Was ist neu

aPhone

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26.05.2008
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aPhone

aPhone giveth, aPhone taketh away
(Book of Jobs)

Um die Wartezeit zu überbrücken, scrolle ich mich nochmals durch die aFirstDate Checkliste. Ja, ich bin an allen wichtigen Körperstellen enthaart. Ja, ich bin frisch geduscht. Nein, ich rieche auf keinen Fall wie ein menschliches Wesen, sondern wie ein großes Deodorant. Ja, Haare und Klamotten passen. Ich sehe heute ziemlich gut aus. Im Rahmen meiner Möglichkeiten, aber ziemlich gut. Nein, ich bin weder müde noch unterzuckert. Ja, mein Atem ist frisch und wird es bleiben (habe Pfefferminz dabei). Ja, ich habe Kondome (obwohl das bestimmt übertrieben ist). Ja, ich werde pünktlich sein. Ich bin nämlich schon da, sein Zug nicht.
Das aPhone fühlt sich heiß und glitschig an, geistesabwesend reibe ich meine Handfläche an der Hose trocken. Ein vierzigster Blick zur Bahnhofsuhr, zwanzig Minuten noch, Selbstmörder nicht eingerechnet. Ich rufe aTrainTracker auf, nein, die Gleise sind frei, sein Zug kommt planmäßig. In zwanzig Minuten. Und laut aPalsPhoneTracker ist er an Bord, zweite Klasse Ticket, Waggon vier, Fensterplatz. Was würde aFirstDate mir eigentlich raten, wenn ich er wäre? Ich wähle „Geschlecht: männlich“ und tippe mich durch das Anfangsgeplänkel. Ja, ich bin enthaart, ja, ich bin geduscht … das ist ja albern, wo soll denn jetzt der Unterschied – oh: Ich bleibe an dem Menüpunkt „Blumen oder nicht“ hängen. Das „hinge vom Typ Frau ab“. Ich beantworte die Fragen über mich und bekomme den Ratschlag, mir keine Blumen mitzubringen. Unverschämtheit. Ich mache trotzdem weiter mit „welche Blume könnte ihr gefallen“. Pauschal bei ersten Verabredungen keine roten Rosen, keine weißen Lilien, keine Orchideen … ist die Dame eher sportlich, elegant, … wie alt ist sie … was macht sie beruflich … nach geschlagenen zehn Minuten (!) erfahre ich, dass ich mich am meisten über einen Strauß gemischte Bartnelken freuen würde. Was zur Hölle sind Bartnelken?
Die stickige Luft wird durcheinandergewirbelt und plötzlich hält ein Zug vor meiner Nase. Das kann gar nicht sein, aTrainTracker weiß nichts über eine Planabweichung. Aber hier kommt er, ein paar Minuten zu früh, er muss jeden Moment aussteigen und ich bin noch gar nicht so weit. Warte, aPalsPhoneTracker meint, er ist schon ausgestiegen, ein Haufen Menschen um mich rum, er steht … nördlich, nordwestlich von mir … neben mir … vor mir? Vor mir. Und sind das Bartnelken?
„Oh … hallo!“
„Hey! Da bist du ja!“
Er hat Lachfältchen um die Augen. Wir stecken die aPhones weg, und ich bekomme einen feuchtstieligen Blumenstrauß.
„Hm … Danke. Das ist aber nett.“ (Wo soll ich denn damit jetzt hin?)
Ich lächle ihm zu, während ich versuche, ihn zu mustern, ohne direkt hinzusehen. Die Hände fallen mir gleich auf und die Arme, sehr sehnige Unterarme, mit Sonnenbräune, die auf den Oberarmen heller wird und unter dem T-Shirt-Ärmel verschwindet. Er sieht besser aus als auf dem Foto, jünger und schlanker, das trifft mich unvorbereitet. Ich ziehe den Bauch ein, spüre seinen Blick auf meiner Brust, hebe den Blumenstrauß davor, überlege es mir anders, lasse den Strauß sinken und verstecke lieber meine Hüften, über denen die Hose so straff spannt.
Schluss damit! Außerdem rempeln mich dauernd Gepäckstücke an, ich nicke zur Treppe. „Erstmal nach draußen.“

Ich würge den Blumenstrauß mit beiden Händen, während ich mich nach seiner Fahrt erkundige und versichere, dass ich nur kurz vor ihm angekommen bin, vor zwei Minuten erst. Kaum haben wir die Hitze und den Lärm der Bahnhofshalle hinter uns gelassen, stehen wir im kalten Nieselregen. Er zieht die Jacke an, die er bis eben über dem Arm getragen hat.
„Nehmen wir ein Taxi in die Innenstadt? Eigentlich wollte ich mit dir laufen, aber wenn sich’s hier erstmal eingeregnet hat …“
„Jaja, der Norden.“ Er zwinkert mir zu. „Gönnen wir uns ein Taxi. Das überbrückt auch die Peinlichkeiten der ersten halben Stunde.“ Wir lachen beide.
Vor dem Bahnhof wartet eine beigefarbene Reihe aus neun Taxen mit unterschiedlichen Aufdrucken an den Türen. Wir prüfen mit aTaxiFinder welches Unternehmen am günstigsten ist und welches laut Unfallstatistik am sichersten fährt. Im Taxi rieche ich ihn zum ersten Mal, leicht verschwitzt und darüber ein After Shave, das ich nicht kenne. Er riecht nach Meer und Leder. Er kommt zig hundert Kilometer aus einem Binnenstaat zu mir gefahren und bringt den Geruch von Meer mit, was ist das für ein After Shave? Mein Knie berührt seins, das geht gar nicht anders auf der engen Rückbank. Während der Fahrt will ich den Fremdenführer geben, aber ich kann mich an keine offizielle Sehenswürdigkeit erinnern. „In der Straße hab ich gewohnt. Das ist die Studentenkneipe, von der ich erzählt hab, die Feier, nach der ich in den Kanal gefallen bin – da drüben ist das passiert. Und von dem Steg aus hatte ich zwei Ruderstunden, danach bat mich der Lehrer, nie mehr wiederzukommen. Links ist die Konzerthalle, da sind wir damals oft aufgetreten.“
„Spielst du noch?“
„Fast gar nicht mehr.“
Das Taxi spuckt uns in der Altstadt aufs Kopfsteinpflaster und verschwindet in dem Moment um die Ecke, als mir einfällt, dass die Blumen noch auf der Rückbank liegen.
„Mach dir nichts draus, dafür hast du jetzt wieder beide Hände frei.“ Er sieht dem Taxi nach.
Ich stimme ihm innerlich zu, bloß gut, dass ich mich wieder normal bewegen kann, das war eine ganz unpraktische Idee mit den Blumen, trotzdem ist es mir peinlich. Hoffentlich glaubt er nicht, ich hätte die Blumen absichtlich liegen lassen.
„Ach was.“
Himmel, hab ich das gerade laut gesagt?
Wir sind uns einig, dass wir sofort Kaffee brauchen und man über Essen immerhin nachdenken könnte.
„Augenblick.“ Er hat sein aPhone gezückt und ruft aRestaurantFinder auf.
„Du, wir stehen vor einem Lokal.“ Ich finde, es macht einen gemütlichen Eindruck. Es scheint neu zu sein. Von der weißen Markise tropft Regenwasser, hinter den Fenstern brennen Bienenwachskerzen auf den Tischen, die meisten Tische sind besetzt.
Er liest das vergoldete Namensschild, liest sein Phonedisplay und schüttelt den Kopf. „Das hab ich nicht in der Liste. Das nächste Restaurant ist in der Bergstraße, vier Minuten sechs Sekunden Fußweg von hier.“
„Aber wir stehen doch davor. Und es regnet.“
„Aber es ist hier nicht erfasst.“
„Vielleicht ist es zu neu.“
„Vielleicht taugt es nichts.“
Ein kurzer Abtausch prüfender Blicke. „In Ordnung“, lenke ich dann ein, ich will mir das hier nicht versauen, „mein Lieblingscafé von damals ist auch in der Nähe. Pferdegasse, wo war das, warte, fällt mir gleich wieder …“
„Moment, Pferdegassepferdegasse …“ Aha, er hat auch aCityMap installiert. „ … da lang.“
Mit Selbstbewusstsein marschiert er in eine Richtung, von der ich sicher bin, dass sie falsch ist. Sein GPS gibt mir mit einem ärgerlichen Piepen Recht. „Hoppla.“
Wenn ich die Augen zusammenkneife, kann ich das Straßenschild schon sehen, aber ich lasse ihn rausfinden, wie wir hinkommen. Wie ein Wünschelrutengänger läuft er dem Phone hinterher, biegt probehalber links ein und wird mit einem grünen Blinken belohnt, verstellt ein paar Einkäufern den Weg, als er sich zu mir umdreht und strahlt: „Immer wieder gut. Keine Ahnung, wie ich mich zurechtgefunden hätte, ohne das Ding.“
Vielleicht hättest du jemanden gefragt, der sich hier auskennt? Mich?
Ich überlege, mich bei ihm einzuhaken, jetzt, wo wir auf Kurs sind. Sein Phone spielt Eye Of The Tiger. Ich lasse es bleiben. Der Anrufer ist irgendein „Mark“, keine Frau, ich verliere das Interesse und höre höflich weg.
Das Café heißt nur „Kaffeehaus“, aber es hält wenigstens, was es verspricht. Zumindest war das früher so, der Kaffee war großartig. Ich nehme die zwei Stufen am Eingang mit einem Schritt.
„Warte mal.“ Sein Phone gibt einen Warnton von sich und lässt ihn auf dem Bürgersteig gefrieren. „In den Kritiken steht, der Latte Macchiato und die Apfeltorte sind grässlich.“
„Dann nimm keinen Latte Macchiato und keine Apfeltorte.“
„Aber …“
Latte Macchiato. Bah. Womöglich ist er Milchschaumtrinker.
„Kommst du oder nicht?“

Er bestellt seinen Kaffee schwarz, und wir entspannen uns beide. Unter dem Tisch starte ich heimlich aVoiceRecorder, falls ich das Gespräch später nochmal durchdenken will. Er verrührt einen Würfelzucker in seiner Tasse und erzählt, dass seine Eltern ihn schon in der Grundschulzeit zum Kaffeetrinker gemacht haben – mit viel Zucker und Milch. „Die konnten sich beide nicht vorstellen, wie ein Mensch einen Vormittag ohne Kaffee überstehen soll.“ Noch bevor die Karte gebracht wird und er über „Birnen, Bohnen und Speck“ staunt, hab ich beschlossen, ihn zu mögen. Sein Getue mit dem Phone – so unsympathisch ist es mir nicht. Darüber haben wir uns auch kennengelernt, bei aPartnerFinder. Und er sieht attraktiver aus, als ich erwartet hatte, das ist was ganz Neues. Das ist mir noch nie passiert.
„Kann das sein, dass du in deinem Profil irgendwie … bisschen tief gestapelt hast oder so?“
Er grinst. „Ein Experiment. Ich habe mich schwerer, kleiner und älter gemacht. Früher hab ich immer in die andere Richtung gelogen, aber jetzt hab ich es satt. Den ganzen Abend den Bauch einziehen und mir Gedanken über graue Haare machen, ich bin fertig damit.“
Ich versuche mich zu erinnern, wie viel ich in meinem Profil gelogen habe. Mir wäre nie in den Sinn gekommen, meine grauen Haare anzugeben oder überhaupt irgendein Gewicht einzutragen. Er legt eine Hand auf meine.
„Macht es dir was aus, dass unser Altersunterschied doch nicht so groß ist?“
„Nein, natürlich nicht. Wie kommt das Experiment denn so an?“
Er lehnt sich zurück. „Das wirst du mir sagen müssen. Seit ich dieses Profil habe, hat sich niemand mehr bei mir gemeldet – nur du. Reden wir also über dich. Was zieht dich zu alten pummligen Männern hin?“
Ja, was? Nichts natürlich, aber er ist der beste in der Datenbank, biologisch gesehen. Der beste für mich, seine immunologischen Marker so verschieden von meinen wie nur möglich. Sonst habe ich kaum was über ihn rausgefunden, aber strenggenommen war mein Hack nicht ganz legal. Was zieht mich zu alten dicken Männern hin? Ich gebe bei meinem Gehirn eine originelle Antwort in Auftrag, originell und charmant und möglichst weit weg von der Wahrheit, aber natürlich kommt nur schräges Zeug zurück. Witzchen über die wichtigsten Männer in meinem Leben, Vater, Großvater, Weihnachtsmann. Übrigens haben auch alle vier einen Bart, auf seinem Profilfoto hatte er noch keinen. Ob sein Bart lang genug ist, dass er sich weich anfühlt oder wird das kratzen? Verdammt, er wartet immer noch auf eine Antwort …
Ein Kellner schiebt sich zwischen uns mit Besteck und einem Brotkorb, ich sage irgendwas Belangloses über die Brotsorte, wähle eine Scheibe, nehme einen Bissen, kaue, schlucke, und dann habe ich seine Frage auch vergessen und stelle stattdessen ihm eine.
„Was in deinem Profil ist noch Teil des Experimentes? Der Beruf auch?“
„Dein hoffnungsvoller Unterton deprimiert mich. Nein, ich arbeite tatsächlich bei der Bank. Aber ich verspreche, das heute nicht mehr zu erwähnen, es sei denn, du fragst mich danach. Und du? Du hast geschrieben ‚IT‘?“
Ich zeige auf das Phone, das neben seinem Ellbogen auf dem Tisch liegt. „Ich entwickle und teste Apps.“
„Im Ernst?“ Er scheint ehrlich beeindruckt. „Welche denn?“
„An aCityMap habe ich mitgearbeitet. Zum Beispiel.“ Ich mag ihn. Es gibt keinen Grund, hier irgendwas rauszuzögern. Ich stehe auf. „Entschuldige mich kurz – wenn der Kellner vorbeikommt, ich nehme ein Pils zum Essen.“
Ich finde die Toilette nicht gleich, es ist doch zu lange her, seit ich hier war. Oder sagen wir es anders, ich war eine sehr wertvolle Testperson für aCityMap. Seinen Kaffeelöffel trage ich sorgfältig in der Hand verborgen, dennoch so, dass ich nur den Stiel berühre. Jetzt kann ich’s kaum abwarten, schließe mich in einer Kabine ein, rupfe das Phone aus der Hosentasche und klappe den aDNAnalysator aus. Vorsichtig streiche ich den Löffel über den Sensor. Mit Speichel geht es nicht immer, ich muss darauf hoffen, dass sich genügend Zellmaterial von seinem Mund gelöst hat. Und es funktioniert! Die Onlineverbindung zu genome-check.com baut sich automatisch auf, ich rufe meine eigenen passwortgeschützten Genomdaten ab und wähle „Combine“. Jedes theoretisch mögliche Kind wird mindestens 1,90m groß – wow. Beeindruckt gehe ich die Liste durch, das meiste sieht so gut aus, dass ich aus dem Grinsen nicht mehr herauskomme. Bis zu der Rubrik „erhöhte Krankheitsrisiken“. Chorea Huntington. Ich lese autosomal-dominant vererbt, ich lese Veitstanz, ich lese neuro-degenerativ, ich lese tödlich.
Ich lehne mit dem Rücken gegen die Kabinentür und schließe die Augen. Wie lange er wohl noch hat, bis es ausbricht?

Er empfängt mich mit einem breiten Lächeln, dabei lässt er sein aPhone verstohlen in die Jackentasche gleiten. Vermutlich hat er gerade etwas Ähnliches angesehen wie ich, nur harmloser. aDateAnalyzer oder so. Und was immer er erfahren hat, es macht ihm gute Laune. Ich lächle auch und fühle mich schäbig dabei, aber das ändert nichts. Es ist Zeit, ihn wieder in den Zug zu setzen.

Zu Hause starre ich lange blind auf das aPhone, bevor ich es anschalte. Kandidat Zwei hat mir auf Facebook geschrieben, wir verabreden uns für Mittwoch. Im Menü „Favoriten“ habe ich das wichtigste App gespeichert, ready-to-launch. Ich starte aVibe und streife meinem Phone die Schutzhülle über.

 
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Hey Möchtegern,

ich wollt schon seit Tagen schreiben und dann ... naja, jetzt würden eine Menge Ausreden kommen.
Also ich habe die Geschichte sehr gern gelesen und auch ein paar Komms dazu und ich dachte so, was würde aus der Geschichte werden, wenn doller, mehr, schräger. Es wäre vielleicht witziger, unterhaltsamer, spaciger, keine Ahnung, aber ich denke, damit würde die Geschichte zwar in Punkto aufregender Unterhaltung eventuell gewinnen können und wir wären beim selbigen Lesefeeling wie beim Froschkönig, aber die Geschichte würde auch ihren Ton verlieren, ihre Intention, glaub ich. Denn dadurch, dass sie so alltäglich daherkommt und erst am Ende noch einen in Punkto zukünftiger Entwicklung draufsetzt, hat sie etwas, was mich berührt, mich nicht zurücklehnen lässt und mich gut unterhält, sondern etwas, was mich befremdet und auch irgendwie sehr verstörend wirkt. Ich musste viel an meine Überflüssigen denken, als ich die Komms las :).
Ich schließe mich Ricks Kommentar vollendens an.

Ja, ich bin an allen wichtigen Körperstellen enthaart. Ja, ich bin frisch geduscht. Nein, ich rieche auf keinen Fall wie ein menschliches Wesen, sondern wie ein großes Deodorant.

Erster Lacher. Vor allem, weil die Entfernung der Körperbehaarung an erster Stelle kommt. Viel wichtiger als alles andere. Und im weiteren des Absatzes, kann ich nur feststellen, Erzählstimme mag ich, will ich lesen.

Ich beantworte die Fragen über mich und bekomme den Ratschlag, mir keine Blumen mitzubringen. Unverschämtheit. Ich mache trotzdem weiter mit „welche Blume könnte ihr gefallen“.

Sehr schön. Auch wenn die Frau nichts mit Blumen anfangen kann, haben will sie sie trotzdem. Und schön, wie sich dass dann weiter durch den Text zieht.

Während der Fahrt will ich den Fremdenführer geben, aber ich kann mich an keine offizielle Sehenswürdigkeit erinnern. „In der Straße hab ich gewohnt. Das ist die Studentenkneipe, von der ich erzählt hab, die Feier, nach der ich in den Kanal gefallen bin – da drüben ist das passiert. Und von dem Steg aus hatte ich zwei Ruderstunden, danach bat mich der Lehrer, nie mehr wiederzukommen. Links ist die Konzerthalle, da sind wir damals oft aufgetreten.“

Das hat mir auch gut gefallen. Da sind hübsche Seitenhiebe (so schön ironisch, aber zart) auf typisch Mensch drin.

„Das hab ich nicht in der Liste. Das nächste Restaurant ist in der Bergstraße, vier Minuten sechs Sekunden Fußweg von hier.“

:lol: Was nicht im Netz, dass gibt es auch nicht!

... hab ich beschlossen, ihn zu mögen.

Das macht es so traurig am Ende. Da muss man dann wenn ziehen lassen, weil nicht kompatibel, bald tot, was soll man mit so einem Menschen. Oh je.

Er empfängt mich mit einem breiten Lächeln, dabei lässt er sein Phone verstohlen in die Jackentasche gleiten. Vermutlich hat er gerade etwas Ähnliches angesehen wie ich, nur harmloser. aDateAnalyzer oder so. Und was immer er erfahren hat, es macht ihm gute Laune.

Ich habe mich gefragt, ob er seine Genanalyse auch kennt. Aber du sagtest ja, dazu muss man haken können. Gut wenn er es nicht kann.

Ich lächle auch und fühle mich schäbig dabei, aber das ändert nichts. Es ist Zeit, ihn wieder in den Zug zu setzen.

Das ist so fies und hart und gut. Das tut weh. Mir jedenfalls.

Also, ich habe mich gut unterhalten und dieses, ah, nee nicht schön Gefühl dabei erlebt. Ohne dass, hätte die Geschichte eindeutig für mich weniger punkten können.

Beste Grüße Fliege

 

Hi Berg,

ich habe die Geschichte schon gestern gelesen und mindestens einmal geseufzt, weil wieder einmal eine passable Geschichte nicht in einer gewissen Rubrik (die mit S anfängt) gepostet wurde.
Ich hab drüber nachgedacht, ehrlich, dachte noch, machste Berg auch mal ne Freude, aber ich wüsste unter Satire nichts gegen den Vorwurf zu sagen, dass der Text für eine Satire zu wenig überzeichnet ist.
Das ist realitätsnah, menschlich und gut geschrieben. Es fehlt nur etwas. Die Handlung verläuft sozusagen wie eine gerade Linie bis zur DNA-Analyse seines Speichels.
Ja, tut sie.

Sind solche Analysen nicht sehr aufwändig und braucht man dafür nicht Zentrifugen, Spektrometer und so weiter?
Ja klar, und vor allen Dingen bräuchte es so viel Zeit, so lange bleiben nicht mal Frauen auf der Toilette, da wär das Date schon abgehauen.
Ich halte es auch langfristig nicht für realistisch, dass man ein technisches Gerät in Telefongröße mit den Funktionen DNA-Isolation & Genomsequenzierung kaufen kann.
Ich finde, der Geschichte fehlt etwas Unerwartetes oder ein noch tragischeres Element, um sie richtig gut zu machen: Wenn die Analyse ergibt, dass er Chorea Huntington hat (wie eine der Assistentinnen von Dr. House) und gemeinsame Kinder es mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent bekommen werden, könnte sie erst mal schlucken und ihn trotzdem bitten, sie mal zum Abendessen einzuladen.
Das finde ich nicht tragischer, das finde ich viel weicher als mein Ende. Da würde sie ihm ja aufgrund seiner Persönlichkeit eine Chance geben.
Ich wollte aber genau auf das Gegenteil hinaus.
(Rein um des Klugscheißens Willen: gemeinsame Kinder erkranken mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent oder 100 Prozent, je nachdem wie sein Genotyp ist.)

Oder ihre ursprüngliche Absicht könnte sein, für einen Artikel zu recherchieren und sie könnte zu ihrer Überraschung jemandem begegnen, den sie richtig gut findet.
Die Geschichte war ursprünglich viel länger und sollte beim Leser den Eindruck erwecken, dass "er" eigentlich wirklich sehr nett und sympathisch und eine gute Partie für die Prota wäre. Das funktionierte nicht so gut, weil ich erstens schlecht kontrollieren kann, ab wann ein Leser diese Empfindung hat, zweitens wurde der Text wirklich VIEL länger und das tat ihm nicht besonders gut.
Dir fällt sicher noch etwas richtig Romantisches oder Trauriges oder menschlich Anrührendes ein.
Ich finde es sehr traurig, so wie es da steht.

Mit der Aufzählung der vielen Apps, die alle komische Namen haben, hast du es übertrieben.
Die Aufzählung der Apps ist Programm und Zweck, die Date-Geschichte eine Art Kulisse, mithilfe derer ich zeigen wollte "da in etwa stehen wir im Moment technisch."
Ich muss mal sehen, ob ich einige der Apps ohne Namen auftreten lasse, wobei auch die dämlichen Namen einen Zweck verfolgen ...

Interessanter wäre es, ein bisschen mehr über Hintergründe zu lesen, weil die Protagonistin ja Softwareentwicklerin ist.
Was ich über die Hintergründe von App-Entwicklung weiß, finde ich nicht besonders spannend. Ich finde spannend, wie Menschen mit dem Endprodukt umgehen.

Danke für die Zeit.


Hi dot,

Ja, dein Stil gefällt mir, der Weg ist eindeutig das Ziel. Aber eben, grosse Wendungen oder Offenbarungen seitens deiner Prots gibts jetzt keine, trotzdem bietest du gute Unterhaltung, auch ich würde deinen Prots noch etwas länger zusehen.
Klingt gut.

Doch leider beschneidest du seine Rolle, damit du ihr Analyseding durchziehen lassen kannst.
Ist mir bewusst.
Schade, gerade unter SciFi hätte ich hier mindestens einen gut gemachten Androiden erwartet. Er bezeichnet sein Profil ja als Experiment, was, wenn er dabei selber das Experiment ist, und sie war ist ja eine angesagte Testperson für jenste Apps, 1 & 1 zusammengezählt, also ich finde, da ginge noch was.
Stimmt schon, aber das war nicht meine Erzählabsicht.

Bingo, die aFirstDate-App hatte recht.
Zumindest dieser Teil des Subtextes findet wohl bei mehreren Lesern ins Ziel, das ist schon mal prima.

Dampflok? Back to the Future III? Hier war ich kurz draussen, passt nicht zum Bild eines Perrons im Jahre 2035.
Jetzt im Nachhinein seh ich auch, dass "Dampflok" das (unbeabsichtigte) Bild ist, das den meisten Lesern da kommen dürfte, da wird an der Formulierung gebastelt werden müssen.
- eine App (für mein Empfinden, da von Applikation abstammend)
Geht das nicht beides? Für mich "DAS App", da vom englischen application.

Oha, graue Haare? Ich dachte bis zu dieser Stelle, die beiden wären höchstens um die 30.
Wie man sich täuschen kann, aber klar doch: Lachfältchen, Bartnelken, wenn ich mir's recht überlege, passt schon.
Er ist irgendwo zwischen 30 und 40 (älter geht nicht, da würde er schon Symptome der Krankheit zeigen), sie ist beliebig jünger, meinetwegen darf sie 20 sein. Graue Haare sind doch kein Argument, viele Leute haben ihre ersten grauen als Teenager und ich kenne welche, die noch vor dem 30. Geburtstag komplett ergraut sind. In meinem Abijahrgang gab es auch jemanden, der hatte mit 19 praktisch Halbglatze, weil er so früh so extreme Geheimratsecken bekam.

Den Schluss musste ich - nee jetzt, oder doch? - auch zweimal lesen, gut gemacht!
:)

Fazit: Entweder mehr tech speech, oder ab nach Satire/Gesellschaft damit.
Ich denke, der Text ist hier ganz gut aufgehoben.
Thematisch ist der hier typische SF für mich, auch wenn ich meine message nicht so richtig an alle Leser bringen kann.

Danke fürs Lesen und den Komm.


Hi Rick,

deine Geschichte hat mir gefallen, gut gefallen.
Das ist schön.

Sie entwickelt sich unaufgeregt und ist auch in ihrer Kritik eher leise und zurückhaltend.
Die unaufgeregte Entwicklung ist mir klar und finde ich auch in Ordnung, dass die Kritik als so zurückhaltend ankommt, stört mich ein bisschen.
Was du beschreibst, scheint mir eine sehr kurzfristig denkbare Zukunftsversion zu sein, bei der ich denke, dass die Schienen längst gelegt und die Weichen längst gestellt sind. Diese Entwicklung ist zwangsläufig.
Bis zum Schlussabsatz ist das technisch in etwa unser Heute.
Den DNAnalysator-to-go im Telefon wird es auch in ferner Zukunft nicht geben, aber definitiv wird es "flächendeckend" Genomanalysen geben, man wird danach trachten, die besser interpretieren zu können (das reine Sequenzieren ist nicht das Problem, aber zuverlässige Vorhersagen sind noch nicht möglich, man kriegt von den entsprechenden Diensten so Aussagen wie "24% erhöhte Wahrscheinlichkeit, Alzheimer zu entwickeln, 15% für Knochenkrebs" und von einem anderen Dienst kriegt man für dieselben Sequenzen andere Prozentangaben bzw. überhaupt ganz andere Risikokrankheiten genannt).
Wenn die genetischen Grundlagen für eine Krankheit sehr simpel sind, kann man sie heute schon "sicher" vorhersagen, bei Chorea Huntington ist das ~100%.
Ursprünglich hatte ich es so verpackt, dass die Erzählerin sich sämtliche medizinischen und genetischen Daten vom Telefon ihres Gegenübers besorgt (Spionagesoftware), aber das ließ sich tatsächlich blöder beschreiben als die (unrealistische) Behauptung, sie würde stante pede eine DNA-Analyse selbst durchführen.

Deine Geschichte behandelt diese Entwicklung als Selbstverständlichkeit und das ist genau der richtige Weg, darüber zu schreiben, und es so zu beschreiben.
Ja, so in der Art wollte ich das in den Text stecken, es ist eben so selbstverständlich.

Gern gelesen, und zum Nachdenken angeregt worden.
Könnte nicht besser sein ;O)


Hi Fliege,

ich dachte so, was würde aus der Geschichte werden, wenn doller, mehr, schräger. Es wäre vielleicht witziger, unterhaltsamer, spaciger, keine Ahnung, aber ich denke, damit würde die Geschichte zwar in Punkto aufregender Unterhaltung eventuell gewinnen können und wir wären beim selbigen Lesefeeling wie beim Froschkönig, aber die Geschichte würde auch ihren Ton verlieren, ihre Intention, glaub ich.
Volle Zustimmung.
Denn dadurch, dass sie so alltäglich daherkommt und erst am Ende noch einen in Punkto zukünftiger Entwicklung draufsetzt, hat sie etwas, was mich berührt, mich nicht zurücklehnen lässt und mich gut unterhält, sondern etwas, was mich befremdet und auch irgendwie sehr verstörend wirkt.
Find ich gut, dass das bei dir klappt. Mir ist heute irgendwann aufgegangen: Meine vorletzte hier in SF, die mit den Stuhlspendereien, die war extrem nah an der Realität, was das wissenschaftliche blabla anging. Nur hat es da keiner bemängelt, weil keiner darauf kam, sowas könnte es geben :D

Ich musste viel an meine Überflüssigen denken, als ich die Komms las
Die hab ich heute auch nochmal gelesen. Und mich daran erinnert, dass ich die immer schon mal kommentiert haben wollte, weil ich den Text toll finde, immerhin hab ich auch damals für den abgestimmt.
Warum stehen die eigentlich nicht in SF?
Erster Lacher. Vor allem, weil die Entfernung der Körperbehaarung an erster Stelle kommt. Viel wichtiger als alles andere. Und im weiteren des Absatzes, kann ich nur feststellen, Erzählstimme mag ich, will ich lesen.
Ja, da sind viele Sachen eigentlich als "Gag" inszeniert in dem Text, aber ganz leise gedreht halt.

Das macht es so traurig am Ende. Da muss man dann wenn ziehen lassen, weil nicht kompatibel, bald tot, was soll man mit so einem Menschen. Oh je.
Sie "muss" gar nichts. Die hätten sich ja einen schönen Abend machen können, sie hätte auch sagen können, sie trifft sich wieder mit dem. Aber sie entscheidet sich dagegen.

Ich habe mich gefragt, ob er seine Genanalyse auch kennt. Aber du sagtest ja, dazu muss man haken können. Gut wenn er es nicht kann.
Nee, das hatte ich mir anders vorgestellt. Sie hat sich in irgendeine ominöse medizinische Datenbank gehackt, um Informationen über seine immunologischen Marker zu bekommen. Das hat jetzt erstmal noch nichts mit der Chorea zu tun.
Ob er selbst es weiß oder nicht, ist eine gute Frage. Typisch wäre, dass er mitbekommen hat, wie seine Mutter oder sein Vater an der Krankheit gestorben sind, auch ein Großelter und ein Ur- usw. Er dürfte ahnen, dass er betroffen sein könnte. Dann ist die Frage, ob er sich hat testen lassen oder nicht. Ich hab keine Ahnung, was besser ist, die Gewissheit zu haben, was auf einen zukommt, oder 30 Jahre lang zweifeln?
Möglich ist natürlich auch, dass er das Elternteil, von dem er es geerbt hat, gar nie kannte. Dann kann er auch ncihts ahnen.
ODER er hat eine Neumutation, dann hat er keinen Kranken in der Familie gehabt, dann ahnt er erst recht nichts.

Klingt zwar blöd und sadistisch, aber mich "freut", dass dir das Ende wehtat.

Danke fürs Lesen und den Komm.

:)

 
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Hallo Möchtergern,


„Nehmen wir ein Taxi in die Innenstadt? Eigentlich wollte ich mit dir laufen, aber wenn sich’s hier erstmal eingeregnet hat …“

Ich finde, da muss man als Leser erst grübeln, wer das eigentlich sagt. Mir leuchtet das nicht ein. Also ein "frage ich" würde da nicht schaden …

Ich bleibe an dem Menüpunkt „Blumen oder nicht“ hängen. Das „hinge vom Typ Frau ab“. Ich beantworte die Fragen über mich und bekomme den Ratschlag, mir keine Blumen mitzubringen. Unverschämtheit

Ist meine Lieblingsstelle. Die Idee an sich ist gut, und dann regt sie sich bisschen darüber auf, dass aphone meint: keine Blumen für diese Frau.

Und dann hier:

„Hm … Danke. Das ist aber nett.“ (Wo soll ich denn damit jetzt hin?)

Also auch ohne das in Klammern sieht man gleich bei "Hm … Danke", dass aphone Recht hatte. Und der Typ denkt sich bestimmt, warum hab ich nicht auf aphone gehört?

Da hab ich noch mit dem Kerl sympathisiert, aber dann sagt er das hier:

„Jaja, der Norden.“ Er zwinkert mir zu. „Gönnen wir uns ein Taxi. Das überbrückt auch die Peinlichkeiten der ersten halben Stunde.“ Wir lachen beide.

Also ich als aphone wurde strikt davon abraten, so was zu sagen. Frauen wollen nicht hören, wie unsicher du dir bist. Generell eigentlich nie.
Hallo ich bin Thorsten und die nächste halbe Stunde mit mir wird voll anstrengend und peinlich werden, weil wir uns noch nicht kennen. Zwinker.
Sorry, kann Mann nicht machen. Absolutes No-Go. Da hat man fast schon verloren, wenn man einer Frau so kommt.

Mit Selbstbewusstsein marschiert er in eine Richtung, von der ich sicher bin, dass sie falsch ist. Sein GPS gibt mir mit einem ärgerlichen Piepen Recht. „Hoppla.“

Die ist schon fies. "Mit Selbstbewusstsein" marschiert er in eine Richtung …
O je. Ist schon ironisch zu verstehen, oder? Der Typ ist schon ein Loser, aber er tut mir auch leid. Ich meine guck mal …

Ich überlege, mich bei ihm einzuhaken, jetzt, wo wir auf Kurs sind. Sein Phone spielt Eye Of The Tiger. Ich lasse es bleiben.

Und warum lässt sie es bleiben? Weil sie sich unsicher ist. Sie kriegt nichts auf die Reihe und er auch nicht. Aber wenn er was versucht, dann lacht man über ihn.
Echt schwierig ey …

Latte Macchiato. Bah. Womöglich ist er Milchschaumtrinker.

Was soll das jetzt heißen? Nur Pussies trinken Latte Machiatto, oder was? :) Also das hätte ich jetzt echt durchgehen lassen.


Er grinst. „Ein Experiment. Ich habe mich schwerer, kleiner und älter gemacht. Früher hab ich immer in die andere Richtung gelogen, aber jetzt hab ich es satt. Den ganzen Abend den Bauch einziehen und mir Gedanken über graue Haare machen, ich bin fertig damit.“

Alter komm … den ganzen Abend den Bauch einziehen und dir Gedanken drüber machen. Klar, wenn das selbstironisch gemeint ist und er in Wirklichkeit aussieht wie Brad Pitt oder so kann man das machen aber …
Muss er wirklich auf jeden Makel, den er hat, sofort hinweisen? Ich bin unsicher und fett und dein hoffnungsvoller Ton macht mich depressiv! Geil!

Also ich weiß nicht. Das Problem ist ja … sie mag ihn nur, weil sie sagt, dass sie ihn mag. Ich wüsste aber nicht warum. Ich finde, das kommt nicht bein Leser an, sein bescheidener Charme. Und auch, wie sie dann darauf reagiert. Er sieht offenbar besser aus als erwartet, er ist aber auch ein bisschen uncharmanter als erwartet. Er ist eine Blondine.
Wenn du die Geschichte genau gleich erzählst, und dann steht da plötzlich: Ich entscheide mich, ihn zu hassen (was ist das eigentlich für eine Formlierung? Sie entscheidet sich … das sagt doch schon alles. Wer ist hier Mensch und wer aphone, ist das ne Metaebene, die ich nicht check?) - das würden dir deine Leser genauso abkaufen, behaupte ich. Sogar eher.
Also ich glaube, dass sie ihn nur mag, weil sie ihn mögen muss, sonst funktioniert die Pointe zum Schluß nicht. :)


Ich habs schon gern gelesen, ich mag so Date-Sachen, find ich immer spannend, und das mit den Blumen: ja oder nein – das fand ich wirklich spitze. Doch dann bekommen die Figuren nichts auf die Reihe und langweilen sich fast und es flacht ab, der Schluß ist okay, aber der Mittelteil, wo der Funke irgendwie überspringen müsste … da fehlt was, meine ich. Oder man will halt wirklich so was zeigen, eine verklemmte First-Date Situation, aber dann braucht man ne andere Wendung zum Schluß. Du könntest es doch genau gleich erzählen, aber dann sagt sie: ich hasse ihn!, und man denkt: okay … doch dann kommt die Blutanalyse zum Schluß: voll gesund, tolle Kinder! Und sie kommt zurück zum Tisch und will ihn plötzlich heiraten. Ich glaube, so rum funktionert die Geschichte auch besser, wäre auch bisschen schockierender – aber vielleicht ist die Aussage dann zu "sexistisch" für dich? Weil die Frau nicht so gut wegkommt? Also … kein Scheiß jetzt, ich glaube wirklich, anders rum: Sie hasst ihn, nimmt ihn aber weil aphone JA sagt - das ist meiner Meinung nach die spannendere und bessere Geschichte, und auch die mit der gesellschaftkritischeren Aussage: Die Menschen mögen sich gar nicht, aber aphone kontrolliert alles, und jetzt heiraten sie sogar. Das passt doch auch besser zu den Figuren, dann könnte sich die Erzählerin in aller Ruhe und richtig genüsslich darüber aufregen, dass der Mann Latte Machiatto trinkt und den Weg zu kennen meint und so …
So ist die Pointe flach, weil man gar nicht weiß, warum die sich mögen sollen. So ist das ein bisschen halbherzig alles. Die Frau will sich hier über den Mann aufregen, oder? Dann lass sie doch.
Sonst muss ich sagen: aphone hatte die ganze Zeit über Recht, keine Blumen für sie, schieß den Kerl in den Wind … und was ist dann die Aussage? Wo die krasse Pointe? Ich weiß es nicht genau.

MfG,

JuJu

 

Hej Juju,

Ich finde, da muss man als Leser erst grübeln, wer das eigentlich sagt. Mir leuchtet das nicht ein. Also ein "frage ich" würde da nicht schaden …
Muss ich mal gucken.

Ist meine Lieblingsstelle. Die Idee an sich ist gut, und dann regt sie sich bisschen darüber auf, dass apone meint: keine Blumen für diese Frau.
Was heißt hier "bisschen", die ist total angepisst ("selbstverständlich will ich Blumen, was erlaubt sich dieses Telefon"). Aber als sie später die Blumen bekommt, merkt sie nichtmal, dass das aphone Recht hatte.

Also auch ohne das in Klammern sieht man gleich bei "Hm … Danke", dass aphone Recht hatte. Und der Typ denkt sich bestimmt, warum hab ich nicht auf aphone gehört?
Ich nehm die Klammer lieber nicht raus, ich will, dass das ganz deutlich wird.

Also ich als aphone wurde strikt davon abraten, so was zu sagen. Frauen wollen nicht hören, wie unsicher du dir bist. Generell eigentlich nie.
Hallo ich bin Thorsten und die nächste halbe Stunde mit mir wird voll anstrengend und peinlich werden, weil wir uns noch nicht kennen. Zwinker.
Sorry, kann Mann nicht machen. Absolutes No-Go. Da hat man fast schon verloren, wenn man einer Frau gleich so kommt.
Hm, das hatte ich andersrum gemeint: er zieht sie mit ihrer Unsicherheit auf. Hallo ich bin Thorsten und ich sehe, du bist gerade mit der Situation ziemlich überfordert. Zwinker.
Vielleicht formulier ich da was um.

Die ist schon fies. "Mit Selbstbewusstsein" marschiert er in eine Richtung …
O je. Ist schon ironisch zu verstehen, oder? Der Typ ist schon ein Loser, aber er tut mit auch leid. Ich meine guck mal …
Das ist fies von ihr, allerdings, sie ärgert sich über ihn.
Und warum lässt sie es bleiben? Weil sie sich unsicher ist.
Das hat dann wiederum nicht so geklappt, wie ich wollte. Ich dachte, man könnte die Stelle auf zwei Weisen lesen:
1) Sie lässt es einfach bleiben, weil er gerade einen Anruf kriegt, drangeht und den Arm brauch.
2) Sie zuckt verstört vor ihm zurück, weil sie sich nicht bei jemandem unterhaken will, der diesen Klingelton hat. :P

Sie kriegt nichts auf die Reihe und er auch nicht. Aber wenn er was versucht, dann lacht man über ihn.
Genau.

Aber sie mag ihn ja.
Echt schwierig ey …
Der Satz mit dem "ich beschließe, ihn zu mögen" scheint echt zu Verwirrungen zu führen. In meiner Vorstellung ist sie sich absolut nicht sicher, ob sie ihn mag, die zwei zicken sich an, es läuft nicht richtig rund da. Sie denkt aber trotzdem "da ist irgendwas, das könnte vielleicht was werden, ich versuch's mal mit dem".

Was soll das jetzt heißen? Nur Pussies trinken Latte Machiatto, oder was? Also das hätte ich jetzt echt durchgehen lassen.
Genau das soll es heißen, und sie hätte es eben nicht durchgehen lassen :D

Alter komm … den ganzen Abend den Bauch einziehen und dir Gedanken drüber machen. Klar, wenn das selbstironisch gemeint ist und er in Wirklichkeit aussieht wie Brad Pitt oder so kann man das machen aber …
Muss er wirklich auf jeden Makel, den er hat, bei einem First-Date hinweisen? Ich bin unsicher und fett und dein hoffnungsvoller Ton macht mich depressiv! Geil!
Es ist selbstironisch gemeint, er hält sich nicht für schlechtaussehend. Wobei es natürlich nicht gut ist, wenn der Leser nicht kapiert, wann die Figur selbstironisch ist, hm. Bei der Sache mit dem hoffnungsvollen Ton / depressiv stelle ich mir vor, dass er das sehr theatralisch sagt und eigentlich auch einen Witz macht. Am besten schreib ich da genau das hin "...", sagte er übertrieben theatralisch.
Ich hatte bei dem Text wirklich viel Zeug im Kopf, das bei den Lesern entweder gar nicht ankommt oder eine von mir nicht beabsichtigte Interpretation ankurbelt. Nicht gut, gar nicht gut.

Also ich weiß nicht. Das Problem ist ja … sie mag ihn nur, weil sie sagt, dass sie ihn mag. Ich wüsste aber nicht warum. Ich finde, das kommt nicht bein Leser an, seinen bescheidenen Charme.
Siehe oben, für sie ist die Sache echt in der Schwebe, sie hat sich über ihn geärgert, aber sie findet ihn körperlich attraktiv, er trinkt den Kaffee so, wie sie es absegnet, ;) ... und eigentlich will sie ihm da noch ein bisschen Zeit geben.
Ich hab in irgendeiner anderen Antwort geschrieben, dass ich wirklich mal versucht hatte, seinen Part so auszubauen, dass er wirklich charmant rüberkommt. Das wurde mir irgendwann ab Seite 12 echt zu mühsam und hat den Text auch nicht wirklich getragen.
Er sieht offenbar besser aus als erwartet, er ist aber auch ein bisschen uncharmanter als erwartet. Er ist eine Blondine fast.
Hehe, ja, ab sofort ist er in meiner Vorstellung definitiv blond.
Wobei ich ihn nicht uncharmanter finde als sie, siehe ihre Milchschaum-Verachtung und wie sie ihren Ärger an der einen Stelle runterschluckt anstatt zu sagen, was Sache ist.

Wenn du die Geschichte genau gleich erzählst, und dann steht da plötzlich: Ich entscheide mich, ihn zu hassen … - das würden dir das deine Leser genauso abkaufen, behaupte ich. Sogar eher.
Also ich glaube, dass sie ihn nur mag, weil sie ihn mögen muss, sonst funktioniert die Pointe zum Schluß nicht.
Also das schafft mich jetzt langsam, bin ich denn die einzige, die den Satz "X beschloss, Y zu mögen" vorher schon mal gelesen hat?
Das ist eine ganz typische Phrase, wenn es vorher zwischen zwei Figuren offene oder unterschwellige Anfeindungen gegeben hat. Und je nach Kontext liest sich der Satz dann so, als ob X so eine "im Zweifel für den Angeklagten" Entscheidung trifft (-> nochmal einen Gang zurückschalten, vermutlich ist der andere jemand, den man mögen könnte, das probieren wir jetzt aus, wir geben uns eine Chance).
Eine zweite Lesweise (die ich hier aber nicht erhofft hatte) ist, dass tatsächlich aus irgendwelchen ungeklärten Gründen in diesem Moment echte Sympathie zwischen den beiden Figuren aufkommt.

Immerhin findet der Blumen-Gag ein weiteres Mal sein Ziel!

Oder man will halt wirklich so was zeigen, eine Verklemmte First-Date Situation, aber dann braucht man ne andere Wendung zum Schluß.
Ich wollte sowas wirklich zeigen, eine verklemmte First-Date Situation. Ob dann eine andere Wendung zwingend sein muss - keine Ahnung.

Du könntest es doch genau gleich erzählen, aber dann sagt sie: ich hasse ihn!, und man denkt: okay … doch dann kommt die Blutanalyse zum Schluß: voll gesund, tolle Kinder! Und sie kommt zurück zum Tisch und will ihn plötzlich heiraten.
Du hast Recht, das müsste tatsächlich funktionieren.
Aber nicht zwingend besser, das kann ich mir nicht vorstellen. Irgendwie haben die meisten Leser ja ein Problem mit dem Mittelteil, nicht mit dem Schluss, der Mittelteil bliebe aber gleich und müsste gelesen werden, bevor der Leser an den Schluss kommen kann ...

Ich glaube, so rum funktionert die Geschichte auch besser, wäre auch bisschen schockierender – aber vielleicht ist die Aussage dann zu "sexistsich"? Weil die Frau nicht so gut wegkommt? Ich weiß nicht.
Muahahaha. Jetzt sei mal nicht paranoid, fängst du jetzt an, Sexismus überall zu vermuten, wo "eine Frau nicht so gut wegkommt"? :D
Die Erzählerin kommt in der aktuellen Version doch erst recht nicht gut weg, meiner Meinung nach kommt sie wesentlich schlechter weg als er.

Vielleicht fällt mir noch was ein, wie ich die beiden zu nicht ganz so hoffnungslosen Fällen machen kann.

Dein alternatives Ende hat definitiv auch was, aber es hat den entscheidenden "Nachteil", dass es Menschen zusammenbringt. Das kann ich nie so bitter und schockierend finden wie das Gegenteil.

Danke auf alle Fälle!

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Erzählerin kommt in der aktuellen Version doch erst recht nicht gut weg, meiner Meinung nach kommt sie wesentlich schlechter weg als er.

Zu sagen: wir kennen uns seit einer Stunde und jetzt erfahre ich, dass du ein Pflegefall wirst, also steige ich lieber aus, solang es noch geht: Das ist eine tragische Situation, aber verdammt menschlich. Menschen wie Stephen Hawkings sind auf dem Singlemarkt nicht gerade begehrt. Tote noch weniger. Wer handelt da schon anders? Niemand.

Andersum: Du bist ein Idiot in echt, aber auf dem Papier (aphone) bist du voll toll, also will ich dich unbedingt haben: So steht man menschlich viel schlechter da. Finde ich.


Hm, das hatte ich andersrum gemeint: er zieht sie mit ihrer Unsicherheit auf. Hallo ich bin Thorsten und ich sehe, du bist gerade mit der Situation ziemlich überfordert. Zwinker.
Vielleicht formulier ich da was um.

Ja, gut … Vielleicht mag ich den Typen einfach nicht. Ist halt voll der Horst mit seinem Iphone und seiner Route da und den Witzen, der regt mich ein bisschen auf. Ich hätte mir gewünscht, dass sich da was bisschen zuspitzt oder so … dass irgendwer irgendwann im Gespräch was wagt oder in echt oder keine Ahnung … so ist das so total … jaja … larifari.. iphone sagt nein .. also gut .. war eh nicht so … peace out ...
Aber das les ich halt so, lesen viele auch anders.

Bei der Sache mit dem hoffnungsvollen Ton / depressiv stelle ich mir vor, dass er das sehr theatralisch sagt und eigentlich auch einen Witz macht. Am besten schreib ich da genau das hin "...", sagte er übertrieben theatralisch.

„Dein hoffnungsvoller Unterton deprimiert mich. Nein, ich arbeite tatsächlich bei der Bank."

Da gehört zumindest ein Ausrufezeichen hin, finde ich. Sonst ist das wirklich zu flach.

"Dein hoffnungsvoller Unterton deprimiert mich!" Er grinst. "Nein, ich arbeite tatsächlich bei der Bank …"

 

Ich muss mir das nochmal durch den Kopf gehen lassen, aber mir ist es als Kernidee einfach wichtig, dass hier jemand aufgrund genetischer/medizinischer Daten abgelehnt wird. Die umgekehrte Vorstellung, jemand hat durch sein Designer-Genom voll Erfolg bei den Frauen, die schockiert mich überhaupt nicht. Das ist eine logische Konsequenz, irgendwann ist das "gesunde Genom" das, was heute der dicke Geldbeutel, der berufliche Erfolg, der Porsche etc. ist.

Die Vorstellung, dass man irgendwelche Krankheiten oder eine Prädisposition für Krebs oder sowas wie ein Stigma mit sich herumtragen wird und deswegen auf den ersten Blick ausgegrenzt, die beschäftigt mich viel mehr. Also die Loser des Systems, nicht die Gewinner.

Ich muss das nochmal sacken lassen, im Moment überlege ich eher in die Richtung, sie in totale Schwärmerei für ihn fallen zu lassen, auf den ersten Blick ist er ganz toll, das Treffen lang fängt sie fast das Sabbern an und er ist ja so sympathisch - und dann macht sie am Ende den Test und sägt ihn ab. Da müsste sie dann ausreichend mies dastehen menschlich, oder?
Ob ich dann gleich noch eine andere Krankheit nehme, mal sehen.
Ich will eigentlich auch nicht, dass man ihre Entscheidung völlig albern findet, dann hat der Leser ja auch nix mehr zum Nachdenken ...

Ist halt voll der Horst mit seinem Iphone und seiner Route da und den Witzen, der regt mich ein bisschen auf.
Find ich interessant, für mich ist er echt nicht unsympathischer als sie. Aber sie hat wohl den Bonus, dass sie als Ich-Erzählerin dem Leser viel näher ist.

dass irgendwer irgendwann im Gespräch was wagt oder in echt
Da dürfte was dran sein! Vielleicht löst sich das Problem, wenn sie sich total in ihn verschießt.

 

Hey David,

Hab diese Geschichte als erstes von allen deinen KGs gelesen und dachte mir: Hmm, so richtig heftig Science Fiction ist das doch gar nicht. Und das denke ich auch jetzt noch.
Das stimmt auch, bis auf den letzten Absatz entspricht der Text so in etwa dem aktuellen technischen Stand (in Details übertrieben und beschönigt). Das war so beabsichtigt, hat aber bei vielen Lesern so ein "hä, und das soll jetzt SF sein"-Gefühl heraufbeschworen. Tja ... :D

Ich denke aber auch, dass du sicherlich viel bessere Science Fiction Geschichten schreiben kannst, denn mir gefällt auch dein Schreibstil. Und den kombiniert mit einer guten Story, die dann entweder wirklich viel mit Horror oder eben ScyFi zu tun hat, dann müsste das eine tolle Geschichte werden.
Wenn ich mit dem Schreibstil punkten kann, ist das schon mal viel wert. Ob ich "bessere" Geschichten schreiben kann, werden wir noch sehen.

Werde mir auch deine anderen KGs durchlesen und deine nächsten KGs ebenfalls.
Das freut mich, was Besseres kann man einem Autor wohl gar nicht sagen :)

Danke für die Rückmeldung!

 

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