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Nebel

Es war früh am Morgen. Die Möwen schliefen noch. Moritz hob eine Kiste an, drehte sich um und hievte sie auf den Kutter, mit dem er in einigen Stunden auslaufen würde.
Nebel lag in der Luft und versperrte die Sicht auf das Meer.
Mit einem dumpfen Knall stellte er die Kiste ab und machte sich auf dem Weg die nächste zu holen. Moritz schritt über den schmalen Steg zum Lagerraum des kleinen Hafens. Es lagen höchstens ein dutzend Schiffe im Wasser. Die Meisten davon waren verwahrlost und zerfallen.
Kurz bevor er den Lagerraum betrat, sah er, wie sich eine Gestalt aus dem Nebel löste. Moritz blieb stehen. Es gab nicht viele Personen, die sich um diese Zeit am Hafen aufhielten.
Nun zeichnete sich schemenhaft die Gestalt eines alten Mannes im Morgendunst ab und Moritz konnte erste Details erkennen. Der Mann hatte die Mütze tief ins Gesicht gezogen, um sich vor der feuchten Kälte des norddeutschen Herbstes zu schützen. Es war Peter, der Hafenaufseher.
Zähneknirschend nickte Moritz ihm zu, er wusste was nun kommen würde. Als Peter ihn erreichte, schwer schnaufend, hielt er mit der Arbeit inne und bot dem alten Mann eine Zigarette an. Das Brennen des Tabaks und die Atemgeräusche der Männer unterstrichen, die Stille die sie umgab.
„Du fährst wieder raus“, stellte Peter nach einigen Zügen fest.
Moritz sagte nichts, Peter hatte ihm ja auch keine Frage gestellt. Außerdem war er dieser Diskussionen längst überdrüssig geworden.
„Du bist der Einzige, der noch fährt, der Einzige...“, sagte Peter.
„Sei’s drum...“, antwortete Moritz, erstaunt über den Klang seiner Stimme. Sie kam ihm fremd vor. Viel zu dunkel und rau.
Als Moritz sich umdrehen wollte, um die nächste Kiste zu holen, hielt Peter seinen Arm fest.
„Die Wert, du weißt besser wie jeder Andere was sie über unsere Fische sagen“, stotterte Peter nervös. Moritz schaute ihm kurz in die Augen, schnipste seine Zigarette auf den Boden und drehte sich wortlos um. Seine Schritte hallten in der Lagerhalle wieder.
„Du wirst noch Krepieren, mit deiner sturen Art!“, schrie Peter während er sich umdrehte. Er hatte genug. Zu oft hatte er es Moritz bereits gesagt. Resigniert machte er sich wieder auf den Weg in sein kleines Büro, von dem aus er den ganzen Hafen überblicken konnte.
Peter schloss die Tür auf und ließ sich auf den schwarzen Lederstuhl fallen. Jenem Stuhl, auf welchem er die Neuigkeit das erste Mal im Radio gehört hatte.
Ein stechender Schmerz ging durch seine Hüfte, er war zu schnell gelaufen. Nachdem er sich einigermaßen erholt hatte, setzte er seine Brille auf. Langsam lies er seinen Blick an den Bürowänden entlang gleiten.
Er hatte damals alle Berichte gesammelt und aufgehängt. Die Wände waren wie tapeziert mit Zeitungen. Zum hundertsten mal las er nun die selben Schlagzeilen: „Reaktorunglück in Polen- Żarnowiec“ – Atomkraftwerk Żarnowiec Explodiert“ – „Die Ostsee – Das Atommeer“.
Anfangs konnte er es nicht glauben. Peter hielt es für einen schlechten Scherz der Medien, bis die „Experten“ mit ihren piepsenden Messgeräten kamen. Bis die Regierung ihre Ladung beschlagnahmte und das Fischereiverbot für die gesamte Ostsee aussprach.
Peter hörte einen Motor und schreckte aus seinen Gedanken hoch. Moritz hatte sein Boot fertig beladen und verließ nun den Hafen.

 

Hallo davidplattner,

eine sehr kurze Geschichte, die mich aber nur teilweise überzeugen konnte. Die Einordnung der Geschichte unter "Seltsam" hat bei mir eine etwas andere Erwartungshaltung ausgelöst. Ich habe etwas Unerklärliches, Ungewöhnliches erwartet. Deine Geschichte ist aber leider sehr real. Dass auch in Europa einmal ein Supergau, aus welchen Gründen auch immer, kommen könnte, hat Japan längst bewiesen. Auch erinnere ich mich noch an die Tage nach Tschernobyl, als meine Mutter mich davor warnte, draußen etwas in den Mund zu stecken oder mir noch eindringlicher klar machte, dass ich die Hände waschen sollte, wenn ich von draußen kam (ob es etwas gebracht hätte, steht auf einem anderen Blatt natürlich).

Die Einordnung unter "Gesellschaft" finde ich daher sehr passend und ich hätte es dabei belassen. Gut finde ich, dass zunächst unklar bleibt, was genau geschehen ist. Am Ende kommt dann die bittere Auflösung. Allerdings fehlt es mir dennoch ein bisschen an Spannungsaufbau. Das ließe sich durchaus noch steigern. Der Konflikt zwischen Peter und Moritz könnte daher noch etwas ausführlicher oder meinetwegen "geheimnisvoller" sein, um den Leser bei Laune zu halten.

Mir sind auch noch einige Fehler aufgefallen:

Es gab nicht viele Personen (,) die sich um diese Zeit am Hafen aufhielten.

Nun zeichnete sich schemenhaft die Gesta(l)lt eines alten Mannes im Morgendunst

Der Mann hatte die Mütze tief ins Gesicht gezogen (,) um sich vor der feuchten Kälte

Atemgeräusche der Männer unterstrichen (,) die Stille die sie umgab.

„Du bist der Einzige (,) der noch F(f)ährt, der Einzige...“(,) sagte Peter

Sie kam ihm F(f)remd vor.

Als Moritz sich umdrehen wollte (,) um die nächste Kiste zu holen,

Dieser Fehler kommt so häufig vor, dass es wohl kein Flüchtigkeitsfehler ist.

Zigarette auf den Boden und drehte sich W(w)ortlos um

Jenem Stuhl (,) wo er die Neuigkeit das erste Mal im Radio gehört hatte.

"Wo" ist hier auch sehr unschön, wenn auch in manchen Regionen übliche Umgangssprache. Ich würde eher schreiben "auf welchem"

Die Idee und das Thema gefielen mir. Vielleicht hast Du einmal Zeit, an Deiner Geschichte noch etwas zu feilen.

Liebe Grüße aus Bayern
Maedy

 

Hallo Maedy,

vielen Dank für die Anregungen und die Verbesserung meines Textes. Ich habe alle Fehler die du gefunden hast ausgebessert.

Windige Grüße von der Ostsee,
David

 

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