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Zwiegespräch mit Kater
Die Tür schlug zu und sie war fort. Ich stand alleine in meiner Wohnung und Stille senkte sich über alles. Nach Stunden des Schreiens und Brüllens und Fluchens war diese Ruhe fast erdrückend. Ich überlegte den Fernseher einzuschalten, aber alleine die Vorstellung von Musik oder fröhlichen Stimmen war mir zuwider.
Ratlos schaute ich mich um. Sie war einfach gegangen, ohne dass wir zu einer Lösung oder zu einem Ende gekommen waren. Ohne Erklärung, mitten im Satz hat sie sich umgedreht und war zur Tür hinaus. Ich wusste nicht, wohin sie war und ob sie wiederkommen würde.
„Scheiße, wollte sie, dass ich ihr hinterher laufe?“, fragte ich mich laut und raufte mir die Haare. „Verdammte Kacke!“
Ich sank mit den Kopf in den Händen auf die Couch.
„Wärst du ihr hinterher, hätte ihr das gezeigt, dass sie dir noch wichtig ist und dass du bereit bist, um sie zu kämpfen. Aber du hast sie gehen lassen. Ich würde mich wundern, wenn sie überhaupt noch mit dir spricht!“
Ich zuckte zusammen und blickte in die Richtung aus der die dunkle und melodiöse Stimme kam. Mein Kater saß auf der Fensterbank des offenen Fensters und sah mich verschmitzt an.
„Hast du uns etwa belauscht?“
„Ich habe nicht lauschen müssen, dazu wart ihr zu laut. Außerdem ist mein Gehör exzellent! Ich lag den ganzen Vormittag auf dem Dach in der Sonne und habe euren Beziehungsproblemen mein Gehör geschenkt, während ich die Nachbarkatzen beobachtet habe. Eigentlich ein gemütlicher Morgen.“
„Gemütlich? Das war alles andere als gemütlich, du arroganter Flohpelz! Meine Beziehung ist vielleicht zu Ende!“, meinte ich gereizt.
„Kein Grund beleidigend zu werden“, entgegnete er kühl. Sein Schwanz zuckte und sein hämisches Grinsen war verschwunden. Dafür war ein Blitzen in seinen grünen Augen zu erkennen. „Lässt du wieder deine Wut über dich und deine Fehler an anderen aus? Denkst du, das ist die Lösung all deiner Probleme? Andere beschuldigen, für alles was schief läuft in deinem Leben? Dann brüll mich weiter an. Es interessiert mich nicht. Ich weiß auch so, dass ich besser bin als du.“
Genüsslich begann er sich die Pfoten zu lecken und dann über seinen Kopf zu streichen.
„Was meinst du? Ich lasse meine Wut nicht an anderen aus!“
Einen kurzen Moment dachte ich mein Kater fängt laut an zu lachen, aber das war ja abstrus. Er senkte nur seine Pfote, richtete sich auf und sah mich ernst an.
„Oh doch, das tust du! Glaube einem weisen Geschöpf, das mit dir eine Wohnung teilt. Du bist frustriert über dein Leben. Du bist unzufrieden mit deinem Job, ärgerst dich über deine Antriebslosigkeit und hättest gern mehr Zeit für deine Musik. Wenn du diese dann mal wirklich aufbringen kannst und deine Gitarre in die Hand nimmst, dann kommen nicht die Lieder dabei raus, die du in deiner Vorstellung hattest und du bist enttäuscht. Mit all den negativen Gefühlen und deinem Selbsthass kannst du nicht umgehen und deswegen schreist du diese anderen entgegen. Und meist nur wegen Kleinigkeiten. Wie zum Beispiel mich wegen der sorgfältig in der ganzen Wohnung verteilten Katzenstreu oder den Postboten, weil er dich geweckt hat. Oder natürlich auch deine Freundin wegen diversen Gründen, deren Aufzählung mir zu lange dauern würde.“
„Ich schreie meine Freundin nicht an!“, meinte ich erbost ohne einen skeptischen Blick des Tieres zu ernten. „Außer eben, ja, aber da haben wir uns auch gestritten. Das war eine Ausnahme. Ich schreie sie nicht wegen meinen Problemen an, wenn erzähle ich ihr davon, wie man es in einer gesunden Beziehung halt macht! Aber davon verstehst du natürlich nichts, weil du nur ein blödes Tier bist und nichts verstehst außer vom faul in der Sonne liegen und ab und zu mal eine Maus fangen.“
„Ich verbitte mir diesen Tonfall!“, fauchte er laut und bleckte seine Zähne. Er verschaffte sich eine höhere Position, indem er majestätisch vom Fensterbrett auf die Kommode sprang und mich von dort böse anfunkelte.
„Du erzählst nicht, du jammerst entweder so nervtötend, dass ich dich am liebsten mit meiner Katzenminze sedieren möchte oder du nimmst deine Sorgen als Entschuldigung für dein unausstehliches Verhalten. Ein Wunder, dass das Mädchen überhaupt so lange bei dir geblieben ist. Und übrigens, mir ist noch nie eine weggelaufen. Mir laufen die Frauen sogar hinterher. Ein Grund ist natürlich mein blendendes Aussehen, aber vor allem behandele ich meine Angebeteten immer mit Respekt und Anstand. Ich umgarne sie und lasse sie wissen wie schön und wundervoll ich sie finde.“
„Du bist ein Macho und ein Charmeur! Das reicht nicht um eine funktionierende Beziehung zu führen.“ Ich verschränkte die Arme und klang trotziger, als ich es wollte.
„Ich war noch nicht fertig.“, sagte er von oben auf mich herab. „Ich sage immer die Wahrheit. Meine Mädchen wissen immer woran sie bei mir sind. Ich mache keine versteckten Andeutungen oder gebe dezente Hinweise in der Hoffnung sie verstehen was mich stört und was ich von ihnen will. Ich sage es ihnen einfach. Das spart Zeit, die man so viel besser nutzen kann.“ Er bekam einen verschmitzten Ausdruck. „Hör auf immer alles so lange in dich hinein zu fressen bis es unkontrolliert herausbricht. Beginne das Leben zu führen, das du willst.“
„Das ist nicht so einfach…“
Entnervt atmete er laut aus und verdrehte die Augen. „Gut dann sterbe halt einsam und unglücklich. Solange du mich fütterst, ist mir das egal.“
„Du findest das alles unglaublich witzig, oder?“ Ich war immer noch gereizt, aber meiner Wut war eine tiefe Niedergeschlagenheit gewichen.
„Nein, natürlich nicht. Mein Besitzer ist unglücklich, dass interessiert und trifft mich. Aber du hörst nicht auf mich, also wozu noch mehr Atem verschwenden?“
Ich stand auf und durchquerte den Raum bis ich vor der hellbraunen Kommode stand. Meine Fingerspitzen kraulten sein seidiges Fell und er drückte wohlig seinen Kopf in meine Handinnenfläche.
„Ok, was soll ich deiner Meinung nach machen?“
Seine großen Augen öffneten sich wieder und taxierten mich. „Deinen Chef endlich nach der längst überfälligen Beförderung fragen, aufhören deine Ziele immer so hoch zu stecken und unzufrieden mit dir zu sein. Und natürlich dein Mädchen suchen. Sag ihr, dass es dir Leid tut und dass du dich ändern willst.“
„Ich weiß nicht", sagte ich und raufte mir wieder die Haare. „Das ist nicht so einfach!“
„Menschen!“, sprach mein Kater und sprang elegant von der Kommode auf die Fensterbank und verschwand nach draußen.