Was ist neu

Autorenname vs. Buchtitel

Du bringst hier Dinge in Zusammenhang, die nicht in Zusammenhang gehören.

Großer Autor, großer Name. Das beinhaltet erst mal keine Wertung.

Biographische Daten eingeflossen/notwendig oder nicht, sagt noch nichts über das "Niveau" des Textes aus.
Meine persönliche Meinung ist da sogar umgekehrt: Ich mag es überhaupt nicht, wenn die Person des Autors eine conditio sine qua non wird. Natürlich kann ein Text nie "für sich selbst" stehen, aber es ist eine Form des Respektes vor dem Leser, keinen verquasten Murks zu schreiben, den nur der versteht, der mit dem Autor 20 Jahre das Bett geteilt hat.

Die Abgrenzung Trivialliteratur - Kunst ist nicht am Text festzumachen. Vielmehr bezieht sie sich auf Intention und Entstehungsgeschichte. Nun gut, zufälligerweise entstehen dabei gewisse wiederkehrende Muster, die es mit einiger Treffsicherheit erlauben, einen Text in die eine oder andere Kategorie einzuordnen und dabei richtig zu raten. Aber es gibt sowohl gute Trivialliteratur als auch beschissene Kunst (pardon den Ausdruck).

r

 

@Ratte

Unsinn. Wo behaupte ich denn sowas?
Nein, kein Unsinn! Du behauptest es indirekt, nämlich hier:
"Vergessen werden sollte hier auch nicht die Relevanz des jeweiligen Zeitgeistes, der noch unabhängig vom Denken und Fühlen des jeweiligen Autors mehr oder weniger unbewusst in seine literarischen Werke mit hineinspielt."

Dieser "jeweilige Zeitgeist" ist für das Verständnis einer Geschichte ja nur bezogen auf die Autorenintention überhaupt wichtig. Die Zeit hat ja nur Einfluß auf den Autoren. Niemals auf die Geschichte selbst! (bzw. nur indirekt, eben über den Autor.)

Aber es gibt doch ganz unterschiedliche Lesarten!

Well... na und? Ist doch schön!

Für wen dieser beiden Leser sind diese Texte dann "absolut verständlich"?

Für beide! Jede dieser Lesarten ist für sich selbst, bzw. für "ihren" Leser die absolute. Das erklärt sich einfachd araus, daß der Leser das einzig wichtige für eine Geschichte ist - dadurch sind unendlich viele Wahrheiten möglich, die sich beliebig widersprechen können. Das wäre nicht möglich, wenn die intention des Autors irgendeine Relevanz hätte. Wenn ich Text X so verstehe und du denselben Text anders, dann wäre es doch ganz und gar unsinnig, den Autoren "zu überprüfen", um heraus zu finden, wer nun mehr Recht hat. Vielmehr würden wir uns darauf einigen, daß wir beide die Erzählung auf unsere Weise verstehen und beides völlig korrekt ist. Oder?

Das ist einfach falsch.

Ist es nicht. Du hast natürlich Recht, daß jeder auch indirekt und unbewußt von seiner Zeit beeinflußt wird. kein Widerspruch.
Aber du machst wieder den "Fehler" (mMn ist es ein Fehler), dich auf den Autoren zu beziehen, statt auf den Leser. Du vergißt nämlich, daß nicht nur der Verfasser durch allerlei umstände beeinflußt wird, sondern auch der Leser. Das heißt, daß jemand, der heute einen Text aus dem 19. Jahrhundert liest, ihn automatisch völlig anders auffasst, als es jemand vor 100 Jahren getan hätte. Die zeitlichen Umstände von (zB) 1850 sind also für den heutigen Rezipienten vollkommen irrelevant. (es sei denn natürlich, er will sich aktiv damit befassen.)
Nicht nur das Schreiben des Autors ist von seiner Zeit abhängig, sondern auch die Lesart!

Ich meine, du fixierst zu stark auf den Autoren. Für mich persönlich ist der Leser wesentlich wichtiger.

Es mag Texte geben, die man als wirklich zeitlos betrachten kann. Homers Erzählungen oder manche Sachen von Dostojewskij beispielsweise zählen für mich dazu. Immer muss aber erst das Wissen um den erforderlichen Kontext einer Geschichte vorausgesetzt werden, um verständlich zu werden. Eine Geschichte kann niemals ausschließlich aus sich heraus verständlich sein. Versuche zB. mal eine deiner Geschichten einem Aboriginie vorzulesen. Glaubst du, er würde sie verstehen, obwohl sie doch eigentlich vorgeben "textimmanent" zu sein?

Ich denke schon! Er würde sie eben auf seine Weise verstehen. Vielleicht völlig anders als ich oder du. Aber... wayne? Das ist doch gerade das Schöne!
Und "zeitlos" - Homer ist auch für jeden verständlich. man muß sich nicht mit antiker Mythologie auskennen oder historische Zusammenhänge kennen. Die Geschichte funktioniert auch so wudnerbar. Wohl anders, als es die Wissenschaft für richtig hält, aber sie funktioniert. Und darauf kommt es an.
Ich behaupte, daß gute Geschichten immer aus sich heraus verständlich sind. Eben weil es auf den Leser ankommt, nicht auf den Autor. Und Geschichten, die aus sich heraus verständlich sind, sind immer "zeitlos"!

 

Das heißt, daß jemand, der heute einen Text aus dem 19. Jahrhundert liest, ihn automatisch völlig anders auffasst, als es jemand vor 100 Jahren getan hätte.

wenn ich dazu mal meinen Senf abgeben dürfte:
ich lese einen Text immer erstmal einfach so (seit ich aus der Schule raus bin und zu nichts anderem mehr gezwungen werde.)
Manche Texte spielen eben einfach irgendwann und irgendwo. Da fält mir dann vielleicht nach 3 Absätzen auf, daß es noch keine Autos gibt und nur Gaslaternen. dann hat also entweder ein moderner Autor über diese Zeit geschrieben, oder es ist ein "alter" Text.
Aber die menschlichen Verhaltensweisen oder Denkstrukturen sind doch gar nicht so verschieden.
Ich kann doch die menschlichen Beziehungen in Romeo und Julia genauso beurteilen, wie die in Thelma und Luise.
Und wenn heute jemand über das Mittelalter schreibt, und es gut recherchiert und umsetzt, dann sollte das nicht weit entfernt von dem sein, was ein Autor dieser Zeit geschrieben hätte....

Was dann über den Text hinausgehend dann - vielleicht - interessant sein kann, ist zu wissen, daß zu der Entstehungszeit ein feste Glaube an Hexen vorherrschte, oder daß die Medizin etwas noch nicht erklären konnte, oder daß der Text in Kriegszeiten geschrieben wurde.

Was mich am Autor interessieren kann - parallel zum Text - ist vielleicht, wie viel er wirklich weiß und nachempfinden kann. Wenn ich eine Geschichte über den zweiten Weltkrieg in Italien lese, und erfahre, daß der Autor das als Kind wirklich erlebt hat, traue ich ihm vielleicht mehr Autentizität zu, als Karl May in seinen hübschen Reisen :D

Eine Beziehungsgeschichte funktioniert in gewissen Sinne immer "gleich"; nämlich abhängig von meinem Verständnis des Textes - ob ich ihn nachvollziehen kann etc. -
aber in gewissem Sinne spielen ja auch immer die Zeitumstände mit hinein. boy meets girl ist sicherlich ein anderes Szenario 1969 und 1869.
Aber ebenso auf dem Kietz, wie in einer streng katholischen Familie in der Provinz.
Und mir ist es dann - ehrlich gesagt - egal, ob der Autor einer heißen Geschichte zölibatär lebt oder ein "Lotterleben" führt... Brontee hat sicher nicht schlecht über Erotik ihrer Zeit geschrieben. Aber selbst kaum Erfahrung gehabt.

Lieben Gruß,

Frauke

 

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