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Sammler

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10.01.2008
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Sammler

Mama sammelt Streichhölzer. Eigentlich ja Streichholzschachteln. Von jedem Hotel in dem sie war, hat sie eine Erinnerung. Die stehen bei uns in der Wohnzimmervitrine. Papa regt sich immer über die „Staubfänger“ auf, aber Mama sagt, dass schließlich sie wischen muss und außerdem seien Papas Bücher ja auch nicht viel besser. Papa sammelt nämlich Briefmarken in Büchern. Er hat schon ein ganzes Regal voll. Sein bestes Stück ist eine seltene Briefmarke aus Dubai – die hat er per Zufall gekriegt, sagt er. Und dann sagt er noch, dass wenn wir mal kein Geld haben, dass man dann ja schließlich mit seinen Büchern Geld kriegen könnte. Mama sagt, dass ihm die paar Briefmarken dann auch nichts mehr nützen. Mein Bruder meint dann immer, man könne ja auch seine gesammelten Medaillen einschmelzen, weil die ja aus Gold seien. Ich hab da so meine Zweifel. Bei meiner Oma ist das anders, sie ist eine sehr praktische Frau. Sie sammelt nützliche Dinge, nämlich Tassen. Und ihre Tochter, also meine Tante, sammelt Moccatassen – das sei immer noch besser als das, was mein Cousin sammelt, meint meine Oma. Der sammelt Fußballspieler. Nicht die richtigen, die sind zu groß, sondern kleine Modelle. Mit denen spielt er dann immer ihre besten Züge nach. Er hat Lukas Podolski sogar schon vier Mal. Manchmal tut er auch so, als würden die Spieler ankommen, in den Spielzeugautos, die unser Nachbar sammelt und das sie von den Barbies begrüßt werden, die seine kleine Schwester sammelt. Die Mutter von unserem Nachbar, Frau Huber, sammelt Rezepte zum Kochen. Die probiert sie aus und ihr Mann, der Kollege von Papa, kommt dann immer zu uns und fragt, ob er bei uns essen dürfe. Natürlich darf er. Er bringt ja auch Whisky mit. Das findet mein Papa gut, denn er mag Whisky. Am liebsten wollte er auch Whisky sammeln, wie unser Nachbar. Aber Mama erlaubt das nicht. Sie sagt, das man es auch übertreiben kann mit dem Trinken. Und zu mir sagt sie immer, ich soll so viel trinken wie ich kann, weil ich zu wenig trinke – so ganz versteh ich das nicht. Vielleicht hat Mama das von Oma, die mag ganz viel nicht. Zum Beispiel, das mein Opa Bierhumpen sammelt und den Mann im dritten Stock. Der sammelt Schürzen, sagt sie. Ich hab ihn zwar noch nie in Schürzen gesehen, aber vielleicht trägt er die ja nur zu Hause. Ich kenne viele Leute, die etwas sammeln. Nur ich hab nichts gesammelt, aber ab heute sammle ich. Ich sammle nämlich ab heute Sammler.

 

in diesem experiment ging es mir darum, etwas aufzuzählen, ohne, dass es nur eine langweilige aufzählung ist.

Ihc hoffe, mir ist das Gelungen.

 

Hallo Glitonea,

es ist jetzt nicht unbedingt "langweilig" geworden, nur sehr, sehr anstrengend. Viel zu viele Informationen auf engem Raum. So eine Art Reizüberflutung, weil jeder Satz einen neuen Menschen einführt und sich alle sehr ähnelt, aber dann doch ein bisschen unterschiedlich sind. Ist ein unangenehm zu lesender Text, ich musste mich da zwingen weiterzulesen, vor allem weil es eben überhaupt keinen Sinn in der Aufzählung gibt, da sind die Sätze einfach so lose miteinander verbunden, und es zeigt sich kein "vernünftiges" Muster in der Argumentation, bis dann im letzten Satz zusammenkommt, ah, er sammelt Sammler, aber die Aufzählung dieser ganzen verschiedenen Sammler ist mal echt anstrengend zu lesen. Da müsste in den Zwischenräumen der Sätze viel gearbeitet werden, Satzverbindungen, überhaupt verbindene Elemente, weg von diesem monotonen Satzbau, damit so eine "Aufzählung" wirklich lesbar ist.

Aber interessante Idee, irgendwie, wie macht man aus was Unlesbarem was Lesbares. Mit viel Fingerspitzengefühl wahrscheinlich.

Gruß
Quinn

 

Hallo Glitonea!

Ich befürchte, ich habe mehr in die Geschichte hineingelesen, als drin war. Na ja - solang's um unerfüllte Träume geht, bin ich da groß drin. So sah ich die Mutter, die sich in die Vergangenheit zurückträumt, dahin, wo sie damals überall war und nun nie wieder hinkommen wird; ich sah den Vater, der sich an einen anderen Ort träumt; den Cousin, der sich zum Sportreporter oder Spitzensportler träumt; den Bruder, der vom großen Medaillenverzierten Erfolg träumt ...
Deswegen war für mich der Text auch nicht allzu mühsam zu lesen, sondern hatte so eine Art naiven Charme, da der Erzähler die ganzen Träumereien ja selbst nicht sieht und einfach losplappert.

Als es dem Ende entgegenging, dachte ich: Und der Erzähler sammelt nichts? Kann er mir doch nicht erzählen, er hat doch diese kleine Menschensammlung. Das Dumme war nur: Mit genau diesem Satz schließt Du ab. Da hab ich mich ein wenig so gefühlt, als würde mir das Fazit in den Mund gelegt; dabei würde ich lieber selbst drauf kommen. Also: gemessen an der Art, wie ich die Geschichte lese, würde ich abschließen mit "... nur ich habe noch nichts gesammelt, aber der Gedanke ist reizvoll" oder so etwas. Nur ist meine Art, die Geschichte zu lesen, wahrscheinlich abwegig. :)

die unser Nachbar sammelt und das sie von den Barbies begrüßt werden
... sammelt Komma und dass ...

Sie sagt, das man es auch übertreiben kann mit dem Trinken
... sagt, dass man es auch ...

Ob Du Deiner Zielsetzung gerecht geworden bist, kann ich nicht sagen. Eher nicht: Denn wenn es um eine reine Aufzählung geht, dann ist das Ganze wirklich zäh und monoton. Wenn man aber eine zusätzliche Ebene reinliest, geht's. Da mir das wiederfahren ist fand ich's auch nett zu lesen.

Bis denne,
Fisch

 

Hi Glitonea

Kann mich meinen Vorschreibern nicht anschliessen. Gefällt mir nämlich gut, deine Sammelstory.
Ich finde auch, dass der monotone, einfach gehaltene Satzbau sehr gut mit der auf das Sammelhobby eingeschränkten Personencharakterisierung harmoniert. Ein Stilmittel, das meiner Meinung nach hier vollends aufgeht.
Auch finde ich es satirisch witzig, wie die jeweiligen Sammler die Sammeleigenschaften der anderen Sammler kritisieren.
Die Schlusspointe gefällt mir ebenfalls.
Vielleicht solltest du deine Verwandt- und Nachbarschaft miniaturisieren und in einen Setzkasten stellen.;)

 

Hi Glitonea,

am Anfang fragte ich mich, wohin führt das?, spitze sozusagen schon den Bleistift, aber irgendwie fand ich es tatsächlich unterhaltsam und war am Ende überzeugt, du hast sogar eine Geschichte erzählt. Schade, dass der Gag mit den Schürzen so nicht funktioniert, denn es heißt Schürzenjäger, nicht Schürzensammler, auch wenn die Schürzen dann hinterher vielleicht wie Trophäen gesammelt werden. Da könnte man sich dann gut die an die Wand genagelten Schürzen mit Geweih vorstellen. *g*

Experiment hat mir gefallen.
Lieben Gruß
sim

 

Hej Giltonea,

mir hat das Experiment gefallen. Die verschiedenen Sammelleidenschaften aufzuzählen, lauter kleine endlose Kreise in einen Größeren zu packen, das hat bei mir funktioniert. Vor allem wird damit das Sammeln gut charakterisiert.


Eine Variante für den Schluß:

"Nur ich habe nichts gesammelt. Ich müsste mir da mal etwas einfallen lassen."

Ich hatte den Eindruck, dass Du nicht unbedingt zeigen willst, wie hirnrissig es sein kann, allen möglichen Kram zu sammeln, sondern dass es dir darum geht, das Sammeln zu sammeln. Ich finde, ein Sammler, der nicht merkt, dass er sammelt, macht Deine Sammlung perfekt. ;)

Viele Grüße
Ane

 

Hallo Zusammen!

Erst mal vielen dank fürs lesen und kommentieren! Und entschuldigt bitte, dass es so lange gedauert hat, bis ich mich endlich selbst auch äußere.

Ich hatte mir schon gedacht, dass dieses Experiment die Meinungen spalten wird und so viel positive Kommentare hatte ich gar nicht erwartet, um so mehr freue ich mich jetzt natürlich darüber...

@ Fischstäbchen: Genau das, was du beschreibst, habe ich mir auch beim Schreiben gedacht.. die Träume und Erinnerungen der Menschen, aber mien Ich-Erzähler ist ja noch ein Kind, dem das alle snicht so auffällt.

Nochmal vielen Dank an alle!

Glitonea

 

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