Mitglied
- Beitritt
- 11.02.2002
- Beiträge
- 39
Aus dem Leben eines Greises
„So ein Bastard“ denkt sich Trogrin, „mein eigener Sohn...!“ Betroffen schaut Trogrin aus dem Fenster des Alten- und Pflegeheimes „An den Seen“. Hierher hatte ihn sein Sohn Trizto abgeschoben, da er angeblich nicht mehr finanziell tragbar für die Familie sei. Trogrin ist nun 76 Jahre alt und körperlich nicht mehr ganz so fit. „Hier werde ich also den Rest meines Lebens verbringen“ sagte er sich umschauend. „Verschimmeln!“ verbesserte er sich selbst.
Das Heim ist keineswegs an irgendwelchen Seen gebaut. Vielmehr am Rande der Stadt und der Lärm ist auch in der Nacht nicht auszuhalten. Wenn es wenigstens Seen gegeben hätte, wäre alles nicht so besonders schlimm, denn Trogrin mag Seen, mag das Spazieren, die Natur. All dies ist ihm aber vergönnt, dank Trizto, der das Heim ausgesucht hatte.
„76...76...76“ Trogrin wiederholt ständig sein Alter. „Wo ist die Zeit geblieben?“
Er will in die Stadt. Das darf er auch und alle anderen auch, wenn sie sich dazu in der Lage fühlen. Um 17.30 Uhr muss er jedoch wieder zurück sein, denn da gibt es Abendbrot und Tabletten. „Wie ein Kind“ denkt er sich.
In der Stadt gibt es Geschäfte, zu viele Geschäfte. Trogrin kann mit den vielen Namen überhaupt nichts anfangen. Früher gab es drei Geschäfte, die hatten alles und niemand hatte mehr Geschäfte gefordert, alle waren rundum zufrieden.
Das allerschlimmste für Trogrin ist jedoch die Ignoranz der Leute. Sie schauen ihn in der einen Minute an und haben ihn in der nächsten schon wieder vergessen. Jeder nur für sich. Als er 20 war, schaute sich jedes Mädchen nach ihm um. Er war bei den Frauen sehr beliebt damals.
„Die Zeiten ändern sich eben“ dachte sich Trogrin.
Um 16.00 Uhr ist er wieder „zu Hause“ im Pflegeheim. Er schaltet den Fernseher an. „Quatsch........Mist.............Unsinn!“ So schaltet sich Trogrin durch die Kanäle. Alles ist auf modern gemacht, überall Lichtblitze, lautes Geschrei und Menschen, die weit entfernt seines Alters sind. „ Alles für die breite Masse!“ denkt sich Trogrin zornig und schaltet das Fernsehgerät wieder ab. Dann beginnt er aus dem Fenster zu starren. Er starrt bis zum Abendbrot um 17.30 Uhr. Danach wieder aufs Zimmer. Ein paar der Anderen wollen mit ihm Poker spielen, aber das hat er nie gemocht. So verschwindet er auf sein Zimmer und beschließt, dass er es nie wieder verlassen wird. In dieser Verfassung machte sein Leben keinerlei Sinn mehr. Mit 20 hatte er sich vorgenommen, kein klischeehafter Greis zu werden, aber genau das ist geschehen. Die Klischees hatten sich zwar verändert, aber er ist zu dem geworden, was er verabscheute: Ein ungewollter, überflüssiger OPA!!
Traurig nimmt Trogrin seine Packung Schlaftabletten und drückt eine nach der anderen aus der Verpackung. Er schluckt alle und spült sie mit einem Glas Wasser hinunter. Dann legt er sich ins Bett, um in einen Schlaf zu verfallen, aus dem er nie mehr erwachen wird.