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Warum ich einem Polen in die Eier trat

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24.04.2003
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Warum ich einem Polen in die Eier trat

Die Säulen erstrecken sich fast bis zur Decke. Aber eben nur fast.
Genauso wie sie künstlich sind, ist es auch das meterlange Efeu, das an ihnen herunterhängt und von einem ziemlich übergewichtigen Bühnenmitarbeiter gerade festgeklebt wird.
Auf dem kleinen Klappstuhl vor mir sitzt der Regisseur. Sein gezwirbelter Schnurrbart erweckt den Eindruck, als würde er die Anspannung seines Trägers in sich aufnehmen und jeden Augenblick vor Wut komplett zusammenrollen, bloß um dann wie eine beidseitige Peitsche Sekunden später wieder auseinanderzuspringen.
"Macht doch keine Scheiße", brüllt der schmächtige Mann in sein Handy und ballt dabei die Hände zu Fäusten. Das Gesicht ist rot. Adern treten hervor. Gleich platzt er und schmettert das Mobiltelefon auf den Boden. Aber dann wird er plötzlich doch wieder ruhiger. Scheinbar hat sich der Lieferant des Sarkophages den Liefertermin doch noch einmal anders überlegt.
"In einer halben Stunde und gnade Ihnen Gott, wenn nicht", droht er nachhallend und legt dann auf. Anschließend widmet er sich wieder meiner Wenigkeit.
Seine gewaltigen Froschaugen mustern mich zum wiederholten Male, wobei ich meinen Eindruck, das er schwul ist und das unter dem Deckmantel von Professionalität zu verbergen versucht, einfach nicht loswerde. Einerlei.
"Drei Sätze Text in einer halben Stunde auswendig lernen und kein direktes Zusammenwirken mit der Hauptdarstellerin. Trauen sie sich das zu?", will er von mir wissen.
Ich mustere den Körper der Göttin, der in straffes schwarzes Leder gezwängt ist und sich gerade probeweise auf der Kühltruhe mit den Fertigpizzen räkelt. Der Sarkophag ist ja noch nicht da.
"Ob Sie sich das zutrauen? Glauben Sie ja nicht, ich finde nicht noch auf die Schnelle Ersatz und wenn ich selbst den Sklaven spiele. Dies hier ist keine Hollywood Produktion."
Ich schaue ihm ins Gesicht. Wie hieß er doch gleich? Arthur? Ich glaube Arthur. Er sieht eher wie ein Eugen aus. Durch die breite Lücke zwischen seinen Schneidezähnen spritzt in regelmäßigen Abständen Speichel hervor, mit dem er sein Revier zu markieren versuchen scheint. Im Grunde ist er aber ziemlich uninteressant.
Ich widme mich wieder der Göttin. Nicht, das sie tatsächlich wie eine aussieht; es ist bloß die ihr zugedachte Rolle. Tatsächlich wohl eine ganz attraktive Taube, die man kurzfristig von der Straße aufgelesen hat. Ich atme tief ein. Aromatisch.
"Sind Sie noch da?", winkt er mit seinen beharrten Affenhänden vor meinen Augen herum. Sowas mag ich nicht.
Jetzt steht sie plötzlich auf und blickt in meine Richtung. Ich verkneife mir ein Pfeifen und starre statt dessen völlig unverhohlen dorthin, wo das enge Leder den Eingang ihrer Lust verbirgt. Ach herrje, was lächelt sie süß zurück. Zumindest glaube ich ihren zum Verzücken gedehnten Mund in den Augenwinkeln wahrzunehmen.
"Sie können mich mal! Niemand hier ist auf Sie angewiesen und ich erst recht nicht!"
Ach so ja...der Regisseur.
"Klar. Traue ich mir zu."
"Unterschreiben!"
"Wo?"
"Ganz unten!"
Jetzt kichert sie auch noch. Wie ein kleines Mädchen. Mit einer Hand streichelt sie ihren Busen; obwohl Titten wohl zutreffender ist. Ganz schön harte Knospen, die sich da durchs Göttinnen-Kostüm zu bohren bemühen. Ich würde gerne aufstehen und sie...
"GANZ UNTEN!"
"Schon gut, schon gut." - Der Regisseur, nennen wir ihn Eugen, drückt mir meinen Text in die Hand. Ich bin ein unbedeutender Sklave, der Zeuge des Lustspiels seiner Herrscherin wird, ehe die ganze Pornosauerei in einem einzigen Blutbad endet. Ganz nettes Skript eigentlich. Nur meine Rolle gefällt mir nicht, aber da wird sich sicher noch was machen lassen.

Es vergeht eine halbe Ewigkeit, bis der LKW den Sarkophag anliefert und zwischenzeitlich meine ich ein paar mal, den Schneuzer von Eugen wieder nervös flattern zu sehen. Auch hat er jetzt scheinbar einige Haare mehr auf den dünnen Ärmchen bekommen. Man kennt das ja, je dicker das Fell, umso kleiner der...
"Kamera vier in Position. Ägyptischer Naturkaviar am Nadelöhr von den Bordell Pyramiden und...", er hustet laut, "Action!"

Noch bevor es zum wortwörtlichen ersten Akt kommt, stürzt bereits die erste Säule um und begräbt dabei einen Schrank von einem Mann unter sich.
"Cut!", brüllt Eugen hysterisch, während sich der Hüne unter dem Pappmache hervorschlängelt.

Mir wird das Ganze allmählich zu dumm. Ich schreite dramatisch auf den Sarkophag zu und nehme mir, was die Küche hergibt. Gott, das Mädchen ist gut, wenn auch ein bisschen überrascht. Als ich mit ihr fertig bin, schaut Eugen doch ein wenig verdutzt aus der durchschwitzten Wäsche. Ich übrigens auch, denn an seinem Erscheinungsbild hat sich noch immer nicht viel verändert. Um es auf den Punkt zu bringen : Er bietet einen genauso kümmerlichen Anblick wie vorhin.

"Was zum Teufel?", stottert er, vom heftigen Stöhnen meiner Göttergattin begleitet.
"Moment Schatz, ich bin mal kurz raus", erwider ich ihren Orgasmus und kehre zurück zum Regisseur.
"Ist das hier Studio 4B oder nicht?"
Seine Knie schlottern wie dünnes Geäst im Herbststurm und je länger er mich ansieht, umso mehr prallen seine Knochen zitternd aneinander.
"Schon", flüstert er heiser. - "Aber wir haben die Räumlichkeiten kurzfristig getauscht, weil wir das ägyptische Szenario in Studio 5C nicht untergebracht bekommen haben. Die geile Werwölfin von Tarker Mills wird jetzt dort gedreht."

Meine sehnsüchtigen Blicke gelten der letzten Vollmondnacht dieses Monats, die in ihrer ganzen Schönheit durchs Fenster strahlt.
Man verrät meinem Geschlecht zuvor niemals Titel oder Handlung; aber jetzt eine geile...mit so richtig dickem Busch am ganzen Körper.
Naja, zur Not frisst der Teufel eben halt auch die Fliegen.
Ärgerlich ist es dennoch. Verdammt ärgerlich sogar.

"Vielen Dank auch, Arschloch!", rotze ich in sein vom Grauen geprägtes Gesicht und trete ihm in den Sack.
Dann verabschiede ich mich noch kurz von meiner Göttin, die nach meiner Nummer fragt. Ich ritze diese statt meiner Initialien in ihren Rücken und verschwinde dann unter lautem Geheul aus dem Studio.

Was für ein beschissener April.

 

Nette Idee, ein Werwolf als Oberstecher am Pornoset.
Liest sich sehr flüssig, hab auch das ein oder andere Mal wegen der Ausdrucksweise lachen müssen.
Jedoch: Mir fehlt da der wirkliche Horor. Vielleicht seh nur ich das so, aber ein Werwolf allein macht noch keinen Sommer... ähm Horror...
Hätte auch zu Alltag oder so gepasst. Trotzdem sehr gut geschrieben.

 

Hi Cerberus!

Mal wieder eine Story von dir gelesen, fein unterhalten, allerdings auch ein wenig dumm geguckt - na ja, halt eine Cerberus-Story.

Ich glaube hier in diesem Forum gelingt es nur noch Poncher seiner Linie so treu zu bleiben, wie du das tust. Man erkennt einen Text von dir auf drei Meilen (das zumindest ist positiv gemeint). Obwohl ich den leisen Verdacht habe, du hälst dich ein wenig an J.T.

Mir hat der Text gefallen, wohlgemerkt als Text! Als Geschichte ist er denn doch ein wenig mau, dürftig.
Was mir vor allem gefällt, und woran du kontinuierlich zu arbeiten scheinst (auch wenn du es nicht offensiv tust), ist die Charakterisierung deiner Protagonisten. Der Erzähler war ein bisschen blass, sein Gegenpart aber, Eugen oder Arthur ist dir zumindest als Karrikatur gelungen. Was mir nun nicht gefallen hat, du hast immer neue Eigenarten im Laufe des Textes enthüllt. Das kann interessant sein, muss aber in sich schlüssig und zusammenhängend sein. Das ist noch nicht der Fall. Kommt mir so vor, als entstände der Charakter beim Schreiben. Das ist nicht gut. Ich glaube, ich hatte dir schon mal den Vorschlag gemacht, mit einem Plan zu arbeiten, vorneweg festzulegen, was geschrieben wird. :naughty:

erweckt den Eindruck, als würde er

Meiner Meinung nach müsste es heißen: erweckt den Eindruck, dass (kann mich aber auch irren :D

Gleich platzt er und schmettert das Mobiltelefon auf den Boden.

In dieser Reihenfolge ist das schwierig und wirkt unfreiwillig komisch.

Er sieht eher wie ein Eugen aus

Wie sieht ein Eugen aus? :susp:

Soweit. Wie gesagt, bin gespannt auf weiteres.

Viele Grüße von hier!

 

Holla Sombreros!

@SamCaracha

Okay, ich muss zugeben, das der Text vielleicht nicht wirklich der blanke Horror ist. Im grunde sollte er aber auch bloß recht unterhaltsam sein.
Freut mich jedenfalls, das er dir ganz gut gefallen hat.

@Hanniball

Ich glaube hier in diesem Forum gelingt es nur noch Poncher seiner Linie so treu zu bleiben, wie du das tust.

Hmmm...da es bislang scheinbar noch niemand bemerkt hat, muss ich an dieser Stelle wohl mal ein kleines Geständnis machen. Hatte die Grundform dieses Textes schon vor längerem geschrieben, aber nie zuende gebracht. Ursprünglich sollte es eine "richtige" Werwolfgeschichte werden, die aber wie so viele andere Halbfertigkeiten seit Ewigkeiten auf meiner Platte geschlummert hat. Dann habe ich Ponchers "Warum ich einem Österreicher..." gelesen und fühlte mich irgendwie an meinen Text erinnert, woraufhin ich ihn ein wenig umgeschrieben und dann mit ähnlichem Titel gepostet habe. Ich hoffe, Poncher nimmt mir das nicht allzu übel. Obwohl sich die Gemeinsamkeiten ja eigentlich ziemlich in Grenzen halten.

Kommt mir so vor, als entstände der Charakter beim Schreiben. Das ist nicht gut.

Ja okay...ich arbeite daran. Blackwood hat mir diesbezüglich übrigens vor ein paar tagen eine PM geschickt, betreffend deines Angebotes zur Zusammenarbeit an einer Geschichte, das du mir vor längerer Zeit gemacht hast. Wenn noch Interesse bestehen sollte, kannst du mir ja mal kurz schreiben.

In dieser Reihenfolge ist das schwierig und wirkt unfreiwillig komisch.

lol Jetzt, wo du es erwähnst.

Wie sieht ein Eugen aus?

Ungefähr so : :naughty:

Okay, beste Grüße an euch beide!

Cerberus

 

Also ich hab gut gelacht! Vor allem am Ende, das war nicht schlecht. "Vielen Dank auch, Arschloch!" Hehehehe! Du hast hier eine sehr bildhafte Geschichte veröffentlicht. Jeder, der sie liest, kann sich alles sehr schön vorstellen, die Kulissen, die Prots... Find ich gut.

Der Satz am Ende allerdings, von wegen "beschissener April", dazu der Name Eugen, und auch der Titel ansich... Hmmmm, ich denke, ich war einer der ersten, der den Text las, hab mich aber zurückgehalten, aber ich dachte die ganze Zeit: "Ja, Menschenskind, was hat denn da den Cerberus geritten? Ist das jetzt eine Verarsche? Ist er irgendwie sauer? Oder isser sogar Österreicher?"

Finde auch, dass du eine echte Bereicherung bist für die Horrorrubrik! Mir fallen da sonst nur Rainer, Hanniball und Relysium ein, die dafür Garantie tragen, was Witz, Originalität und Einfallsreichtum betrifft. Klar, gibt auch andere, aber die haben es irgendwann nicht mehr für nötig gehalten, sich hier zu beteiligen. Und somit zählen die nicht!

Natürlich ist auch klar, dass deine Geschichte nur vom Witz lebt, aber wie dieser so beiläufig rüberkommt... Coole Sache! Sie liest sich auch anders, irgendwie, und du erwähntest, dass sie eine deiner älteren Ideen sei. Belass es dabei! Wir haben alle gut abgelacht, quasie Saturday Night Light Horror... Hehehehehe! Auch Frühwerke können für sich stehen, quäl dich nicht und versuch krampfhaft, es allen recht zu machen. Nimm die Kommentare mit dir, beziehe sie in eine deiner nächsten Stories mit ein, und alle sind zufrieden.

Also, witzige Geschichte, die hundert pro in die Rubrik paßt! Es muß nicht immer Eingeweide sein, nicht wahr?

Gruß,
Poncher

 

Hallo Cerberus!

Nette Story für Zwischendurch, ab und zu was zu lachen, so gut wie kein Horror (aber ich weiss, das ist die beste Rubrik und da muss man ja fast hier posten :D ).
Viel mehr als eine Story für Zwischendurch war es aber nicht. Sie haftet an einem kranken Cerberus-artigen, oberflächlichen Geschehen und das am Anfang 'versprochene' Blutbad bleibt mir erspart.
Die Charakterisierung des 'Eugen' und die Bühne sind dir besonders gut gelungen.

Wozu 'beschissener April'? Dieser Schluss erinnert mich an diejenigen deiner früheren Storys, was ja nicht immer ein Kompliment ist.

Durch die breite Lücke zwischen seinen Schneidezähnen spritzt in regelmäßigen Abständen Speichel hervor, mit dem er sein Revier zu markieren versuchen scheint.
Sehr schön!
mit seinen beharrten Affenhänden
Ein Typ namens Horebeke beharrt darauf, dass die Hände behaart sind und nicht beharrt.
Ich verkneife mir ein Pfeifen und starre statt dessen völlig unverhohlen dorthin, wo das enge Leder den Eingang ihrer Lust verbirgt.
Einer der besten Lacher in dem Text, weiss nicht wieso, wegen dem Pfeifen wohl.
Die geile Werwölfin von Tarker Mills wird jetzt dort gedreht
Wieder nett.
Da hab ich beim Lesen der Ponch-Kritik grad heftig nicken müssen:
Nimm die Kommentare mit dir, beziehe sie in eine deiner nächsten Stories mit ein, und alle sind zufrieden.
Es ist viel einfacher und effizienter, von den Kritiken zu lernen, das gelernte aber vor allem bei späteren Geschichten umzusetzen. Natürlich, ab und zu ist auch eine Grossüberarbeitung sinnvoll, aber nur wenn man damit etwas deutlich verbessert. Geschmäcker sind und waren ja immer unterschiedlich.

@Poncher:
Meinst du mit 'beteiligen' Storys oder Kritiken schreiben? In beiden Fällen gäbe es da noch ein paar mehr, die man als 'Werte' bezeichnen müsste, obwohl ich mich grundsätzlich deiner Aussage anschliesse. Die Horrorrubrik war auch schon fleissiger, das gilt für fast alle, ich inklusiv, relysium ist einer der wenigen, die regelmässig sehr präsent sind.

mfg,

Van

 

Ich meinte beides, und natürlich gibt es da noch mehr, aber um 4:00 Uhr morgens kann man von mir nicht wirklich verlangen, sämtliche Highlights der Rubrik aus dem Stehgreif parat zu haben. ;)

 

Okay, die Ausrede zählt, hab nicht auf die Uhrzeit geschaut :D. Hab auch nur deine Formulierung ('Und somit zählen die nicht') für ziemlich riskant gehalten, ich zumindest könnte das nicht so sagen, weil es leider nach wie vor Stammautoren der Horrorrubrik gibt, von denen ich nichts gelesen habe (was wiederum zeigt, dass unsere Rubrik am meisten Stammautoren hat, harr harr). Deine Storys kenne ich zum Beispiel abgesehen von Hoodenbruck auch nicht und da sind noch viele mehr...

Naja, fertig Off-Topic :D.

mfg,

Van

 

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