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... auf der Brücke schlägt mir Wind ins Gesicht.

Seniors
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26.10.2001
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... auf der Brücke schlägt mir Wind ins Gesicht.

... und auf der Brücke schlägt mir Wind ins Gesicht...

Ich laufe neben mir her, wie ein Hund seinem Herren folgt, ohne zu wissen, wohin es geht.Wind weht mir böig ins Gesicht. Wozu muss ich wissen, wohin der Weg am Ende führt? Ich bin losgegangen, ich gehe, ich werde irgendwo ankommen. Manchmal macht der Wind eine kurze Pause, nur um mich dann unvermutet von der anderen Seite anzuspringen. Ich torkele leicht hin und her, so, als hätte ich getrunken. Hab ich aber nicht. Noch nicht. Die Nacht ist schwarz. Kein Stern betrachtet meinen Weg.
Ich hatte noch vor drei Tagen gedacht, es würde nie mehr so sein wie früher, als wir uns noch verstanden, zusammen lachten, fluchten über die Ungerechtigkeit des Seins, uns zusammen betranken und alles war gut.
Nun ist Anna da. Seit fast vier Monaten, und seit vier Tagen weiß ich sicher, dass ich der Vater bin. Es tat unendlich gut, das zu wissen. Es war, als wärest du auf hoher See, seit Tagen und Wochen schon Sturm, der Himmel reißt plötzlich auf, und der Polarstern leuchtet ewig und eisig klar auf dich herunter. Du weißt wieder, wohin du segeln kannst. Die Dame vom Jugendamt hat dir gesagt, dass Annas Mutter im Krankenhaus sei... wegen einer Nervensache in der Seite hieß es. Dann sagte sie am nächsten Tag, es habe eine Operation gegeben, Anna wäre bei ihr im Zimmer, es ginge ihr gut, die Mutter sei noch etwas schwach.
Dienstag bin ich dann zum Amt um die Vaterschaft anzuerkennen.
Es war ein Gefühl wie Burgunder auf der Haut und in der Kehle.
Samtig, schwer, voll und angenehm.
Dienstag abend Hab ich mich endlich getraut, die Mutter meines Kindes zu besuchen.
Ich bin nicht gut in Krankenhausbesuchen.
Wir haben uns genähert, fast so wie früher, behutsam, aber diesmal ohne Angst, vielleicht eher getragen von liebevollem Respekt...
Und seit heute wissen wir beide dass du Knochenkrebs hast.
Anna liegt bei Großmutter im Bett und weint, weil sie nicht wie gewohnt bei dir im Bett schlafen kann.
Wenn ich nicht da bin, weinst du. Wenn ich da bin, lachst du.
Beides hat dir der Doktor verboten, wegen der Narbe, die durch deine Eingeweide zieht wie eine Zonengrenze.
„Ich bin eine schlechte Patientin“ sagst du, und beginnst zu kichern.
Ich bin ein schlechter Besuch, denn ich lasse dich gewähren. Aber jeder Moment ist aus Zeitlosem Gold.
Morgen bekommst du deine erste Chemo-, da willst du mich dann lieber nicht sehen, du meintest, du wärest dann verstrahlt wie ein Atomkraftwerk... ich muss grinsen. Es tut weh, fast so, wie dir das Lachen weh tun mag, nur woanders und nicht so doll wie bei dir, oder auch nicht?
Mein Auto beginnt viel zu schnell mit mir Nachhause zu fahren.
Es ist dunkel und Wind weht durch das Tal.
Ich muss noch mal unter Leute... Stille ist zu laut für mich, jetzt, in diesem Moment.
Die Stadt hält mich nicht länger als drei Bier mit Limo gemischt.
Erneut überquere ich den Fluss.
Es ist nur der Neckar, aber er könnte auch Styx heißen.
Ich laufe neben mir her, wie ein Hund seinem Herren folgt, ohne zu wissen wohin es geht und Wind schlägt mir ins Gesicht.

 

Lieber Lord!

Deine Geschichte wirkt. Sie ist verdammt traurig... Aber ich hab sie gern gelesen.

Meistens sind Geschichten, die derart wirken, recht real, und sie klingt auch ganz so - allerdings ist das ein Fall, wo ich das nicht hoffe, und wenn es doch so ist, dann tut mir das sehr Leid...

Auf alle Fälle ist sie zumindest soweit gut geschrieben, daß sie mich als Leserin wirklich mitfühlen läßt. Stilistisches und so kann ich Dir vielleicht morgen sagen, oder am Wochenende - ich muß jetzt erst mal den Inhalt verdauen und beten, daß das nicht real ist (obwohl ich sonst nie bete). Einige Details passen einfach zu gut...

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Häferl
Stilistisches ist mir bei der Geschichte schnurz.
Leider Ist sie mit jedem Satz wahr.
L.

 

Lord... ich hab so gehofft, daß es eine Phantasie in der Art von "Was wäre, wenn uns das jetzt passiert" ist. Aber das Schicksal schreibt meistens die grausamsten Geschichten.

Dann wünsch ich Dir bzw. Euch ganz viel Kraft, Mut und Liebe, das alles gemeinsam durchzustehen und den Krebs zu besiegen...

Liebe Grüße,
Susi

 

Lieber Lord!

Das mail welches ich dir vor ein paar Minuten schrieb erscheint mir nun völlig bizarr. Die Geschichte schien mir von Anfang an so was von gut, sie war auch vom Start weg so ganz anders als deine anderen Geschichten, dass ich Angst bekam.
Es gibt in solchen Lebensmomenten keinen Trost der nicht sinnlos erscheint, keine Hilfe beim Durchleben. Ich kann dir nur eine Träne aus meinem Augenwinkel geben, die aber kommt ganz tief aus dem Herzen herauf - nimm sie einfach mit.

Eva

 

Hab Dank Eva... manchmal müssen Dinge eben raus, teilen und mit-teilen hilft da in Momenten des noch nicht- wissens- was- wird...
Chancen gibt es immer, wir werden jede Chance nutzen...
(...und weiter schreiben darüber natürlich auch.)
Lord

 
Zuletzt bearbeitet:

Was wird - verbirgt sich in unser aller Leben hinter dichten Vorhängen. Was ist - ist entscheidend, nämlich, dass ihr bewusst eure Chancen wahrnehmt und nutzt so veränderlich sie sich auch darbieten mögen! Das ist viel mehr als die meisten Menschen in ihrem Leben bereit sind und zeigt, dass ihr viel Kraft habt.

Lieben Gruß an euch - Eva

 

Wenn ich von allem soviel hätte, wie die Kraft, die selbst dann noch da zu sein sche3int, wenn man schon an nichts mehr glaubt... ich hoffe, sie wird mir weiterhin zur Verfügung stehen... so wie all denen, die sie brauchen...
L.

 

Hallo Lord!

Auch ich wuensche Dir und Euch die Kraft, das durchzustehen, vor allem, wenn man dabei noch die "Verantwortung" für ein Kind, auch wenn es noch so klein ist, tragen muss... Mehr bleibt mir leider nicht, da ich zu weit weg bin, um ein Ohr zu haben, wenn es Dir schlecht geht :(

Alles Liebe...

Dany

 

Hi Dany, Danke.
Schatten haben auch Licht zur Ursache, anders kann man es nicht sehen... dieser Befund enthält wohl (noch) kein Todesurteil... Er hat uns eher gezeigt, was Wichtig und was weniger wichtig im Leben ist.
Eure Anteilnahme ist aber wie ein warmer Sommerregen nach langer Dürre.
Danke dafür.
Lord

 

Hallo Lord Arion, nachdem ich die Kritiken gelesen habe, verzichte ich einmal auf die Anrede "My Lord" und eine Kritik, die sowieso nur wieder, wie so oft, eine Glückwunschkarte zur Story geworden wäre!

Ich möchte auch recht sparsam mit meinen Worten umgehen. Einige haben dir Dinge geschrieben und ich hoffe du kennst genug Menschen, die dir das alles auch noch persönlich wünschen und für Euch da sind!

Liebe grüsse Stefan

 

Es befinden sich in meinem ganzen Sprachschatz nicht genügend Worte, die das auszudrücken vermögen, was ich sagen will. Wie breit muss ein Rücken sein, um all die Last tragen zu können ...

Die Geschichte hier, die gar keine Geschichte ist, wird hoffentlich zu einer Geschichte mit gutem Ausgang werden.


Eine Atheistin betet für Dich
Antonia

 

Hallo Lord,
eine sehr traurige Geschichte, die einen der schlimmsten Momente beschreiben, die einem Menschen passieren können. Ich denke, dass wichtigste ist jetzt darüber zu reden und nicht alles in sich hineinzufressen. In dem Du Deine Gedanken in eine Geschichte packst, bist Du bestimmt auf dem richtigen Weg. Ein Tipp, der mir auch schon mal in einer ähnlichen Situation geholfen hat. Versuche die Kraft Deines Unterbewusstseins zu nutzen. Stell Dir jeden Tag vor, dass z.B.Deine Freundin Dir sagt, dass sie den Krebs überwunden hat, oder mal Dir aus wie Du eine positive Antwort von ihrem Arzt bekommst. Das Wichtigste an der ganzen Sache ist, dass Du Dir das wirklich wie echt vorstellen musst, am besten geht das kurz vor dem Einschlafen. Die Gedanken sinken dann in Dein Unterbewusstsein ab, und das kann dann gar nicht anders, als deinen Befehl auszuführen. Ich weiss, dass klingt alles ziemlich märchenhaft, aber glaub mir, es funktioniert.
Du darfst Deine positiven Gedanken nur nicht durch negative wieder neutralisieren. Das ist das Schwierige an der Sache. Probiers mal aus.
Wünsche euch alles Gute für die Zukunft.

Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Antonia, hallo Blanca.
Danke für eure guten Worte.
Es stimmt schon, man bekommt einen breiten Rücken im laufe der Zeit. Ich habe festgestellt, dass meiner immer gerade so breit ist, die Lasten tragen zu können, die da auf mich zum getragenwerden zukommen.
Nun, ich schrieb, wo Schatten ist, muss Licht die Ursache sein, das ist so.
Wir sind stärker geworden, das kleinliche Gezänk, welches uns vorher das Leben versauert hat ist in den Hintergrund getreten.
Es gibt immer ein Morgen.
ich vertraue darauf, dass wir es meistern werden.
Lieber Gruß
Lord

 

Arvid, was soll ich sagen? was KANN ich sagen?

Diese Geschichte tut weh und sie tunt noch mehr weh da ich dich kenne und mir vorstellen kann wie es in dir aussieht ... natürlich nicht ganz aber ein wenig....

Auch wenn es blöd klingt: versuch für Anne und ihre Mutter stark zu sein, versuch für sie da zu sein :)

Ich finde es gut das du diese Geschichte geschrieben hast, ich denke das war vieleicht chon ein Schritt damit klarzukommen ... ?

 

@ jaddi
Danke, ich versuchs, und es klingt nicht blöd.
Alles reduziert sich auf das wichtigste, kleinliches gezänk verstummt, hier geht es nur ums überleben.
@ bruni, auch wenn er leise war... danke.
Lord

 

Hallo Lord Arion
ich bin in Euren Kreisen zwar ein Newcomer, doch muß ich zu Deiner Geschichte auch noch antworten. Auch wenn ich Dich nicht persönlich kenne. Mich überkam eine tiefe Traurigkeit. Auch ich wünsche Euch viel Kraft und trotz dem großen Leid viel Energie, das, was auch immer auf Euch zukommt, zum Guten zu wenden.
Viel Kraft wünsch ich Euch Morpheus

 

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