Auf Ewig
„Weißt du wo mein Kajalstift ist?“ rief ich durch die Tür und sah mich weiter um. „Ach, da ist er ja“, rief ich hinterher und begann meinen Lidstrich zu ziehen. Sehr lange brauchte ich nicht, um mich zu schminken. Ich fand, dass ich auch so gut genug aussah. Ich konnte die jungen Mädchen nicht verstehen, die sich fünf Pfund Farbe ins Gesicht klatschten und dann auch noch Push-Up-BHs trugen. Zugegeben, ich hatte auch einen an. Aber ich war auch schon über 30 und hatte ein enges Kleid an, das mit einem A-Körbchen einfach nicht zur Geltung kam. In meinem Alter durfte an etwas schummeln. Auch mit formenden Strumpfhosen. Zufrieden sah ich in den Spiegel, zupfte mein Haar nochmals zurecht und ging hinüber ins Schlafzimmer. Meine Uhr lag wie üblich auf dem Nachtisch. „So, ich wäre dann soweit“, sagte ich laut und legte die Uhr an. Meine Schuhe und meine Handtasche lagen bereits im Flur. „Ich weiß noch nicht, wann ich heim komme. Es ist ja auch das erste Mal, dass ich ausgehe seit..“ Tränen drangen in meine Augen und verhinderten, dass die letzten Worte des Satzes herauskamen. Ich riss ein Stück Küchenpapier von der Rolle ab und trocknete die Tränen. Das Tuch ließ ich einfach fallen, als ich einmal mehr die vertrockneten Blumen berührte. Der kleine Strauß, den ich neben das Bild von Isabell gestellt hatte. Ein Bild aus dem letzten Urlaub mit meiner besten Freundin. Ihre Todesanzeige daneben nahm ich kaum wahr. „Ich komme bald wieder“, schniefte ich und strich mit dem Finger über ihr blondes Haar auf dem Bild. „Ich lasse dich nicht lange allein.“ Dann ging ich hinaus. Mein Leben hatte sich verändert. Ich hatte mich verändert. Ich sprach zu dem Foto einer Toten. Doch eines würde sich nie ändern. Isabell würde für immer meine Freundin sein.