Was ist neu

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03.05.2002
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Jedes Lebewesen, jedes Objekt ist mit jedem anderen Wesen und jedem anderen Objekt verbunden, wie durch unsichtbare Fäden. Ich sehe ein schlichtes Haus, die Wände aus Papier, der Rest Holz. Es steht in einem Garten, Steine liegen davor. Einige Steine sind etwas größer, kleinere liegen unbeachtet daneben. Ich stehe daneben, ich als Einzelperson - und ich bin der kleine Stein. Genauso wie der kleine Stein auch alle größeren ist, und diese ich sind.

Wenn es warm ist, die Sonne scheint und die Menschen sich in ihrem Licht entspannen wollen, legen sie sich an Strände oder auf Wiesen. Dabei wählen sie Orte, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, also weißer Sand und kurzer Rasen, beides angenehm weich für ihre Haut, damit auch ja nichts weh tut.

Ich trage nur eine kurze Hose, und ich lege mich flach auf den Bauch, auf die Steine vor dem Haus. Ich drehe den Kopf, mein linkes Ohr berührt den Boden und hört zu. Der Geruch des Steines erreicht meine Nase. Seine Wärme brennt überall auf meiner Haut, unangenehm zuerst, aber schnell gewöhne ich mich daran. Ich drehe mich auf den Rücken und sehe Staub an meinen Beinen haften. Er glitzert wie kleine Kristalle.

Der Stein als harte, drückende Empfindung wird ergänzt durch den groben Sand, durch den ich etwas später zur Wiese hinter dem Haus gehe. Er ist geharkt, meistens in eine Richtung, aber an manchen Stellen hat der Gärtner auch ovale Muster geformt. Auf der Wiese wachsen hohe Gräser, viel natürlicher als in den Parks in der Stadt. Insekten fliegen dazwischen umher, und dickere Pflanzen pieken in meine Fußsohlen. Ich gehe in die Mitte der Wiese, das Haus ist viele Meter vor mir, hinter mir stehen Bäume und Sträucher.

Wieder lege ich mich hin, wieder zuerst auf den Bauch, rieche den Duft des Grases, sehe das Grün leuchten, die Fliegen, Hummeln, Bienen und Mücken meinen Kopf umschwirren und von Blüte zu Blüte fliegen. Ich strecke die Arme von mir, schließe die Augen und höre dem Leben zu. Ich werde schläfrig, und erst als ich denke, mein Rücken hat fürs erste genug Licht abgekriegt und ist bestimmt schon ganz rot geworden, drehe ich mich um.

Ich stelle mir vor, wie ich mich auf diese Weise liegen sehe - ob ich es überhaupt könnte, so eingedeckt wie ich von den Pflanzen bin. Aus meinen Armen und den Beinen wachsen Wurzeln, die sich in den Boden schieben. Sie verschlingen sich mit denen der Pflanzen und werden immer größer, bis sie die Bäume und Sträucher erreichen.

Ich bin der Baum, der am höchsten in den Himmel ragt, und ich bin das Kleeblatt, das dem Wanderer Glück bringt. Ich bin das Gänseblümchen, das die Hummel besucht, und ich bin der Grashalm, der mein Gesicht kitzelt. Meine Augen sind geschlossen, trotzdem sehe ich. Farben, orange und blau und gelb und rot. Ich habe mich immer gefragt, woher diese kommen. Fällt das Licht durch das Augenlid, das es bricht und es dann auf meine Netzhaut fallen lässt? Die Hummel lässt Blütenstaub an mir zurück. Meine Flügel lassen ein Summen erklingen. Meine Blätter wogen im Wind. Der Wanderer pflückt mich und hofft, dass seine Wünsche in Erfüllung gehen.

[ 05.05.2002, 21:31: Beitrag editiert von: Mario D. ]

 

Alpha, dein Buch "Der Geist des Universums" habe ich schon! Hast du mir vor ein paar Tagen auf meine Bitte hin zugemailt. :)

 

Hi mario D

Hmmm schreiben kannst Du ja, aber was mich an der geschichte eher stört ist die Tatsache dass Du beschreibst, ohne das ganze wirklich mit Leben zu füllen.
Für mich lese ich zwar von sich im Winde wiegenden Gräsern, ud Hummeln, aber irgentwie dringt es nicht in mein inneres durch.
Es bleibt tot und irgentwie konstruiert.
versuch mehr zu erzählen wie es riecht, sich anfühlt...erzählen, wie man einem Blinden die Welt schildern würde...schaffst Du das ??

Lord

 

hi Mario.
mmh, was denke ich.. mehr ein Essay, meiner Ansicht nach. Ja, der Text hat eine handelnde Figur, Bewegung und Schauplätze, was ein Essay eigentlich nicht hat. Von einer Geschichte ist er aber deshalb so weit entfernt, denke ich, weil Du mitteilst, statt zu erzählen. Du benutzt die Gedanken des Protagonisten nicht um IHN in seiner Umwelt darzustellen, sondern um DEINE Philosophie über die Umwelt darzustellen. Daran verliert der Erzähl-Part.
Ich weiß, daß es schwierig ist, solche Gedanken wirklich in eine Geschichte zu verpacken.. aber versuch es doch mal "surreal", dann kannst Du mehr beschreiben / fühlen etc... und nicht nur auflisten und dann eine Handlung als Verknüpfung wählen...

Die Bilder, die Du erzeugst, sind schon prima so. man kommt in eine gewisse Harmonie beim lesen. Aber es sind für mich eben nur notdürftig verknüpfe Bildsegmente.

Nix für ungut, trotzdem schön ;)
Frauke

 

Hallo Alpha O´ Droma,

natürlich ist nicht nur die „hohe Physik“ ist mit der Philosophie verbunden (s. Pythagoras usw.). Physikalische Erkenntnis hatte schon in der Antike philosophische Konsequenzen. Esoterik würde ich nicht verwoben mit der modernen Physik sehen (auch wenn sich viele Esoteriker gern ihrer Begriffe bedienen). Physik fragt immer nach dem im Experiment überprüfbaren, oder mathematisch darstellbaren Dingen.

Tschüß... Woltochinon

 

Huch, zwei neue Kommentare zu "1" und ich sehe sie erst jetzt...

@Arc:

Willkommen in diesem Thread! *g* Wie ich weiter oben schon mal geschrieben habe (oder nur angedeutet?) ist dies auch keine Geschichte. Essay ist schon treffender, trotz der Handlung, in der nichts passiert. Ich habe schon oft an eine richtige Geschichte gedacht, in der die Philosophie indirekt und etwas spannender rüberkommt. Vor einer Weile habe ich einen reinen Essay über das Thema geschrieben, vollkommen ohne Protagonisten. Der Text sollte die Grundlage bilden für eine SciFi-Story, bisher hab ich aber noch nicht damit angefangen. Hm... ich werde den Text einfach mal hierunter posten.

Mario

 

Weil ich den Philo-Thread mit diesem Text, der keine Geschichte ist, nicht verstopfen will, poste ich ihn unter "1", da er thematisch ohnehin dazu gehört. Er sollte mal die Grundlage für eine SciFi-Story werden. Nicht alles, v.a. was im 2. Teil steht, glaube ich tatsächlich. Ich bestreite es aber auch nicht.


1. Die Natur des Universums

Alle "Dinge" unseres Universum, egal ob belebt oder unbelebt, sind auf vielfältige Weise miteinander verwoben. Alles besteht aus den ewig gleichen Grundbaustoffen, aus den Atomen und deren noch kleineren Bestandteilen, die bei der Erschaffung dieses Universums erzeugt wurden – "dieses Universum" wird so betont, weil wir am Ende sehen werden, dass es noch weit mehr Universen gab, gibt und vermutlich noch geben wird.

Im Lauf der Jahrmilliarden haben sich die Grundbaustoffe, die Atome also, zu immer neuen Verbindungen zusammengefunden, haben Moleküle gebildet, Aminosäuren, DNA und Leben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Atome der Zellen meiner Hand, die gerade diesen Text schreibt, einst einem Stern gehört haben und in sehr ferner Zukunft auch wieder einen neuen bilden werden.

Doch bestehen die Dinge nicht nur aus den gleichen Bausteinen – wichtiger ist die Wechselwirkung, in der sie zueinander stehen. Jedes Objekt und Leben in besonderer Weise ist abhängig von der Umwelt, in der es stattfindet. Ein ständiger Stoff- und Informationsaustausch mit anderen, belebten und unbelebten „Dingen“ geschieht. Lebewesen verarbeiten und erzeugen Stoffe, die erzeugten Stoffe haben wiederum Einfluss auf andere "Dinge". Steine sind der Witterung ausgesetzt und verändern ihre Form, werden z.B. abgerundet. Andere unbelebte Dinge werden zu einer höher organisierten Form der Existenz vereint, z.B. durch intelligentes Leben.

Jedes "Ding" ist vergleichbar mit einer Ausstülpung in einem großen Tuch. Normalerweise ist das Universum flach ausgebreitet, gespannt zwischen n Punkten. Es können die drei Dimensionen Höhe, Breite und Tiefe sein, dazu kommt als vierte Dimension die Zeit, mittlerweile denkt die Wissenschaft auch ernsthaft über elf Dimensionen nach.

Dort, wo es zu Materiekonzentration kommt, also an den Orten, wo sich ein „Ding“ befindet, „wachsen“ Hügel im Tuch, die auch wieder vergehen können. Dabei wird nichts neues an dieser Stelle geschaffen sondern das „Tuch“ verändert nur seine Form. Dreht man das „Tuch“ um (macht man aus den Hügeln also Vertiefungen) erhält man ein heute beliebtes Modell der Darstellung von Masse und Gravitation im All: Dort, wo etwas ist, verformt sich der Raum. Verschwindet ein Ding, glättet sich die verformte Stelle des „Tuches“, die Atome ordnen sich neu an – aber sie bleiben bestehen.

Dies alles ist physische Verbundenheit. Und auch auf den ersten Blick nicht physische Prozesse, v.a. Kommunikation und Gedanken, sind in Wahrheit nichts anderes.

- Akustische Kommunikation: Wenn jemand spricht oder etwas ein Geräusch macht, werden Schallwellen erzeugt – und das sind Vibrationen eines Mediums, z.B. der Luft oder (bei Walen) des Wassers. Diese pflanzen sich fort und gelangen schließlich an einen Empfänger wo sie eine physische Reaktion hervorrufen, z.B. das Schwingen der Gehörknöchelchen im Ohr. Wir sehen hieran auch, dass „Dinge“ im „Tuch“ langanhaltend bestehen oder nur vor kurzer Dauer sein können – eine Schallwelle entsteht durch Aktivität an einem Ort, dann beruhigt sich die Aktivität sich wieder und das „Tuch“ glättet sich.

- Optische Kommunikation: Das funktioniert ähnlich. Daran ist Licht beteiligt, also Photonen, die ein Zwischending zwischen Materie und einer Wellenform ist – aber dennoch ein „Ding“, das zu anderen „Dingen“ in Beziehung steht.

- Sonstige Kommunikation: Blinde ertasten sich ihre Welt, lesen Blindenschrift – hier ist eine physische Verbindung sofort zu erkennen, die Berührung. Unbewusste Kommunikation über Duftstoffe – „Stoffe“ sagt es schon, auch hier sind wieder „Dinge“ im Spiel.

2. Der Mensch und die „Seele“

Jeder Mensch hat bestimmte Sehnsüchte in seinem Leben, die er zu erfüllen versucht. Eine besondere Art von Sehnsucht ist der Wunsch, jemand anderes zu sein, auch an einem anderen Ort oder zu einer anderen Zeit. Diese Sehnsucht wird von unserer „Seele“ empfunden, die ständig auf der Suche nach Erfahrung ist. Das, wonach wir uns nicht sehnen, hat unsere „Seele“ schon einmal in einem früheren Leben erfahren, vollständig erfahren, es ausgekostet und jedes Geheimnis dieser Sache ergründet.

Die „Seele“ ist ein reales aus einem Energiefeld bestehendes Lebewesen mit eigenen Gedanken, Gefühlen und Erinnerungen. Die „Seele“ nimmt im Laufe ihres Lebens Besitz von ungezählten verschiedenartigen Körpern. Dabei nutzt sie die Funktionen des jeweiligen Körpers so gut aus wie es geht: Beim Menschen bildet sie seine Persönlichkeit und sein Bewusstsein, bei Tieren bildet sie ein tierisches Bewusstsein, bei Pflanzen ein pflanzliches. Die Inbesitznahme geschieht durch einen kleinen Teil, der sich von der größeren „Seele“ abspaltet und dabei die Erinnerung an die Zugehörigkeit zur größeren „Seele“ vergisst. Der Teil schlüpft in einen Körper, sammelt in ihm Erfahrungen und kehrt nach dem Tod instinktiv zur größeren „Seele“ zurück. Sie und ihre Erfahrungen werden Teil der Gesamterfahrung der „Seele“, die weitergeht zum nächsten Körper und dort, wiederum mit einer Abspaltung, mit einem noch unbeschriebenen Teil, weitere Erfahrungen sammelt.

Woher kommen die "Seelen"? Beim Urknall entstand Materie – und "Seelen". Sie alle waren unerfahren, aber sie lebten. Aus der Materie bildeten sich komplexere "Dinge", die sofort von den neugierigen "Seelen" mit Bewusstsein (oder auch nicht, je nach Objekt ;-) erfüllt wurden. Noch längst nicht alle "Seelen" haben Erfahrungen gesammelt, und solange das Universum sich ausdehnt, entstehen noch neue "Seelen". Wenn die Expansion zum Stillstand kommt, werden keine neuen "Seelen" mehr geboren, alles läuft dann auf maximales Sammeln von Erfahrung und letztliche Vereinigung aller existierenden "Seelen" hinaus. Sie werden sich in einem Punkt konzentrieren und auch die Materie wird sich wieder zusammenfinden, und kraft ihrer Energie werden die "Seelen" ein neues Universum durch einen Urknall entstehen lassen. Damit sind sie quasi ein Schöpfer, aber kein Gott, denn sie sind nicht allmächtig, sondern schaffen dass Universum allein durch ihre hohe Konzentration von Energie, die die ebenso hohe Konzentration von Materie expandieren lässt. Die "Seelen" verlieren in diesem Vorgang ihre gesammelten Erfahrungen und sind im neuen Universum sozusagen auch neue "Seelen".

Doch welchen Sinn hatte das Sammeln von Erfahrung, wenn alles wieder vergessen wird? All die Erfahrungen gehen in die Erschaffung des neuen Universums ein, jedes Universum wird perfekter, wird immer bessere Bedingungen für das Sammeln neuer Erfahrungen bieten, um wiederum ein noch besseres Universum zu erschaffen.

Und worin liegt da der Sinn? Es gibt keinen, außer dem der logischen Wohlgeordnetheit und der Schönheit an des am Ende entstehenden perfekten Universums an sich. Man könnte sagen, die Universen sind immer bessere Formen eines einzigen gigantischen Kunstwerkes, beginnend mit einer Bleistiftskizze hin zu einem riesigen farbenfrohen Gemälde.

Jeder heute lebende Mensch, jedes "Ding" überhaupt, hat an diesem Kunstwerk Anteil, indem er die "Seelen" Erfahrung sammeln lässt. Der Mensch vergeht, doch die in ihm wohnende "Seele" lebt weiter und sorgt dafür, dass letztlich ewigwährende Schönheit entsteht.

 

@alle in diesem thread,
darf ich euch mal was sagen? ich sehe, die Geschichte oder auch nicht-Geschichte stand am 5.5.d.J. kurz vor dem Abschuss...und heute am 18.10 d.J. bin ich froh, dass sie noch da ist. Ich hätte sie sonst nicht lesen, mich daran erfreuen können. Völlig subjektiv: ich mag diesen Stil, zu beschreiben.
wondering

 

Vor dem Abschuss? Wie meinst du das? (Und danke, dass du sie aus den Tiefen der kg.de wieder hervorgezaubert hast ;)

Mario

 

schau dir doch einfach mal die direkte Reaktion auf dein Posting vom 5.5.d.J. an, dann weißt du , was ich meine...auch du selbst solltest vielleicht ab und zu mal in den Tiefen nachschauen...
cheers wondering

 

Meinst du das Posting von Bibliothekar? Also, ich konnte es schon nachvollziehen, so wie der Text damals hier stand. Ich habs dann ja auch geändert, und alles was nach Bibs Posting an Antworten kam, fand ich sehr interessant.

Gute Nacht,
Mario

 

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