Was ist neu

Allein

Mitglied
Beitritt
19.08.2001
Beiträge
247
Zuletzt bearbeitet:

Allein

Wütend. Ich bin wütend.

Ich schabe energisch die Reste Lasagne von meinem Teller in die Mülltonne. Das Messer erzeugt dabei ein Geräusch, das mir Gänsehaut beschert. Während ich das Geschirr in den Spüler stopfe muss ich an ihre letzten Worte an mich denken.

‚Mach’s gut. Alles liebe.‘

Nach so langer Zeit bin ich nicht mehr wert als 18 Buchstaben. So viele Liebesschwüre, so viel Zuneigung, so viel Gemeinsamkeiten. Und nun ist nichts mehr davon da, von einem Moment auf den nächsten war alles vorbei. So sehr das Ende auch unausweichlich schien, getroffen hat es mich dennoch bis ins Herz. Wie um alles in der Welt soll es jetzt weitergehen? Wie soll ich sie jemals aus meinem Kopf bekommen? Wie soll ich all die Momente vergessen, die wir gemeinsam erlebt haben? Wie soll ich ihren Geruch vergessen und die Art und Weise wie sie mich immer angesehen hat, wenn wir im Bett lagen? Wie soll ich vergessen, dass wir diese spezielle Verbindung hatten, wenn sie imstande war, mich innerhalb ein paar Sekunden fallen zu lassen wie eine heiße Kartoffel?

Schwerfällig lasse ich mich auf einen Küchenstuhl fallen und massiere meine Stirn. Ein unangenehmes Pochen macht sich langsam dahinter bemerkbar und ich spüre ein Brennen in den Augen. Mir ist nach Heulen zumute, aber es kommen keine Tränen. Es geht einfach nicht.

Traurig. Ich bin traurig.

Während ich die nasse Wäsche aus der Waschmaschine nehme und in den darüber liegenden Trockner stopfe, denke ich an einen Abend, an dem wir gemeinsam gekocht hatten. Zwei frische Saiblinge, etwas Gemüse und eine Flasche ausgezeichneter Weißwein. Wir haben gelacht und geputzt und geschnitten und getrunken und uns geküsst und hatten am Küchenboden Sex, während der Fisch im Backrohr vor sich hin brutzelte. Ich denke an diesen Abend und eine unendliche Trauer überkommt mich. Ich versuche zu lächeln und mich an das Schöne an diesem Abend zu erinnern. Versuche, keine Bitterkeit aufkommen zu lassen darüber, dass ich, wenn ich nur ein wenig mehr Mumm gehabt hätte, viele weitere solche Abende hätte erleben können. Aber ich hab’s verbockt. Ziemlich sogar.

Ich stopfe nasse Wäsche in den Trockner, schließe die Tür, drehe das Einstellungsrad irgendwohin ohne es zu kontrollieren und schalte das Gerät ein.

Müde. Ich bin müde.

Das Alles kostet so unendlich viel Kraft. Ich habe versucht, es ihr recht zu machen. Habe versucht ihr zu geben, was ich geben konnte. Sie wollte immer mehr. Irgendwann waren da einfach keine Reserven mehr vorhanden. In all der Zeit, die wir zusammenwaren, habe ich immer alles gegeben. Ohne Rücksicht auf Verluste und aus vollem Herzen. Weil ich sie liebte. Weil ich wollte, dass sie sich gut fühlt. Geborgen. Gut aufgehoben bei mir.

Aber wem habe ich etwas vorgemacht?

Während ich mir langsam aber sicher der Tatsache bewusst wurde, dass diese Beziehung weit über ein normales Techtelmechtel gehen würde, war mir bereits klar, dass das Ende unausweichlich war und nicht schön sein würde.

Ich lege mich auf die Couch und schließe meine Augen. Ich fühle mich schrecklich, aber an Schlaf ist nicht zu denken. Ich sehe sie ständig vor mir. Ihr blondes Haar, ihre wunderschönen Augen, ihre herrlichen Brüste, ihr herzliches Lachen, ihren wunderschönen, runden Po, ihre langen Finger. Alles an ihr hat sich längst in mein Bewusstsein gebrannt. Es fühlte sich großartig an, in ihrer Nähe zu sein. Sie atmen zu hören. Ihre Hand auf meiner Brust zu spüren. Ihr dabei zuzusehen, wie sie sich zum Takt der Musik bewegt.

Und jetzt ist sie fort.

Während ich auf der Couch liege, öffnet sich die Wohnzimmertür und meine Tochter betritt den Raum. Ich spüre ihren Blick auf mir, öffne die Augen und lächle sie an.

Sie ist zehn Jahre alt aber man kann ihr nichts vormachen.

Sie fragt mich, ob alles okay ist.

Ich zwinkere ihr zu und breite meine Arme aus. Sie beugt sich zu mir runter und umarmt mich fest. Ich küsse sie auf die Wange.

Dann fragt sie mich, wann ihre Mutter kommt.

Ich sehe auf meine Uhr und teile ihr mit, dass sie sich verspäten wird. Notfall im Spital. Als Ärztin muss man da eben manchmal in den sauren Apfel beißen und länger bleiben. Ihre Portion Lasagne wartet im Kühlschrank auf sie.

Meine Tochter sagt mir, dass sie noch ein wenig lesen wird. Ich nicke ihr stumm zu.

Und während ich hören kann, wie sie in ihrem Zimmer in ihren Büchern rumblättert, rinnen endlich Tränen aus meinem Augenwinkel meine Backenknochen hinab und verschwinden im Microfaser-Stoff meiner Couch.

Ich schließe meine Augen und denke über das Leben nach und wie es einem manchmal in die Eier tritt.

Wütend. Ich bin wütend.

 

Hey grOOvekill@ !

Eigentlich finde ich die Idee, die sich gegen Ende offenbart, sehr interessant. Vater wird verlassen, und bleibt mit Tochter zurück.
Warum du das aber irgendwie so pointen-mäßig erst am Ende offenbarst, verstehe ich nicht. Auch die vielen Absätze, die finde ich nicht immer sinnvoll.
Auf mich wirkt dein Erzähler auch ziemlich unreif dafür, dass er schon zehn Jahre Vater ist.

Also, das ist wieder so ein Text, der ist in meinen Augen einfach nicht ausgearbeitet.
Am Ende bleibt es wieder der Fantasie des Lesers überlassen, was da an Rahmenhandlung passiert sein mag, und der Autor lehnt sich zurück, und schaut, was da an Feedback kommt ... na ja.
Ich rate dir halt, das auszubauen - außer mir ist da eine tiefere Intention entgangen. Aber das Gefühl habe ich nicht ...

Bis dann: Timo

 

Hi Timo. Ich fürchte, du hast das Ende nicht verstanden oder ich habe es nicht verständlich formuliert. Die Mutter kommt durchaus heim, nach ihrem Dienst...

 

Oh! Und ich hatte mich schon gewundert, warum ihre letzten Worte so wenig dramatisch waren! Ne Ahnung hatte ich, aber so richtig durchgebrochen ist die Erkenntnis nicht. Trotzdem: Der Konflikt ist doch, dass sich der Vater allein fühlt, mit dem Kind, oder? Das müsste noch mehr ausgearbeitet werden, in meinen Augen.

 

hallo Overkill,

so ganz kapiert habe ich die Geschichte am Schluss nicht. Wer hat ihn denn jetzt da verlassen ? Seine Geliebte oder seine Frau???

Ich habe mich ehrlich gesagt, nicht so richtig auf die Geschichte einlassen können, weil sie mir von der Ausführung nicht sonderlich gefallen hat.

Hier mal ein paar Beispiele, denn das zieht sich durch den ganzen Text:

Ich schabe energisch die Reste Lasagne von meinem Teller in die Mülltonne. Das Messer erzeugt dabei ein Geräusch, das mir Gänsehaut beschert.
das "meinem" würde ich weglassen und aus der Mülltonne einen "Mülleimer" machen und aus "Reste Lasagne" "Lasagnereste", "beschert" gefällt mir auch nicht.

Energisch kratze ich die Lasagnereste vom Teller und versuche die Gänsehaut zu ignorieren, die das kratzende Geräusch des Messers bei mir auslöst.

Während ich das Geschirr in den Spüler stopfe muss ich an ihre letzten Worte an mich denken.
Während ich ......KOMMA muss ich....
"an mich" weglassen

Nach so langer Zeit bin ich nicht mehr wert als 18 Buchstaben.
18 Buchstaben, mehr bin ich ihr nicht wert.

Das Alles kostet so unendlich viel Kraft. Ich habe versucht, es ihr recht zu machen. Habe versucht ihr zu geben, was ich geben konnte. Sie wollte immer mehr. Irgendwann waren da einfach keine Reserven mehr vorhanden. In all der Zeit, die wir zusammenwaren, habe ich immer alles gegeben. Ohne Rücksicht auf Verluste und aus vollem Herzen. Weil ich sie liebte. Weil ich wollte, dass sie sich gut fühlt. Geborgen. Gut aufgehoben bei mir.
Es wäre schon ganz nett zu wissen, was du ihr gegeben hast. Das ist alles so allgemein und die Denkerei von ihm....hm....Ich erfahre eigentlich nicht sehr viel von der Frau und der Beziehung, von den Äußerlichkeiten wie "blond etc." mal abgesehen. Ein Ansatz ist ja da (als du von der Kocherei erzählst) aber der Rest....naja...

Nicht so meins....Sorry,

lg
Engelchen

 

Hallo grOOvekill@

Mich überzeugt das leider nicht.

Die Pointe ist zwar angekommen - er trauert seiner heimlichen Geliebten nach und ist dabei verheiratet - aber das allein reicht nicht für eine Geschichte. Denn in einer Geschichte muss nach meinem Verständnis auch etwas erzählt werden, dh. sie muss eine Handlung haben, und die hat dieser Text hier nicht. Das ist eine emotionale Momentaufnahme, was im Zweifelsfall vielleicht auch als KG taugen würde, aber dazu muss das origineller sein, so hat man das Gefühl, das kennt man alles schon - die Beschreibung dieses Liebeskummers ist so austauschbar.

Er denkt an die gemeinsame Zeit, an den gemeinsamen Sex, er vermisst sie und denkt an ihren schönen Körper - übrigens:

Ihr blondes Haar, ihre wunderschönen Augen, ihre herrlichen Brüste, ihr herzliches Lachen, ihren wunderschönen, runden Po, ihre langen Finger.

"Lange Finger" passt überhaupt nicht in diese Liste, finde ich (mal abgesehen davon, dass "lange Finger" oder auch "Langfinger" andere Assoziationen wach rufen ...).

Man merkt, die Geschichte lebt nur von ihrer Pointe, und das ist zu wenig. Wenn dieses Verhältnis so toll war, warum ist es dann beendet? Warum nur diese 18 Buchstaben? Warum legt sich der Mann wie ein Weichei auf die Couch und weint, anstatt zu seiner Geliebten zu fahren und sie zur Rede zu stellen? Warum betrügt er überhaupt seine Frau? Warum hat er nicht die Eier und ist so konsequent, sie dann auch zu verlassen? Das (und noch mehr) sind alles Fragen, die du offen lässt, die aber die eigentliche Geschichte ausmachen würden. So ist das nur so ein Pointen-Ding, das man im nächsten Augenblick wieder vergessen hat.

Sonst noch:

Nach so langer Zeit bin ich nicht mehr wert als 18 Buchstaben. So viele Liebesschwüre, so viel Zuneigung, so viel Gemeinsamkeiten.

so viele Gemeinsamkeiten klingt besser.

So sehr das Ende auch unausweichlich schien, getroffen hat es mich dennoch bis ins Herz.

Das Verb "scheinen" wird inflationär gebraucht (nicht bei dir, aber allgemein), finde ich. Ständig "scheint" etwas zu sein, anstatt dass es so "ist". Warum nicht:

So sehr das Ende auch absehbar war, getroffen hat es mich dennoch bis ins Herz.

Besonders, weil kurze Zeit später kommt:

Während ich mir langsam aber sicher der Tatsache bewusst wurde, dass diese Beziehung weit über ein normales Techtelmechtel gehen würde, war mir bereits klar, dass das Ende unausweichlich war und nicht schön sein würde.

Viele Grüsse.

 

Hallo,

zuerst einmal würde ich mir überlegen, ob ich den Titel nicht noch einmal ändern würde. Erstens ist er sehr beliebig und zweitens ist in Sonstige gerade auch eine Geschichte eingestellt, die den gleichen Titel hat. Verwechslungen sind vorprogrammiert ;)

Technisch ist mir folgendes aufgefallen:

Während ich die nasse Wäsche aus der Waschmaschine nehme und in den darüber liegenden Trockner stopfe, denke ich an einen Abend, an dem wir gemeinsam gekocht hatten. Zwei frische Saiblinge, etwas Gemüse und eine Flasche ausgezeichneter Weißwein. Wir haben gelacht und geputzt und geschnitten und getrunken und uns geküsst und hatten am Küchenboden Sex, während der Fisch im Backrohr vor sich hin brutzelte. Ich denke an diesen Abend und eine unendliche Trauer überkommt mich. Ich versuche zu lächeln und mich an das Schöne an diesem Abend zu erinnern. Versuche, keine Bitterkeit aufkommen zu lassen darüber, dass ich, wenn ich nur ein wenig mehr Mumm gehabt hätte, viele weitere solche Abende hätte erleben können. Aber ich hab’s verbockt. Ziemlich sogar
.

Das Alles kostet so unendlich viel Kraft.
Genau, der soll sich doch auf seine Familie konzentrieren und die Power nicht in fremde Frauen verschießen.
Mich ärgert an dem Text, dass der Protagonist so selbstbemitleidend ist. Dabei ist er es doch, der fremdgeht. Kein schlechtes Gewissen in keinem Satz seiner Familie gegenüber.

Interessant ist doch aber, dass es eben mal eine andere Konstellation ist: Hausmann geht fremd. Nicht die Hausfrau, die es mit dem Postboten treibt.

Aber man soll doch als Leser wissen müssen, wieso er sich einer anderen Frau zuwendet: Ist seine Frau selten daheim? Hat sie keinen Bock auf Sex? Haben sie Streit? Da erfahre ich nichts davon und somit kann ich mich auch nicht in den Protagonisten einfühlen, um zu verstehen, wieso er das Techtelmechtel überhaupt begonnen hat.

Da müsstest du meiner Meinung nach schwer nachlegen.

Deine Geschichte fände ich übrigens in Romantik/Erotik besser aufgehoben. Aber Alltag geht natürlich auch.

Viele Grüße
bernadette

 

Traurig. Ich bin traurig,
doch ich trauere gar nicht mit dem Icherzähler,

lieber grOOvekill@,

mag das Wäschewaschen noch ein schönes Bild sein, so kommt’s oft arg verquirlt und umständlich daher, selbst wenn’s oft (wie beim ersten Zitat) einfach daherkommen will. Die Welt ist schlecht und wo das Leben langweilt sucht man das Abenteuer: der eine im Extremsport und der andere im schnellen Fick. Was wie Schülerpoesie zunächst wirkt, stellt sich, Dank sei dem Töchterchen!, als moderne Kontemplation mit nachfolgendem Kater heraus, der sich als spätpubertätes Selbstbemitleidung (tät ja sonst keiner) herausstellt. Da bräuchte niemand jammern, was:

Nach so langer Zeit bin ich nicht mehr wert als 18 Buchstaben –
so kann man es sehn –
muss man aber nicht.

Tatsächlich kommt’s aber noch schlimmer: Von den zwo Sätzen

Mach’s gut. Alles liebe,
wird beim ersten Satz das Subjekt (es) vom Verb verschlungen und der zwote Satz ist gar nur elliptoid und Floskel,
doch positiv gewendet sind’s ohne Gänsefüßchen und DREI Leertasten immerhin 18 Buchstaben, ein Apostroph (als Platzhalter für das „verschluckte“ e), zwo Punkte, zwo verständliche Sätze usw.

Im Folgenden würd ich zwar nicht weiter stören wollen, aber Satzzeichen bei aller Wehmut nicht vergessen!

Wie soll ich ihren Geruch vergessen und die Art und WeiseKOMMA wie sie mich immer angesehen hat, wenn wir im Bett lagen?,
aber auch entschwafeln & entfloskeln, aber immer wieder Zeichen beachten (letztes Beispiel, wenn auch eigentlich das erste)
Während ich das Geschirr in den Spüler stopfeKOMMA muss ich an ihre letzten Worte an mich denken.

Dann neben unschönen würde-Konstruktionen (wo die Würde abhanden kommt, muss der Konjunktiv, der sich ja nicht verteidigen kann, dran glauben, als stellte das winzige grammatische werden die naturrechtliche Würde eines jeden wieder her), gibt’s noch was heimzuleuchten:
So sehr das Ende auch unausweichlich schien, …
Ich freu mich immer wieder, darauf hinzuweisen, dass hier orts allein die Sonne scheint, ja selbst der Mond sein Licht nur geliehen hat (eben von der Sonne). Wäre also der Infinitiv zu bilden der Art
"So sehr das Ende auch unausweichlich ZU SEIN schien, …"
oder durch ein Erscheinen zu ersetzen, was zwar durchaus leuchten kann, aber nicht muss, weil zwischen scheinen und erscheinen Welten liegen.

Gruß

Friedel

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom