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Serie Barat: Todeshall

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21.03.2021
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Anmerkungen zum Text

Die dritte KG rund um Barat, der Hauptstadt des Westens im (noch) namenlosen Kontinent.

Barat: Todeshall

Die Nebelkrähe flog über das Kaufmannsviertel, im Mondlicht suchte sie die Schindeldächer nach Leckerbissen ab. Sie war allein, ihre zahlreichen Geschwister hatten sich mit dem Fraß im Sund zufrieden gegeben, Fleischbrocken aus Kotzepfützen gepickt und mit den Ratten um Abfälle gezankt, bevor sie zum Nistplatz heimgekehrt waren. Schnelle Beute in der Tat, doch Delikatessen gab es dort nicht.
Dafür riskierte man am Boden nicht Haut und Federn. Hier oben lebten die Wohlhabenden und aus Sorge um ihre perlenbesetzten Tischdekorationen, Silberlöffeln und Zuckerzangen, hatten sie den Wächtern die unbarmherzige Order gegeben, sämtliche Rabenvögel, die den Terrassen und Balkonen zu nahe kamen, vom Himmel zu schiessen.
Während die besondere Krähe diesen Gedanken nachhing, erspähte sie unter sich auf einem Dachbalken das leuchtende Hinterteil eines Glimmerkäfers! Das Glück hilft den Geduldigen, was für ein Prachtstück! Niemals nisteten diese großen Exemplare im Sund. Bei der Vorfreude auf das zarte Fleisch unter dem violett-glühenden Panzer schlug ihr Herz schneller. Sie legte die Schwingen an und tauchte ab in den Sturzflug.
Gleich war es so weit, der Käfer ahnte nichts, sie öffnete den Schnabel … da packte eine unsichtbare Macht abrupt ihren Körper! Finger würgten die Kehle und pressten die Flügel zusammen, panisch verspürte die Krähe, wie dieses Etwas immer stärker zudrückte! So hing sie hilflos direkt über dem Insekt – das kurz innehielt – und dann unbeeindruckt weiterkrabbelte.
Die Krähe dagegen zuckte und zappelte wie von Geisterhand; und verfluchte sich für ihre Kühnheit, es mit diesem Teil Barats aufnehmen zu wollen.

»Hab dich«, murmelte Diam erleichtert, den Blick gen Dachfirst gerichtet. Seit zwei Hornstößen kauerte die Hantu-Weberin nun schon in der Gasse, verborgen hinter zwei Weinfässern, auf der Suche nach einem passenden Späher.
Mit einer Abfolge kurzer Gesten zwang sie den Körper des Vogels vollends unter ihren Willen, Diams Magie strich über die Federn der Krähe, sie fühlte, wie das kleine Herz rasend schnell pochte, doch ihr Hantu legte sich wie ein engmaschiges Netz um den Leib und sorgte für Ruhe. Dann horchte sie in die nächtliche Stille.
Als Diam sicher war, dass weder Wachpatrouillen noch Galane, unterwegs zu einem der mit Weinranken bewachsenen Balkone, sich näherten, ließ sie die Krähe bis weit über die Dächer aufsteigen und konzentrierte sich auf den Geist des Vogels. Mit geschlossenen Augen intonierte sie den passenden Hantu-Kehlkopfgesang, ließ das Vermächtnis ihrer Ahnen vibrierend aus dem Unterbauch über Luftröhre und Lippen strömen; Ton für Ton wob Knoten um Knoten und verknüpfte so die eigene Seele mit der des Tieres. Es dauerte nicht lange und der letzte Klang des Zauberliedes verhallte in den dunklen Gassen.
Hoch oben am Himmel atmete sie aus. Sie war jetzt die Krähe.
Krähen-Diam blinzelte. Mit diesen Augen sah Barat bei Nacht anders aus: bunter, prachtvoller. Die goldene Kuppel der Zitadelle leuchtete so hell, dass es schmerzte.
Die Konturen waren schärfer, Krähen-Diam konnte den Kontrast zu jeder einzelnen Dachschindel ausmachen. Auch der Hornstoß, der just in diesem Moment vom Turm der Historiker ertönte und mit seinem Bass die nächste volle Stunde verkündete, klang verändert.
Eine Bö zupfte am Federkleid, Krähen-Diam schlug mit den Flügeln und spürte die kräftigen Muskeln, sie flog eine lang gezogene Kurve, tauchte ab und stieg dann steil auf. Begeistert über den Rausch dieser Freiheit krähte sie dies in den Himmel hinaus. Wie bei jedem seltenen Mal, wenn sie das kraftraubende Seelenband knüpfte, war sie im ersten Moment von den neugewonnenen Eindrücken überwältigt.
Sie hielt Ausschau nach ihrem menschlichen Körper. Da war er, zusammengekauert hinter Fässern im Schatten eines Steintorbogens. Krähen-Diam sondierte die nähere Umgebung, doch es drohte keine Gefahr, dass die schutzlose Fleischhülle in Bälde entdeckt werden würde. Sie sah über die Dächer und orientierte sich, dann flog sie mit kraftvollen Flügelschlägen ihrem Ziel entgegen, bereit, den nächsten Schritt des Plans in die Tat umzusetzen.
Auf dem Weg vermischten sich grimmige Gedanken an das, was kommen würde, mit der schmerzlichen Erinnerung an ihre älteste Schwester. Auf dass mit dem ersten Licht des neuen Tages die Blutrache vollstreckt wäre und Kecils gepeinigte Seele endlich Frieden fände.

Gemuk Jelek sank tiefer in die Seidenkissen, rekelte sich und schmatzte zufrieden, dann hob er ein Bein und befreite so einen laut knatternden Darmwind. Er seufzte. Das Leben war gut.
Die Lautstärke des Furzes ließ eine außerhalb des Turmzimmers stationierte Wache durchs Fenster schauen. Und obgleich die Geste bloß von der Dauer eines Wimpernschlags war, merkte der Mann sofort, was er getan hatte und sah schnell wieder weg. Doch es war zu spät für ihn, denn Gemuk hatte die Verfehlung bemerkt.
Die anderen drei Wachen hinter den Bleiglasfenstern auf dem Balkon rund um das Ficknest, wie Gemuk sein mit handverlesenen Teppichen, Diwanen, mit Traumkraut gestopften Wasserpfeifen und weiteren Annehmlichkeiten ausgestattetes Refugium gern nannte, standen wie befohlen still auf ihren Posten.
Gemuk lehnte sich in die Kissen zurück, er betrachtete durchs Fenster den Rücken des scharfsinnigen Wächters und sinnierte lächelnd über eine angemessene Bestrafung dieses Ungehorsams. Er könnte die Finger des Mannes in Säure tunken, sodass der dreiste Kerl nie wieder eine Waffe halten, geschweige denn aus eigener Kraft essen könnte. Oder ihn blenden, mit einem glühenden Schürhaken konnte sein Folterknecht die Augäpfel zum Platzen bringen. Bei diesen Gedanken spürte Gemuk, wie die Säfte zurück in seine Lenden strömten und sein bestes Stück erwachte. Das Lächeln wuchs zu einem Grinsen an. Er könnte …
Die Lustsklavin zu seinen Füßen gab einen erstickten Laut von sich. Wahrscheinlich hatte der Furz ihr süßes Näschen trotz der schwelenden Räucherstäbchen erreicht.
Gemuk sah auf sie herab. Die Insulanerin war wirklich eine Augenweide, jung und unverbraucht, mit seidenweicher Haut in der Farbe von Sandelholz. Sachte hob er ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. »Was ist denn, mein Täubchen, gefallen dir meine inneren Düfte nicht, hm?«, säuselte er.
Beschämt senkte sie den Kopf, doch nun hatte sie seine volle Aufmerksamkeit. Er sank neben ihr auf die Knie und griff nach der Eisenkette, die vom Ring um den Hals zu den Händen verlief. Beinahe zärtlich glitten seine Finger über die metallenen Glieder. Blitzschnell packte er die Fessel und riss daran, die Sklavin keuchte auf. »Wenn ich furze, hat dir das verdammt noch mal zu schmecken! Du solltest darum betteln, mehr von meinen kostbaren Dünsten atmen zu dürfen! Deine Nase sollte mein Arschloch anbeten wie eure heidnischen Priesterinnen die Schlampe, die ihr Göttin nennt!«
Die Sklavin zitterte am ganzen Körper. Er las in ihren Rehaugen, dass sie wahrscheinlich nicht mal die Hälfte verstanden hatte; Gemuk spürte mit Wonne, wie sein Schwanz zu voller Pracht anwuchs. »Bring mehr Wein!«, rief er barsch und ließ los.
Während sie zur Karaffe eilte, lag sein Blick auf dem Schwung ihrer wohlgerundeten Hüften. Mit der einen Hand nestelte er am Gürtel seines Seidenkimonos, die andere tastete nach der kurzen Lederpeitsche, die er an seiner Seite wusste. »Jetzt beeil dich, oder soll ich dir Beine machen?«
Ja, das Leben war gut.

Krähen-Diam segelte im Aufwind und behielt so Position, mit wenigen Flügelschlägen korrigierte sie diese ab und an. Sie hatte ihr Ziel erreicht, in sicherer Entfernung beobachtete sie das Anwesen des Edelmannes, der wie so viele Baratianer seinesgleichen ganz und gar nichts Edles in sich hatte.
Die Wachen patrouillierten in Paaren über das Gelände, die Kleidung der Männer und Frauen glühte im satten Blau, sie zählte insgesamt acht von ihnen. Sie umflog das Grundstück und merkte sich die Position an der westlichen Mauer, dort fehlten an der Außenwand einige Steine, das würde ihr Anstieg werden, sobald sie zurück in ihren Menschenkörper gewechselt wäre.
Sie schlug mit den Flügeln, stieg immer weiter auf, bis sie auf einer Linie mit dem Balkon des viereckigen Turmzimmers war und umkreiste es. Vier Wachen standen dort, jeweils eine auf jeder Seite mit dem Rücken zum Fenster. Das Innere des Zimmers schien von Kerzen erleuchtet und Krähen-Diam glaubte, spitze Schreie zu vernehmen. Ihr Herz schlug schneller. Er war hier. Isoliert und ohne Klinge am Leib. Innerlich lächelte sie. Es hatte sich bezahlt gemacht, die Diebe der Rabenschar großzügig für Informationen über den grausamen Patrizier zu entlohnen.
Ihr Blick fiel auf das Flachdach des Turms direkt über dem Raum, in dem Jelek jetzt gerade seine Lust befriedigte. Würden die Raben auch hierbei nicht gelogen haben, gab es dort eine Dachluke mit direktem Zugang zum Zwischenboden des Zimmers darunter. Ein einzelner Wachposten schritt dort oben die Mauer ab, er würde keine Herausforderung werden. Sie würde einfach …
Aus dem Nichts fetzte sengender Schmerz durch ihren Körper, schleuderte sie fort und sie verlor an Höhe! Erschrocken krähte sie auf und schlug mit den Flügeln, doch das entfachte nur noch heißere Pein. Panisch versuchte sie aufzusteigen, doch ihre linke Seite gehorchte ihr nicht mehr. Knapp über ihr zischte etwas Schwarzes vorbei, der Luftzug streifte ihr Gesicht und sie geriet ins Trudeln! Unweigerlich bekam Krähen-Diam es mit der Angst zu tun! Wenn dieser Körper auf dem Kopfsteinpflaster aufschlagen und bersten würde wie eine reife Rotfleischfrucht, dann geschähe eben dies mit dem hinter zwei Weinfässern kauernden Menschenleib! Die Welt drehte sich weiter und weiter, der Boden kam furchtbar schnell näher. Sie gab es auf mit den Flügeln zu schlagen, schloss stattdessen die Augen und sammelte sich: Ja, ich höre dich, Mutter. Ja, ich höre euch, Schwestern. Ja, ich höre euch, Ahnen. Das Vibrato schwoll an, stieg durch den kleinen Körper und auf den rettenden Schnabel zu; und in ihrem Geist hörte Krähen-Diam, wie ein Knoten platzte …

Keuchend riss sie die Augen auf. Bei Malaikat, Gott des Todes, war das knapp gewesen! In Diams Ohren rauschte es und Übelkeit stieg in ihr auf wie Suppe, die überzukochen droht. Sie schloss die Augen, schlang die Arme um die angezogenen Knie und kämpfte gegen das Gefühl an.
Es war erst das zweite Mal in diesem Leben, dass sie den Todeshall ertragen musste. Beim ersten war sie unerfahren, fast noch ein Kind. Natürlich hatte sie damals Kecils Mahnungen nicht ausreichend Beachtung geschenkt, zu aufregend war die Erfahrung, gleich die Seele eines flauschigen Löffelohrs mit der eigenen zu verbinden und zu ihm zu werden.
Als der letzte Ton gesungen, der finale Knoten geknüpft, war die Wiese unglaublich schön, so grün und saftig, die Gerüche und Geräusche schier überwältigend. Unerfahren, wie sie war, hatte sie den Streifenzahn im hohen Gras nicht lauern sehen und ohne Kecil wäre es ihr sicheres Ende gewesen.

Im Jetzt und Hier atmete sie langsam ein, durch die Nase … und langsam aus, durch den Mund.
»Folge deinem inneren Klang, Schwester«, hörte Diam Kecils sanfte Stimme aus der Erinnerung und doch so nah. »Dein eigenes Lied ist immer da, es handelt von dir, deinem Wesen, es erzählt deine Geschichte. Kannst du es hören?«
Diam öffnete die Augen. Mit dem Ärmel ihrer Robe wischte sie die Tränen weg, was einen Schmerzensstich im Arm folgen ließ. Leise stöhnte sie auf und erkannte Blut, das den dunklen Wollstoff tränkte. »Was auch immer der Seele widerfährt, die, die gebunden ist, muss es wahrhaftig ertragen.«
Diam versuchte die Muskeln im Arm zu belasten, ließ die Schulter kreisen und presste die flache Hand gegen das Fass vor sich. Schmerzenswellen brandeten auf, flossen ins Schultergelenk und in die Fingerspitzen. Diam biß die Zähne zusammen und verfluchte ihre Unachtsamkeit als Hantu-Krähe. Keine Chance, so zu klettern, geschweige denn, Rache zu nehmen. Erneut spürte sie, wie Tränen aufstiegen, doch diesmal aus Scham. Ihr Plan war gescheitert, Gemuk Jelek würde leben und wer weiß wie viele Unschuldige weiterhin unter seiner Knute leiden. Sie hatte Kecil nicht gerächt, ihrer Seele keine Ruhe gespendet. Sie war unfähig …
Leise Stimmen rissen Diam aus der Grübelei. Sie spähte über die Fässer hinweg. Zwei Stadtgardisten näherten sich, das trübe Licht ihrer Blendlaterne strich über die Ziegelwände und bat die Schatten zum Tanz. Zeit, zu verschwinden. Geduckt schlich Diam rückwärts im Schutz der Weinfässer tiefer in die Gasse hinein, bis sie sicher war, ungesehen aus dem Viertel verschwinden zu können. Sie würde wiederkommen, das schwor sie beim Vermächtnis ihrer Ahnen.

 

Hi Seth Gecko,

ich habe deine Geschichte gerne gelesen. Sie funktioniert auf jeden Fall, ohne die anderen Teile der Serie zu kennen. Schon mal gut.

Ein paar Kleinigkeiten nur:

Dafür riskierte man am Boden nicht Haut und Federn; hier oben hatten die Wächter der Wohlhabenden Order, sämtliche Rabenvögel, die den Terrassen und Balkonen ihrer Herren zu nahe kamen, unbarmherzig vom Himmel zu schießen, aus Sorge um die Silberlöffel oder die in Barat so beliebten, mit Perlen geschmückten Tischdekorationen.
Hier wäre ich mindestens zwei Sätze draus machen. Das ist so alles zu sehr verschachtelt, finde ich. Das Semikolon irritiert zudem.

Während die Krähe diesen Gedanken nachhing,
Sie denkt auch an die Sorge der anderen?

doch Delikatessen gab es dort nicht.
erspähte sie unter sich auf einem Dachbalken das leuchtende Hinterteil eines Glimmerkäfers!
Das habe ich nicht verstanden. Warum gibt es den Glimmerkäfer nur oben, nicht aber unten?

Die Krähe dagegen zuckte und zappelte wie von Geisterhand; und verfluchte sich für ihre Kühnheit, es mit diesem Teil Barats hatte aufnehmen wollen.
Das Semikolon könnte man durch ein Komma ersetzen oder welchen Zweck hat es?

Mit einer Abfolge kurzer Gesten zwang sie den Körper des Vogels vollends unter ihren Willen, Diams Magie strich über die Federn der Krähe, sie fühlte, wie das kleine Herz rasend schnell pochte, doch ihr Hantu legte sich wie ein engmaschiges Netz um den Leib und sorgte für Ruhe.
Das gefällt mir echt gut.

Mit geschlossenen Augen intonierte sie den passenden Hantu-Kehlkopfgesang, ließ das Vermächtnis ihrer Ahnen vibrierend aus dem Unterbauch über Luftröhre und Lippen strömen; Ton für Ton wob Knoten um Knoten und verknüpfte so die eigene Seele mit der des Tieres.
Das auch.
Anstatt Semikolon = Punkt

Sie hielt Ausschau nach ihrem menschlichen Körper. Da war er, zusammengekauert hinter Fässern im Schatten eines Steintorbogens.
Gut beschrieben. Du hast schöne Bilder erzeugt.

Die Insulanerin WAR wirklich eine Augenweide, jung und unverbraucht, mit seidenweicher Haut in der Farbe von Sandelholz.

Keuchend riss sie DIE Augen auf.

Leise stöhnte sie auf und erkannte Blut, dass DAS den dunklen Wollstoff tränkte

Ich fand es spannend, gut geschrieben. Hat mir gefallen.

Schönen Tag und liebe Grüße,
GoMusic

 

Moin, @GoMusic und danke für Deinen Kommentar.
Dass Du mit der KG 'ne gute Zeit hattest, freut mich sehr.

Sie funktioniert auf jeden Fall, ohne die anderen Teile der Serie zu kennen. Schon mal gut.
:thumbsup: So soll es sein. Trotzdem habe ich bislang versucht in jeder der Storys mindestens einen Verweis auf die vorangegangene Geschichte einzubauen, da es sich ja um eine Serie handelt.

Hier wäre ich mindestens zwei Sätze draus machen. Das ist so alles zu sehr verschachtelt, finde ich.
Musste schmunzeln, denn an dem Satz habe ich lange gebastelt. Ich bin überhaupt kein Freund von so langen Sätzen, da ich bei denen immer am eigenen Skill zweifle (vor allem wegen der Kommata). Ich werde wohl nach
vom Himmel zu schießen
einen Punkt setzen und den Beginn des nächsten Satzes ein wenig umbauen. Danke fürs Aufzeigen.

Trotzdem will ich beim Schreiben auch neue Dinge ausprobieren und dieser o.g. lange Satz war u.a. so ein Versuch. Das bringt mich zu den Semikolons:

Das Semikolon irritiert zudem.
Anstatt Semikolon = Punkt
Das Semikolon könnte man durch ein Komma ersetzen oder welchen Zweck hat es?
Ich hatte irgendwo Online folgendes gelesen: Wir setzen ein Semikolon, wenn zwei Sätze inhaltlich eng verbunden sind, ein Komma als Trennung jedoch zu schwach wäre und ein Punkt zu stark wäre.
Das erschien mir hier angebracht. Aber wenn ich jetzt nach Deinem Kommentar die Sätze (zum x-ten Mal) erneut lese, machen Kommata und der von Dir erwähnte Punkt mehr Sinn. Ach, ich weiß es doch auch nicht ...:silly:


Sie denkt auch an die Sorge der anderen?
Joa, das kann man so sehen. Auf jeden Fall sind ihr ihre Brüder und Schwestern nicht egal.

Das habe ich nicht verstanden. Warum gibt es den Glimmerkäfer nur oben, nicht aber unten?
Guter Punkt. Da werde ich noch einen erklärenden Satz zu einbauen, der den Glimmerkäfer als etwas ganz Besonderes, was es im Elendsviertel Sund nie geben würde, hervorhebt.

Ich fand es spannend, gut geschrieben. Hat mir gefallen.
Dein Lob bedeutet mir was.

Ich danke Dir, für Deine Aufmerksamkeit und Deine Zeit.
Beste Grüße
Seth

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Seth Gecko

Ein Mini-Kommentar zum Kaffee, nur auf den Anfang und auf sprachliche Dinge bezogen.

Die Nebelkrähe flog über das Kaufmannsviertel, im Mondlicht suchte sie die Schindeldächer nach Leckerbissen ab.
Krähen sind tagaktiv. Sie fliegen in der Dämmerung zu ihren Schlafplätzen.
Sie war ganz allein, ihre zahlreichen Geschwister gaben sich mit dem Fraß im Sund zufrieden
Das "ganz" würde ich auf alle Fälle streichen, am liebsten den ganzen Teilsatz. Das wird ja sofort klar.
hier oben hatten die Wächter der Wohlhabenden Order, sämtliche Rabenvögel, die den Terrassen und Balkonen ihrer Herren zu nahe kamen, unbarmherzig vom Himmel zu schießen, aus Sorge um die Silberlöffel oder die in Barat so beliebten, mit Perlen geschmückten Tischdekorationen.
Die Länge des Satzes an sich hat mich nicht gestört. Gestolpert bin ich aber ebenfalls. Die natürliche Leseweise des Satzes lautet nämlich so, dass die Wächter folgende Order haben: "Schiesst unbarmherzig die Krähen vom Himmel, weil ihr euch um die Silberlöffel sorgen sollt!" Tatsächlich gehört "unbarmherzig" wohl nicht zur Order, sondern ist eine Bewertung der Krähe. Zweitens sorgen sich nicht die Wächter um die Löffel, sondern die Wohlhabenden. Der Satz erscheint also in meinen Augen deshalb vermurkst, weil er problematische Bezüge ("Sorge" bezieht sich eigentlich auf "Wohlhabende" und nicht auf "Wächter") herstellt - was bei längeren Sätzen halt ab und zu geschieht. Also vielleicht:
Hier oben lebten die Wohlhabenden und aus Sorge um ihre ... hatten sie den Wächtern die unbarmherzige Order gegeben, sämtliche ... zu schiessen.
Ein Vorteil bei dieser Variante wäre auch, dass das "schiessen" am Ende des Satzes steht, wo es mehr Wirkung entfaltet.
Während die Krähe diesen Gedanken nachhing, erspähte sie unter sich auf einem Dachbalken das leuchtende Hinterteil eines Glimmerkäfers! Das Glück hilft den Geduldigen, was für ein Prachtstück! Beim Gedanken ...
In meinen Augen ungünstig, gleich zwei Sätze so einzuleiten.
Kühnheit, es mit diesem Teil Barats hatte aufnehmen wollen.
Kühnheit, es mit diesem Teil Barats aufnehmen zu wollen.
Die goldene Kuppel der Zitadelle leuchtete so hell, dass es beinahe schmerzte.
Aussagen wirken meist stärker, wenn sie Nägel mit Köpfen machen und nicht nur fast Nägel mit Beinaheköpfen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Die Nebelkrähe flog über das Kaufmannsviertel, im Mondlicht suchte sie die Schindeldächer nach Leckerbissen ab. Sie war ganz allein, ihre zahlreichen Geschwister gaben sich mit dem Fraß im Sund zufrieden; wahrscheinlich pickten sie gerade Fleischbröckchen aus Kotzepfützen oder zankten mit den Ratten um Abfälle. Schnelle Beute in der Tat, doch Delikatessen gab es dort nicht.
Dafür riskierte man am Boden nicht Haut und Federn; hier oben hatten die Wächter der Wohlhabenden Order, sämtliche Rabenvögel, die den Terrassen und Balkonen ihrer Herren zu nahe kamen, unbarmherzig vom Himmel zu schießen, aus Sorge um die Silberlöffel oder die in Barat so beliebten, mit Perlen geschmückten Tischdekorationen.

Hallo,

Ist ein sehr langer Einstieg. Das sorgt für Atmosphäre, das ist schon gut gemacht, aber es nimmt viel Raum ein. Das sind auch gute Begriffe drin: Sund, Nebelkrähe, das liest sich vom Sound her satt und voll. Dann aber haut es mich raus: wahrscheinlich, Fleischbröckchen, Kotzepfützen, Delikatessen und irgendwie auch Abfall. Ich habe hier, wahrscheinlich bin nur ich das, keine Ahnung, eine irgendwie mittleralterliche, oder altertümliche Welt vor Augen, da passen Diminutive und Wahrscheinlichkeiten nicht so rein. Ich bin der Meinung, ein Autor sollte seinem Sujet und seinen Figuren sicher und entschlossen gegenüberstehen. Er sollte seine Charaktere und seine erschaffene Welt genau kennen - es ist schließlich seine. Entweder die Krähen picken Fleischbrocken oder eben nicht. Du musst dir auch mal die Frage stellen: durch welche Augen sehen wir, die Leser, diese Szene? Warum kann der Erzähler hier so ein Wort wie wahrscheinlich benutzen? Weil er es selbst nicht so genau sehen kann?

»Hab dich«, murmelte Diam erleichtert, den Blick gen Dachfirst gerichtet. Seit zwei Hornstößen kauerte die Hantu-Weberin nun schon in der Gasse, verborgen hinter zwei Weinfässern, auf der Suche nach einem passenden Späher.
Das ist ja die viel bessere attack-sentence. Name, Begebenheiten (Hornstösse!) Hantu-Weberin, Gasse, Weinfässer, alles Atmo, und dann Aktion: sie sucht einen passenden Späher? Späher wofür und warum passend? Das klingt spannend, da will ich sofort weiterlesen. Von hier aus kann deine Geschichte überall hingehen, sie kann im Viertel bleiben, sie kann aber auch der Einstieg zu einer Indiana-Jones-mässigen Reise werden. DAS ist super!

ihr Hantu legte sich wie ein engmaschiges Netz um den Leib und sorgte für Ruhe.
Auch sehr gut: Ich weiß nicht, was Hantu ist, aber ich muss es auch nicht wissen. Es könnte etwas Magisches sein oder eine Art Kettenhemd, es spielt keine Rolle, das ist gut, es weckt Interesse, es entsteht ein Sog.

Als Diam sicher war, dass weder Wachpatrouillen noch andere Nachtschwärmer – wie etwa ein Galan, unterwegs zu einem der mit Weinranken bewachsenen Balkone – sich näherten, ließ sie die Krähe bis weit über die Dächer aufsteigen und konzentrierte sich auf den Geist des Vogels.
Mit so ein Einschüben wäre ich vorsichtig. Das klingt gut und alles, aber es wirkt auch so, als sei es eine Ausschmückung, entweder sind es Nachtschwärmer oder eben Galane. Ich würde hier plädieren, expliziter zu werden, spezifischer. Das ist besser, weil du einfach als Erzähler seriöser wirkst, denn du hast die Autorität über deine eigene Welt. Galane, die unterwegs zu mit Weinranken bewachsenen Balkonen sind, ist besser und tiefer und wahrer als Nachtschwärmer, oder?
Es dauerte nicht lange und der letzte Klang des Zauberliedes verhallte in den dunklen Gassen.
Hier wird das erst aufgeklärt - super. Salamitaktik, finde ich gut. Das hält den Leser an der Stange.
Krähen-Diam blinzelte. Mit diesen Augen sah Barat bei Nacht anders aus: bunter, prachtvoller. Die goldene Kuppel der Zitadelle leuchtete so hell, dass es beinahe schmerzte.
Ich würde nicht erklären, dass sie zur Krähe wird; das wird klar, und auch auf die Gefahr hin, dass der Leser es erstmal nicht versteht und kurz nachdenken muss: DAS ist dann die Tiefe einer Szene, wo der Leser diesen kurzen Moment der Veruneindeutigung hat und sich reindenken muss, da investiert er nämlich.

Wie bei jedem seltenen Mal, wenn sie das Seelenband knüpfte, war sie im ersten Moment von den neugewonnenen Eindrücken überwältigt.
Weiß nicht, würde man so etwas wirklich nur selten machen? Wenn ja, warum? Warum tut sie das nur so selten? Weil es Kraft kostet oder sie auslaugt oder es irgendeinen Grund dafür gibt? Das würde ich wenn lesen wollen.

Da war er, zusammengekauert hinter Fässern im Schatten eines Steintorbogens. Krähen-Diam sondierte die nähere Umgebung, doch es drohte keine Gefahr, dass die schutzlose Fleischhülle in Bälde entdeckt werden würde.
Wenn sie das weiß, dass sie, bzw ihre menschliche Hülle entdeckt werden könnte bei so einer Sache, würde sie da nicht Vorkehrungen treffen? Sich da sowieso schon so gut verstecken, damit sie nicht entdeckt wird?
Sie sah über die Dächer und orientierte sich, dann flog sie mit kraftvollen Flügelschlägen ihrem Ziel entgegen, bereit, den nächsten Schritt des Plans in die Tat umzusetzen.
Ist jetzt hier die Frage; wenn sie eine Krähe ist, muss sie sich dann überhaupt orientieren? Ist es nicht eher so, dass sie das dann gar nicht braucht, weil eine Krähe sich über ihre Fähigkeiten nicht bewusst ist? Würde sie es nicht einfach so können, einfach so machen?

Auf dass mit dem ersten Licht des neuen Tages die Blutrache vollstreckt wäre und Kecils gepeinigte Seele endlich Frieden fände.
Hier beantwortest du alle Fragen, die den Plot betreffen. Wäre ich vorsichtig mit. Hier steht alles drin: Blutrache, Kecil die gepeinigte Seele, das soll gerächt werden, es ist dann nur die Frage, gelingt es oder gelingt es nicht. Damit nimmst du natürlich enorm Spannung weg.

Sie hatte ihr Ziel erreicht, in sicherer Entfernung beobachtete sie das Anwesen des Edelmannes, der wie so viele Baratianer seinesgleichen ganz und gar nichts Edles in sich hatte.
Klassisch show, don't tell. Warum hat er nichts Edles an sich? Woran macht sich das fest? Wie könnte man das zeigen, anstatt nur behaupten?

Die Wachen patrouillierten in Paaren über das Gelände, die Kleidung der Männer und Frauen glühte im satten Blau, sie zählte insgesamt acht von ihnen.
Wie kann das Blau glühen, wenn es nachts ist? Brennen da Feuer?
Die anderen drei Wachen hinter den Bleiglasfenstern auf dem Balkon rund um das Ficknest, wie Gemuk sein mit handverlesenen Teppichen, Diwanen, mit Traumkraut gestopften Wasserpfeifen und weiteren Annehmlichkeiten ausgestattetes Refugium gern nannte, standen wie befohlen still auf ihren Posten.
Ficknest, ach ja. Nee, oder? Das wirkt einfach abgeschmackt, so ordinär. Nicht, dass ich da grundsätzlich was gegen habe, aber hier? Das hat dein Text gar nicht nötig, finde ich.

Er könnte die Finger des Mannes in Säure tunken, sodass der dreiste Kerl nie wieder eine Waffe halten, geschweige denn aus eigener Kraft essen könnte. Oder ihn blenden, mit einem glühenden Schürhaken konnte sein Folterknecht die Augäpfel zum Platzen bringen. Bei diesen Gedanken spürte Gemuk, wie die Säfte zurück in seine Lenden strömten und sein bestes Stück erwachte. Das Lächeln wuchs zu einem Grinsen an. Er könnte …
Die Lustsklavin zu seinen Füßen gab einen erstickten Laut von sich. Wahrscheinlich hatte der Furz ihr süßes Näschen trotz der schwelenden Räucherstäbchen erreicht.
Gemuk sah auf sie herab. Die Insulanerin war wirklich eine Augenweide, jung und unverbraucht, mit seidenweicher Haut in der Farbe von Sandelholz. Sachte hob er ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. »Was ist denn, mein Täubchen, gefallen dir meine inneren Düfte nicht, hm?«, säuselte er
Hier so die Verkettung von Gewalt und Sex und Körperlichkeit, das erinnert mich irgendwie an diese seltsame Faszination für Pasolinis 120 Tage, die ja viele haben. Das war so ein Ekel, wenn die da die Kackwürste der Nazis von den silbernen Platten essen mussten, und da wurde auch so ein blonder, opportuner Knabe geblendet. Das wirkt halt auch einfach so aufgesetzt hier in dem Text, als müsste da einfach ein übler Typ eingeführt werden, an dem sich dann gerächt wird.
Die Sklavin zitterte am ganzen Körper. Er las in ihren Rehaugen, dass sie wahrscheinlich nicht mal die Hälfte verstanden hatte; Gemuk spürte mit Wonne, wie sein Schwanz zu voller Pracht anwuchs. »Bring mehr Wein!«, rief er barsch und ließ los.
Während sie zur Karaffe eilte, lag sein Blick auf dem Schwung ihrer wohlgerundeten Hüften. Mit der einen Hand nestelte er am Gürtel seines Seidenkimonos, die andere tastete nach der kurzen Lederpeitsche, die er an seiner Seite wusste. »Jetzt beeil dich, oder soll ich dir Beine machen?«
Ja, das Leben war gut.
Nur so: Man könnte auch fragen, wie der Erzähler selbst zu dem Ganzen steht, wenn er sagt: Ja, das Leben war gut.

Keuchend riss sie die Augen auf. Bei Malaikat, Gott des Todes, war das knapp gewesen! In Diams Ohren rauschte es und Übelkeit stieg in ihr auf wie Suppe, die überzukochen droht. Sie schloss die Augen, schlang die Arme um die angezogenen Knie und kämpfte gegen das Gefühl an.
Es war erst das zweite Mal in diesem Leben, dass sie den Todeshall ertragen musste. Beim ersten war sie unerfahren, fast noch ein Kind. Natürlich hatte sie damals Kecils Mahnungen nicht ausreichend Beachtung geschenkt, zu aufregend war die Erfahrung, gleich die Seele eines flauschigen Löffelohrs mit der eigenen zu verbinden und zu ihm zu werden.
Als der letzte Ton gesungen, der finale Knoten geknüpft, war die Wiese unglaublich schön, so grün und saftig, die Gerüche und Geräusche schier überwältigend. Unerfahren, wie sie war, hatte sie den Streifenzahn im hohen Gras nicht lauern sehen und ohne Kecil wäre es ihr sicheres Ende gewesen.
Braucht es diese Rückblende? Warum nicht in der Gegenwart bleiben? Ich weiß, was du damit bezwecken möchtest, die Verbindung zu Kecil beschreiben und vertiefen, es wirkt aber fast wie eine Krücke. Wenn, würde ich damit beginnen. Sie erinnert sich daran, und dann wird sie zu einer Krähe und will ihn rächen, das wäre fast ein Zyklus, etwas in sich Abgeschlossenes.

Es wirkt wie die Skizze zu etwas Größerem oder wie ein Prolog. Mir ist das zu viel Schwarz-Weiß, und auf dieser Kürze kann auch keiner der Charaktere greifbar werden, da fehlt es an Tiefe und Motivation. Da müssten eventuell zwanzig Seiten davor und zwanzig danach noch kommen. Ich würde das einfach mal machen, das mal breiter walzen, auch um zu sehen, was an den Konflikten noch so dran ist, das entsteht ja oft beim Schreiben erst, dass man das große Ganze sehen kann.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin @Peeperkorn,

vielen Dank für Deine Zeit.

Ein Mini-Kommentar zum Kaffee, nur auf den Anfang und auf sprachliche Dinge bezogen.
Freue mich über jeden hilfreichen Kommentar, egal ob Mini oder Maxi.

Krähen sind tagaktiv. Sie fliegen in der Dämmerung zu ihren Schlafplätzen.
Fuck! Echt jetzt? Das versaut mir ja das ganze Setting! :fluch:
Okay, mir fallen spontan nur drei Lösungsansätze ein: Entweder es ist keine Nebelkrähe mehr, sondern eine ausgedachte Art, eine, die in dieser Welt nachtaktiv ist.
Oder ich ändere die Tageszeit, was aber eigentlich nicht infrage kommt, da die Handlung des Nachts spielen soll.
Oder die Krähe ist ein Unikum unter ihresgleichen, hat so großen Hunger auf einen edlen Happen, dass sie dafür sogar nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs ist, während der Rest der Schar bereits am Schlafplatz ist. Ich werds auf jeden Fall ändern. Danke fürs Aufzeigen.

Das "ganz" würde ich auf alle Fälle streichen, am liebsten den ganzen Teilsatz. Das wird ja sofort klar.
Das „ganz“ wird gestrichen. Haste recht.

Die Länge des Satzes an sich hat mich nicht gestört. Gestolpert bin ich aber ebenfalls. Die natürliche Leseweise des Satzes lautet nämlich so, dass die Wächter folgende Order haben: "Schiesst unbarmherzig die Krähen vom Himmel, weil ihr euch um die Silberlöffel sorgen sollt!" Tatsächlich gehört "unbarmherzig" wohl nicht zur Order, sondern ist eine Bewertung der Krähe. Zweitens sorgen sich nicht die Wächter um die Löffel, sondern die Wohlhabenden. Der Satz erscheint also in meinen Augen deshalb vermurkst, weil er problematische Bezüge ("Sorge" bezieht sich eigentlich auf "Wohlhabende" und nicht auf "Wächter") herstellt - was bei längeren Sätzen halt ab und zu geschieht. Also vielleicht:
Hier oben lebten die Wohlhabenden und aus Sorge um ihre ... hatten sie den Wächtern die unbarmherzige Order gegeben, sämtliche ... zu schiessen.
Ein Vorteil bei dieser Variante wäre auch, dass das "schiessen" am Ende des Satzes steht, wo es mehr Wirkung entfaltet.
Durch eure hilfreichen Kommentare wird mir oft bewusst(er), mich beim Schreiben mehr auf mein Bauchgefühl zu verlassen. Ich wusste, dass mit dem Satz irgendwas nicht stimmt, konnte aber nicht greifen, was genau. Das kommt auch später noch bei ein, zwei Punkten, die Jimmy erwähnt hat, zum Tragen. Deinen Vorschlag finde sich sehr gut, werde ich so übernehmen.

In meinen Augen ungünstig, gleich zwei Sätze so einzuleiten.
Guter Punkt, wird geändert.

Kühnheit, es mit diesem Teil Barats aufnehmen zu wollen.
Siehe oben. Bauchgefühl und zu wenig Erfahrung. Ich hab das bestimmt ein Dutzend Mal gelesen. Komisch, dass das durch die Duden-Rechtschreibprüfung durchgegangen ist ...

Aussagen wirken meist stärker, wenn sie Nägel mit Köpfen machen und nicht nur fast Nägel mit Beinaheköpfen.
Tausend Dank. Das erwähnt Jimmy später auch noch an anderer Stelle. Super hilfreich für mich. Kommt auf meine unendliche Liste der zu beachtenden Punkte beim Schreiben. ;)

Nochmal danke, für Deine Aufmerksamkeit, Hilfestellung und deine Zeit.

Beste Grüße
Seth


Moin @jimmysalaryman,

auch Dir danke ich für Deinen überaus hilfreichen Blick und Deine Gedanken zu meiner Geschichte.

Dann aber haut es mich raus: wahrscheinlich, Fleischbröckchen, Kotzepfützen, Delikatessen und irgendwie auch Abfall. Ich habe hier, wahrscheinlich bin nur ich das, keine Ahnung, eine irgendwie mittleralterliche, oder altertümliche Welt vor Augen, da passen Diminutive und Wahrscheinlichkeiten nicht so rein. Ich bin der Meinung, ein Autor sollte seinem Sujet und seinen Figuren sicher und entschlossen gegenüberstehen. Er sollte seine Charaktere und seine erschaffene Welt genau kennen - es ist schließlich seine. Entweder die Krähen picken Fleischbrocken oder eben nicht.
Das bist nicht nur Du, diese Fantasywelt soll tatsächlich u.a. mittelalterlich/altertümlich daherkommen. Diminutive, kannte ich noch nicht. Wieder was gelernt. Werde die Bröckchen zu Brocken abändern und das wahrscheinlich wird gestrichen. Peeperkorn hatte etwas Ähnliches an anderer Stelle angemerkt.

Du musst dir auch mal die Frage stellen: durch welche Augen sehen wir, die Leser, diese Szene? Warum kann der Erzähler hier so ein Wort wie wahrscheinlich benutzen? Weil er es selbst nicht so genau sehen kann?
Ich hatte vor, dass wir uns zum Einstieg der Story ganz nah an der Krähe befinden. Nicht aus ihrer Sicht, aber fast. Das ist mir wichtig, da will ich auch nicht von weg. Daher diese attack sentence (sehr geiles Wording, btw.), dieser ganze Einstieg, bis wir zur eigentlichen Prota wechseln. Das wahrscheinlich hatte ich benutzt, da die Krähe nicht 100% sicher ist, was ihre Geschwister gerade machen, aber sie geht davon aus, dass die im Sund auf schnelle Beute aus sind. Ich wollte mit dem langen Satz auch betonen, dass wir uns über einem besser gestellten Viertel befinden, nicht über der Gosse. Am Anfang waren die Schindeldächer z.B. noch makellos und so´n Kram. Keine Ahnung, mit Perspektive und damit verbundenem Erzählstil tue ich mich immer noch schwer,

Hornstösse!
Falsch geschrieben? :read: https://www.dwds.de/wb/Hornstoß

Auch sehr gut: Ich weiß nicht, was Hantu ist, aber ich muss es auch nicht wissen. Es könnte etwas Magisches sein oder eine Art Kettenhemd, es spielt keine Rolle, das ist gut, es weckt Interesse, es entsteht ein Sog.
Danke Dir.

Mit so ein Einschüben wäre ich vorsichtig. Das klingt gut und alles, aber es wirkt auch so, als sei es eine Ausschmückung, entweder sind es Nachtschwärmer oder eben Galane. Ich würde hier plädieren, expliziter zu werden, spezifischer. Das ist besser, weil du einfach als Erzähler seriöser wirkst, denn du hast die Autorität über deine eigene Welt. Galane, die unterwegs zu mit Weinranken bewachsenen Balkonen sind, ist besser und tiefer und wahrer als Nachtschwärmer, oder?
Hier kommt erneut das bereits zur Antwort auf Peeperkorns Kommi erwähnte Bauchgefühl zum Tragen: Ich hab gespürt, dass dieser Einschub nicht sauber ist, konnte aber nicht greifen, wieso genau. Ich wollte das Viertel (und die Welt) einfach noch ein bisschen mit Leben füllen, andeuten, dass da jederzeit andere Leute vorbeikommen könnten und so auch ein bisschen mehr Spannung aufbauen. Die Nachtschwärmer werden gestrichen. Super hilfreiche Anmerkung, Dank Dir.

Ich würde nicht erklären, dass sie zur Krähe wird; das wird klar, und auch auf die Gefahr hin, dass der Leser es erstmal nicht versteht und kurz nachdenken muss: DAS ist dann die Tiefe einer Szene, wo der Leser diesen kurzen Moment der Veruneindeutigung hat und sich reindenken muss, da investiert er nämlich.
Verstehe. Welche(n) von den betreffenden Sätzen würdest Du streichen? Alle?
Hoch oben am Himmel atmete sie aus. Sie war jetzt die Krähe. Krähen-Diam blinzelte.

Weiß nicht, würde man so etwas wirklich nur selten machen? Wenn ja, warum? Warum tut sie das nur so selten? Weil es Kraft kostet oder sie auslaugt oder es irgendeinen Grund dafür gibt? Das würde ich wenn lesen wollen.
Guter Punkt, den ich übersehen habe. Es kostet sie Kraft. Werde das noch mit einem, zwei Wörtern einbauen.

Wenn sie das weiß, dass sie, bzw ihre menschliche Hülle entdeckt werden könnte bei so einer Sache, würde sie da nicht Vorkehrungen treffen? Sich da sowieso schon so gut verstecken, damit sie nicht entdeckt wird?
Hier bin ich im Zwiespalt. Ich sehe Deinen Punkt, habe aber die Befürchtung, dass ich da zu sehr den Erklärbären auspacken muss, für etwas, dass mMn an dieser Stelle zu vernachlässigen ist (Im Kaufmannsviertel gibt es nicht viele Möglichkeiten, sich zu verstecken, zumindest nicht für eine Hantu-Magiebegabte mit ihren Fähigkeiten. Sie ist keine Diebin, die in ein Versteck einbrechen könnte, keine studierte Magierin, die sich unsichtbar machen könnte, kein Assassine, die sich tarnen könnte, etc.) Das will ich an dieser Stelle aber (noch) nicht aufs Tableau bringen. Es handelt sich ja um eine Serie, die (in meinem Kopf) immer größer wird, vielleicht sogar so groß, dass was richtig Geiles draus werden könnte. Dazu gleich noch mehr. Vielleicht baue ich noch einen, zwei Sätze maximal ein, denn wie gesagt, ich sehe Deinen Punkt.

Ist jetzt hier die Frage; wenn sie eine Krähe ist, muss sie sich dann überhaupt orientieren? Ist es nicht eher so, dass sie das dann gar nicht braucht, weil eine Krähe sich über ihre Fähigkeiten nicht bewusst ist? Würde sie es nicht einfach so können, einfach so machen?
Das orientieren war gedacht als: Sie sieht sich kurz um, in welche Richtung sie fliegen muss (Turm des Patriziers). Auch, da sie sich ja ganz frisch im Krähenkörper-/geist befindet. Muss ich mal drüber nachdenken. Vielleicht ist weniger hier mehr.

Hier beantwortest du alle Fragen, die den Plot betreffen. Wäre ich vorsichtig mit. Hier steht alles drin: Blutrache, Kecil die gepeinigte Seele, das soll gerächt werden, es ist dann nur die Frage, gelingt es oder gelingt es nicht. Damit nimmst du natürlich enorm Spannung weg.
Dammit! Bauchgefühl. Erst standen da zwei Sätze: Sie war bereit für ihren Plan. Sie war bereit, zu morden. Dann habe ich das gefühlt zehnmal umgebastelt, auch, um hier bereits die Verbindung zur Schwester Kecil hineinzubringen, die ja nachher noch wichtig wird und auch, damit die Schwester nachher nicht wie drangepappt wird. Ich werde mal zwei Versionen schreiben, nebeneinander halten und mich dann entscheiden. Danke Dir!

Klassisch show, don't tell. Warum hat er nichts Edles an sich? Woran macht sich das fest? Wie könnte man das zeigen, anstatt nur behaupten?
Zuerst stand da der Name des grausamen Wichsers, den wir im ganzen vorherigen Absatz kennengelernt haben, Gemuk Jelek. Dann dachte ich mir, nee, das wird doch klar, dass das der Typ ist. Findest Du, dass der Name zwingend hineinmuss, da man das sonst nicht kapiert?

Wie kann das Blau glühen, wenn es nachts ist? Brennen da Feuer?
Okay, Jimmy, jetzt wirds interessant, vor allem, da ich aus früheren Kommis meine herausgelesen zu haben, dass Du Erfahrung mit der Jagd hast: Ich habe recherchiert und eine Seite gefunden, in der auf die spezielle Sicht von Rabenvögeln eingegangen wird:

https://www.kraehenjagd.eu/voegel-sehen-farben-anders/

Daher auch der vorherige Teil, dass sie die Stadt anders wahrnimmt, intensiver, leuchtender. Zudem ist es ja auch immer noch eine Fantasy-Welt und da hatte ich dieses Bild im Kopf, dass sie die Wachen (-Kleidung) wie in einer Art "Fantasy-Wärmebild" sehen kann...

Ficknest, ach ja. Nee, oder? Das wirkt einfach abgeschmackt, so ordinär. Nicht, dass ich da grundsätzlich was gegen habe, aber hier? Das hat dein Text gar nicht nötig, finde ich.
In diesem Absatz ist dann wieder der gute, alte Perspektivwechsel mein Thema. Wir sollen nah dran sein, am schmierigen, insgeheim ordinär und brutalen Patrizier, namens Gemuk. Ein Kerl, der durch seinen Reichtum und seine Macht glaubt, über dem Gesetz zu stehen und der einem Wachmann für einen simplen Ungehorsam die Augen ausbrennen (lassen) will. Ein Typ, der Sklavinnen missbraucht und Wörter wie "Ficknest" benutzt.

Hier so die Verkettung von Gewalt und Sex und Körperlichkeit, das erinnert mich irgendwie an diese seltsame Faszination für Pasolinis 120 Tage, die ja viele haben. Das war so ein Ekel, wenn die da die Kackwürste der Nazis von den silbernen Platten essen mussten, und da wurde auch so ein blonder, opportuner Knabe geblendet. Das wirkt halt auch einfach so aufgesetzt hier in dem Text, als müsste da einfach ein übler Typ eingeführt werden, an dem sich dann gerächt wird.
"Die 120 Tage von Sodom" habe ich nie gesehen. Will ich auch nicht.
Dass das klassisches Schwarz/Weiß-denken ist, ist mir bewusst und es ist beabsichtigt. Dieser Kerl, das ist (einer) der Schurke(n), ein mieses Schwein, das es verdient hat, im Laufe der Serie qualvoll zu sterben. Vielleicht kriege ich es (irgendwann) noch hin, das Ganze tiefsinniger und weniger aufgesetzt zu schreiben. Doch momentan ist das nah dran am Besten, was ich zu fabrizieren fähig bin.

Nur so: Man könnte auch fragen, wie der Erzähler selbst zu dem Ganzen steht, wenn er sagt: Ja, das Leben war gut.
Das verstehe ich jetzt nicht.

Braucht es diese Rückblende? Warum nicht in der Gegenwart bleiben? Ich weiß, was du damit bezwecken möchtest, die Verbindung zu Kecil beschreiben und vertiefen, es wirkt aber fast wie eine Krücke. Wenn, würde ich damit beginnen. Sie erinnert sich daran, und dann wird sie zu einer Krähe und will ihn rächen, das wäre fast ein Zyklus, etwas in sich Abgeschlossenes.
Interessanter Ansatz, das an den Anfang zu stellen. Jetzt gerade habe ich Bedenken, dass das den beabsichtigten Flow, das Pacing, killen würde. Muss ich mir mal Gedanken zu machen, vielleicht schreibe ich auch hier eine alternative Version, um sie der jetzigen gegenüberzustellen. Danke für den Denkanstoß.


Es wirkt wie die Skizze zu etwas Größerem oder wie ein Prolog. Mir ist das zu viel Schwarz-Weiß, und auf dieser Kürze kann auch keiner der Charaktere greifbar werden, da fehlt es an Tiefe und Motivation. Da müssten eventuell zwanzig Seiten davor und zwanzig danach noch kommen. Ich würde das einfach mal machen, das mal breiter walzen, auch um zu sehen, was an den Konflikten noch so dran ist, das entsteht ja oft beim Schreiben erst, dass man das große Ganze sehen kann.
Damit kommen wir zum Gedankenspiel, das die gesamte Serie betrifft.
Wie ich bereits im ersten Part "Die Ankunft des Erben" in den Kommis geschrieben habe, steht hier Steven Eriksons "Spiel der Götter"-Saga Pate, wobei ich mir im Leben nicht anmaßen würde, auch nur im Ansatz je an sein Können heranzureichen.
Mit jeder weiteren KG aus dieser Welt blüht in meinem Kopf ein neues Puzzleteil auf.
Und je mehr ich dazu schreibe (drei Storys bislang ist jetzt auch nicht sooo viel), desto mehr frage ich mich, ob ich mich nicht der Herausforderung stellen sollte, da einen Roman draus zu machen. Jetzt ist das mit Romane aber so eine Sache. Ich schreibe nur als Hobby, meist nur in Phasen, mit teilweise langen Pausen dazwischen.
Und ich habe a) Selbstzweifel, dass ich das schaffe, ohne am Ende enttäuscht von mir selbst zu sein und b) macht es mir gerade viel mehr Spaß, kleine Häppchen zu entwerfen, Figuren und Teile dieser Welt zu erfinden und (dank coolen Leuten wie euch) an meinem Schreibskill generell zu feilen.

Vielleicht irgendwann, wenn die Zeit reif ist. :)

Bester Jimmy, ich danke Dir sehr, dass Du Dir Zeit für meine Geschichte genommen hast. Deine Gedanken und Anregungen bringen mich weiter.

Beste Grüße
Seth

 
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Hallo @Seth Gecko,

ich wollte am Ende weiterlesen, wollte wissen, ob Diam ihre Rache an Gemuk Jelek bekommen wird. Das sehe ich als ein gutes Zeichen an, weil du mein Interesse geweckt hast. Allerdings hatte ich drei Schwierigkeiten mit dem Text, auf die ich hier eingehen will, um danach konkrete Textstellen zu zitieren.

Erstens: Auf so einen kurzen Text sind mir das zu viele Perspektiven gewesen. Ich hatte mich gerade auf die Perspektive der Nebelkrähe eingestellt und dann erfolgt plötzlich der für mich überraschende Wechsel auf Diam, um dann noch einmal zu Gemuk Jelek zu wechseln. Das hat mich rausgeworfen und ich konnte mich so leider nicht so richtig gut mit Diam identifzieren. Mir hätte es besser gefallen, wenn es jeweils eine Perspektive pro Kapitel bzw. Serie geben würde.

Zweitens: Ich finde, dass Gemuk Jelek nicht komplex genug ist. Du zeichnest ihn hier als den klassischen Sadisten, der Frauen quält und vergewaltigt und das ist mir etwas zu simpel. Ich hätte statt einer Schwarz/ Weiß Zeichnung gerne mehr Nuancen gesehen. Möglicherweise wäre es beispielsweise interessant zu sehen, wie zwei unterschiedliche Charaktere ihn wahrnehmen. Diam hält ihn für einen kompletten Sadisten, wobei einer seiner Untertanen ihn möglicherweise ganz anders sieht? Weißt du was ich hier meine? Im Grund will ich darauf hinaus, dass mir ein Widerspruch in der Figur fehlt und die Figur daher eindimensional auf mich wirkt, eben als ein klassischer Bösewicht, der erledigt werden muss.

Drittens: Ich weiß, dass es eine Serie ist, allerdings bin ich ab und an doch über die vielen neuen Wörter gestolpert, die ich erst einmal so kaufen muss: z.B. Glimmerkäfer, Hantu-Weberin, Galane, Barat, Malaikat, Gott des Todes. Ich musste mich da erst einmal drauf einlassen und ich glaube es liegt an der Kürze des Textes, dass ich das nicht ganz gekauft habe. In meinen Augen wäre es noch stärker, wenn sich das nach und nach entfaltet und ich ein wenig mehr Kontext zu den neuen Begriffen hätte. So hatte ich noch keine Bilder vor meinem inneren Leserauge.

Ich gehe im Detail auf meinen Eindruck ein:

Die Nebelkrähe flog über das Kaufmannsviertel, im Mondlicht suchte sie die Schindeldächer nach Leckerbissen ab. Sie war allein, ihre zahlreichen Geschwister hatten sich mit dem Fraß im Sund zufrieden gegeben, Fleischbrocken aus Kotzepfützen gepickt und mit den Ratten um Abfälle gezankt, bevor sie zum Nistplatz heimgekehrt waren.
Du startest aus der Perspektive der Nebelkrähe und ich gehe davon aus, dass du mit mir als Leser den Vertrag schließt, dass die Geschichte aus dieser Perspektive erzählt wird. Daher hatte mich der spätere Wechsel auf Diam so rausgeworfen. Ansonsten gut geschrieben, bin gut reingekommen und mochte deinen fließenden Stil.
Während die besondere Krähe diesen Gedanken nachhing, erspähte sie unter sich auf einem Dachbalken das leuchtende Hinterteil eines Glimmerkäfers! Das Glück hilft den Geduldigen, was für ein Prachtstück!
Es ist ein Prachtstück, aber wie genau sieht der aus? Woran erkenne ich, dass es ein Prachtstück ist?
Gleich war es so weit, der Käfer ahnte nichts, sie öffnete den Schnabel … da packte eine unsichtbare Macht abrupt ihren Körper! Finger würgten die Kehle und pressten die Flügel zusammen, panisch verspürte die Krähe, wie dieses Etwas immer stärker zudrückte! So hing sie hilflos direkt über dem Insekt – das kurz innehielt – und dann unbeeindruckt weiterkrabbelte.
Interessant, macht es spannend, wollte wissen, was die Ursache dafür ist. Hat für mich funktioniert.
»Hab dich«, murmelte Diam erleichtert, den Blick gen Dachfirst gerichtet. Seit zwei Hornstößen kauerte die Hantu-Weberin nun schon in der Gasse, verborgen hinter zwei Weinfässern, auf der Suche nach einem passenden Späher.
Diam schlüpft in die Krähe, okay, daher wohl auch der Wechsel der Perspektive, aber es war für mich wie oben erwähnt doch ein Bruch, ich hab auf einmal eine andere Figur, der ich folge und dementsprechend wechselt auch die Wortwahl des Erzählers.
doch ihr Hantu legte sich wie ein engmaschiges Netz um den Leib und sorgte für Ruhe.
Ist interessant und ich will mehr Kontext über Hantu haben. Ich will dazu mehr wissen, hat meine Neugier geweckt, aber gleichzeitig hatte ich doch auch die Erwartung, dass es sich noch stärker um Hantu dreht bzw. dass ich als Leser hier zu mehr bekomme.
Als Diam sicher war, dass weder Wachpatrouillen noch Galane,
Galane ist dann wieder ein neues Wort, das ich erst einmal verdauen muss.
Mit geschlossenen Augen intonierte sie den passenden Hantu-Kehlkopfgesang, ließ das Vermächtnis ihrer Ahnen vibrierend aus dem Unterbauch über Luftröhre und Lippen strömen; Ton für Ton wob Knoten um Knoten und verknüpfte so die eigene Seele mit der des Tieres.
Hoch oben am Himmel atmete sie aus. Sie war jetzt die Krähe.
Hat mich an Avatar Aufbruch nach Pandora erinnert mit Tsaheylu, interessant! Finde Diam faszinierend, würde gerne mehr über sie wissen bzw. lesen. Das ist schon gut gemacht in meinen Augen.

Auf dem Weg vermischten sich grimmige Gedanken an das, was kommen würde, mit der schmerzlichen Erinnerung an ihre älteste Schwester. Auf dass mit dem ersten Licht des neuen Tages die Blutrache vollstreckt wäre und Kecils gepeinigte Seele endlich Frieden fände.
Das ist mir etwas zu tellig und liest sich wie eine Abkürzung. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Exposition lieber in Form von Dialog präsentiert worden wäre. Habe da bei Robert McKee eine interessante Technik gefunden: Er setzt Exposition als Waffe ein. Also eine Figur gibt die Information im Dialog preis, um damit etwas zu erreichen oder die andere Person zu überzeugen.

Gemuk Jelek sank tiefer in die Seidenkissen, rekelte sich und schmatzte zufrieden, dann hob er ein Bein und befreite so einen laut knatternden Darmwind. Er seufzte. Das Leben war gut.
Ich finde das zu vulgär und bei mir als Leser löst das Widerstand aus. Gerade die Antagonisten sorgen ja für Spannung und Konfliktpotential und sind in meinen Augen genau so wichtig wie die Protagonisten. Daher hatte ich den Eindruck, dass du es dir mit diesem Charakter etwas zu einfach machst, etwas zu sehr in ein Steretyp verfällst.

Und obgleich die Geste bloß von der Dauer eines Wimpernschlags war, merkte der Mann sofort, was er getan hatte und sah schnell wieder weg. Doch es war zu spät für ihn, denn Gemuk hatte die Verfehlung bemerkt.
Offensichtlich hat er Macht, das kommt hier raus.

litzschnell packte er die Fessel und riss daran, die Sklavin keuchte auf. »Wenn ich furze, hat dir das verdammt noch mal zu schmecken! Du solltest darum betteln, mehr von meinen kostbaren Dünsten atmen zu dürfen! Deine Nase sollte mein Arschloch anbeten wie eure heidnischen Priesterinnen die Schlampe, die ihr Göttin nennt!«
Auch das war mir zu sehr schwarz und weiß, etwas zu überzogen.

Würden die Raben auch hierbei nicht gelogen haben, gab es dort eine Dachluke mit direktem Zugang zum Zwischenboden des Zimmers darunter. Ein einzelner Wachposten schritt dort oben die Mauer ab, er würde keine Herausforderung werden.
Fessendele Stelle, schön, dass sie vorher den Plan durchdenkt, das lässt mich als Leser sofort antizipieren und ich will wissen, wie sich die Handlung weiter entwickelt. Schön!

Aus dem Nichts fetzte sengender Schmerz durch ihren Körper, schleuderte sie fort und sie verlor an Höhe! Erschrocken krähte sie auf und schlug mit den Flügeln, doch das entfachte nur noch heißere Pein. Panisch versuchte sie aufzusteigen, doch ihre linke Seite gehorchte ihr nicht mehr
Gefällt mir, dass sie nicht einfach ihr Ziel erreicht, sondern dass sie auf ein Hindernis stößt, ist hervorragend, um Spannung zu erzeugen und ich will wissen, wie sie darauf reagiert und aus was für einem Holz sie geschnitzt ist.

Keine Chance, so zu klettern, geschweige denn, Rache zu nehmen. Erneut spürte sie, wie Tränen aufstiegen, doch diesmal aus Scham. Ihr Plan war gescheitert, Gemuk Jelek würde leben und wer weiß wie viele Unschuldige weiterhin unter seiner Knute leiden. Sie hatte Kecil nicht gerächt, ihrer Seele keine Ruhe gespendet. Sie war unfähig …
Ach, das Ende war enttäuschend, ich war doch gerade emotional mit deiner Figur verbunden, weil sie auf das Hindernis gestoßen ist, aber dann ist es schon vorbei und ich erfahre leider nicht, wie sie weiter vorgeht und ob sie ihr Ziel erreicht.

Insgesamt habe ich das gerne gelesen, ich mag deinen Stil, das liest sich spannend und vor allem die Stelle mit dem Hindernis fand ich richtig packend. Bin gespannt, wie das weitergeht.

Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin @MRG,

danke, dass Du Dir die Zeit nimmst, um meine Story konstruktiv zu kritisieren.
Gerne gehe ich kurz auf Deine Anmerkungen ein:

Erstens: Auf so einen kurzen Text sind mir das zu viele Perspektiven gewesen. Ich hatte mich gerade auf die Perspektive der Nebelkrähe eingestellt und dann erfolgt plötzlich der für mich überraschende Wechsel auf Diam, um dann noch einmal zu Gemuk Jelek zu wechseln. Das hat mich rausgeworfen und ich konnte mich so leider nicht so richtig gut mit Diam identifzieren. Mir hätte es besser gefallen, wenn es jeweils eine Perspektive pro Kapitel bzw. Serie geben würde.
Verstehe ich. Die Perspektive der Krähe war nur als Einstieg gedacht, sie ist nur Mittel zum Zweck, sowohl für die Leser:innen, als auch für die Prota, die sie ja bloß als Späher benutzt. Ein ganzes Kapitel aus Sicht der Krähe wäre iMA ein wenig langweilig, da sie ja nur auf der Suche nach leckerem Futter ist, mehr nicht. Den Wechsel zum Antagonisten, Gemuk Jelek, brauchte ich, um zu zeigen, was für einen Schurken wir hier vor uns haben (dazu gleich noch mehr), da ich diesen Teil der Serie nicht zu lang/groß anlegen wollte. Wenn Dich die Perspektivwechsel rausgehauen haben, finde ich das schade, doch es braucht sie mMn, um die Story so zu erzählen, wie ich es mir vorstelle.

Zweitens: Ich finde, dass Gemuk Jelek nicht komplex genug ist. Du zeichnest ihn hier als den klassischen Sadisten, der Frauen quält und vergewaltigt und das ist mir etwas zu simpel. Ich hätte statt einer Schwarz/ Weiß Zeichnung gerne mehr Nuancen gesehen. Möglicherweise wäre es beispielsweise interessant zu sehen, wie zwei unterschiedliche Charaktere ihn wahrnehmen. Diam hält ihn für einen kompletten Sadisten, wobei einer seiner Untertanen ihn möglicherweise ganz anders sieht? Weißt du was ich hier meine? Im Grund will ich darauf hinaus, dass mir ein Widerspruch in der Figur fehlt und die Figur daher eindimensional auf mich wirkt, eben als ein klassischer Bösewicht, der erledigt werden muss.
Das hatte Jimmy ebenfalls ganz ähnlich aufgezeigt. Wenn Du magst, lies Dir nochmal meinen Kommi zu seiner Kritik durch. Ich weiß auf jeden Fall, was Du meinst, und bin bei Dir, wenn es sich hier nicht um den Bestandteil einer Serie, sondern um eine alleingestellte KG handeln würde. Doch die tiefere Figurenzeichnung ist mMn Teil des großen Ganzen. Beispiel: In Deiner ersten Geschichte der Serie über die Chroniken von Solikstatt erfahren wir nicht, warum der Prota nicht sprechen kann. Ich finde das nicht weiter schlimm, denn es ist ja eine Serie, also gehe ich davon aus, dass in weiteren Teilen dieser Zustand näher beleuchtet, oder erklärt wird.
Dass hier Diam ihre Rache am Antagonisten nicht erhalten hat, sondern am Ende schwört zurückzukehren, sollte Hinweis sein, dass auch wir als Leser:innen mit der Figur des Gemuk Jelek noch nicht fertig sind. Wie ich Jimmy bereits schrieb, in meinem Kopf ist das was Größeres, für das ich z.Z. aber nicht die Zeit und Muße habe, es (richtig) anzugehen.

Drittens: Ich weiß, dass es eine Serie ist, allerdings bin ich ab und an doch über die vielen neuen Wörter gestolpert, die ich erst einmal so kaufen muss: z.B. Glimmerkäfer, Hantu-Weberin, Galane, Barat, Malaikat, Gott des Todes. Ich musste mich da erst einmal drauf einlassen und ich glaube es liegt an der Kürze des Textes, dass ich das nicht ganz gekauft habe. In meinen Augen wäre es noch stärker, wenn sich das nach und nach entfaltet und ich ein wenig mehr Kontext zu den neuen Begriffen hätte. So hatte ich noch keine Bilder vor meinem inneren Leserauge.
Ja, Fantasy und die Kreationen neuer Wörter. MMn hat das nichts mit der Länge oder Kürze des Textes zu tun, ein neues, unbekanntes Wort haut einen wahrscheinlich in 9/10 Fällen raus. Mein Ziel war es, durch bekannte, weltliche Bilder und/oder Beschreibungen die fremdartige, stolpernde Wirkung der neuen Wörter abzuschwächen. Bei einem Glimmerkäfer sollten also die Leser eine Art Fantasy-Glühwürmchen vor sich haben, bei einem Streifenzahn, der im hohen Gras lauert, die Barat-Variation eines Tigers.
Apropos, Barat ist die Stadt, in der die Serie spielt, das sollte aber im ersten Absatz klar werden. Und Galan ist kein neu kreiertes, wenn auch vielleicht nicht so gewöhnliches Wort für einen galanten Kavalier, siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Cicisbeo
Auch hier gilt für mich wieder, dass die Welt sich innerhalb der Serie entfalten soll und ich nicht mit einer Geschichte das gesamte Worldbuilding abschließen will. Vielleicht ist das aber auch einfach meine (falsche?) Herangehensweise an das Thema Serie...?

Es ist ein Prachtstück, aber wie genau sieht der aus? Woran erkenne ich, dass es ein Prachtstück ist?
Das Glück hilft den Geduldigen, was für ein Prachtstück! Niemals nisteten diese großen Exemplare im Sund.
;) Habe ich aber – glaube ich – erst nach GoMusics oder Jimmys Kommentar hinzugefügt. Ich weiß nicht, welche Version Du gelesen hast.

Galane ist dann wieder ein neues Wort, das ich erst einmal verdauen muss.
siehe oben.

Das ist mir etwas zu tellig und liest sich wie eine Abkürzung. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Exposition lieber in Form von Dialog präsentiert worden wäre. Habe da bei Robert McKee eine interessante Technik gefunden: Er setzt Exposition als Waffe ein. Also eine Figur gibt die Information im Dialog preis, um damit etwas zu erreichen oder die andere Person zu überzeugen.
Auch das hat Jimmy bereits angemerkt und ich sehe euren Punkt. Einer meiner Fokusse bei der Geschichte lag auf der Kürze. Ich wollte Diam nicht mit anderen Personen interagieren lassen, da sie ja auf geheimer Rache-Mission unterwegs ist. Deinen Hinweis erachte ich nichtsdestoweniger als sehr wertvoll und werde ihn bei weiteren Geschichten ausprobieren. Vielen Dank dafür!

Ich finde das zu vulgär und bei mir als Leser löst das Widerstand aus. Gerade die Antagonisten sorgen ja für Spannung und Konfliktpotential und sind in meinen Augen genau so wichtig wie die Protagonisten. Daher hatte ich den Eindruck, dass du es dir mit diesem Charakter etwas zu einfach machst, etwas zu sehr in ein Steretyp verfällst.
Da gehe ich nur bedingt mit. Es muss auch mal Charaktere geben, die aufgrund ihres Tuns Ekel und Abscheu im Leser auslösen, und dieser hier ist so einer für mich. Aber du hast recht, dass ich es mir einfach mache, indem ich diese Figur hier so simple vulgär und eklig einführe. Mein Ziel ist es, ihn im weiteren Laufe vielschichtiger zu gestalten.

Auch das war mir zu sehr schwarz und weiß, etwas zu überzogen.
Siehe oben

Vielen Dank für Deine kritischen Anmerkungen, aber auch für das Lob. Wenn Du weitere Teile dieser Serie lesen magst, würde mich dies sehr freuen.

Beste Grüße
Seth

 

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