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Alle lieben Anna, wenn sie es will

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24.01.2009
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Alle lieben Anna, wenn sie es will

»Mitternacht bist du wieder zu Hause«, sagte Mama.
»Vielleicht«, sagte Anna.
»Nicht vielleicht. Ich meine es ernst.«
»Ich auch!« Anna stürmte hinaus, hinter ihr fiel die Tür krachend ins Schloss. Mama zuckte zusammen, gemeinsam lauschten wir dem Hallen von Annas Absätzen auf den Betonstufen nach.

Anna kam nicht um Mitternacht, nicht am Morgen, nicht am Vormittag und auch nicht am Nachmittag. Sie kam zum Abendessen, ganze neunzehn Stunden zu spät. Ich hörte, wie Mama in den Flur stürzte, schlug mein Mathebuch zu und lauschte, wartete auf das Duell: Mama gegen Anna, aber es blieb still.
»Das ist Lasse«, hörte ich Annas Stimme.
Lasse war also der Grund. Vor Fremden streitet man sich nicht. Familiendinge gingen niemanden etwas an. Außerdem war Anna seit zwei Monaten achtzehn, sie konnte tun und lassen, was sie wollte.
Obwohl ich nichts sehen konnte, wusste ich: Mama verzog sich in die Küche, öffnete den Schrank, nahm einen Teller für Annas Mitbringsel heraus und warf die Tür zu. Danach zerrte sie die Besteckschublade auf, die klemmte, weil sie zu oft und mit zu viel Schwung zugestoßen wurde. Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel.
Ich hörte Lasses Stimme und Annas Kichern. Als ich mir sicher sein konnte, dass niemand mehr im Flur war, warf ich einen Blick auf Lasses Schuhe. Blaue, stinknormale Turnschuhe. An der Garderobe hing seine Lederjacke. Keine Nieten, Aufnäher, Bemalungen. Ein Sturzhelm lag auch nirgends rum. Ich ging ins Wohnzimmer, wo Anna und Lasse bereits am Tisch saßen. Der Neue sah normal aus. Halblanges Haar, nicht geschminkt, keine Ringe oder Tattoos. Lasse war ein verirrter Spatz in Annas Papageienstaat.
»Ich bin Ronja«, sagte ich.
»Hallo. Lasse.«
Mama kam mit dem Auflauf, der dampfte und nach Käse und Thymian duftete. Nacheinander füllten wir schweigend unsere Teller.
»Ist dein Telefon kaputt?«, fragte ich Anna.
Meine Schwester schaute erst mich an, dann Mama.
»Akku war leer«, antwortete sie schließlich.
»Deiner auch?«, fragte ich Lasse.
»Hör auf, Ronja«, bat mich Mama. »Nicht jetzt.«
»Wieso?«, fragte Lasse.
»Anna hätte ein Telefon gebraucht.«
»Hab ich nicht gewusst.«
»Ronja, bitte!«, flehte Mama. »Können wir nicht einfach nur in Ruhe essen?«
Ich schaute Mama an, Mama Anna und Anna mich. Lasse starrte auf seinen Teller.
»Ich hole noch das Salz«, sagte Mama und verzog sich in die Küche, um sich an den Schränken abzuarbeiten.
»Du bist so gemein«, fauchte ich Anna an. »Einen einzigen Scheißanruf! Sie hat nicht geschlafen. Die ganze Nacht nicht. Und heute auch nicht.«
»Sie muss lernen, dass ich erwachsen bin.«
»Blödsinn! Darum geht es doch gar nicht.«
»Hör zu. Halt dich da raus. Verstanden?«
Mama kam zurück. Ihr Blick passte nicht zum schiefen Lächeln ihres Mundes. Lasse und ich schauten sie an. Anna guckte aus dem Fenster.
»Lasse ist ein ungewöhnlicher Name«, sagte Mama schließlich.
»Nordisch«, antwortete er. »Meine Großmutter war Schwedin.«
Lasse klingt nach Hundename, dachte ich. Lasse, Platz! Lasse, bei Fuß! Lasse, hol das Stöckchen!
»Leben deine Großeltern denn in Schweden?«
»Sie sind tot.« Und dann begann Lasse, seine Familiengeschichte zu erzählen, und Mama machte ab und an »Oh« oder »Ah«. Sie ist manchmal unglaublich, sitzt mitten in einem Gewitter und spielt Picknick unterm Postkartenhimmel.
»Komm!«, befahl meine Schwester schließlich.
»Aber wir sind doch noch gar nicht fertig«, sagte Mama.
»Wir beide schon«, sagte Anna und Lasse erhob sich aufs Wort.
Bring Stöckchen!, dachte ich.
»Er ist ein wirklich Netter. Schade, dass er schon bald ausgetauscht wird«, murmelte Mama. Wir räumten gemeinsam den Tisch ab, ich sortierte das Geschirr in die Spülmaschine, während Mama die Reste in Tupperdosen abfüllte und beschriftete.
»Ich habe eure Namen vertauscht«, sagte sie. »Anna ist die Räubertochter. Nicht du.«
Irgendwann hatte ich Anna gefragt, was sie mit all den gebrochenen Herzen wolle. Sie hatte gelacht, mir durchs Haar gewuschelt und gesagt: »Ich breche sie nicht, ich leihe sie nur eine Weile aus.«

Im Bett schrieb ich Tagebuch. Über Anna, Mama und Lasse. Vor allem über Lasse. Es war noch zu früh, die Musik auszuschalten und die Kopfhörer abzunehmen, obwohl ich hundemüde war, weil ich sonst Anna gehört hätte. Annas Katzenjammer beim Sex. Es klang ungesund, nicht nach Lust oder Spaß. Wenn Sex so war, wie es bei Anna klang, dann wollte ich das nicht.
Das erste Mal, als ich Annas Winseln gehört hatte, stand ich lauschend vor ihrer Zimmertür. Ich hatte mich nicht getraut, zu klopfen oder etwas durch die Tür zu rufen. Ich stand nur da, bereit, das Zimmer zu stürmen, wenn ich ein »Hilfe« oder etwas in der Richtung vernommen hätte, bis Mama mich in mein Zimmer schickte. Am nächsten Morgen strahlte Anna wie eine Schneelandschaft in der Sonne. Seit dieser Nacht stellte Mama den Fernseher laut und ich setzte mir Kopfhörer auf, wenn Anna Besuch hatte.

Ich war wohl eingeschlafen, denn ich schreckte hoch, als Anna mir die Kopfhörer abnahm.
»Ich bin‘s nur«, flüsterte sie. »Rück mal ein Stück.«
Mechanisch rutschte ich an die Wand, und Anna kroch zu mir ins Bett.
»Wie findest du ihn?«, fragte sie.
»Wen?«
»Lasse?« Sie schaute nicht mich an, sondern an mir vorbei auf die Wand.
»Wie soll ich ihn denn finden?«
»Egal. Sag es einfach.«
»Ich kenne den doch gar nicht.«
»Kann ich heute Nacht bei dir schlafen?«
»Und Lasse? Soll er allein ...«
»Er ist weg«, unterbrach sie mich.
»Wie weg? Wohin?«
Anna schwieg. »Kann ich jetzt bei dir schlafen?«
»Von mir aus.«
»Danke.«
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich zögernd. Es war mindestens vier oder fünf Jahre her, dass wir gemeinsam in einem Bett geschlafen hatten.
»Ja.«
»Okay«, sagte ich. Aber nichts war okay. Gar nichts. Alles fühlte sich falsch an. Lasse, der so anders als die anderen war. Meine Schwester, die bei mir im Bett lag und schwieg, während ich darauf wartete, dass sie redete. Irgendwann griff sie nach meiner Hand und hielt sie fest. Als Anna eingeschlafen war, löschte ich das Licht, löste meine Hand aus ihrer und zog die Bettdecke über ihrem Körper zurecht.

Ich lernte gerade Vokabeln, als es klingelte. Durch den Spion sah ich Lasse.
»Anna ist nicht da«, sagte ich, nachdem ich die Tür geöffnet hatte.
»Ich weiß. Aber sie kommt gleich. Wir sind hier verabredet«, sagte Lasse.
»Aha.« Was sollte das heißen: Anna kommt gleich? In fünf Minuten, in dreißig, in zwei Stunden? Ich schaute auf meine Füße, die in Froschschuhen steckten. In dicken, fetten Schaumgummifröschen.
»Lässt du mich rein?«
Ich gab die Tür frei, und während Lasse sich an mir vorbeidrückte, flüsterte er: »Schöne Hausschuhe übrigens.«
Wir setzten uns ins Wohnzimmer, Lasse auf das Sofa, ich mich in den Sessel ihm gegenüber und wir schwiegen, bis ich irgendwann fragte: »Soll ich den Fernseher anmachen? Oder das Radio?«
»Nö. Aber ein Kaffee wäre gut.«
»Ich trinke lieber Tee.«
»Meinst du, ich könnte einen Kaffee bekommen?«
»Oh! Klar.« Ich sprang auf, füllte den Wasserkocher und begann, Pulver in eine Tasse zu löffeln, bis mir auffiel, dass ich keine Ahnung hatte, wie viel da hineingehörte.
»Danke«, sagte Lasse. Er rührte um, pustete, trank. »Puh!«
»Er schmeckt scheußlich, stimmt‘s?«
»Schon gut.«
Ich schaute auf die Uhr. Annas Training war seit zwanzig Minuten zu Ende. Sie hätte längst hier sein können.
»Wie lange kennt ihr euch? Anna und du?«, fragte ich ihn.
»Seit zwei Jahren.«
Ich schluckte. So lange also schon. »Und, bist du in Anna verliebt?«
»Das wäre gefährlich, oder?«
In diesem Moment wurde die Wohnungstür aufgeschlossen, aber es war nur Mama, die von der Arbeit heimkam. Als sie Lasse sah, straffte sie den Rücken, hob den Kopf und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.
»Anna kommt gleich«, sagte ich. »Sagt Lasse. Sie sind hier verabredet. Er wartet auf sie.«
Mama nickte. »Ich brauche dringend einen Kaffee. Möchtest du auch einen?«, fragte sie Lasse.
Er warf einen Blick auf sein Handy. Noch immer keine Nachricht von Anna. »Nein, danke. Ich muss jetzt auch los.«

Lasse war bereits eine halbe Stunde fort, als Anna endlich kam.
»Wo ist er?«, hörte ich sie rufen. Mamas Antwort verstand ich nicht, kurz darauf stürmte Anna in mein Zimmer.
»Wo ist er hin?«
»Keine Ahnung.«
»Scheiße!« Sie schlug die Tür zu und rauschte in ihr Zimmer, kam den Rest des Nachmittags nicht mehr heraus, nicht zum Abendessen und auch danach nicht.
Kurz bevor ich zu Bett ging, klopfte ich und öffnete vorsichtig ihre Zimmertür.
»Hast du schon mal Whisky getrunken?«, fragte sie mich und hielt eine Flasche hoch.
Ich schüttelte den Kopf.
»Heute ist ein guter Tag, damit anzufangen.«
Anna schenkte mir ein. Ich roch daran und war mir sicher, das schmeckt mir nie und nimmer.
»Worauf wollen wir trinken?«, fragte sie.
»Auf die Liebe?«
»Liebe.« Anna lachte. »Du bist so naiv!«
Ich schwieg. In Momenten wie diesen hasste ich Anna.
»Hättest du schon mal Sex gehabt, könnten wir darauf trinken.«
»Manchmal bist du echt ätzend!«
»Habe ich was verpasst?«
»Nicht jeder fickt schon mit fünfzehn.«
Anna schaute mich prüfend an. Dann lachte sie.
»Okay. Trinken wir auf dein erstes Mal. Auf deinen ersten Whisky. Prost!« Sie stieß ihr Glas gegen meines und leerte ihres in einem Zug. Ich kostete vorsichtig, ließ nur ein paar Tropfen auf meine Zunge tröpfeln und wusste es doch vorher, es schmeckte widerlich.
»Das ist kein Lutschbonbon«, sagte Anna, die mich beobachtete.
Ich wollte keine Memme sein. Nicht das kleine Mädchen, über das sie sich lustig machte. Ich hielt die Luft an, schluckte das Zeug wie bittere Medizin, hustete, atmete, es brannte im Mund, im Hals und ich war sicher, es würde nie wieder aufhören. Tat es nach einer Weile aber doch.
Meine Schwester nickte anerkennend. »Noch einen?«
Ich stellte das Glas auf ihren Nachtschrank, setzte mich auf den Schreibtischstuhl und drehte mich im Kreis.
»Mit dem Whisky ist wie mit dem Sex. Beim ersten Mal ist es bisschen unangenehm, aber über die Zeit lernt man ihn zu schätzen.«
Konnte Anna nicht mal von was anderem als Sex reden? »Ich bin nicht wie du«, sagte ich.
»Wie bin ich denn?«
»Du bist ‘ne Nutte.«
Anna zuckte mit den Schultern, füllte ihr Glas wieder auf, hielt fragend die Flasche hoch.
»Ich hole mir ‘ne Cola.«
Zurück bei Anna setzte ich mich zu ihr ins Bett.
»Bist du sauer auf ihn?«, fragte ich.
»Auf wen?«
»Auf Lasse.«
»Er musste wohl weg«, sagte Anna.
»Sonntagabend, musste er da auch weg?«
»Anscheinend.«
Anna schüttete Whisky in meine Cola, und ich fragte mich, wie viel sie selbst wohl schon getrunken hatte. Eine Weile sagten wir nichts. Saßen einfach nur nebeneinander und atmeten. Und dann beugte sich Anna zum Lichtschalter und knipste das Licht aus.
»Mit Lasse, da stimmt was nicht«, flüsterte sie.
»Wieso?«
»Ich weiß nicht. An dem ist irgendwas nicht richtig.« Anna holte tief Luft. »Ich mein, wenn ein Kerl einen Ständer hat, dass man glaubt, gleich explodiert er, dann geht der nicht einfach nach Hause.«
Ich schwieg. Was sollte ich auch sagen? Ich kannte keine Typen mit Ständern.
»Das macht mich fertig, weißt du. Dass er einfach so gehen konnte.«
»Vielleicht musste er ja wirklich weg.«
»Quatsch.«
»Aber er ist doch eh nicht dein Typ.« Obwohl ich Anna in der Dunkelheit nicht sehen konnte, spürte ich, wie sie mich anstarrte.
»Woher willst du das denn wissen?«
»Sieht man doch. Und er geht, obwohl er einen Ständer hat.«
»Stimmt.«
»Und er hat nicht gewartet.«
»Stimmt auch.«
»Bist du in ihn verliebt?«
»Blödsinn.«
»Ich finde, er sieht gut aus.«
»Ah, er ist also dein Typ?«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass er gut aussieht.«
»Wenn er dich küssen würde, würde dir das gefallen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Er ist zu alt für mich.«
Anna lachte. »Hat dich eigentlich schon mal jemand geküsst?«
»Was geht dich das an?«
»Mach die Augen zu.«
»Warum?«
»Mach sie einfach zu, okay.«
Ich schloss die Augen und dann spürte ich Annas Lippen auf meinen, wie ihre Zunge über meine Unterlippe strich.
Ich stieß sie von mir: »Du bist total widerlich!«
Anna lachte. »Und du bist eine verdammte Nonne!«

Am nächsten Wochenende war Lasse wieder da. Mama deckte den Tisch für vier, Anna quasselte gutgelaunt, Lasse sagte kaum ein Wort. Nachts stellte Mama den Fernseher laut und ich setzte die Kopfhörer auf. Lasse blieb zum Frühstück, zum Mittag, zum Abendessen, den Tag darauf und auch den darauf. Er kam wieder; wochenlang, monatelang. Er reparierte Mamas Küchenschränke. Ich küsste einen Jungen aus der Schauspiel-AG bei einer Party, und als der sich umdrehte, wischte ich mir den Mund am Ärmel ab. Er wusste anscheinend auch nicht viel mehr über das Küssen als ich.
Es war bereits Frühling und mitten in der Nacht, Anna und Lasse kamen von irgendwoher. Sie stritten, Anna wurde laut und Lasse verstummte, schließlich schrie sie: »Dann hau doch ab! Na los, verpiss dich!« Sie stapfte in ihr Zimmer und schlug die Tür zu. Ich lauschte, wollte wissen, ob Lasse jetzt wirklich ging, oder ob er bei Anna anklopfte, sie um Verzeihung bat, aber ich hörte nichts. Irgendwann wurde der Fernseher im Wohnzimmer angestellt. Zu wach, um wieder einzuschlafen, stand ich auf und zog mir die Jogginghose über. Mama stand im Morgenmantel am Herd und gab Popcorn in einen Topf. Lasse suchte eine DVD aus. Ich öffnete eine Flasche Wein und holte drei Gläser für uns. Nebeneinander saßen wir schweigend auf der Couch, Lasse zwischen uns, auf seinem Schoß die Popcornschüssel. Wir schauten Fight Club.
Als ich am nächsten Vormittag ins Wohnzimmer tapperte, lag Anna neben Lasse auf dem Sofa. Einen Arm und ein Bein um ihn geschlungen.
»Hast du eine Zigarette für mich?«, fragte Mama mich in der Küche.
Ich stellte den Wasserkocher für Tee an. »Ich rauche nicht. Und du seit zehn Jahren auch nicht mehr.«
Mama schwieg. Sie umklammerte ihre Kaffeetasse, kaute auf ihrer Unterlippe.
»Was glaubst du, weshalb sie sich gestritten haben?«, fragte ich sie nach einer Weile.
»Ist doch egal.«
»Warum?«
»Weil Lasse geblieben ist.«
»Ja«, sagte ich. Trotzdem hätte ich es gern gewusst.
Mama stand auf. »Ich habe Angst«, flüsterte sie.
»Dass sie sich wieder streiten?«
»Um Anna, wenn Lasse genug von ihr hat.«

 
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Es ist ja ein Gemeinplatz in der Literaturkritik, dass die ganz großen Geschichten immer auch Liebesgeschichten sind. Leider gilt nicht der Umkehrschluss: Dass nämlich Liebesgeschichten automatisch große Geschichten sind ... :Pfeif:
Ja, Fliege, du ahnst es eh schon, also so wirklich haareraufen, zähneklappern, fingernägelkauen usw. musste ich beim Lesen dieser Anna/Lasse-Romanze nicht. Na ja, vielleicht bin ich auch einfach zu alt für so ‘n Scheiß.
Zugegeben, diese Jungmädchen-Erzählstimme hast du verdammt gut drauf, gar keine Frage, wie überhaupt du dich in diesem Genre längst mit beneidenswerter Sicherheit und gleichzeitiger Leichtigkeit bewegst. Ja, irgendwie wirken deine Jugendgeschichten immer, als würdest du sie vollkommen mühelos aus dem Ärmel schütteln. (Verdammt, Fliege, wo hast du das denn her, dass Schreiben Spaß machen soll? :rolleyes:)
Ist halt wieder einmal so eine Story, wo ich gerne noch mal, was weiß ich, so vierzehn, fünfzehn wäre (zumindest für die zehn Minuten des Lesens), einfach um abschätzen zu können, wie sie aufs Zielpublikum wirkt.*) Mein gegenwärtiges Ich - bekanntlich alt, verbittert, griesgrämig usw. - kann mit der Lebensrealität Heranwachsender und ihren Problemchen naturgemäß nicht mehr allzu viel anfangen, entsprechend unbeeindruckt war ich von dieser häuslichen Idylle, das muss ich jetzt einfach so sagen. Sehr gut geschrieben, wie gesagt, gar keine Frage, so richtig fliegemäßig halt (oder sagt man fliegig? Na egal.)
Nimm einfach nur das Fettgedruckte zur Kenntnis, Fliege, den Rest vergiss.

offshore


*)Weißt du noch, wie ich deine Geschichte Mam! einstens meinen Söhnen zu lesen gab, weil ich wissen wollte, was Teenager davon halten, also das eigentliche Zielpublikum?
Blöderweise sind mir die zwei als Probeleser für Jugendgeschichten mittlerweile abhanden gekommen. Der Große hat momentan nur seine Bachelorarbeit im Kopf und der Kleine stibitzt sich alle paar Wochen einen weiteren Roman von Djian aus meinem Bücherregal. (Und tatsächlich hat er mich, also der Kleine, im Sommer gefragt, was man werden könne, wenn man Germanistik studiert. „Taxifahrer“, hab ich ihm geantwortet.)

 

Liebe Fliege,

ich hab das sehr gerne gelesen. Aus irgendeinem Grund kommt mir deine Anna sehr vertraut vor, so, als ob ich sie schon mal in eine deiner Geschichten kennengelernt hätte? (Was nicht weiter schlimm wäre.) Jedenfalls fand ich den Erzählton, die Geschichte durch die Perspektive der unschuldigen, kleinen Schwester, das fand ich alles wirklich gut. Auch die Figuren hatte ich alle sehr gut vor Augen. Du merkst, ich habe eigentlich nichts Wirkliches auszusetzen. Auch der Twist am Ende hat mir gut gefallen, die Angst der Mutter, was mit Anna passiert, wenn Lasse sie mal verletzen würde.

Ich finde das schon interessant, jetzt, wo ich darüber nachdenke, dass man praktisch nichts vom Konflikt zwischen Lasse und Anna mitbekommt als Leser, aber man vermisst es auch gar nicht. Irgendwo weiß man, welcher Grundkonflikt da zwischen den beiden abgeht, mehr braucht man gar nicht. Man sieht die Entwicklung Annas und das reicht. Auch immer wieder interessant, wie deine Figuren sich von Szene zu Szene verhalten. Im Endeffekt lernt man sehr viele verschiedene Seiten von ihnen kennen, wenn Anna sich zur kleinen Schwester ins Bett legt oder wenn Lasse nach dem Streit sich einfach zwischen Mutter und kleinen Schwester setzt und Fight Club (!) schaut. Ich glaube, das ist meine Lieblingsszene! :D Das sagt schon viel über ihn aus, irgendwo.

Eine Stelle kam mir etwas schief vor:

»Er ist ein wirklich Netter. Schade, dass er schon bald ausgetauscht wird«, murmelte Mama und erschrak, als sie bemerkte, dass sie es laut ausgesprochen hatte.
Das ist die einzige Stelle, die mir einfach etwas zu ulkig war. Ich glaube irgendwie nicht, dass einer Frau wie die Mutterfigur hier so eine Sache (sind ja auch noch mehrere Sätze) einfach so rausrutschen kann? Fände ich stärker, wenn die Tochter diese Aussage der Mutter anders wahrnehmen/mitbekommen würde


Fliege, äußerst gerne gelesen.

 

Hi @Fliege,

ich gehöre auch zu den Fans der Geschichte. Schön gebastelt, diese Anna, die nach außen so cool und hart wirken will.

-- "Lasse war also der Grund, warum Mama ihre Vorwürfe für sich behielt."
- Dass sie den Namen wiederholt, finde ich nicht so passend, sie kennt den ja gar nicht. Eher: Das war also der Grund - und dann vielleicht noch: Anna hatte einen Lover dabei oder so.

und das hier:
-- "Vor Fremden streitet man sich nicht. Familiendinge gingen niemanden etwas an."
- sagt eigentlich zwei mal das Gleiche.

und:
-- "Außerdem war Anna seit zwei Monaten achtzehn, sie konnte tun und lassen, was sie wollte, das wusste auch Mama."
- das gefällt mir auch nicht so. Da haben sich ja schon einige dran gestört, an der Altersangabe. Ich finde das insofern etwas schief, als es ja nicht stimmt: Tun und lassen was man will - kann man ja doch nicht einfach, wenn man noch bei den Eltern wohnt. Es geht ja beim Zusammenleben nicht alleine um gesetzliche Vorgaben (nach diesem Maßstab müssten auch schon Zehnjährige ihr Zimmer nicht mehr aufräumen). Man kann natürlich ausziehen, wenn man will. Aber das ist was anderes. Anna kann sich natürlich einfach nehmen, was sie will. Aber auch das ist was anderes ...

-- "Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel."
- Find ich ganz witzig, die Ich-Erzählerin bekommt durch solche Einwürfe Kontur.

Was Lasses Aussehen angeht, habe ich den Eindruck, du hast etwas aufgerüstet im Vergleich zur ersten Version. Stimmt das?
-- " Blaue, stinknormale Turnschuhe. An der Garderobe hing seine Lederjacke. Keine Nieten, Aufnäher, Bemalungen. Ein Sturzhelm lag auch nirgends rum. Ich ging ins Wohnzimmer, wo Anna und Lasse bereits am Tisch saßen. Der Neue sah normal aus. Halblanges Haar, nicht geschminkt, keine Ringe, Ketten oder Piercings."
- Find ich ein bisschen viel, das alles. Ich habe den Eindruck (nicht sicher, ob das stimmt), der erste Teil der Liste (Blaue, stinknormale Turnschuhe. An der Garderobe hing seine Lederjacke. Keine Nieten, Aufnäher, Bemalungen. Ein Sturzhelm lag auch nirgends rum.) sei zuerst nicht da gewesen. So oder so: Ich finde, das kann weg. "Lasse sah normal aus" finde ich erst mal gut, ohne Hinführung fragt man sich, warum das so bedeutsam ist, dann kommt die Auflösung. Jetzt bringst du aber die Auflösung, bevor die Frage entsteht. (Dann könntest du natürlich auch "Lasse sah normal aus" streichen. Für meinen Geschmack wäre das aber die weniger gute Wahl).

-- "»Ronja, bitte!«, flehte Mama. »Können wir nicht einfach nur in Ruhe essen?«"
- So ganz verstehe ich die Unruhe der Mutter nicht. Wenn die Mutter keinen Aufstand macht, ist doch alles ok, oder? Und das hat die Mutter selbst in der Hand.


--"»Einen einzigen scheiß Anruf!"
- "scheiß" ist ja kein Adjektiv, wenngleich es unter dem Druck der Sprachgewohneheiten vielleicht mal zu einem wird. Müsste also "Scheißanruf" heißen.

Deine Dialoge finde ich fast überall gelungen. Hier finde ich die Antwort merkwürdig:
"»Blödsinn! Darum geht es doch gar nicht.«"
- Kann schon sein, dass Ronja das sagt, weil ihr nichts anderes einfällt. Aber viel Sinn macht der Satz in dem Zusammenhang nicht ...

-- "Lasse klingt nach Hundename, dachte ich. Lasse, Platz! Lasse, bei Fuß! Lasse, hol das Stöckchen!"
- Sehr hübsch, vor allem zusammen mit der Wiederaufnahme des Motivs etwas weiter unten.

Hier:
-- "»Er ist ein wirklich Netter. Schade, dass er schon bald ausgetauscht wird«, murmelte Mama und erschrak, als sie bemerkte, dass sie es laut ausgesprochen hatte."
- wil ich mich mal schnell an schon gesagtes anhängen: Ich glaub das auch nicht, dass sie das nicht merkt, wie sie das laut sagt.

-- "»Ich habe eure Namen vertauscht«, sagte sie. »Anna ist die Räubertochter. Nicht du.«"
- Auch hübsch :)

-- "Irgendwann hatte ich Anna gefragt, was sie mit all den gebrochenen Herzen wolle."
- Der Erzählstimme gemäßer wäre hier vielleicht der streng genommen falsche Indikativ.

-- "Das erste Mal, als Mama und ich Annas Winseln gehört hatten, standen wir lauschend vor ihrer Zimmertür."
- Ist auch schon gesagt worden und du hast - scheint mir - auch was geändert, Infos eingefügt. Das ist hilfreich, und trotzdem: Das klingt immer noch komisch. Man versteht es zwar, sie haben Angst, ob es ihr schlecht geht oder so, ob sie Hilfe braucht. Aber ist das glaubwürdig? Für Ronja mag das ganz gut gehen - aber die Mutter??

Die Episode, wie Anna zu Ronja ins Bett kriecht, Lasse weg ist usw., die finde ich wirklich gut, da kommt jetzt was Neues, das Anna in einem anderen Licht zeigt. Nicht zu ihrem Nachteil und vor allem nicht zum Nachteil der Geschichte. Die Frage wäre mir höchstens, ob due den titelgebenden Satz:
-- "Alle lieben Anna, wenn sie es will."
- wirklich in die Geschichte schreiben willst. Mir erscheint es ein bisschen zu sehr aufs Auge gedrückt.

-- "»Nicht jeder fickt schon mit fünfzehn.«"
- Hier vielleicht "jede"? Oder, wenn's geschlechtsneutral sein soll: Nicht alle?

Diesen Satz:
-- "Konnte Anna nicht mal von was anderem als Sex reden?"
- bräuchte es nicht, finde ich.

Es ist ja an sich ganz hübsch, wenn die Mutter was Verpeiltes hat. Aber ob sie so verpeilt sein kann, dass sie ihre Tochter nach einer Zigarette fragt?

Hier finde ich was ein kleines bisschen holperig:
-- "»Ist doch egal.«
»Warum?«
»Weil Lasse geblieben ist.«"
- Ich hab das den zweiten Satz der Mutter - also "weil Lasse" usw. - doch wirklich als Antwort auf die Frage: Warum haben sie sich gestritten? aufgefasst. Dass wäre ziemlich schräg und vielleicht gar nicht mal so unpassend für die merkwürdige Beziehung. Aber du meinst es nicht so - und unterm Strich ist das wahrscheinlich auch besser.
Jetzt würde ich aber sagen, dass der Lesefehler nicht nur auf mein Konto geht - sicher schon auch :drool: - aber es ist halt auch etwas ungewöhnlich, auf die Antwort Ist doch egal nachzuhaken und warum zu fragen. Das müsste sogar Ronja klar sein: Es ist egal, weil sie sich wieder vertragen haben.
Stattdessen hakt sie in Gedanken sogar nochmal nach:
-- "»Aha«, sagte ich, verstand es aber nur halb. Ich hätte es trotzdem gern gewusst."
- Hätte sie wirklich so gerne gewusst, warum es egal ist da Lasse geblieben ist? Gibt es da wirklich etwas nicht zu verstehen? (Oder haben sie doch gestritten, weil Lasse geblieben ist??)

Schönes - und vielleicht sogar leicht unheimliches - Ende!

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Fliege,

ich mag deine Geschichte, auch wenn ich zeitlich und emotional ziemlich weit weg von Plot und Prota bin. Ein bisschen zu meckern habe ich trotzdem. :D

Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel
Den hätte ich nicht gebraucht, das habe ich vorher schon verstanden. Außerdem schreibst du ja später noch:
… und verzog sich in die Küche, um sich an den Schränken abzuarbeiten.


Ich ging ins Wohnzimmer, wo Anna und Lasse bereits am Tisch saßen.
Das bereits braucht es nicht.

Lasse war ein verirrter Spatz in Annas Papageienstaat.
Sorry, aber da könnte ich auch drauf verzichten.

Ich schaute Mama an, Mama Anna und Anna mich.
Huh, das bremst mich aus, weil ich beim schnellen Lesen nicht schnalle, wer denn jetzt wen anschaut. Das könntest du umgehen, wenn du sowas in der Art schreibst wie: Wir wechselten grimmige Blicke, nur Lasse starrte auf seinen Teller.

Sie ist manchmal unglaublich, sitzt mitten in einem Gewitter und spielt Picknick unterm Postkartenhimmel.
Das finde ich zu plakativ, da würde ich noch ein wenig feilen.
Sie schafft es, selbst in einem Gewitter eitel Sonnenschein vorzugaukeln?

Bring Stöckchen!, dachte ich.
Wuff! Schön, ich bin ganz dicht an deiner Prota.

Irgendwann hatte ich Anna gefragt, was sie mit all den gebrochenen Herzen wolle. Sie hatte gelacht, mir durchs Haar gewuschelt und gesagt: »Ich breche sie nicht, ich leihe sie nur eine Weile aus.«
schöner emotionaler Tauchgang.

»Ich habe eure Namen vertauscht«, sagte sie. »Anna ist die Räubertochter. Nicht du.«
Auch das schön hintersinnig.

Ich schluckte. So lange also schon. »Und, bist du in Anna verliebt?«
»Das wäre gefährlich, oder?«
In diesem Moment wurde die Wohnungstür aufgeschlossen, aber es war nur Mama, die von der Arbeit heimkam. Als sie Lasse sah, straffte sie den Rücken, hob den Kopf und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.
Lieblingsstelle.

»Was glaubst du, weshalb sie sich gestritten haben?«, fragte ich sie nach einer Weile.
»Ist doch egal.«
»Warum?«
»Weil Lasse geblieben ist.«
Oha, das entlarvt Mamas Denke: Alles in Butter, solange er nur bleibt.

Mama stand auf. »Ich habe Angst«, flüsterte sie.
»Dass sie sich wieder streiten?«
»Um Anna, wenn Lasse genug von ihr hat.«
Liebe Fliege, nach dem Geschwisterkuss hoppelt deine Story ein wenig zu schnell auf das Finale zu. Der Schlusssatz ist gelungen, er zeigt viel: Die emotionalen Vorzeichen haben sich geändert, Anna schmeißt keine Stöckchen mehr, sie ist nun involvierter, als ihr lieb sein kann. Dennoch kommt es mir ein wenig zu sehr out of nowhere. Durch den Zeitraffer verliere ich den Kontakt zur Geschichte.
Mutters neue Sorgen sind für mich nicht direkt nachvollziehbar, sie kommen quasi aus dem Nichts, vor allem, da sie ja zuvor sagt, es sei egal, wenn sie streiten, wenn er nur bleibt.

Die Idee des emotionalen Turns von Anna finde ich reizvoll. Darin steckt auch ein wenig "was dann?". Dein Setting ist gut, die Figuren sind greifbar und gut vorstellbar - bis auf Lasse, der vorwiegend durch sein Anderssein punktet. Viele glaubhafte Details zeigen, dass du an deinem Beitrag lange gefeilt hast. Umso überraschender finde ich das Ende, das auf mich etwas verschenkt wirkt, und das ist echt schade, weil du dir mit dem Rest so viel Mühe gibst. Wenn Lasse ein wenig greifbarer würde, wenn ich wüsste, worum es bei dem Streit geht, könnte ich die Gefahr, die Mama sieht, besser nachvollziehen.

Peace, linktofink

 

Vielen lieben Dank Euch allen für die Kommentare! Sehr, sehr schön und große Freude meinerseits. Ich weiß nicht, ob ich es noch schaffe, sie alle zu beantworten, bevor ich zur Arbeit muss.

Lieber @ernst offshore,

Es ist ja ein Gemeinplatz in der Literaturkritik, dass die ganz großen Geschichten immer auch Liebesgeschichten sind. Leider gilt nicht der Umkehrschluss: Dass nämlich Liebesgeschichten automatisch große Geschichten sind ...
Schon klar.

Na ja, vielleicht bin ich auch einfach zu alt für so ‘n Scheiß.
Weiß nicht, ich würde es wohl doch eher auf den Text, denn auf dein Alter beziehen. Aber nett von dir, dass du mir diese Hintertür geöffnet hast ;).

Ja, irgendwie wirken deine Jugendgeschichten immer, als würdest du sie vollkommen mühelos aus dem Ärmel schütteln. (Verdammt, Fliege, wo hast du das denn her, dass Schreiben Spaß machen soll?)
Das täuscht. Aber ich habe sie halt total gern, und ja, insofern auch Spaß an ihnen. Also am Genre, weniger am Schreiben derzeitig.

Ist halt wieder einmal so eine Story, wo ich gerne noch mal, was weiß ich, so vierzehn, fünfzehn wäre (zumindest für die zehn Minuten des Lesens), einfach um abschätzen zu können, wie sie aufs Zielpublikum wirkt.*)
Das wünsche ich mir auch oft. Also nur fürs Lesen, ansonsten muss ich das nicht noch mal haben :D.

... - kann mit der Lebensrealität Heranwachsender und ihren Problemchen naturgemäß nicht mehr allzu viel anfangen, entsprechend unbeeindruckt war ich von dieser häuslichen Idylle, das muss ich jetzt einfach so sagen.
Sag das ruhig.

Danke auch für die Blumen und Pralinen. Ich nehme alles, was ich kriegen kann.

... und der Kleine stibitzt sich alle paar Wochen einen weiteren Roman von Djian aus meinem Bücherregal.
Mein absoluter Lieblingsliebesroman stammt ja aus seiner Feder (Betty Blue). Nur kann ich leider nicht all seinen Werken so viel abgewinnen, manches hab ich nicht mal zu Ende lesen können.

Und tatsächlich hat er mich, also der Kleine, im Sommer gefragt, was man werden könne, wenn man Germanistik studiert. „Taxifahrer“, hab ich ihm geantwortet.)
Pling, und wieder eine Seifenblase im Leben kaputt. Aber so geht es wohl, das Leben.

Habe Dank für deinen Besuch, immer wieder gern!


Hey @zigga,

Jedenfalls fand ich den Erzählton, die Geschichte durch die Perspektive der unschuldigen, kleinen Schwester, das fand ich alles wirklich gut. Auch die Figuren hatte ich alle sehr gut vor Augen. Du merkst, ich habe eigentlich nichts Wirkliches auszusetzen. Auch der Twist am Ende hat mir gut gefallen, die Angst der Mutter, was mit Anna passiert, wenn Lasse sie mal verletzen würde.
Was soll man dazu sagen? DANKE ist eigentlich viel zu wenig. Man freut sich doch so ...

Ich finde das schon interessant, jetzt, wo ich darüber nachdenke, dass man praktisch nichts vom Konflikt zwischen Lasse und Anna mitbekommt als Leser, aber man vermisst es auch gar nicht. Irgendwo weiß man, welcher Grundkonflikt da zwischen den beiden abgeht, mehr braucht man gar nicht.
Finde ich auch, finden nicht alle, aber ich werde das auch so lassen.

Auch immer wieder interessant, wie deine Figuren sich von Szene zu Szene verhalten. Im Endeffekt lernt man sehr viele verschiedene Seiten von ihnen kennen, wenn Anna sich zur kleinen Schwester ins Bett legt oder wenn Lasse nach dem Streit sich einfach zwischen Mutter und kleinen Schwester setzt und Fight Club (!) schaut. Ich glaube, das ist meine Lieblingsszene! :D Das sagt schon viel über ihn aus, irgendwo.
Das freut mich so sehr, wenn das funktioniert. Mehr hat der Text ja eigentlich kaum zu bieten, und wenn das nicht wäre - und für manchen Leser ist es auch so, dann ist eben auch bisschen Scheiß.

Eine Stelle kam mir etwas schief vor:
Habe ich jetzt geändert, allerdings anders, wie von dir erdacht. Die mutter sagt das immernoch, weil ich es menschlich finde, dass der Mutter sowas rausrutscht, sie ist ja alles andere als Mrs. Perfect. Ich lass nur den Nachsatz weg, dann hat der Leser nicht diese Steilvorlage für eben jenen Kritikpunkt. Ist also nur halb gelöst, aber ich will diesen Mutterfehler ganz dringend behalten.

Fliege, äußerst gerne gelesen.
Und nochmal Danke für deine Zeit und Worte und Lob und überhaupt!


Hey @erdbeerschorsch,

ich gehöre auch zu den Fans der Geschichte. Schön gebastelt, diese Anna, die nach außen so cool und hart wirken will.
Wow, also unterm Strich sind es so viele mehr, als was ich je gedacht hätte.

Und vielen lieben Dank auch für die Detailanmerkungen, ich habe sie alle gedreht, gewendet und geprüft und mir dann was ausgesucht.

und das hier:
-- "Vor Fremden streitet man sich nicht. Familiendinge gingen niemanden etwas an."
- sagt eigentlich zwei mal das Gleiche.
Ja tut es, und trotzdem möchte ich es behalten. Sind ja Ronjas Gedanken und die sind weniger stilistisch korrekt. Man denkt manchmal ganz schön viele Sätze für einen einzigen Sachverhalt. Und um eben Ronja im Denkprozess zu zeigen ...

Da haben sich ja schon einige dran gestört, an der Altersangabe. Ich finde das insofern etwas schief, als es ja nicht stimmt: Tun und lassen was man will - kann man ja doch nicht einfach, wenn man noch bei den Eltern wohnt.
Mit 15 habe ich das geglaubt, und mit 18 erst recht. Was gingen denn mich denn da korrektes Verhalten an, gerade was ausgehen, saufen und rauchen betraff? Heißt ja auch jahrelang im Elternhaus: Wenn du 18 bist, dann ... Müssen die Eltern sich nicht wundern, wenn die Kids das wörtlich nehmen.

Was Lasses Aussehen angeht, habe ich den Eindruck, du hast etwas aufgerüstet im Vergleich zur ersten Version. Stimmt das?
Nein :).

So oder so: Ich finde, das kann weg. "Lasse sah normal aus" finde ich erst mal gut, ohne Hinführung fragt man sich, warum das so bedeutsam ist, dann kommt die Auflösung. Jetzt bringst du aber die Auflösung, bevor die Frage entsteht. (Dann könntest du natürlich auch "Lasse sah normal aus" streichen. Für meinen Geschmack wäre das aber die weniger gute Wahl).
Das hatte auch jimmy so vorgeschlagen. Hadere ich noch mit, bin ich noch nicht so überzeugt vom Mehrwert.

- So ganz verstehe ich die Unruhe der Mutter nicht. Wenn die Mutter keinen Aufstand macht, ist doch alles ok, oder? Und das hat die Mutter selbst in der Hand.
Die Mutter hat in dieser Frauenwirtschaft so gar nichts mehr in der Hand.

Hier:
-- "»Er ist ein wirklich Netter. Schade, dass er schon bald ausgetauscht wird«, murmelte Mama und erschrak, als sie bemerkte, dass sie es laut ausgesprochen hatte."
- wil ich mich mal schnell an schon gesagtes anhängen: Ich glaub das auch nicht, dass sie das nicht merkt, wie sie das laut sagt.
Habe ich entschärft.

-- "Das erste Mal, als Mama und ich Annas Winseln gehört hatten, standen wir lauschend vor ihrer Zimmertür."
- Ist auch schon gesagt worden und du hast - scheint mir - auch was geändert, Infos eingefügt. Das ist hilfreich, und trotzdem: Das klingt immer noch komisch. Man versteht es zwar, sie haben Angst, ob es ihr schlecht geht oder so, ob sie Hilfe braucht. Aber ist das glaubwürdig? Für Ronja mag das ganz gut gehen - aber die Mutter??
Auch hier hatte ich noch nichts dazu oder weg, aber jetzt steht Ronja allein vor der Tür.

-- "»Nicht jeder fickt schon mit fünfzehn.«"
- Hier vielleicht "jede"? Oder, wenn's geschlechtsneutral sein soll: Nicht alle?
Mir geht dieses Gendergequatsche so derart auf den Senkel, ich werde einen Scheiß tun, da mitzumachen.

Diesen Satz:
-- "Konnte Anna nicht mal von was anderem als Sex reden?"
- bräuchte es nicht, finde ich.
Ich mag ihn. Und da es strenggenommen ganz viele Sätze nicht bräuchte - also, den behalte ich einfach.

Es ist ja an sich ganz hübsch, wenn die Mutter was Verpeiltes hat. Aber ob sie so verpeilt sein kann, dass sie ihre Tochter nach einer Zigarette fragt?
Ich sehe hier eher nicht was Verpeiltes - okay, der Leser in diesem Fall schon, sondern eher den tatsächlichen Wunsch nach einer Zigarette.

Hier finde ich was ein kleines bisschen holperig:
-- "»Ist doch egal.«
»Warum?«
»Weil Lasse geblieben ist.«"
Habe ich auch abgeändert.

Schönes - und vielleicht sogar leicht unheimliches - Ende!
Sehr cooles Fazit.
Und natürlich auch ein dickes Danke für das raussuchen der gefällt mir Stellen. Überhaupt war es mir eine reine Freude.

Ich hätte jetzt gern auch noch den letzten Kommentar ... aber ich muss

Also, lieben Dank nochmals an alle und einen herrlich, schönen Sonntagabend Euch!

Fliege

 

Hi @Fliege,

was mich bei deinen Texten jedes Mal fesselt, sind die kleinen, sozusagen fliegenden Beobachtungen, die mit wenigen Worten, einem Pinselstrich Bedeutungsebenen erschließen, die man zuvor nicht geahnt hätte. Hinzu kommt die Lustigkeit deiner Sprache, die in Fliegebestform ungeheuer präzise sind. Auch in dieser Geschichte gibt es eine Menge Feinheiten zu entdecken, wenngleich ich saustarke, aber auch eher dahingeworfene Passagen entdecke. Ich glaube, es lohnte sich, weiter an dem Text zu arbeiten, um eine durchgehende Intensität zu erreichen.

Lasse war also der Grund. Vor Fremden streitet man sich nicht. Familiendinge gingen niemanden etwas an. Außerdem war Anna seit zwei Monaten achtzehn, sie konnte tun und lassen, was sie wollte.
sehr viel tell und eher lustlos wirkende Sätzchen.

Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel.
hier und in der Folge der Fliegesound aus Ironie und zugespitzten Formulierungen.
Lasse war ein verirrter Spatz in Annas Papageienstaat.
:Pfeif:

»Sie muss lernen, dass ich erwachsen bin.«
»Blödsinn! Darum geht es doch gar nicht.«
»Hör zu. Halt dich da raus. Verstanden?«
mm, die Dialogstelle klingt unrealistisch, nicht ganz so dicht wie das spätere Gespräch zwischen den Schwestern.

Lasse klingt nach Hundename, dachte ich. Lasse, Platz! Lasse, bei Fuß! Lasse, hol das Stöckchen!
nö: dann müsste er Lassie heißen :D

»Ich habe eure Namen vertauscht«, sagte sie. »Anna ist die Räubertochter. Nicht du.«
Irgendwann hatte ich Anna gefragt, was sie mit all den gebrochenen Herzen wolle.
o je, die Autorin spricht und erklärt die Namensgebung.

Ich stand nur da, bereit, das Zimmer zu stürmen, wenn ich ein »Hilfe« oder etwas in der Richtung vernommen hätte,
mm, wie alt ist die? In unserem Pornozeitalter und unter Berücksichtigung von Frühestaufklärung finde ich unglaubwürdig, dass die damit nichts anzufangen weiß.

Ich schluckte. So lange also schon. »Und, bist du in Anna verliebt?«
»Das wäre gefährlich, oder?«
mm, würde die das echt fragen?

»Mit dem Whisky ist wie mit dem Sex. Beim ersten Mal ist es bisschen unangenehm, aber über die Zeit lernt man ihn zu schätzen.«
tja, wärst du beim Gathering gewesen, hättest du den Schweizer Single Malt und vor allem das Zirbenzeug probieren können:D

Er kam wieder; wochenlang, monatelang. Er reparierte Mamas Küchenschränke. Ich küsste einen Jungen aus der Schauspiel-AG bei einer Party, und als der sich umdrehte, wischte ich mir den Mund am Ärmel ab. Er wusste anscheinend auch nicht viel mehr über das Küssen als ich.
starke Stelle:Pfeif:

So, jetzt wünsche ich dir einen Fliegenzaubertag
liebe Grüße
Isegrims

 

Liebe @Fliege

ich steige mal sofort ein.
Die Kommentare (nur die ersten) habe ich bloß überflogen.

Mama verzog sich in die Küche, öffnete den Schrank, nahm einen Teller für Annas Mitbringsel heraus und warf die Tür zu.
Welches Mitbringsel?
Alles andere ist so präzise beschrieben, nur hier nicht.

Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel.
Hehe.

Als ich mir sicher sein konnte, dass niemand mehr im Flur war, warf ich einen Blick auf Lasses Schuhe. Blaue, stinknormale Turnschuhe. An der Garderobe hing seine Lederjacke. Keine Nieten, Aufnäher, Bemalungen. Ein Sturzhelm lag auch nirgends rum.
Ja, soll es geben, die "Normalos".
Sagt aber auch aus, dass da vorher wohl schon ganz anderer Besuch war. Gut gemacht.

Lasse war ein verirrter Spatz in Annas Papageienstaat.
Gute Beschreibung.

»Ist dein Telefon kaputt?«, fragte ich Anna.
Meine Schwester schaute erst mich an, dann Mama.
»Akku war leer«, antwortete sie schließlich.
»Deiner auch?«, fragte ich Lasse.
Kann es sein, dass sie die Rolle des Vaters übernimmt?

Lasse klingt nach Hundename, dachte ich. Lasse, Platz! Lasse, bei Fuß! Lasse, hol das Stöckchen!
Da klingt doch sicher auch Neid durch.

Sie ist manchmal unglaublich, sitzt mitten in einem Gewitter und spielt Picknick unterm Postkartenhimmel.
Gute Metapher, die ich leider nicht ganz verstehe.
Unter "Postkartenhimmel" verstehe ich blaue Wolken, Sonnenschein.
M.E. müsste es heißen: "... wie unterm Postkartenhimmel".

Irgendwann hatte ich Anna gefragt, was sie mit all den gebrochenen Herzen wolle. Sie hatte gelacht, mir durchs Haar gewuschelt und gesagt: »Ich breche sie nicht, ich leihe sie nur eine Weile aus.«
Anna ist echt gemein. Wie sie über Jungs spricht. Schlimm. ;)

Das erste Mal, als ich Annas Winseln gehört hatte, stand ich lauschend vor ihrer Zimmertür. Ich hatte mich nicht getraut, zu klopfen oder etwas durch die Tür zu rufen.
Meine mich zu erinnern, dass in einer der ersten Versionen noch stand, dass Schwester und Mutter lauschen, oder?
So wie jetzt finde ich es auf jeden Fall besser.

Ich gab die Tür frei, und während Lasse sich an mir vorbeidrückte, flüsterte er: »Schöne Hausschuhe übrigens.«
Nur ein Beispiel, wie routiniert, herrlich, sauber, flüssig du schreibst und formulierst, dass es jedes Mal ein Genuss ist, deine Geschichten zu lesen.
Schön, was anderes als "Tür öffnen" und "vorbei gehen" zu lesen.

»Hast du schon mal Whisky getrunken?«, fragte sie mich und hielt eine Flasche hoch.
Frustsaufen!
Aber trinken Mädels dann nicht eher etwas weichere Sachen?

»Ich weiß nicht. An dem ist irgendwas nicht richtig.« Anna holte tief Luft. »Ich mein, wenn ein Kerl einen Ständer hat, dass man glaubt, gleich explodiert er, dann geht der nicht einfach nach Hause.«
Tja, und das ist Annas ganzes Problem.
So etwas kann oder will sie nicht verstehen.

»Ich habe Angst«, flüsterte sie.
»Dass sie sich wieder streiten?«
»Um Anna, wenn Lasse genug von ihr hat.«
Ja, Mutter hat es erkannt.

Hat mir gut gefallen.

Bei mir hat sich jetzt endgültig Fliege als Synonym für Jugendgeschichte ähnlich wie Tempo für Papiertaschentücher manifestiert. :thumbsup:

Schönen Tag noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hey @linktofink,

hab tausend Dank für deinen Besuch und verzeih mir die späte Antwort, es gibt so viel zu tun, und auch so viel Schönes gerade in meinem Leben. Und wortkrieger ist auch schön, weswegen ich die Kommentare (also die Antworten) immer so bisschen zelebriere, d.h. mir Zeit nehme und Ruhe dafür haben möchte. Habe ich jetzt! Also, los gehts ...

ich mag deine Geschichte, auch wenn ich zeitlich und emotional ziemlich weit weg von Plot und Prota bin. Ein bisschen zu meckern habe ich trotzdem.
Haben doch alle :D

Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel
Den hätte ich nicht gebraucht, das habe ich vorher schon verstanden. Außerdem schreibst du ja später noch: ...
Ja, okay. Aber nun denk ich an meine Zielgruppe, die sind lange noch nicht so fit und geübt im Lesen wie die Wortkriegerbande, von daher behalte ich das einfach. Und auch, weil ich den Satz mag. Und weil andere ihn mögen. Aber ich versteh, warum du ihn zitiert und angemahnt hast.

Das finde ich zu plakativ, da würde ich noch ein wenig feilen.
Sie schafft es, selbst in einem Gewitter eitel Sonnenschein vorzugaukeln?
Plakativ?? Plakativ!! Sag mal :D Das ist toll. Weil, genau das.

Wuff! Schön, ich bin ganz dicht an deiner Prota.
schöner emotionaler Tauchgang.
Auch das schön hintersinnig.
Lieblingsstelle.
Okay, bleibst mein Freund, auch wenn du sagst, ich sei plakativ. Im Ernst, vielen, lieben Dank dafür.

Liebe Fliege, nach dem Geschwisterkuss hoppelt deine Story ein wenig zu schnell auf das Finale zu. Der Schlusssatz ist gelungen, er zeigt viel: Die emotionalen Vorzeichen haben sich geändert, Anna schmeißt keine Stöckchen mehr, sie ist nun involvierter, als ihr lieb sein kann.
Das ist jetzt natürlich eine Sache, die muss ich einfach mal schlucken und ja, das sehe ich total ein. Ich habe auch echt überlegt, den Übergang auszuformulieren, also ne längere Szene draus zu stricken, genau wie ich auch mal angesetzt hatte, zu schreiben, was nach Lasses Abgang passiert, aber da passierte nicht so richtig mehr was, irgendwie las sich das so wie "Füllspachtel", und das fand ich alles doof. Aber wer weiß, vielleicht habe ich ja irgendwann doch die Muse, setze mich noch mal hin und bekomme was besseres zu Stande. Versprechen tue ich aber nix, bei mir können solche Sachen einen echt langen Reifenprozess durchlaufen, wenn denn überhaupt.

Wenn Lasse ein wenig greifbarer würde, wenn ich wüsste, worum es bei dem Streit geht, könnte ich die Gefahr, die Mama sieht, besser nachvollziehen.
Es ist so egal, worüber die sich streiten oder streiten werden, wichtig ist nur, wenn es Lasse ist, der Schluß macht, wird Anna zum ersten Mal in ihrem Leben erfahren, wie sehr Liebe weh tun kann. Sie liebt ja bis dato nicht wirklich, sie verletzt alle und jeden und kommt damit durch. Sie ist die Sonnenseite gewöhnt, nimmt sich, was und wen sie braucht, benutzt, und sie ist exentrisch, und wenn die jetzt mal nicht durchkommt, dass ist ja dann nicht nur Liebeskummer, das ist bei ihr ja noch so viel mehr, sie wird ihre ganze Person in Frage stellen, und davor hat die Mutter Angst.
Weiß nicht, ob das jetzt für dich plausibel klingt, aber da es sich hier einigen Lesern bereits erschlossen hat, bin ich ganz froh und zufrieden drum.

Ach schön! Hat mich sehr gefreut!


Hey, hey @Isegrims,

sag mal, was stückelst du denn jetzt auch die Leute! Da ist man so schön beim ollen Nazi-Vater, und dann noch so was on top! Upps, das gehört ja woanders hin ...
Zurück zur seichten Teeniestory und vorab natürlich herzlichsten Dank für deinen Kommentar.

was mich bei deinen Texten jedes Mal fesselt, sind die kleinen, sozusagen fliegenden Beobachtungen, die mit wenigen Worten, einem Pinselstrich Bedeutungsebenen erschließen, die man zuvor nicht geahnt hätte.
Das klingt so wahnsinnig toll, wenn ich das echt so könnte, wie du es hier schreibst, ja dann ... trotzdem liest sich das schön!

... wenngleich ich saustarke, aber auch eher dahingeworfene Passagen entdecke.
Frechheit! Weihnachtsmann wurde selbstverständlich informiert, das macht drei Hasselnüsse, zwei Walnüsse und einen Pfefferkuchen Abzug.

sehr viel tell und eher lustlos wirkende Sätzchen.
Mein Gefühl flüstert mir immer noch, es ist okay, die Zielgruppe hier bisschen an die Hand zu nehmen, auch wenn es jetzt schon öfter angemerkt wurde.

mm, die Dialogstelle klingt unrealistisch, nicht ganz so dicht wie das spätere Gespräch zwischen den Schwestern.
Da war ich echt platt, weil, ich finde die nämlich echt gut. Da geht doch richtig was ab zwischen den beiden. So verschieden kann es sein.

dann müsste er Lassie heißen
LOL

o je, die Autorin spricht und erklärt die Namensgebung.
Ja, das macht sie ...

mm, wie alt ist die? In unserem Pornozeitalter und unter Berücksichtigung von Frühestaufklärung finde ich unglaubwürdig, dass die damit nichts anzufangen weiß.
Ronja scheint mir jetzt nicht zu denen zu gehören, die sich heimlich nen Porno reinzieht. Und selbst wenn, bei Anna klingt es eben nicht nach lustvollem Stöhnen, sondern wirklich so, als wenn ihr wer weh tut. Und Internet und live und Fremde und Schwestern, das sind schon auch noch mal zwei verschiedene Welten. Zudem war Ronja war 11 oder 12, als Anna zum ersten Mal, und ja, für mich geht das durch.

mm, würde die das echt fragen?
Siehste doch :p nee, kann den Einwand nachvollziehen, aber ja, Ronja ist zwar sexuell verklemmt, aber nicht auf den Mund gefallen und auch ziemlich direkt. Also für mich, wenns für den Leser unglaubhaft wirkt, dann wirkt das unglaubhaft.

tja, wärst du beim Gathering gewesen, hättest du den Schweizer Single Malt und vor allem das Zirbenzeug probieren können.
Schon allein die Vorstellung macht mich ganz duhn.

Ich wünsche Dir auch so Sachen. Lieben Dank, ich komme auch bald mit Pralinen zu dir.
Und nochmals: Danke!


Hey @AWM,

und auch an dich ein herzliches Dankeschön! Du kämpfst ja echt um jedes Wort :eek:. Daran musste ich mich erst mal gewöhnen. Ging aber ganz gut.

Hier bin ich am Hall hängen geblieben. Zerstört für mich irgendwie den Rhythmus des Satzes. Hallen oder hallen als Verb fände ich besser.
Ändere ich gleich.

Seit dieser Nacht stellte Mama den Fernseher laut und ich setzte mir Kopfhörer auf, wenn Anna Besuch hatte.
Ich hatte ein anderes Bild: Nämlich, dass sie sich selbst die Kopfhörer aufsetzt. Das finde ich auch besser, weil sie mir doch sehr eigenständig rüberkommt und es nicht zu ihr passt, dass Mama so etwas für sie tut. Das macht sie zu kindlich für mich.
ich glaub, dein Bild war ganz richtig ;). Ich fände es auch albern, wenn Mama das machen würde.

Hier kann man das auch so lesen, dass die Hand einschläft, weil sie sie so fest hält.
Ändere ich auch.

... wie gesagt hat mir dein Text gefallen. Habe ihn in einem Rutsch gelesen und ich finde es ist dir wirklich gut gelungen, alle Charaktere glaubhaft zu zeichnen.
Das ist doch ein schönes Schlußwort! Wir sehen uns dann die Tage bei dir. Bis dahin, sei lieb gegrüßt.


Du treue Seele @GoMusic,

ich steige mal sofort ein.
Anders kenne ich das von dir auch nicht. Und so soll das bitte auch bleiben, sonst denk ich noch, der Go ist kaputt, da ist was schief. Vielen lieben Dank für deine Zeilen und Worte und Zeit!

Welches Mitbringsel?
Alles andere ist so präzise beschrieben, nur hier nicht.
Na, der Typ. Echt, erschließt sich das nicht?

Ja, soll es geben, die "Normalos".
Sagt aber auch aus, dass da vorher wohl schon ganz anderer Besuch war. Gut gemacht.
Ja, unbedingt. Sehen so harmlos aus, die und dann sind sie doch gaaanz tiefe Gewässer. Und ja, die anderen davor waren mehr Punk.

Kann es sein, dass sie die Rolle des Vaters übernimmt?
Vater, Mutter - einer muss ja auf diese Familie aufpassen ;).

Unter "Postkartenhimmel" verstehe ich blaue Wolken, Sonnenschein.
M.E. müsste es heißen: "... wie unterm Postkartenhimmel".
Ja, aber manchmal klingt superkorrekt auch einfach echt Scheiße, da haben dann sogar Sätze nen Stock im Arsch. Man versteht den Satz auch so, da bin ich mir ganz sicher.

Anna ist echt gemein. Wie sie über Jungs spricht. Schlimm.
Das finde ich auch!

Meine mich zu erinnern, dass in einer der ersten Versionen noch stand, dass Schwester und Mutter lauschen, oder?
So wie jetzt finde ich es auf jeden Fall besser.
Und das finde ich auch.

Nur ein Beispiel, wie routiniert, herrlich, sauber, flüssig du schreibst und formulierst, dass es jedes Mal ein Genuss ist, deine Geschichten zu lesen.
Ich werde ganz rot ...:shy:

Aber trinken Mädels dann nicht eher etwas weichere Sachen?
Das melde ich der Frauenbeauftragten. Klischeedenke. Meine Anna säuft und zwar richtig.

Ja, Mutter hat es erkannt.
Ja. Und sie wird mitleiden müssen.

Bei mir hat sich jetzt endgültig Fliege als Synonym für Jugendgeschichte ähnlich wie Tempo für Papiertaschentücher manifestiert.
Hehe, aber so lieb!

Ich wünsche dir auch ne gute Zeit. Bis demnächst. Ich komme aber besser nicht mit dem Rad vorbei, sondern lauf zu dir rüber.

Euch allen nochmal ein fettes Danke!
Liebe Grüße, Fliege

 

Liebe Bea Milana,

ich freue mich so. Vielen Dank!

Du kennst deine Figuren, weißt, wo ihre Grenzen sind und sparst auch die schmerzhaften Passagen nicht aus.
Das ist ein tolles Lob. Dankeschön.

... eine Entwicklung und Veränderung der Figur(en) – ist bei dir gegeben. Deine Vier sind am Ende der Geschichte andere, als sie es am Anfang waren. :thumbsup:
Ich kann nur hoffen, dass es für den Leser so ankommt. Wenn es dir so erging, jippie!

Hier bin ich sehr erleichtert, dass du Ronja alleine lauschen lässt, denn Mama hätte es mit Sicherheit nicht getan.
Na ja, ich wollte ja eigentlich, dass Annas Geräusche echt besorgniserregend sind, es nicht wie "Sex" klingt, aber irgendwie wollt das keiner lesen/wahrnehmen, unter den Umständen hätte auch Mama sich sorgen dürfen. Aber wo nun echt alle drüberweggelesen haben, ja, da musste die Mama von der Tür weg.

Wieso soll Lasse das eine kleine Schwester fragen, die von all diesen Dingen keinen Schimmer hat?
Weil die kleine Schwester ihre große Schwester gut kennt und schon so manchen Prinzen vom Pferd hat fallen sehen.

Hm, das ist jetzt mit der Lupe geguckt und bei solchen Dingen bin ich mir oft unsicher, ...
Wurde ja schon paar mal angemerkt und ich finde das sehr, sehr Lupe. Wenn jmd. wartet und hin und wieder aufs Handy guckt, dann will es sicher nicht die Lottzahlen wissen.

Boah, eh, das ist aber harter Toback. Das hat Ronja entweder in der Schule oder in einem Film aufgeschnappt oder Anna sieht aus wie ne Nutte oder schleppt jede Woche einen anderen ab (dann wäre die Frage, ob sie ihre Jungs jedes Mal mit nach Hause genommen hat und Mutter und Schwester mit ihren wechselnden Partnern entweder im Dauerstress sind oder sich längst daran gewöhnt haben).
Das und das.

Als junger verliebter Mensch ist man ja extrem körperlich und schert sich nicht darum, was die Umwelt zu den Liebkosungen sagt. Vllt. würde ich noch die ein oder andere Geste zwischen Lasse und Anne einbauen ... Ja, ein Tick mehr Interaktion zwischen Lasse und Anna fänd ich gut.
Sollte ich den Text nochmal anfassen irgendwann, dann kommt das mit Sicherheit irgendwo rein, das leuchtet mir absolut ein. Nur fällt mir im Augenblick eher Kaugummizeug ein, als ein weiterer Twist, ein weiterer Konflikt. Aber ich wiederhole mich, manchmal brauche ich einfach nur echt lange, um zur Einsicht zu gelangen. Manchmal kommt sie aber auch nie :D

Ich wünsche dir eine heimelige Vorweihnachtszeit und sende liebe Grüße!
Fliege

 

Moin, moin @Fliege,
sorry, das wird hier nicht wirklich konstruktiv, denn ich liebe einfach Deine Art zu schreiben. Als ich irgendwann 2014 anfing hier "heimlich" mitzulesen, warst Du eine derjenigen, die mich in den Bann der Kurzgeschichten gezogen hat. Daher habe ich mich einfach nur gefreut, das es auch von Dir eine Challenge-Geschichte gibt. Ich geh mal durch, denn auch wenn für Dich alles klar ist, lerne ich wirklich jedesmal beim Kommentieren was dazu (es macht sich nur dummerweise noch nicht beim eigenen Schreiben bemerkbar :()

Der Titel ist schon so oft gelobt. Ich tue es trotzdem nochmal. Der löst einfach ein Lächeln im Gesicht aus, auch wenn das genannte Problem ja durchaus Schattenseiten hat.

»Mitternacht bist du wieder zu Hause«, sagte Mama.
»Vielleicht«, sagte Anna.
»Nicht vielleicht. Ich meine es ernst.«
Damit ist alles klar. Aufmüpfige Tochter, wahrscheinlich volljährig. Höchstwahrscheinlich alleinstehende Mutter, sonst kommt da meist die Drohung mit dem Vater oder ein Ausspielen der lieben Eltern.

Mama gegen Anna, aber es blieb still.
»Das ist Lasse«, hörte ich Annas Stimme.
Lasse war also der Grund. Vor Fremden streitet man sich nicht.
Vielleicht kenne ich solche Situationen einfach zu gut, aber ich hätte die Erklärung, das man vor Fremden nicht streitet wirklich nicht gebraucht. Aber Du meinst es halt nett mit uns Lesern.

Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel.
:eek:

Der Neue sah normal aus. Halblanges Haar, nicht geschminkt, keine Ringe oder Tatoos. Lasse war ein verirrter Spatz in Annas Papageienstaat.
Auch hier, finde ich alleine die Vorstellung, das die kleine Schwester nachschaut, was für Klamotten der Typ trägt schon aussagekräftig genug. Andersrum, der Satz mit dem Spatz ist Klasse ...

»Ist dein Telefon kaputt?«, fragte ich Anna.
ich mag die Kleine!

»Du bist so gemein«, fauchte ich Anna an. »Einen einzigen Scheißanruf! Sie hat nicht geschlafen. Die ganze Nacht nicht. Und heute auch nicht.«
»Sie muss lernen, dass ich erwachsen bin.«
Ja, genau! Tolles Alter, ich liebte meine große Tochter auch sehr für solche Sprüche ...
Und wieder ist die Kleine der Anker, der Familienkitt.

Lasse klingt nach Hundename, dachte ich. Lasse, Platz! Lasse, bei Fuß!
Grins! Wann hast Du eigentlich die Kamera in unserem Haushalt montiert? (und hoffentlich ist sie jetzt nach fast zwanzig Jahren wieder aus)

»Er ist ein wirklich Netter. Schade, dass er schon bald ausgetauscht wird«, murmelte Mama.
Schöne Lenkung meiner Gedanken, ohne das ich mich manipuliert fühle. Bisher war ich ja mehr in diesem Eltern-Kind-Dings gefangen, aber die Mutter hat ein ganz anderes Problem

»Ich breche sie nicht, ich leihe sie nur eine Weile aus.«
Mh, mir einfach zu philosophisch für die kleine Hexe. Aber natürlich lieb von Dir, das sie nicht nur egoistische Ziege ist, die Welt ist halt wirklich nicht schwarz-weiß

Wenn Sex so war, wie es bei Anna klang, dann wollte ich das nicht.
zu schön, bitte mach irgendwann eine Geschichte mit diesem netten Menschenkind, die mag ich total

»Und Lasse? Soll er allein ...«
»Er ist weg«, unterbrach sie mich.
oha, Sturm im Paradies?

Ich schaute auf meine Füße, die in Froschschuhen steckten. In dicken, fetten Schaumgummifröschen.
:herz: (vor allem seine ganz ruhige Reaktion darauf)

Konnte Anna nicht mal von was anderem als Sex reden? »Ich bin nicht wie du«, sagte ich.
»Wie bin ich denn?«
»Du bist ‘ne Nutte.«
Ja, so ein Gespräch geht eigentlich wirklich nur unter Schwestern. Selbst beste Freundinnen würden wohl vor soviel Ehrlichkeit zurückschrecken oder sich weh tun.

»Das macht mich fertig, weißt du. Dass er einfach so gehen konnte.«
Uff. Hier hast Du mich. Ich wollt die kleine Ziege die ganze Zeit schütteln, aber hier bin ich ganz bei ihr. Sie braucht noch ein paar Jahre Zeit, aber dann wird aus ihr was richtig gutes ...

Lasse blieb zum Frühstück, zum Mittag, zum Abendessen, den Tag darauf und auch den darauf. Er kam wieder; wochenlang, monatelang.
Hier ist glaube ich die einzige Stelle, die ich von Plot her anzweifle, einfach unglaubwürdig finde. Ich kann einfach nicht glauben, das der in dem Frauenhaushalt (ich weiß, theoretisch kann es einen Familienvater geben) solange, wirklich Monatelang ohne Stress mitlebt. Aber natürlich nur mein ganz subjektives wahrnehmen. Den Satz an sich finde ich prima, um auf ganz kurzer Strecke, viel Zeit zu raffen. Gehört aber wahrscheinlich auch zu den Dingen, die nicht gleich bei mir hängen bleiben ...

Mama stand im Morgenmantel am Herd und gab Popcorn in einen Topf. Lasse suchte eine DVD aus.
okay, hier wiederlegst Du meine Meinung vom Vorpunkt, die sind wie eine komplette Familie, man kümmert sich umeinander.
Eventuell fehlt mir davor nur ein klitzekleiner Punkt, an dem die Mutter ihn "annimmt" akzeptiert, sorry, kriege ich gerade nicht ausgedrückt.

Mama stand auf. »Ich habe Angst«, flüsterte sie.
»Dass sie sich wieder streiten?«
»Um Anna, wenn Lasse genug von ihr hat.«
Du bist halt eine Liebe und hast uns Lesern ein rundes, ziemlich abgeschlossenes Ende gegönnt. Und für ich denk mir jetzt einfach ein anderes Ende aus ...

Vielen Dank für das Lesevergnügen und das Erinnern an wirklich "interessante" Zeiten
witch

 

Gude @Fliege,

ein kurzweiliger Text, den ich gut lesen konnte und mir zuweilen ein schiefes Grinsen abrang, z.B. dass Anna nächtliche Ruhestörung als Routine durchsetzen konnte. Oder gar nicht erst durchsetzen musste, denn: Es gab keinen Widerstand.
Überhaupt hat sie sehr wenig Widerstände erfahren, nur Lasse ist jetzt plötzlich da und macht "sein Ding": Ranziehen und wegstoßen, dann wieder ranziehen. Hat was von einem Pickup-Artist, aber Anna spielt ja parallel dazu ihr Spiel: Sie lässt ihn warten, wenn sie eigentlich früher zuhause sein könnte. Dass sie gerne pokert, aber nicht gerne verliert, nehme ich ihr nicht ab. Warum nimmt sie sich nicht einfach einen anderen? Das würde ich ihrem Charakter nach, den du m.E. seeehr deutlich darstellst, erwarten. Dass sie dann auf Lasse zurückkommt, weil ihr ein Typ mit Nietenjacke nichts mehr gibt, das würde ich dann als konsequente Charakterentwicklung sehen.
So ist sie halt verliebt und gewöhnt sich erst nach und nach ihre Spielchen ab ... oder? Erfahre ich auch nicht. Zumindest gibt es mal Streit, also mal offenen Widerstand. Vielleicht ein Entwicklungsschritt?

Insgesamt muss ich leider sagen, dass mir Anna als Charakter sehr stereotyp erscheint. Sie ist Femme Fatale, verliebt sich, und erfährt jetzt die Umkehrung ihres eigenen Tuns, zumindest in Ansätzen.
An der Stelle möchte ich aber auch anmerken, dass ich kein Experte im "Jugend"-Bereich bin und ich muss schon so transparent sein und sagen, dass es meine eigenen Vorlieben sind, nach denen ich hier bewerte.

Bei Ronjas Sprachduktus hab ich mich zuweilen gewundert, ob sie zehn Jahre alt ist oder zwanzig. Hier z.B. tritt sie auch in der Sprache älter auf:

»Einen einzigen Scheißanruf! Sie hat nicht geschlafen. Die ganze Nacht nicht. Und heute auch nicht.«
-> Da könnte ich mir vorstellen, dass sie als Fünfzehnjährige und Jüngere einfach sagt: "Mama hat nicht geschlafen, wegen dir! Du hättest sie anrufen sollen."
Aktuell wirkt mir das "rhetorisch" zu ausgefeilt, wenn du verstehst, was ich meine :confused:
Sie sagt dann ja auch so Sachen wie:
Irgendwann hatte ich Anna gefragt, was sie mit all den gebrochenen Herzen wolle.
Das klingt für mich wieder sehr kindlich.

Eine Kleinigkeit zu dieser sehr schönen Metapher:

Sie ist manchmal unglaublich, sitzt mitten in einem Gewitter und spielt Picknick unterm Postkartenhimmel.
Bei dem ersten Teil dachte ich noch, dass die Geschichte gemeint sein könnte, die Lasse erzählt. Falls da noch andere stolpern, könnte man Mama statt sie setzen (und müsste vielleicht den vorhergehenden Satz umstellen, da es sonst eine Wortwiederholung gibt).

Irgendwann griff sie nach meiner Hand und hielt sie fest, bis Anna einschlief.
-> Dass am Schluss wieder ihr Name steht, suggeriert mir zumindest, dass es jemand anderes als das "sie" ist, aber das stimmt ja nicht. Meinem Sprachempfinden nach wäre da noch ein "sie" oder ein "Anna" am Anfang sinnvoll (auch wenn da der Satz vorher eine Wortwiederholung mit sich brächte, die wird aber genau genommen durch den späten Nachsatz auch nur verschleiert).

Er warf einen Blick auf sein Handy. Noch immer keine Nachricht von Anna.
-> Woher erfahren wir, dass es keine Nachricht von Anna gibt? Sonst ist die Erzählperspektive ja sehr eng an Ronja und lässt solche Lücken.


Liebe Grüße
Vulkangestein

 

Liebe @Fliege,
ich habe deinen Text gerne gelesen. Da sind so viele Momente drin, die glaubhaft wirken und gleichzeitig originell. Das Ganze ist ziemlich lakonisch erzählt, wodurch es mich emotional nicht so reinzieht. Es könnte auch daran liegen, dass Ronja mehr aus der Beobachterrolle erzählt und dass Anna mir zu unsympathisch ist, um mit ihr so richtig mitzufiebern. Aber am Ende bin ich neugierig geworden, möchte mehr wissen. Von allen Figuren. Ich glaube, du hattest so was ähnliches mal als Roman angelegt oder?
Aber auch als Kurzgeschichte funktioniert es. Als Leserin sehe ich, was passiert, ohne die Vorgeschichte zu kennen, bekomme nur eine Ahnung davon, wie die Hilflosigkeit der Mutter das Familiengefüge bestimmt. Ja, das Ganze wäre perfekt für eine Familienaufstellung, mit einer fetten Leerstelle, da wo der Vater stehen würde.

»Komm!«, befahl meine Schwester schließlich.
»Aber wir sind doch noch gar nicht fertig«, sagte Mama.
»Wir beide schon«, sagte Anna und Lasse erhob sich aufs Wort.
Bring Stöckchen!, dachte ich.
»Keine Ahnung.«
»Scheiße!« Sie schlug die Tür zu und rauschte in ihr Zimmer, kam den Rest des Nachmittags nicht mehr heraus, nicht zum Abendessen und auch danach nicht.
Dass Anna nicht nur ätzend, sondern womöglich auch gefährdet ist, ist so etwas wie eine Pointe am Ende. Als Leserin denke ich eher, sie soll ruhig mal auf die Nase fallen.
Die Sicht von Ronja, der kleinen Schwester, die manches messerscharf beobachtet, aber vieles auch nicht versteht, hast du toll getroffen. Diese Zeit vor der Pubertät, in der man noch gar nicht so richtig begreift, was da abläuft, neugierig und abgeschreckt ist. Die Szene, wo sie entsetzt vor der Schlafzimmertür ihrer Schwester steht, ist großartig.

»Ist dein Telefon kaputt?«, fragte ich Anna.
Meine Schwester schaute erst mich an, dann Mama.
»Akku war leer«, antwortete sie schließlich.
»Deiner auch?«, fragte ich Lasse.
Ich glaube @GoMusic hatte dass schon geschrieben. Hier kommt Ronja mir wie ein Vater vor. Verkehrte Welt.


Anna, die bei mir im Bett lag und schwieg, während ich darauf wartete, dass sie redete. Irgendwann griff sie nach meiner Hand und hielt sie fest, bis Anna einschlief.
Im zweiten Satz irritiert mich die Reihenfolge von "sie" und "Anna". Vermutlich hast du das wegen dem Satz davor so gemacht? Könnte man dort evtl. "Anna" durch "meine Schwester" ersetzen? (Kleinigkeit. der Text ist so rund, da muss ich schon echt suchen.)

Ich schluckte. So lange also schon. »Und, bist du in Anna verliebt?«
»Das wäre gefährlich, oder?«
Hier wundert mich ihre Frage und seine Antwort finde ich schon sehr abgeklärt. Dann kommt die Mutter. Flüchtig habe ich gedacht, dass Lasse auch sehr viel älter sein könnte als Anna. Dazu würde auch das Folgende passen.

Als sie Lasse sah, straffte sie den Rücken, hob den Kopf und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.
»Anna kommt gleich«, sagte ich. »Sagt Lasse. Sie sind hier verabredet. Er wartet auf sie.«
Mama nickte. »Ich brauche dringend einen Kaffee. Möchtest du auch einen?«, fragte sie Lasse.
Die Mutter ist das dritte junge Mädchen in der Geschichte. Sie möchte die Freundin ihrer Töchter sein, sucht Halt und ist selber total bedürftig. Ronja springt da ein. Anna rebelliert. Meine Theorie.

»Ich mein, wenn ein Kerl einen Ständer hat, dass man glaubt, gleich explodiert er, dann geht der nicht einfach nach Hause.«
Ich schwieg. Was sollte ich auch sagen? Ich kannte keine Typen mit Ständern.
Sehr schön!:D

Mama stand im Morgenmantel am Herd und gab Popcorn in einen Topf. Lasse suchte eine DVD aus. Ich öffnete eine Flasche Wein und holte drei Gläser für uns. Nebeneinander saßen wir schweigend auf der Couch, Lasse zwischen uns, auf seinem Schoß die Popcornschüssel. Wir schauten Fight Club.
Diese letzte Szene finde ich total schräg. Wie er mit der Mutter und der Schwester seiner Freundin Fernsehen guckt nach dem Streit. Das ist so schräg, dass es schon wieder gut ist. Und so ein bisschen mehr Info, würde ich mir doch wünschen, merke ich. Über ihn. Oder über das, was Anna und ihn verbindet. Warum er in diesen Frauenhaushalt beinahe einzieht. (Zuerst zog er sogar ein.) Vielleicht fühlt er sich da gebraucht, vielleicht hat er selber keine Familie. Du merkst, dein Text bringt mich zum Grübeln.

»Hast du eine Zigarette für mich?«, fragte Mama mich in der Küche.
Ich stellte den Wasserkocher für Tee an. »Ich rauche nicht. Und du seit zehn Jahren auch nicht mehr.«
Diese Mutter ist wirklich komplett verpeilt, hab ich das schon gesagt? Hier wirkt sie so, als hätte sie sogar vergessen, dass Ronja ihre Tochter ist.

Ein spannendes kleines Kammerspiel ist dir da gelungen, Fliege. Hat mir sehr gefallen.

Liebe Grüße von @Chutney

 

Hey @Jesus,

und herzlich Willkommen hier im Forum! Nicht nur darauf warten, dass wer die eigenen Sachen liest und kommentiert, sondern sich selbst einbringen, ist schon mal super :thumbsup:. Vielen Dank für deine Zeit und Zeilen.

wahrsheinlich sollte ich jetzt einen langen Text schreiben, Kritik äußern und Verbesserungsvorschläge formuliern.
Ach, es muss nicht ewig lang und kritisch sein, ein Leseeindruck ist auch hilfreich. Nur so Drei-Wort-Kommentare (fand ich gut/nicht gut) sind nicht gern gesehen, die bringen halt niemanden wirklich was.

Um es kurz zu fassen: Ich bin schlichtweg von der Geschichte begeistert.
Schön.

Das Paradoxe an der ganzen Geschichte ist, dass das Genre Jugend eines der Tags ist, welches ich am wenigsten mag. Normalerweise könnte ich praktisch schon einschlafen, wenn ich das Wort Jugend (als Genre) bei einem literarischen Werk vorfinde (Hyberbel). Aber nicht bei dieser.
Ich mag ja kein Horror oder Fantasy, aber manche Geschichten fesseln und begeistern mich dann doch. Da geht es den Menschen wie den Leuten, und man wird immer wieder ob des eigenen Schubladendenkens gestraft oder belohnt, je nach Sichtweise.

Ich kann die Aufgabe in einer Prüfung schon praktisch vor mir sehen: Arbeiten Sie Denkansätze für die Motivation von Anna und der Mutter heraus.
Da kämen sicher einige Möglichkeiten zusammen, und wahrscheinlich ist es am Ende eine Mischung aus allen, es gibt nie den einen Grund der unser Handeln und Denken bestimmt, es ist immer ein Zusammenspiel von vielen Erfahrungen. Und die beiden tragen ganz sicher ihr Säcklein.

Natürlich hätte man hier noch einige Hinweise auf diese Motivation einfügen können (vielleicht habe ich sie auch nur übersehen), um den Leser auf die richtige Fährte zu locken. Aber das ist nur Kritik auf hohem Niveau.
Hast nichts übersehen. Aber da ich eben davon ausgehe, dass diese eben komplex sind, dafür bräuchte ich sehr viel mehr Raum, ich will ja nicht nur sagen: Vater fehlt, wahrscheinlich abgehauen oder so, weil es mir viel zu plakativ ist, auch wenn da sicher eine Wurzel des Übels drin steckt. Und das alleinerziehende Mütter heutzutage echt gefordert und oft überfordert sind, ist auch kein Geheimnis. Nicht alle, aber meine schon, und ich denke, das kommt auch gut raus, die ist ja praktisch nur Beiwerk in dieser Konstellation.

Abschließend kann ich nur sagen, dass es eine gelungene Geschichte ist.
Das freut doch.

PS: Die Wahl des Titels finde ich auch noch sehr passend, da dieser die Geschichte perfekt wiederspiegelt und einen (oder den) Grundpfeiler der Handlung darstellt.
Yipp.

Ich wünsche dir noch eine gute Zeit hier und viele aufregende Geschichten, die dich ins Grübeln bringen. Es gibt hier wirklich kleine Perlen zu finden.

Moin @greenwitch,

oh, ich mag Platt sooo gern hören :)

sorry, das wird hier nicht wirklich konstruktiv, ...
Finde ich gerade total gut :D.

Als ich irgendwann 2014 anfing hier "heimlich" mitzulesen, warst Du eine derjenigen, die mich in den Bann der Kurzgeschichten gezogen hat.
Jetzt haste mich, jetzt wird mein Herz ganz groß und weich und mein Kopf rot.

... lerne ich wirklich jedesmal beim Kommentieren was dazu (es macht sich nur dummerweise noch nicht beim eigenen Schreiben bemerkbar)
Sag das nicht. Dein Unterbewusstsein weiß und ackert viel mehr, als du auch nur ahnst.

Der Titel ist schon so oft gelobt. Ich tue es trotzdem nochmal.
Ach, mach ruhig ;).

Vielleicht kenne ich solche Situationen einfach zu gut, aber ich hätte die Erklärung, das man vor Fremden nicht streitet wirklich nicht gebraucht. Aber Du meinst es halt nett mit uns Lesern.
Ich habs schon irgendwo mal hingeschrieben, ihr seid hier auch nicht alle 15 Jahre alt. Ihr habt soo viel mehr Leseerfahrung. Ihr seid nicht meine Zielgruppe :D. Aber eine andere hab ich grad nicht.

ich mag die Kleine!
me too

Grins! Wann hast Du eigentlich die Kamera in unserem Haushalt montiert? (und hoffentlich ist sie jetzt nach fast zwanzig Jahren wieder aus)
Nö. Ich weiß genau das du gestern den Finger im Zuckerguss hattest und danach in der Schokolade und die Zuckerperlen, die eigentlich auf die Plätzchen sollten ... ach ja, und dann liegt da noch ein Ohrring hinter der Spüle ;).

Mh, mir einfach zu philosophisch für die kleine Hexe. Aber natürlich lieb von Dir, das sie nicht nur egoistische Ziege ist, die Welt ist halt wirklich nicht schwarz-weiß
Und schwarz-weiß ist auch furchtbar langweilig.

zu schön, bitte mach irgendwann eine Geschichte mit diesem netten Menschenkind, die mag ich total
Oh je, oh weh. Ich setz es mit auf die Liste der Dinge, die so unendlich lang ist ...

Ja, so ein Gespräch geht eigentlich wirklich nur unter Schwestern. Selbst beste Freundinnen würden wohl vor soviel Ehrlichkeit zurückschrecken oder sich weh tun.
Glaube ich auch.

Uff. Hier hast Du mich. Ich wollt die kleine Ziege die ganze Zeit schütteln, aber hier bin ich ganz bei ihr. Sie braucht noch ein paar Jahre Zeit, aber dann wird aus ihr was richtig gutes ...
Und das glaube ich auch.

Hier ist glaube ich die einzige Stelle, die ich von Plot her anzweifle, einfach unglaubwürdig finde. Ich kann einfach nicht glauben, das der in dem Frauenhaushalt (ich weiß, theoretisch kann es einen Familienvater geben) solange, wirklich Monatelang ohne Stress mitlebt.
Die werden sich schon reiben, aber unterm Strich raufen die sich zusammen. Das soll es ja tatsächlich geben.

... hier wiederlegst Du meine Meinung vom Vorpunkt, die sind wie eine komplette Familie, man kümmert sich umeinander.
Ja.

Eventuell fehlt mir davor nur ein klitzekleiner Punkt, an dem die Mutter ihn "annimmt" akzeptiert, sorry, kriege ich gerade nicht ausgedrückt.
Also doch was auf die Liste. Mal gucken.

Und für ich denk mir jetzt einfach ein anderes Ende aus ...
Und, leben sie noch? Bitte lass sie am Leben!

Lieben Dank fürs Lesen und deine Zeilen.

Hey @Vulkangestein,

ein kurzweiliger Text, den ich gut lesen konnte und mir zuweilen ein schiefes Grinsen abrang, z.B. dass Anna nächtliche Ruhestörung als Routine durchsetzen konnte.
Gut, dass du so anfängst, ich wollt mich nämlich schon gleich entschuldigen, weil ... also Danke für deine Zeit! Auf jeden Fall.

Überhaupt hat sie sehr wenig Widerstände erfahren, ... Dass sie gerne pokert, aber nicht gerne verliert, nehme ich ihr nicht ab.
Das ist natürlich das Knock out für den Text. Oder für die Figur der Anna, die den Text ja eigentlich trägt, also doch für die ganze Story.

Warum nimmt sie sich nicht einfach einen anderen? Das würde ich ihrem Charakter nach, den du m.E. seeehr deutlich darstellst, erwarten.
Weil es sie langweilt, schätze ich. Aber es steht nicht da, insofern geh ich mit dir, wenn du dich das fragst.

Dass sie dann auf Lasse zurückkommt, weil ihr ein Typ mit Nietenjacke nichts mehr gibt, das würde ich dann als konsequente Charakterentwicklung sehen.
Aber hier hast du die Antwort ja?

So ist sie halt verliebt und gewöhnt sich erst nach und nach ihre Spielchen ab ... oder? Erfahre ich auch nicht. Zumindest gibt es mal Streit, also mal offenen Widerstand. Vielleicht ein Entwicklungsschritt?
Und hier die nächste. Also, bei aller Kritik die du hast, ich finde du füllst die Leerstellen alle gut aus. Man kann das natürlich dem Text ankreiden, keine Frage, und ich akzeptiere das auch total, aber so ganz sehe ich jetzt keinen Handlungsbedarf.

Insgesamt muss ich leider sagen, dass mir Anna als Charakter sehr stereotyp erscheint. Sie ist Femme Fatale, verliebt sich, und erfährt jetzt die Umkehrung ihres eigenen Tuns, zumindest in Ansätzen.
Ja, das ist nicht neu. Das hat man schon mal gelesen, keine Frage.

... und ich muss schon so transparent sein und sagen, dass es meine eigenen Vorlieben sind, nach denen ich hier bewerte.
Machen wir doch alle, dadurch wirds auch viel bunter.

Bei Ronjas Sprachduktus hab ich mich zuweilen gewundert, ob sie zehn Jahre alt ist oder zwanzig. Hier z.B. tritt sie auch in der Sprache älter auf:
...
Das klingt für mich wieder sehr kindlich.
Ja, da sollte ich noch mal rüber.

-> Woher erfahren wir, dass es keine Nachricht von Anna gibt? Sonst ist die Erzählperspektive ja sehr eng an Ronja und lässt solche Lücken.
Das wurde ja schon öfter erwähnt und ich wiederhole mich, aber wenn jemand auf eine Nachricht wartet und keine bekommt, das bekommt man schon mit, wenn man mit demjenigen am Tisch sitzt. Da muss ich nicht selbst das Handy sehen. Hat wahrscheinlich auch nie pling oder so gemacht. Es lag die ganze Zeit einfach tot auf dem Tisch und trotzdem guckt man nochmal rauf, weil es könnte ja sein, die Hoffnung stirbt immer zuletzt.

Ich danke dir sehr für deine Gedanken zum Text, auch oder gerade, weil er für dich nicht funktioniert. Wünsche eine nicht ganz so stressige Vorweihnachtszeit!


Liebe @Chutney,

auch dir meinen allerbesten Dank für den Besuch!

Da sind so viele Momente drin, die glaubhaft wirken und gleichzeitig originell.
Jetzt werde einer schlau aus den unterschiedlichen Kommentaren. Aber immer gut, wenn es für den einen oder anderen funktioniert. In dem Fall freut mich das dann immer sehr. Logisch.

Das Ganze ist ziemlich lakonisch erzählt, wodurch es mich emotional nicht so reinzieht. Es könnte auch daran liegen, dass Ronja mehr aus der Beobachterrolle erzählt und dass Anna mir zu unsympathisch ist, um mit ihr so richtig mitzufiebern.
Okay, kauf ich.

Aber am Ende bin ich neugierig geworden, möchte mehr wissen. Von allen Figuren. Ich glaube, du hattest so was ähnliches mal als Roman angelegt oder?
Ja. Und ich mag die drei Frauen sehr, auch Lasse. Nur ist Roman so groß und viel und braucht so viel Motivation ... Und ich hatte so Bock auf die Mädels ...

Als Leserin sehe ich, was passiert, ohne die Vorgeschichte zu kennen, bekomme nur eine Ahnung davon, wie die Hilflosigkeit der Mutter das Familiengefüge bestimmt. Ja, das Ganze wäre perfekt für eine Familienaufstellung, mit einer fetten Leerstelle, da wo der Vater stehen würde.
Unterschreibe ich.

Dass Anna nicht nur ätzend, sondern womöglich auch gefährdet ist, ist so etwas wie eine Pointe am Ende. Als Leserin denke ich eher, sie soll ruhig mal auf die Nase fallen.
Fies! Aber darf ja jeder wie er will :D.

Die Sicht von Ronja, der kleinen Schwester, die manches messerscharf beobachtet, aber vieles auch nicht versteht, hast du toll getroffen. Diese Zeit vor der Pubertät, in der man noch gar nicht so richtig begreift, was da abläuft, neugierig und abgeschreckt ist. Die Szene, wo sie entsetzt vor der Schlafzimmertür ihrer Schwester steht, ist großartig.
Das freut mich total.

Hier wundert mich ihre Frage und seine Antwort finde ich schon sehr abgeklärt. Dann kommt die Mutter. Flüchtig habe ich gedacht, dass Lasse auch sehr viel älter sein könnte als Anna. Dazu würde auch das Folgende passen.
Für mich ist Lasse auch zwei Jahre älter, aber das nur am Rande.

Die Mutter ist das dritte junge Mädchen in der Geschichte. Sie möchte die Freundin ihrer Töchter sein, sucht Halt und ist selber total bedürftig. Ronja springt da ein. Anna rebelliert. Meine Theorie.
Eine super Theorie. Könnte meine sein.

Diese letzte Szene finde ich total schräg. Wie er mit der Mutter und der Schwester seiner Freundin Fernsehen guckt nach dem Streit. Das ist so schräg, dass es schon wieder gut ist.
Hehe.

Und so ein bisschen mehr Info, würde ich mir doch wünschen, merke ich. Über ihn. Oder über das, was Anna und ihn verbindet. Warum er in diesen Frauenhaushalt beinahe einzieht. (Zuerst zog er sogar ein.) Vielleicht fühlt er sich da gebraucht, vielleicht hat er selber keine Familie. Du merkst, dein Text bringt mich zum Grübeln.
ja, steht schon auf der Liste. Ein Wunsch, der öfter geäußert wird und mit dem ich hadere und meine Faulheit und ... ach.

Hat mir sehr gefallen.
Das freut mich. Und ich wünsche dir einen tollen Jahresausklang.

Euch allen ganz liebe Grüße und noch mal ein fettes DANKE!
Liebe Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Fliege

So langsam geht die Puste aus, ich hab mir daher die anderen Kommentare nicht angeschaut. Ich geh zunächst mal durch den Text, dann haben wir den Kleinkram hinter uns.

gemeinsam lauschten wir dem Hallen von Annas Absätzen auf den Betonstufen nach.

"nachlauschen", gibt's das? Und weil du hier das Hallen hast, verknüpfe ich das "nach" damit und dann ist der Bezug falsch. Das "nach" kann m.E. weg, obwohl ich verstehe, weshalb du es drin hast.

Ich hörte, wie Mama in den Flur stürzte, schlug mein Mathebuch zu und lauschte, wartete auf das Duell:

Das "lauschte" kann weg, vor allem auch, weil du es oben schon mal hast.

Vor Fremden streitet man sich nicht.

Evtl. das "sich" weg, klingt flüssiger und mehr nach fester Regel.

Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel.

Nice!

Lasse war ein verirrter Spatz in Annas Papageienstaat.

Nice!

»Ist dein Telefon kaputt?«, fragte ich Anna.
Meine Schwester schaute erst mich an, dann Mama.
»Akku war leer«, antwortete sie schließlich.
»Deiner auch?«, fragte ich Lasse.

Sehr schön, das zeichnet die Prota mit wenigen Strichen.

»Sie muss lernen, dass ich erwachsen bin.«
»Blödsinn! Darum geht es doch gar nicht.«
»Hör zu. Halt dich da raus. Verstanden?«

Könnte evtl. weg. Sowas bremst immer ein wenig aus.

Lasse klingt nach Hundename, dachte ich. Lasse, Platz! Lasse, bei Fuß! Lasse, hol das Stöckchen!

Very nice!

Sie ist manchmal unglaublich, sitzt mitten in einem Gewitter und spielt Picknick unterm Postkartenhimmel.

Gefällt mir ebenfalls gut, vielleicht das relativierende "manchmal" weg?

»Komm!«, befahl meine Schwester schließlich.
»Lasse ist ein ungewöhnlicher Name«, sagte Mama schließlich.

Wiederholt sich auf relativ engem Raum.

Annas Katzenjammer beim Sex. Es klang ungesund, nicht nach Lust oder Spaß. Wenn Sex so war, wie es bei Anna klang, dann wollte ich das nicht.

Ist mir etwas zu viel. Vielleicht der zweite Satz weg, kann man sich ja denken. Oder nur das ungesund, das gefällt mir nämlich schon. Mehr als die beiden Negationen.

Es war mindestens vier oder fünf Jahre her, dass wir gemeinsam in einem Bett geschlafen hatten.

Braucht es m.E. nicht. Aus dem Dialog wird klar, dass es ungewöhnlich ist.

»Sonntagabend, musste er da auch weg?«
»Scheinbar.«

Schnell, schnell in ein "Anscheinend" umwandeln, bevor der offshore vorbeikommt! Wer "scheinbar" sagt, weiss, dass x nicht wirklich der Fall ist, sondern nur scheinbar. Das scheint mir hier nicht der Fall zu sein.

Anna lachte. »Hat dich eigentlich schon mal jemand geküsst?«
»Was geht dich das an?«
»Mach die Augen zu.«
»Warum?«
»Mach sie einfach zu, okay.«
Ich schloss die Augen und dann spürte ich Annas Lippen auf meinen, wie ihre Zunge über meine Unterlippe strich.
Ich stieß sie von mir: »Du bist total widerlich!«
Anna lachte. »Und du bist eine verdammte Nonne!«

Für mich die stärkste Stelle im Text!

Ja, das hat mir gefallen, das ist sehr gekonnt, wie du auf so kurzer Strecke die Beziehungen zwischen mehreren Figuren ausleuchtest. Und da hast du immer so Licht und Schatten drin, berührende Stellen, die dem Leser die Figuren sympathisch machen, aber dann auch wieder so kratzige Passagen, das sind echte Figuren, es macht einfach Spass, sich in die Geschichte reinzulesen, man ist sofort mittendrin, möchte am liebsten auch mal was sagen, und das ist ja eines der besten Anzeichen für einen gelungenen Text. Also, das hat schon hohes Niveau.

Insgesamt ist das auch gut gewichtet, der Fokus ändert ständig ein wenig, ohne dass die Geschichte die Balance verliert, das geschieht auf ganz organische Weise und das ist eine Kunst.

Was mich dann am Ende doch etwas zum Grübeln bringt, ist das Fehlen eines zentralen Fokus, wohin der Text dann auch wirklich zielt und greift, so dass er nachhallt. Bei welcher Figur sollen meine Gedanken verweilen? Ja, bei allen, sagst du vielleicht. Okay. Aber ich glaube, ich habe das Bedürfnis, am Ende bei Ronja zu bleiben. Das ist ja eine interessante Perspektive, die ich sehr gerne mag, eine Ich-Erzählerin, die zwar mittendrin ist, aber ein Stück weit auch am Rande, das Zentrum des Textes ist ja Anna. Was ich am Ende über Anna weiss, genügt mir, das klingt schon auch nach. Aber dann kehre ich zu Ronja zurück und frage mich, was hat das alles mit ihr gemacht? Wie denkt sie jetzt über Jungs und Sex und vor allem über ihre Schwester? Ich erfahre von einem unbeholfenen Kuss, immerhin. Aber was beschäftigt sie? Da spüre ich noch ein wenig zu wenig die Dringlichkeit des Erzählten für die Erzählerin. Ich fordere jetzt nicht, dass du die Geschichte verlängerst und zu erklären beginnst, was sich für Ronja alles verändert hat. Aber wenn du im Text noch den einen oder anderen Hinweis geben würdest, dass sie die Dinge anders zu sehen beginnt, dass sie sich wirklich herausgefordert fühlt von diesem ganzen Knuddelmuddel, das ihr ja noch bevorsteht. Dass es sie durchschüttelt. Mensch, ich mach da ziemlich viele Worte drum, frag einfach nach, wenn du nicht verstehst, wovon ich spreche.

Das hat natürlich sehr viel mit Leseerwartungen zu tun. Und wenn du mir zurückschreibst, dass das ja genau das Thema der Challenge ist, dieses: Was dann? dann sag ich, klar, hast ja recht.

Sehr gerne gelesen, Fliege. Du kannst es!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hey Peeperkorn,

jetzt ist es schon wieder fünf Tage her seit deinem schönen Kommentar, die Zeit ist einfach nicht mein Freund zur Zeit. Wahrscheinlich geht es aber nicht nur mir so. Aber jetzt köchelt der Rotkohl leise vor sich hin und ich habe ein Glas Rotwein - manchmal ist auch einfach nur schön.

So langsam geht die Puste aus, ...
Kenne ich :D.

Deine feine Liste habe ich zu Teilen, ein paar Sachen sind noch offen, andere muss ich drüber schlafen - aber auf jeden Fall ein großes, fettes Danke für die Zeit und die Mühe und die Gedanken!

Für mich die stärkste Stelle im Text!
Ich mag die auch!Und ich freue mich immer sehr, wenn es dem Leser auch so geht.

Ja, das hat mir gefallen, das ist sehr gekonnt, wie du auf so kurzer Strecke die Beziehungen zwischen mehreren Figuren ausleuchtest. Und da hast du immer so Licht und Schatten drin, berührende Stellen, die dem Leser die Figuren sympathisch machen, aber dann auch wieder so kratzige Passagen, das sind echte Figuren, es macht einfach Spass, sich in die Geschichte reinzulesen, man ist sofort mittendrin, möchte am liebsten auch mal was sagen, und das ist ja eines der besten Anzeichen für einen gelungenen Text. Also, das hat schon hohes Niveau.
Da hat mein Herz ganz schön geklopfert und gehopsert, weil es so außer sich war vor Freude.

... das geschieht auf ganz organische Weise und das ist eine Kunst.
Sag so was nicht, ich lese so viel wo ich denke, boah da willste hin, da werde ich nie hinkomen und da weiß ich immer, warum ich hier bin und mich damit sehr wohl fühle.

Bei welcher Figur sollen meine Gedanken verweilen? Ja, bei allen, sagst du vielleicht.
Anna, ich sag Anna. Die stemmt die Geschichte, die ist für mich der Fokus.

Aber ich glaube, ich habe das Bedürfnis, am Ende bei Ronja zu bleiben.
Kann ich gut verstehen, aber für mich hat sie in erster Linie die Funktion der Erzählerin. Sorry Ronja, sorry an all die Leser, die sie lieb gewonnen haben. Und ja, man könnte da gut was machen, um ihr einen ebenbürtigen Platz zu geben, dann wäre die Geschichte vielleicht auch runder, abgeschlossener. Den dreien kann man sicher noch paar Jahre zugucken, wenn man sich auf sie eingelassen hat. Aber klar, noch eine Ronja-Szene ginge auch. Vielleicht. Aber nicht mehr in den nächsten Tagen. Vielleicht im Februar, wenn der Alltag mich mal rauslässt.

Das ist ja eine interessante Perspektive, die ich sehr gerne mag, eine Ich-Erzählerin, die zwar mittendrin ist, aber ein Stück weit auch am Rande, das Zentrum des Textes ist ja Anna. Was ich am Ende über Anna weiss, genügt mir, das klingt schon auch nach.
Ah, sagst ja auch ...

Aber dann kehre ich zu Ronja zurück und frage mich, was hat das alles mit ihr gemacht? Wie denkt sie jetzt über Jungs und Sex und vor allem über ihre Schwester?

Da spüre ich noch ein wenig zu wenig die Dringlichkeit des Erzählten für die Erzählerin.
Gehe ich mit, verstehe total was du mir sagen willst.

... Mensch, ich mach da ziemlich viele Worte drum, frag einfach nach, wenn du nicht verstehst, wovon ich spreche.
Doch, doch. Hast gute Worte gefunden.

Ach, das war einfach nur schön! Bis ganz bald bei deinem Text! Bist ganz oben auf der Liste. Rotkohl ist ja bald fertig :D.

Liebe Grüße,
Fliege

 

Liebe Fliege, ich will nicht viel schreiben, das Kommentieren fällt mir zur Zeit schwer, aber ein paar Eindrücke will ich doch loswerden.

Das ist eine tolle Geschichte mit einem ein wenig abrupten Ende. Aber das will ich gar nicht unbedingt loswerden, denn es funktioniert als sehr offenes Ende durchaus und wirft einen wunderschönen Blick auf die Sorge der Mutter und die Beziehung von Mutter und Tochter.
Was mir sehr aufgefallen ist und mich sehr für deine Geschichte eingenommen hat, das ist, wie du die Ronja charakterisierst.
Sie ist ja ein merkwürdig blasses Wesen zwischen Kind und Erwachsener, weil sie offensichtlich schon in frühen Jahren Verantwortung für diue Mutter übernommen hat und für die Balance in der Familie sorgen will. Sie hat, so legst du mir das durch deine Beschreibung nahe, so eine Beobachterrolle entwickelt, eigentlich kriegt sie das, was in der Familie passiert, über das Hören mit. So lässt du sie Gespräche belauschen, in der Nacht auf die Sexgeräusche der Schwester lauschen. Da gibts noch mehr. Ich fand das einfach toll, weil man sofort merkt, dass das alles sie tierisch überfordert, sie aber eben auch die ausgleichende Gerechtigkeit in der Familie "spielt". Aus all dem Horchen im Hintergrund, ohne dass sie jemals darüber reden, sich austauschen, könnte, beginnt sie auf eine ganz eigene Art zu reflektieren. Ich nehme ihr daher voll ab, wenn sie an manchen Stellen wahnsinnig naiv und an anderen so erwachsen und sorgenvoll und moralisch rüberkommt.
Und auch Anna ist natürlich ein echtes Weibstück. Eine echte kleine Bombe. Traurig macht einen das natürlich auch, weil man auch nicht genau weiß, warum sie so agiert, ob sie sich nur über ihre Attraktivität auf andere definiert.
Also das ist spannend, eine echte Fliegegeschichte.

Aber am meisten fiel mir eben diese Art auf, einen Menschen darüber zu charakterisieren, dass und was er belauscht. Würde mich sehr interessieren, ob du das von beginn an so geplant hattest, oder ob das durch Zufall so entstanden ist.

Obwohl ich nichts sehen konnte, wusste ich: Mama verzog sich in die Küche, öffnete den Schrank, nahm einen Teller für Annas Mitbringsel heraus und warf die Tür zu. Danach zerrte sie die Besteckschublade auf, die klemmte, weil sie zu oft und mit zu viel Schwung zugestoßen wurde. Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel.
Da siehst du, da schreibst du es sogar direkt hin, dass sie nichts sieht. Klar, später sieht sie ja, aber gerade am Anfang, das nahm mich halt auch so für die Geschichte ein, entstand vor meinen Augen so ein verhuschtes, lauschendes Wesen, was sich unentwegt Gedanken macht und sich sorgt. Naja, und außerdem musste ich den Satz auch zitieren, weil der fette Teil so schön ist.

Lasse war ein verirrter Spatz in Annas Papageienstaat.
Auch schön.

Lasse klingt nach Hundename, dachte ich. Lasse, Platz! Lasse, bei Fuß! Lasse, hol das Stöckchen!
Auch toll. Wie sie sich das so zurechtlegt und sich dabei so schön irrt, denn der gehorsame Hunde-Spatz weiß ziemlich genau, was er will.

Sie ist manchmal unglaublich, sitzt mitten in einem Gewitter und spielt Picknick unterm Postkartenhimmel.
:)

»Wir beide schon«, sagte Anna und Lasse erhob sich aufs Wort.
Bring Stöckchen!, dachte ich.
Da führst du uns noch ganz gut an der Nase rum. Schöne Stelle.

»Er ist ein wirklich Netter. Schade, dass er schon bald ausgetauscht wird«, murmelte Mama.
Das batscht.

Irgendwann griff sie nach meiner Hand und hielt sie fest. Als Anna eingeschlafen war, löschte ich das Licht, löste meine Hand aus ihrer und zog die Bettdecke über ihrem Körper zurecht.
da, da tut sie es schon wieder, wird zur kleinen Mama.

Ich lernte gerade Vokabeln, als es klingelte. Durch den Spion sah ich Lasse.
Das ist echt irre, hier lauscht sie zwar nicht, aber sie späht. Das hat echt was sehr Beobachtendes.

Ich schaute auf meine Füße, die in Froschschuhen steckten. In dicken, fetten Schaumgummifröschen.
Das ist echt total goldig, du leitest es zwar schon vorher ein, wenn du Ronja über Lasse nachdenken lässt, aber hier merkt man es total deutlich. Sie findet Lasse gut. Ziemlich gut. Und dann steckt man in solchen Hausschuhen.
Ich gab die Tür frei, und während Lasse sich an mir vorbeidrückte, flüsterte er: »Schöne Hausschuhe übrigens.«
Auch das noch!

Auch den Schwesternkuss finde ich klasse, der bringt ein ganz anderes Moment zwischen die beiden Schwester. Sehr vielfacettig, deine Geschichte.

Ja, ich mag sie sehr gerne, Fliege, deine Geschichte. Sehr sehr gerne. Aber jetzt werde ich zum Essen gerufen, da kann ich einfach nicht nein sagen. Tschüs und bis die Tage.

 

Hallo Fliege,

ich mochte deine Geschichte. Ich habe von Anfang bis ende mitgebangt, diese unterschwellige Angst, dieser jeden Moment zu Stande kommen könnende Ausbruch, das gibt dem Text eine sehr spannende, mitreißende Note. und es funtktioniert, weil deine Figuren (mal wieder) sehr gut gezeichnet sind.
Das alles über die jüngere Schwester zu erzählen ist eine sehr weise Idee gewesen.
Mich stören nur zwei Dinge an der Geschichte. Zum einen bleibt es für mich rätselhaft, warum Anna sich verhält, wie sie sich verhält. Eigentlich sind da nur zwei Dinge, die der Text anbietet: zum einen ist sie teenager und zum anderen die Abwesenheit des Vaters. das sind aber sehr vage Allgemeinplätze und geben mir persönlich zu viel Raum für alles mögliche. Für mein Empfinden bräuchte es da ein paar Andeutungen, mehr nicht. Und ich meine, du kannst sensibel genug schreiben, um das ohne Zeigefinger einzubauen.
Und dann ist da das Ende. Ist der letzte Satz der Challenge geschuldet? Das wirkt auf mich so.
Für mich wirkt die Geschichte viel stärker, wenn sie zwei Sätze vorher endet. Oder sogar noch vor dem Abschlussdialog. Der wirkt so angeklebt und erklärend. Das jetzt nicht plötzlich alles in Butter ist, weiß der Leser selbst und das die Mama Nagst hat, ist nichts Neues. Die hat doch ständig Angst um ihre Tochter. Zurecht natürlich. Aber immerhin könnte sie jetzt ja ein wenig Hoffnung schöpfen. Und der Leser auch, wenn du ihn vorher entließest.
geschrieben ist der text wunderbar rund. Da habe ich keine Anmerkungen, ging in einem fort. ich habe mich in meine eigene Teeniezeit zurückversetzt gefühlt, wenigstens momentweise. Echt gut eingefangen.

ich wünsche dir einen prächtigen Start ins neue Jahr und viel Erfolg bei der Challenge. Für mich ein Favoritentext

grüßlichst
weltenläufer

 

Hi @Fliege
WIr sind ja schon am Ende der Challenge angelangt. Trotzdem möchte ich noch einen kurzen Kommentar zu Deiner Geschichte da lassen. Dass Du das Handwerk beherrschst muss ich Dir nicht sagen, ich denke das ist dir bewusst. Sowohl Aufbau, Thema, Dialoggestaltung und Charakterisierung hast Du auf hohem Niveau drauf. Trotzdem hat mir die Geschichte nicht viel gegeben. Ich glaube, es ist tatsächlich die Figur von Anna, die ja das Zentrum der Geschichte darstellt. Ich empfinde sie als oberflächliche, egozentrische Zicke. Und mir fehlt jede Motivation, mich in sie hinein zu versetzen. Das bedeutet natürlich nicht, dass Protagonisten grundsätzlich sympathisch sein müssten. Aber in diesem Fall finde ich so gar keinen Ansatzpunkt, der mir erklärt, wieso sie so abgefuckt und armselig drauf ist. Klar, ich könnte mir einen Hintergrund zurecht interpretieren; vaterlose Kindheit, nervende Mutter, enttäuschte erste Liebe ... aber der Text gibt das kaum her. So habe ich nur eine verwöhnte Tussi, deren weitere Entwicklung mich nicht interessiert.
Ronja ist für mich der Sympathieträger, aber sie steht eben nicht im Mittelpunkt.

Schönen Gruß vom
Kellerkind

 

Liebe Novak,

hab so lieben Dank für den schönen Kommentar. Ich habe mich sehr gefreut und schäme mich ein wenig, hier so lange mit der Antwort rumzuschludern. Aber dieses Jahresgewechsel ...

Was mir sehr aufgefallen ist und mich sehr für deine Geschichte eingenommen hat, das ist, wie du die Ronja charakterisierst.
So intensiv wie Du, habe ich mich selbst gar nicht mit der Ronja-Perpektive beschäftigt, die ist eher so passiert. Deshalb fand ich all deine Anmerkungen auch so spannend.

Sie hat, so legst du mir das durch deine Beschreibung nahe, so eine Beobachterrolle entwickelt, eigentlich kriegt sie das, was in der Familie passiert, über das Hören mit. So lässt du sie Gespräche belauschen, in der Nacht auf die Sexgeräusche der Schwester lauschen. Da gibts noch mehr. Ich fand das einfach toll, weil man sofort merkt, dass das alles sie tierisch überfordert, sie aber eben auch die ausgleichende Gerechtigkeit in der Familie "spielt".
Wahrscheinlich habe ich das im Unterbewusstsein genau so gesehen, denn ich stimme dir total zu, in deiner Wahrnehmung erkenne ich sofort "meine" Ronja.

Aus all dem Horchen im Hintergrund, ohne dass sie jemals darüber reden, sich austauschen, könnte, beginnt sie auf eine ganz eigene Art zu reflektieren. Ich nehme ihr daher voll ab, wenn sie an manchen Stellen wahnsinnig naiv und an anderen so erwachsen und sorgenvoll und moralisch rüberkommt.
Ja, man kann dieses Ambivalente natürlich verwirrend finden, aber für mich funktionieren Teenies genau so. Auf der einen Seite eben schon erwachsen und doch noch irgendwo Kind. Und vor allem, weil sie allein in ihrem Gedankensud umherköchelt, also ich bin ganz bei dir.

Traurig macht einen das natürlich auch, weil man auch nicht genau weiß, warum sie so agiert, ob sie sich nur über ihre Attraktivität auf andere definiert.
Zu sehr großen Teilen auf jeden Fall.

Aber am meisten fiel mir eben diese Art auf, einen Menschen darüber zu charakterisieren, dass und was er belauscht. Würde mich sehr interessieren, ob du das von beginn an so geplant hattest, oder ob das durch Zufall so entstanden ist.
Zufall :D.

Das ist echt total goldig, du leitest es zwar schon vorher ein, wenn du Ronja über Lasse nachdenken lässt, aber hier merkt man es total deutlich. Sie findet Lasse gut. Ziemlich gut. Und dann steckt man in solchen Hausschuhen.
Hehe. das sind furchtbare Momente, wenn man doch erwachsen sein will und auf einmal als Kind erwischt wird. Und ja, sie mag Lasse.

Ja, ich mag sie sehr gerne, Fliege, deine Geschichte. Sehr sehr gerne. Aber jetzt werde ich zum Essen gerufen, da kann ich einfach nicht nein sagen. Tschüs und bis die Tage.
Vielen Dank für all die Zotate und das Lob dazu, ich freue mich gerade wieder total daran. Und immer iß, essen ist so etwas Schönes!


Hey weltenläufer,

und auch an Dich meinen größten Dank!

ich mochte deine Geschichte. Ich habe von Anfang bis ende mitgebangt, diese unterschwellige Angst, dieser jeden Moment zu Stande kommen könnende Ausbruch, das gibt dem Text eine sehr spannende, mitreißende Note. und es funtktioniert, weil deine Figuren (mal wieder) sehr gut gezeichnet sind.
Da hüpft des Schreiberlings Herz doch gleich.

Zum einen bleibt es für mich rätselhaft, warum Anna sich verhält, wie sie sich verhält. Eigentlich sind da nur zwei Dinge, die der Text anbietet: zum einen ist sie teenager und zum anderen die Abwesenheit des Vaters.
Ja, da wollten schon mehrere mehr Aufklärung. Ich kann es nachvollziehen. Aber da sind sicher so einige Lebenserfahrungen dran beteiligt, nicht nur eine. Sie ist extrem extrovertiert, der fehlende Vater, die schwache Mutter, ihr Alter ... Wenn man da jetzt so Stecknadelköpfe in die Geschichte einbaut, ich finde ja, sie wären plakativ, aber vielleicht wäre der Leser doch glücklicher damit. Ich weiß es wirklich nicht. Also, ihr schreibt ja, mach das, ich wünsche mir das, aber ich glaube eben nicht dran, dass es am Ende wirklich befriedigend ausgeht, da muss schon mehr rein, und das macht dann unterm Strich ne ganze Menge Text (so mal geschätzt).

das sind aber sehr vage Allgemeinplätze und geben mir persönlich zu viel Raum für alles mögliche.
Ja, ja und ja. Ich verstehe das schon.

Für mein Empfinden bräuchte es da ein paar Andeutungen, mehr nicht. Und ich meine, du kannst sensibel genug schreiben, um das ohne Zeigefinger einzubauen.

Ich glaube, hier überschätzt du mich. Vor allem, weil ich mich weigere, es anhandvon zwei, drei Lebensmomenten festzumachen.

Für mich wirkt die Geschichte viel stärker, wenn sie zwei Sätze vorher endet. Oder sogar noch vor dem Abschlussdialog. Der wirkt so angeklebt und erklärend. Das jetzt nicht plötzlich alles in Butter ist, weiß der Leser selbst und das die Mama Nagst hat, ist nichts Neues. Die hat doch ständig Angst um ihre Tochter. Zurecht natürlich. Aber immerhin könnte sie jetzt ja ein wenig Hoffnung schöpfen. Und der Leser auch, wenn du ihn vorher entließest.
Ach, nur für das gute Gefühl, nee, soll der Leser mal ruhig einen Ausblick haben, auf das große, schwarze Loch für Anna, in das sie alle mitnehmen wird, weil sie ja so tickt wie sie tickt. Ich finde das auch so schick, das Lasse der Wolf im Schafspelz ist. Vielleicht ist es etwas zu dick für dich aufgetragen, aber lieber so, als das es jemanden abhanden kommt.

ich habe mich in meine eigene Teeniezeit zurückversetzt gefühlt, wenigstens momentweise. Echt gut eingefangen.
Freut mich sehr. Und auch Dank für all das andere Lob, was drinsteckt.


Hey Kellerkind,

auch an Dich ein herzliches Dankeschön!

Mit deinem Einwand habe ich eigentlich schon sehr viel früher gerechnet. Ich dachte, da muss doch wer ... zumal ein Vorableser mir genau damit kam. Und dann, keiner mehr, ich war ganz verwirrt.

Trotzdem hat mir die Geschichte nicht viel gegeben. Ich glaube, es ist tatsächlich die Figur von Anna, die ja das Zentrum der Geschichte darstellt. Ich empfinde sie als oberflächliche, egozentrische Zicke. Und mir fehlt jede Motivation, mich in sie hinein zu versetzen.
Ich mein, sie ist egoistisch bis ins letzte Äderchen, keine Frage, und dass man sich davon abgestoßen fühlen kann, zu Teilen natürlich auch soll, da gehe ich mit. Trotzdem habe ich gehofft, dass es irgendwie durchkommt, dass das ja nur Schutzmantel ist, dass sie so auftrumpft, weil sie total Angst hat, durch Nähe verletzt zu werden. Schwäche ist für sie das große, rote Tuch (Beispiel der Mutter) und so will sie nie sein. Sie hat in all den mitgebrachten Freunden ja auch nie einen Partner gesucht, sondern nur sexuelle Bestätigung ihrer Attraktivität, über die sie sich definiert. Also, für mich ist diese Figur sehr spannend, allerdings wenn man Anna so wie du wahrnimmt (da habe ich in diesem Punkt auch einfach versagt), ja, dann bleibt von Anna nicht viel mehr übrig, als eine oberflächliche Zicke. Will eigentlich sagen, so war sie von mir als Figur nicht so einseitig gedacht.

Aber in diesem Fall finde ich so gar keinen Ansatzpunkt, der mir erklärt, wieso sie so abgefuckt und armselig drauf ist. Klar, ich könnte mir einen Hintergrund zurecht interpretieren; vaterlose Kindheit, nervende Mutter, enttäuschte erste Liebe ... aber der Text gibt das kaum her.
Ja, sag ja, da nehme ich nicht alle Leser mit. Einige lass ich unbefriedigt und so manchen verliere ich ganz. Das arbeitet schon in mir, allerdings jetzt auch nicht so, dass ich sofort zum ersten Hilfe Kasten gerannt bin.

So habe ich nur eine verwöhnte Tussi, deren weitere Entwicklung mich nicht interessiert.
:) Das klingt zwar hart, aber fair.

Ich wünsche Euch Dreien das beste alle Jahre! Mögen Euch viele schöne Dinge passieren.

Liebe Grüße, Fliege

 

»Lasse ist ein ungewöhnlicher Name«, sagte Mama ...

Hallo Fliege,

ich noch mal, weil auf „Mamas“ Bemerkung eine angemessene Antwort zu finden, erfordert schon für den Namen der Ich-Erzählerin außergewöhnlich selbstaufopfernde, gar todesmutige Maßnahmen, an sich gemiedene Quellen (in dem Falle) anzuzapfen, von der es bei einer zB lautet, Astrid Lindgren hätte „den Namen Ronja zumindest laut schwedischer Quellen nicht aus dem Wort Juronjaurenkatan (Lappenhütte) abgeleitet sondern aus Juronjaure, dem Namen eines Sees in Schweden“, und doch folgt alsogleich die Behauptung „Astrid Lindgren Hat den Namen der Ronja Räubertochter aus dem Wort Juronjaurenkatan (eine Lappenhütte) genommen,“ (aus: http://www.baby-vornamen.de/Maedchen/R/Ro/Ronja/) anzapfen, um auf angemessene Antworten aufs einleitende Zitat zu kommen (wiewohl ich das aus dem ersten Beitrag

Andere haben einen Sandsack, meine Mama hat Küchenmöbel.
immer noch „treffend“ finde.

Aber Abwechselung ist auch ganz schön und zeigt doch die feine Ironie, die nicht nur im Namen der Anna mitschwingt, selbst wenn es im ersten Absatz bereits knistert zwischen Mama und der gerade volljährigen holden Gnade. Aber Reibung gab und gibt es immer, wenn wer flügge wird und nicht den Nesthocker gibt und doch die Vorteile des Hotels Mama genießen will. Physikalisch erzeugt sie sogar Wärme, die Reibung … die sogar nicht überhitzt wird, wenn Du,

liebe Ronja,

versuchst, den Vormund zu geben

»Ist dein Telefon kaputt?«, fragte ich Anna
und zugleich den Fürsprech… für Mama
»Einen einzigen Scheißanruf! Sie hat nicht geschlafen. Die ganze Nacht nicht. Und heute auch nicht.«
Selbst, wenn Mama sich irrt
»Ich habe eure Namen vertauscht«, sagte sie. »Anna ist die Räubertochter. Nicht du.«

Anna hat eher nix von Ronja Mattisdotter (wie sie korrekt heißen würde, nicht Rövardotter, wie der Romantitel vorgibt), die ja eher um Ausgleich bemüht ist. Aber Ronjas Schlappen-Eppisode zeigen schließlich eine Tendenz aus, die im Satz
»Nicht jeder fickt schon mit fünfzehn.«
von einer gewissen frühen Reife zeugt.

Und der Friedel meint nun wahrlich nicht, dass früher alles besser war und überhaupt die Jugend … Ich find es eher verwunderlich, wie ruhig es zugeht – als gäbe es jenseits elterlicher Wände keinen Generationenkonflikt. Gleichzeitig bin ich richtig besorgt, nicht über die Annas dieser Welt, sondern über die, die den Biedermann geben, Kollektiv und Kameradschaft pflegen und hinter dicken Wänden in vor allem rechten Kampfsportgruppen ausgebildet werden, alte Weltbilder widerkäuen und hernach das Straßenbild beherrschen …

Trivialeres (wobei ich die Einleitung jetzt mal außen vorlasse, das seien mehr als bloße Aussagesätze. Für Mama fehlt ja auch die Entschiedenheit)

..., nicht geschminkt, keine Ringe oder Tat[t]oos.

Hm, Kleist hätte dem Satz
Wir setzten uns ins Wohnzimmer, Lasse auf das Sofa, ich mich in den Sessel ihm gegenüber[,] und schwiegen, bis ich irgendwann fragte:
Kommas als Regieanweisung (er war eher Dramatiker als Erzähler/Dichter) untergebracht, dem m. E. noch ein Komma fehlt, denn er setzt sich zusammen aus dem Hauptsatz
Wir setzten uns ins Wohnzimmer … und schwiegen, …
das „und“ verbindet das Prädikat „setzen“ und „schweigen“ und der Einschub, besser die Einschübe „Lasse ...“ + „ich ...“ sind eher nähere Bestimmungen des Wohnzimmers, quasi etwas länger geratene Apposition/en des Wohnzimmers, deren Ende vorm „und“ angezeigt werden sollte ...

Wie dem auch sei, gern gelesen vom

Friedel,
zumal ein Hauch von eines mitteleuropäischen späteren Bullerbü weht ...

 

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