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Thema des Monats Zwei Leben

Beitritt
15.10.2015
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Zwei Leben

"Nun mach schon, komm in Gang - an der Abfahrt muss ich raus!"
Marc betätigte die Lichthupe und fuhr noch etwas dichter auf. Die Wirkung auf seinen Vordermann war gleich Null. So kam er nicht an dem Audi auf der rechten Spur und der dahinter klebenden Kolonne vorbei, die ihn vom Verzögerungsstreifen trennten. "Bin ich denn wieder nur von Idioten umgeben!"
Katya war mit Sicherheit schon beim zweiten Glas Schampus, nachdem sein Kundentermin länger gedauert hatte. Er würde ganz bestimmt nicht weitere zwanzig Minuten für einen Umweg drangeben. No way!
"Eine Lücke ist da, wo man eine macht!" Marc tippte kurz auf die Bremse und zog dann nach rechts, Blinken war entbehrlich. Der Stern auf der Haube seines Coupés führte ihn zielsicher zwischen dem Audi und der nachfolgenden Reisschüssel direkt in die Biegung der Abfahrt hinein. "Yesss!", lachte Marc befriedigt. Der Abend war gerettet.
In den Rückspiegel blickte Marc nicht. Sonst hätte er noch sehen können, wie der kleine Suzuki beim Ausweichen ins Schlingern kam und von der Leitplanke zurück in den fließenden Verkehr prallte. Auch die Gestalt im dunklen Mantel, die am Ende der Ausfahrt stand und interessiert das Geschehen auf der Autobahn beobachtete, fiel Marc nicht auf.

*

"Wo warst du so lange? Dein Handy war aus."
Der Vorwurf gab ihrer Stimme eine dunkle Färbung. Warum war Silvana überhaupt wach? Das Nachthemd unter ihrem Hausmantel sagte Marc, dass sie schon im Bett gewesen war. Ihre Augen waren gerötet, vielleicht vor Müdigkeit.
"Im Büro. Ich hab dir doch heute früh schon gesagt, dass es länger dauern würde. Ich musste ja den Termin morgen mit Vollbrecht und Lork vorbereiten. War ganz schön tricky, aber meine Präsentation wird sie ..."
"Die Polizei war hier." Sie schob das Kinn vor und blickte Marc geradeheraus in die Augen. "Möchtest du mir erklären, wie du gleichzeitig im Büro eine Präsentation vorbereiten und auf dem Stadtring einen Unfall verursachen kannst?"
"Ich? Das muss ein Irrtum sein, Baby", setzte er an. Als er sich selbst hörte, war ihm bereits klar, wie platt und abgegriffen die Phrase klang.
"Die Beschreibung deines Autos, samt Kennzeichen? Bitte halt mich nicht für blöd, das ist noch verletzender als deine dauernden Affären." Ihre Stimme wurde nur wenig lauter, blieb kontrolliert. Ein schlechtes Zeichen. "Aber ich war ja wohl auch blöd. Wie oft hast du mir versprochen, dass du dich ändern würdest? Und ich dumme Kuh habe dir immer wieder geglaubt."
"Silvie, du siehst das falsch, lass es mich erklären. Ich habe ..."
"Bemüh dich nicht." Sie wandte sich ab und ging den Flur zum Schlafzimmer zurück. Kein Gezeter. Keine Scherben. Fuck! Diesmal meinte sie es ernst.
Bevor sie die Tür schloss, sagte Silvana, ohne zurückzuschauen: "Drei Fahrzeuge übrigens. Zwei Schwer- und zwei Leichtverletzte."

*

"Silvana di Santo und Marc Roschinski, damit ist Ihre Ehe geschieden. Die beschriebene Sorgerechts- und Unterhaltsregelung geht Ihnen binnen zwei Wochen auch schriftlich zu. Die Verhandlung ist geschlossen."
Marc rammte seine Unterlagen in die Ledermappe und eilte zum Ausgang des Saals. Sein Anwalt holte ihn kurz vor der Tür ein. "Kein Shakehands mit der Gegenpartei, was?"
"Ich glaub's nicht!" Die Anstrengung, nicht zu laut zu werden, ließ Marcs Stimme zittern. "Ausgezogen bis aufs Hemd! Wofür bezahle ich Sie eigentlich?"
"Zum Beispiel dafür, dass ich Ihnen geraten habe, sich außergerichtlich zu verständigen? Ihre Frau wäre uns weit entgegengekommen, aber Sie haben ja darauf bestanden, es auf die harte Tour durchzuziehen."
"Weil ich verdammt noch mal im Recht bin!", unterbrach Marc den Advokaten. Gemeinsam bogen sie in den Korridor ein. "So eine geldgeile ..."
"Dann hätte auch Ihr Umgangsrecht für Philipp großzügiger ausfallen können", fuhr der Anwalt ungerührt fort. "Aber so eine frische Strafe wegen fahrlässiger Körperverletzung und Unfallflucht, auch wenn es zur Bewährung ist - das schafft bei Familienrichtern nicht gerade Vertrauen in elterliche Fürsorge und Verantwortung."
"Und diese Scheißrente für die alte Schabracke, die ihren Fuß verloren hat - die hätte er vor der Berechnung des Unterhalts abziehen müssen, statt sie allein auf meinen Anteil abzuwälzen!" Marc schob sich unwirsch an einem Mann im dunklen Mantel vorbei, der den Flur verengte. Der Mann sah Marc und seinem Anwalt hinterher.
"Tut mir leid, Herr Roschinski, aber in dem Punkt ist die Rechtslage nun wirklich eindeutig. Und jetzt entschuldigen Sie mich, ich muss zu einem weiteren Termin. Meine Rechnung geht morgen an Sie raus. Auf Wiedersehen!"
"Du mich auch!", knurrte Marc, als sein Anwalt im Seitengang verschwunden war. Jetzt brauche ich was zu trinken.

*

"Was hat mich bloß jemals geritten, eine Italienerin zu heiraten!"
Marc winkte der Bedienung. Andreas sah ihn stirnrunzelnd an. "Meinst du wirklich, dass du noch einen brauchst?"
"Die hatte schon damals vor Gericht so einen abgewichsten Mafiaanwalt. Und jetzt macht sie auf Super Mamma!" Marc gestikulierte, wie es die Klischee-Italiener in der Nudelwerbung taten.
"Und das liegt daran, dass ihre Großeltern als Gastarbeiter aus Apulien kamen?", lachte Andreas. "Jetzt mach aber mal 'nen Punkt. Sie ist doch so deutsch wie du und ich."
"Ach, und warum versucht das sture Weib mir dann meinen Sohn vorzuenthalten?", fragte Marc grimmig. "Italienische Übermutterscheiße, sag ich dir."
"Vielleicht, weil du schon mehrmals eine Fahne hattest, als du Philipp abgeholt hast?" Andreas hielt dem zornig aufflackernden Blick stand. "Beate hat's mir erzählt, die beiden treffen sich immer noch ab und zu. Mensch, Marc, da hätte sogar ich Bedenken. Und ich brauche dir doch wohl nicht zu erzählen, dass der Junge ihr alles bedeutet."
"Bist auch noch auf ihrer Seite, was? Toller Freund bist du! Shit, Andy, habt ihr euch jetzt alle gegen mich verschworen?" Marc rieb sich mit den Handballen die Augen. Er holte tief Luft und stieß sie seufzend wieder aus. "Ich krieg's im Moment echt von allen Seiten. Vom Kollmann auch wieder. Der hat mich doch nach dem Unfall damals vom Großkunden-Account abgezogen und in die Akquise gesteckt, von wegen 'Imageproblem'. Und jetzt macht er mir die Hölle heiß, weil ich die Zielzahlen nicht erreiche, die er sich für mich ausgedacht hat. Ich sag dir, das ist ein abgekartetes Spiel. Der will mich rauskanten!"
"Kann er das denn? Selbst wenn es der Firma gerade nicht so geht - da braucht man doch 'nen Sozialplan und den ganzen Kram. Und du hast für Exfrau und Kind zu zahlen."
"Ich werde bestimmt nicht abwarten, um es rauszufinden." Marc hob sein leeres Glas an die Lippen und knallte es wieder auf den Tisch. "Kriegt man hier auch irgendwann noch mal was zu trinken, verdammt!", brüllte er in Richtung Tresen. Ein Thekengast im langen Mantel drehte sich neugierig nach ihm um.
"Morgen haue ich Kollmann meine Kündigung auf den Tisch. Ich krieg schon was Neues. Was Besseres." Marc schob die Lippen vor. "Hab schließlich immer noch beste Referenzen."

*

"Was willst du hier?"
Silvana ließ die Kette vorgelegt. Marc stützte sich am Türrahmen ab. "Ich will meinen Sohn."
"Spinnst du? Wir hatten nichts abgemacht."
"Ich will ihn sehen." Er ballte die Faust. "Ich hab Rechte, verdammt!"
"Ist das alles, worum es dir geht? Deine Rechte? Fragst du dich auch ab und zu mal, was für Philipp gut ist?"
"Halt mir keine Vorträge und rück den Jungen raus!"
"Rausrücken? Du bist wohl nicht mehr bei Trost! Nur noch in meinem Beisein, du kennst die neue Regelung. Außerdem ist er heute mit meinem Vater unterwegs." Silvana rümpfte die Nase. "Und wenn du wieder besoffen bist, schon mal gar nicht. Ist ja ekelhaft!" Sie zog den Hausmantel fester um sich, unter dem ihre nackten Beine hervorschauten.
Den hab ich ihr geschenkt. "Da ist jemand bei dir, oder? Wer ist es?!"
"Ich wüsste nicht, was dich das noch angeht." Silvana verschränkte die Arme und sah Marc herausfordernd an. "Aber wo du schon mal da bist - können wir irgendwann mal wieder mit Unterhalt rechnen?"
Er senkte den Blick und schwieg.
"Nicht zu fassen! Ich lasse mir ja eine Menge gefallen. Aber dass du dir gar keine Gedanken machst, wie du deinen Sohn versorgst!"
"Meine Ersparnisse hast du doch schon, was willst du denn noch!", verteidigte sich Marc. "Ich kriege in der ganzen Branche keinen Fuß mehr an die Erde. Kollmann hat mich überall schlechtgeredet, darauf könnte ich wetten! Soll ich etwa als Müllmann gehen?"
"Vielleicht musst du nur mal von deinem hohen Ross runter. Bist wohl doch nicht mehr der Topmann, für den du dich hältst!"
"Was weißt du schon davon, für dich ist Arbeit doch eh ein Fremdwort. Hast ja noch nie selbst 'nen Finger krumm gemacht!"
Silvana schüttelte den Kopf. "Das muss ich mir nicht anhören, Marc. Nicht mehr. Zum Glück!" Sie schlug die Tür zu, öffnete sie dann noch einmal einen Spaltbreit. "Und lass dir ja nicht einfallen, wieder Sturm zu klingeln, sonst rufe ich diesmal die Polizei. Die kennst du ja noch von damals."
Bitch!

*

"Hallo, Marc!"
"Kennen wir uns?", fragte Marc und blinzelte in das Licht der Straßenlaterne, die dem Mann von hinten über die Schulter schien. Langer Mantel, graues Haar, Allerweltsgesicht. Das konnte sonst wer sein. Bloß keiner von den alten Geschäftspartnern, das muss ich echt nicht haben.
"Oh, noch nicht sehr gut. Aber das können wir ja ändern." Die Wärme des Lächelns schaffte es nicht bis in die Augen des Fremden. "Wir haben uns allerdings schon ein paarmal gesehen. In besseren Tagen. Das Leben hat dir übel mitgespielt, was?"
"Was geht Sie das an?", schnauzte Marc. "Wer sind Sie? Und wo sollen wir uns gesehen haben?"
"Du kannst mich Edgar nennen", sagte der Mann und schmunzelte, als habe er einen kleinen, aber gelungenen Scherz gemacht. "Ich habe mitverfolgt, wie es mit dir bergab ging: Unfall - Verurteilung - Scheidung - Kündigung - Arbeitslosigkeit. Ein Abstieg wie aus dem Bilderbuch. Aber so richtig kaputtgemacht hat dich der Alkohol. Und jetzt - obdachlos auf einer Parkbank."
"Ich bin nicht obdachlos! Ich sitze einfach gerne hier. Und hören Sie auf, mich zu duzen, wir sind keine Saufbrüder."
"Oh, ich vergaß - das verlotterte Einzimmerloch, für das du seit drei Monaten die Miete nicht bezahlt hast. Ja, da würde ich die Nächte auch freiwillig im Park zwischen Wanzen-Willi und der dicken Paula verbringen." Das spöttische Grinsen verschwand so schnell, wie es gekommen war. "Ich kann dir helfen, Marc."
"Sie? Mir?" Marc spuckte aus. "Ich brauche keine Hilfe." Als der andere ihn unverwandt ansah, fügte er hinzu: "Und was könnten Sie schon für mich tun?"
Edgar breitete theatralisch die Arme aus. "Ich kann dir wieder ein richtiges Leben geben!", rief er. "Stell dir vor, du könntest die Zeit zurückdrehen und dich noch mal neu entscheiden. Du könntest den verdammten Unfall verhindern und dein kleines heuchlerisches Dasein ungestört weiterführen. Oder du könntest deine Affären beenden und mit Silvana als treuer Ehemann leben. Du könntest auch deinen Job behalten und dich ein bisschen mehr ins Zeug legen. Und vielleicht öfter mal die Finger von der Flasche lassen. Du hast die Wahl!"
"Mann", brummte Marc, "aus welchem Märchenbuch sind Sie denn entsprungen? Oder aus welcher Anstalt?" Er schaute dem Mann ins Gesicht - und konnte seinen Blick nicht mehr von dessen Augen lösen. Edgars Pupillen schienen sich zu weiten, als ob sie Marc aufsaugen wollten. Eine Leinwand öffnete sich darin, die Parkbank wurde zum Kinosessel. Jetzt sah er die Szenen vor sich, die Edgar beschrieben hatte, und befand sich schließlich mittendrin. Er fädelte sich hinter einem Suzuki in die Kolonne ein und fuhr unfallfrei von der Autobahn ab. Kollmann klopfte ihm auf die Schulter und gratulierte zu einem Rekordabschluss. Er lag mit Silvana im Bett, dann mit Katya. Feierte mit Andreas seine Beförderung. Mit Silvana. Sein Leben, wie es hätte sein können. Wie es sein könnte, wenn er das Angebot annähme.
Als Marc sich auf der Parkbank wiederfand, wusste er, dass dieser seltsame Mann tatsächlich zu all dem fähig war, was er versprach. "Und was wollen Sie als Gegenleistung dafür?", fragte er keuchend.
"Ah, noch immer der gewiefte Geschäftsmann! Dir kann man aber auch nichts vormachen." Mit gespielter Verlegenheit fuhr Edgar fort: "Nun ... es gibt da tatsächlich einen Preis. Aber keinen hohen. Nur etwas, das dir sowieso nicht mehr gehört." Dann wurde seine Miene hart. "Das Leben deines Sohnes."
"Was?" Marc wusste nicht, ob der andere oder er selbst den Verstand verloren hatte. "Philipp?"
"Du hast mich schon verstanden. Denk doch mal nach: Was hat dir der Bengel denn je wirklich bedeutet? Wie viel Zeit hast du mit ihm verbracht, verglichen mit deinen Geliebten? Das Sorgerecht hast du längst verloren, im letzten halben Jahr hast du dich nicht mal mehr zu einem Besuch hingetraut. Es ist also bereits so, als ob du gar keinen Sohn hättest. Was macht es da für einen Unterschied, wenn es ihn tatsächlich nicht mehr gibt? Das ist doch nicht anders, als wenn ein Wildfremder stirbt, wie es jeden Tag tausendfach passiert. Übrigens hole ich ihn erst an seinem achtzehnten Geburtstag. Bis dahin hast du die Sache längst vergessen."
Marc sah sich hilfesuchend um. Doch Willi und Paula schliefen wie betäubt. Außer den beiden, Edgar und ihm selbst schien der Park menschenleer zu sein. Edgar drängte: "Ein neues Leben, Marc! Oder das alte, ganz wie du willst. Deine letzte Chance, alles richtig zu machen. Raus aus diesem Elend hier. Du kannst wieder der angesehene, erfolgreiche Doktor Marc Roschinski sein!"
Marc begann zu schwitzen, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er musste einfach nur tun, was er immer getan hatte. Wieder ich selbst sein, wie früher. Knallhart, kompromisslos, um in dieser Welt zu bestehen. Noch einmal legte der andere nach: "Und du hast Gelegenheit, es allen zu zeigen, die dich haben hängenlassen, als es dir schlecht ging. Deinem miesen Chef. Deinem angeblich besten Freund. Deiner gierigen Exfrau!"
"Kollmann ... Andreas ...", sinnierte Marc mit düsterer Miene. "Silvana ..." Er brauchte einfach nur Ja zu sagen. Sein Leben wieder in Gang bringen, ohne Rücksicht auf die anderen. Man konnte sich auf niemanden verlassen, sie alle hatten ihn enttäuscht. Er sah ihre Gesichter vor sich. Und noch ein weiteres. Philipp!
Marc sprang auf und stieß Edgar mit beiden Händen vor die Brust; der musste einen Schritt rückwärts machen, um sich abzufangen. "Verschwinden Sie. Ich will Ihre Hilfe nicht!" Marc begann zu brüllen, er ballte die Fäuste. "Verschwinden Sie! Und lassen Sie die Finger von meinem Sohn, er hat damit nichts zu tun!"
"Okay, okay." Edgar hob beschwichtigend die Hände. "Überleg dir das gut, Marc. So ein Angebot bekommt man nicht zweimal." Marc trat drohend einen Schritt auf ihn zu, und der Mann wich weiter zurück. "Wie du willst. Aber ich werde dich im Auge behalten." Damit drehte er auf dem Absatz um und ging davon.
"Was'n das für'n Lärm, da kann ja keiner pennen", quengelte Paula. Marc wandte sich nach ihr um, doch sie schnarchte bereits weiter. Als er wieder auf den Weg schaute, war Edgar verschwunden.

*

"Ah. Herr Roschinski."
Die professionelle Freundlichkeit fiel dem Sachbearbeiter aus dem Gesicht wie ein schlecht haftender falscher Bart, als Marc das enge Büro betrat. "Was kann ich für Sie tun? Nicht viel, wenn ich mich an unser letztes Gespräch erinnere."
"Ich ..." Marc kratzte seinen Handrücken, sah zu Boden, aus dem Fenster. "Ich ... war nicht sehr freundlich zu Ihnen."
"So kann man's auch ausdrücken. Sie haben sich aufgeführt wie ..."
"Wie ein Arschloch, ja, Sie haben Recht!", fiel ihm Marc ins Wort. Dann senkte er wieder den Blick.
"Na, wenn Sie es schon selbst sagen." Der Mann hinter dem Schreibtisch lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. "Und nun?"
Marc räusperte sich. "Ich würde gerne noch mal über die offenen Stellen sprechen."
"Oh, ein Sinneswandel. Tja, so eine vorübergehende Streichung der Bezüge wirkt manchmal Wunder."
"Das ist es nicht", sagte Marc leise. Sie haben ja keine Ahnung.
Der Sachbearbeiter sah Marc forschend an. "Na gut", sagte er schließlich und rieb sich das Kinn, wie um den Sarkasmus wegzuwischen. "Dann wollen wir mal sehen. Setzen Sie sich."

*

"Marc! Kommen Sie bitte mal mit ins Büro?"
Marc stellte den Eimer und die Greifzange neben der Mülltonne ab und folgte dem Marktleiter durch den Laden ins Hinterzimmer. War's das schon?
"Setzen Sie sich." Der Filialleiter wies auf den Stuhl, nahm selbst hinter dem Schreibtisch Platz und sah Marc an. Dann lachte er auf. "Meine Güte, was machen Sie für ein Gesicht? Was glauben Sie denn, was jetzt kommt?"
Marc entspannte sich vorsichtig. "Keine Ahnung, Herr Günay. Was denn?"
Erol Günay stützte die Ellbogen auf den Tisch und sah Marc nachdenklich in die Augen. "Sie sind jetzt seit zwei Monaten hier. Als mir das Jobcenter damals Ihren Lebenslauf geschickt hat, habe ich nicht geglaubt, dass Sie diesen Job länger als zwei Tage machen würden. Müll aufsammeln, Einkaufswagen zusammenschieben, Schnee schippen - und das bisschen Lohn wird noch mit dem Hartz vier verrechnet. Die meisten Leute mit Ihrer Laufbahn hätten das wohl unter ihrer Würde gefunden, Vorstrafe und Alkoholproblem hin oder her."
Marc erwiderte den Blick und sagte nichts. Würde ...?
"Aber Sie meckern und murren nicht, egal was anfällt. Sind immer pünktlich. Ruhig, ziemlich verschlossen, aber freundlich. In einem Job, der nicht annähernd Ihren Fähigkeiten entspricht. Ich muss zugeben, ich werde nicht recht schlau aus Ihnen."
Marc schwieg weiter. Der Marktleiter öffnete einen Pappordner und zog ein Dokument heraus. "Ich brauche jemanden fürs Lager, weil die Cindy schwanger ist. Auch Regale im Laden auffüllen, solche Sachen. Immerhin Mindestlohn, Vollzeit. Für den Parkplatz müssen wir uns dann allerdings einen anderen suchen. Was halten Sie davon?"

*

"Der Kollmann musste seinen Hut nehmen. Stand in der Zeitung."
"Echt? Armes Schwein."
Andreas lachte. "Du hast Mitleid mit deinem Exchef?"
"Der kann auch nichts dafür, dass die ganze Branche vor die Hunde geht. Hat außerdem ein schwerkrankes Kind. Damals jedenfalls." Marc hielt die vorbeieilende Bedienung auf. "Bekomme ich noch mal das Gleiche, bitte? Danke."
"Ich erkenn dich in letzter Zeit kaum wieder, weißt du das?" Andreas musterte ihn kopfschüttelnd. "Steht dir aber gut. Der neue Marc. Cheers!" Sie stießen mit ihren Colagläsern an. "Und, gibt’s was Neues aus der Lagerlogistik?"
"Erol will mich zu seinem Stellvertreter machen. Die Zentrale stellt sich noch quer, die sind streng mit Vorstrafen. Aber weil es kein Eigentumsdelikt war, hofft er, dass er es durchkriegt."
"Hey, Glückwunsch, Mann!", rief Andreas. "Bahnt sich da eine neue Karriere an?"
"Lass man", winkte Marc lächelnd ab. Das muss ich gar nicht wieder haben. Er blickte eine Weile schweigend aus dem Fenster. "Hast Du mal wieder was von Silvana und Philipp gehört?"
"Nicht viel. Ich glaube, Silvana redet nicht gern darüber, wie schlecht es ihr zwischenzeitlich wirklich ging. Oder Beate erzählt mir bloß nicht alles weiter. Jedenfalls geht es wohl wieder bergauf. Dass sie jetzt selber Geld verdient, weißt du ja, irgendein Bürojob. Hat auch wieder jemanden - also, du weißt schon - was Ernstes."
Die Bedienung stellte Marcs neues Glas auf den Tisch und lächelte ihn freundlich an.

*

"Oh. Hallo, Silvana!"
"Marc? Hallo."
Etwas Intelligenteres fiel beiden nicht zu sagen ein. Marc hatte sie fast umgerannt, als er sich mit dem Kaffee vom Tresen abwandte, um auf dem Gang des Einkaufszentrums einen freien Platz zu suchen.
Sekundenlang sahen sie sich unsicher an. Dann fand Marc als Erster die Sprache wieder. "Setz dich doch kurz."
"Nee, du, ich muss ..."
"Bitte. Ich würde gerne mit dir reden. Kurz?" Er deutete auf einen freien Tisch, dabei schwappte sein Kaffee. "Magst du auch einen?"
Im Setzen schüttelte sie den Kopf, ihr Pferdeschwanz wippte. Marc bemerkte das erste Grau im vollen Schwarz. Um Augen und Mund hatten sich kleine Falten niedergelassen, die sie früher überschminkt hätte. Statt eines der schicken Kostüme von damals trug sie Jeans und eine schlichte Bluse. Sie sieht fantastisch aus.
Silvana saß steif auf der Stuhlkante und sah ihn skeptisch an. "Ist 'ne Weile her, dass wir uns direkt gesprochen haben statt über Anwälte. Und? Was machst du so?"
"Es geht allmählich aufwärts. Ich kann vielleicht bald wieder mehr für Philipp zahlen. Nicht wirklich üppig, aber verglichen damit, wie weit ich unten war ..."
"Du erwartest jetzt kein Mitleid, oder?" Silvana zog die Augenbrauen hoch.
Marc schüttelte den Kopf und suchte nach Worten. "Ich ... habe dich ziemlich schlecht behandelt damals."
"Das ist wohl noch geschmeichelt! Du hast dich aufgeführt wie ..."
"Wie ein Arschloch, ja!"
Silvana stutzte. "Ganz genau", sagte sie dann, "auch wenn mir nicht klar ist, was es da zu grinsen gibt."
"Entschuldige." Marc wurde wieder ernst. "Es ist nur ... ich habe in etwa das gleiche Gespräch in den letzten ein, zwei Jahren mit so einigen Leuten geführt." Silvana sah ihn abwartend an, bis er ein paar der Worte wiederfand, die er sich für eine Gelegenheit wie diese zurechtgelegt hatte. "Ich habe so ziemlich alles falsch gemacht. Und ich habe Dinge kaputtgemacht, die ich nie wieder reparieren kann. Und das tut mir wirklich, ehrlich, aufrichtig leid."
Silvana sah den Gang entlang, durch die Menschen hindurch. "Ich werde wieder heiraten, weißt du. In zwei Monaten."
"Hat Andreas mir erzählt. Freut mich für dich."
"Robert ist Softwareentwickler. Ihr würdet euch vielleicht mögen. Obwohl ..." Sie lachte kurz. "Ist ja auch egal. Er versteht sich gut mit Philipp."
"Das ist schön. Und wichtig."
"Nimm's mir nicht übel, Marc, aber ich muss jetzt ..." Silvana griff ihre Handtasche und stand auf.
"Schon okay. Ich bin froh, dass wir uns über den Weg gelaufen sind."
Linkisch hob Marc die Hände für eine mögliche Umarmung, aber Silvana streckte ihm ihre Rechte entgegen. Beide grinsten verlegen.
"Ich wünsche euch, dass ihr glücklich werdet", sagte er.
"Danke."
"Ich meine es so. Glücklicher als mit mir."

Marc sah Silvana nach, bis er sie aus den Augen verlor. Als er sich wieder seinem Tisch zuwandte, stand unvermittelt ein Mann im dunklen Mantel vor ihm. Marc erschrak kurz, fing sich aber schnell. "Was wollen Sie jetzt wieder von mir?", fragte er argwöhnisch.
"Wie kommst du darauf, dass ich deinetwegen hier wäre?", antwortete Edgar in gelangweiltem Tonfall und schaute an Marc vorbei. Der folgte dem Blick den Gang entlang bis zu dem Punkt, an dem Silvana im Gedränge verschwunden war. Mein Gott!
"Was ... was haben Sie mit ihr vor? Lassen Sie sie in Ruhe!", stieß er hervor.
"Was denn?", fragte der andere mit gespielter Empörung. "Meinst du etwa, ich wollte ...? Was denkst du von mir!" Ein listiges Blitzen stieg in seine Augen. "Aber warum glaubst du eigentlich, dass ich nicht schon längst bei ihr war?"
Amüsiert sah Edgar, wie Marc sprachlos nach Luft schnappte. Dann nahm sein Blick wieder die Härte an, die Marc schon einmal bei ihm gesehen hatte. "Glaubst du, deine Frau hatte es leicht nach eurer Scheidung? Sie mag nicht so sehr dem Alkohol zugesprochen haben wie du, aber dafür umso mehr den Männern. In zwei Jahren hatte sie mehr Affären als du in den gesamten zehn eurer Ehe. Als ob sie sich damit irgendetwas beweisen wollte. Nur was - hast Du eine Idee?"
Marc blieb stumm, Entsetzen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
"Und wer hätte gedacht, dass auch Geldausgeben nicht wirklich glücklich macht? Schicke Kleider, edle Schuhe, Schnickschnack für die Wohnung - nichts davon füllt die Leere. Teure Geschenke an ihre Männer in der Hoffnung, etwas zurückzubekommen, das sich wie Liebe anfühlt ... Nachdem deine Unterhaltszahlungen ausblieben, war nach wenigen Monaten sogar das Haus weg. Wusstest du das etwa noch nicht?"
Marc schwankte, tastete mit zitternden Händen nach seinem Stuhl und ließ sich darauf fallen.
"Als ich ihr meine Aufwartung machte, wusste sie nicht, ob sie auf den Strich gehen sollte, um den Kleinen zu ernähren, oder ob sie sich lieber mit ihm vor den Zug werfen wollte." Edgar hatte sich an die Gegenseite des Tisches gesetzt und schaute Marc jetzt eindringlich an. "Ich habe ihr das gleiche Angebot gemacht wie dir."
"Oh, mein Gott ... Philipp ..." Marc starrte durch sein Gegenüber hindurch. Doch die Gesichtszüge des Mannes lösten sich in ein breites Lachen auf.
"Philipp? Aber nicht doch!", rief er belustigt aus. Dann senkte er verschwörerisch die Stimme, während seine Miene wieder ernst wurde: "Natürlich habe ich auch von ihr nur etwas gefordert, das ihr sowieso nicht mehr gehörte. Das Leben ihres verlogenen, versoffenen Arschlochs von Exmann."
Marcs Körper spannte sich. Er wollte aufspringen und fliehen, doch wie damals im Park hielt ihn Edgars Blick fest. Dessen Pupillen weiteten sich wieder, aber statt der Leinwand sah Marc ein orangerot loderndes Feuer darin. Sofort stand er selbst in Flammen, spürte die heiße Glut auf der Haut. Hier mitten im Einkaufszentrum?, war der einzige klare Gedanke, den sein Verstand ihm anbot. Der Gestank seiner brennenden Haare ließ Übelkeit in ihm aufsteigen, seine Hände verkohlten in den Flammen. Er schrie vor Schmerz und Angst, doch keiner der Passanten schien von seiner Agonie Notiz zu nehmen.
Im nächsten Moment saß er wieder am Tisch, bleich und verschwitzt, aber körperlich unversehrt. Er fand keine Spur von Verbrennungen, als er an sich hinunterschaute.
Edgar zuckte bedauernd mit den Schultern. "Sie hat abgelehnt", sagte er und stand auf. "So ein stures Weib. Italienerinnen ..."

Der Mann im dunklen Mantel wandte sich ab und ging davon, entgegen der Richtung, die Silvana genommen hatte. Die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. Dann verschwand seine Gestalt in der Menge.

 

Hey Holg,

woh, da hast Du Dir aber eine Hausnummer vorgenommen. Ich habe die Geschichte gern gelesen und danach die Kommentare. Und ich will hier mal eine Lanze für Dich brechen. Klar sind die Figuren schwarz/weiß, klar ist da wenig Innenleben, klar wird da in einem Affentempo die Handlung über Niedergang und Auferstehung vorangetrieben, klar bedient man sich einiger Klischees und Drama, um das überhaupt zu bewerkstelligen. Ich sag mal so, selbst wenn Deine Geschichte mit diesem Plot um das dreifache wachsen würde, die Kritiken würden bleiben. Meine Meinung. Es ist einfach nicht möglich, so viel Plot in einer KG unterzubringen, und all die anderen Feinheiten auch noch abzuwickeln. Meine Ausgabe von "Fegefeuer der Eitelkeiten" hat 926 Seiten und da wird nur die erste Hälfte deiner Geschichte erzählt.
Ich meine, dass ist schon klischeemäßig - Unfall/Scheidung/Alkohol/arbeitslos/Penner. Und Klischees ist ja eigentlich ein absolutes no go, wenn sie nicht in allen Feinheiten auserzählt werden, wenn da nicht Charakterzeichnung in den Vordergrund rückt, um es dem Leser schmackhaft zu machen. Und das braucht Zeilen. Viele Zeilen, die Du in einer KG nie zur Verfügung haben wirst. Aber sollte man deshalb solche Geschichten besser erst gar nicht erzählen? Ich glaub nicht. Der Zwist am Ende, ich finde den toll. Schon allein deshalb darf und muss man solche Geschichten erzählen dürfen. Aber das Dilemma, in das der Autor sich da selbst bringt, dass es dem (literarischen) Leser immer an irgendwas fehlt, dem wird man nicht entkommen können.
Jetzt sagst Du zu Recht, ich will Unterhaltung, und ja, das schafft die Geschichte. Ottonormalleser wird seine Freude dran haben, da bin ich mir ganz sicher.

"Die Polizei war hier." Sie schob das Kinn vor und blickte Marc geradeheraus in die Augen. "Möchtest du mir erklären, wie du gleichzeitig im Büro eine Präsentation vorbereiten und auf dem Stadtring einen Unfall verursachen kannst?"

In der Zeit, die er von der Autobahn nah Hause braucht, hatte die Polizei bereits alles ermittelt und war bei ihm zu Hause? Da hatte ich echt Probleme hinterherzukommen. Auch war ich von der Frau im Nachthemd überrascht, ich dachte er will zu der Champangnerfrau. Ich würde hier gern die Champagnerfrau als Pressereferentin und die Frau im Nachthemd als Ehefrau vorgestellt bekommen, oder was Katya auch immer ist ;).
Und vielleicht lässt Du doch einen Tag dazwischen. Als er am nächsten Tag abends nach Hause kommt ...

"Die Beschreibung deines Autos, samt Kennzeichen? Bitte halt mich nicht für blöd, das ist noch verletzender als deine dauernden Affären." Ihre Stimme wurde nur wenig lauter, blieb kontrolliert. Ein schlechtes Zeichen. "Aber ich war ja wohl auch blöd. Wie oft hast du mir versprochen, dass du dich ändern würdest? Und ich dummes Huhn habe dir immer wieder geglaubt."

Ich glaube, dass Dicke kann getrost weg. Das klingt auch nicht wirklich echt. Das ist erklärend für den Fortgang deiner Geschichte, aber die Erklärung braucht der Leser mal zur Abwechslung nicht.


Edgar zuckte bedauernd mit den Schultern. "Sie hat abgelehnt", sagte er und stand auf. "So ein stures Weib. Italienerinnen ..."

Der Mann im dunklen Mantel wandte sich ab und ging davon, entgegen der Richtung, die Silvana genommen hatte. Die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. Dann verschwand seine Gestalt in der Menge.

Ich würde nach Italienerinnen aus der Geschichte gehen und die letzten drei Sätze streichen. Die braucht es nicht. Die gesparten Zeilen kannst Du ja dann irgendwo mit Emotionen seinerseits unterbringen.

Also, ich denke, Du hast hier wirklich was gekonnt. Man liest die Geschichte, man folgt ihr, sie macht Spaß und der weihnachtsgestimmte Leser hat seine Freude am Happy End. Ich mochte die Geschichte. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Allerdings finde ich die Tauschangebote - Sohn vs. Arschlochehemann - nicht gerade gleichwertig ;). Aber wo Liebe im Spiel ist, ist so manche Frau nicht zu verstehen.

Beste Grüße, Fliege

 

Hallo Holg

Warum erkläre ich das so umständlich? Damit Du (und gleichermaßen die anderen Kommentatoren) nicht denkst, ich würde diese Hinweise einfach abtun.

Keine Angst, das hätte ich sowieso nicht gedacht. Wie immer sind das einfach meine subjektiven Gedanken beim Lesen. Ich bin froh, wenn sie dir was bringen und du Nützliches rausziehen kannst, aber du siehst ja auch, dass die Meinungen da auseinander gehen. Was aber auch für den Text spricht.

Du schlägst u.a. vor - wenn ich Dich richtig verstehe - im zweiten Teil der Geschichte von der Dialogform abzuweichen, um mehr von Marcs Innenleben zu zeigen. Mir ist nicht klar, warum das einen Stilwechsel erfordern sollte. Kann man das nicht in demselben Dialogstil unterbringen?

Man kann schon, aber es ist vermutlich schwieriger. Denn dazu müsste der Protagonist sich in einem Dialog ja selbst reflektieren und irgendwie die Gründe seines Charakterwandels benennen. Das ist nicht einfach, so etwas in derselben Dialogform unterzubringen, wie du sie im ersten Teil verwendest, weil es vermutlich schnell aufgesetzt und gekünstelt wirkt. Deshalb habe ich gemeint, du könntest in diesem Teil mehr auf Marcs Innenleben schwenken.

"Zufrieden" ist für mich eher so ein statischer Zustand und "befriedigt" eher so etwas Momentanes aufgrund eines konkreten Erfolges oder Ereignisses.

Mit "befriedigt" verbinde ich ein stärkeres Gefühl, da wurde ein (dringendes) Bedürfnis gestillt. "Zufrieden" ist man mit äußeren Umständen. Ich finde, das würde hier besser passen (obwohl für mich immer noch die beste Lösung darin besteht, auf jedes Adjektiv zu verzichten :) ) aber "befriedigt" ist sicher auch nicht falsch, also wenn dir das besser gefällt, lass es stehen.

Wenn ich das rausnehme, was bleibt dann von der Eingangsszene? Ein Typ ist unnötig hektisch auf der Autobahn unterwegs und fährt irgendwann ab. Lahmer Einstieg, finde ich.

Finde ich nicht. Wir lernen Marc kennen und auch gleich etwas von seinem Charakter - es ist ein draufgängerischer, impulsiver Typ. Ich finde nicht, dass die letzten beiden Sätze hier den Unterschied zwischen "lahmer Einstieg" und "spannende Eröffnung" machen, vor allem weil wir vom Unfall ja schon kurze Zeit später erfahren. Ich finde, das ist den Perspektivwechsel nicht wert.

Nein, die essen natürlich nicht einfach nur Nudeln - was für eine lahme Werbung wäre das denn?

Vermutlich hast du recht - ich hab echt schon lange keine Miracoli-Werbung mehr im TV gesehen. Danke auch für die anschaulichen Bilder :D.

Ich habs ja in meinem originalen Feedback schon geschrieben, mich hat die Geschichte gut unterhalten. Fliege hat das in ihrer Kritik auch formuliert:

Jetzt sagst Du zu Recht, ich will Unterhaltung, und ja, das schafft die Geschichte. Ottonormalleser wird seine Freude dran haben, da bin ich mir ganz sicher.

Ich sehe das auch so, und hoffe, meine Kritik ist nicht negativer ausgefallen, als ich den Text empfunden habe.

Grüsse,
Schwups

 

Hallo Fliege,

vielen Dank für Deinen Kommentar und die Lanze. :) Und für den Vergleich mit Tom Wolfe. :D

Dass man es nicht allen recht machen kann, habe ich schon gemerkt (siehe auch unten). Klischees sind wohl tatsächlich ein bisschen ein rotes Tuch, und da ich mich hier eben nicht nur unter Ottonormallesern befinde, sondern die Geschichte Literaten vorgelegt habe, bleibt mir das entsprechende Feedback wohl nicht erspart. Ich bin aber echt verblüfft, wie viel ich durch die Diskussion schon wieder gelernt habe und was mir alles für Ansätze für eine nächste Geschichte im Kopf herumschwirren. Die können natürlich nur durch die Reibung entstehen.

In der Zeit, die er von der Autobahn nah Hause braucht, hatte die Polizei bereits alles ermittelt und war bei ihm zu Hause? Da hatte ich echt Probleme hinterherzukommen. (...) Und vielleicht lässt Du doch einen Tag dazwischen. Als er am nächsten Tag abends nach Hause kommt ...
Nee ... da ist schon mehr Zeit dazwischen als die kurze Autofahrt. Es hat sich ja mit Katya getroffen und den Abend mit ihr verbracht. Dann kommt er zu einer Zeit nach Hause, wo seine Frau normalerweise längst schläft. Ein ganzer Tag dazwischen wäre zu lange, weil er seine Affäre ja verheimlicht. Dann bräuchte er jedesmal viel größere Ausreden, Dienstreisen oder so. Macht er vielleicht manchmal auch, aber nicht jedesmal.

Auch war ich von der Frau im Nachthemd überrascht, ich dachte er will zu der Champangnerfrau. Ich würde hier gern die Champagnerfrau als Pressereferentin und die Frau im Nachthemd als Ehefrau vorgestellt bekommen, oder was Katya auch immer ist ;).
Tja, hier möchtest Du mehr Erklärung ...

Ich glaube, dass Dicke kann getrost weg. Das klingt auch nicht wirklich echt. Das ist erklärend für den Fortgang deiner Geschichte, aber die Erklärung braucht der Leser mal zur Abwechslung nicht.
... und hier weniger. Den meisten bisherigen Kommentatoren ging es eher umgekehrt.

Die Katya näher zu erklären, schien mir komplett überflüssig, das hat vor Dir auch noch keiner moniert (den Szenenwechsel allerdings schon). Die taucht nur einmal auf und ist ja sogar für Marc selbst nur eine von vielen. Wäre der Unfall eine Woche später passiert, hätte dort schon ein anderer Name stehen müssen.

Dafür war die Silvana zuerst zu blass bzw. wurde (gemessen an meiner Absicht) falsch verstanden, nämlich als geldgierig und kalt. Der von Dir markierte Part ist in einer Überarbeitung dazugekommen, bei der ich versucht habe, sie ein bisschen mehr in die Opferrolle zu bringen, aus der sie sich dann endlich befreit. An dem unechten Klang kann ich vielleicht noch arbeiten, aber einfach weglassen? Hm ...

Ich würde nach Italienerinnen aus der Geschichte gehen und die letzten drei Sätze streichen. Die braucht es nicht. Die gesparten Zeilen kannst Du ja dann irgendwo mit Emotionen seinerseits unterbringen.
Bei dem Ende ist wieder meine filmische Vorstellung zum Vorschein gekommen. Ich sehe die Einstellung vor mir: Ein zufriedener Edgar geht auf die Kamera zu und an ihr vorbei; im Hintergrund steht Marc, erst nur unscharf zu sehen, weil der Fokus auf Edgar liegt; dann Fokus auf Marc, der ein völlig verdattertes Gesicht macht - irgendwo zwischen dem Schock aus der Höllenvision, der Erleichterung, davongekommen zu sein, und dem Unverständnis, was da eigentlich gerade genau abgelaufen ist. In der Rolle des Marc hätte ich gerne Russell Crowe, falls er sich noch mal ein bisschen in Form bringt; ersatzweise Christian Bale. :D

Aber im Ernst: Ich wollte gerne das angedeutete Lächeln von Edgar unterbringen, um dem Mysterium noch eine Facette mehr zu geben. Und dieses Lächeln soll Marc nicht sehen, deswegen muss Edgar schon im Gehen sein. Vielleicht ist das auch Overkill, diesen Twist noch reinbringen zu wollen, aber es ist so ein bisschen mein Darling.

Also, ich denke, Du hast hier wirklich was gekonnt. Man liest die Geschichte, man folgt ihr, sie macht Spaß und der weihnachtsgestimmte Leser hat seine Freude am Happy End. Ich mochte die Geschichte. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Allerdings finde ich die Tauschangebote - Sohn vs. Arschlochehemann - nicht gerade gleichwertig ;). Aber wo Liebe im Spiel ist, ist so manche Frau nicht zu verstehen.

So, Du hättest Marc also geopfert? Na, da weiß ich ja schon mal, wen ich mir nicht zum Feind mache, wenn irgendwo Deals angeboten werden. :D

Aber auch hier im Ernst: Ich denke, es ist fast egal, wer da als Opfer gefordert wird. In dem Moment, wo man irgendwen - und sei es ein Wildfremder oder auch der schlimmste Feind - über die Klinge springen lässt, um sich sein eigenes verkorkstes Leben reparieren zu lassen, bekannt man sich doch dazu, selbst ein Arschloch zu sein. In gewisser Weise hat man dann letztlich doch die eigene Seele verkauft. Und da haben sich Marc und Silvana eben dagegen entschieden. (Hey, vielleicht ist das der Gedanke, den ich in die Geschichte einbringen sollte? Mal sehen, bloß nicht mit dem Holzhammer ...)

Ich freue mich, dass Dich die Geschichte gut unterhalten hat, damit ist mein Ziel erreicht, das ich beim Schreiben hatte. Alles weitere sind Sahnehäubchen!


Hallo Schwups,

danke für die nochmalige Rückmeldung.

Man kann schon, aber es ist vermutlich schwieriger. Denn dazu müsste der Protagonist sich in einem Dialog ja selbst reflektieren und irgendwie die Gründe seines Charakterwandels benennen. Das ist nicht einfach, so etwas in derselben Dialogform unterzubringen, wie du sie im ersten Teil verwendest, weil es vermutlich schnell aufgesetzt und gekünstelt wirkt. Deshalb habe ich gemeint, du könntest in diesem Teil mehr auf Marcs Innenleben schwenken.

Tja, darüber denke ich seit neulich nach. Einfacher wäre die Innensicht vielleicht schon, aber es kommt mir doch sehr wie ein Stilbruch vor. Hm ...

Ich hatte ja oben gerade eine Idee, welches Motiv ich verwenden könnte, um Marcs Entscheidung zu erklären. Achillus hatte das in einem früheren Post auch gut auf den Punkt gebracht:

An diesem Punkt entscheidet sich, welch ein Mensch ich bin. Stimme ich dem Pakt zu, dann sage ich damit zu all den Verhaltensweisen und Entscheidungen Ja!, die mich in diese Situation geführt haben. Willige ich in diesen Deal ein, werde ich für alles, was ich in meinem Leben falsch gemacht habe, belohnt - auf Kosten des Lebens meines Sohnes.
Ich werde mal schauen, in welcher Form ich diesen Gedanken dem Marc einpflanzen kann. Dann werde ich ja sehen, welcher Stil da besser funktioniert.

Über "befriedigt" und über den Einstieg denke ich ebenfalls weiterhin nach. Momentan tendiere ich bei beiden zu "so lassen". Aber irgendwann in der kommenden Woche wird es sich entscheiden, dann werde ich die Umsetzung meiner Überlegungen raushauen.

ich hab echt schon lange keine Miracoli-Werbung mehr im TV gesehen.
Ich auch nicht. Seit man eh alles erst mal aufnimmt und beim Gucken die Werbung überspringt ... Und wie gesagt weiß ich auch nicht mehr, wofür die Werbung wirklich war. Aber wo kann man Italiener-Klischees besser einbauen als in Nudelwerbung? :)

Ich habs ja in meinem originalen Feedback schon geschrieben, mich hat die Geschichte gut unterhalten. (...) Ich sehe das auch so, und hoffe, meine Kritik ist nicht negativer ausgefallen, als ich den Text empfunden habe.

Oh, ich denke, das ist schon adäquat rübergekommen. :)


Euch beiden noch mal herzlichen Dank für die freundlichen Kommentare und hilfreichen Anregungen!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Holg,

eine wunderschöne Geschichte. Ich liebe diese irrealen und doch vorstellbaren Situationen. Da spielt es für mich auch keine Rolle, dass sich viele Autoren mit diesem Sujet beschäftigt haben. Eine Geschichte mit mehrfacher Gewinnchance erinnere ich allerdings nicht.

Ich habe mit den beiden Prots mitgefiebert, aber - puhh - sie haben sich "richtig" entschieden. Wäre Tod/Schicksal nur öfter mal so freundlich. Dabei fällt mir eine Kurzgeschichte ein, in der der Prot sich gegen den Tod eines Jungen, der sein Nachfolger ist, entscheidet und auf ein neues Leben verzichtet. Danach erfährt er, dass sein neues Leben sehr schnell zu Ende gegangen wäre. Ich habe auch bei Deiner Geschichte überlegt: Wie wäre das Leben der beiden verlaufen, wenn sie sich anders entschieden hätten?

Und dass der Prot meiner TdM Geschichte (noch in Arbeit) Robert heißt und Softwareentwickler ist, kratzt mich ebensowenig wie das sehr ähnliche Thema - mein freundlicher Typ im schwarzen Mantel heißt nämlich anders und sein Mantel ist rot. :D

Also ich habe gar nichts zu meckern.

Liebe Grüße

Jobär

 
Zuletzt bearbeitet:

ich noch mal ...

Hey Holg,

Nee ... da ist schon mehr Zeit dazwischen als die kurze Autofahrt. Es hat sich ja mit Katya getroffen und den Abend mit ihr verbracht. Dann kommt er zu einer Zeit nach Hause, wo seine Frau normalerweise längst schläft.

Und woher soll ich wissen, wann seine Frau schlafen geht? Und wann er vorher bei Katya aufschlägt? Steht da irgendwo wie viel Zeit vergangen ist? Mich hat es irritiert, mehr wollt ich gar nicht sagen. Wenn andere da kein Problem hatten, ist es wohl auch keins ;).

Ein ganzer Tag dazwischen wäre zu lange, weil er seine Affäre ja verheimlicht. Dann bräuchte er jedesmal viel größere Ausreden, Dienstreisen oder so. Macht er vielleicht manchmal auch, aber nicht jedesmal.

Nee, nicht er weg bleiben. Ehefrau kann ihn trotzdem am nächsten Tag "überführen", wegen der Nacht vorher. "Du warst also im Büro gestern Abend?"
"Du hast schon geschlafen als ich kam."
"Im Büro, habe ich gefragt?"
"Ja im Büro. Präsentation ..."
"Und seit wann liegt dein Büro an der Ausfahrt?"

So was meint ich. Das ist jetzt aber nur, um Dir zu verdeutlichen, dass er selbst gar nicht die ganze Nacht weg sein musste. Das hat gar nichts mit der Geschichte zu tun.

Die Katya näher zu erklären, schien mir komplett überflüssig, das hat vor Dir auch noch keiner moniert (den Szenenwechsel allerdings schon).

Missverständnis. Katya brauchst Du null weiter zu erklären. Nur ihre Funktion, die hätte ich ganz gern. Ich weiß nämlich nicht, dass sie seine Geliebte ist, ich weiß nicht, dass er verheiratet ist, ich weiß nicht, dass er in der ersten Szene seine Frau betrügt - weil, davon sagst Du nichts.
Ich erfahre nur Katya und irgendwann später Frau im Nachthemd und ich so, hä? Ist Frau im Nachthemd jetzt die Katya? Verstehste. Ich will nur wissen, wer ist wer und in welcher Beziehung zum Prot. Und dazu bedarf es nicht viel, den Leser da ans Händchen zu nehmen. Einen klitzkleinen Halbsatz und ich bin im Fahrwasser. Im Nachhinein puzzlet sich das ja auf, aber eben im Nachhinein, vorher: Verwirrung bei doofer Fliege.

Bei dem Ende ist wieder meine filmische Vorstellung zum Vorschein gekommen. Ich sehe die Einstellung vor mir: Ein zufriedener Edgar geht auf die Kamera zu und an ihr vorbei; im Hintergrund steht Marc, erst nur unscharf zu sehen, weil der Fokus auf Edgar liegt; dann Fokus auf Marc, der ein völlig verdattertes Gesicht macht - irgendwo zwischen dem Schock aus der Höllenvision, der Erleichterung, davongekommen zu sein, und dem Unverständnis, was da eigentlich gerade genau abgelaufen ist. In der Rolle des Marc hätte ich gerne Russell Crowe, falls er sich noch mal ein bisschen in Form bringt; ersatzweise Christian Bale.

Das ich das nicht auch gesehen hab. Also manchmal ... :D

Vielleicht ist das auch Overkill, diesen Twist noch reinbringen zu wollen, aber es ist so ein bisschen mein Darling.

Kill your Darlings ;)

So, Du hättest Marc also geopfert? Na, da weiß ich ja schon mal, wen ich mir nicht zum Feind mache, wenn irgendwo Deals angeboten werden.

Besser ist :baddevil:

In dem Moment, wo man irgendwen - und sei es ein Wildfremder oder auch der schlimmste Feind - über die Klinge springen lässt, um sich sein eigenes verkorkstes Leben reparieren zu lassen, bekannt man sich doch dazu, selbst ein Arschloch zu sein. In gewisser Weise hat man dann letztlich doch die eigene Seele verkauft. Und da haben sich Marc und Silvana eben dagegen entschieden.

Stimmt schon. Hast recht.

Schönen Advent! :xmas:

 

Hallo jobär,

eine wunderschöne Geschichte. Ich liebe diese irrealen und doch vorstellbaren Situationen. Da spielt es für mich auch keine Rolle, dass sich viele Autoren mit diesem Sujet beschäftigt haben.

Das freut mich sehr. Sehr beruhigend, dass nach der anfänglich gemischten Kritik noch ein paar klar positive Kommentare eingegangen sind. :shy:

Ich habe mit den beiden Prots mitgefiebert, aber - puhh - sie haben sich "richtig" entschieden. Wäre Tod/Schicksal nur öfter mal so freundlich. Dabei fällt mir eine Kurzgeschichte ein, in der der Prot sich gegen den Tod eines Jungen, der sein Nachfolger ist, entscheidet und auf ein neues Leben verzichtet. Danach erfährt er, dass sein neues Leben sehr schnell zu Ende gegangen wäre. Ich habe auch bei Deiner Geschichte überlegt: Wie wäre das Leben der beiden verlaufen, wenn sie sich anders entschieden hätten?

Falls Du Dich noch an Autor und Titel erinnern kannst, würde mich diese Geschichte interessieren; solche Was-wäre-wenn-Gedankenspiele finde ich immer spannend.

Ich geniere mich fast, es zuzugeben, aber mich hat beim Schreiben der Film Ghost Rider beeinflusst. Dort verkauft der Held seine Seele, damit sein Vater vom Lungenkrebs geheilt wird. Leider stirbt der Vater dafür am nächsten Tag bei einem Unfall. Ganz mieser Deal!

Und dass der Prot meiner TdM Geschichte (noch in Arbeit) Robert heißt und Softwareentwickler ist, kratzt mich ebensowenig wie das sehr ähnliche Thema - mein freundlicher Typ im schwarzen Mantel heißt nämlich anders und sein Mantel ist rot. :D

Die in den roten Mänteln sind die Schlimmsten! :lol:

Also ich habe gar nichts zu meckern.

Dann will ich auch nicht meckern! :D


Hallo Fliege,

ich merke wieder mal, wie schmal der Grat ist, was man ausschreibt und was man weglässt. Ich werde abermals darüber nachgrübeln und schauen, ob ich noch was in Deinem Sinne ändere - auf die Gefahr hin, dass es mir der Nächste um die Ohren haut. Und dann kommt ja auch noch mein eigener Wunsch hinzu, bzgl. der beiden Frauen für einen kurzen Moment Verwirrung zu stiften, die sich dann aber sofort auflösen soll. Die Dosierung ist offenbar äußerst diffizil ...

Kill your Darlings ;)

Neiiin! :heul: :cry:

Schönen Advent! :xmas:

Dir auch!


Ich danke Euch beiden für Eure Kommentare!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Holg,

Falls Du Dich noch an Autor und Titel erinnern kannst
noch finde ich mich in meiner Bibliothek zurecht: Die Wahl von Lynn Michals in der Anthologie Die Türme von M.Z. Bradley.

Grüßlichst

Jobär :xmas:

 

Hallo jobär,

noch finde ich mich in meiner Bibliothek zurecht

Da hast Du mir was voraus. :D Habe gerade vor kurzem stundenlang nach der Quelle eines Zitates gesucht, das mir in den Sinn gekommen war.

Danke für den Titel, mal sehen, ob ich dieser Geschichte habhaft werden kann. Hab mal gegoogelt: Darkover-Zyklus, den kenne ich noch nicht. Klingt aber interessant.

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Holg,

nun bin ich bei deinem Thema des Monats angelangt. Finde, das ist ein würdiger Hut im Ring ;)

Vorneweg: Ich habe die Geschichte gerne gelesen. Die braucht einen Moment, um sich zu entfalten. Vielleicht ein bisschen zu lange. Also ich wurde zwischenzeitlich (so erstes Drittel) etwas ungeduldig. Das lag daran, dass ich das Gefühl hatte, du willst mir die Figur noch und nöcher als Arschloch verkaufen, obwohl ich das natürlich längst begriffen hatte. Das wirkte etwas eindimensional auf mich. Ja ich habe das verstanden, warum zeigst du das so ausführlich-wohin leitet das?
Worauf es hinausläuft, erscheint ja dann tatsächlich erst später.
Ich weiß nicht, das ist mir insgesamt etwas zu glatt, glaube ich. Ich finde, das hätte alles noch kantiger und individueller laufen können. Ich hatte den Eindruck, ich lese von einer Reißbrettfigur. An der ist nichts, was sie markant macht, was sich von anderen unterscheidet. Sie ist sehr funktional. Und damit das richtig wirken kann, also auch auf emotionaler Ebene, müsste dann noch ein bisschen mehr an der Figur dran sein. So bleibt es eben funktional und auch spannend bis zum Clou am Ende. Aber ich denke, da wäre sogar noch etwas mehr drin gewesen.

Von der Idee her, hast du meine volle Punktezahl. So ein Setting macht mir Spaß. Da spiele ich gerne mit, überlege, was ich den Figuren zumuten würde, wie ich sie leiden lassen würde- wie ich mich vielleicht entscheiden würde?
Da ist prinzipiell alles offen und alles erlaubt. Der Rahmen ist ja sehr weit. Ich weiß noch, wie ich damals Im Auftrag des Teufels im Kino gesehen habe. Da war ich voll geflasht, als sich das alles dann wieder umkehrte. Hier ist das nicht ganz so krass, aber das ist schon ein toller Kniff zum Schluss und ich rechne es dem Text hoch an, dass du die diabolische Seite gar nicht ausspielst.

Grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

vielen Dank fürs Lesen und für den wohlwollenden Kommentar. Ich freue mich, dass Dir die Geschichte grundsätzlich gefallen hat, und auch, dass der Schluss für Dich funktioniert hat.

Ja, die Figuren - Reißbrett, Klischee ... das wurde schon vielfach angemerkt, und ich habe versucht, das ein wenig zu entschärfen, aber der totale Durchbruch ist mir da nicht gelungen. Ich denke, im Spannungsfeld zwischen großem Handlungsbogen und begrenztem Textumfang fehlte mir schlicht der Raum, um die Protagonisten detaillierter zu zeichnen und den Plot subtiler verlaufen zu lassen. (Ob ich es in Romanlänge besser hingekriegt hätte, sei dahingestellt.) Aber es kann natürlich genauso gut sein, dass meine Begabung für differenzierte Charaktere einfach ebenso beschränkt ist wie die von Keanu Reeves. :D

Jedenfalls kann ich verstehen, wenn das den Leser ein bisschen unbefriedigt zurücklässt, und ich habe schon eine Menge Ideen für komplexere Charaktere und wie ich sie zeichnen kann. Das ist dann aber in wesentlich einfacheren Plots, um für mich handhabbar zu bleiben. Ich werde das in meinen nächsten Geschichten eruieren, wie weit ich da komme.


@alle: Darüber hinaus habe ich eben gerade noch ein paar Änderungen an der ersten Begegnung zwischen Marc und Edgar vorgenommen, mit denen ich die letzten zwei Wochen schwanger gegangen bin (hast Du vermutlich nicht mehr rechtzeitig gesehen, weltenläufer). Ich war dabei sehr zurückhaltend, um nichts kaputtzumachen, was vorher funktioniert hat. Also keine Riesensache, aber vielleicht sieht man jetzt doch ein kleines bisschen mehr davon, was in Marc so vorgeht.

Alle anderen Szenen sind bis auf einen Schreib- und einen Formatierungsfehler unverändert. Falls nicht jemand noch mit einem ganz neuen Aspekt aufwartet, ist das vermutlich mein finaler Beitrag für die Challenge.


Grüße vom Holg ...

 

Hi Holg,

die Geschichte ist einfach nur gut, ich habe sie sehr schnell und sehr gerne gelesen.

Zu meckern finde ich tatsächlich nichts. Besonders gelungen ist die Entfaltung der Persönlichkeit des Prots, der anfangs immer nur die Fehler, Schwächen, sogar Böswilligkeiten bei anderen sieht und keine Verantwortung für sein eigenes Handeln übernehmen will. Und dann die Entscheidung, seine Lebenswende. Das war spannend, und durch die parallele Geschichte seiner Frau wurde es am Ende auch noch überraschend.

Tolle Sache, wirklich!

Guten Rutsch und viele Grüße,

Eva

 

Hallo Eva,

vielen Dank für dieses uneingeschränkte Lob! Du hast ja eine mehrfach (nicht grundlagend, aber in Details) überarbeitete Geschichte gelesen - ich merke, dass sich meine Arbeit und die der vielen Kommentatoren ausgezahlt hat.

Das gibt mir Schwung und Motivation, um im neuen Jahr weitere Geschichten zu verzapfen und mich weiter ausgiebig hier im Forum zu betätigen.

Ich wünsche Dir und allen anderen Wortkriegern ein supertolles, inspiriertes und inspirierendes 2016!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Holg,

Frohes Neues Jahr!

Dadurch, dass du offenbar schon viel an diesem Text herumgeschliffen hast, habe ich jetzt gar keine Kritikpunkte. :) Die Geschichte hat mich einfach gut unterhalten.

Klar, das Rad beziehungsweise das teuflische Angebot wird hier nicht neu erfunden, aber es hat einfach Spaß gemacht, das zu lesen. Ich habe jetzt richtig Lust, mal wieder eine meiner zahlreichen Stephen King-Kurzgeschichtensammlungen zur Hand zu nehmen, denn daran erinnert mich die Geschichte.

Es ist ja gar nicht so einfach, die Leser bei der Stange zu halten, wenn die Hauptfigur über weite Strecken der Geschichte total unsympathisch ist. Da liest man dann mit der Erwartungshaltung, dass dem doch bitte irgendwas Furchtbares zustoßen soll, mit einer Art vorauseilender Schadenfreude.

Aber dann kriegt dein Protagonist gerade so noch die Kurve und schreckt davor zurück, etwas absolut Unverzeihliches zu tun - und interessanterweise geht es ab dem Punkt wieder aufwärts mit seinem Leben, obwohl er das Angebot von Edgar abgelehnt hat.

Und an dem Punkt, wo man denkt, jetzt holt ihn seine Arschlochvergangenheit wieder ein und er kriegt die Strafe, auf die man vorher gewartet hat, hat er sich so gewandelt, dass man dann eigentlich nicht mehr das Gefühl hat, er hätte diese Strafe verdient. Also ich war am Schluss schon erleichtert, dass auch Silvana das Angebot abgelehnt hat.

So eine starke charakterliche Veränderung auf so "kleinem Raum" im Rahmen einer Kurzgeschichte zu zeigen, ist nicht so einfach, aber für mich hat das hier echt gut funktioniert, ich fand die Entwicklung glaubwürdig und meine Sympathie für Marc hat sich dementsprechend im Laufe der Geschichte entwickelt.

Ich finde es gut, dass das übernatürliche Element in der Geschichte relativ wenig Raum einnimmt, so dass der Schwerpunkt auf den Figuren und ihrer Entwicklung liegt. Trotzdem ist der Edgar eine interessante Figur, er hat zwar nur kleine Auftritte, aber die sind ziemlich eindrucksvoll.

Ich mochte besonders den Schluss

Der Mann im dunklen Mantel wandte sich ab und ging davon, entgegen der Richtung, die Silvana genommen hatte. Die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. Dann verschwand seine Gestalt in der Menge.
weil das Raum für verschiedene Interpretationen lässt. Vielleicht ist der gar nicht so böse, wie er auf den ersten Blick scheint - denn hier am Ende hat man fast den Eindruck, es würde ihn freuen, dass keiner der beiden sein Angebot angenommen hat. Vielleicht verfolgt er so eine Art pädagogischen Ansatz ...? Könnte natürlich auch sein, dass er einfach schon auf dem Weg zum nächsten Kandidaten ist, und dass eher selten jemand ablehnt. :).

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Perdita,

auch Dir noch ein frohes neues Jahr!

Passend zu unserem heutigen Wetterumschwung freue ich mich wie ein Schneekönig :bounce:, dass Dir meine Geschichte so uneingeschränkt gefallen hat. Viele haben sie ja als einigermaßen plakativ - um nicht zu sagen: klischeebeladen - empfunden. Super, dass meine Intentionen bezüglich der Personen bei Dir genau so angekommen sind, wie ich sie beabsichtigt hatte. Auf den vor Dir beschriebenen Verlauf der Sympathiekurve hätte ich nicht zu hoffen gewagt; ich muss zugeben, dass ich diesen Aspekt nicht bewusst gesteuert habe, aber anscheinend habe ich mein eigenes Gefühl einigermaßen in den Text transportieren können. Und ja, da stecken schon einige Überarbeitungen drin - offensichtlich haben sie sich gelohnt. :)

Am meisten freut mich aber, dass Du das Ende gelobt hast. Nach meinem Austausch mit Fliege hatte ich zwischenzeitlich die Befürchtung, das sei so ein Darling, das ich killen müsste. Ich habe mich dann dagegen entschieden und fühle mich von Dir bestärkt. Denn die Zwei- oder Mehrdeutigkeit, die Du darin gesehen hast, ist genau diejenige, die ich im Sinn hatte.

Vielen Dank an Dich!

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo The Incredible Holg,
ich war dreimal an Punkten bei deiner Geschichte, wo ich dachte, bitte, Holg, jetzt schreib die Geschichte nicht in die Richtung, das wäre dann entweder too much oder zu absehbar.

Das erste Mal: Als Marc an der Tür steht und jemand ist bei seiner Ex-Frau. Mein Gedanke: Lass es nicht den besten Freund sein, zu abgeschmackt.
Haste nicht gemacht! Brav ;-) ...

Das zweite Mal: Als der Mann im Mantel Marc ein besseres Leben gegen das Leben seines Sohns anbietet. Ich bin da wahrscheinlich schon zu sehr Vater, aber da dachte ich, dass würde Marc nie machen, egal was für ein Arsch er auch sein mag.
Haste nicht gemacht! Brav ;-) ...

Das dritte Mal: Als klar wurde, dass der Mantelmann auch mit Silvana in Verhandlung getreten ist (womit ich übrigens gerechnet habe, was ich aber nicht schlimm finde!). Da dachte ich: So richtig überraschend ist es nicht, wenn er jetzt deswegen abtreten muss. Schade eigentlich!
Haste nicht gemacht! Brav ;-) ...
Im Gegenteil, die Pointe mit den sturen Italienerinnen habe ich nicht vorhergesehen und insofern hat sie wirklich gut bei mir funktioniert. Mir hat es großen Spaß gemacht, das Ding hier zu lesen... und wie gesagt, dein kleines Happy End war echt überraschend.

Textkram:

Und ich dummes Huhn habe dir immer wieder geglaubt."
Reine Geschmackssache, aber für mein Empfinden schwächt das „dumme Huhn“ ihre Empörung eher ab. Ich würde es entweder ganz weglassen oder die Selbstbeschimpfung deutlich drastischer machen

Vorwarnung: das kommt jetzt öfter. ;-) Deswegen hier jetzt etwas ausführlicher:
Du setzt eigentlich immer den kurzen Bindestrich, wo formal der lange Gedankenstrich hingehört. (Also den hier - statt diesen hier –) Da gibt es aber einen Unterschied:
Einen Bindestrich verwendet man
• in zusammengesetzten Wörtern, z.B.: 30-jährig, Frau Müller-Hofstetter, E-Mail.
• bei Abtrennungen am Ende einer Zeile.
• bei Ergänzungen von Wortteilen, z.B.: Vor- und Nachteile.
• in Telefonnummern mit Durchwahl, z.B.: 0043 1 234 64 89-12
• in URLs, z.B.: www.jakob-prandtauer.at
Vor und nach dem Bindestrich kommt kein Leerzeichen!
Einen Gedankenstrich verwendet man
• bei Einschüben in Sätzen, z.B.: Christine und Franz werden morgen – sofern die Sonne scheint – zu einer mehrtägigen Wanderung aufbrechen. In diesem Fall könnten Sie auch Kommas anstelle der Gedankenstriche verwenden. Durch die Gedankenstriche wird der Einschub jedoch stärker betont.
• bei Anhängen, z.B.: Gestern erst habe ich Hans getroffen – mitten am Hauptplatz!
• als Minuszeichen, z.B.: 15 – 2 = 13
• als Zeichen für das Wort "bis", z.B.: 1999–2010, S. 20–30
Quelle: http://www.schreibwerkstatt.co.at/2012/07/27/bindestrich-gedankenstrich-wo-liegt-der-unterschied/

"Und diese Scheißrente für die alte Schabracke, die ihren Fuß verloren hat GEDANKENSTRICH die hätte er vor der Berechnung des Unterhalts abziehen müssen, statt sie allein auf meinen Anteil abzuwälzen!"
"Was hat mich bloß jemals geritten, eine Italienerin zu heiraten!"
Ich würde hier das Fragezeichen setzen, es sei denn du willst es wirklich mehr als Ausruf stehen haben.

"Kann er das denn? Selbst wenn es der Firma gerade nicht so geht GEDANKENSTRICH da braucht man doch 'nen Sozialplan und den ganzen Kram. Und du hast für Exfrau und Kind zu zahlen."

Silvana rümpfte die Nase. "Und wenn du wieder besoffen bist, schon mal gar nicht. Ist ja ekelhaft!"
Ich fände es hier stärker, das kürzer zu machen. So in der Art: Du bist besoffen!“, stellte sie fest. Das klingt brutaler.
"Aber wo du schon mal da bist GEDANKENSTRICH können wir irgendwann mal wieder mit Unterhalt rechnen?"

"Was weißt du schon davon, für dich ist Arbeit doch eh ein Fremdwort. Hast ja noch nie selbst 'nen Finger krumm gemacht!" Bitch!
Nimm die Bitch raus! Too Much! ;)

Das konnte sonstwer sein.
Hier muss es sonst wer heißen... auseinander!

Und jetzt GEDANKENSTRICH obdachlos auf einer Parkbank."

"Oh, ich vergaß GEDANKENSTRICH das verlotterte Einzimmerloch, für das du seit drei Monaten die Miete nicht bezahlt hast.

Er schaute dem Mann ins Gesicht GEDANKENSTRICH und konnte seinen Blick nicht mehr von dessen Augen lösen.

Was macht es da für einen Unterschied, wenn es ihn tatsächlich nicht mehr gibt? Das ist doch nicht anders, als wenn ein Wildfremder stirbt, wie es jeden Tag tausendfach passiert.
Hier spreche ich mal als zweifacher Papa. Der letzte Satz, also „Das ist doch nicht anders, als wenn ein Wildfremder stirbt, wie es jeden Tag tausendfach passiert.“ ist für mich absolut nicht stimmig. Egal wie schlecht das Verhältnis sein mag, das ist doch was anderes und der Mantelmann, der sonst so schön fies agiert, argumentiert hier das einzige Mal etwas knallchargenhaft. Ich würde ihn definitiv eliminieren.
Der Mann hinter dem Schreibtisch lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.. "Und nun?"
Ein Punkt zuviel!
"Setzen Sie sich."
Hier würde ich statt eines Punktes ein Ausrufezeichen benutzen!
Müll aufsammeln, Einkaufswagen zusammenschieben, Schnee schippen GEDANKENSTRICH und das bisschen Lohn wird noch mit dem Hartz vier verrechnet.

Für den Parkplatz müssen wir uns dann allerdings einen Anderen suchen.
Hier wir anderen kleingeschrieben!

"Lass man," winkte Marc lächelnd ab.
Hier muss das Komma hinter die Anführungszeichen rutschen. Wenn du nach dem „Lass man“ ein Satzzeichen willst, wäre das Ausrufezeichen die richtige Wahl!
Hat auch wieder jemanden GEDANKENSTRICH also, du weißt schon GEDANKENSTRICH was Ernstes."

Als ob sie sich damit irgendetwas beweisen wollte. Nur was GEDANKENSTRICH hast Du eine Idee?"

Schicke Kleider, edle Schuhe, Schnickschnack für die Wohnung GEDANKENSTRICH nichts davon füllt die Leere.

Hat mir gut gefallen.
Liebe Grüße, svg

 

Hallo svg,

da hast Du Dir ja eine Menge Mühe gemacht mit der Durchsicht meines Textes. Vielen Dank dafür!

Haste nicht gemacht! Brav ;-) ...
Haste nicht gemacht! Brav ;-) ...
Haste nicht gemacht! Brav ;-) ...

Puh, da bin ich aber froh! Sind ja noch genug Stereotypen drin, da habe ich offenbar wenigstens die schlimmsten umschifft. :D

Im Gegenteil, die Pointe mit den sturen Italienerinnen habe ich nicht vorhergesehen und insofern hat sie wirklich gut bei mir funktioniert. Mir hat es großen Spaß gemacht, das Ding hier zu lesen... und wie gesagt, dein kleines Happy End war echt überraschend.

Yay! :)

Und ich dummes Huhn habe dir immer wieder geglaubt."
Reine Geschmackssache, aber für mein Empfinden schwächt das „dumme Huhn“ ihre Empörung eher ab.

Hm, kann ich verstehen. Ich habe mal provisorisch aus dem Huhn eine Kuh gemacht, aber ich denke noch weiter darüber nach. Silvana ist aber auch keine, die mit Schimpfwörtern um sich wirft, die sagt eher "Oje!" als "Fuck!" :D

Du setzt eigentlich immer den kurzen Bindestrich, wo formal der lange Gedankenstrich hingehört.

Ja, danke für die Erläuterung. Das hat aber einen ganz simplen Grund: Ich hatte bei meinem Einstieg hier im Forum in irgendeinem Hilfetext (den ich jetzt natürlich nicht wiederfinde) gelesen, dass manche Browser und/oder der Foreneditor Probleme machen können bei typographischen Anführungszeichen und ähnlichen Sonderzeichen. Das habe ich mal gleich mit auf die diversen Striche (Bindestrich, en-Dash, em-Dash usw.) bezogen und mich schreibmaschinenmäßig auf den universellen Mittestrich beschränkt. Habe auch extra meiner Textverarbeitung die Autokorrektur dafür abgewöhnt. Immerhin habe ich bei Gedankenstrichen die Leerschritte drumherum gesetzt und bei Bindestrichen nicht.

Ich habe hier aber inzwischen so viele Texte mit den lustigsten Sonderzeichen gesehen (sogar eins für Bitcoins, das kannte ich noch nicht), ohne dass sich jemand über Anzeigeprobleme in seinem Browser Baujahr 1997 beschwert hätte, dass ich vermutlich auch demnächst zugunsten des Schriftbilds auf die typographisch korrekten Zeichen umsteigen werde. Dann wirst Du auch von mir die Gedankenstriche zu sehen kriegen, ist versprochen!

"Was hat mich bloß jemals geritten, eine Italienerin zu heiraten!"
Ich würde hier das Fragezeichen setzen, es sei denn du willst es wirklich mehr als Ausruf stehen haben.

Ja, das war tatsächlich mehr als Ausruf gemeint.

Silvana rümpfte die Nase. "Und wenn du wieder besoffen bist, schon mal gar nicht. Ist ja ekelhaft!"
Ich fände es hier stärker, das kürzer zu machen. So in der Art: Du bist besoffen!“, stellte sie fest. Das klingt brutaler.

Hm, da bin ich zwiegespalten (kein schöner Anblick). Einerseits gebe ich Dir recht. Andererseits wollte ich es auch bewusst beiläufig machen, damit es nicht so plakativ erklärend rüberkommt. ("Hallo, Leser, der Marc ist besoffen!") Ich denke noch mal drüber nach.

Nimm die Bitch raus! Too Much! ;)

Och nö ... das denkt er ja nur, er sagt es ja nicht laut.

Das konnte sonstwer sein.
Hier muss es sonst wer heißen... auseinander!

Potzblitz, Du hast recht! Habe gerade noch mal in meinem 1985er Jubiläumsduden geschaut, nach der alten Rechtschreibung war das noch ein Wort (und viel logischer, denn "irgendwer" schreibt man ja auch zusammen). Vermaledeite Deform ... ist geändert.

Der letzte Satz, also „Das ist doch nicht anders, als wenn ein Wildfremder stirbt, wie es jeden Tag tausendfach passiert.“ ist für mich absolut nicht stimmig. Egal wie schlecht das Verhältnis sein mag, das ist doch was anderes und der Mantelmann, der sonst so schön fies agiert, argumentiert hier das einzige Mal etwas knallchargenhaft. Ich würde ihn definitiv eliminieren.

Den Satz, hoffe ich, nicht den Mantelmann. :D Tja, ein weiterer Zwiespalt, ich lasse das mal auf mich wirken. Edgar muss ja schon damit argumentieren, dass Philipp dem Marc (vermeintlich) nichts mehr bedeutet, denn er kann ja schlecht sagen: "Los, lass das letzte bisschen Menschlichkeit fahren, das noch in dir steckt!" (Obwohl er das natürlich meint.) Ich fand eigentlich, dass dieser letzte Satz das noch mal schön auf den Punkt bringt. Muss ich drüber schlafen.

"Setzen Sie sich."
Hier würde ich statt eines Punktes ein Ausrufezeichen benutzen!

Hatte schon mal jemand moniert (Friedel, glaube ich). Ich wollte hier keinen Befehlston anklingen lassen, der Chef ist ein ganz Ruhiger.

Für den Parkplatz müssen wir uns dann allerdings einen Anderen suchen.
Hier wir anderen kleingeschrieben!

Der Duden erlaubt (noch) beides, aber ich sehe ein, dass meine Großschreibung old school ist und nur zu Widerspruch einlädt. Habe es zusammen mit den Anderen ;) Vorkommen geändert.

Die weiteren angemerkten Kleinigkeiten habe ich korrigiert. Erstaunlich, was da immer noch so schlummert.

Hat mir gut gefallen.

Da widerspreche ich jetzt mal nicht. :D

Noch mal vielen Dank, svg, für den aufwendigen Kommentar. Ich freue mich, dass Du meine Geschichte magst!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Holg,

von mir kriegst du keinen so ausführlichen Kommentar weil ich mal endlich schauen muss, dass ich mich noch durch die restlichen Stories durchlese :D.

Und überhaupt ist das, was ich zu sagen hab, ohnehin schon mehrfach gepostet worden: also mir ging es auch so, dass mir die Charaktere zu schwarz / weiß daherkommen.
Irgendwie hätt ich noch auf was extra Überraschendes gewartet, doch der Superarsch ist tief gefallen und geläutert wieder auferstanden und die nur halb so böse Ehefrau ebenso ... und das war's dann.

Und überhaupt ist jetzt x-mas schon vorüber und meine weihnachtliche Glückseligkeit und Empfänglichkeit für Herz-Schmerz-Stories offensichtlich schon wieder wie weggeblasen :D.

lG aus Tirol,

Luigi

 

Hallo Luigi,

danke für Deinen Kommentar, auch wenn Dir meine Geschichte nicht so gut gefallen hat.

Du hast natürlich recht mit dem Schwarzweißen und den Klischees, das ist ja schon mehrmals zu Recht angemerkt worden. Lässt sich aber in dieser Geschichte nicht mehr vernünftig beheben, weil die einfach komplett an diesen Extremen aufgehängt ist.

Dafür kann ich noch mal daran erinnern, dass ich für künftige Geschichten Besserung gelobt habe. Naja, vielleicht nicht für alle :D, aber ich werde mich definitiv auch an komplexeren Charakteren versuchen.

Irgendwie hätt ich noch auf was extra Überraschendes gewartet, doch der Superarsch ist tief gefallen und geläutert wieder auferstanden und die nur halb so böse Ehefrau ebenso ... und das war's dann.
Naja, da war noch der Schluss, den manche ganz gelungen fanden. Aber ich akzeptiere natürlich, dass Du's anders bewertest.

Und überhaupt ist jetzt x-mas schon vorüber und meine weihnachtliche Glückseligkeit und Empfänglichkeit für Herz-Schmerz-Stories offensichtlich schon wieder wie weggeblasen.
Ach, Du meinst diese besinnlich-gefühlsduselige Stimmung, in der Du Deine eigene TdM-Geschichte verfasst hast? :lol:

Nochmals besten Dank!

Grüße vom Holg ...

 

Ciao Holg

(keine Gewähr auf gedoppelte Anmerkungen)

Mir ist der Marc so richtig unsympathisch, auch wenn er jetzt da gegen Ende scheinbar geläutert zu sein scheint, aber das kauf ich dem noch nicht ganz ab. Also nicht falsch verstehen, Autor hat alles richtig gemacht. :D

Ist inzwischen kein grosser Spoileralarm mehr, wenn ich sage:
Am Ende kriegt Marc so richtig sein Fett weg, aber der zweite Twist ist dann noch besser als erwartet, die stolzen Italienerinnen, einfach klasse. Ich hatte richtig gute Laune nach dem Lesen. Das wünsche ich mir von einer Geschichte, die doch einiges länger als ein Fastfoodhappen dauert. Gehaltvoll bis zum letzten Bissen.
Du baust die Spannung gekonnt auf, der Typ in Schwarz taucht bereits im ersten Abschnitt auf, so dass der Leser schon hibbelig darauf wartet, wer das sein mag und welche Rolle er noch übernehmen wird. Für mich ganz klar Gevatter Tod, der sich einen Spass erlaubt und als böser Edgar die Menschen auf die Probe stellt. Ich kann mir sogar vorstellen, dass er bei einer Zusage den Lebensfaden mit den Worten kappt:"Falsche Entscheidung, sorry." Oder so.

Auch die Gestalt im dunklen Mantel, die am Ende der Ausfahrt stand und interessiert das Geschehen auf der Autobahn beobachtete, fiel Marc nicht auf.
Ich glaube, der stand mal zuerst unter einer Brücke, was auch nicht so toll war, aber Ende der Ausfahrt?
Ich persönlich fände es hübsch, wenn er auf einer Brücke steht, und das Geschehen unten auf der Autobahn beobachtet, weil das den Örtlichkeiten bei Ausfahrten am Nächsten kommt:
Erst kommt die Ausfahrt und führt eine Anhöhe zur (Bundes-)Strasse hoch. Würde man am Ende der Ausfahrt links abbiegen, erreichte man die Brücke über die Autobahn, auf der der Mann im schwarzen Mantel stand und alles beobachtete. Nur so als Idee.

"Das kann nur ein Irrtum sein, Baby", setzte er an. Als er sich selbst hörte, war ihm bereits klar, wie platt und abgegriffen die Phrase klang.
Das kauf ich dem Marc nicht ab, das kam zu abgeklärt, eine klitzekleine Verwirrung würde ich erwarten. "Ich? Das muss ein Irrtum sein, Baby", oder so.

Die Anstrengung, nicht (zu) laut zu werden, ließ Marcs Stimme zittern.

Marc schob unwirsch einen Mann im dunklen Mantel zur Seite, der den Flur verengte. Der Mann sah Marc und seinem Anwalt hinterher.
Ist mir etwas zu dick aufgetragen, lasse ihn (gegen) dessen Schulter prallen/streifen. "Tschuldigung", sagte der Mann und schaute ihnen (lächelnd) hinterher. Ist aber keine grosse Sache, nur so ein Empfinden.

"Ach, und warum versucht das sture Weib mir dann unseren Sohn vorzuenthalten?", fragte Marc grimmig.
Marc ist auch ohne Alk ein Egomane, deshalb bereits auch hiermeinen Sohn! :D

Ich kriege in der ganzen Branche keinen Fuß mehr an die Erde.
auf die Erde, aber auch so ein komisches Bild, du meinst ja keinen Zugang mehr zu seiner Branche, oder?

"Was weißt du schon davon, für dich ist Arbeit doch eh ein Fremdwort. Hast ja noch nie selbst 'nen Finger krumm gemacht!" Bitch!
Silvana schüttelte den Kopf. "Das muss ich mir nicht anhören, Marc. Nicht mehr. Zum Glück!" Sie schlug die Tür zu, öffnete sie dann noch einmal einen Spaltbreit. "Und lass dir ja nicht einfallen, wieder Sturm zu klingeln, sonst rufe ich diesmal die Polizei. Die kennst du ja noch von damals."
Klar, er denkt das, aber wirkt mir an der Stelle etwas bemüht. Und wenn du es ganz ans Ende des Absatzes stellst? So als, "ich hab hier das letzte Wort".

"Das ist es nicht", sagte Marc leise. Sie haben ja keine Ahnung.
"Bitte?" Der Sachbearbeiter sah Marc forschend an.
Das geschwärzte ist wohl nur gedacht, aber so liest es sich, als könnte der Sachbearbeiter Gedanken lesen. ;)

Am Ende ging Edgar noch einmal zu Marc, obwohl er ja eigentlich kein Bedarf mehr bestand. Beide haben ja abgelehnt, es ist kein Deal zustande gekommen. Aber Edgar ist eben :baddevil:und da gönnt er sich zum Abschluss noch die kleine "Verarsche", hehe.

Ich mag deine Geschichte echt gerne, gut geschrieben, schön flüssig zu lesen.
Ganz klar zurecht ein Anwärter fürs Treppchen!

Liebe Grüsse,
dot

 

Hallo dot,

vielen Dank für Deinen freundlichen Kommentar! Super, dass der Spannungsbogen für Dich so funktioniert hat. (Komischerweise hatte ich den von Anfang an so vor Augen, wie er jetzt dasteht. Schweiß haben mich die Charaktere und die Dialoge gekostet. Und das Kürzen.) Wenn Du nach dem Lesen gute Laune hattest, macht mir das auch welche, denn damit ist mein Autorenziel erreicht. :)

Deine Detailhinweise sind verflixt treffend. Obwohl ich ja nun schon so viele Kommentare bekommen habe, ist tatsächlich immer noch was zu optimieren.

Ich glaube, der stand mal zuerst unter einer Brücke, was auch nicht so toll war, aber Ende der Ausfahrt?

Das ist echt knifflig, wenn ich die Beschreibung kurz halten will. Diese Stelle ist jetzt schon mehrfach überarbeitet, und da war vorher tatsächlich mal die Brücke erwähnt.

Meine Vorstellung von der Szene war eher andersrum als Deine und entspricht der typischen Stadtautobahn, wie ich sie kenne: Die Autobahn führt über die Brücke, und die andere Straße ist ebenerdig. (Schätze, das hat was damit zu tun, was zuerst da war.) Edgar steht an der Einmündung der Ausfahrt auf die normale Straße, die ich auch nicht als Bundesstraße vor mir sehe, sondern als Einfall-/Ausfallstraße im Stadtgebiet, so dass es dort auch einen Bürgersteig gibt. Und er schaut hoch zum Unfallgeschehen.

Das alles zu erläutern, wäre natürlich total unspannend, aber wenn der Leser kein vernünftiges Bild vor Augen kriegt, törnt es auch ab. Ich denke darüber noch mal nach.

Das kauf ich dem Marc nicht ab, das kam zu abgeklärt, eine klitzekleine Verwirrung würde ich erwarten. "Ich? Das muss ein Irrtum sein, Baby", oder so.

Super, habe ich genau so übernommen. :thumbsup:

Ist mir etwas zu dick aufgetragen, lasse ihn (gegen) dessen Schulter prallen/streifen. "Tschuldigung", sagte der Mann und schaute ihnen (lächelnd) hinterher.

Ich habe jetzt geschrieben: Marc schob sich unwirsch an einem Mann im dunklen Mantel vorbei.
Sprechen lassen möchte ich Edgar an der Stelle noch nicht. Und lächeln tut der auch nicht.

Marc ist auch ohne Alk ein Egomane, deshalb bereits auch hier meinen Sohn!

Gekauft! :thumbsup: Übrigens hat er da ja sogar schon getrunken.

Ich kriege in der ganzen Branche keinen Fuß mehr an die Erde.
auf die Erde, aber auch so ein komisches Bild, du meinst ja keinen Zugang mehr zu seiner Branche, oder?

Ich denke, die Redewendung sollte gängig und verständlich sein, aber laut :google: gibt es die tatsächlich in unzähligen Varianten:
{ kein Bein | keinen Fuß } mehr { auf | an } { die Erde | den Boden } { kriegen | bekommen }

Ich lasse das erst mal so und warte, ob das noch jemand komisch findet.

Bitch!
Klar, er denkt das, aber wirkt mir an der Stelle etwas bemüht. Und wenn du es ganz ans Ende des Absatzes stellst? So als, "ich hab hier das letzte Wort".

Perfekt! Steht jetzt am Ende des Absatzes. :thumbsup:

"Das ist es nicht", sagte Marc leise. Sie haben ja keine Ahnung.
"Bitte?" Der Sachbearbeiter sah Marc forschend an.
Das geschwärzte ist wohl nur gedacht, aber so liest es sich, als könnte der Sachbearbeiter Gedanken lesen.

Da ist schon mal jemand vor Dir gestolpert. Ich habe jetzt das "Bitte?" rausgenommen. Schade eigentlich, das hatte so einen schönen Alltagstouch. Aber wenn's halt nicht funktioniert ...

Am Ende ging Edgar noch einmal zu Marc, obwohl er ja eigentlich kein Bedarf mehr bestand. Beide haben ja abgelehnt, es ist kein Deal zustande gekommen. Aber Edgar ist eben :baddevil: und da gönnt er sich zum Abschluss noch die kleine "Verarsche", hehe.

Ich sehe es als Warnung. Wie ich schon in früheren Komms geschrieben habe, kann man ja auch zweifeln, ob Edgar wirklich der Teufel ist. Vielleicht hilft er Leuten auf etwas drastische Art auf den rechten Weg? :D

Ich mag deine Geschichte echt gerne, gut geschrieben, schön flüssig zu lesen.
Ganz klar zurecht ein Anwärter fürs Treppchen!

Yay, danke! Mir geht das Autorenherz auf! :bounce: Und noch mal danke für die hilfreichen Hinweise!

Grüße vom Holg ...

 

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