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Parkbank

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06.11.2016
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Parkbank

Gerlinde Kubalek versteckt sich hinter einer dicken Eiche und betrachtet den Mann, der wie jeden Nachmittag auf der Parkbank sitzt, einen viel zu großen schwarzen Hut schief auf seinem Kopf. Schwielige Hände halten eine Papiertüte umklammert. Ab und an nimmt er einen kräftigen Schluck aus der darin verborgenen Flasche.
Wenn Gerlinde Kubalek mit ihrem kleinen Yorkshire Filou eine Runde dreht, nimmt sie jedes Mal den Weg durch den Park. Seit einigen Wochen schon ist ihr dort der Mann auf der Bank aufgefallen. Er fasziniert sie, er macht sie neugierig. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen. Es ist, als ob sie ihn schon seit Langem kennt, wie einen alten Freund. Dabei weiß sie nichts über ihn, hat noch kein Wort mit ihm gewechselt. In den letzten Tagen hat sie ihm im Vorbeigehen lediglich verstohlene Blicke zugeworfen. Doch heute konnte sie nicht anders, als stehen zu bleiben und ihn zu beobachten. Die dicke Eiche bietet ihr gerade so viel Schutz, dass sie sich nicht wie eine Voyeurin vorkommt.
Gerade steckt der Mann die Tüte umständlich in seine Sakkotasche und zupft sich die Hosenbeine zurecht. Eine Geste, die sie an Otto erinnert, der seine Bügelfalten richtet. Dann rutscht er auf der Sitzfläche nach vorne, als wolle er aufstehen. Ihr stockt der Atem. Sie will nicht, dass er geht. Doch der Mann bleibt sitzen. Gerlinde Kubalek atmet auf. Diese Gelegenheit will sie nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wild entschlossen nimmt sie all ihren Mut zusammen und steuert auf die Parkbank zu.

„Ist neben Ihnen noch frei?“
Ihr Gegenüber starrt sie aus leicht geröteten Augen fragend an.
Gerlinde bleibt einfach stehen. Als ihm klar wird, dass sie ihre Frage ernst meint, nickt er leicht und fummelt ein Stofftaschentuch aus der Hosentasche. Mit zitternden Händen wischt er mit dem zerknitterten Fetzen über den Platz neben sich, um Schmutz und Staub zu entfernen. Gerlinde wagt nicht, darüber nachzudenken, was sich alles an dem Taschentuch und nun eben auf der Parkbank befinden könnte. Sie lächelt ihn freundlich an und merkt verwundert, dass das Lächeln ihre Augen erreicht.
„Gerlinde Kubalek“, sagt sie mit fester Stimme und hält ihm ihre Hand hin.
„Gustav Kling.“ Seine Stimme zittert, doch sein Händedruck ist fest und warm.
Sie lacht: „Da haben wir doch tatsächlich dieselben Initialen!“
Verwundert sieht er sie an. Für einen Moment glaubt sie, dass er keine Ahnung hat, wovon sie spricht.
Dann grinst auch er: „Ein schöner Zufall.“
„An Zufälle glaube ich nicht!“
Er schweigt.
„Kennen Sie Albert Schweitzer?“, hakt sie nach.
„Nicht persönlich“, antwortet er.
Wieder lacht sie. Ein seltsames Gefühl, so viel zu lachen.
„Er hat gesagt, der Zufall sei ein Pseudonym, das der liebe Gott wähle, wenn er inkognito bleiben wolle.“
Er scheint darüber nachzudenken. „Ich glaube schon lange nicht mehr an Gott“, antwortet er schließlich.
Gerlinde beißt sich auf die Unterlippe. Natürlich nicht. Sie faselt mal wieder dummes Zeug.
„Aber“, fügt Gustav plötzlich hinzu, „der Gedanke gefällt mir trotzdem.“
Eine Weile sitzen sie schweigend nebeneinander und genießen die neue und doch seltsam vertraute Nähe des anderen.
„Darf ich fragen, warum Sie jeden Tag hier sitzen?“, durchbricht Gerlinde nach einiger Zeit die Stille.
„Es macht mir Freude, die Menschen bei ihren Alltäglichkeiten zu beobachten“, antwortet Gustav.
„Haben Sie keine Wohnung?“
Er sieht sie lange an. Gerlinde schämt sich für ihre Aufdringlichkeit. So etwas fragt man doch nicht! Gleich wird er aufstehen und gehen.
Er bleibt sitzen. Er lächelt sogar ein kleines bisschen. „Doch“, sagt er leise, „aber was soll ich da?“
„Haben Sie niemand, der dort auf Sie wartet?“ Wieder so eine intime Frage. Gerlinde könnte sich ohrfeigen für ihr loses Mundwerk.
„Meine Frau hat mich verlassen, als der Job weg war. Jede Frau hätte das getan. Irgendwann war ich mehr mit dem Alkohol verheiratet als mit ihr. Ein paar alte Freunde sind mir noch geblieben. Aber die haben auch ihr eigenes Leben.“
Gerlinde starrt peinlich berührt auf ihre Schuhspitzen und nickt vor sich hin.
„Und Sie?“, fragt er. Dann deutet er mit dem Kopf auf den neben ihren Füßen schlafenden Filou: „Gibt’s auch ein Herrchen zu dem Hund?“
„Mein Otto ist vor fünfzehn Jahren gestorben.“
Gustav murmelt irgendetwas vor sich hin. Wahrscheinlich eine Beileidsbekundung. Gerlinde lächelt ihn dankbar an.
„Meine Tochter hat mir dann den Hund geschenkt“, fügt sie hinzu, „damit ich nicht so allein bin.“
„Warum kümmert sie sich nicht selbst um Sie?“
„Sie hat nach München geheiratet. Sie wollte, dass ich auch dort hinziehe. Aber einen alten Baum sollte man nicht mehr verpflanzen.“
Gustav scheint nicht überzeugt zu sein.
„Sie haben wohl keine Kinder?“, fragt Gerlinde, doch eigentlich ist es mehr eine Feststellung. Tatsächlich schüttelt er den Kopf. Wieder ertappt sie sich dabei, dass sie lächelt.
„Ich habe drei Enkelkinder“, erklärt sie ihm schließlich, „aber natürlich sehe ich sie kaum. Die Entfernung. Sie wissen schon.“
Nun nickt er. Sie hat das Gefühl, dass er ihr gern widersprechen würde. Doch er ist taktvoll genug, es nicht zu tun.
„Heute trinke ich nur noch selten“, sagt er plötzlich und zieht die braune Papiertüte ein Stück aus seiner Sakkotasche. Es scheint ihm wichtig zu sein, dass sie das weiß.
„Wollen Sie einen Schluck?“
Gerlinde hebt abwehrend eine Hand: „Nein, danke! Das Zeug bekommt mir nicht so gut.“
Er verzieht den Mund zu einem traurigen Lächeln: „Mir auch nicht.“
In diesem Augenblick kann Gerlinde seinen Schmerz fühlen. Einen Schmerz, den sie selbst nur zu gut kennt. Der sich ihr immer wieder wie ein Messer ins Herz bohrt, ihr alle Energie nimmt und ihr sogar das Atmen zur Last werden lässt.
Sie sehen sich lange in die Augen und wieder ist da diese Vertrautheit, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Sie kennen sich seit wenigen Minuten, doch Gerlinde scheint es wie ein ganzes Leben.
Dann ist der besondere Moment vorbei. Filou fängt an zu kläffen. Wahrscheinlich hat er Hunger. Gerlinde wirft einen Blick auf ihre Uhr. Schon halb fünf. Zeit, nach Hause zu gehen.
„Sehen wir uns morgen wieder?“, fragt sie.
„So Gott will“, antwortet er mit einem Augenzwinkern.
„Das wäre ein schöner Zufall“, erwidert Gerlinde lächelnd, ehe sie nach Filous Leine greift und nach Hause geht.

In den nächsten Wochen treffen sich Gerlinde Kubalek und Gustav Kling täglich auf ihrer Parkbank. Sie unterhalten sich stundenlang über die Welt. Und sogar über Gott. Sie lachen viel miteinander und wenn ihre Lebensgeschichten keinen Platz für das Lachen lassen, schweigen sie gemeinsam.
Gustav erzählt, dass er schon seit vielen Jahren von der Stütze lebt. Genaugenommen, seitdem er arbeitslos geworden ist. Natürlich habe er nichts Neues mehr gefunden. Wer stellt schon einen alten Trottel ein? Noch dazu, wenn es sich um einen Säufer handelt. Dass er mit dem Trinken nur angefangen habe, um zuhause nicht durchzudrehen, das habe natürlich keinen interessiert.
Gerlinde hört aufmerksam zu. Schließlich erzählt sie von ihrem Otto, der sich so auf seinen Ruhestand gefreut hatte. Gemeinsam wollten sie die ganze Welt bereisen, ins Theater gehen, ihre Tochter und die Enkelkinder in München besuchen, einfach viel Zeit miteinander verbringen. Große Pläne hätten sie gehabt. Dann habe Otto eines schönen Sommerabends plötzlich der Schlag getroffen. Von einer Sekunde auf die andere sei er tot gewesen. Mit dreiundfünfzig.
Wenn sie davon erzählt, laufen ihr noch immer die Tränen übers Gesicht. Gustav bietet ihr sein zerknittertes Taschentuch an.
Sie greift nach seiner Hand und drückt sie ganz leicht.
„Zusammen sind wir nicht mehr so allein“, sagt sie leise.
Er sieht sie lange an. Seine Hand erwidert den Druck. Einige Zeit sitzen sie so da und keiner von beiden sagt etwas.
"Wissen Sie, was das Schlimmste ist?", fragt sie ihn schließlich. Erwartungsvoll hebt er die Augenbrauen.
"Seit Ottos Tod fühle ich mich wertlos. Ich wusste immer, dass er mich bedingungslos liebt, und jetzt, da er nicht mehr ist, versinke ich in Bedeutungslosigkeit."
Gustav schweigt. Zu gerne würde sie wissen, was er gerade denkt.
"Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mehr die Jüngste bin", fährt sie fort. "Ich schaue manchmal in den Spiegel und sehe eine in die Jahre gekommene, wenig attraktive Frau ohne jeden Esprit. Niemand braucht mich mehr. Noch nicht einmal meine eigene Tochter."
Gustav hat den Blick in die Ferne gerichtet. Noch immer sagt er nichts, doch seine Mundwinkel verziehen sich zu einem schwachen Lächeln.
Gerlinde weiß nicht, wie sie es deuten soll. Findet er ihr Gejammer lächerlich? Grinst er, weil er ihr im Grunde genommen zustimmt und es nicht zugeben will? Sie traut sich nicht, ihn danach zu fragen, und der Moment verstreicht.

Einmal in der Woche bringt Gerlinde zwei dampfende Becher von Starbucks mit zur Parkbank. Eigentlich kann sie sich die sündhaft teure Milch mit dem Schuss Kaffee von ihrer spärlichen Witwenrente nicht leisten. Schon gar nicht im Doppelpack. Aber das gemeinsame Kaffeetrinken macht beiden Freude und sorgt für eine besondere Atmosphäre. Außerdem will sie nicht, dass Gustav sich immer nur mit seinem billigen Fusel von innen wärmen muss.
Ihr Abschiedsritual ist immer dasselbe.
„Sehen wir uns morgen wieder?“
„So Gott will.“
„Das wäre ein schöner Zufall."
Bevor sie geht, lächeln sie sich jedes Mal an. Mit einem Lächeln, das die Augen erreicht. Gerlinde kann sich gar nicht vorstellen, dass es jemals anders war.

Es ist ein Mittwoch, an dem Gerlinde schon von Weitem sieht, dass die Parkbank verwaist ist. Verwundert wirft sie einen Blick auf ihre Uhr. Sie ist weder zu früh noch hat sie sich verspätet. Sie bleibt neben der Bank stehen und schaut sich in alle Richtungen um. Von Gustav keine Spur. Sie setzt sich und wartet. Unerträglich langsam ziehen die Minuten dahin. Nach zwei Stunden gibt Gerlinde auf. Es ist jetzt halb fünf und Gustav weiß, dass sie um diese Zeit nach Hause muss, um Filou zu füttern. Heute ist mit ihm wohl nicht mehr zu rechnen.
Oder kann es sein, dass er absichtlich nicht gekommen ist? Hat sie gestern irgendetwas Falsches gesagt? Nein, eigentlich war alles wie immer.
Gerlinde spürt einen seltsamen Druck in der Magengegend, der sich langsam Richtung Brust ausdehnt. Sie kennt dieses Gefühl nur zu gut. Sie hat Angst! Angst, wieder allein zu sein. Ohne ihn. Auf dem Heimweg kämpft sie mit den Tränen.
Auch an den nächsten fünf Tagen taucht Gustav nicht an ihrem Treffpunkt auf. Jedes Mal wartet Gerlinde zwei Stunden lang auf der Parkbank. Vergebens. Langsam beginnt sie, sich Sorgen zu machen. Sie weiß noch nicht einmal, wo Gustav wohnt. Zuhause sucht sie seinen Namen im Telefonbuch. Klings gibt es viele, aber einen Gustav kann sie nicht finden. Vielleicht hat er gar kein Telefon.

Nach einer Woche ohne ein Lebenszeichen von Gustav, nimmt Gerlinde sich fest vor, zum letzten Mal den Weg durch den Park zu nehmen. Wenn die Bank heute wieder leer ist, wird sie nicht mehr herkommen.
Als sie sich der alten Eiche nähert, macht ihr Herz einen Sprung. Ein Mann sitzt auf ihrer Bank. Der schwarze Hut ist unverkennbar. Gustav ist wieder da!
Vor Freude wäre sie am liebsten zu ihm gelaufen. Doch dann fällt ihr ein, wie besorgt sie in den letzten Tagen war. Dafür ist er ihr erst einmal eine Erklärung schuldig. Sie verlangsamt ihren Schritt, möchte betont lässig wirken. Er soll nicht merken, wie aufgewühlt sie ist. Um sich zu beruhigen, hält sie den Blick beim Gehen auf ihre Schuhspitzen gesenkt. Erst als sie direkt vor ihm steht, sieht sie auf. Und erstarrt.
Der Mann, der vor ihr auf der Bank sitzt, ist nicht Gustav, sondern ein Wildfremder. Mit weit aufgerissenen Augen starrt sie ihn an.
„Wo ist Gustav?“, fragt sie. Ihre Stimme klingt ungewohnt schrill.
Der Mann streckt beschwichtigend die Hand nach ihr aus, doch sie weicht zurück. Filou beginnt zu knurren.
„Sie müssen Gerlinde Kubalek sein“, sagt der Mann sanft.
„Wer will das wissen?“
„Ich bin Curt. Ein Freund. Ich soll Ihnen den von Gustav geben“, antwortet er und hält ihr einen Briefumschlag hin.
„Warum kommt er nicht selbst?“ Gerlinde hat Mühe, den Mann nicht anzuschreien.
„Es tut mir leid“, beginnt er traurig lächelnd.
„Was tut Ihnen leid?", schneidet sie ihm das Wort ab. „Dass er nicht einmal den Mut hat, mir selbst zu sagen, dass er nicht mehr herkommen will?“
Der Mann greift nach ihrer Hand, um ihr Einhalt zu gebieten. Gerlinde will sie ihm entwinden, doch er lässt nicht los. Er möchte, dass sie ihm in die Augen sieht.
„Gustav ist tot“, sagt er schließlich leise.
Gerlinde schnappt nach Luft.
„Wir haben ihn gestern in seiner Wohnung gefunden. Wahrscheinlich ist er schon Mittwochvormittag gestorben.“
Er hält einen Moment inne, damit Gerlinde die Information verarbeiten kann.
„Er hatte eine Schachtel in seinem Nachttisch, die ich im Falle seines Todes öffnen sollte. Darin war auch dieser Umschlag für Sie. Und eine genaue Beschreibung, wo ich Sie finden kann.“
Gerlinde lässt zu, dass er ihr das Kuvert zwischen die klammen Finger schiebt. Ihr Kopf fühlt sich an wie in Watte gepackt. Nur sehr dumpf, als wäre sie unter Wasser, nimmt sie die Stimme des Mannes wahr.
„Warum tragen Sie seinen Hut?“, fragt sie.
„Das war sein Abschiedsgeschenk an mich“, antwortet er gequält. Dann steht er auf. Er legt ihr eine Hand auf die Schulter, ehe er sich abwendet und davongeht.

Ohne es zu merken, lässt Gerlinde sich auf die Parkbank sinken. Filou legt mitfühlend seinen Kopf auf ihren Fuß. Erst jetzt nimmt sie den Umschlag richtig wahr. Mit zitternden Händen reißt sie ihn auf und entnimmt ihm einen ordentlich gefalteten Bogen Büttenpapier. Gustav hat in anmutig geschwungener Schrift mit Tinte etwas darauf geschrieben.
„Für mich waren Sie ein Anker in der Not. Bewahren Sie sich Ihr Lächeln. Wenn Ihre Augen beim Lachen strahlen, sind Sie noch tausendmal schöner!“, steht da.
Tränen steigen in ihr auf, ihre Kehle zieht sich zusammen, das Atmen fällt ihr mit einem Mal schwer, so schwer. Langsam steht sie auf. Die Hand, die den Brief hält, sinkt wie in Zeitlupe nach unten, bis sie an ihr herabbaumelt, als wäre sie kein Teil ihres Körpers mehr. Wie in Trance setzt sie einen Fuß vor den anderen. Filou sieht ihr einige Sekunden verwundert nach, ehe auch er sich erhebt und hinter ihr hertrottet.
Die alte Eiche wiegt ihre Zweige sacht im Wind. Als würde sie Gustav zum Abschied winken, denkt Gerlinde. Tränen laufen ihr über das Gesicht. Bewahren Sie sich Ihr Lächeln. Sie sieht Gustav vor sich, wie er die Nachricht schreibt und dabei an ihre strahlenden Augen denkt. Gerlinde Kubalek dreht sich nicht noch einmal um. Doch als sie den Park verlässt, kann sie nicht verhindern, dass sie sanft lächelt.

 

maria.meerhaba hell

Vielen Dank für eure Kommentare, Anmerkungen und Vorschläge! Ich habe sie sehr aufmerksam gelesen und auch das ein oder andere daraus für mich mitgenommen. Leider schaffe ich es aus familiären Gründen nicht, den Text auf die Schnelle noch einmal zu verändern. Fasst das bitte nicht als Ignoranz oder Respektlosigkeit euren Kommentaren gegenüber auf!

Zwei Dinge muss ich noch kurz anmerken:

maria.meerhaba

Das mit dem Hut, der ganze Nebensatz klingt so, als hättest du ihn einfach dahin geworfen und würde nicht wirklich einen Zusammenhang zum Hauptsatz haben.
Das mag dem Überarbeitungsprozess geschuldet sein. Den ersten Satz gab es so ursprünglich gar nicht, zwischen seinem ersten Teil und dem Teil mit dem Hut waren eigentlich noch einige andere Sätze, die ich jedoch auf Anregung vieler Leser gestrichen habe. Um Wiederholungen zu vermeiden, ist dann dieser Satz entstanden. Möglicherweise wirkt er auf dich deswegen etwas hingeworfen.

hell

Ich möchte nur verdeutlichen, dass all deine Informationen auch in einem kürzeren Abschnitt einzubringen wären.
Danke für diesen Tipp und die Mühe, die du dir damit gemacht hast! In der Tat muss ich daran arbeiten, mich manchmal etwas kürzer zu fassen und nicht so auszuschweifen. Andererseits möchte ich aber auch nicht alle Redundanzen und emotionale Ausbrüche herausfiltern und streichen, weil das wahrscheinlich zu meinem Stil gehört. Ich werde mich in Zukunft bemühen, da ein gesundes Mittelmaß zu finden :)

Eisenmann

Die Geschichte ist sehr solide geschrieben worden und ich konnte in deinen Sätzen und Formulierungen tatsächlich die vorsichtige, zurückhaltende Emotionalität, die Furcht vor der Einsamkeit und Unsicherheit gut herauslesen - wirklich exzellenter Schreibstil, der die Gefühlswelt glaubwürdig und einfühlsam beschrieben hat.

Insgesamt habe ich deine Geschichte gerne gelesen, was weniger der Handlung, sondern mehr deiner Erzählweise geschuldet war. Hier überwog also weniger das "was", sondern eher das "wie".
Wow! Das sind für mich zwei wundervolle Komplimente! Vielen Dank dafür!

Wenn du jetzt in diesem Stil noch anfangen würdest, Horror-Splatter-Stories zu schreiben, möchte ich ein Foto von dir haben, dass ich mir dann über's Bett hängen werde!!! ;)
Mann, wo bekomm ich jetzt so schnell ein Foto von mir her??? Denn - Trommelwirbel - in der Tat ist dieser Text gar nicht das, was ich normalerweise so schreibe. Am liebsten schreibe ich tatsächlich Geschichten, in denen jemand stirbt (mindestens einer) oder leidet (am besten qualvoll). Vielleicht nicht unbedingt Splatter, aber in die Kategorie Thriller/Horror würde ich es schon meistens einordnen. Schick mir bei Gelegenheit also bitte ein Foto von meinem Bild über deinem Bett :D

Liebe Grüße an euch alle drei!
Jane

 

Hallo janehumphries,

eine kleine, feine Geschichte bei der mir warm ums Herz wurde, hast du da geschrieben. Sie könnte wirklich so jeden Tag in jeder Stadt passieren. Und schön fände ich es, wenn sich die Menschen dann tatsächlich zueinandersetzen würden. Was sie aber eher viel zu selten tun. Im wirklichen Leben in der heutigen Zeit würde die Frau mit dem Hund wahrscheinlich eher einen riesigen Bogen um den Herrn auf der Bank machen und nur die Nase rümpfen, bevor sie das Weite sucht.
Aber gut, dass es deine Geschichte gibt. Das zeigt eine andere Option, die ich sehr schön finde.

Mein einziger Kritikpunkt wäre das Ende. Das ist für meinen Geschmack zu langatmig, tränenreich und unnötig. Mir hätte da absolut ausgereicht, dass die Bank von einem Tag auf den anderen plötzlich leer bleibt und Gerlinde wieder in der Situation wie zu Begin der Geschichte ist. Allerdings mit schönen Erinnerungen bereichert. Aber das ist echt nur meine Meinunng und muss nix heißen...

Ich habe deine Geschichte wirklich gerne gelesen.

Gruß
Lind

 

Hallo Lind!

Mir hätte da absolut ausgereicht, dass die Bank von einem Tag auf den anderen plötzlich leer bleibt und Gerlinde wieder in der Situation wie zu Begin der Geschichte ist. Allerdings mit schönen Erinnerungen bereichert.
Du hast recht, das wäre auch ein sehr schönes Ende gewesen! Gefällt mir gut, die Idee. Mir war aber wichtig, dass Gustav etwas für Gerlinde hinterlässt, dass ihr trotz ihres Verlustes neuen Mut gibt und sie stärkt. Wenn er einfach nicht mehr aufgetaucht wäre, hätte sie "nur" ihre Erinnerungen gehabt, die vielleicht auch ausgereicht hätten. In meiner Version greift Gustav über seinen Tod hinaus in ihr Leben ein, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken.

Es freut mich, dass dir meine Geschichte gefällt und dir "warm ums Herz wurde". Das war das Ziel. Schön, dass es bei dir geklappt hat.

Liebe Grüße
Jane

 

Hallo Jane,

"In meiner Version greift Gustav über seinen Tod hinaus in ihr Leben ein, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken.

Ja, da ist auch schön. Stimmt schon.
So bleibt ihr was in den Händen.

Gruß
Lind

 

Hej janehumphries,

der Klang deiner Art zu schreiben ist mir von Anfang an angenehm, und das soll nicht die "kleine Schwester" von langweilig sein. Wie sich deine Protagonastin verhält, gepaart mit

Seit einigen Wochen schon ist ihr dort der Mann auf der Bank aufgefallen. Er fasziniert sie, er macht sie neugierig. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen.

diesen Sätzen klingt inhaltlich ziemlich konträr und deswegen bin ich sofort interessiert und lese gespannt weiter.

Der folgende Dialog behagt mir dann aber gar nicht. Dass Gerlinde Kubalek ihre Unruhe nicht aushält und drauflos fragt, ist ja noch nachvollziehbar, aber das der scheinbar irritierte Mann unbefangen antwortet und ungefragt ganz private Informationen preisgibt, erscheint mir sehr merkwürdig.

Heute trinke ich nur noch selten“, sagt er plötzlich und zieht die braune Papiertüte ein Stück aus seiner Sakkotasche.

Das glaube ich ihm nicht. Jemand, der selten trinkt, trinkt doch nicht auf einer Parkbank. Selten zum Essen oder abends zur Entspannung oder was meint er damit?

Dafür ist er ihr erst einmal eine Erklärung schuldig.

Kein guter Start :Pfeif:

Weißt du, das ist alles so vorhersehbar und weichgespült. Es ist so unglaubwürdig, dass ich noch nicht mal wissen will, warum der Mann starb und ob er es wusste und wenn, warum das nicht thematisiert wurde, waren sie doch von anfang an so vertraut.

Nichtsdestotrotz ist die Idee schön und ich könnte mir vorstellen, dass man die Charaktere interessanter gestalten könnte. Humor, gruselige Geheimnisse, Wirrungen, Irrungen. :D

Und ich bleibe dabei: du hast sie schön geschrieben.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji!

Vielen Dank für deinen Kommentar und entschuldige, dass ich erst jetzt dazu komme, zu antworten!

Danke auch für deine Leseeindrücke und Anregungen. Normalerweise schreibe ich gar keine "weichgespülten" Sachen. Ist eigentlich nicht so mein Genre... Vielleicht habe ich es deswegen - zumindest für deinen Geschmack - etwas damit übertrieben ;) Beim nächsten Ausflug in die romantische Ecke trete ich etwas auf die Bremse.

Es freut mich aber, dass dir die Idee grundsätzlich gefällt und du meine Art zu schreiben magst.

Liebe Grüße
Jane

 

Hallo janehumphries,

kleine Kaffeepause, in der ich Deine Geschichte "vernascht" habe. So wie eine kleine Praline zwischendurch kommt sie mir auch vor. Berührendes Thema, bewegend, zart erzählt, ein Hauch zu viel Kitsch vielleicht. Aber es gab eine Reihe von Kommentaren, die durchaus kritisch waren und ich sehe die meisten Kritikpunkte ähnlich. Die Dialoge manchmal hölzern, der Einstieg vielleicht ein wenig zu lang und einige Dopplungen.

Ich gebe Dir ein paar wenige Beispiele, die sich womöglich auch schon in vorherigen Kommentaren finden:

Gerlinde Kubalek versteckt sich hinter einer dicken Eiche und betrachtet den Mann, der wie jeden Nachmittag auf der Parkbank sitzt, einen viel zu großen schwarzen Hut schief auf seinem Kopf

Bei dem Nachsatz fehlt mit der Bezug.

Schwielige Hände halten eine Papiertüte umklammert
Ich habe in Deutschland ehrlich gesagt noch nie jemanden mit Papiertüte und Alkoholflasche darin gesehen.

Er fasziniert sie, er macht sie neugierig. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen.

Kommt mir vor, wie dreimal das Gleiche gesagt. Die Frage, die ich mir aber stelle: warum ist sie fasziniert, neugierig, fühlt sich hingezogen?

Die dicke Eiche bietet ihr gerade so viel Schutz, dass sie sich nicht wie eine Voyeurin vorkommt.

Kann ich nicht nachfühlen. Ich denke, man fühlt sich als Voyeur, wenn man jemanden beobachtet (in einer Situation, in der der Beobachtete nicht damit rechnet, beobachtet zu werden). Die Dicke der Eiche verringert nicht den Voyeurismus, eher die Tatsache, dass es sich um einen öffentlichen Platz handelt.

Diese Gelegenheit will sie nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wild entschlossen nimmt sie all ihren Mut zusammen und steuert auf die Parkbank zu.

Hat für mich auch Dopplungscharakter. Hier fände ich es übrigens auch schön, wie sich ihre wilde Entschlossenheit zeigt? Brust raus, Handtasche auf der Schulten, den Halteriemen mit der rechten gespannt stürmt sie los?

Sie hat nach München geheiratet. Sie wollte, dass ich auch dort hinziehe. Aber einen alten Baum sollte man nicht mehr verpflanzen

Das finde ich hölzern. Besonders bin ich über zweimal "Sie" gestolpert und dann über das "sollte", das so klingt, als ob eine dritte Person spricht.

Jetzt springe ich zum Ende:

„Für mich waren Sie ein Anker in der Not. Bewahren Sie sich Ihr Lächeln. Wenn Ihre Augen beim Lachen strahlen, sind Sie noch tausendmal schöner!“

Das war für mich unrealistisch:
i) sie sind immer noch beim "Sie"?
ii) Er spricht sie nicht mit Namen an?
iii) Lachen und Lächeln sind zwei verschiedene Dinge.
iv) Ist das alles, was er ihr zu sagen hatte? Kein Danke für die schönen Momente, kein vergessen sie mich nicht, kein Anknüpfen an gemeinsame Erinnerungen, die sie durch ihre Zusammenkünfte haben ("Grüß mir das Eichhörnchen, das wir immer gefüttert haben!")

Jetzt hasst Du mich wahrscheinlich. Deine Geschichte habe ich aber wirklich gerne gelesen, auch wenn das jetzt nicht mehr so aussieht. Sieh das bitte alles als Anregung und nimm davon, was Du möchtest und den Rest vergiss einfach.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo janehumphries,


du legst eine hochromantische, fast schon kitschige Geschichte hin. Aber sie hat durchaus ihren Reiz.

Ich fange einfach mal mit dem Titel an, der ziemlich schlicht ausgefallen ist. Würdest du so eine Geschichte anklicken, wenn du den Titel "Parkbank" liest? Wohl kaum. Wer will schon etwas über eine Parkbank lesen. Ein guter Titel sollte zum Lesen animieren. Das tut deiner leider nicht und du hast es nur dem Challenge zu verdanken, dass ich diesen Titel trotzdem angeklickt habe. Ich bin mir sicher, dass du noch einen passenderen Titel finden kannst. Vorschläge habe ich leider zur Zeit keine für dich.

Das Challengethema ist durchaus erfüllt, wenn auch erst ganz am Ende ein Hinweis auf etwas Geschriebenes (da gab es ja keine Festlegungen) erfolgt. Da aber dieses Schriftstück durchaus eine tiefe Bedeutung für die Protagonistin hat, halte ich das Challengethema für erfüllt.


Die Geschichte selbst hast du sehr schön dargestellt. Man kann sich in beide Figuren hinein versetzen und kann mit ihnen mitlächeln, weil es dir gut gelingt, so eine doch liebevolle Grundstimmung in die Geschichte zu bringen. Das gefällt mir sehr gut, dass du so viel Menschenfreundliches hinein gegeben hast. Es ist so eine Art gute Launegeschichte.

Aber ich muss gestehen, dass mich deutlich mehr diejenigen Geschichte fesseln, die tragendere Themen behandeln. Ich mag es einfach mit mehr Tiefgang, mehr Konflikt, mehr Tragik, mehr Abenteuer, mehr Thrill. Von daher ist deine Geschichte durchaus nett und wird garantiert ihre Leser finden, die deutlich kräftigere positive Worte finden würden als ich. Mein Fall war es halt nicht so arg.

Das aber ist zu einem großen Teil Geschmackssache und nicht das Problem des Autors.

Gefallen haben mir allerdings die Wortspielereien der beiden und davon hätte ich mir verdammt viel mehr gewünscht.
Zwischendrin hatte ich den Eindruck, dass es wegen der gesamten Übereinstimmung der beiden, doch eindeutig mehr als immer nur ein Treffen auf der Parkbank hätte werden können. Ist es wirklich realistisch, dass sich zwei so bedürftige, einsame Personen so distanziert verhalten? Ich fand dieses Verhalten etwas unlogisch und zu sehr dem Verharren, dass sich alles auf der Parkbank abspielen sollte, geschuldet.

Lieben Gruß

lakita

 

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