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Allein
Allein
„Schätzchen, bist du sicher, dass du heute Abend allein zuhause bleiben möchtest? Wir können Susanne noch anrufen und sie wäre in einer Stunde da.“, sagte Annette zu Ihrer Tochter. Sie stand schon fertig angezogen mit Jacke und Hut an der Türschwelle.
Frank, ihr Mann, saß bestimmt schon seit zehn Minuten im Auto vor der Einfahrt und wartete ungeduldig auf seine Frau.
„Jedes mal dieses Gehabe, wenn wir mal einen Abend Essen gehen wollen.“, grummelte Frank in seinen Bart hinein.
„Ja Mama, ich bin mir sicher, zum zwanzigsten Mal! Ich bin 15 Jahre alt, ich brauche kein Kindermädchen mehr. Ich werde jetzt noch ein paar Videos gucken und mich dann ins Bett legen, das schaffe ich schon allein.“, antwortete Diana, die in diesen Momenten mindestens genauso genervt wie ihr Vater war.
Gerade wollte Annette wieder zu ihrem berühmten ‚Aber‘ ansetzen, da ertönt ein lautes und langgezogenes hupen vom Auto.
„Also gut, Kleines. Einen schönen Abend, ja?“ Diana atmete einmal laut und tief ein: „Jetzt geh endlich, sonst dreht Papa noch durch!“ Langsam aber bestimmt drückte Diana jetzt die Tür zu, so dass ihre Mutter nur noch sagen konnte: “Und schau noch mal nach ob alles abgeschlossen ist, ja Schatz? Ja?“
Die Tür war zu! Endlich Ruhe. Diana drehte den Schlüssel im Schloss und ging durch den Flur in Richtung Wohnzimmer, wo schon ihre geliebten Videos auf sie warteten. Ihr ganzer Stolz war ihre komplette Sammlung von allen Filmen mit Hugh Grant, und heute sollte ein Abend werden, den sie und Hugh ganz alleine verbringen wollten. Nach einem kleinen Abstecher in die Küche für eine Flasche Cola und Knabbersachen warf sie sich in einen Sessel und startete den ersten Film.
Im Laufe des Films wurde es draußen dunkel, aber das merkte Diana nicht, Hugh hatte sie ganz in seinem Bann. Als der Film vorbei war schaute sie auf und merkte dann erst, dass sie komplett im Dustern saß. Sie stand auf und machte erst mal Licht im Wohnzimmer und dann auch noch in ein paar anderen Räumen.
Ebenso ließ sie sämtliche Rollläden runter. Rund um ihr Haus befanden sich große Wiesen und ein kleines Wäldchen, der nächste Nachbar war mit dem Auto knapp 15 Minuten entfernt. Darum mochte sie nicht, wenn im Dunkeln die Fenster allzu durchschaubar waren, wie sie immer sagte. Manchmal stellte Diana sich vor, dass jemand sie beobachtet, und der Gedanke gefiel ihr gar nicht.
„Aber das“, murmelte Diana vor sich hin, „hab ich ja leider nicht zu entscheiden. Meine Eltern mögen es nun mal, etwas abseits zu wohnen.“
Dann ging sie in den ersten Stock, wo sich das Schlafzimmer ihrer Eltern, ihr Zimmer und noch ein großes Badezimmer befanden. Auch hier ließ sie die Rollläden vor den Fenstern runter.
Als sie in ihrem Zimmer war, schweifte ihr Blick durch den doch recht großen Raum, und dabei auch über das Telefon auf ihrem Nachttisch. Da fiel es ihr wieder ein: ‚Ich muss doch noch Sabine anrufen, ihr Freund hatte sich doch heute von ihr getrennt!‘ Also legte Diana sich auf ihr Bett und nahm den Telefonhörer. Sie liebte es mit ihrer besten Freundin zu reden, sie konnten sich alles sagen. Und sie stellte sich auf ein langes Gespräch ein. Doch es nahm niemand ab.
Diana ging wieder nach unten, um sich wieder ihren Videos zu widmen. Sie legte gerade die nächste Kassette ein, da klingelte das Telefon.
Sie griff zum Hörer: „Hallo? Hier Diana Sauerborn, wer ist da?“
„Hallo Diana“, antwortete eine ihr unbekannte Stimme, „kann ich Frank oder Annette sprechen?“
„Nee, geht nicht, die sind nicht da. Wer sind sie denn?“, wunderte sich Diana, denn die Stimme kam ihr nicht bekannt vor und normalerweise meldeten sich die Freunde ihrer Eltern immer mit Namen.
„Kann ich sie bald wieder erreichen?“, fragte die Stimme wieder ohne sich zu erkennen zu geben.
„Nein, die werden wohl noch ein paar Stunden weg sein... wer spricht denn da?“, langsam kam dieser Kerl Diana komisch vor.
„Sehr schön!...“, sagte ihr gegenüber nur noch, dann hörte Diana ein lautes Klick, und die Verbindung war getrennt.
‚Es gibt schon komische Typen’, dachte sie und startete ihren zweiten Film.
Eine halbe Stunde später klingelte erneut das Telefon.
Diana nahm wieder ab: „Hallo, hier ist Diana Sauerborn, mit wem spreche ich?“
„Deine Eltern sind immer noch nicht da, oder, Diana?“ Es war wieder die gleiche Stimme wie beim letzten Mal.
„Nein,“ sagte Diana. Sie zögerte etwas, sprach dann aber weiter: „Sind sie ein Freund meines Vaters oder meiner Mutter?“
„Nein, bin ich nicht, Diana. Beide haben mich noch nie in ihrem Leben gesehen... Du bist ganz allein zuhaus, oder, Diana?“
Bei der Art wie der Mann ihren Namen aussprach und betonte lief es ihr eiskalt den Rücken runter. Sie stotterte etwas als sie wieder anfing zu sprechen:
„Äh, nein, ich meine, ja, aber nicht mehr lange, meine Eltern müssten bald wieder da sein, sie haben eben angerufen!“ Diana wurde wirklich komisch zu Mute. ‚Hoffentlich glaubt er mir!‘
„Nein Diana, sie haben nicht angerufen, deine Eltern sind wie jeden ersten Freitag im Monat zusammen Essen gegangen, und sie sind noch nie vor ein Uhr wieder da gewesen. Das sind noch über fünf Stunden, mehr als genug Zeit für uns beide, Diana.“, die Stimme hörte sich richtig gespenstisch an! Wieder ertönte ein lautes Klick, dem eine lange Stille folgte.
Sofort sprang Diana auf und lief zur Haustür. ‚Abgeschlossen‘, dachte sie, als sie das Schloss kontrolliert hatte. Dann ging sie durch die Wohnung, schloss jedes Fenster ab und setzte sich danach wieder auf den Sessel. Sie fühlte sich nun wieder etwas sicherer, bis erneut das Telefon klingelte.
Diana zögerte, sie wusste nicht was sie tun sollte, den Hörer abnehmen oder nicht? Es klingelte bestimmt zwei Minuten, dann entschied sich Diana doch dazu abzunehmen.
„H-Hallo? Hier D..“, da unterbrach sie schon ihr gegenüber.
„Fühlst du dich jetzt besser, wo du alle Fenster verschlossen hast?“ Dann lachte diese Stimme auf eine so erschreckende Art und Weise, das Diana den Hörer auf das Telefon schlug.
Sofort nahm sie ihn wieder auf und wählte die Nummer der Polizei. Sie zitterte ziemlich stark, so das sie drei mal wählen musste, bevor sie die Nummer richtig eingetippt hatte.
„Polizeinotruf, mein Name ist Stein, wie kann ich ihnen helfen?“
„Ich brauche Hilfe!“ sagte Diana, sogar ihre Stimme zitterte. Ihr liefen erste Tränen über die Wangen, „Hier ruft ständig jemand an und macht mir Angst und ich bin ganz allein!“
„Wer spricht denn da?“, fragte der Polizist.
„Ich bin Diana Sauerborn.“
„Und wie alt bist du?“
„15“
„Und dich hat jemand angerufen? Was hat er denn gesagt?“
„Er hat schon drei mal angerufen. Zuerst wollte er meine Eltern sprechen, aber die sind nicht da. Dann sagte er, dass meine Eltern ihn gar nicht kennen und das er mit mir Spaß haben möchte. Und er wusste das meine Eltern jeden ersten Freitag im Monat wegfahren. Bitte, ich hab Angst! Kommen sie her!“, bat sie den Polizisten, sie flehte ihn schon fast an.
„Bleib ganz ruhig“, versuchte der Polizist sie zu beruhigen, „das ist bestimmt nur irgendein Spinner der dich erschrecken möchte.“
„Nein, der ist echt, machen sie was bitte, ich habe Angst! Ich will nicht mehr allein sein!“ Diana fing jetzt richtig an zu weinen und schluchzen.
„Also gut, hör mir zu: Wenn der Mann das nächste mal anruft halte ihn länger am Telefon. Ich kenne jetzt deine Telefonnummer und beobachte deine Leitung. Du wohnst in der Winkelgasse 32, richtig?"
"Ja."
"Gut. Den nächsten Anruf den du bekommst höre ich mit und verfolge ihn zurück. Und du solltest noch sicher gehen, das alles abgeschlossen ist, dann kann dir nichts passieren, hörst du?“
„Gut, o.k., das mach ich. Ich leg jetzt auf und warte bis er wieder anruft!“ Und Diana legte ziemlich aufgewühlt den Hörer auf das Telefon.
‚Die Polizei passt jetzt auf mich auf, alles ist gut! Bald haben sie ihn gefasst und dann kann ich wieder Video gucken!‘, redete sie sich immer wieder ein. Trotzdem stand sie sofort nach dem Telefonat auf, ging zur Eingangstür und schob den kleinen Schuhschrank, der neben der Tür stand, mit aller Kraft vor die Tür.
Sie hatte den Schrank noch nicht mal ganz vor der Tür platziert, da klingelte das Telefon!
Diana entwich ein Schrei, sie hatte sich total erschrocken. Aber sie versuchte sich zu fangen und ging zurück zum Telefon. ‚Jetzt nehm ich ab und die Polizei findet ihn, ganz einfach‘, dachte Diana, aber irgendwie wollte der Gedanke sie nicht beruhigen.
Ganz langsam nahm sie den Hörer ab: „Hallo?“, sagte sie mit ängstlicher Stimme, ihre ganze Selbstsicherheit, die sie sich versucht hatte einzureden ,war wie weggeblasen, als sie wieder die Stimme hörte.
„Das war ein großer Fehler von dir, Diana.“ zischte der Mann mit einem unglaublichen Zorn in der Stimme. “Hab ich dir erlaubt die Polizei anzurufen, Diana? Nein hab ich nicht. Warum tust du das, Diana? Warum musstest du ein böses Mädchen sein, wir hätten doch so viel Spaß haben können, aber jetzt kann dir die Polizei auch nicht mehr helfen!“
„Woher wissen sie das? Sie können mir nichts mehr tun, die Polizei weiß bescheid und hilft mir!“, rief Diana völlig verstört und fing wieder an zu weinen.
„Diana,“ sagte wieder die Stimme, „niemand kann dir helfen, hörst du, niemand! Du warst wirklich sehr ungezogen, ich kann nichts mehr für dich tun.“
Diana wollte noch etwas sagen, sie wollte ihn anschreien, ihrer Angst Luft machen, aber bevor sie einen Laut von sich geben konnte, hörte sie wieder das Klick. Es schien ihr von mal zu mal lauter zu werden.
Diana stand unter Schock, entfernt nahm sie wahr, dass das Telefon erneut klingelte. Wie in Trance nahm sie den Hörer ab: „Hallo? Hier Diana Sauerborn.“, hörte sie sich selbst sagen, als wenn sie jemand anderem zuhören würde.
„Diana? Hier spricht Herr Stein von der Polizei.“
‚Endlich die Polizei,‘ dachte Diana. ‚Sie haben ihn gefunden und werden ihn verhaften, dann bin ich sicher.‘
„Hörst du mich, Diana?“ fragte Stein.
„Ja, ja, ich höre sie. Haben sie ihn?“, fragte Diana voller Hoffnung, dass der Albtraum bald ein Ende haben würde.
„Diana, hör mir genau zu, wir haben den Anruf gehört und zurückverfolgt. Ein Streifenwagen ist schon zu dir unterwegs und wird in einer halben Stunde bei dir sein. Lauf so schnell weg wie du kannst. Diana, der Anruf kam aus deinem Haus!“
ENDE