich sehr gefreut, dass Du da mit mir fühlst. Die Berlin-Debatte fasse ich unten weiter zusammen. Danke für Deinen Besuch!

Cheers,
Maria


Hallo, @PlaceboParadise, @Huxley und @Maedy

PP hat gefragt:

Zum Beispiel habe ich nicht verstanden, warum Berlin für sie dieser enorme Sehnsuchtsort war. Wollte sie Model werden?

Und tatsächlich ist Charlotte zu einem Casting gefahren. Das sind die Leute, die ihr (in der gestrichenen Passage) sagen, sie sei nicht besonders genug. Das werde ich klarer rausstellen.

Im Prinzip aber ist mir eine Sache total wichtig:

Aber für die Geschichte war es mir vielleicht ein wenig zu diffus, vor allem wenn Berlin der Grund für ihre Essstörung ist.

Die Klinische Psychologie und die Psychiatrie (nicht verwechseln, Letzteres ist eine medizinische Fachrichtung) fragen natürlich immer wieder nach der Ursache von psychischen Störungen. Der Witz ist: Für die meisten Störungen gibt es auf diese entscheidende Frage keine befriedigende Antwort.

Wir behelfen uns in unserer Hilflosigkeit für die meisten Störungen mit einem sogenannten biopsychosozialen Erklärungsmodell. Das ist so kompliziert, wie es klingt. Weil wir für die allermeisten Störungen keine eindeutigen Gründe finden können, gehen wir davon aus, dass ein Zusammenspiel von Faktoren eine Störung verursacht oder das Risiko erhöht, daran zu erkranken.

Die Anorexia nervosa tritt zum Beispiel häufig bei Menschen mit zwanghaften Persönlichkeitsstilen auf oder geht sogar Hand in Hand mit Zwangsstörungen (das unterscheidet sie häufig von der Bulimie). Zwanghafter Persönlichkeitsstil wäre ein psychologischer Faktor. In der populärwissenschaftlichen Literatur lese ich häufig, dass anorektische Personen sehr stark kontrollierende Eltern, vor allem Mütter haben. Das wäre ein sozialer Faktor.

Lange Rede, kurzer Sinn: Mir würde es nie in den Sinn kommen zu sagen, Charlotte wollte Model werden und das hat sie magersüchtig gemacht. Das könnte ein Faktor sein, ist es häufig wohl auch. Das Schönheitsideal einer Gesellschaft ist was? Richtig, ein sozialer Einflussfaktor. ;)

Für mich ist es komplizierter. So möchte ich Charlottes Sturheit und Unnachgiebigkeit zeigen. Sie kann nicht anders, als das zu tun, was sie tut. Sie muss die Schule schmeißen, sie kann nicht davon ausgehen, dass sie stirbt, wenn sie ihren Kurs nicht wechselt. Das ist ihre Persönlichkeit.

In einer Vorversion habe ich geschrieben, dass Charlottes Vater gestorben ist und ihre Mutter ihr kaum Privatsphäre lässt. Das werde ich nochmal aus der Kiste holen. Ich glaube aber, Berlin ist mehr ein Symptom als ein Grund. Charlotte möchte etwas ganz Besonderes sein. Deshalb kann sie auch nicht weiter an einem unbesonderen Ort wie Goslar mit einer unbesonderen Freundin wie Simi leben.

Charlotte strebt nicht einem klar definierten Ziel, sondern vielmehr dieser vagen Idee entgegen und gleichzeitig strebt sie weg aus ihrer Heimat. Für mich trifft dieses eher vage Berlinthema genau den Ton der restlichen Geschichte.

Was Huxley sagt.

Die Gründe für die Magersucht liegen oft wo ganz anders und das übermäßige Achten auf die Figur ist nur ein Symptom, etwas um sich von den eigentlichen Problemen abzulenken und vor allem etwas, worüber der/die Betroffene Kontrolle hat (im Gegensatz zu dem zugrundeliegenden Problem).

Maedy hat meinen Punkt hier noch etwas gerafft dargestellt. Genauso sehe ich es auch. Die Magersucht selbst als Symptom eines Lebens, das aus dem Gleichgewicht geraten ist. Deshalb hatte ich auch diese Entfaltungspassage drin. Charlotte will eigentlich die Flügel ausstrecken und fliegen, aber alles zieht sie zu Boden. Ihre Familie, ihre Freundin, ihre gesamte Umgebung (ja, ich bin wieder auf einem sehr sozialpsychologischen Zug unterwegs).

Aber man weiß weder warum, noch weshalb sie dann magersüchtig wird.

Das ist also, warum sie magersüchtig wird. Dafür ist natürlich die Wahnsinnshintergrundgeschichte nötig. Ich wollte zeigen, wie eingewoben Charlotte in ihr soziales Umfeld ist und wie sehr sie das hasst. Und wie angewiesen sie gleichzeitig darauf ist, denn am Ende hält sie Simis Hand.

Zwei Dinge, die ich tun sollte: 1) diese Wahnsinnshintergrundgeschichte ausbauen. Und dann natürlich, 2) woran sich diese Debatte ja auch entzündet hat:

Was ist denn eigentlich so krass in Berlin?

Und das schaue ich mir doch gerne nochmal genauer an. Wie Du es sagst:

einen solchen Sehnsuchts-Fixstern schaffen.

Ich hoffe, ihr wisst jetzt, worauf ich hinauswill. Ich glaube nicht, dass Berlin Charlottes Störung verursacht hat. Berlin ist ein Symbol für die Autonomie, die Charlotte unbedingt erlangen will. Ach Gottchen, stimmt, wir können bei Essstörungen gerne nochmal über den Autonomie-Abhängigkeits-Konflikt diskutieren. Das ist ja eigentlich auch der große Konflikt des Erwachsenwerdens und ein Thema, das ich immer und immer wieder (auch in meinem Roman) bearbeitet habe.

So. Bis hierhin. Danke für diese furchtbare Diskussion. Da gibt es Einiges rauszuholen für mich.

Morgen geht’s weiter!

Cheers,
Maria

 

Ich will mich da mal kurz einmischen, Maria.

Ich weiß nicht, für mich klingt „klappern“ richtig. Ich lasse es erstmal so.
Dieser Satz nämlich
Klappernd stellt er das Glas auf die Anrichte.
... hat mich schon gestern Abend die Augenbrauen heben lassen.
Ganz abgesehen davon, dass man das Partizip durchaus auch auf das Satzsubjekt beziehen könnte – also auf „er“, also auf Anton – sinngemäß also Anton es wäre, der klappert (während er das Glas auf die Anrichte stellt) – was nun doch einigermaßen eigenartig klingt – also abgesehen von dieser etwas unglücklichen Syntax finde ich auch den Begriff „klappernd“ … äh, missverständlich. "Klappern" nämlich beschreibt – zumindest meinem Verständnis nach – nicht ein singuläres Geräusch, sondern die Abfolge mehrerer (gleicher) Geräusche knapp hintereinander.
Wenn ich nun davon ausgehe, dass du den Begriff ganz bewusst gewählt hast und du ihn darüber hinaus so wie ich – und vermutlich die Mehrzahl der Leser – nicht als ein singuläres Geräusch, sondern als die Abfolge mehrerer usw. verstehst, stellt sich mir natürlich die Frage, was mir dieses Bild des klappernden Glases vermitteln soll. Ist Anton ein schwerer Alkoholiker auf Entzug? Zittern seine Hände dermaßen unkontrolliert, dass das Glas beim Versuch, es abzustellen, mehrmals auf die Anrichte schlägt, bis es endlich zur Ruhe kommt?
Sollte das die von dir intendierte Lesart sein, tja, Maria, dann hast du wahrscheinlich den richtigen Begriff gewählt. Falls nicht, will ich dir jetzt einfach mein ganz persönliches Mantra verraten:
Es gibt keinen Grund, nicht verrückt zu werden.
Nein, sorry, das meinte ich nicht, ich meinte natürlich mein Mantra beim Schreiben:
Es gibt für beinahe jedes Wort ein anderes, das eine klitzekleine Spur besser ist. Man muss es nur finden.“
:D

offshore

 

Hey @TeddyMaria,

ich habe deine neue Geschichte gestern Mittag gleich gelesen und die Kommentare seitdem grob mitverfolgt. So euphorisch wie manch anderer bin ich allerdings nicht. Klar, der Text ist gut geschrieben :). Aber den Plot empfinde ich als ziemlich mau, für die Länge. Nach den ersten paar Sätzen ist klar: Simone hatte mal was mit Anton; dessen Schwester, die beste Freundin von Simi ist gestorben. Ab da lese ich weiter, um heraus zu finden, was Charlotte umbrachte. Doch diese Schnitzeljagd nach zaghaft gesetzten Hinwiesen ist mir(!) schlicht zu langatmig, die Hinter- und Beweggründe zu schwammig. Es schwingt (nur) diese Melancholie über verlorene Freundschaft und überbewertete Möglichkeiten. Das ist mir zu unspektakulär …als geborene Berlinerin :D. Nimms mir bitte nicht krumm, sondern sieh es als weiteren Leseeindruck.

Viele Grüße
wegen

 

Gude @TeddyMaria,
der Titel und das damit verbundene Mantra bilden einen schönen roten Faden durch die Geschichte, zudem hat es etwas Poetisches, wie ich finde.
Leider habe ich noch drei Verständnisprobleme (könnte vielleicht auch an der Uhrzeit liegen), die es mir zurzeit noch etwas schwer machen, mich in die Geschichte fallen zu lassen.
1. Wie stirbt Charlotte? Es klingt an, dass sie dünn ist, noch eine Diät machen will, "an sich arbeiten" möchte - ich weiß allerdings nicht, wie da geschwollene Knöchel dazu passen.
Ich weiß nicht, ob es fundamental ist, aber so bleibt für mich eine Lücke.
2. Wann sind Anton und Simi nach Berlin? Die Erzählerin ist noch in Goslar, als Charlotte stirbt oder erfährt zumindest dort davon; vielleicht weil sie über die Winterferien zuhause ist und sie ist schon in Berlin ...? Oder geht sie nach Charlottes Tod mit Anton nach Berlin, wo sie sich dann trennen und die Geschichte setzt wieder ein, als es schon (länger) vorbei ist?
3.

Und ich glaube, ich verstehe das jetzt erst, verstehe, was Charlotte nie verstand. Was die Sehnsucht bedeutet.
Da bin ich nicht mitgekommen. Charlotte redet doch die ganze Zeit von Sehnsucht; nach Berlin, vielleicht auch nach dem Perfekt-sein-wollen. Dadurch, dass Sehnsucht hier von Simi eine "richtige" Bedeutung zugeschrieben bekommt, geht für mich verloren, dass die Problematik für Charlotte doch darin lag, was sie und wie sie es erreichen wollte - oder?

Noch zwei kleinere Gedanken:

Zu Charlottes achtzehntem Geburtstag trank ich Wodka.
Das ist jetzt wahrscheinlich total seltsam und individuell, aber ich kann meine Assoziation mal spiegeln, vielleicht geht es anderen Menschen ja auch so ;)
Als ich las "Zu Charlottes Geburtstag" dachte ich an eine ältere Person. Ich persönlich würde sagen, "Bei Charlottes Geburtstag". Das klingt für mich alltagsnäher / jugendlicher.
Vielleicht wog dieser Gedanke bei meinem Lesen auch umso schwerer, da erst durch das Kindergartenfoto das Alter und erst im nächsten Abschnitt indirekt das Geschlecht klar wurde.

Um das zu klären könnte ich mir auch eventuell die Ergänzung vorstellen: "Zu Charlottes achtzehntem Geburtstag trank ich [das erste Mal] Wodka."


Goslar, damals
Das hat ein Mitschüler mich später einmal gefragt: wie man sich aus lauter Oberflächlichkeit umbringen könne.
Habe gerade gelesen, dass die Ort- und Zeitmarkierung eher provisorisch ist. Falls du daran festhalten wolltest, würde mich der Satz etwas stören, da er die Zeitebene noch einmal verschiebt. Sie verfügt ja z.B. bei der Nordsee-Passage noch nicht über Infos, was kommen wird, hier aber schon. Ist aber auch nur ein Gedanke, vielleicht lese ich das etwas zu verkopft.
Leider kann ich dir kein Feedback geben, wenn die Anmerkungen nicht da sind, da sie bei meinem ersten Komplettlesen schon da waren.

Ich komme bestimmt noch mal zurück, jetzt muss ich erstmal ein wenig über die Geschichte nachdenken und sie vielleicht nochmal lesen.

Liebe Grüße
Vulkangestein

 

Hi @TeddyMaria,

ich lasse dir mal schnell dreieinhalb knappe Einzelüberlegungen da.

"Schlüsselübergabe" - da denke an einen Mieterwechsel. So was ähnliches, könntest du sagen, findet hier ja auch statt. Ich finde es trotzdem nicht passend, und zwar letztlich wahrscheinlich vor allem deshalb nicht, weil Anton sicher schon einen Schlüssel hat.

Zu sagen, man wohne in den Bergen, wenn man in Goslar wohnt, klingt in meinen Ohren gewagt. In Hamburg könnte das vielleicht noch als unbedenklich durchgehen, wenn einer so spricht. Aber sie wohnen ja nicht in Hamburg, sondern in Goslar ...

Charlotte geht nach Berlin, ihre Spur verliert sich für eine Zeit und ich denke schon: Aha, alles klar, sie ist umgekommen; und siehe da, sie kommt wieder. Das finde ich gut, sonst wäre mir das irgendwie zu linear. (Später spricht einer davon, "wie man sich aus Oberflächlichkeit umbringen könne". Ich frage mich, ob das nicht sogar möglich wäre, das auch weiter oben hinzusetzen, also in die Zeit, in der unklar ist, was aus Charlotte geworden ist. Aber wahrscheinlich wäre das schon wieder zu viel Knalleffekt und falsche Fährte.)

Soweit ganz fix.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

"der den siechtum hat von der sensuchte, der sol reden mit
den, die im lieb sint, und schol horen schoneu mære, die in geluste ze horen."
http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GS24852#XGS24852​

Denn was ich von Berlin aus nicht sehen kann, das sind die Bäume, der Nebel, die Luchse, die Hexentanzplätze. Berlin ist so laut und wuselig, ständig geschieht irgendetwas. Dem Harz ist das alles gleichgültig.

Hm, bis gerade glaubte ich, man könne vom Brocken nur Elend und Sorge sehen und nach dem Abstieg den Feuerstein genießen – aber als ich auf die Botschaft meines T-Shirts schaue („Berlin kann alles – außer … … ...“, was ich gerne unter dem Adjektiv „gemehdornt, mehdorn/ig“ - nach dem großen Manager Hartmut Mehdorn, Deutsche Bahn, Air Berlin, Flughafen Berlin-Brandenburg) zusammenfass, ahne ich, dass der Moloch Berlin wohl auch magnetisch wirken kann – Masse zieht halt an. Aber das Eingangszitat lässt mich ahnen, dass ich nicht allein vorm Moloch B stehe. Und es ist praktisch, das fast alles schon gesagt erscheint,

liebe Maria,

dass ich auf zwo, drei Dinge mich beschränken kann, die mir im ersten Durchgang aufgefallen sind. Da ist zunächst, dass man Gustav Eiffels korrekt gedenken sollte

.. die gerahmten Bilder darüber – Anton und ich vor dem Eif[f]elturm, Karyna, die Hündin, …

Hier bezweifel ich den Brand als reflexiven Prozess
Ich trinke, und der Wodka brennt sich durch mich hindurch.
Bei einem Kurzen - um im Bild zu bleiben - sucht sich der Strom ja auch nicht den Weg des geringsten Widerstands, er wählt ihn einfach. Kann gar nicht anders.

Aber was insgesamt auffällt, zeigt sich schon an dieser einfachen Zusammensetzung: Warum zwischen zwo gleichrangigen Hauptsätzen so oft (ob es immer geschieht, hab ich nicht sofort drauf geachtet, aber es geschieht überwiegend) trotz der Konjunktion ein Komma? Was willstu damit hervorheben?
Selbst das kleinste Zeichen sollte „bedeuten“.

Tschüss und schönen Feiertag (auch ohne Himmelfahrtskommando) wünscht der

Friedel

 

Hi @hell

Schön, mal wieder was von Dir zu lesen. Freut mich, dass Du hier bist und hundert Millionen Flusen aufhebst. Was für eine Geduld!

So, ich bin durch. Ist alles sehr, sehr kleinlich, Maria, das weiß ich. Nenne es ruhig: Jammern auf hohem Niveau. Natürlich werde ich von persönlichen Vorlieben beeinflusst, vielleicht kannst du dennoch was davon gebrauchen.

Ich habe nicht alles, aber doch das Meiste sofort umgesetzt. Nicht alles genauso, wie Du es vorschlägst, aber vieles schon. Übrigens habe ich durch Dich jetzt die Weniger-als-2000-Wörter-Grenze erreicht. Habe immer überlegt, aus dieser Geschichte Flash Fiction zu machen und mich schließlich dagegen entschieden. Nun könnte es doch klappen, aber ich glaube, ich nutze den gewonnenen Platz wieder, um etwas aufzupolstern. Aber das mache ich ganz in Ruhe, dauert noch.

Auf ein paar Sachen möchte ich eingehen:

Da hast das bewusst gemacht, denke ich, aber ich will dir trotzdem mitteilen, dass mich der Name in der Häufung etwas genervt hat (35 x Charlotte, 7 x Charlottes).

Na ja, nee, habe ich nicht bewusst gemacht. Es geht halt sehr viel um Charlotte, und ich wollte Bezugsfehler unbedingt vermeiden. Habe jetzt einige schon gestrichen und schaue mir den Text daraufhin nochmal genauer an.

Nur weil es mir in der Häufung wirklich ins Auge gestochen ist, mal ein paar Beispiele. Du weißt schon, was ich meine, denke ich. Würde den ganzen Text darauf abklopfen.

Gleiches, was das Ich angeht. Das ist ein Problem von mir, an dem ich ständig arbeite, das ich aber kaum gelöst bekomme. Sorry!

Mir ist das too much, musste an Shackleton denken.

Hm, was würdest Du denn schreiben? Unter meinen Fingernägeln verfärbt's sich total schnell lila und blau, da muss ich gar nicht durchs ewige Eis marschieren. Wenn ich mir dann noch vorstelle, im Oktober auf dem Berg winzige Knoten zu machen: Brr! Ich wollte eben nicht bloß schnöde blau schreiben.

Und ein persönlichstes Ding jetzt: schweißnass bekäme immer den Vorrang bei mir.

Das wäre bei mir immer nachrangig. Für mich klingt „nass“ einfach wirklich extrem. Ich behalte deshalb „schwitzig“.

Den Satz hab' ich nicht (gleich) kapiert.

Hm, der Satz ist ja total wichtig. Für mich auch ein echter Darling. Und anscheinend gehen die Meinungen dazu auseinander. Ich muss diesbezüglich noch einmal in mich gehen.

Zum Inhalt schreibe ich bestimmt später noch was. Man merkt auf jeden Fall, dass du dich sehr lange mit ihm auseinandergesetzt hast. Ich hab' den Text gerne gelesen (das nur, weil das im Komm nicht unbedingt ersichtlich ist).

Ah, gut, dass Du das noch geschrieben hast. :) Ich weiß, ich mache das selbst auch, dass ich erstmal tonnenweise Kleinigkeiten über den Texten anderer Leute auskippe, aber wenn ich es selbst lese, werde ich immer erstmal sehr müde. Und ängstlich.

Aber das sieht meistens erstmal schlimmer aus, als es ist, und Deine Hinweise ließen sich schnell umsetzen, haben mir sofort geholfen, und so bin ich sehr dankbar dafür. Danke für Deinen Besuch!

Cheers,
Maria


Hi @ernst offshore

"Klappern" nämlich beschreibt – zumindest meinem Verständnis nach – nicht ein singuläres Geräusch, sondern die Abfolge mehrerer (gleicher) Geräusche knapp hintereinander.

Ojeoje. Ich kann zu Deinen Ausführungen gar nichts weiter sagen als: Alles klar, Du hast es mir ausgeredet. Danke für die Hinweise.

Nein, sorry, das meinte ich nicht, ich meinte natürlich mein Mantra beim Schreiben:

Es gibt für beinahe jedes Wort ein anderes, das eine klitzekleine Spur besser ist. Man muss es nur finden.“


Ich habe mich jetzt dazu entschieden, dass manchmal kein Wort besser ist als ein Wort und den gesamten Satz gestrichen. Huiui. Bin heute so in Streichlaune. Danke!

Cheers,
Maria


Hi @wegen

Wir sind uns ja auch schon seit einer Weile nicht mehr über den Weg gelaufen (ich komme bei vielen Texten momentan nicht hinterher, lese oft nur still mit). Schön, dass Du da bist.

So euphorisch wie manch anderer bin ich allerdings nicht.

Echt, Du findest manch andere „euphorisch“? Ich sehe wohl wieder nur das Negative. Den Eindruck hatte ich gar nicht. Aber schön zu hören. ;)

Klar, der Text ist gut geschrieben

Immerhin etwas. Danke!

Aber den Plot empfinde ich als ziemlich mau, für die Länge.

Hm. Andere hätten gerne mehr. Und vielleicht liegt das auch daran, dass ich hier gar nicht klassisch über den Plot sondern vor allem über die Figuren und die Entwicklung ihrer Beziehungen zueinander nachgedacht habe. Im Zwischenmenschlichen passiert vielleicht sogar zu viel auf viel zu kleinem Raum. Deshalb wollte ich die Geschichte eher verlängern als verkürzen.

Nach den ersten paar Sätzen ist klar: Simone hatte mal was mit Anton; dessen Schwester, die beste Freundin von Simi ist gestorben.

Ja, das stimmt wohl, aber:

Ab da lese ich weiter, um heraus zu finden, was Charlotte umbrachte. Doch diese Schnitzeljagd nach zaghaft gesetzten Hinwiesen ist mir(!) schlicht zu langatmig, die Hinter- und Beweggründe zu schwammig.

Wie gesagt, mir ging es gar nicht darum, eine Schnitzeljagd zu schreiben. Ich habe gar nicht nachgedacht über Konflikt und Auflösung, Höhepunkt und Twist. So habe ich die Geschichte einfach nicht aufgebaut. Eigentlich ging es mir um Charlottes große Träume, davon, wie sie Simi und ihre Familie von sich stößt, am Ende doch zurückfindet und wie Simi schließlich auch zu sich selbst findet. Eben mehr Beziehungsgequatsche als Plotgequatsche.

Ich denke, das werde ich auch nicht ändern, denn dann müsste ich eine völlig andere Geschichte schreiben. Eher wollte ich einige Beziehungsentwicklungen eindeutiger machen, vor allem nochmal auf Anton und Simi und auf Charlottes Pläne in Berlin eingehen. Vielleicht ist die Geschichte auf diese Art einfach nichts für Dich …

Wie auch immer: Danke, dass Du Deinen Leseeindruck dagelassen hast. Ich werde das auf jeden Fall im Hinterkopf behalten, denn darin steckt eine wirklich spannende Erkenntnis für mich.

Cheers,
Maria


Hi @Vulkangestein

Schön, Du bist auch dabei! Freut mich sehr.

der Titel und das damit verbundene Mantra bilden einen schönen roten Faden durch die Geschichte, zudem hat es etwas Poetisches, wie ich finde.

Ich komme mir hier oft mehr pathetisch als poetisch vor. Da möchte ich gerne noch den ein oder anderen Gang rausnehmen. Aber ich versuche, mir einzureden, dass das eben jugendlich-poetisch ist. Freut mich, dass Du es so siehst. Und psst: Für den Titel feiere ich mich auch ganz besonders. ;)

Wie stirbt Charlotte? Es klingt an, dass sie dünn ist, noch eine Diät machen will, "an sich arbeiten" möchte - ich weiß allerdings nicht, wie da geschwollene Knöchel dazu passen.

Schwellungen (z.B. an den Beinen) sind ein Symptom z.B. von Eiweißmangel, der bei Mangelernährung auftritt. Dadurch kommt es zu Wassereinlagerungen im Gewebe. Ist also auch eine Begleiterscheinung fortgeschrittener Magersucht.

Oder geht sie nach Charlottes Tod mit Anton nach Berlin, wo sie sich dann trennen und die Geschichte setzt wieder ein, als es schon (länger) vorbei ist?

Genauso ist es. Die heutige Handlung spielt einige Zeit in der Zukunft. Das ist etwas, das ich noch deutlicher herausarbeiten muss. Heute habe ich schonmal im ersten Abschnitt untergebracht, dass Simi und Anton sich kürzlich voneinander getrennt haben. Und eigentlich steht im ersten Abschnitt auch, dass Jahre seit dem Geburtstag vergangen sind. Aber ich fürchte, es wird einiges an Konzentration brauchen, all diese Informationen aufzunehmen. Ich muss mir etwas Besseres einfallen lassen.

Dadurch, dass Sehnsucht hier von Simi eine "richtige" Bedeutung zugeschrieben bekommt, geht für mich verloren, dass die Problematik für Charlotte doch darin lag, was sie und wie sie es erreichen wollte - oder?

Ja … Nein? Jein? Also, meine Idee war, dass Charlottes „Problematik“ ist, dass sie eben überhaupt nicht abwarten und keinen anderen Weg gehen kann. Sie scheitert in Berlin, kehrt zurück, und sofort ist die Sehnsucht wieder da. Simi lernt an dieser Stelle, dass Sehnsucht sich aus der Nähe in etwas anderes verwandelt. Dass Charlotte dies nicht ertragen konnte, ist Simis Schlussfolgerung. Ich weiß nicht, vielleicht müssen wir ihr als Erzählerin auch diese Interpretation verzeihen?

Ich persönlich würde sagen, "Bei Charlottes Geburtstag". Das klingt für mich alltagsnäher / jugendlicher.

Das klingt für mich falsch. :lol: Ich habe jetzt „An“ geschrieben.

Um das zu klären könnte ich mir auch eventuell die Ergänzung vorstellen: "Zu Charlottes achtzehntem Geburtstag trank ich [das erste Mal] Wodka."

Hm, dann wird der erste Satz so lang. Ich lasse es erstmal so, wie es jetzt ist.

Falls du daran festhalten wolltest, würde mich der Satz etwas stören, da er die Zeitebene noch einmal verschiebt. Sie verfügt ja z.B. bei der Nordsee-Passage noch nicht über Infos, was kommen wird, hier aber schon. Ist aber auch nur ein Gedanke, vielleicht lese ich das etwas zu verkopft.

Das ist eine gute Anmerkung. Eigentlich sollten die einzelnen Abschnitte auch stärker ineinander verschränkt sein, sodass in den heutigen Abschnitten immer etwas auftritt, was Simi an früher erinnert und sie als Erzählerin dazu bringt, dieses „Früher“ zu schildern. Quasi ein assoziativer Aufbau. Die strenge Einteilung in Abschnitte ist deshalb erzählerisch eigentlich nicht vorgesehen, dadurch kommen diese Sprünge innerhalb der Absätze. Das muss ich mir nochmal ganz genau anschauen.

Danke für Deine Gedanken, Ideen! Ich muss da nochmal ordentlich polieren. Bin dran, dauert! Kennste ja.

Cheers,
Maria


Hi @erdbeerschorsch

Danke für Deinen Besuch! Der hat mich zu weiteren Recherchen bewegt. Aber dazu komme ich gleich.

"Schlüsselübergabe" - da denke an einen Mieterwechsel. So was ähnliches, könntest du sagen, findet hier ja auch statt. Ich finde es trotzdem nicht passend, und zwar letztlich wahrscheinlich vor allem deshalb nicht, weil Anton sicher schon einen Schlüssel hat.

Ich wollte das relativ knapp unterbringen. Habe diese Stelle jetzt ausgeweitet und auch schon hingeschrieben, dass die beiden sich kürzlich getrennt haben und dass Simi eben ihren Schlüssel abgibt.

Zu sagen, man wohne in den Bergen, wenn man in Goslar wohnt, klingt in meinen Ohren gewagt. In Hamburg könnte das vielleicht noch als unbedenklich durchgehen, wenn einer so spricht. Aber sie wohnen ja nicht in Hamburg, sondern in Goslar ...

Ich habe hier in Braunschweig eine Freundin, von der ich bis heute dachte, dass sie aus Goslar käme. Wenn der Herbst kommt und in Braunschweig noch gegrillt wird, erzählt sie gerne von den Räumfahrzeugen, die bei ihr schon überall heraumfahren.

Ich habe sie also, als ich Deinen Kommentar gelesen habe, gleich gefragt, ob sie als Goslarerin nicht sagen würde, dass sie aus den Bergen käme. Die Antwort war: Sie kommt aus Bad Harzburg. Goslar findet sie eher flach, aber die Goslarer haben schon den Stolz, aus dem Harz zu kommen (obgleich sie das wohl lächerlich findet). Sie meinte, so richtig „Berge“, das wären doch eher Torfhaus oder Braunlage.

Interessanter Exkurs. Meine Schlussfolgerung: Ich habe „Berge“ in „Harzvorland“ geändert. Befürchte ein wenig, dass das überkorrekt ist, denn eigentlich geht es hier ja weniger um Tatsachen, vielmehr um Lokalpatriotismus. Ich schaue mir den Satz noch eine Weile mit scharfen Augen an.

Aha, alles klar, sie ist umgekommen; und siehe da, sie kommt wieder. Das finde ich gut, sonst wäre mir das irgendwie zu linear.

Hm, so habe ich das nie gesehen. Krass! Für mich war sie halt einen halben Tag lang nicht erreichbar. Eine interessante Lesart, die ich so gar nicht intendiert habe.

(Später spricht einer davon, "wie man sich aus Oberflächlichkeit umbringen könne". Ich frage mich, ob das nicht sogar möglich wäre, das auch weiter oben hinzusetzen, also in die Zeit, in der unklar ist, was aus Charlotte geworden ist. Aber wahrscheinlich wäre das schon wieder zu viel Knalleffekt und falsche Fährte.)

Deshalb habe ich darüber bisher nicht nachgedacht. Und ich weiß nicht, ob der Text nicht schon kuddelmuddelig-verschlungen genug ist, um da dann auch noch effektvoll falsche Fährten zu legen. Aber die Frage stellst Du uns ja auch.

Danke für Deine Anmerkungen. Das bringt mich auf jeden Fall weiter.

Cheers,
Maria


Hi @Friedrichard

Oh, it’s been too long. Schön, dass Du da bist. :herz:

Hm, bis gerade glaubte ich, man könne vom Brocken nur Elend und Sorge sehen und nach dem Abstieg den Feuerstein genießen –

Den Spruch mit Elend und Sorge höre ich echt oft. Ganz schön bärtig. :p Aber für alle Mitlesenden sicher doch noch ein interessanter „Fun-Fact“.

ahne ich, dass der Moloch Berlin wohl auch magnetisch wirken kann – Masse zieht halt an.

Das ist schön geschrieben. Gefällt mir gut. Ich denke, genauso wirkt es.

dass ich auf zwo, drei Dinge mich beschränken kann, die mir im ersten Durchgang aufgefallen sind. Da ist zunächst, dass man Gustav Eiffels korrekt gedenken sollte

Geil. War mir tatsächlich unsicher, wie der Turm geschrieben wird, aber da die Rechtschreibkorrektur meinen ersten Versuch nicht als falsch markiert hat, dachte ich: Wird schon richtig sein. Es stellt sich heraus, dass es auch einen „Eifelturm“ gibt. Eben woanders. Danke für den Hinweis!

Bei einem Kurzen - um im Bild zu bleiben - sucht sich der Strom ja auch nicht den Weg des geringsten Widerstands, er wählt ihn einfach. Kann gar nicht anders.

Gekauft.

Warum zwischen zwo gleichrangigen Hauptsätzen so oft (ob es immer geschieht, hab ich nicht sofort drauf geachtet, aber es geschieht überwiegend) trotz der Konjunktion ein Komma? Was willstu damit hervorheben?

Selbst das kleinste Zeichen sollte „bedeuten“.


Bei zwei gleichrangigen Hauptsätzen setze ich das Komma vor dem „und“, weil mir als Leserin immer hilft, wenn andere Autor/inn/en das machen. Wenn sie es nicht tun, stolpere ich oft über das neue Subjekt, denn ohne Komma lese ich „und“ immer erstmal als Aufzählung. Um meine Leser/innen vor dem gleichen Schicksal zu bewahren, setze ich dieses Komma. Bedeutet also: „Vorsicht, neuer Hauptsatz.“ Ich weiß, dass ich nicht muss. Mir aber hilft es.

Danke für Deine Anmerkungen! Bis (hoffentlich) ganz bald!

Cheers,
Maria

 

Hey @TeddyMaria,
ich nochmal. Du schreibst:

Das ist auch schwierig, weil die Geschichte auf kurzem Raum wahnsinnig viel Zeit überbrückt.
Ja, ich glaube, genau da liegt für mich der Hase im Pfeffer. Das extrem Reduzierte passt für mich nicht zu einem langen Zeitraum. Dadurch wirkt vieles nur angerissen und geht sozusagen in den Jahren verloren.
Anders wäre es, wenn der Text z.B. nur an einem Nachmittag spielte und du dich dabei auf ein Thema focussiert hättest. Die Magersucht, die sich dann langsam aus Stimmung, Handlung&Dialog herausschält.
Hier hast du aber nicht den Platz dafür, weil du mMn zuviel erzählen willst, und das eben über einen langen Zeitraum an verschiedenen Orten. Dadurch geht das, worum es dir eigentlich geht, unter.
Auch würde ich vielleicht nicht so in den Vordergrund stellen, dass Charlotte nach Berlin will, sondern ihre Essstörung. Die könnte für mich mit jeder Szene wachsen, auch auf dem Brocken könnte es schon darum gehen.(Angedeutet) Dann hast du mMn einen klareren Focus, denn Berlin steht ja nur symbolisch für das, was mit Charlotte tatsächlich los ist. Sie wird ja nicht magersüchtig, weil sie nach Berlin geht, sondern weil vorher schon was im Argen gelegen haben muss. Da könntest du evtl. noch näher drauf eingehen, denn momentan konzentrierst du dich in erster Linie auf den Traum von Berlin. Den haben aber viele junge Menschen, und alle aus unterschiedlichen Gründen, also würde ich eher versuchen, herauszuarbeiten, was dahinter steckt.

So, das waren nochmal meine 5 Cent dazu.

Einen schönen Feiertag wünscht Chai

 

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