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Arm dran
Arm dran
Die Nacht war schon ziemlich kühl. Endlich ging in dem Zimmer das Licht aus. Wenig später kam der Kerl aus dem Gebäude. Sein Aktentäschchen schwingend lief er den Gehweg entlang.
"Da ist er!" flüsterte Herbert.
"Ja. Wo geht er denn hin?" fragte Oswald.
"Zum Bus." Herbert ließ den Mann im Nadelstreifenanzug nicht aus den Augen.
"Ich bin so aufgeregt, Herbi!" sagte Ossi und nahm einen Schluck aus der Bierflasche.
"Los, komm!" Herbi stieß ihn an, daß ihm die Flasche auf die Wange rutschte und das Bier auf Ossis alten Strickpullover lief. Ossi maulte und rieb mit der Hand über den Fleck. Dann eilte er hinter Herbi her. Sie hörten ganz nah eine Autotür klappen.
"Scheiße, Ossi, der haut mit dem Auto ab! Aber er ist doch mit dem Bus gekommen!"
"Das haben wir gleich!" sagte Ossi und kroch durch ein paar Büsche. Er kniete sich hinter das Auto und zog an seinem Pullover.
"Komm da weg!" zischte Herbi. "Was machst du denn da?!" Der Mann startete den Wagen und fuhr los. Ossi stand röchelnd aus der Abgaswolke auf.
"Was hast du denn wieder gemacht?!"
Ossi grinste, während er eigenartig vor und zurück zuckte. "Den verlieren wir nicht!" Dann fiel er plötzlich. Herbi sprang durch die Büsche zu ihm hin und half ihm hoch. "Was ist denn mit deinem Pullover?!" Ein Stück vorn fehlte und Ossis Bauch lugte heraus. Ein Wollfaden hing herunter.
"Ich dachte, so können wir rausfinden, wohin er gefahren ist." jammerte Ossi und rieb sein linkes Knie. "Ach, Ossi!" seufzte Herbi. "Wir können ihn auch noch nächste Woche holen."
"Und wenn er dann wieder mit dem Auto wegfährt?!" fragte Ossi.
"Wir denken uns eben einen neuen Plan aus. Na komm, gehen wir." Beide trotteten langsam vom Parkplatz.
"Ich will endlich wieder zu Fräulein Berta. Meinst du, ob sie mich vermißt, Herbi?"
"Klar vermißt sie dich."
Sie kamen zu einem Fahrrad mit einem Anhänger. Herbi zog einen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete das Schloß. "Wenn wir den Kerl erst einmal haben, dann ist es nur noch ein Klacks, und wir sind wieder bei ihr."
"Das müssen wir dann aber feiern, Herbi."
"Na klar. Und dann lassen wir die Sau raus!"
"Welche Sau?"
"Steig jetzt ein, Ossi."
Ossi kletterte vorsichtig in den Anhänger. Herbi schwang sich auf das Rad. Er drehte sich zu Ossi um. "Tut dein Bein noch weh?"
"Ja, ganz doll."
Langsam setzte sich das Gespann in Bewegung und rollte in die Nacht. In der Ferne heulten ein paar Hunde. Ossi blickte nach oben. "Sieh doch mal, es ist Vollmond!"
"Ja. Schön."
"Was sagt er denn zu den Hunden?"
"Weiß nicht. Daß er voll ist, vermutlich, haha."
Ossi lachte nun auch ein bißchen. Herbi versuchte weiter, ihn vom Schmerz abzulenken.
"Was meinst du, wollen wir noch was essen an der Wurstbude da drüben?" Durch die Bäume konnte man den kleinen Wurststand sehen.
"Au ja." freute sich Ossi.
Herbi radelte auf einen großen Platz. Nur ein einzelnes Auto stand noch dort. Plötzlich wurde Ossi im Anhänger fidel. "Guck mal!" rief er erstaunt und zeigte auf einen langen Faden im Schmutz.
"Das gibt's doch nicht! Da ist er ja!" Herbi sprang vom Rad. Er half Ossi beim Aussteigen. "Gut. Jetzt dürfen wir keinen Fehler machen. Du stellst dich mit dem Rad da hinter den Baum." Ossi hinkte schnell ins Dunkle.
Herbi griff in die Manteltasche und zog eine Tüte hervor. Dann sah er sich um. Der Mann im Nadelstreifenanzug saß im Auto und aß. Sonst war niemand weiter dort. Der Wurstverkäufer war auch nicht zu sehen. Herbi nahm ein Tuch aus der Tüte und pirschte sich an das Auto heran. Er hockte sich neben die Fahrertür, nahm den Schlüssel hervor, setzte ihn an und zog ihn bis zum Kofferraum über den Lack. Der Mann im Auto erstarrte bei dem kreischenden Geräusch. Als es wieder ruhig war, legte er die angebissene Wurst auf den Pappteller auf der Ablage und stieg aus. Entsetzt blickte er auf den langen Kratzer. Dann spürte er eine Umarmung. Ihm wurde schwarz vor Augen.
"Ossi, schnell!" raunte Herbi zum Baum. Ossi humpelte zum Rad und schob es zu Herbi. Sie luden den Mann in den Anhänger. Herbi schob das Rad schnell in die Dunkelheit. Er legte das Tuch dicht an die Nase des Mannes und deckte eine Plane über ihn. Dann machten sie sich auf den Weg nach Hause.
"Was wird denn nun mit dem Essen, Herbi?"
"Wir finden bestimmt zu Hause noch was."
Ossi blickte wieder hoch zum Mond. "Weißt du noch, wie es bei Fräulein Berta immer Eierkuchen mit Apfelmus gab? Die waren immer lecker!"
"Ja. Das stimmt. Oder die rote Grütze!"
"Oh ja, die war auch immer lecker."
Herbi wurde wieder ernst. "Ossi, wir dürfen diesmal keinen Fehler machen, hörst du?!"
"Das war aber nicht meine Schuld, daß der tot ist."
"Na, irgendwie aber doch. Ich meine, du hast ihm doch das Reinigungsmittel zu trinken gegeben."
"Ja, aber nur, weil du gesagt hast, daß er mit seinem dreckigen Maul nur dreckige Lügen sagt!"
"Ja, aber - du machst es nicht noch mal, ja?!"
"Ja."
"Gut. Wenigstens hat der uns noch gesagt, daß der hier es war."
"Ja. Dann sind wir auch bald wieder bei Fräulein Berta."
Sie kamen an ein verwildertes Grundstück, auf dem ein kleines, verfallenes Häuschen stand. Ossi öffnete das verrostete Tor, und Herbi schob sein Fahrrad auf den Hof. Mühsam hoben sie den Mann aus dem Anhänger und schleppten ihn ins Haus.
Herbi band ihn auf eine Liege. Ossi sah ihm interessiert dabei zu. "Erzähl doch noch mal, wie du das Schlafmittel beim Zahnarzt geklaut hast!"
"Das ist ein Betäubungsmittel."
"Erzähl doch noch mal, wie du das Betäubungsmittel beim Zahnarzt geklaut hast!"
"Jetzt nicht, Ossi. Hol mal ein Glas Wasser - äh, warte lieber hier." Herbi lief in die Küche und kam mit einem vollen Glas wieder. Er versuchte, dem Bewußtlosen etwas Wasser einzuflößen. Der begann zu husten und erwachte nach und nach. Langsam zeichnete sich Entsetzen auf seinem Gesicht ab.
"Wer sind Sie?" flüsterte er.
"Wir sind Herbi und Ossi." sagte Herbi. "Und wir wollen Sie was fragen."
"Was wollen Sie?" keuchte der Mann. Dann verdrehte er die Augen und wurde wieder bewußtlos.
"Mist!" Herbi goß ihm einen Schluck Wasser ins Gesicht. Aber es half nichts, die Augen blieben geschlossen.
"Ist er tot?" fragte Ossi.
"Nein, nein. Er schläft nur ein bißchen." Herbi stellte das Glas auf den Tisch.
"Dann ist es aber doch ein Schlafmittel!" sagte Ossi entschlossen. Herbi wiegelte ab. "Das ist doch jetzt egal. Vielleicht sollten wir ihn ein bißchen liegen lassen. Der wird schon wieder."
"Und dann fragen wir ihn."
"Ja. Leg du dich doch auch ein bißchen hin."
Ossi schlurfte aus dem Zimmer in eine Kammer. Er setzte sich auf seine Liege und betastete sein schmerzendes Knie. Neben seinem Bett fand er ein angefangenes Bier. Langsam legte er sich hin. Er stopfte sich das zerschlissene Kissen hinter den Kopf und nahm einen Schluck. Ein kleines Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. Bald schon war er wieder bei Fräulein Berta. Dann konnten sie wieder im Park spazieren gehen. Ossi stellte sich ihr liebes Gesicht vor und lächelte noch mehr. Herbi und er konnten wieder im Schwimmbad planschen. Draußen rauschte der Wind leicht in den Blättern. Sanft schlummerte Ossi mit der Flasche in der Hand ein. Gerade träumte er süß von Fräulein Berta, da weckte ihn Geschrei aus dem Zimmer nebenan. Er nahm noch einen Schluck, kroch vorsichtig von der Liege und tappte aus dem Zimmer.
Der Mann in Nadelstreifen blickte wütend zu Herbi, der aufgeregt hin und her lief. Dieser entdeckte Ossi und zog ihn am Arm zu der Liege. Er deutete auf Ossis Bauch.
"Hier! Sehen Sie? Wir haben nicht mal Geld für einen neuen Pullover!"
Der Mann zerrte an seinen Fesseln. "Ich war das nicht, mein Gott! Ich hab da überhaupt nichts zu sagen!" schrie er. "Und ihr seid arm dran?! Ich habe mehrere Hunderttausend Spielschulden! Der Lobbyisten-Arsch will mir nichts mehr leihen und wenn das Scheiß-Umweltgesetz nicht gekippt wird, kriege ich die Zweihunderttausend aus dem Beratervertrag auch nicht! Meine Frau ist seit zwei Wochen zu ihrer blöden Mutter zurück, und ich muß an Wurstbuden essen, weil ich mir nicht mal mehr ein ordentliches Restaurant leisten kann! Abends gehe ich noch in die Kanzlei von meinem Freund arbeiten, um wenigstens ein bißchen Geld für die Maniküre und den Wäschedienst zu haben! Das ganze Geld geht für die Schulden drauf! Und außerdem muß ich aufpassen, daß das alles keiner in diesem dämlichen Kabinett oder von der Presse mitkriegt, sonst bin ich diesen verfluchten Posten los! Also erzählt mir nicht, ihr seid arm dran!"
Das Gesicht des Mannes war rot und verzerrt. Ossi blickte betroffen zu ihm runter.
"Und jetzt bindet ihr mich los, ihr Knallchargen! Ihr habt doch von Politik keine Ahnung! Wenn ich das der Polizei erzähle, dann könnt ihr was erleben!"
Herbi zog die Augenbrauen hoch. "Das wäre nicht so schlimm, glaub ich." stellte er fest. Der Mann schnaufte und nagte an der Unterlippe. Dann röchelte er plötzlich. Schließlich fiel sein Kopf zur Seite.
"Was ist denn mit ihm?" flüsterte Ossi.
Herbi beugte sich zum Gesicht des Mannes herunter. Er hielt den Atem an und lauschte. "Ach, der ist nur wieder ohnmächtig." sagte er. "Ich lege mich jetzt auch ein bißchen hin. Du paßt auf ihn auf. Und wenn er wach wird, rufst du mich. Und nichts zu trinken geben, ja?"
"Ist gut." Ossi setzte sich auf den alten Stuhl neben der Liege und Herbi verschwand aus dem Zimmer.
Als seine Schritte nicht mehr zu hören waren, drehte der Mann seinen Kopf wieder. "Psst!" machte er. Ossi blickte ihn verwundert an.
"Hey!" flüsterte der Mann. "Sie sind Ossi, nicht wahr?" Ossi nickte langsam.
"Ich bin Manfred. Aber Sie können Manni zu mir sagen, wenn Sie wollen!" Ossi nickte wieder. "Ist das Ihr Freund, der andere?"
"Ja", flüsterte Ossi.
"Versteh ich gar nicht. Sie - können wir nicht 'du' sagen?"
"Ja."
"Ich versteh' gar nicht, wie so ein netter Mann wie du mit so einem Rüpel befreundet sein kann!"
"Rüpel?"
"Du bist doch viel sensibler und netter als der, Ossi!"
"Ja?"
"Ja, sicher!"
"Hmmm ...", Ossi kratzte sich nachdenklich am Arm. "Dann findet Fräulein Berta das vielleicht auch?" "Da bin ich mir ganz sicher! Ähm, du siehst auch viel besser aus!"
"Ja?" Ossi hob den Kopf.
"Ja klar. Und - ach, die Stricke sind so eng. Ich kann kaum richtig reden!"
Ossi stand auf und ging zur Liege.
"Du könntest doch den einen Strick hier durchschneiden." Der Mann blickte angespannt zu ihm auf.
"Nein, lieber nicht." sagte Ossi. "Nachher ist Herbi sauer."
Der Mann sank ein bißchen zurück und schnaufte. "Okay. Kriege ich dann wenigstens einen Schluck Wasser?"
Verzweifelt hob Ossi die Hände. "Das soll ich auch nicht machen!" bedauerte er.
"Nur einen kleinen Schluck! Das merkt der doch gar nicht! Und ich verrate dich nicht!"
"Naja", Ossi atmete einmal tief. "Na gut, dann hol ich was." Er nahm das Glas und schlurfte in die Küche. Der Mann zerrte an den Stricken, bis Ossi wieder im Zimmer war. Er hob den Kopf, daß Ossi das Glas ansetzen konnte. Ein kleiner Schluck gelangte auch in die Kehle, aber der Rest lief über das Gesicht und auf die Kleidung, da Ossi das Glas viel zu schnell kippte. "Oh, der gute Anzug!" mit ein paar unbeholfenen Gesten wischte Ossi auf dem Kragen herum. "Das macht doch nichts!" zischte der Mann. "Dann holst du eben noch was!"
"Und Sie sind nicht böse?"
"Wir wollten doch 'du' sagen!"
"Ach ja. Und du bist nicht böse, äh, Manni?
"Nein, gar nicht. Holst du mir noch was zu trinken?"
"Ist gut!" Ossi machte sich wieder auf den Weg. In der Küche starrte er auf den Wasserhahn. Er grübelte ein bißchen und holte dann eine Flasche aus einem Schrank.
Der Mann zerrte abermals verzweifelt an seinen Fesseln, bis er Ossi heranschlurfen hörte. Dann hob er wieder den Kopf, damit Ossi das Glas mit der klaren Flüssigkeit ansetzen konnte. Diesmal war er vorsichtiger, Schluck um Schluck gelangte in die Kehle des Mannes, der nicht protestieren konnte. Endlich war das Glas leer. Der Mann keuchte und hustete. "Was war das?" röchelte er.
"Wodka!" sagte Ossi stolz. "Den habe ich aufgehoben, wenn mal ein besonderer Tag ist!"
Der Mann krächzte. "Oh, das ist aber eine Ehre für mich! Aber dann mußt du auch ein bißchen trinken!"
Erfreut schlurfte Ossi wieder in die Küche und kam mit der Flasche wieder. Er goß sich auch ein Glas voll ein und leerte es mit wenigen Schlucken. "Willst du noch was, Manni?"
"Ein kleines bißchen vielleicht noch! Aber nur ein bißchen." Ossi hatte das Glas schon voll gegossen. Wieder setzte er es an, und Schluck um Schluck gelangte es in den Magen des Mannes. Der keuchte. "Ach, Ossi! Du hast es gut. Du bist frei! Du mußt nicht arbeiten, hast keine Schulden!"
"Ja?"
"Diese Berta, in die bist du wohl verliebt?"
Ossi wurde rot. "Aber sag es nicht Herbi, ja?"
"Versprochen!" Der Mann sah ihn an und begann zu kichern. "Ist sie hübsch?"
"Ja, sehr! Sie sieht aus wie ein Engel!" Ossi blickte ins Leere. "Ihre Haare sind wie Goldfäden und der Mund ist wie eine Blume!"
Der Mann prustete. Dann faßte er sich wieder. "Sie ist bestimmt wunderschön!"
"Ja. Sie ist die Allerschönste!"
Mühsam gab der Mann sich ernst. "Das glaube ich gern. Meine Frau ist ja leider weggelaufen. Sie ist auch wunderschön!"
"Weggelaufen?" fragte Ossi bekümmert.
"Ja. Weil ich doch kein Geld mehr habe."
"Das ist traurig!"
"Ja." Der Mann lachte. "Ihre Mutter ist aber nicht schön!"
"Nicht?"
"Nein! Sie sieht aus wie ... wie ein Uhu."
"Wie ein Uhu?" Nun lachten beide. "Ein Glück, daß Undine nicht nach ihr kommt!"
"Tine?"
"Ja. Die sieht nicht aus wie ein Uhu." Beiden liefen die Tränen vor Lachen.
"Mein Gott, das kitzelt so! Wisch mir doch mal die Tränen ab!" Ossi zog seinen Ärmel lang und trat zur Liege. Er tupfte im Gesicht des Mannes herum.
"Kannst du die ollen Stricke nicht ein bißchen durchschneiden?" Erwartungsvoll blickte der Mann zu Ossi. Der zögerte.
"Wir sind doch jetzt auch Freunde!"
"Aber nur einen, sonst ist Herbi sauer!"
"Ja, ist gut!" Ossi holte ein Messer und schnitt einen Strick durch. "Am besten, du bringst es lieber wieder in die Küche wegen Herbi." schlug der Mann vor. "Ja", meinte Ossi und tappte mit dem Messer aus dem Zimmer. Der Mann wurde plötzlich rege und bekam einen Arm frei. Er zerrte weiter und konnte ein Bein wieder etwas mehr bewegen.
"Die Frage ist, wie ich wieder zu Geld komme! Wirklich, Ossi, wirklich, ich bin ärmer dran als du!" rief der Mann in Richtung Küche, während er das Bein von den Stricken befreite. "Wenn ich nicht so feige wäre, ich meine, wozu braucht man schon einen kleinen Zeh? Ich hab eine Unfallversicherung, weißt du?" erzählte er, während er nun an den Fesseln auf seinem Brustkorb zog.
"Was ist das?" fragte Ossi.
Ein markerschütternder Schrei riß Herbi unsanft aus seinen Träumen. Er fuhr aus dem Bett. In schrecklicher Vorahnung stürmte er aus der Kammer.
"Was ist hier los?!" schrie Herbi. Dann starrte er entsetzt auf die Szene, die sich ihm bot. Ossi stand an der Liege und drückte dem sich heftig wehrenden Mann das Tuch mit dem Betäubungsmittel aufs Gesicht. Er blickte Herbi hilflos an. "Tut uns leid, wir wollten dich nicht wecken!" Auf dem Boden lagen ein blutiges Beil und ein Arm in Nadelstreifen. Als sich der Mann unter Ossis Händen nicht mehr bewegte, nahm er das Tuch herunter. Aus dem Stumpf strömte Blut. Ossi bückte sich und hob den Arm auf.
"Was hast du denn getan, Ossi!" rief Herbi verzweifelt. "Der hatte uns noch nicht gesagt, wer das mit dem Geld gemacht hat!"
"Das brauchen wir nicht mehr!" sagte Ossi stolz. "Weißt du, was eine Unfallversicherung ist? Wenn ein Arm ab ist, kriegt man Dreihunderttausend!"
"Was?"
"Ja! Wirklich! Dreihunderttausend!"
Er hielt ihm den Arm hin.
"Aber Ossi!" seufzte Herbi. "Das Geld kriegst du doch nicht! Das kriegt der! Und der ...", Herbi beugte sich zum Gesicht des Mannes. Die Augen standen halb offen, ebenso der Mund. "Der ist tot! Dann behalten die doch das Geld."
"Kein Geld?" Ossi knickte ein. Er ließ den Arm in die Blutlache und sich auf den Stuhl fallen. "So ein Mist", jammerte er. "Ich will doch nur wieder zu Fräulein Berta!"
"Ja, ich weiß!" tröstete Herbi. "Ich doch auch. Los komm, faß mal mit an! Wir bringen ihn in den Keller zu dem anderen."
Ossi stand langsam auf. Beide traten zur Liege und zogen die restlichen Stricke herunter.
"Ich wollte doch nur wieder zu Fräulein Berta!" seufzte Ossi.
"Das schaffen wir auch!"
"Ach, ich weiß nicht ..."
"Ganz bestimmt!" sagte Herbi zuversichtlich. "Wir kriegen schon noch raus, wer unser Geld für die Klinik gestrichen hat."