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Serie Anna Irene und das Oktoberfest (13)

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20.11.2001
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Anna Irene und das Oktoberfest (13)

Bereits als Anna Irene noch im Kindergarten war, mußte Frau K. sie einmal im Jahr für zwei Wochen woanders hingeben. Sie ist Serviererin in einer großen Restaurantkette, von wo aus sie regelmäßig aufs Oktoberfest nach München geschickt wird – nur im Vorjahr konnte sie zu Hause bleiben, da Anna Irene gerade erst mit der Schule begonnen hatte. Aber heuer ist es wieder soweit. Natürlich lehnt sie nicht ab, denn es bringt mehr Geld als die übliche Arbeit ein. Eigentlich könnte Anna Irene während dieser Zeit auch mit Onkel Joe alleine zuhause sein, aber Frau K. traut ihm das nicht zu.

Bisher konnte sich Anna Irene während dieser Zeit über den Aufenthalt bei einer Schwester von Onkel Joe, Tante Hilde, freuen, die selbst zwei Kinder hat – Nicole und Andreas, beide sind etwas jünger als Anna Irene. Dort fühlte sie sich immer sehr wohl, niemand redete den Kindern drein, sie konnten spielen was und wo sie wollten. Trotzdem war immer jemand für sie da, wenn sie etwas brauchten. Am liebsten waren sie im Kukuruzfeld* hinterm Haus – es war für Anna Irene jedesmal ein richtiges Oktoberfest...
Vor zwei Jahren sollte sie einen Brief an ihre Mutter schreiben. Das forderte sie vorm Wegfahren und wies auch Tante Hilde an, darauf zu achten, daß Anna Irene ihrer Pflicht nachkam, und ihr dabei zu helfen. Eine Stunde saß sie vor dem Blatt Papier, auf dem sich keine Worte einfinden wollten. Sie wollte ihr nichts erzählen. Hilde saß neben ihr, um ihr den Brief vorzuschreiben, denn Anna Irene konnte ja noch nicht schreiben, nur abschreiben. So machte Hilde ihr auch einige Vorschläge, was sie erzählen könnte, doch all das lehnte Anna Irene ab. Schließlich konnte sie sich aber doch überwinden, um endlich diese lästige Aufgabe hinter sich zu bringen:

»Liebe Mutti!

Es geht mir gut.

Deine Anna Irene«

Ein paar Monate später, als Onkel Joe und Anna Irene an einem Samstag gemeinsam dort zu Besuch waren, verstanden sich die Kinder gerade wieder einmal prächtig und wollten sich nicht voneinander trennen. Alle drei redeten auf Onkel Joe ein, bis er endlich die Frage, ob Anna Irene diese Nacht hier übernachten dürfe, mit »Ja« beantwortete. Hilde beendete die beginnende Diskussion über Pyjama und frisches Gewand für den nächsten Tag, indem sie aus Nicoles Schrank passende Stücke herausfischte. Anna Irene war immer eher klein und Nicole nur ein Jahr jünger als sie, es gab überhaupt keine Probleme.

Die beiden Mädchen saßen gerade miteinander in der Badewanne und hatten einen Riesenspaß dabei, als es an der Tür klingelte. Onkel Joe war wieder zurückgekommen.
»Die Mutti will, daß du nach Hause kommst. Sie meint, daß du zuhause dein eigenes Bett hast und wenn es dir nicht gut genug ist, dann könntest du ja ausziehen. – Es ist wohl besser, du kommst mit.«
Eine Weile blieben sie noch, damit Anna Irenes Haare trocknen konnten. Während der Zeit stieg Angst in ihr auf, sie ahnte, daß ihre Mutter nun böse sein würde. Sie wußte sofort, daß es ein schwerer Fehler war, zu fragen, ob sie über Nacht bleiben dürfe. Aber immerhin war Onkel Joe mit ihr, also würde ihre Mutter nicht handgreiflich werden.

Daß sie sich so zurückhalten mußte, war Frau K. gar nicht recht. Sie unterdrückte es bis zum nächsten Tag und wärmte dann das Thema noch einmal auf. Es endete in üblichem Haarereißen und Gegen-die-Badewanne-Stoßen, das Anna Irene ohne zu schreien weinend über sich ergehen ließ.

Aber es ging nicht nur um diesen einen Abend. Anna Irene darf seither überhaupt nicht mehr bei Tante Hilde übernachten. Scheinbar hat es ihr dort zu gut gefallen. Deshalb fährt sie heuer während des Oktoberfestes zur Schwester ihrer Mutter, Tante Dora, nach Wien. Sie ist noch Studentin und hat Zeit. In der Schule hat Frau K. erzählt, es ginge nicht anders, und so wurde Anna Irene für die Zeit freigestellt.
Frau K. liefert Anna Irene ab und bleibt noch rund zwei Stunden, bevor sie wieder Richtung Bahnhof aufbricht.
Kurze Zeit, nachdem sie die Wohnung verlassen hat, ziehen sich plötzlich alle aus. Anna Irene findet das sehr seltsam und ist erst einmal verwirrt. Vielleicht aufgrund ihres fragenden Blickes, wird sie sofort von Onkel Michael aufgeklärt:
»Wir stellen uns gegen die gesellschaftlichen Konventionen und deshalb gehen wir zu Hause nackt. Wir brauchen uns nicht voreinander genieren, Gewand ist etwas Unnatürliches. Wir sind frei von solchen Zwängen, die die Gesellschaft uns auferlegt hat. Nacktheit ist nichts Schlechtes. Zieh auch du dich aus.«
Tante Dora lächelt bestätigend und auffordernd.

Es ist ihr unangenehm, sich nackt auszuziehen und so in der Wohnung herumzulaufen. Schließlich wird sie ermahnt: »Zieh dich doch endlich aus! Du wirst sehen, wie frei du dich dann fühlst. Außerdem wäre es doch unfair, wenn wir nackt sind und du unter deinem Gewand versteckt bleibst.«
Widerwillig zieht Anna Irene ein Stück nach dem anderen aus, während ihr Cousin Michi ihr zusieht. Sie will am liebsten im Boden versinken, setzt sich aber dann doch auch zum Tisch. Michi setzt sich neben sie, ihm gegenüber sitzt Michael mit seiner stark behaarten Brust. Wenn Anna Irenes Blick über den Tisch schweift, tauchen hinter Doras Teller zwei riesige Hängebrüste auf.
»Mahlzeit!« – »Mahlzeit!« – »Mahlzeit!« – »Guten Appetit!«

Wenn sie außer Haus gehen und sie sich wieder anziehen kann, ist Anna Irene jedesmal froh. Liebend gern verbringt sie Stunden mit Michi auf einem der einfallslosesten Spielplätze, während sie sich vorstellt, wie schön es jetzt mit Nicole und Andreas im Maisfeld wäre. Oder sie fährt mit ihm in der Straßenbahn herum. Michi ist nämlich zur Selbständigkeit erzogen und durfte bereits mit fünf Jahren alleine Straßenbahnfahren. Jetzt ist er immerhin schon fast sechs. Er wirkt allerdings auch sehr gescheit und kennt sich in Wien bereits aus.
Anna Irene ist diese Selbständigkeit unheimlich. Bei der Vorstellung, ganz alleine unterwegs zu sein, bekommt sie Angst. Noch nie ist sie mit der Straßenbahn ohne Begleitung unterwegs gewesen, immer nur mit ihrer Mutter. Dabei gibt es in Wien viel mehr Linien als bei ihr zuhause in Linz. Anna Irene ist sich sicher, sie könnte das nicht. Sie würde sich alleine hoffnungslos verirren und irgendjemand könnte ihr Böses tun. – Aber im Moment hat sie ja Michi dabei, also ist sie nicht alleine.
Zu Hause fallen Michi trotz seiner Klugheit nur Blödheiten ein. Besonders, wenn Michael und Dora nicht da sind. Er wählt gerne blind Telefonnummern, um dann fremde Leute zu sekkieren. Oder er klettert auf den Kasten, um von dort aufs Bett zu springen. Dabei verletzt er sich einmal, worauf er Tante Dora anruft und anschließend aus einer Lade einen Krankenschein holt. Die beiden fahren sogar alleine ins Krankenhaus. Anna Irene hat den Eindruck, als würde der Arzt Michi schon kennen, ist sich aber nicht sicher. Vielleicht ist er auch nur einfach sehr nett.

Während Michi beim Arzt ist, sitzt Anna Irene im Warteraum. Wahrscheinlich geht es mir doch ganz gut bei meiner Mutti. Sie tut mir zwar oft weh, aber sie würde mich niemals alleine ins Krankenhaus schicken. Sie kümmert sich schon mehr um mich als Tante Dora sich um Michi kümmert...
Die Tür geht auf, Michi kommt verarztet wieder heraus und beide Kinder fahren wieder mit der Straßenbahn zurück.

Zwei Tage später steht ein Praterbesuch am Programm, auf den sich Anna Irene besonders freut. Sie war noch nie zuvor im Wiener Prater. Bevor sie hinfahren, bekommt jedes der Kinder hundert Schilling. »Damit könnt ihr machen, was ihr wollt. Teilt es euch gut ein – mehr gibt es nicht.«
Im Prater sitzen Dora und Michael im Gastgarten eines Restaurants, während die Kinder sich alleine auf den Weg machen, um die hundert Schilling bei den diversen Geräten auszugeben. Michi kennt sich auch hier gut aus und das Geld ist schnell verbraucht. Das Kettenkarussell gefiel Anna Irene am besten und sie würde gerne noch einmal dort fahren, deshalb bettelt sie jetzt Tante Dora an, ihr das noch zu bezahlen. »Du hättest dir das eben besser einteilen müssen. Michi hatte genausoviel Geld wie du und bettelt jetzt auch nicht.«
»Michi kommt ja auch öfter in den Prater als ich...«
»Aus, nein, es gibt nicht mehr«, sagt Dora fest und bestimmt.
Während der Rückfahrt denkt Anna Irene an Onkel Joe. Er hätte ihr bestimmt noch eine Fahrt mit dem Kettenkarussell bezahlt. Er hätte sie gern lachen gesehen und ihr die Freude gemacht. Dessen ist sie sich sicher und mit der Vorstellung tröstet sie sich schließlich auch. Auch, als sie abends schlafen geht, denkt sie noch immer an ihn. Wenige Tage später ist sie zum ersten Mal froh, daß das Oktoberfest endlich zu Ende ist und ihre Mutter sie abholen kommt.
Im Zug fragt Frau K.: »Und, wie hat es dir gefallen?«
»Gut«, sagt Anna Irene.


*Kukuruz = Mais

*******************************************************

Zur ersten Geschichte von Anna Irene geht es hier:
1. Februar 1965, eiskalt

Die nächste Folge findet Ihr hier: Froh zu sein bedarf es wenig

 

Hallo Häferl,

jetzt hab ich mir wieder eine Anna-Irene-Geschichte reingezogen. Diesmal wars zwar deftig, aber doch irgendwie milder.

Schlimm war:

Es endete in üblichem Haarereißen und Gegen-die-Badewanne-Stoßen, das Anna Irene ohne zu schreien weinend über sich ergehen ließ.

Am schmerzhaftesten schien mir, daß Anna Irene gar nicht mehr schreit.

wieder mal schwarze Pädagogik:

wenn es dir nicht gut genug ist, dann könntest du ja ausziehen. – bei einem Kind, echt wahnsinnig!


schwarze Pädagogik:

Wir stellen uns gegen die gesellschaftlichen Konventionen und deshalb gehen wir zu Hause nackt. Wir brauchen uns nicht voreinander genieren

Aber die sind doch genauso borniert wie die "Bürgerlichen", nur halt in eine andere Richtung. Die machen mich glatt noch wütender als die, die sie als Spießer bezeichnen. Ich kannte auch solche Leute echt zum Speiben, die sind ja noch ärger als die Frau K. Da hab i scho gessn, wie man bei uns in Wien sagt. Weil sich die nämlich ach so progressiv und liberal vorkommen, wähh! Warum lassen sie Anna Irene nicht einfach tun, was sie will, so wie bei Hilde. Die scheint mir noch die menschlichste von den Protagonisten.

Der Praterbesuch, da erübrigt sich jedes Kommentar.

Sehr realistisch dargestellt in Deinem ganz eigenen Stil. Immer ein hauch von Sarkasmus, scheint da zwischen den Zeilen durch. Gefällt mir.

vor allem: tauchen hinter Doras Teller zwei riesige Hängebrüste auf.
»Mahlzeit!« – »Mahlzeit!« – »Mahlzeit!« – »Guten Appetit!«

Na wenn das nicht spießbürgerlich ist, :lol: echt gelungen, die Passage!!!!

Warum wechselst Du eigentlich immer zwischen Imperfekt und Präsens, hat das einen bestimmten Grund??

wieder mal eine aufwühlende Geschichte, die es wert war, gelesen zu werden.

liebe Grüße

Echna

 

Es wäre sicher interessant zu erfahren, wie Michi seine "freie" Erziehung heute als Erwachsener empfindet.
Ich empfinde diese Geschichte als eine wirklich in sich geschlossene Erzählung, die besonders gut darstellt, wie das Fühlen und Denken durch die Psychomacken der Eltern pervertiert wird. Zum Schluss freut sich Anna Irene also auf ihre gewalttätige Mutter, nimmt aber die sexuelle Unangemessenheit ihrer Gastfamilie in Schutz, da sie sich selbst dafür schämt.

Wahrscheinlich hätte es noch nciht einmal etwas gebracht, etwas darüber zu erzählen, wer weiß.
Dir lieber Echnaton kann ich leider nur bestätigen, dass diese Borniertheit zu jener Zeit gang und gäbe war, und dass Missbraucher sich in dem zweifelhaften Ruhm sonnen konnten, "gegen die überholte Moral zu verstoßen", wenn sie gegen ein "spießiges" Gesetz verstießen.

Diese Anna Irene Geschichte ist dir sehr viel rinder gelungen als die vorherige, liebe Susi.

 

Lieber Echnaton, lieber sim!

Danke Euch beiden fürs Lesen meiner Geschichte und Euren Kommentar dazu! :)

@Echnaton - Wieder einmal hast Du die schwarze Pädagogik schön herausgefiltert - und auch den leichten Sarkasmus nicht überlesen. Das freut mich besonders.

Warum wechselst Du eigentlich immer zwischen Imperfekt und Präsens, hat das einen bestimmten Grund??
Das mit Tante Hilde ist ein Rückblick, wenn Du das meinst. Sonst sehe ich nicht, worauf Du ansprechen könntest. Verrats mir bitte...;)

@sim -

Es wäre sicher interessant zu erfahren, wie Michi seine "freie" Erziehung heute als Erwachsener empfindet
Was er empfindet, kann ich nicht sagen. Aber er war von der ersten Klasse bis zur Matura immer Klassenbester (das hört Anna Irene später dann noch öfter...), wurde, was gar nicht so leicht zu schaffen ist, auf die Kunstakademie in Wien aufgenommen und lebt heute in New York als freischaffender Künstler, bzw. verbringt er den Winter auf einer (alten, selbst hergerichteten) Yacht in der Südsee... Ob das mehr als Flucht oder als Selbstverwirklichung zu werten ist, berätsle ich auch schon lange. :lol:

Zu Deinen Aussagen bezüglich Erziehung kann ich Dir, wie auch Echnaton, nur zustimmen.

Daß Du die Geschichte runder findest als die letzte: Es scheint diesen Geschichten doch langes Überarbeiten nicht gut zu tun, denn diese hab ich gestern begonnen... und die vorige hatte ich ca. vier Wochen in Arbeit.
Allerdings sollte man diese Aussage nicht generalisieren - bei anderen Geschichten zahlt sich Überarbeiten auf jeden Fall aus.

Alles liebe,
Susi :)

 

Häferl,

alles klar! Wenn es als Rückblick zur Gegenwart gesehen wird, laß die Frage einfach, vergiß es! Es ist nur, daß ich immer im Imperfekt schreibe, da ist das dann schon so Gewohnheit, daß man dann plötzlich nicht mehr auf andere Formen reagiert.

Das hast Du, denke, ich bei allen Anna-Irene Geschichten so gemacht. Wenn Du sie dann mal einem Verlag anbietest, sollte das konsequent durchgezogen werden.

Das mein ich ernst. Ich denke, daß die Anna-Irene sicher ein zimelich großes Publikum finden könnte, weil jeder Mensch im Grunde ein wenig Anna-Irene in sich hat. Da findet man einiges, mit dem man sich sozusagen identifizieren kann.

 

Hallo Häferl,

ein wehmütiger Kindheitsbericht. Bedrücken finde ich, dass sowohl die einfache Mutter, als auch die progressive Tante sich (um es `mal formell auszudrücken) nicht kindgerecht verhalten. Die Mutter kann es nicht ertragen, wenn sich das Kind bei anderen Leuten wohl fühlt, dies zeigt ihr wohl ihr eigenes Versagen. Die Fortschrittlichen machen ihre Fortschrittlichkeit an einigen als Freiheits-Alibi mißbrauchten Verhaltensweisen fest, zeigen aber keine wahre Zuneigung, sondern nur krampfige pädagogische Konstruktionen. Die an sich wichtige Erziehung zur Selbständigkeit scheint zur Möglichkeit sich nicht um das Kind kümmern zu müssen zu pervertieren. In Deiner Beschreibung dieser speziellen Welt liegt (leider) eine Menge gesellschaftskritischer Wahrheit.
Eine kleine `Rache´der Anna Irene: „Es geht mir gut“ - mehr brauchst Du nicht zu wissen...

Der Text hat mir gefallen, weil er ein Einzelschicksal in Beziehung zu gesellschaftlichen Stömungen setzt, und in sich geschlossen wirkt, obwohl er zu einer Serie gehört.
Ach ja - Oktoberfest. Ein schönes Fest. Für die, die es feiern können.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Häferl!

"Wenn Anna Irenes Blick über den Tisch schweift, tauchen hinter Doras Teller zwei riesige Hängebrüste auf.
»Mahlzeit!« – »Mahlzeit!« – »Mahlzeit!« – »Guten Appetit!«" - die Stelle ist super.... :lol:

Am schlimmsten, dass die Mutter so ... absolut verständnislos reagiert, wenn Anna-Irene etwas Freude macht und das versucht zu unterbinden. Die Reaktion, das nicht mehr wehren, ist furchtbar.
Echnaton hat schon einiges rausgegriffen...nacktgehn...alle irre, und das gegenüber einem Kind... da kann man nur noch den Kopf schütteln.

alles liebe -
Anne

 

Hallo Häferl,

Dressierte Kinder sind mir ein Albtraum, ich wünsche Anna Irene, dass sie später nicht teure Therapien in Anspruch nehmen muss.
(Michi ist ja schon verhaltensgestört)

Liebe Grüße
Goldene Dame :)

 

Hallo Häferl!

Sehr ernst, deine Erzählung. Meine erste Anna-Irene-Geschichte.
Schon schmerzhaft finde ich, wie ich die Einsamkeit des Mädchen heraus lesen konnte. Ihrer Mutter gibt sie keinen Einblick in ihre Gefühlswelt. Die Mutter scheint auch nicht mehr wissen zu wollen.
Und auch wenn sich Anna-Irene bei ihrer Tante Hilde wohl zu fühlen scheint, einen Einblick in ihre Gedankenwelt hat diese augenscheinlich ebenso nicht. Ein einsames Mädchen. Wem kann/darf sie sich mitteilen?
Das gesamte Verhalten der Mutter gegenüber dem Kind, ist erschreckend nüchtern aufgezeichnet. Und trotz allem ist sie froh, zu ihr zurück zu kommen.
Nach dem Absatz „übliches Haarereißen und Gegen die Badewanne stoßend“ möchte man Anna-Irene sofort da raus holen. Ein Kind, was sich nicht wehrt und auch nicht mehr schreit.

Eine Geschichte, die lange nach klingt.
Sicher werde ich auch deine erste Anna-Irene-Geschichte lesen. :read:

Liebe Grüße, Piratin

 

Hallo Echnaton!

Danke für Dein nochmaliges Melden. – Da bin ich ja wieder beruhigt. :)

Klar muß ich in den Geschichten irgendwie thematisch manchmal was zusammenfassen, dafür muß ich leider Rückblicke machen. Im Roman gibt es die dann natürlich nicht, da kann ich ja dann davon ausgehen, daß der Leser nicht vielleicht nur ein paar Seiten liest, sondern das Buch von vorne nach hinten. Dann würde etwa die Erinnerung Anna Irenes ans Maisfeld genügen, um die beiden Ereignisse in Zusammenhang zu sehen.

weil jeder Mensch im Grunde ein wenig Anna-Irene in sich hat.
Wie recht Du leider hast... :thumbsup:


Liebe Maus, Goldene Dame und Piratin, lieber Wolto!

Ich danke Euch herzlich fürs Lesen und Eure lobenden Kommentare! :)

@Wolto –

Die Fortschrittlichen machen ihre Fortschrittlichkeit an einigen als Freiheits-Alibi mißbrauchten Verhaltensweisen fest
Ganz genau. Das geschieht immer wieder und in jedem Gesellschaftsbereich. Mir fällt da grad ein ganz simples Beispiel ein, das ich mal miterlebt hab: Eine Gruppe eines Waldorfkindergartens, die ja für ihre freie Erziehung so bekannt sind, fiel über die Sandkiste in einem Park her. Der Erzieher meinte, sie sollten mit Wasser spielen und einen ordentlichen Gatsch in der Sandkiste machen. Ein Kind wollte das aber nicht, wollte sich nicht im Gatsch dreckig machen. Er mußte. Und er sollte darüber froh sein, daß er das dürfe, weil anderen Kindern sei das verboten...

@Maus – Freut mich, daß Dir die Stelle auch so gut gefällt. :)

Am schlimmsten, dass die Mutter so ... absolut verständnislos reagiert, wenn Anna-Irene etwas Freude macht und das versucht zu unterbinden.
Wie recht Du hast...[/quote]

@Goldene Dame –

Dressierte Kinder sind mir ein Albtraum
Es gibt auch heute noch viele solcher Kinder. – „sind mir ein Albtraum“ – gerade in Kindergeschichten, die Du ja gerne schreibst, kann man versuchen, diesem Albtraum entgegenzusteuern... ;)

@Piratin – Danke auch für Deine einfühlsamen und richtig erkennenden Worte!

Wem kann/darf sie sich mitteilen?
Sie könnte es gar nicht formulieren, geschweige denn würde sie sich trauen...
Würde mich sehr darüber freuen, wenn Du auch die anderen Anna Irene-Geschichten lesen würdest. :)


Alles liebe,
Susi

 

Hallo Susi,
auch für mich war es die erste Anna-Irene Geschichte, und ich muss sagen, sie hat mir so gut gefallen, dass ich bestimmt auch in die anderen reinschauen werde.
Arme Anna-Irene und armer Michi. Es ist echt schade, dass leider so viele Kinder eine solche Erziehung ertragen müssen. Du hast da gleich zwei Extremformen herausgepickt. Ich habe selber auch zwei Kinder, die ich versuche, auf eine liebevolle Weise zu verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen. Aber ich muss sagen, es ist manchmal verdammt schwer, den richtigen Weg zu finden.
Sehr traurig fand ich auch den Satz mit dem Haarereissen und Gegen-die-Badewanne-Stossen. Kinder, die ständig von Gewalt umgeben sind, können doch einfach nicht zu normalen Erwachsenen heranwachsen.

Liebe Grüsse
Blanca

 

Hallo Häferl,

Das ist schon die *an-den-fingern-zähl* dritte Anna-Irene-Geschichte, die ich von Dir gelesen habe. Allesamt machen sie mich etwas wehmütig, haben eine Anklage, die ich nicht greifen kann. Übrigens empfinde ich nicht nur Mitleid für das Mädchen, sondern auch für die Mutter. Das Verhalten wird dem Menschen durch seine Umwelt mitgegeben, und zwar vollständig - in den Genen sind nur die Tendenzen gespeichert. Deswegen kann ich die Anklage, die Moral nicht fassen, was mich ein bisschen irritiert. Manchmal sage ich mir, das würde der Geschichte schaden, und ein anderes Mal gehört es zu ihr dazu.

Hier liegt aber auch eine Gefahr. Potzblitz, wenn ich da etwas überlesen haben sollte, will ich Moritz heißen, aber meines Erachtens trittst Du ein bisschen auf der Stelle. Wir kennen nun diese unwürdige Mutter, wir kennen nun das (evtl. noch, s.o.) unschuldige Kind am Boden, wir kennen nun die zweifelhafte Gesellschaft. Diese Ansicht hat sich in mir mit der Lektüre der drei Geschichten langsam aufgebaut. Doch ich vermisse etwas die Entwicklung, ich warte auf den ersten Meilenstein, auf die erste Kehrtwendung (bspw. Besuch vom Jugendamt?) - Kann die Mutter nicht einen Tag wirklich guter Laune sein, sich bei ihrer Tochter für all ihre Schandtaten entschuldigen, nur um den Tag darauf weiterzumachen wie seitje?

Vielleicht liege ich auch nicht richtig in Deiner Zielgruppe. Ich neige oft zu Extremen, zu den Ex&Hopp-Grenzen, manchmal gar zu beiden gleichzeitig. Vielleicht würde genau dieser Vorschlag der Geschichte ungut tun.

Ein paar Anmerkungen zum Stil:

die Kinder gerade wieder einmal prächtig

das klingt etwas ironisch in meinen Augen. Das "gerade" ist glaube ich dafür verantwortlich.

es gab überhaupt keine Probleme.

Hier ist wohl das Idiom "es war/wäre kein Problem" angemessener...

Die beiden Mädchen saßen gerade miteinander in der Badewanne und hatten einen Riesenspaß dabei...

Ein Zustandsverb kann keinen Spaß machen ;), auch nicht Kindern. => streich das "dabei".


So weit, so gut,
FLoH.

 

Hallo Blanca!

Danke fürs Lesen meiner Geschichte und Deine Antwort! :)

Freut mich wirklich sehr, daß sie Dir gefallen hat.

Ich habe selber auch zwei Kinder, die ich versuche, auf eine liebevolle Weise zu verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen. Aber ich muss sagen, es ist manchmal verdammt schwer, den richtigen Weg zu finden.
Ich glaube, solange der Wille da ist, mit den Kindern liebevoll umzugehen, merken die das auch. Selbst, wenn man vielleicht mal „aus der Haut fährt“. Wenn man seinem Kind Liebe gibt und es selbst auch seine Gefühle zeigen darf, kann es schon auch mitbekommen, daß die Mama oder der Papa sich auch mal ärgern oder schlecht aufgelegt sind, in dem Fall werden sie auch damit fertig, weil sie ja wissen, daß es die Ausnahme ist – das Kind lernt dabei ja auch, Gefühle von anderen zu respektieren. ;)


Lieber FloH!

Auch Dir ein dickes Danke fürs Lesen und Kommentieren!

Das ist schon die *an-den-fingern-zähl* dritte Anna-Irene-Geschichte, die ich von Dir gelesen habe.
... dann fehlen Dir mindestens zehn (mehr Finger hab ich auch nicht) ;) :D

Übrigens empfinde ich nicht nur Mitleid für das Mädchen, sondern auch für die Mutter. Das Verhalten wird dem Menschen durch seine Umwelt mitgegeben, und zwar vollständig - in den Genen sind nur die Tendenzen gespeichert. Deswegen kann ich die Anklage, die Moral nicht fassen, was mich ein bisschen irritiert.
Natürlich wird es eine Ursache haben, daß Frau K. so geworden ist – ob es an den Genen liegt oder nicht, ist dabei nebensächlich. Ich schreibe hier aber die Geschichte der Anna Irene – und da war die Mutter schon so, wie sie ist und wie Anna Irene sie erlebt hat. Nur das ist entscheidend für diese Geschichte. Ein Kind ist nicht in der Lage, zu hinterfragen, warum die Mutter so geworden ist, es kann nur das nehmen, was es bekommt und nicht das, was es bekommen hätte, wenn im Leben der Mutter etwas anders gewesen wäre. Außerdem hieße ein Hinterfragen der Herkunft des Tuns von Frau K. in weiterer Folge ein Hinterfragen der Erziehung ihrer Mutter und dann wieder deren Mutter... Es wäre dann bestenfalls ein erzieherischer Familienstammbaum, aber nicht mehr die Geschichte der Anna Irene.
So, wie ich die Verantwortung für mein Verhalten, vor allem meinem Sohn gegenüber habe und mich niemand davon befreien würde, wenn ich ihn mißhandeln würde, genauso ist auch Frau K. für ihr Tun verantwortlich – sie ist schließlich erwachsen und Anna Irene das Kind.

meines Erachtens trittst Du ein bisschen auf der Stelle. Wir kennen nun diese unwürdige Mutter, wir kennen nun das (evtl. noch, s.o.) unschuldige Kind am Boden, wir kennen nun die zweifelhafte Gesellschaft.
Lieber FLoH, ich trete ganz und gar nicht auf der Stelle. Es ist mir wichtig, Details herauszuarbeiten. Oberflächliche Geschichten gibt es wie Sand am Meer, die alles pauschlieren ohne konkrete Beispiele zu nennen, oder andersrum, die nur ein Beispiel herausgreifen und den dazugehörigen Hintergrund auslassen.

Doch ich vermisse etwas die Entwicklung, ich warte auf den ersten Meilenstein, auf die erste Kehrtwendung (bspw. Besuch vom Jugendamt?)
- Entwicklung geht langsam vor sich. Eine Kehrtwendung ... stell Dir einen Krater vor – im Moment bewegt sich Anna Irene erst auf diesen Krater zu, bzw. wird sie dort hingetrieben. Sie wird ihn durchwandern und auf der anderen Seite wieder herausklettern. Das Jugendamt hatte leider auch keinen Rettungshubschrauber, es hat ja auch niemand den Notruf betätigt...

Kann die Mutter nicht einen Tag wirklich guter Laune sein, sich bei ihrer Tochter für all ihre Schandtaten entschuldigen, nur um den Tag darauf weiterzumachen wie seitje?
Anna Irene ist jetzt 38 und hat bis heute nicht den Hauch einer Entschuldigung gehört. Sie wartet aber auch nicht mehr darauf.

Vielleicht liege ich auch nicht richtig in Deiner Zielgruppe.
Dazu schreib ich Dir besser mal in eine PM. ;)

Deine stilistischen Anmerkungen laß ich mir am Abend durch den Kopf gehen, danke erstmal dafür. :)


Alles liebe Euch beiden,
Susi

 

Hallo Häferl,

Anna Irene ist jetzt 38 und hat bis heute nicht den Hauch einer Entschuldigung gehört. Sie wartet aber auch nicht mehr darauf.

Ich lese diese beiden Sätze; schaue in Dein Profil; und bin betrübt. Und frage mich, ob das ein Irrtum ist.?

Dazu schreib ich Dir besser mal in eine PM.

Oh-oh, da blüht mir was... ;)

 

Liebe Susi,

hier prallen wohl zwei extreme Erziehungsansätze aufeinander und sind doch letztlich doch nicht so verschieden. Der Effekt ist gleich, im Endeffekt ist das Kind mit sich selbst allein.
Interessant finde ich, dass die doch so gegen die Konventionen ausgerichtete Tante Dora sich ihre eigenen Konventionen aufbaut und sich damit nicht anders als alle anderen Spießbürger verhält.

Gleich bei beiden Kindern ist eines. Beiden hört niemand wirklich zu und sie haben es aufgegeben jemandem etwas zu erzählen oder um Hilfe zu fragen. besonders eindrücklich wird dass, finde ich, als Anne Irene bei den Bestrafungen der K. nicht einmal mehr schreit oder weint. Der schrecklichste Schmerz ist de, den man nicht mehr teilen kann.

Übergeodnet steht meiner Meinung nach, die Angst vor dem anderen, in beiden Familien. K. hat Angst vor der netten Familie wo Irene sich wirklich wohl fühlt und die Familie der Tante Nora hat sogar Angst vor einem angezogenen Mädchen, dass in ihrer Wohnung auftaucht.

Eine tolle Geschichte, goßen Respekt dafür.

Liebe Grüße
Roman

 

@FLoH - Nein, ist kein Irrtum...


Lieber Roman!

Danke für Dein Lob zu meiner Geschichte! :)

Ich stimme Deinen Ausführungen zu, nur die Angst von Dora, die Du siehst, ist mir nicht klar. Ich sehe es mehr als ein "Jetzt bist du bei uns und jetzt hältst du dich an unsere Regeln". - Aber vielleicht kannst Du mir noch genauer erklären, wie Du das siehst? :)

Alles liebe,
Susi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi,

was soll man da sagen - eine herbe Entäuschung und gleichzeitig eine Feststellung, die Anna-Irene schon fast so etwas wie Ruhe gibt: die Welt da draussen ist genau so verrückt, wie sie es auch in den vier Wänden mit ihrer Mutter ist. Ich erinnere mich noch an eine andere Szene einer A-I-Geschichte, in der sie Fernsehen schaut und eine Doku über hungernde Kinder sieht - aber hier sieht sie die seltsamen Züge, die die Welt annehmen kann, in einer Umgebung, mit der sie sich mehr identifizieren kann. Die Welt ist halt krank und die Verhaltensweise ihrer Mutter ist scheinbar nur eine von vielen Auswucherungen.

Dieser Onkel Joe wird mir immer unsympatischer; dass er tatsächlich noch einmal zurückfährt, vor dem anderen Kind den Originalton von Frau K. vom Stapel lässt, so auch seine eingene Schwäche (oder sein Desinteresse?) zur Schau stellt - das finde ich wirklich arm. Er kennt Anna-Irene doch schon länger; wird bei ihm nie der Umschwung kommen?

Deine einmalige Art, die Menschen in Anna-Irenes Umfeld darzustellen, muss ich nicht weiter erwähnen: das durchgeknallte FKK-Paar ist echt ein Hammer.

Schön geschrieben, die Thematik in einer neuen Richtung gut weitergeführt und Spannung auf das weitere Geschehen erzeugt ... einfach gelungen.

Eine Wortwiederholung habe ich gefunden: :D

"Eine Weile blieben sie noch, damit Anna Irenes Haare noch trocknen konnten..."


Lieben Gruß, baddax

 

Liebe Susi,
du siehst das schon richtig. Die Frage die man sich aber stellen muss ist, warum verhält sich Dora denn so? Anscheinend leben sie ja so unkonventionell.
Letztlich verhält sich Dora doch genauso wie di K. auch, verzweifelt ihre Regeln durchsetzend. Frau K. hat offensichtlich Schwierigkeiten mit dem Selbsbewusstsein, da sich sonst niemand so verhält. Grund für solch Verhalten ist eigentlich fast immer mangelndes Selbstvertrauen und -bewusstsein. Also im weiterführenden auch Angst, Angst vor allem und jedem der mental stärker sein könnte als man selbst.
Wenn man das für die K. sagen kann, müsste man das auch über Dora sagen können. Sie hat vielleicht auch nur Angst davor, das Irene, irgendwer, sehen könnte und ihr sagen könnte, dass sie nicht so ist wie sie gerne wäre und vorgibt zu sein.
Liege ich mit der Interpretation komplett falsch?

Liebe Grüße
Roman

 

Hallo Häferl!

Nun, nach dem Lesen Deiner anderen Anne-Irene-Geschichten, melde ich mich noch mal bei Dir. Erst jetzt konnte ich erfahren, dass diese Geschichte nicht nur irgendeine, reale Geschichte ist, sondern Deine Geschichte ist. Ich glaube das dieser Aspekt wichtig ist, denn Du verarbeitest selbst erlebte Ereignisse und das spiegelt sich in der klaren, strengen und teilweise kalt bzw. distanzierten Sichtweise wieder. Du schreibt nicht über irgendwen, als Erzähler, Du erzählst uns Deine Geschichte.
Ich finde es mutig und stark von Dir, dass Du Dich damit auseinandersetzen kannst.

Ich stellte mir vor, wie Du - während Du schreibst - als stiller Beobachter die Szenen noch mal bildlich vor Deinem Auge hast vorstellen müssen. So erging es mir auch beim Lesen. Ich als stille Beobachterin, weil Deine Szenen so bildhaft und erschreckend klar beschrieben sind. Ich denke, auf jeden wirken die Erlebnisse anders. Das zeigen auch die unterschiedlichen Meinungen der Lesenden zu den einzelnen Geschichten.

Mir wurde nun auch klar, weshalb Anna sich niemanden mitteilte bzw. das gar nicht konnte.

Jede Anna-Irene-Geschichte ist für sich eine abgeschlossene Episode. Finde ich gut. Doch auch ich meine, es ist günstiger, alle Geschichten zusammenzufassen (z.B. Serie), weil dadurch der Zusammenhang deutlich wird und die Interpretation als solche besser zum Ausdruck kommen kann. (Siehe mein falscher Eindruck beim Lesen nur einer Episode aus dem Zusammenhang heraus gelöst.)

Das Du Dich so vehement gegen die Bezeichnung „Frau K.-Geschichten“ wehrst, hat mir dann doch schon ein Schmunzeln ins Gesicht gezaubert. Verstehen kann ich Deine Absicht aber gut.
Als Kind ist es egal, was Mütter, Väter, Tanten, Onkel etc. für Beweggründe haben, Dir weh zu tun oder überhaupt dies und das genau so zu tun, wie sie es eben machen. Du hinterfragst das in dem Alter noch nicht. Und wenn man es auch nicht anders vorgelebt bekommst, dann weiß man ja auch gar nicht, dass es auch anders sein kann.
Anna-Irene fängt an, sich in bestimmten Momenten diese Fragen zu stellen. Aber sie denkt eben immer wieder daran, was ihre Mutter ihr sagt. Sie stellt zwar einige Dinge in Frage, doch sie stellt sich nicht gegen die Mutter. Meiner Meinung nach ist das nachvollziehbar. Auch wiederum, von Annas Sicht aus gesehen, wegen der zu erwartenden (schmerzvollen) Konsequenzen.
Du erzählst selten, dass Anna-Irene glückliche Momente hatte. Das wurde auch von Lesern kritisiert. Ich kann mir vor stellen, dass die Misshandlungen, die täglich erwartende Tortur, diese Momente einfach überschatten. Die „leeren Stellen“ Deiner Episoden fülle ich dann mit eigener Vorstellungskraft z.B.: Anna-Irene wieder mal in ihr Zimmer verbannt, beschäftigt sich allein, liest oder malt oder spielt und hat ihre Ruhe vor Frau K. (Für Anna sicherlich schon ein „glücklicher“ Moment.)
Es ist doch schlimm, zu wissen: es kann bei jeder kleinsten Bemerkung, die Frau K. nicht verträgt, zu Handgreiflichkeiten in brutalster Weise kommen. (Immer den Kopf einziehend, sich duckend bewegen, oft mucksmäuschenstill, ständig in Furcht und Angst) – so stelle ich mir das Kind vor. Furchtbar!

Da sich das Martyrium von Anna-Irene über eine lange Zeitspanne hingezogen hat, ist es für mich verständlich, dass Du dementsprechend viel Wert legst auf detaillierte und scheinbar wiederkehrende Begebenheiten.
Ich wappne mich mit viel Geduld, werde den Werdegang des Mädchen weiter verfolgen und hoffe aber auch (wenn die Zeit reif dafür ist), dass Anna-Irene aus dieser (noch) Abhängigkeit ausbrechen kann.
(Dann werden sicher auch Beweggründe von ihr sichtbar, dass sie sich nur so und nicht anders verhalten konnte.)

Liebe Grüße,
Piratin :)

P.S.: Mein Feedback bezieht sich nicht nur auf die hier veröffentlichte Geschichte, sondern auf die bisher erschienenen Anna-Irene-Geschichten.

 

Danke, baddax und Piratin fürs Lesen und Eure ausführlichen Kommentare zu meiner Geschichte, sowie Prodi fürs nochmalige Melden! :)

@baddax, daß Du Dich in dem Zusammenhang an die Stelle mit den hungernden Kindern erinnert hast, zeigt mir, wie besonders aufmerksam Du die Geschichten liest, und das freut mich natürlich ganz besonders! :)
Außerdem machst Du mich auf Dinge aufmerksam, die mir bisher noch gar nicht bewußt waren... Daß Onkel Joe auch anders reagieren hätte können, ist mir bisher noch gar nicht in den Sinn gekommen, ich habe das bisher noch nie so gesehen. Für mich war es eine normale Reaktion, die ich nie hinterfragt habe – er hatte bisher für mich fast eine Art Heiligenschein – Deine Feststellung bringt mein Bild von ihm völlig ins Wanken... (aber das ist schon gut so, hab nur deshalb ein bisschen länger für die Antwort gebraucht...)

Danke für Dein Lob und die Wortwiederholung, hab sie schon ausgebessert. ;)


@Roman, ich kann nicht sagen, daß Du mit Deiner Sichtweise falsch liegst, sie klingt durchaus glaubwürdig – aber ich weiß auch nicht, wie weit Du Recht hast. Es könnte auch das sogenannte „Gut-Meinen“ dahinterstehen, also daß sie meint, weil sie sich selbst so frei fühlt wenn sie nackt ist, könne es gar nicht anders sein, als daß andere sich auch so besser fühlen und daß sie das vielleicht ja gut meinte, sie also vielleicht wirklich glaubte, daß sie Anna Irene etwas Gutes tut damit...? – Aber die Frage ist letztlich auch gar nicht wirklich soo wichtig, weil das, was Erwachsene tun ja unabhängig von ihrer Motivation auf das Kind wirkt. Es wird zum Beispiel kein Kind geben, das sagt oder auch nur denkt, seine Mutter hätte es geschlagen, weil sie zu wenig Selbstbewußtsein hat, sondern das Kind wird immer nur wissen, daß es geschlagen worden ist – fürs Kind (vor allem für Unterbewußtsein und Seele desselben) zählen nur die Fakten, nicht die Ursache. – Auch wenn man später manches versteht und vielleicht verzeihen kann, wird dadurch nur die Erinnerung als solche leichter, die Auswirkungen ändern sich aber noch nicht allein dadurch...


@Piratin, dafür, daß Du auch die anderen Geschichten gelesen hast, einen ganz besonderen Dank! :kuss:

Ich finde es mutig und stark von Dir, dass Du Dich damit auseinandersetzen kannst.
Ich sehe darin eigentlich den für mich einzig richtigen Weg – alles andere wäre mir zu oberflächlich, irgendwie...;)

Mehr will ich zu Deiner Stellungnahme gar nicht sagen, außer daß ich Dir vollkommen zustimme, und nochmal ein dickes Danke dafür! :)


Ganz liebe Grüße an Euch alle,
Susi

 

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