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Anleitung zum Schreiben einer Schauergeschichte

Monster-WG
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10.07.2020
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Anleitung zum Schreiben einer Schauergeschichte

1.

Das Schreiben einer Schauergeschichte erfordert Ruhe und Konzentration.

Warte, bis es Abend ist und still im Haus. Bleibe eine Weile vor der Schlafzimmertür stehen und vergewissere dich, dass nur noch ein schwaches, rasselndes Atmen zu hören ist und das regelmäßige Fiepen der Schmerzpumpe.

Sehr gut.

Gehe nach vorne und schließe die Wohnungstür ab. Drehe den Schlüssel zweimal im Schloss. Schalte die Klingel aus.

Arbeite dich dann systematisch durch alle Zimmer. Verschließe die Fenster, lasse die Rollläden herunter und klebe die Spalte zwischen Fenstern und Fensterrahmen mit Paketklebeband ab. Gehe langsam und sorgfältig vor. Achte darauf, dass kein Tageslicht eindringt.

Die Welt deiner Erzählung ist jetzt klar definiert. Innerhalb ihrer Grenzen gelten deine Gesetze.

Ebenso wichtig ist der Zeitraum der Geschichte. Nutze die dir zur Verfügung stehenden Mittel, um deiner Erzählung einen klaren zeitlichen Rahmen zu geben:

Drehe den Gasherd an.

2.

Eine Schauergeschichte braucht eine gewisse Tiefe. Reine Effektgeschichten wirken juvenil und werden schnell vergessen.

Räume den Küchentisch frei. Stopfe Arzt- und Anwaltsbriefe, Versicherungsschreiben und alle Lieferscheine und Rechnungen von Apotheken und Sanitätshäusern in die unterste Schublade, zu den großen Töpfen und Pfannen. Für deine Geschichte brauchst du weder die Papiere noch das Kochgeschirr.

Der Laptop liegt auf der Kommode im Flur. Im Vorbeigehen siehst du dein Spiegelbild im Wandspiegel. Und die Schatten dahinter.

Stelle den Laptop auf den Küchentisch, klappe ihn auf und drücke auf den Ein-/Aus-Schalter. Der Desktop ist voller Dokumente. Arztbriefe für Martha. Die Sachen vom Medizinischen Dienst. Mails vom Pflegedienst. Medikamentenpläne. Dann sind da noch deine Sachen. Die Kündigung. Die Schreiben der Anwälte. Die Vorladung zur Verhandlung.

Mit einem Doppelklick öffnest du ein neues Dokument.

Du bist jetzt bereit zum Schreiben.

3.

Während das Gas sich in der Wohnung ausbreitet und die Schatten im Wandspiegel zusammen- und auseinanderfließen, tippst du die ersten Zeilen. Du speicherst regelmäßig ab.

Bis auf das Klackern der Tastatur ist es ganz still in der Wohnung. So still, dass du es deutlich hörst, als die Schlafzimmertür geöffnet wird.

Sie könnte sich nicht einmal anschleichen, wenn Sie es versuchte. Ihr rasselndes Atmen verrät sie. Es hört sich an, als saugte man die letzten Reste Eisschokolade durch einen aufgeweichten Strohhalm.

Sie braucht einige Minuten. Ihre Schritte sind langsam und unsicher. Immer wieder fiept die Schmerzpumpe, die an ihre Unterarm hängt wie ein mechanischer Parasit.

Die Schatten im Wandspiegel flüstern ihr etwas zu.

Dann steht sie in der Küchentür.

Du speicherst die Geschichte ab und drehst dich um.

Ihr Körper — derselbe, der vergangenen Sommer noch einen Marathon absolviert hat — ist abgemagert. Nicht mal das Nachthemd kann verbergen, wie dürr sie inzwischen ist: Unter den Comic-Schäfchen zeichnen sich ihre Rippen ab. Zwischen den Beinen hängt eine schwere Windel wie ein überdimensionierter Teebeutel. Ihr Kopf ist kahl, nur zwei, drei nasse Strähnen hängen in die Stirn. Die Augen sind weit aufgerissen.

Sie hebt einen Arm und zeigt auf den Ofen.

4.

Geschichten haben die lästige Eigenschaft, ein Eigenleben zu entwickeln. Abzweigungen zu nehmen, die ihre Erzähler nicht eingeplant hatten — von denen sie oft nicht einmal wussten, dass es sie gibt!

Der Gasgeruch ist jetzt überall. Du spürst leichte Kopfschmerzen. Deine Zeit ist begrenzt. Du darfst dich nicht ablenken lassen.

Die Schatten im Spiegel flüstern jetzt nicht mehr. Sie rufen.

Du versuchst, die Frau in der Küchentür anzulächeln. „Wir werden zusammen sein“, sagst du, drehst dich um und drückst Strg-Z.

Tu das nicht

Strg-Z

Tu das

Strg-Z

Nicht

5.

Ruhe und Konzentration sind die Voraussetzungen für das Verfassen einer Schauergeschichte. Der Pflicht-Teil, wenn du so willst. Mit einer guten, gewissenhaften Vorbereitung lassen sich Ruhe und Konzentration zuverlässig herstellen.

Inspiration ist die Kür.

Inspiration bedeutet, dass du nicht nur einen Gegenstand hast, über den du schreiben kannst, sondern auch einen besonderen Dreh, eine Perspektive. Etwas, das deine Geschichte einzigartig macht.

Wie die Schatten im Spiegel. Thomasina, die 1831 in diesem Haus an der Grippe starb. Oder der Junge, den eine Blutvergiftung tötete, nachdem er sich an einer Scherbe geschnitten hatte — gleich hier, ziemlich genau dort, wo jetzt die Küche ist. Oder Hermann, der sich in der Badewanne die Pulsadern geöffnet hat.

Menschen, die in diesem Haus sterben, haben die seltsame Eigenschaft, dazubleiben.

Es ist jetzt ganz still in der Wohnung. Die Schlafzimmertür ist fest verschlossen. Du meinst, das Zischen des Gases zu hören, das aus dem Ofen strömt; aber das kann Einbildung sein.

Schließe deine Augen.

Atme tief ein.

Die Schatten erwarten euch.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Christophe ,

wie schön, dass du wieder ins Forum gefunden hast! Ich freue mich schon sehr auf Kommentare von dir, die waren immer gut durchdacht. :gelb:

Schau doch noch mal über den Text, da haben sich unzählige überschüssige Leerzeilen und auch fehlerhafte Zeilenumbrüche eingeschlichen. Geschichten stehen im Fließtext. Ganz vor allem muss Redebegleitsatz und wörtliche Rede derselben Figur direkt hintereinander stehen.
Zeilenumbrüche werden gesetzt, wenn Sprecherwechsel stattfindet, bzw. in Dialogen auch, wenn eine Person etwas sagt und eine andere etwas tut. Oder, um lange Absätze an inhaltlich passenden Stellen aufzulockern.
Absätze werden nur gesetzt, wenn ein relevanter Settingwechsel stattfindet (also nicht von einem Zimmer ins andere gehen), eine längere Zeitspanne zwischen zwei Passagen vergangen ist, Perspektivwechseln etc..

Es tut mir wirklich leid, weil ich dich schätze, aber die Geschichte funktioniert für mich gar nicht. In den 2010ern gab es Massen solcher Texte hier und in anderen Foren, eigentlich immer von Anfängern und / oder Teenagern, und diese Welle war ganz offensichtlich inspiriert von Silence of the Lambs und noch mehr von American Psycho bzw. später auch den fiktionalen Bearbeitungen des Mordes an Sylvia Likens.
Kennzeichnend sind: ein zu simpler, vorhersehbarer Handlunsgbogen (würde es nicht mal Plot nennen); ein empathiegestörter Erzähler, der irgendwie sonstwie sophisticated tut, aber weder eine wirklich ungewöhnliche Haltung hat noch tatsächlich irgendwie intelligente Dinge sagt; Gewaltszenen stehen aus derHandlung heraus wie ein sore thumb, weil sie null eingebunden sind und durch die Schalblonenhaftigkeit aller Figuren keine Wirkung entfalten können. Das Ganze auf allersimpelstem Leichtprach-Niveau. Solche Texte wirken auf mich stark penälerhaft und ich denke, dass du es wirklich Tausend Mal besser kannst, als solche abgenudelten Szenarien runterzuschreiben.

Ich beschäftige mich seit sehr langer Zeit laienhaft, aber seriös mit Serienmördern und auch Mördern im Kindes-/Jugendalter. Und anders als Blockbuster den Eindruck erwecken könnten, reicht narzisstische, dumpfe, extreme Gewalt allein nicht aus, um einen (Serien)Täter zum Star werden zu lassen bzw. interessant zu machen (vllt. mit Ausnahme von Dahmer und Killer-Paaren, weil dort die Umstände / das Umfeld so ungewöhnlich sind). Heute gibt es ja bereits Kids, die morden, weil sie berühmt werden möchten. Ich könnte hier eine lange Liste mit Mörder*innen erstellen, von denen - glücklicherweise - kaum jemand je gehört hat, obwohl die Taten abartig grausam waren. Die Mörder von James Bulger werden keinen Starruhm erlangen, weil an der Tat - egal wie schockierend - kein interessanter Aspekt ist.

Hannibal Lecter oder Sevens John Doe funktionieren nicht in Isolation, sondern nur durch ihre Konflikte, das sorgsam aufgebaute motivische Umfeld, ggfs. ihre Gegenspieler (mit eigenen Konflikten), v. a. das gesamte Set-up der Plots. Das wird in Texten wie deinem immer missachtet, und dadurch funktionieren sie nicht. American Psycho ist eine ironische politisch-wirtschaftliche Parabel, die Taten sind eh nur Fantasien und dort geht es um die impliziten Motive (shark tank), der Prota wird als hohl entlarvt (abgesehen davon halte ich das Buch für völlig überbewertet).

Es gibt sicher mit einer Menge Umschreiben und Editing Möglichkeiten, aus diesem Prota / Text was zu machen. Z. B. ein Umfeld mit interessanten Konflikten schaffen, in dem seine platte, pedantische und fake-naive Art plötzlich ein spannender Gegenpart wird. Oder du gibst ihm Anteile, die seine momentan noch durch nix untermauerte Coolness tatsächlich objektiv auch für den Leser nachvollziehbar machen - also eine runde, komplexe Figur mit anderen Eigenschaften als nur stumpfe, dümmliche Empathielosigkeit. Oder du lässt die Figur wie sie ist und gehst ins Surrealistisch-Weirde-Absurde mit verrückten, unvorhersehbaren Elementen und Twists - wie z. B. Carlton Mellick III es manchmal schafft. Halt so eine Achterbahnfahrt mit Alice im Wonderland.

Ich finde noch ungünstig, dass du einen imA unmotivierten und nicht eingeleiteten Mix an Horrormotiven verwendest - es startet mit einer semihumorvollen Meta-Ebene, geht über in 'klassisch derangierter (Serien)Mörder', schwenkt dann ins Paranormale bzw. scheinbar Paranormale (wenn er nur halluziniert) mit allem Möglichen: Schattenwesen, Jenseitswelten, physisch anwesende Geister mit historischem Hintergrund, was nirgends tatsächliche Backstory bekommt.

Also: Das kannst du wirklich besser, so in dieser Form ist das imA viel zu unausgegoren und stützt sich auf sehr schwache, bereits von anderen schlecht kopierte Genretexte.

Nix für ungut, hoffe, du machst noch etwas daraus! Und sei es wirklich guten Splatter.
Herzlichst,
Katla

 

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