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Selbstbeherrschung, gepflegt, umständehalber abzugeben
Die Schlüssellöcher in den Türen meines Verstandes haben begonnen zu zwinkern.
Wenn ich meinen Wagen tanke, um durch die Nacht zu fahren, erscheint mir der Gestank des Benzins wie das Parfüm einer Chimäre, die ihre Krallen um den gesunden Teil meiner Beherrschung klammert; ihr Griff wird mit jeder Nacht fester.
Heute morgen schien der Reißverschluss meiner Jeans zu lächeln - unendlich viele Zähne bleckten sich mir entgegen, aber ich ignorierte sie aus reiner Höflichkeit.
Eine gute Erziehung ist unabdingbar bei dem, was ich tue.
Wenn das Leben wirklich wie eine Pralinenschachtel ist - warum habe ich dann nur das Konfekt mit Eierlikör?
Mein Leben ist wie eine Kirmes, auf der jede Fahrt nur rückwärts geht, wie die Auslage eines Metzgers, der nur die Leberwurst von Gestern auf schlecht gemalten Pappschildchen anpreist.
Ich würde gern mit den Pferden durch die Nacht preschen, aber Kordhosen von Palomino haben mir jeden Spaß vergällt; ich hätte Angst, das Glöckchen zu hören, das an meiner Gürtelschlaufe baumelt.
Der Sensenmann benutzt neuerdings einen Rasenvertikutierer, aber er erwischt mich nicht, obwohl ich mich nie ducke; er scheint nicht motiviert zu sein.
Ich habe entschieden, ein eremitenhafter Entertainer zu sein; Dean Martin in Workout- Hosen, im Programm traurige Lieder von syphilitischen Butterblumen, wenn Sie wollen.
Ein guter Entschluss: um mich herum nur kopulierende Gratulanten.
Mein Fernseher ist zu geschwätzig für einen Tag, an dem die Wolken aussehen wie die clerasilgetränkte Watte eines Teenagers.
Lao Tse sagt: ich würde gern in meinem Elfenbeinturm leben, aber zuviel Scheiße schwappt an sein Fundament.
Die Bedienung in der Bar jeder Vernunft sagt, ich wäre ein Rassist, weil ich bei der Bestellung meines Kaffees »schwarz« so komisch betone; möglich, dass sie recht hat.
Aber Cafe Latte erinnert mich zu sehr an den Moment nach dem Aufwachen - alles zu endgültig für mein Geschmack, und alles zu viel. Dann lieber ohne Milch; ich vermisse sie sowieso nicht.
In der Straßenbahn sitzt der Messias neben mir; er lächelt, aber seine Schuhe passen nicht zum Anzug. Als er mir auf die Schulter klopft, rieche ich Ouzo in seinem Atem, aber vielleicht ist es auch der Duft der Erkenntnis. Als er spricht, weiche ich zurück - tief in mich selbst, von den Plätzen für arthritische Senioren, in die ich stolpere, ganz zu schweigen.
Seine nässenden Worte berühren mich stärker als jeder harte Knastfilm in Sepiatönen:
Pathos gibt es jetzt auch in Salzlake.