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Auf der Straße nach Red Lake

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21.04.2017
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Auf der Straße nach Red Lake

Georg wirft sich den Rucksack über die Schulter und beugt sich zur Beifahrertür hinein. „Vielen Dank.“
Der Alte murmelt etwas Unverständliches und fährt los. Der Türgriff wird Georg aus der Hand gerissen und die Tür schwingt zurück und rastet ein, ohne ganz zu schließen. Der Pick-up des Alten schaukelt auf der mit Gras bewachsenen Schneise hin und her, biegt Äste beiseite, die quietschend über die Seitenfenster und die Türen zurückschnellen und verschwindet langsam zwischen den wackelnden Ästen. Die Äste schwingen noch ein wenig hin und her, das Quietschen wird leiser, das Grummeln des Motors verklingt, bis Georg in der Stille steht und auf den unbewegten Wald schaut.
Er lauscht und schaut. Kein Geräusch, keine Bewegung. Langsam geht er zwei Schritte rückwärts, dann dreht er sich um.
Die Fahrspuren des Pick-ups bilden im Gras zwei dunkle, zur Straße führende Linien. Der Tau im Gras glitzert in der Morgensonne. Georg schaut sich nicht um. In einer der Fahrspuren geht er die wenigen Schritte zur Straße. Dort legt er den Rucksack in den Schotter des Seitenstreifens. Es ist noch früh am Tag. Er braucht sich keine Sorgen zu machen. Bis zum Abend wird ihn jemand mitnehmen.
Die Straße liegt in beiden Richtungen wie ein durch die Wälder geschossenes Band, das sich hebt und senkt, bis es hinter Bodenwellen verschwindet.
Er setzt sich auf seinen Rucksack.
Kein Vogel ist zu hören, nichts.
Nach ein paar Minuten grollt in der Ferne das Geräusch eines Motors. Das Auto ist die einzige sichtbare Bewegung. Es braust an Georg vorbei und er dreht das Gesicht weg und birgt es in der Beuge seines Armes, um nicht den Dreck in die Augen zu bekommen und nicht zu sehen, wie er angestarrt wird.
Als er wieder aufschaut, nähert sich ihm ein Auto aus der anderen Richtung. Er hat es nicht gehört. Er springt auf und hebt gleichzeitig seinen Arm mit dem hinausgestreckten Daumen.
In der nächsten Stunde fahren drei Autos vorbei.
Dann taucht in der Ferne ein Punkt auf. Der Punkt nähert sich und Georg erkennt einen Pick-up. Die Windschutzscheibe ist dreckig und reflektiert so stark, dass er nichts dahinter erkennen kann. Georg versucht, gleichmütig und freundlich zu schauen.
Hinter dem Rauschen der Räder hört er das Dröhnen des Motors. Dann wird der Motor leiser, der Pick-up fährt langsam an ihm vorbei, und Georg sieht zwei Männergesichter. Wenige Meter weiter halten sie an. Georg nimmt den Rucksack und läuft auf das mit blubberndem Motor wartende Fahrzeug zu. Fast hat er die Beifahrertür erreicht, als das Blubbern des Motors in ein tiefes Dröhnen übergeht und der Pick-up anfährt. Georg wirft den Rucksack auf den Boden und reißt den Arm nach oben, besinnt sich im letzten Moment, zieht den Mittelfinger wieder ein und fährt sich heftig mit der Hand durch die Haare.
Der Pick-up stoppt wieder und Georg fühlt, wie sich sein Magen zusammenzieht. Ein kleiner kräftiger Mann steigt auf der Beifahrerseite aus. Er winkt Georg. „War nicht so gemeint, komm, wir nehmen dich mit.“
Georg zögert, nimmt dann seinen Rucksack und geht langsam auf das Fahrzeug zu. Unter dem Dreck kann er kaum das stark verblichene Orange des Lackes erkennen. Rost hat die Kanten der Radkästen in Sägen verwandelt.
„Lester hat manchmal einen nervösen Fuß und einen seltsamen Humor. Mach dir nichts draus.“
Der Mann trägt ein rotkariertes Baumwollhemd, schmutzige Jeans und eine dreckige weiße Kappe.
„Hi, ich heiße Roy. Nichts für ungut, Kumpel.“
Sie schütteln die Hände. Roys Hand ist klein, sehr kräftig und rau.
„Ich heiße Georg.“ Er spricht den Namen amerikanisch aus.
„Werf deinen Rucksack hinten drauf.“ Roy geht zur Ladefläche und schiebt eine Schippe, eine Spitzhacke und eine Kettensäge etwas zur Seite. „Wir haben genug Platz.“
Georg rückt die ölverschmierte Säge noch ein Stück weiter weg, legt dann seinen Rucksack auf die Ladefläche und zieht einen Abfallsack zwischen die Säge und den Rucksack. „Ist alles, was ich hab. “ Er tritt an den Straßenrand, zieht die Innenfläche seiner schmutzigen Hand mehrmals über einen Grasbüschel und geht zur Beifahrertür.
Lester ist Indianer. Seine langen schwarzen Haare hängen unter einem schwarzen Baseball Cap hervor. „Chuck’s the Best f… the Rest.“ steht darauf.
Georg klettert zwischen den Sitzen nach hinten. Dort ist eine Sitzbank ohne Fußraum. Er streckt die Beine auf der Bank aus und lehnt sich mit dem Rücken gegen ein kleines Seitenfenster.
Sie fahren los.
Roy dreht sich zu ihm. „Was zum Teufel machst du in dieser gottverlassenen Gegend?“
Georg lacht kurz durch die Nase. „Das war nicht so geplant. Heute früh bin ich in Kenora gestartet und habe mich gefreut, weil mich gleich jemand mitgenommen hat. Ein alter Mann, den konnte ich kaum verstehen, so hat der gemurmelt. Auf jeden Fall hat er genickt, als ich ihn gefragt habe, ob er nach Red Lake fährt. Tja, und dann ist er hier in den Wald eingebogen und das wars dann. Hab schon gedacht, ich muss hier übernachten.“
„Und in Red Lake? Da ist doch auch nichts los. Eine verdammte Sackgasse ist das hier. Hinter Red Lake kommt nichts mehr bis zum Polarkreis. Mann, du bist doch auf Reisen, da geht man doch nicht nach Red Lake. Freiwillig würde mich da keiner hinkriegen. Was willst du denn da?“
„Morgen fliege ich von dort in die Sandy Lake Reservation.“
„Du siehst nicht aus wie ein verdammter Wilder, oder Lester, was meinst du?“ Er lacht und boxt Lester an den Oberarm. Lester lächelt. „Oder bist du ein Missionar, oder was? Wo kommst du eigentlich her?“
„Aus Deutschland.“
„Deutschland! Bierre zeehr gutt. Verstehst du mich?
„Ja, klar.“
„Ein Kumpel von mir war letztes Jahr in Deutschland. Da war gerade dieses Flugzeugunglück.“
„Rammstein.“
„Ja, genau Mann. Echt krass, die Leute sind da rumgerannt wie die Fackeln.“
„War dein Kumpel dabei?“
„Nein, Mann. Im Fernsehen hab ich’s gesehen. Mein Kumpel hat erzählt, die Deutschen wären nicht mehr so wie früher, so tough, wären heute eher so Weicheier. Stimmt das, Georg, bist du ein Weichei?“
„Keine Ahnung. Kommt darauf an.“
„Na, ein Mann der klaren Worte biste schon mal nicht. Mein Vater war im Krieg. Hat gegen die Deutschen gekämpft. Die haben gekämpft wie die Teufel, hat er gesagt. Die besten Soldaten, die er jemals gesehen hat. War dein Vater auch so ein guter Soldat?“
„Mein Vater war zu jung. Bei Kriegsende war er erst zwölf.“
„Und deine Großväter?“
„Sind beide im Krieg gefallen.“
„Respekt, Mann.“ Er wendet sich zu Lester und boxt ihn auf den Oberarm. „Wie deine Vorfahren, Lester. Harte Krieger, da wird nicht viel geredet, da wird gekämpft und gestorben und dann können die Enkel so nebenbei sagen ‚Meine Großväter sind beide im Kampf gestorben‘, krass.
Unser Lester ist nicht so ein Ojibwe hier aus der Gegend. Die haben hier doch nur die Rinde von den Bäumen gefressen und sind im Winter wie die Fliegen gestorben. Die waren doch froh, als die Weißen kamen und sie endlich was zu beißen hatten.
Lester ist Mohawk. Das waren die ganz harten Jungs. Sind immer noch hart. Wir sind hier in Feindesland, was Lester? Wenn die Ojibwe dich hier kriegen, dann Gnade dir Gott.“ Er lacht und klopft sich auf den Oberschenkel.
„Ja, und Sandy Lake? Da gibt’s doch nur Indianer. Was willst du denn da?“
„Weiter nach Keewaywin. Dort arbeite ich in einem internationalen Projekt. Wir bauen Häuser für die Indianer.“
„Lester, hör dir das an. Da kommt dieser Georg aus Deutschland, um deinen Leuten Häuser zu bauen. Ich versteh die Welt nicht mehr. Indianer müsste man sein. Da kriegt man alles in den Arsch gesteckt: Haus, Krankenversicherung, nur um eine Muschi muss man sich noch selber kümmern und wenn man die ganze Nacht gepimpert hat, kann man am Morgen ausschlafen und den ganzen Tag fischen gehen und wenn man dann nach Hause kommt, hat Georg einem das Haus repariert. Teufel noch mal, ich hätte Indianer werden sollen!“
„Nächstes Mal.“
„Hör dir das an Lester. Dieser Georg. Furzentrocken. ‚Nächstes Mal‘. Ich kann‘s nicht fassen.“ Er starrt vor sich hin. „Nächstes Mal.“ Er murmelt es immer wieder vor sich hin, schüttelt ab und zu den Kopf, schnaubt durch die Nase und scheint etwas sagen zu wollen, murmelt aber nur ‚nächstes Mal‘.
Georg zieht die Jacke aus, schiebt sie in den Winkel von Seitenwand und Sitzbank und streckt sich aus. Es ist fast bequem.
Durch das Seitenfenster sieht er die Telefonleitung fallen, ansteigen, ein Pfosten, fallen, ansteigen.

„Halt an, ich muss mal pissen.“
Georg schreckt aus seinem Schlummer.
Lester nimmt den Fuß vom Gas und der Pick-up rollt langsam aus.
Roy steigt aus und streckt sich. „Besser, du gehst auch, dann brauchen wir bis Red Lake nicht mehr zu halten.“
Georg klettert über den Beifahrersitz raus.
Lester steigt ebenfalls aus, streckt sich, geht über die Straße und pinkelt dort in den Graben. Georg hört seinen Strahl auf Wasser klatschen. Er sieht, wie gedrungen, aber kräftig Lester ist.
Roy springt an der anderen Straßenseite über den Graben und verschwindet zwischen den mehr als mannshohen Pappelschösslingen, die in einem Streifen die Straße säumen. Hinter diesem Streifen beginnt der Wald.
Georg folgt Roy über den Graben, hält sich dann aber weiter rechts.
Er versucht in hohem Bogen ein Pappelblatt zu treffen, als er hinter dem hin und her zuckenden Blatt eine Bewegung wahrnimmt. Er neigt den Kopf und sieht etwas Weißes sich bewegen. Er schüttelt sich ab, schließt seine Hose, tritt einen Schritt zur Seite und geht um die feuchten Blätter herum. Etwas Weißes bedeckt den Boden vor ihm. Kleine, rasche Bewegungen der Masse lassen ihn nicht erkennen, was es ist. Die Umrisse verschwimmen vor seinen Augen. Dann erkennt er es. Es sind Maden. Zwischen den kriechenden Maden sieht er den Stoff einer Jeans und ein rotkariertes Baumfällerhemd. Die Brust des Mannes hebt und senkt sich in kleinen Bewegungen, auch die Beine bewegen sich in der Jeans und dann sieht Georg das Gesicht. Die Augenhöhlen starren ihn mit weißen Klumpen an. Das Gesicht verzieht sich zu seltsamen Grimassen und dann versteht Georg, dass die Maden mit ihren heftigen Bewegungen in der Suche nach dem fettesten Bissen Fleisch, die Hülle der Leiche in einen Totentanz versetzen.
Georg sieht an sich hinab. Er steht auf einer Hand. Maden kriechen über seinen Schuh und haben die Hose erreicht. Er springt, wie von einer Feder katapultiert zurück, bricht zwischen den Pappelschösslingen hindurch, setzt über den Graben und stützt sich keuchend auf die Motorhaube. Heftig tritt er immer wieder gegen den Reifen. Dann bückt er sich und untersucht mit spitzen Fingern den Schlag der Hose und die Schuhe. Im Profil eines Schuhes klebt das Hinterteil einer halbzerquetschten Made, deren Vorderteil zuckend versucht, die Schuhsohle hinauf zu kriechen.
Georg jault auf und zieht den Schuh mit der Kante über den Asphalt. Dann streift er ihn mehrmals am Straßenrand an einem Grasbüschel ab. Als er unter den Schuh schaut, hängt dort noch immer das Hinterteil der Made. Er läuft ein paar Meter die Straße entlang, bis er einen kleinen Zweig findet, mit dem er die Reste der Made entfernt.

Roy ist in der Zwischenzeit zurückgekehrt und beobachtet ihn. „Alles klar bei dir? Das hier ist ein Nutzfahrzeug und kein buddhistischer Tempel. Mach mal nicht so ein Geschiss wegen dem bisschen Dreck am Schuh.“
Georg steht mit auf den Knien gestützten Händen, keuchend vor Roy. Roy tritt mehrmals gegen den Reifen. „Scheiß Dreck da drinne. Ein verfluchter Sumpf überall.“ Seine Stiefel sind bis zu den Knöcheln matschig. „Hast du ein Gespenst gesehen oder was? Wie siehst du denn aus, Mann?“
„Da liegt ein toter Mann.“
„Das kommt vor.“
„Im Ernst.“
Lester sitzt in der offenen Fahrertür, die Unterarme auf die Knie gestützt und raucht. Er dreht sich um und sieht Georg durch die Windschutzscheibe an. Georg sieht nur das Spiegeln des Lichts in der Scheibe. Lester bläst schnaufend Rauch aus der Nase und tippt die Asche.
Roy hört auf, die Schuhe abzuklopfen und sieht Georg mit zusammengekniffenen Augen an.
Roy stößt sich vom Auto ab. „ Das wollen wir uns doch mal ansehen.“ Er springt über den Graben und verschwindet in den Büschen.
Lester schnippt die Kippe weit in die Straße. Die Kippe hüpft und tanzt, bis sie einen Bogen rollt und sich im Schotter der anderen Straßenseite verfängt. Sie raucht noch, als Roy zurückkommt.
Roy reibt seinen Oberarm. „Mann, versuchst du immer in die Wipfel zu pissen? Gut, dass ich es nicht in die Fresse gekriegt habe.
Los, auf, rein ins Auto. Der hat genug Gesellschaft.“
Sie fahren weiter.
Georg starrt aus dem Seitenfenster. Die Telefonleitung fällt und steigt an, aber er sieht es nicht.
Lester sitzt zurückgelehnt und hält das Lenkrad am niedrigsten Punkt, die Daumen nach innen.
Roy hat die Füße auf das Armaturenbrett gelegt und tappt mit der Sohle an die Frontscheibe. Er blinzelt rasch und häufig und dreht den Kopf mit kleinen, schnellen Bewegungen hin und her. Dann wendet er sich zu Lester und grinst: „Hey Georg, das war bestimmt so ein Hitchhiker.“ Roy schlägt Lester auf die Schulter. „Hey Lester, wie oft soll ich dir noch sagen, du sollst die Jungs ein bisschen weiter in die Büsche schmeißen?“ Lester lacht lautlos und sieht geradeaus. Roy dreht sich zu Georg. Georg lächelt und sagt: „Vielleicht war’s auch jemand, der einen Hitchhiker mitgenommen hat.“
„Hast du das gehört Lester?“ Roy haut mit der flachen Hand auf das Armaturenbrett. „Dieser Georg, eiskalt. Gut, dass du fährst, da erledigt er mich zuerst. Du musst ihn dann irgendwohin fahren, wo er dich so lange in den Arsch fickt, bis du mit deinen Hämorrhoiden Stepp tanzen kannst.“ Er wiehert und schlägt wieder auf das Armaturenbrett.
Dann wird er still, setzt sich auf und öffnet das Handschuhfach. Er dreht sich um und hält Georg den Lauf eines Revolvers ins Gesicht. „Na, da war ich wohl ein bisschen schneller.“
Georg hebt die Hände. Roy beginnt zu lachen. „Hey Mann, verstehst du keinen Spaß?“ Er hält Georg den Revolver am Lauf hin. „Mann, die ist doch nicht geladen. Hier!“ Er hebt den Revolver leicht an, doch Georg nimmt ihn nicht.
„Das war sehr komisch, Roy.“
Roy legt den Revolver zurück in das Handschuhfach. „Die Jugend von heute versteht einfach keinen Spaß mehr, was Lester? Bei uns früher hätten wir dich erst erschossen und dann geguckt, ob du noch lachst.“ Er kichert noch eine Weile in sich hinein.

Es ist Nachmittag, als sie in Red Lake einfahren. Georg richtet sich auf und schaut nach vorne auf die Straße. Roy wacht auf. Er sieht zu Seite hinaus. „Hier sieht es so verdammt langweilig aus wie immer.“
„Wisst ihr, wo das Budget Inn ist?“
„Klar, sollen wir dich da rauslassen?“
„Das wäre nett.“
„Ist gleich hier vorne rechts.“
Lester fährt an die Seite. Roy und Georg steigen aus. Georg beugt sich zur Tür rein. "Schönen Dank.“
Lester lächelt und klopft mit beiden Handflächen auf das Lenkrad.
Georg schwingt sich den Rucksack auf die Schulter. Roy steht gegen die Tür gelehnt. „Ist ganz schön schwer, was?“
„Man gewöhnt sich dran mit der Zeit.“ Georg streckt die Hand aus. „Danke fürs Mitnehmen.“
„Kein Problem. Wir hatten ja auch jede Menge Spaß, oder?“ Er schüttelt Georg die Hand. „Pass auf dich auf. Es gibt Leute, die verstehen keinen Spaß.“ Er steigt ins Auto. Als sie losfahren, schlägt Georg zweimal aufs Autodach und hebt die Hand. Roy schaut ihn im Rückspiegel an und hebt seinen aus dem Fenster hängenden Unterarm. Lester hupt kurz. An der nächsten Kreuzung biegen sie ab und verschwinden.
Georg dreht sich um und geht die Stufen hinauf.

Als Georg die Dusche ausstellt, hört er Stimmen im Zimmer. Worte kann er nicht verstehen, aber an dem Klang und dem Singsang der leisen Unterhaltung erkennt er die Sprecher als Schweizer. Dann geht die Tür und es ist still. Er wickelt sich ein Handtuch um die Hüften und geht vom Bad in das Zimmer.
Auf einem der vier Betten sitzt ein junger Mann und liest in einem Reiseführer.
Der junge Mann blickt ihn an.
„Hi“, am Ende des Wortes zieht er die Stimme in die Höhe.
„Hallo. Ich heiße Georg“, sagt er auf Deutsch.
„Ich heiße Jasper.“
Er gibt Jasper die Hand und hält mit der linken das Handtuch fest. Dann dreht er sich um und sucht frische Kleidung aus seinem Rucksack.
Jasper blättert im Reiseführer: „Bist du auch zum Goldsuchen hier?“
„Nein.“
„Nein? Was kann man denn sonst hier machen?“
Georg erzählt seine Geschichte. Nebenbei sortiert er die auf dem Bett ausgebreitete Wäsche.
„Du bist schon ein Jahr von zu Hause weg und willst noch länger weg bleiben? Das würde ich nie machen.“
„Warum nicht?“
„Überleg doch mal, was du da bei deiner Rente verlierst.“
Georg dreht sich um und schaut Jasper an.
Jasper rutscht kurz mit dem Hintern auf dem Bett etwas zur Seite und wieder zurück. „Was?“
Georg zögert, dann sagt er langsam: „Da hast du natürlich Recht.“
Jaspers Gesicht hellt sich auf und er beugt sich vor. „Schau, jetzt habe ich meine Matura, bis zum Studienanfang im Oktober habe ich noch zwei Monate Zeit, um Abenteuer zu erleben und dann kann ich gleich mit dem Studium anfangen.“
„Du konzentrierst dich auf die wichtigen Dinge im Leben?“
„Ja, genau. Hast du denn schon irgendwelche Abenteuer erlebt?“
„Bisher nicht.“
„Das gibt es doch nicht.“ Jasper springt auf und breitet die Arme zu den Seiten aus. „Du warst ein Jahr in der Wildnis und hast nichts erlebt?“
„Ich wünsche dir und deinem Kumpel viel Glück beim Goldsuchen.“
Georg geht ins Badezimmer, zieht sich an, nimmt seine Jacke und zieht die Tür rasch hinter sich zu. Im Gang atmet er mehrmals tief ein und aus. Plötzlich fühlt er, wie angespannt er ist. In seinem Kopf sind vibrierende Stahlseile von einer Seite des Schädels zur anderen gespannt. Gleichzeitig hat er das Bedürfnis nach einem Schnaps. Das hatte er noch nie.
Er biegt um eine Straßenecke und sieht direkt vor sich die Sonne im See versinken. Am anderen Ufer des Sees steht ein Hochspannungsmast im flimmernden Orange der eintauchenden Sonne und es sieht aus, als reiße die Sonne den Mast um. Georg sieht zu, bis die Sonne nicht mehr zuckt, und geht dann die plötzlich sehr graue und triste Hauptstraße entlang.
Der Türsteher wirft nur einen Blick auf ihn und macht sich nicht die Mühe anzupreisen, sondern hält ihm die Tür auf: „Einen wunderschönen Abend wünsche ich dem Herren!“
„Werde ich haben, mein Freund, werde ich haben.“
Als er eine zweite Tür aufstößt zu der rauchigen Dämmerung dieser Höhle, fühlt er sich bereits betrunken und hätte am liebsten die Arme ausgebreitet und alle Anwesenden laut begrüßt und wie schön wäre es, wenn auch er mit einem lauten, herzlichen ‚Hallo‘ begrüßt würde. Zumindest drehen sich die wenigen Männer an der Bar zu ihm um und es riecht herrlich nach Rauch und es ist wunderbar stickig und schummerig.
Er stellt sich an die Theke und den zweiten Schnaps teilt er bereits mit einem Bauarbeiter. Er langweilt den Bauarbeiter mit Geschichten über Indianer und das Fallenstellen und das wilde Leben im Busch, aber dann kommt Suzie auf die Bühne und Georg setzt sich an einen kleinen Tisch in der ersten Reihe. Suzie ist genau das, was er jetzt braucht. Zwischendurch kommen auch andere Frauen auf die Bühne, aber Suzie kommt immer wieder und sie ist so braun und lebendig und wackelt wie Schokopudding und Georg steckt ihr viele Geldscheine an viele Stellen und die Musik dröhnt und er versteht nicht, was der dicke Mann von ihm will und warum der dicke Mann ihn dann so fest und fies im Nacken packt, dass Georg sich steif wie ein Brett von dem Mann zur Tür führen und in den Rinnstein stoßen lässt.

Er erwacht im Bett in der Herberge. Die Betten der Schweizer sind leer. Auf der Toilettenschüssel sind Spritzer von Erbrochenem und er übergibt sich noch mal.
Er verlässt die Herberge so unauffällig wie möglich, sieht aber das mit Verachtung tapezierte Gesicht des Portiers.
Am Flugplatz verbringt er in einer Bude, die als Wartesaal dient, mehrere Stunden mit Müsliriegeln und Mineralwasser.
Als das Flugzeug startet, spürt er wieder seinen Magen und er zieht eine Plastiktüte aus seiner Jackentasche, aber dann beruhigt sein Magen sich und er schaut zum Fenster hinaus. Sie lassen die Verwüstungen der Stadt hinter sich, bis er nichts mehr sehen kann, als Wald und Wasser und Felsen. Und plötzlich durchflutet es ihn und zuerst weiß er nicht, was es ist, bis er all diese Bilder sieht von den Weinbergen in seiner Heimat mit den kunstvoll gefügten Steinmauern und den alten Häusern und als er spürt, dass er sich nichts mehr wünscht, als in einer Buchhandlung zu stöbern und dann mit Freunden ein Eis in der Waffel zu essen, fragt er sich, wohin er fliegt.

 

Hallo Odysseus,
und herzlich Willkommen bei den Wortkriegern ;)

Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber deine Geschichte liest sich echt anstrengend. Dabei ist dein Stil nicht schlecht. Aber du schmeißt den Leser mitten ins Geschehen (was grundsätzlich gut ist!) ohne irgendwas zu erklären (was grundsätzlich auch gut ist!), nur funktioniert das hier irgendwie nicht. Ich denke es liegt daran, dass du von Anfang an alle drei Namen einführst und ich bis zum Schluss noch nicht so richtig rausklamüsert hatte, wer jetzt wer ist und wo sitzt und was gerade macht :D Also klar, mit etwas mehr Konzentration hätte ich das wohl hinbekommen, aber wenn ich mich bewusst auf einen Text konzentrieren muss, dann macht der auch irgendwie keinen Spaß mehr. Vor allem wenn es so etwas Banales ist wie die Namen der Figuren.
Hinzu kommt, dass deine Namen alle gleich sind. Roy, Buck, George - alles kurz und einsilbig, vor allem mit Roy und Buck hatte ich meine Probleme, das überliest man einfach und kann dann nicht zuordnen, von wem denn gerade die Rede war.

Verbesserungsvorschlag: Erstmal die beiden im Auto einführen, die ein bisschen schnacken lassen oder was auch immer, damit der Leser mit den Namen schonmal vertraut ist und weiß wer fährt und wer daneben sitzt. Und dann den dritten mit reinnehmen, dass die den zb vom Wegesrand aufsammeln, er sich vorstellt - das schafft Ordnung und Struktur, das ist gut ;)

Und jetzt zur Geschichte, die du erzählst, wobei es ja gar nicht wirklich eine Geschichte ist, mehr so eine Momentaufnahme ohne großartige Wende oder einen besonderen Höhepunkt. Die Leiche, gut, das könnte man als Höhepunkt betrachten, aber dafür ist sie zu nebensächlich. Ich verstehe schon, du willst es so darstellen, dass die Männer sich nicht dafür interessieren, vielleicht die Schwere dieses Funds nicht erkennen, wie auch immer, aber ich glaube, da bist du fast ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen. Du könntest der Leiche ruhig noch ein paar Zeilen mehr widmen, ohne sie dadurch zu sehr aufzubauschen - nur irgendwovon muss deine Geschichte ja auch handeln, und ohne die Leiche sind es einfach nur drei Jungs, die zusammen n bisschen Auto fahren und einen etwas schrägen Humor haben.
Daher mein Vorschlag: Schenk der Leiche ein bisschen mehr Zeit. Beschreib sie mehr, wie sie da so liegt, wie sieht die Haut aus, wie könnte sie sich anfühlen? Vielleicht schnappt sich einer der Jungs ja einen Stock und piekst oder stochert ein bisschen an der Leiche rum. Sei kreativ, aber integrier sie mehr in deine Story.

Dann noch zwei Typos, die mir beim Überfliegen aufgefallen ist:

„Die Jugend von heute versteht einfach keine Spaß mehr, was Buck? Bei uns früher hätten wir dich erste erschossen
*keinen Spaß
*erst

Liebe Grüße und viel Spaß hier im Forum,
Sommerdieb

 
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Hallo Odysseus,

zuerst einmal begrüße ich dich bei den Wortkriegern.

Vorweg: Sprachlich machst du das mMn recht gut. Mir gefallen deine einfachen und schnörkellosen Sätze, sie drücken eine gewisse Lakonie aus und passen zur Schlichtheit der Handlung und zur Kargheit der Umgebung. Außerdem kann es einen besonderen Reiz haben, etwas sehr Ungewöhnliches trocken und lapidar darzustellen.

Inhaltlich habe ich ähnliche Probleme wie Sommerdieb. Vor allem weiß ich nicht genau, warum du mir erzählst, was du da eigentlich erzählst. Zwei Männer nehmen den Anhalter Georg mit. Irgendwann muss dieser ‚pissen’, sie halten an, Georg entdeckt eine Leiche, erzählt das den beiden und sie fahren weiter. Am Ende der Geschichte steigt Georg aus. Zwischendurch gibt es ein Spielchen mit einer Pistole.

Der Titel deiner Geschichte und ihr zweiter Satz suggerieren, dass der Ort der Handlung wohl irgendwo in Amerika liegt. Aber das ist für deine Geschichte nicht besonders wichtig. Du erzählst alles so, dass der genaue Ort unwichtig erscheint, sich alles auch in einer einsamen Gegend irgendwo auf der Welt, in Ostfriesland oder zwischen Bielefeld und Osnabrück abspielen könnte. Da kommt außer im zweiten Satz kein spezielles Feeling auf. Mit ein paar Begriffen, die an amerikanische Roadmovies erinnern, machst du es dir für mein Gefühl zu einfach.

Ich frage mich, warum du diesen Text geschrieben hast? Ist es eine Fingerübung? Wolltest du etwas auszuprobieren? (Möglicherweise hast du gerade ein bisschen viel Kerouac gelesen.:D)

Zum Tag ‚Spannung’:

Irgendwie erreicht mich auch die gut geschriebene Szene mit der Pistole, in der es spannend werden soll, nicht so recht. Vielleicht hätte sie mir als Leser mehr gebracht, wenn du zumindest an dieser Stelle deine distanziert-beschreibende Haltung aufgegeben und mich hättest teilhaben lassen am Innenleben Georgs. So bleibt alles auf der Ebene der äußeren Darstellung. Es entsteht keine wirkliche Spannung, es knistert nicht, ich erlebe als Leser diese Szene recht unbeeindruckt. In einem Film hätte mir das Minenspiel des/der Protagonisten (und eventuell die Musik) die Spannung dieser Szene vermittelt, aber das fehlt hier natürlich.

Was könntest du anders machen?
Vielleicht solltest du überlegen, von Anfang an stärker in die Person Georg einzusteigen, mich als Leser an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben zu lassen. Das kannst du als Ich-Erzähler erreichen, aber durchaus auch als personaler Erzähler, der die Perspektive Georgs einnimmt.
Eine andere Möglichkeit bieten natürlich die Dialoge. In ihnen kannst du die handelnden Personen charakterisieren, aber auch ihre Befindlichkeit ausdrücken. Deine Dialoge schaffen das mMn in ihrer Knappheit und Allgemeinheit noch nicht.

Noch ein paar Kleinigkeiten:

Mit dem Lineal geschossen, zog sich die Straße durch die Wälder bis sie in einer Bodenwelle verschwand.
Hier sollte der Satz mMn mit einem ‚Wie’ beginnen. Die Straße ist ja nicht wirklich mit dem Lineal gezogen. Auch kann man mit einem Lineal wohl nur schwerlich schießen.

Roy stand in der Tür und streckte sich.
In einem Pick-Up in der Tür zu stehen, halte ich für fast unmöglich.

Roys kariertes Hemd verschwand in den Büschen.
Nur sein Hemd?

Er versuchte in möglichst hohem Bogen ein Pappelblatt zu treffen, als er hinter dem zackenden Blatt eine weiße Bewegung und etwas Buntes sah.

‚Pappelblatt’ in dieser Gegend? Mit ‚zackenden’ Blättern?
Was ist eine ‚weiße Bewegung’? Meinst du, dass sich etwas Weißes bewegte?

Mit einem Tritt schlug er sie los, drehte sich um, brach durch das Gebüsch, sprang über den Graben und stützte sich auf die Motorhaube.
Zwei sehr schnellen Bewegungen folgt das behäbige Sich-auf-die-Motorhaube-stützen??

Roy sprang über den Graben und lehnte sich neben Georg. Mit einer Hand stütze er sich auf die Motorhaube

Auch er?

Roy hörte aufK seine Schuhe abzuklopfen

Sie rauchte nochK als Roy zurückkam.

wie oft soll ich dir noch sagenK du sollst die Jungs ein bisschen weiter in die Büsche schmeißen?“

Vielleicht war’s auch jemandK der einen Hitchhiker mitgenommen hat

Als sie losfuhrenK schlug Georg zweimal aufs Autodach

Noch etwas zum Schluss: Was wir hier anmerken, sind immer subjektive Eindrücke, mit denen wir dir ein Feedback geben möchten, wie dein Text auf uns gewirkt hat, mehr nicht. Nimm deshalb aus allem das, was dir einleuchtet und mit dem du etwas anfangen kannst.
Viel Spaß hier.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Dann wurde er plötzlich still, setzte sich auf und öffnete das Handschuhfach. Er drehte sich um und hielt Georg den Lauf eines Revolvers ins Gesicht.

Zeig mir einen Leser, Odysseus, der beim Lesen dieser Szene nicht automatisch daran denken muss und der sich dementsprechend nicht weiß Gott was vom weiteren Verlauf der Geschichte erwartet.
Insofern erscheint mir deine Geschichte beinahe wie (arglistige) Lesertäuschung: Du bietest ein vielversprechendes Figurenensemble und entwirfst eine interessante Ausgangssituation, machst dann aber genau nix draus, lässt das ganze Ding letztlich erbärmlich im Sande verlaufen.

Schade, Odysseus. Einerseits verstehst du es durchaus, Spannung aufzubauen, hast ein paar originelle Ideen und Ansätze, andererseits wirkt der Text, als hättest du plötzlich keine Lust mehr gehabt, weiterzuschreiben, dir den Kopf drüber zu zerbrechen, was du nun mit diesen drei Typen anstellen sollst.
Kommt mir ein bisschen vor wie der Vorspann zu einem Film, der dann nie in die Kinos kommt.

Also spitz mal schön die Bleistifte und mach was draus, was den Namen Geschichte verdient.

Willkommen hier, Odysseus.

offshore

 

Hej Odysseus,

deine roadmovie-Szene liest sich kurzweilig, interessant und verläuft sich dann im Sande. Mehr als Bilder bleiben nicht im Kopf, aber das finde ich schon beachtenswert. :thumbsup: Wenn du den Protagonisten jetzt noch wirklich was zu tun gibst, oder sie zumindest innerhalb der Situation wachsen lässt, wäre das echt gut.

Freundlicher Gruß, Kanji (ich liebe Tarantino)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sommerdieb, Barnhelm, ernst offshore und Kanji,

vielen Dank an euch, dass ihr euch nicht nur die Mühe gemacht habt meine Geschichte zu lesen, sondern auch noch eure Eindrück mitzuteilen!

Für mich ist das eine ganz neue Erfahrung, da ich nicht nur auf diesem Forum ganz neu bin, sondern mich bisher auch sonst mit niemandem in der Tiefe über eines meiner Werke ausgetauscht habe.

Eure Anregungen muss ich erst mal sacken lassen und dann sehen, was ich daraus mache. Hilfreich sind sie alle in jedem Fall. Ich bin halt leider nicht so gut im überarbeiten, aber das werde ich hier hoffentlich noch lernen.

Für den Leser sollte die Entstehungsgeschichte von Literatur natürlich keine Rolle spielen, aber viele der Probleme, die ihr zu Recht angesprochen habt, sind wahrscheinlich in der Entstehungsgeschichte begründet und da ihr euch so viel Mühe gegeben habt, will ich sie euch auch mitteilen.
Dies ist die erste Geschichte, die ich jemals geschrieben habe, vor über 20 Jahren (Pulp Fiction kannte ich damals noch nicht und habe ich bisher niemals mit dieser Geschichte in Verbindung gebracht, aber es ist natürlich blöd, wenn fast jeder Leser diese Assoziation hat).
Ein Freund hat mir erzählt, die Geschichte mit der Leiche in den Büschen sie ihm so passiert. Bis heute weiß ich nicht, ob das tatsächlich stimmt, oder nicht, aber es hat mich schwer beeindruckt, vor allem, da dieser Freund eher ein nüchterner, sachlicher Typ ist.
Mich hat vor allem verstört, dass auf die ungeheuerliche Tatsache, eine Leiche zu finden, keinerlei Handlung folgte: Mein Freund meinte, er habe sich keinen Ärger in einem fremden Land (Kanada) einhandeln wollen und außerdem sei dem Toten ohnehin nicht mehr zu helfen gewesen.
Ich war deshalb weniger an der Entwicklung von Charakteren interessiert als an der Darstellung dieser Ungeheuerlichkeit.
Den Teil mit dem Revolver habe ich dazu erfunden.

Mir ist es wichtig eine Rückmeldung auf diese Geschichte zu bekommen, die für mich nach so vielen Jahren noch so präsent ist.
Jetzt muss ich schauen, ob ich sie so weiter bearbeite, dass sie auch für Leser interessant ist, oder ob ich einfach einen Haken an diesen ersten Gehversuch mache und mich anderen Geschichten widme.

Vielen Dank nochmals an euch vier. Hoffentlich erhalten ich noch weitere Rückmeldungen und vielleicht schaffe ich es ja tatsächlich, die Geschichte zu überarbeiten.

Viele Grüße

Odysseus

 

Hallo Odysseus,

ich habe mir früher auch eine ganze Weile darüber den Kopf zerbrochen, reale Erlebnisse als Basis für Kurzgeschichten zu verwenden, aber das ist ein schwieriger Weg. So wie in Deinem Text hat man dabei häufig das Problem, dass die Geschichte dann dramaturgisch nicht richtig funktioniert. Was Dein Freund erlebt hat ist wirklich ungewöhnlich und gibt eine gute, ungewöhnliche Story zum Erzählen her. Wenn daraus aber ein literarischer Text werden soll, muss man einige Probleme knacken.

Besonders wichtig ist die Frage, wie Du die Szene mit dem Leichenfund in eine Rahmenhandlung integrierst, die das Ereignis in einen Sinnzusammenhang bringt. So wie es jetzt ist, macht das Ganze kaum Sinn, denn es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Roy und Buck so desinteressiert reagieren. Ein Leichenfund beschäftigt die Menschen ja normalerweise. Das wird bis zum Ende nicht aufgeklärt und lässt den Leser irritiert zurück. Natürlich könnte sich der Leser etwas zusammenphantasieren, aber er ist nicht dazu da, die Geschichte für den Autoren zu Ende zu schreiben.

Es gibt dann diesen Moment, wo man annehmen könnte, Roy und Buck wären die Killer und reagieren deshalb so abgeklärt. Das scheint aber nicht der Fall zu sein, jedenfalls bietet der Text auf diese Frage keine zufriedenstellende Lösung. Alles bleibt rätselhaft, vage und eben irgendwie unfertig.

Ich finde den Moment, wo plötzlich der Revolver auftaucht schon spannend. Aber weil dann nichts passiert, stehe ich mit der Frage, was es mit der Leiche und dem eigenartigen Verhalten der Protagonisten auf sich hat, wieder am Anfang. Ich denke, Du musst dem Leser eine Auflösung anbieten.

Gruß Achillus

 

Hallo,

ich finde es für einen ersten/der ersten Schreibversuche gar nicht schlecht. Allerdings wirkt das Ganze noch etwas ungelenk und ungewichtet, es läuft auf nichts heraus. Ich finde die Sprache nicht schlecht, sie wirkt noch etwas wie die Anweisungen eines Drehbuchs ("Buck saß ... Er drehte sich ... Georg sah nur ... Roy sprang über den Graben ..."), da könntest du noch mehr Melodie oder Abwechslung reinbringen, aber das passt schon, das kommt mit der Zeit, je mehr du schreibst.

Ja, zur Geschichte: Da vergeudest du viel Potential, haben ja schon Vorkommentatoren gesagt. Noch kenne ich keine deiner Figuren, du kannst sie mir als Leser erst näherbringen, wenn du mir als Erzähler etwas charakterisierendes über sie erzählst, oder mir Szenen zeigst, in denen sie sich so individuell verhalten, wie sie nun mal sind. Dann kommt das mit der Leiche, und das fand ich eine sehr hübsche Idee, sehr interessant. Da musst du was draus machen, das muss irgendeine Bedeutung bekommen oder etwas bei den Figuren auslösen, ich muss sie dadurch besser kennenlernen können. So geht mir das zu glatt, zu schnell, die Leiche taucht auf, aber eigentlich interessiert sie keinen deiner Prots so richtig, sie wirkt banal.
Wenn ich dir einen Tipp geben darf, dann versuch mal rauszufinden, was eine richtig gute Geschichte ausmacht. Das ist eine eigene Wissenschaft für sich, gibt zig Sachbücher dazu, eigene Lehrstühle. So ist das eher eine Idee als eine gute Geschichte. Stell dir mal vor, du würdest den Plot dieser Story einem Kollegen bei einem Bier erzählen (das mache ich immer, um herauszufinden, ob Storyideen gut oder langweilig sind) - das würde sich ungefähr so anhören: "Also, da waren diese drei Typen, die waren mit einem Auto unterwegs, und dann ist der eine Pissen gegangen, und hat da ne Leiche gefunden, aber als er zurück ist, wars den anderen auch egal, und dann sind sie weitergefahren."
Würde das deinen Kollegen wegbomben? Denke nicht, oder? Da fehlt noch was. Irgendeine Wendung, etwas Interessantes, etwas, wo dein Kumpel sagen würde: Ach krass, das ist aber hart!
Denke mal drüber nach, vielleicht hilft dir das.

Alles Gute und Gruß,
zigga

 

Hola Odysseus,

diesmal zu Lande unterwegs? Bin gerne mit dabei – solange die Leich’ nur aus Buchstaben besteht. Ich war ganz erstaunt, dass ich erst am nächsten Tag, nach der Lektüre Deines Textes, das Große Schmunzeln im Gesicht hatte. Ist ja ein cooles Ding, Deine Geschichte.

Die Kommentatoren vor mir haben schon alles gesagt, sachlich alles richtig. Dein erster Schreibversuch ist das selbstverständlich nicht, dazu ist der Text viel zu gut angepasst ans Alter der Prots und ans Thema. Aber dann lese ich, dass Du schon zwanzig Jahre schreibst. Aha. Denn die vielen guten Sachen im Text können kein Zufall sein.

Durch das Seitenfenster sah Georg die Telefonleitung fallen, ansteigen, ein Pfosten, fallen, ansteigen.
Buck saß zurückgelehnt und hielt das Lenkrad am niedrigsten Punkt, die Daumen nach innen.
Klares Bild, gut gemacht.
Dann die unerfreuliche Störung durch den toten Mann. Aber für obercoole Weltreisende ohne weitere Bedeutung, schließlich gehört so was zum Leben, oder?
„Da liegt ein toter Mann.“
„Das kommt vor.“
In einem Jungmänner-Trio darf man sich keine Sentimentalitäten anmerken lassen, sonst könnte man direkt transgendern:shy:.
Ganz im Gegenteil – da muss man noch einen draufsetzen!
Georg sah auf und Roy sah ihn an. „Los, auf, rein ins Auto. Der hat genug Gesellschaft.“
Passende Gesellschaft, Maden schweigen ebenfalls vor sich hin.

„Hey Georg, das war bestimmt so ein Hitchhiker.“
Sehr gefühlvoll an Hitchhiker Georg adressiert:D.

Roy schlug Buck auf die Schulter. „Hey Buck, wie oft soll ich dir noch sagen du sollst die Jungs ein bisschen weiter in die Büsche schmeißen?“
Astrein:thumpsup:!

Georg lächelte zurück und sagte: „Vielleicht war’s auch jemand der einen Hitchhiker mitgenommen hat.“
Große Klasse. Georgs Lächeln kann ich mir gut vorstellen, er hat es sicherlich auf Shark getrimmt.
Und genau hier kommt das Ding mit dem Revolver! Perfekt. Tolle Retour-Kutsche.
Aber haha:
„Die Jugend von heute versteht einfach keine Spaß mehr, was Buck? Bei uns früher hätten wir dich erste erschossen und dann geguckt, ob du noch lachst.“
Ich fand beim Lesen genug Freiraum, um mir noch ein paar Gedanken darüber zu machen, wie die Drei den Schock entweder versuchen runterzuspielen und gar nicht erst an sich heranzulassen.
Auch das Ende ist ganz nach meinem Geschmack.
„Danke fürs Mitnehmen.“
„Kein Problem. Wir hatten ja auch jede Menge Spaß, oder?“
Ja, echt. Das sind schon coole Jungs, die hier aufmarschieren – im authentischen Ton, mit den richtigen Sprüchen, vielleicht hätten’s noch paar Dosen Schlitz sein können. Deine Geschichte hat mir sehr gefallen, denn in dieser Kürze ist Dir ein guter Film gelungen.

Er stieg ins Auto. Als sie losfuhren schlug Georg zweimal aufs Autodach und hob die Hand. Roy schaute und hob die Hand. Buck hupte kurz. An der nächsten Kreuzung bogen sie ab und verschwanden.
Yeah, so laufen da die Dinge. Hast mich überzeugt, auch ich verschwinde jetzt –
und danke! Ich schmunzle immer noch.

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo José

Die Kommentatoren vor mir haben schon alles gesagt, sachlich alles richtig.

Dem kann ich wenig hinzufügen. Mich freut es allerdings sehr, dass du trotz der Schwächen meiner Geschichte in deinen treffsicheren Kommentaren zu vielen Szenen zeigst, dass du erkannt hast, warum ich so verknappt und ohne Erklärungen geschrieben habe. Ich glaube, du hast die Geschichte so gelesen, wie ich sie hoffte geschrieben zu haben. Und auch den Vergleich mit einem Film finde ich sehr treffend.
Das Kunststück besteht für mich nun darin, einerseits diese Kürze und Lakonie und Coolness zu erhalten, ohne den Leser unnötig vor den Kopf zu stoßen.

Besonders wichtig ist die Frage, wie Du die Szene mit dem Leichenfund in eine Rahmenhandlung integrierst, die das Ereignis in einen Sinnzusammenhang bringt. So wie es jetzt ist, macht das Ganze kaum Sinn, denn es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Roy und Buck so desinteressiert reagieren. Ein Leichenfund beschäftigt die Menschen ja normalerweise. Das wird bis zum Ende nicht aufgeklärt und lässt den Leser irritiert zurück. Natürlich könnte sich der Leser etwas zusammenphantasieren, aber er ist nicht dazu da, die Geschichte für den Autoren zu Ende zu schreiben.

Da muss ich dir widersprechen, lieber Achillus. Der Leser soll irritiert zurückbleiben und seine eigene Phantasie bemühen. Ich sehe meine Aufgabe als Autor nicht darin, Antworten zu geben. Meine gesamte Intention diese Geschichte zu schreiben bestand ja darin, dass ich keine Antwort auf das rätselhafte Verhalten meines Freundes und seiner Weggefährten hatte und diese Irritation teilen wollte. Die Spannung besteht für mich genau darin, dass die drei eigentlich ganz nette Typen sind, aber doch ziemlich abgefuckt handeln. Der Leser soll im Idealfall die Geschichte so im Kopf mit sich herumtragen wie ich all die Jahre und immer wieder überlegen, was die Jungs dazu bewegt hat, sich so zu verhalten, wie sie es getan haben.

Und noch einmal vielen Dank an euch alle: Ich finde es unglaublich, dass ihr euch so viele kluge Gedanken zu meiner kleinen Geschichte macht und euch auch noch die Zeit nehmt und die Mühe macht, sie hier niederzuschreiben. Und wenn ich es nicht schaffe, auf euch im Einzelnen einzugehen, heißt das nicht, dass ich eure Anregungen nicht wertvoll finde.

Bisher gefallen mir der Tonfall und die gesamte Arbeit in diesem Forum sehr gut.

Viele Grüße

Odysseus

 
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So, meine geschätzten Kritiker, ich habe die Geschichte komplett überarbeitet. Für mich ist es fast eine neue Geschichte.
Natürlich freue ich mich über jede Rückmeldung, ganz besonders würde ich mich jedoch freuen, von denen zu hören, die sich bereits zur ersten Version der Geschichte geäußert haben.

Viel Spaß beim Lesen!

Odysseus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Odysseus

Cool, dass dir der Austausch und die Arbeit im Forum gefällt. Es ist jeweils sehr schön zu sehen, wenn jemand bei den Wortkriegern einhakt, seinen Text überarbeitet - oder wie in deinem Fall massiv ausweitet.

Ersetze doch im ersten Post die alte Version durch die neue und lösche den entsprechenden Text in deiner letzten Antwort. Es gibt viele Leser, die eine Geschichte anklicken und zu lesen beginnen, bevor sie die Kommentare studieren. Wäre ja blöd, wenn diese zuerst die alte Version zu lesen kriegen und erst in den Kommentaren auf die eigentliche Geschichte stossen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
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Hallo Peeperkorn,

vielen Dank für den Hinweis. Ich habe es bereits geändert.
Deine Erzählung "Sauhund" hat mir übrigens sehr gut gefallen. Stilistisch ist sie hervorragend ausgearbeitet.

Viele Grüße

Odysseus

 

Hast du meinen Kommentar übersehen oder ihn gekonnt ignoriert? :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Odysseus

Besten Dank fürs Kompliment. Bleiben wir doch beim Thema Stil. Ich hab mir den Anfang des Textes - der durch die Erweiterung gewonnen hat - in dieser Hinsicht genauer angeschaut. Vielleicht ist was Hilfreiches für dich dabei.

Georg warf sich den Gurt seines Rucksacks über die rechte Schulter und beugte sich zur Beifahrertür hinein.

Ich denke, der erste Satz liesse sich etwas knackiger formulieren. Generell habe ich den Eindruck, dass du an manchen Stellen etwas überdetailliert formulierst. Mein Vorschlag ist, das Fettmarkierte zu streichen.

„Vielen Dank auch.“

Das "auch" wird ja meist angehängt, um dem Dank einen ironischen Anstrich zu verleihen. War das hier deine Absicht? Wurde er aus dem Wagen geworfen?

Der Alte murmelte etwas Unverständliches und fuhr los. Georg trat rasch einen Schritt zurück und die Beifahrertür schwang zurück und rastete ein, ohne ganz zu schließen.

Das «rasch» lässt sich m.E. streichen, bringt keine zusätzliche Information, weil ich mir die Bewegung eh schon gut vorstellen kann. Das erste «und» des zweiten Satzes würde ich durch ein Komma ersetzen. Achte auch auf unschöne Wortwiederholungen («zurück») Das kommt auch später im Text ab und zu vor.
Hier kann ich mir übrigens nicht ganz vorstellen, wie eine Tür einrasten kann, ohne ganz zu schliessen. Ist nicht das Einrasten gerade ein Zeichen dafür, dass eine Tür wirklich geschlossen ist?

Der Pick-up des Alten wackelte auf der mit Gras bewachsenen Baumfällerschneise stark hin und her, bog in den Weg gewachsene Äste beiseite, die, über die Seitenfenster und die Türen quietschend, hinter dem Fahrzeug zurückschnellten [KOMMA] und verschwand dann langsam zwischen den wackelnden Ästen. Die Äste schwangen noch ein wenig hin und her , das Quietschen wurde leiser, das Grummeln des Motors verschwand, bis Georg in der Stille stand und auf den unbewegten Wald schaute.
«Stark», «sehr» und ähnliche Begriffe würde ich nur sparsam einsetzen, die sagen meistens nur wenig aus.
Wieder unschöne Wortwiederholungen ( «wackelte» / «verschwand» Auch das hin und her wiederholt sich).
Dieses Bild gefällt mir grundsätzlich gut, es schafft Atmosphäre. Aber mir ist das zu detailliert, zu langfädig. Auf der anderen Seite beschränkt sich das Bild auf den Pick-Up, ich würde den aber noch in den Kontext stellen, Umgebungsgeräusche, den Horizont erwähnen, so was. Ich versuche mal eine Version zu generieren, die ich lieber gelesen hätte:

Der Pick-up des Alten wackelte auf der Baumfällerschneise hin und her, bog Äste beiseite, die über die Seitenfenster und die Türen zurückschnellten, und verschwand dann in der Dunkelheit. Die Äste zitterten noch ein wenig, das Grummeln des Motors wurde leiser, bis Georg in der Stille stand und auf den unbewegten Wald schaute.

Also, mein Ratschlag wäre, auf Wortwiederholungen zu achten, überflüssige, weil wenig aussagende Adverbien zu streichen, Beschreibungen einzudampfen, auf das, was wichtig ist und Atmosphäre schafft, hier nicht überdetailliert zu werden, wenn es nicht nötig ist.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Bea Milana

Widerspruch, gerne! :D

Ein Ereignis, bei dem drei Typen zufällig eine Leiche finden, dann aber unverrichteter Dinge abhauen und so tun, als wäre nix geschehen, könnte eine sehr spannende Geschichte werden, wenn der Autor es versteht, etwas daraus zu machen.
Aber das sehe ich doch genauso.

Ich habe geschrieben, dass ich finde, dass die Geschichte Potential hat, aber ich finde, dass die Geschichte/der Plot nicht so gut ist, wie er/sie hätte sein können. (Das bezieht sich jetzt alles auf die Fassung, zu der ich meinen Kommentar geschrieben habe - habe gerade gesehen, dass geupdatet wurde.)

Das mit der Leiche fand ich ja auch eine gute, interessante Idee, aber mir hat da einfach noch etwas gefehlt. Ich fand die Story auch nicht schlecht, sondern einen ganz guten Einstieg, hab ich ja geschrieben. Für mich hat der Urtext an interessanten Stellen einfach aufgehört, und das fand ich schade, da hätte ich mir als Leser einfach mehr gewünscht. Ist doch ein gutes Zeichen, dass ich gerne mehr gelesen hätte, für den Autor.

Ja, Tote zu sehen ist echt eine eigenartige Sache. Ich denke, wer noch nie einen Toten gesehen hat, versteht das nicht - vielleicht versteht man das Leben ein Stück mehr, wenn man mal eine Leiche gesehen hat, aber das klingt jetzt pathetisch. Ich war auch ganz erstaunt, dass die klischeehaften Darstellungen in Filmen tatsächlich so aussehen - aber gehört dazu, zum großen Spiel, da kann man nichts machen.

Gruß
zigga

 
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Hallo zigga,

nein, deinen Kommentar habe ich weder übersehen noch ignoriert! Ich fand ihn sehr hilfreich.
Allerdings fiel mir keine konstruktive Antwort ein und da deine Verbesserungsvorschläge die Geschichte als Ganzes betreffen, und ich bereits an einer neuen Version gearbeitet habe, dachte ich mir, meine neue Version solle die Antwort sein.
Siehst du denn eine Verbesserung?

Viele Grüße

Odysseus

Hallo Peeperkorn,

deine Hinweise treffen grundsätzlich ins Schwarze. Den Satz mit den quietschenden Ästen (der mir die ganze Zeit nicht gefallen hat, aber mir fiel partout keine bessere Version ein) habe ich bereits geändert.

Genauigkeit ist mir grundsätzlich sehr wichtig, aber auch da muss ich schauen, dass ich es nicht übertreibe. Das gleiche gilt für Wiederholungen. Wiederholungen können etwas Magisches haben, besonders wenn sie den Blick auf Details lenken. Aber sie können den Leser natürlich sehr schnell ermüden.

Ich werde den Text in den nächsten Tagen noch einmal daraufhin durchsehen.

Viele Grüße

Odysseus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Odysseus

Genauigkeit ist mir grundsätzlich sehr wichtig, aber auch da muss ich schauen, dass ich es nicht übertreibe.

Ja, und das ist auch eine gute Eigenschaft, der Blick fürs konkrete Detail, die präzise Formulierung. Ich glaube, da hast du auch eine bessere Ausgangssituation als andere. Die grosse Kunst, an der wir alle feilen, ist, genau so viele Details ins Spiel zu bringen, damit im Kopf des Lesers konkrete Bilder entstehen (und das Kopfkino starten kann), aber eben nicht so viele, dass das Ganze wie ein wissenschaftlicher Text oder wie eine Bauanleitung für ein IKEA-Regal klingt. (Der letzte Satz bezieht sich nicht auf deinen Text, ist nur ein allgemeiner Punkt.)

Viel Spass weiterhin!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Odysseus,

das ist ein Ding! Erste Fassung, zweite Fassung. Erst nur Gräten, dann "Butter bei die Fische". Sehr schmackhaft, gut gewürzt, beste Unterhaltung. Mehr sag ich nicht.

Willkommen im Forum.

wieselmaus

 

Hallo,

kein Ding, wir antworten hier eigentlich prinzipiell auf Kommentare, so eine Art Netiquette, deswegen war ich verwundert.

Die Windschutzscheibe reflektierte stark und war dreckig und er konnte kein Gesicht dahinter erkennen.
Also bis zu diesem Satz passiert sehr wenig, auch sehr wenig, was den Leser interessiert. Entweder würde ich direkt mit diesem Satz einsteigen, oder, falls du das Warten auf eine Mitfahre zeigen willst, die Sätze davor extrem straffen - es wirkt so etwas langatmig.

doch dann verstand Georg was er bereits wusste, dass die Maden mit ihren heftigen Bewegungen in der Suche nach dem fettesten Bissen Fleisch, die Hülle der Leiche in einen Totentanz versetzten.
Ist das echt so? Also, kann das anatomisch sein, oder ist das ausgedacht? Sowas würde ich immer recherchieren, ist ein tolles Detail, wenn es denn stimmt.

Als er die Herberge verließ, wusste er, wie der Abend enden würde, obwohl er noch nie so einen Abend erlebt hatte.
Diesen Satz würde ich kicken. Zeige mir das lieber in den folgenden Szenen, anstatt das so anzudeuten. Auch ist das nicht ganz 100% logisch - er kann höchstens ahnen, wie der Abend enden wird; wirklich wissen kann er das eigentlich nicht.

Also habs gelesen. Ich finde auf jeden Fall, dass du mit dieser Neufassung einen guten Schritt weitergegangen bist. Gerade die Leichenfund-Szene und die Autoszene davor fand ich sehr gelungen, auch der Dialog mit den beiden Fahrern war echt authentisch und unterhaltsam, und ich hab richtig ein Bild bekommen von allen drei Protagonisten. Also super, dass du dich noch mal drangemacht hast, das hat richtig profitiert, finde ich.

Von der Sprache her ist das stellenweise noch überladen, da benutzt du sehr viel Adjektive, und das kann den Lesefluss schon mal stören. Adjektive würde ich wirklich bloß zum Hervorheben benutzen, zum Lenken, die sind ein bisschen Salz beim Kochen: Ist wichtig und auch gut, aber zu viel kann die Freude verderben.
Auch zeigst du mir stellenweise noch zu viele Details, zeichnest deine Szenen zu detailliert, sodass es sperrig wirkt. Gerade in den ersten Szenen bis zu dem von mir zitierten Satz ging mir das besonders so. Peeperkorn hat das ja schon angemerkt, dass das immer so ein Abwägen ist, wie viel Details gut sind, und wann es zu viel/zu wenig wird.

Nach der Leichenfundszene flacht dann die Spannung und Dichte deines Textes langsam ab, finde ich. Er trifft dann die Schweizer und dann betrinkt er sich - hat das noch mit der Leiche zu tun? Ja, könnte es, aber es wirkt etwas beliebig, muss ich sagen; ein guter Text wirft anfangs Fragen auf, die der Text nach und nach beantwortet, und er wirft auch einen anfänglichen Konflikt auf, der sich immer weiterentwickelt, steigert. Hier hatte ich zum Ende hin das Gefühl, da folgt jetzt eine beliebige Szene einer anderen, die eigentlich gar nichts mehr wirklich mit der Geschichte zu tun hat (im schlimmsten Fall - wäre das noch drastischer - würde man irgendwann von Schwafeln sprechen). Erst, als er dann in den Flieger steigt und Zweifel bekommt, hatte ich wieder das Gefühl, du hast den Faden der Geschichte wieder aufgegriffen.

Hoffe, du kannst was mit anfangen. Hast dich auf jeden Fall gesteigert, ich hatte das alles viel besser vor Augen, deine Figuren haben Gesichter bekommen, sehr schön gemacht, ich habs gerne gelesen. Bin gespannt auf Weiteres von dir.

Gruß
zigga

 

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