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Mama

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08.01.2002
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Mama

Wir hatten nur Fußball gespielt. Sogar endlich mal gewonnen. Und das, obwohl der Bruder von Ronny im Gegentor stand. Und der ist in der Kreisliga. Papa hat ihm trotzdem ein Tor reingeschossen. Es stimmt, wir haben die Zeit dabei vergessen.

"Um sieben ist Abendbrot, jetzt ist es Viertel nach!", Mama war stinksauer.

Wie immer hatte sie nichts vorbereitet, weil der Haushalt Papas Job ist.

Der Tisch war nicht gedeckt. Mama war so wütend. Sie hat den Prosecco auf den Tisch geknallt, dass ganz viel rausspritzte.

Dabei hatte Papa alles fein säuberlich in den Kühlschrank gestellt, bevor wir los sind. Aber das nützte ihm nichts.

"Den Tisch brauchst du nicht mehr zu decken. Ab in dein Zimmer!", hat sie gebrüllt, mich geboxt und geschupst.

"Und da bleibst du! Und wehe du muckst dich!"

Ich hab‘ mein Ohr an die Tür gedrückt.

"Erzähl mir nichts von Fußball, du verfluchter Lügner. Wo warst du? Wer ist sie?"

Und dann hat Mama zugeschlagen. Das tut sie oft in letzter Zeit. Ich muss jetzt warten. Bis sie die zweite Flasche ausgetrunken hat. Dann schleiche ich zu Papa. Hoffentlich komm‘ ich nicht zu spät.

 
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Hallo,

interessant, die vertauschten Rollen der "klassischen" Rollenverteilung - der Mann ist für den Haushalt zuständig, die Frau säuft, schlägt und wird wütend, wenn der Tisch nicht gedeckt ist. Ich denke mir in letzter Zeit oft, in die Richtung müsste man mehr schreiben, die Rollen vertauschen, weil sie mittlerweile sowieso vertauscht und durchmixt sind. Ich hätte mir hier mehr Fleisch gewünscht, gerne auch ohne dass es die Flash Fiction sprengen würde - wer ist er, wer ist sie? Obwohl die Rollen vertauscht sind, bleiben sie als Figuren schablonenhaft. Ich würde darauf setzen, hier noch im Kleinen schrauben, in jeder Bewegung, jedem Handeln, jeder kleinen Entscheidung, die eine der Figuren trifft ihre Persönlichkeit, ihr Schicksal, ihre Träume, Wünsche und Resignationen einzustreuen, z. B. hier:

Und dann hat Mama zugeschlagen. Das tut sie oft in letzter Zeit.
Wie bekommt die Tochter das Zuschlagen mit? (Sie steht ja hinter einer Tür.) Hört sie die flache Hand auf der Backe? Wie schlägt die Frau genau den Mann? Mit der Faust auf die Nase oder eine Backpfeife? Das wäre wichtig und würde das Klischee abbauen, finde ich. Wie jemand seinen Partner schlägt, sagt auch einiges über die Persönlichkeiten und die Beziehungen, Eigenbetrachtungen und Konflikte aus, finde ich. Ich fände hier eine eigene Art des Schlags sehr gut. Bspw. gibt sie ihm eine leichte Backpfeife, keinen wirklichen Schlag, aber so eine neue Grenzüberschreitung, die nicht wirklich ins körperlich Misshandelnde geht, sondern einfach eine Demütigung, eine Machtdemonstration darstellt. Das fände ich fast schockierender für die Tochter, als wenn die Mutter mit der Faust auf die Nase schlägt. Denn das wäre irgendwo ein offensichtlicher Tabubruch, die Wunde wäre sichtbar, es würde eingeschritten werden womöglich in naher Zukunft, es wäre eine offensichtliche, leicht zu verstehende und zu verdauende Misshandlung. Aber so eine leichte Backpfeife, ohne Knall, das ist etwas Schockierendes. Man kann sich viel schlechter dagegen auflehnen oder das als Kind als klare Misshandlung für sich selbst auch einordnen. "Das war doch nichts."

Der Tisch war nicht gedeckt. Mama war so wütend.
Auch dass die Frau sich über den nicht gedeckten Tisch aufregt - ich würde mir hier überlegen, ist da noch zu viel Klischee drin? Wie könnte ich das anders lösen? Ich verstehe, in welche Richtung du möchtest und finde diese Richtung richtig; aber ich würde mir etwas mehr Eigenes, Individuelles als Triggerpunkt hier suchen. Je individueller und authentischer, desto mehr steckt auch Figurenbeschreibung der Ehefrau und des Ehemanns drin.

Ich muss jetzt warten. Bis sie die zweite Flasche ausgetrunken hat.
Der Alkoholikervater, der zuschlägt ist ja das Klischee, sage ich mal, das du hier aufgreifst und neu ausrollst (was ich wie gesagt gut finde). Ich würde hier aber noch weitergehen und auch das Klischee vom Trinken überdenken - lass sie doch bspw. kiffen, das wäre einen Tick klischeefreier und ich kann mir gut vorstellen, dass in der Jetztzeit das bei Frauen gut so stattfindet (auch vor der Legalisierung :naughty:).

Ja, sind so meine Gedanken. Mir gefällt der Rollentausch und die Richtung, die der Text einnimmt, aber mir fehlt noch Eigenes und es steckt noch ein wenig zu viel Klischee für mich in der Konstellation.

Griasle
zigga

 

Hallo Lakita, ich halte den Text für problematisch, da potenziell frauenfeindlich. Schauen wir kurz auf die Wirklichkeit: 71 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt sind weiblich, während die Täter zumeist Männer sind (76 Prozent). Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/lagebild-haeusliche-gewalt-2201488

Das bedeutet, in der Realität sind Frauen meist die Opfer, während Männer meist die Täter darstellen.

Deine Geschichte kehrt diesen Sachverhalt um. Zu welchem Zweck? Zigga hat zwar geschrieben, dass er das gut findet, aber nicht warum. (Zigga, Du schreibst: in die Richtung müsste man mehr schreiben, die Rollen vertauschen, weil sie mittlerweile sowieso vertauscht und durchmixt sind. Die Rollen sind nicht vertauscht. Das Patriachat herrscht nach wie vor und bestimmt die Verhältnisse.)

Stellen wir uns vor, wir würden einen Text mit Täter-Opfer-Umkehrung in einem anderen Bereich schreiben, z.B. weißer Plantagenbesitzer in den amerikanischen Südstaaten des 18 Jahrhunderts, der von boshaften schwarzen Sklaven gequält wird. Warum fänden wir das anstößig?

Weil hier Machtverhältnisse umgedeutet, bagatellisiert oder schlicht geleugnet werden. Es geht nicht darum, dass es solche Situationen, wie Deine Geschichte sie beschreibt, nicht gibt. Aber sie stellen die Ausnahme von der Regel dar.

Ich frage mal andersherum: Was könnte in Deinem Text die Aussage sein?

Klar, dass die Geschichte nicht die Verhältnisse beschreibt. Klar auch, dass die Geschichte nicht behaupten kann, dass genauso gut auch Frauen die Täter sein könnten. Denn der Grund für die Gewalt gegen Frauen ist nicht psychologischer, sondern struktureller Natur.

Aber vielleicht irre ich mich, Lakita. Ich bin gern bereit, Deine Sicht auf die Dinge zu hören.

Vom Schreiben her, fand ich nichts auszusetzen.

Gruß Achillus

 
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Servus @Achillus,

bitte tagge mich, ansonsten bekomme ich nicht mit, wenn ich erwähnt werde.

(Zigga, Du schreibst: in die Richtung müsste man mehr schreiben, die Rollen vertauschen, weil sie mittlerweile sowieso vertauscht und durchmixt sind. Die Rollen sind nicht vertauscht. Das Patriachat herrscht nach wie vor und bestimmt die Verhältnisse.)
Ich scheue mich davor, eine solche Grundsatzdebatte mit dir zu starten, weil sie ins Nichts verlaufen und niemandem etwas bringen wird. Ich finde deine Argumentation allerdings sehr dogmatisch. Was ist denn mit den restlichen 25%? Darf man die nicht beleuchten? Textkritik ist das eine, mit erhobenem Zeigefinger zu kommen und Debattenräume einzuengen, gerade, wenn es um Missbräuchlichkeit geht, finde ich daneben. In diesem Text wird ein Mann von seiner Frau misshandelt - wieso darf das nicht beleuchtet werden? Wer gibt dir überhaupt die Stellung, darüber zu urteilen? Du bist ein Mann, der darüber richten will, wie man über weibliche Missbräuchlichkeit schreiben darf? Das entspricht doch nicht mal der woken Ideologie, mit derem Duktus du hier sprichst. Wenn, dann würde mich interessieren, was weibliche Betroffene dazu sagen würden, zu einem konkreten Text. Das ist so eine Bullshit-Debatte, vor der ich im realen Leben einen Bogen mache, aber hier werde ich direkt angesprochen. Du hast einfach eine andere, politisch überkorrekte Rangehensweise an Texte. Texte sind für dich per se politisch und der Leser ist per se superdumm, denn wenn er diese Flash Fiction gelesen hätte, würde er frauenfeindlich werden. Das ist wirklich deine Argumentation? Irgendwo ist das auch reiner Whataboutism, nur weil über ein Thema gesprochen wird, heißt das doch nicht, dass man ein anderes kleinmachen würde. Ja, ich finde, man sollte durchaus Texte produzieren, die Missbräuchlickeit in Beziehungen beleuchtet, die so noch nicht stark beleuchtet wurden, hier ist die Frau der Täter. Ich habe auch dazu geschrieben, dass mir die Figuren noch zu schablonenhaft sind, damit ist auch gemeint, dass ich mir in einem perfekten Szenario (z.B. Roman) natürlich wünschen würde, dass beide in ihrer Menschlichkeit, in ihrer Vita usw. ausführlich dem Leser gezeigt werden, und er die sich ergebene missbräuchliche Beziehung zumindest nachvollziehen kann. Ich wüsste nicht, was daran verkehrt ist. Was ist sonst Sinn und Zweck von Literatur? Frauenfeindlich wäre es nur, wenn man in Klischees und Allgemeinheiten schreiben würde, aber selbst das hätte - meiner liberalen Kunstauffassung nach - genauso wie eine Erzählung, die aus künstlerischen Aspekten männerfeindlich ist, ihre Daseinsberechtigung, wenn sie klug und empathisch gemacht ist - aber auch, wenn sie absichtlich bspw. nur provozieren will.

 

Hey @lakita,

ich finde den Text gut - kurz natürlich - aber er hat es in sich. Kritikpunkt - wenn man das so nennen kann, habe ich nur einen:

"Den Tisch brauchst du nicht mehr zu decken", hat sie gebrüllt und mich geknufft und geschupst.
Das "geknufft und geschupst" klingt harmlos-süß, das kann so gewollt sein, fiel mir hier nur auf. Ich merke es nur an, weil ich hier nicht sicher war, ob das gewollt ist so als Gegenüberstellung, dass sie ihr Kind "gut behandelt" und nur den Partner nicht.

LG Luzifermortus

 

Es geht nicht darum, dass es solche Situationen, wie Deine Geschichte sie beschreibt, nicht gibt. Aber sie stellen die Ausnahme von der Regel dar.
Dann dürfte es keine literarisierten Individuen geben, sondern im Grunde nur laufende Klischees, die eben jene Regeln auf das peinlichste genau bestätigen. Die Literatur lebt doch genau von solchen Ausnahmen, oder nicht?

Vielleicht auch eine Diskussion, die man von der eigentlichen Textarbeit abtrennen und in einem eigenen Thread behandeln sollte, was meint ihr und vor allen @lakita dazu? (Wo wir gerade von dominaten Männern und Patriarchat schwadronieren, nehmen wir hier - alles Männer - doch recht deutlich viel Raum ein, meint ihr nicht?

 
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Moin liebe @lakita ,

oh, ich hatte deinen Plänen nach was Historisches erwartet ... ;)

Ich positioniere mich mal zwischen den Stühlen, was die Grundsätze angeht: selbstverständlich kann und soll alles erzählt werden. Ob alles in jeder Form sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Frauenfeindlich finde ich den Text nicht, verstehe aber auch, wo @Achillus herkommt, sozusagen, daher kann ich seinen Post ganz gut nachvollziehen / einordnen.

Grad mit meinem finnischen Hintergrund sehe ich in dem Text nicht so Exotisches wie vielleicht andere Leser, z.B. aus deutschsprachigen Ländern. In 75% der Fälle geht bei uns die körperliche Gewalt von Mädchen aus - gegen gleichaltrige Jungs, nicht andere Mädchen -, allerdings nur bis circa zur Volljährigkeit, dann dreht sich das um. Und durch die Veränderungen in der Demographie sind inzw. auch 9 von 10 Mädchen ab dem Grundschulalter sexuellen Angriffen ausgesetzt, ich nehme also an, dass die 75% seit einigen Jahren nicht mehr gelten.
Unter Erwachsenen hab ich in Pubs einige Male gesehen, wie Frauen Männer angriffen, auch eine Schlägerei in der Konstellation und dabei waren die Männer entweder eingeschüchtert/unterlegen oder es lief unentschieden - zumindest bis die Polizei eintraf. Das nicht unter Teenies, sondern Betrunkenen so zwischen 40 und 60 Jahren. Die Frauen waren da extrem aggressiv und laut. Dabei hab ich immer - zu meinem eigenen Erstaunen - gemerkt, dass mir ein Verhalten unangenehm ist, es aber absolut keine Rolle spielt, ob die Akteure Männer oder Frauen sind. In dem Sinne beschreibt dein Text zwar keine Variante systematischer Gewalt wie mehrheitlich von Männern gegen Frauen ausgeübt, ist aber durchaus realistisch und auch nicht irgendwie überzogen.

That said: Ich denke nicht, sorry, dass du dir mit der Kürze und der Form des Textes einen Gefallen tust. Die imA stark gekünstelte, forcierte Naivität der Erzählstimme macht das Ganze unglaubwürdig, fast zur Farce. Zudem sagt der Text nix anderes als: Auch Frauen üben mal Gewalt gegen Männer aus. Ja, das stimmt. Und selbstverständlich ist das auch erwähnenswert. Aber ist das alles, was eine Geschichte tun soll? Eine Ein-Satz-Aussage treffen? Hier wird nichts erzählt, und imA wäre das wichtig, um zumindest mich zu engagieren.

Diese naive Kinderstimme = eine Erzählstimme, die nichts begreift, nichts analysieren kann - nicht mal sich selbst / die eigenen Gefühle und Gedanken, Zwiespälte und Ängste - wirkt auf mich tumb. Weil es interessanter wäre, eine Erzählstimme zu haben, die dazu in der Lage wäre - dann nämlich geht es um Angst, um Traumata, um das Gefühl der Hilf- und Ausweglosigkeit, um Entscheidungsmöglichkeiten bzw. deren Nichtexistenz. Das Kind ist in einer vollkommen hilflosen Position, erkennt das aber auch nur teilweise oder gar nicht, und das ist imA unspannend: Wenn eine Figur keine Handlungsmöglichkeiten hat, gibt es auch keinen Konflikt, was zu tun ist oder ob man eingreifen / fliehen soll etc. Aber diese Konflikte sind doch da, wenn Menschen (egal, in welchem Alter) Zeugen von Gewalt gegen ihnen nahestehende oder sogar fremde Personen / Lebewesen werden.

So ganz verstehe ich auch nicht, warum das Kind so derart von außen, fast schon begriffsstutzig wirkt, denn zumindest ich konnte als Kleinkind Ängste (die auch körperlichen Konflikte unter meinen Eltern u.a.) sehr gut identifizieren und für mich einordnen. Davon erfahre ich hier nichts, wirklich gar nichts. Einzig der allerletzte Satz reißt da etwas an, aber ganz ehrlich gesagt, bin ich nicht 100% sicher, was. Das klingt auf den ersten Blick, als ob das Kind sich so empfindet, als wäre es schwächer als die Mutter, aber stärker als der Vater und könnte ihm Beistand leisten (rechtzeitig 112 rufen?) - aber ist das so? Wenn das Kind so stark wäre, würde ich eine andere Erzählstimme erwarten. Wenn es nicht so stark ist, brauchte ich mehr Panik, Todesangst sogar. Oder aber es weiß, es muss so stark sein, ist es aber faktisch gar nicht - da wäre ein möglicher Konflikt, daran kann ein Kind ja zerbrechen, aber der wird nicht erzählt. Also weder direkt, noch indirekt. Es ist auch kein show, don't tell (im Sinne von: ich zeige was und der Leser muss seine Haltung dazu selbst bestimmen); sondern reines tell, nur aus einer gekünstelt neutralen, naiven Position.

Dazu: Gewalt hat ja nicht nur mit Abläufen zu tun: Vater macht das, Mutter macht das, ich mache jenes. Wo ist die Sensorik? Gerüche, Lärm / Geräusche (!!!), wie wird die Akustik, Haptik, der eigene Körper empfunden? Selbst, wenn es da keine Analyse geben soll, ist die erzählende Figur doch im gleichen oder einem angrenzenden Raum - dann darf nicht alles klingen wie Aufzählungen von Dingen, als sähe man die in 2D auf einem Bildschirm.
Dissoziation kann es auch nicht sein, weil das ja eine vollkommen chronologische, geordnete und lückenlose Reihe von Beobachtungen ist.

Sorry, liebe Lakita, ich weiß, dass du eine sehr überlegte Autorin bist und das nicht einfach so runterschreibst - ich würde aber dennoch raten, hier noch mal an die Konzeption zu gehen. Ganz basic: Was will ich erzählen und ist dies die Stimme, die das am sinnvollsten transportieren kann?

Es ist dein Text, ich will dir nix aufschwatzen. Interessant hätte ich aber gefunden, wie es mit Loyalitätskonflikten aussieht. Ist die Erzählstimme ein Mädchen oder ein Junge? War das Verhältnis zum Vater immer inniger, oder hat sich die Mutter so entwickelt und das brachte erst Distanz zu ihr bzw. Nähe zum Vater? Hat das Kind einen Eindruck davon, dass es in ihrem Haushalt mit der Gewalt in einer anderen Konstellation läuft als bei Klassenkameraden? Wie verortet sich das Kind, wenn es ein Junge ist, wie, wenn es ein Mädchen ist - oder vielleicht wenn nicht so stark binär?

Gewalttätige Männer können - wenn die Frauen nicht in der Dynamik Schläge-Entschuldigungen/Zuwendung gefangen sind - ja sehr leicht und schnell aus der Gleichung 'Familie' entfernt werden und dann ist Ruhe im Karton. Aber mit Müttern ist das sicher nicht so einfach. Ihnen werden eher die Kinder zugesprochen, den Männern wird nicht geglaubt, wenn sie sich überhaupt einer Behörde anvertrauten. Wie sieht das fürs Kind aus? Will es, dass die Mutter aus der Gleichung entfernt wird? (Denn die Freizeit mit dem Vater läuft ungezwungen und harmonisch.) Oder ist es schwierig für das Kind, da gerade die Mutter abzukappen? Oder eben vielleicht nicht, aber solche Fragen könnte der Text stellen und das würde ich extrem spannend finden.

Alles Liebe, dir noch einen schönen Sonntag,
Katla

 

Liebe Lakita,
spontan habe ich deine Absicht so gedeutet, dass der Text die Augen öffnen soll für die Ungeheuerlichkeit der Gewalt die da passiert, eben meist gegen Frauen, aber an diesen Fakt sind wir eben schon so gewöhnt, auch in der Literatur. Also eher so, dass man sich vorstellen solle, so etwas würde umgekehrt passieren, wie absurd und erschreckend das wirkt. Ich überlege, ob es dafür einen Ausdruck gibt, was ich meine. Satire passt wohl nicht, oder?
Wenn du wirklich über Gewalt von Frauen gegenüber Männern schreiben willst, dann würde ich mir das auch stärker ausgearbeitet wünschen, weniger plakativ.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo
@zigga
@Achillus
@Henry K.
@Luzifermortus
@jimmysalaryman
@Katla
@Chutney


Während ich bei lieben Freunden zum Essen war, sind hier jede Menge Feedbacks und Kritiken von euch eingetroffen und ich bin total begeistert, wie sehr ihr euch da reingelegt habt. Und vor allen Dingen, wie hilftreich ihr seid.
Ich lerne aus diesem Text, der für mich übrigens ein Experiment ist, sehr sehr viel und das ist gut so. Ein Experiment ist es deswegen, weil ich mich auf dem Flash Fiction-Terrain kaum bisher bewegt habe, es aber mal wollte.
Zunächst möchte ich nochmals allen den Hinweis geben: dies sollte Flash Fiction sein und keine lange Geschichte.

Die Geschichte kann also aus meiner vermutlich unerfahrenen Sicht, was Flash Fiction ausmacht, nur kurz und lückenhaft sein. Aber ihr habt mir zu Recht aufgezeigt, dass ich mir Lücken leiste, die selbst auch bei Flash Fiction nicht oder nur schwer toleriert werden können.
Das sehe ich ein und verstehe das sehr gut, dass es so nicht richtig funktioniert.
Und zwar, so meine Interpretation, weil einfach das Thema viel zu wuchtig ist, um es in diese Kurzform zu pressen.


Lieber @zigga,

tausend Dank, dass du dir diese Geschichte angesehen und deine ausführliche Meinung dazu geschrieben hast und vorweg gesagt: ich kann alles, was du kritisierst nachvollziehen und verstehe es gut.

Ich hätte mir hier mehr Fleisch gewünscht, gerne auch ohne dass es die Flash Fiction sprengen würde - wer ist er, wer ist sie? Obwohl die Rollen vertauscht sind, bleiben sie als Figuren schablonenhaft.
Ja, die Figuren bleiben schablonenhaft, da widerspreche ich dir nicht.
Das ist für mich das Problem, dass ich mir eine deutliche Ausführlichkeit nur unter Hinweggabe der Flash Fiction vorstellen kann. Hier in derartig verdichteter Form auch noch die Tiefe hineinzubringen, die erforderlich wäre, um aus dem Text eine gute Geschichte zu machen, trau ich mir (noch) nicht zu. Es wäre ja so eine Mischung aus hochgradig Eingedampftem und trotzdem Aussagekraft in den richtigen Details. Diese hohe Kunst der Darstellung beherrsche ich bislang nicht und insoweit ist es supergut, dass ich hier das live erleben kann, weshalb diese Geschichte scheitert und zwar nicht in ihrem Thema, sondern in der Ausführung. Ich bin dir sehr dankbar, dass du es so deutlich mitteilst.

Meine Idee, die Figuren so zu lassen, wie sie jetzt da stehen, war, dass bei Flash Fiction der Leser gezwungen sein soll, sich selbst eine Interpretation für die Geschichte zu suchen, weil so Vieles offen bleibt.
Ich sehe ein, dass es so nicht funktioniert.

Ich würde darauf setzen, hier noch im Kleinen schrauben, in jeder Bewegung, jedem Handeln, jeder kleinen Entscheidung, die eine der Figuren trifft ihre Persönlichkeit, ihr Schicksal, ihre Träume, Wünsche und Resignationen einzustreuen,
Was du dir da wünschst, würde einfach Einzug in eine neue, dann aber normal angelegte Geschichte halten. Ich verstehe aber sofort, was dir fehlt in meinem Text.
Wie bekommt die Tochter das Zuschlagen mit? (Sie steht ja hinter einer Tür.) Hört sie die flache Hand auf der Backe? Wie schlägt die Frau genau den Mann?
Auch das würde ganz gewiss dem Leser in einer großen Geschichte nicht vorenthalten werden, ganz im Gegenteil, du hast vollkommen Recht, dass hier die Art der Aggression, die ich ja ausspare dem Leser mitzuteilen, ein deutliches Licht auf die Persönlichkeit der Frau wirft.
In einer längeren Geschichte könnte ich dann auch unterschiedliche Formen der Gewalt einbringen, einfach, weil mehr Raum vorhanden wäre.
Ich habe gerade heute und das hat mich dann (leider unüberlegt spontan) veranlasst, diese bereits im letzten Jahr geschriebene kleine Sequenz zu posten, im Deutschlandfunk eine Reportage über Männer, die Gewalt erleben, gehört. Dort schildert ein Mann eine Form der psychischen Gewalt, die darin besteht, dass immer dann, wenn er sich aus der Beziehung lösen will, die Frau mit Selbstmord droht. So habe ich das bisher noch nie gesehen gehabt, dass dies ja auch eine Form von Gewalt sein kann.
Ebenso kenne ich jemanden persönlich, der körperliche Gewalt erlebt hat und stets in dem Dilemma steht, sich einfach nicht zu trauen, seine männliche Kraft als Gegenwehr einzusetzen, weil er es einfach nicht über sich bringt, sich körperlich gegen eine Frau zu wenden.
All diese Dinge erwähne ich hier ja nicht, weil dafür gar nicht der Raum ist. Es existieren aber in unserer Gesellschaft all diese unterschiedlichen Formen der Gewalt und all diese Tabus, wenn es um einen Mann als Opfer geht.

Das wäre wichtig und würde das Klischee abbauen, finde ich.
Auch das verstehe ich, dass die Kürze dieser Geschichte zum einen dazu beiträgt, sie klischeehaft wirken zu lassen, weil ich eben die Figuren nicht richtig beschreibe, aber auch, weil ich sie klischeehaft agieren lasse. Das kann man in einer neuen anderen Geschichte viel eleganter unterbringen, ohne in die Klischeefalle zu tappen. Da stimme ich dir voll zu.
Auch dass die Frau sich über den nicht gedeckten Tisch aufregt - ich würde mir hier überlegen, ist da noch zu viel Klischee drin? Wie könnte ich das anders lösen?
Ja, das könnte man anders lösen, aber dann in einer anderen ausführlicheren Geschichte, die ich sicherlich mal schreiben werde, denn das Thema beschäftigt mich schon sehr.
aber ich würde mir etwas mehr Eigenes, Individuelles als Triggerpunkt hier suchen.
Exakt.
Mir gefällt der Rollentausch und die Richtung, die der Text einnimmt, aber mir fehlt noch Eigenes und es steckt noch ein wenig zu viel Klischee für mich in der Konstellation.
Ja, unterschreib ich.

Jemand anderes spricht es später ja auch noch an: wie geht es dem Kind? Was ist das für eine Situation, in dem sich das Kind befindet? Es ist ja automatisch mit Opfer, ohne körperlich verletzt zu werden.
Und wie geht es einem Kind, wenn es vielleicht in der Schule, unter den Freunden einräumen muss, einen Vater zu haben, der geschlagen wird?
Wie niederschmetternd ist das für das Kind? Welche Höllenqualen muss es durch die dann gewiss aufkommenden Hänseleien erdulden? Für mich steht nicht nur eine kaputte Mutter, ein Vater, der Opfer ist, sondern auch ein Kind, das Opfer ist im Fokus.
Aber eben in einer breiter angelegten Geschichte.

Hab Dank, lieber zigga, dass du es so zielgenau aufzeigst, woran es an dieser Flash Fiction fehlt. Wie schon oben geschrieben, mein Lerneffekt ist sehr deutlich und das ist gut so.


Lieber @Achillus,

danke, dass du aus einer ganz anderen Seite kommend, meine Flash Fiction beleuchtest.
Ich denke, dass so eine Diskussion gewiss dazu anregen kann, sich über bestimmte gesellschaftliche Phänomene und auch den Umgang damit auszutauschen. Denn natürlich provoziere ich mit meinem Fokus auf den Mann als Opfer. Warum? Weil es immer noch ein Tabu ist, dass ein Mann sich durch eine Frau misshandeln lässt. Dieses Tabu ist ungesund und es muss aufgebrochen werden.

Hallo Lakita, ich halte den Text für problematisch, da potenziell frauenfeindlich
Da gehe ich allerdings nicht mit dir konform. Mir ist bewusst, dass Frauen überall auf dieser Welt in der Mehrzahl die Opfer sind. Das leugne ich nicht und das leugnet auch dieser Text nicht.
Schauen wir kurz auf die Wirklichkeit: 71 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt sind weiblich, während die Täter zumeist Männer sind (76 Prozent). Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/lagebild-haeusliche-gewalt-2201488
Wir sind also bei rund 25% Männern, die Opfer sind, nicht wahr? Mir ist wichtig, dass diese Gruppe nicht als Minderheit betrachtet wird. 3% wäre eine Minderheit, von mir aus auch 5%, aber nicht fast 25%! Ich habe den Eindruck, dass unsere Gesellschaft nicht genügend intensiv diese hohe Anzahl an Männern, die Opfer sind, im Blick hat. Es geht mir in meiner Flash Fiction darum, darauf hinzuweisen.
Das sind Opfer! Die haben nicht selbst Schuld, weil sie sich nicht wehren! Die haben nicht selbst Schuld, weil sie die Frauen provoziert haben, nein sie sind Opfer von Gewalt und wenn du @Katla 's Komm liest, kannst du herauslesen, sie sind oftmals Opfer von schlimmer Gewalt.

Das bedeutet, in der Realität sind Frauen meist die Opfer, während Männer meist die Täter darstellen.
Ja! Müssen wir nicht diskutieren, ist so und das ist schlimm und zwar ist es schlimm, dass überhaupt Gewalt zwischen den Geschlechtern existiert. Auf jeder Seite.
Deine Geschichte kehrt diesen Sachverhalt um
Nein, das tut sie nicht. Sie schildert einen Fall der knapp 25% plakativ gesagt, geschlagenen Männer. Nicht mehr und nicht weniger. Und mir geht es darum, diese Gruppe in das Licht zu ziehen, damit man sie sieht.
Und sieh es doch einmal so. Eine Frau, die Gewalt erfahren hat, steht auf derselben Stufe wie der Mann, der Gewalt erfahren hat oder umgekehrt. Und beide können sich solidarisieren. Beide erleiden. Beide sind Opfer. Und beide können sich zusammentun, um gemeisame stark zu sein gegen die Täter und sich zu helfen. Sieh es einfach mal so herum.

z.B. weißer Plantagenbesitzer in den amerikanischen Südstaaten des 18 Jahrhunderts, der von boshaften schwarzen Sklaven gequält wird.
Das ist ein Vergleich, den ich unpassend finde. Ich möchte mit meiner Geschichte auf das Schicksal derjenigen Männer hinweisen, die zu den sog. 25% gehören, die Gewalt erleben.
Dein Beispiel würde bedeuten, dass ich mir ein Exemplar aus den anderen gewalttätigen 75% Männern, also den Tätern rausgreife und dann den Sachverhalt einfach umdrehe.

Weil hier Machtverhältnisse umgedeutet, bagatellisiert oder schlicht geleugnet werden
Ich schmälere nicht den Stand der Frauen, wenn ich Frauen daraufhinweise, dass es einige unter ihnen gibt, die gewalttätig gegen Männer vorgehen.
Aber sie stellen die Ausnahme von der Regel dar.
Nein, 25% sind keine Ausnahme mehr, genau das ist ja die Crux, dass bis vor ich weiß nicht wievielen Jahren, der Prozentsatz der misshandelten Männer wirklich sehr klein war.
Jetzt aber wächst die Anzahl so deutlich, dass man einfach nicht mehr Wegsehen kann und darf.

Ich frage mal andersherum: Was könnte in Deinem Text die Aussage sein?
Einmal abgesehen davon, dass es mir nicht gelungen ist, die Form einer Flash Fiction ideal auszufüllen und sicherlich das alles in einer normal angelegten Geschichte geschildert werden muss, weil es jetzt viel zu verkürzt da steht, soll und könnte die Aussage eines solchen Textes sein, dass
a) es mittlerweile eine große Anzahl Männer gibt, die von Frauen misshandelt werden.
b) es immer noch für Männer ein Tabuthema ist, dies nach aussen zu kommunizieren, sie also weniger glaubwürdig erscheinen (Polizei), sie weniger Mitgefühl erhalten (weil Männer sich doch wehren könnten), sie mit viel mehr Scham zu kämpfen haben.
c) sodann will ich aufzeigen, dass auch das Kind leidet, weil es zwischen den Stühlen sitzt, es liebt Vater und Mutter, weil es hilflos miterleben muss, wie ein Elternteil den anderen angreift und verletzt, weil es wie der Vater diese Situation nicht nach aussen tragen kann, ohne Gefahr zu laufen, gehänselt, gemobbt und verlacht zu werden.
d) ich will aufzeigen, dass wir immer noch in einer Gesellschaft leben, in der die Männer nicht einfach Schwäche zeigen dürfen, ohne sich lächerlich zu machen, ohne sich rechtfertigen zu müssen, ohne schräge angesehen zu werden. Das muss aufhören.

Eine Frau darf vorbehaltlos mitteilen, dass sie Gewalt durch einen Mann erlebt hat. Sie muss sich nicht automatisch fragen lassen, wieso sie sich nicht wehren konnte und gewehrt hat. Sie muss sich nicht fragen lassen, ob sie sich nicht doch ein wenig zu sehr anstellt. Ein Mann läuft Gefahr, dass er genau all dies erlebt, all diese Fragen gestellt bekommt.

Aber und insoweit möchte ich für deine Kritik auf jeden Fall eine Lanze brechen: du kannst das alles, was meine Motivation ist, nicht in meinem kurzen Text erkennen, weil es da auch gar nicht drinsteht. Dafür ist er viel zu kurz und einfach und karg angelegt von mir und dafür ist Flash Fiction auch einfach nicht das richtige Format. Das habe ich eingesehen.
Und insoweit bereite ich dir mit dieser ungenügend ausgearbeiteten Geschichte natürlich den Boden für solch ein Missverständnis.

Vom Schreiben her, fand ich nichts auszusetzen.
Dankeschön.

Hab lieben Dank für dein Feedback, du hast mir geholfen, noch viel mehr zu begreifen, dass diese Flash Fiction nicht bestehen kann, sie viel zu wenig besagt und aussagt. Da muss eine gründlich breiter angelegtere Geschichte her, die ich auch irgendwann mal in Angriff nehmen werde. Dies hier ist viel zu kurz und missverständlich.

Lieber @Henry K.,

Wenn nur ein Mann Opfer von Gewalt durch Frauen wird, hat er ein Recht auf Gehör.

Ja! Super Satz! Unterschreib ich sofort. Danke für dein Feedback und deine Einstellung zum Thema.

Gerade weil es so ein starkes Übergewicht der Zahlen zu Lasten der anderen Seite gibt, sind die Opfer in der statistischen Minderheit ja die Gelackmeierten.
Ich sehe es ähnlich und habe oben schon weiter ausgeführt, in welcher misslichen Lage sich diese misshandelten Männer befinden. Es geht mir darum, dass 100%, also die gesamte Gruppe derjenigen Personen, die Opfer von Gewalt durch das andere Geschlecht geworden sind, Beachtung und vor allen Dingen infolge dieser Beachtung angemessene und passende Hilfe bekommen. Das ist das Ziel. Keine Spaltung zwischen 25% Männer auf der einen Seite und 75% Frauen auf der anderen Seite. Alle sind sie Opfer.
Und das hast du bestens erkannt.

Ein misshandelter Mann ist weder Märtyrer, noch Abzahler, er ist ein Mensch mit Würde.
Genau. Der Mann ist ein Mensch mit Würde, die Frau ist ein Mensch mit Würde und da gibt es keinen Unterschied. Da bin ich bei dir.

Lieben Dank für deine Reaktion und dein Feedback.

Lieber @zigga,

Irgendwo ist das auch reiner Whataboutism, nur weil über ein Thema gesprochen wird, heißt das doch nicht, dass man ein anderes kleinmachen würde.
Stimmt.
Ja, ich finde, man sollte durchaus Texte produzieren, die Missbräuchlickeit in Beziehungen beleuchtet, die so noch nicht stark beleuchtet wurden, hier ist die Frau der Täter
Genau, darum geht es mir. Ich habe weiter oben geschrieben, in welcher prekären Lage ein Mann für gewöhnlich ist, wenn er sich der Gewalt einer Frau ausgesetzt sieht.

Wie verhält er sich? Einmal abgesehen davon, dass es gewalttätige Frauen gibt, die so massiv vorgehen, dass er sich nicht wehren kann, weil er schlicht körperlich, strategisch unterlegen ist, gibt es die psychologische Gewalt, die ihn ebenso hilflos machen kann und vor allen Dingen gibt es die eigene Hemmschwelle, die ihn hindern kann, sich zu wehren.

Während eine Prügelei unter Jungs, unter Männern sehr wahrscheinlich bei keinem der Teilnehmer zu einer sog. Beißhemmung führen wird, jeder also austeilt, soweit er es körperlich kann, gibt es bei sehr vielen Männern das Verhaltensmuster, dass man eine Frau nicht schlägt, sie nicht angreift, ihr nicht wehtut. Wenn sich ein Mann aus diesen Gründen nicht zur Wehr setzt, dann ist er ebenso Opfer, wie derjenige, der dem gewalttätigen Übergriff der Frau körperlich oder strategisch nicht gewachsen ist.

Das Thema ist vielschichtig und ich gelobe, es irgendwann mal in eine sozusagen ordentliche Geschichte zu packen, in der dann auch das Kind als Opfer dabei sein wird, denn das leidet ebenso sehr unter der Gewalt der Eltern untereinander.
Danke, dass du nochmals erwidert hast, um Klarheit zu schaffen.


Liebe @Luzifermortus,

lieben Dank für dein Feedback. Mir scheint, du bist die (bisher) die einzige, die sich nicht daran stört, dass meine Flash Fiction unzureichend die Dinge beleuchtet und erklärt.
Das freut mich, weil ich ja vom Ansatz her nicht in breiter Form schreiben wollte, sondern gerade eben nur so kurz, dass das Thema klar wird.

ich finde den Text gut - kurz natürlich - aber er hat es in sich. Kritikpunkt - wenn man das so nennen kann, habe ich nur einen:
Dafür ganz lieben Dank!
Das "geknufft und geschupst" klingt harmlos-süß, das kann so gewollt sein, fiel mir hier nur auf. Ich merke es nur an, weil ich hier nicht sicher war, ob das gewollt ist so als Gegenüberstellung, dass sie ihr Kind "gut behandelt" und nur den Partner nicht.
Stimmt, das ist mir gar nicht aufgefallen, dass das harmlos klingt. Ich werde aus geknufft, schon mal geboxt machen, dann wird vielleicht etwas deutlicher, dass es schon hochgradig aggressiv gegen das Kind sein soll. Das Kind soll eben auf der Stelle in seinem Kinderzimmer verschwinden und wird deswegen so angegangen. Danke für den wichtigen Hinweis.
Hab lieben Dank für dein Feedback.


Lieber @jimmysalaryman ,

dir auch lieben Dank für dein Feedback.

Die Literatur lebt doch genau von solchen Ausnahmen, oder nicht?
Ja, sie lebt zu einem großen Teil davon. Ich begreife jedenfalls die bisherigen 25% an misshandelten Männern deswegen noch als Ausnahme, weil sie eben noch nicht die Beachtung in unserer Gesellschaft erhalten haben, die ihnen zusteht.
Wie ich schon weiter oben geschrieben habe, es sind 100% Opfer von Beziehungsgewalttaten zu beklagen, die sich in 75% Frauen und 25% Männer aufteilen und nicht die 25% Männer sind zu den Tätern zu zählen, die die 75% Frauen verletzen.
Da gibt es noch nicht genug des Hinschauens.


Vielleicht auch eine Diskussion, die man von der eigentlichen Textarbeit abtrennen und in einem eigenen Thread behandeln sollte, was meint ihr und vor allen @lakita dazu? (Wo wir gerade von dominaten Männern und Patriarchat schwadronieren, nehmen wir hier - alles Männer - doch recht deutlich viel Raum ein, meint ihr nicht?
Dagegen hätte ich nichts einzuwenden. Aber von mir aus können wir auch weiterhin hier unter dieser Geschichte diskutieren, das sollen gerne die Mods entscheiden, was am meisten Sinn macht. Aber danke, dass du es ansprichst.

Lieben Dank für dein Zurseitestehen.

Liebe @Katla,

oh, ich hatte deinen Plänen nach was Historisches erwartet ... ;)
Ich wollte dich nicht auf die falsche Fährte setzen, wobei auch nichts Historisches kommen soll, sondern eine ganz normale Geschichte, die im Hier und Jetzt spielt, aber diese hier ist es leider nicht.
Im Grunde genommen war es nicht geplant, diese Geschichte zu posten, aber ich habe gestern im Deutschlandfunk eine Reportage über misshandelte Männer gehört und da kam mir die Idee, dass ich doch diesen kleinen Text wo rumliegen habe. Und so habe ich ihn gepostet.

Grad mit meinem finnischen Hintergrund sehe ich in dem Text nicht so Exotisches wie vielleicht andere Leser, z.B. aus deutschsprachigen Ländern. In 75% der Fälle geht bei uns die körperliche Gewalt von Mädchen aus - gegen gleichaltrige Jungs, nicht andere Mädchen -, allerdings nur bis circa zur Volljährigkeit,
Das ist spannend, was du mitteilst. Hab ich so nicht gewusst.
Dabei hab ich immer - zu meinem eigenen Erstaunen - gemerkt, dass mir ein Verhalten unangenehm ist, es aber absolut keine Rolle spielt, ob die Akteure Männer oder Frauen sind.
Ja, ich hab es zum Glück noch nicht so oft miterleben müssen, aber egal, wer hier dann der Aggressor war, ich fühlte mich wie du immer hochnotpeinlich und wär gern im Erdboden verschwunden, so unangenehm war es.
That said: Ich denke nicht, sorry, dass du dir mit der Kürze und der Form des Textes einen Gefallen tust.
Ich bin absolut bei dir. Ja, als Flash Fiction ist dieser Text eine Katastrophe, weil er nicht das hergibt, was er hergeben müsste, um Tiefe zu bekommen. Zu meiner Ehrenrettung möchte ich anfügen, dass ich wenig Erfahrung mit Flash Fiction habe und insoweit ist mein Lerneffekt anhand dieser Geschichte immens. Ich profitiere von meinem Fehler sehr.

Auch Frauen üben mal Gewalt gegen Männer aus.
Ja.
Diese naive Kinderstimme = eine Erzählstimme, die nichts begreift, nichts analysieren kann - nicht mal sich selbst / die eigenen Gefühle und Gedanken, Zwiespälte und Ängste - wirkt auf mich tumb.
Das stimmt, dem Kind müsste in einer ausführlicheren Geschichte, die ich sicherlich irgendwann mal schreiben werde, weil mich das Thema auch nicht richtig loslässt, ein deutlich erkennbarer Charakter gegeben werden. Denn mir ist genauso wichtig, darzustellen, wie es dem Kind geht, das für mich Opfer Nummer zwei ist. Und richtig mahnst du an, dass dieses Kind Ängste, Gedanken, Zwiespälte und Gefühle hat, die alle hier in dieser Geschichte völlig zu kurz kommen.
Wenn eine Figur keine Handlungsmöglichkeiten hat, gibt es auch keinen Konflikt, was zu tun ist oder ob man eingreifen / fliehen soll etc.
So radikal gesagt, ist das völlig richtig. Aber ein Konflikt kann z.B. durchaus dadurch entstehen, dass eben das Kind keine Handlungsmöglichkeit hat, weil es eben ja nicht die Stärke hat, gegen die Mutter zu agieren. Und die Spannung entsteht dann dadurch, dass man sich als Leser fragt, wie das Kind diese Einschränkungen für sich auflöst.
Aber, wie schon oben gesagt, das gehört dann in eine breiter angelegte Geschichte.

Davon erfahre ich hier nichts, wirklich gar nichts. Einzig der allerletzte Satz reißt da etwas an, aber ganz ehrlich gesagt, bin ich nicht 100% sicher, was. Das klingt auf den ersten Blick, als ob das Kind sich so empfindet, als wäre es schwächer als die Mutter, aber stärker als der Vater und könnte ihm Beistand leisten (rechtzeitig 112 rufen?) - aber ist das so?
Verstehe deine Wünsche sofort.
Sorry, liebe Lakita, ich weiß, dass du eine sehr überlegte Autorin bist und das nicht einfach so runterschreibst - ich würde aber dennoch raten, hier noch mal an die Konzeption zu gehe
Nix sorry, ich bin froh, dass du offenherzig ein Feedback gibst und mir den Kopf wäschst, denn dadurch lerne ich viel schneller, was alles mit meiner Geschichte nicht stimmt und das ist gut so. Es muss auf jeden Fall eine andere, neue Geschichte her. Es macht keinen Sinn, an dieser herumzudoktern.
Es ist dein Text, ich will dir nix aufschwatzen. Interessant hätte ich aber gefunden, wie es mit Loyalitätskonflikten aussieht.
Nö, du schwatzt mir nix auf. Ich muss und werde eine neue Geschichte schreiben, in die ich dann auch die Vielschichtigkeit des Problems des misshandelten Mannes viel besser einbringen und verpacken kann, ohne dass es so holzschnittartig wirkt. Und ja die Loyalitätskonflikte des Kindes sind auch ein wichtiges Thema, das da hineinspielt und eben auch einen Teil der Opferrolle des Kindes ausmacht. Gar keine Frage. Flash Fiction ist einfach nicht das richtige Format für solch ein wuchtiges Thema.
Aber mit Müttern ist das sicher nicht so einfach. Ihnen werden eher die Kinder zugesprochen, den Männern wird nicht geglaubt, wenn sie sich überhaupt einer Behörde anvertrauten. Wie sieht das fürs Kind aus?
Ja, es ist überwiegend immer noch so, dass Mütter es einfacher haben. Aber in meinen rund 35 Jahren als Familienrechtsanwältin hat sich doch schon ein Wandel vollzogen. Was früher, zu Beginn meiner Tätigkeit damals als aussichtslos für den Vater galt und er im Grunde genommen nur gegen die gerichtlichen Wände lief, ist schon sehr viel mehr seine Position gestärkt worden. Das alte Klischee: "eine Mutter gehört immer zu ihrem Kind", ist deutlich mehr aufgeweichter als früher. Aber der Prozess der Gleichberechtigung der Eltern ist noch lange nicht abgeschlossen.

Liebe Katla, hab großen Dank für deine offenen, klaren Worte, mit denen ich viel anfangen kann.


Liebe @Chutney,

lieben Dank für dein Feedback und deine Interpretation.

spontan habe ich deine Absicht so gedeutet, dass der Text die Augen öffnen soll für die Ungeheuerlichkeit der Gewalt die da passiert, eben meist gegen Frauen, aber an diesen Fakt sind wir eben schon so gewöhnt, auch in der Literatur
Ja, es stimmt, in der Literatur sind wir daran gewöhnt, dass Frauen die Opferrolle haben. Mir ging es tatsächlich darum, aufzuzeigen, dass die Anzahl der Männer, die ebenfalls in dieser Opferrolle stecken, ziemlich groß ist, auch wenn es im Text natürlich nicht um Statistik geht. Diese Gruppe von Männern, die von Frauen Gewalt erfahren, sind mir einfach zu wenig bekannt. Dem wollte ich abhelfen.

Also eher so, dass man sich vorstellen solle, so etwas würde umgekehrt passieren, wie absurd und erschreckend das wirkt.
Nicht ganz, wenn ich dich richtig interpretiere. Es geht mir darum, aufzuzeigen, dass es unter den 100% Opfern von Beziehungsgewalttaten eine Gruppe von rund 25% gibt, denen es genauso schlimm ergeht wie den Frauen. Sie gehören zu dieser Gruppe dazu.
Ich will damit sagen: es gibt die Gruppe der Opfer und die Gruppe der Täter und beide Gruppen setzen sich aus Frauen und aus Männern gemischt zusammen.
Wir haben die Verpflichtung das zu beachten und nicht immer nur die Gruppe der Frauen daraus zu filtern. Ein Mann ist genauso Opfer wie eine Frau Opfer ist.
Satire passt wohl nicht, oder?
Und deswegen, weil es ja um Tatsachen geht, die ich zur Grundlage nehme und weil ich diese Tatsachen nicht satirisch behandele, sondern nüchtern zugrunde lege, ist es keine Satire. Es fehlt ja die für eine Satire erforderliche Abstraktion. Es ist eine Alltagsgeschichte, eben eine Geschichte, wie sie täglich passiert, denn rund 25% der Frauen richten Gewalt gegen Männer und das ist kein Pappenstiel mehr.
Wenn du wirklich über Gewalt von Frauen gegenüber Männern schreiben willst, dann würde ich mir das auch stärker ausgearbeitet wünschen, weniger plakativ.
Und genau das verstehe ich sofort, denn das ist der Tenor fast aller Kritiker hier. Und da stimme ich auch zu. Flash Fiction ist nicht die richtige Form. Das habe ich dankenswerterweise aus all euren und auch eben aus deiner Kritik gelernt. Es wird sicherlich irgendwann eine ausführlichere Geschichte von mir folgen, die dann nicht vom Textumfang her begrenzt sein wird, denn es gibt so viele Aspekte, die wichtig sind und die beleuchtet werden müssen.

Hab lieben Dank für deine weiterführende Kritik.

Lieben Gruß an euch alle und nochmals herzlichen Dank


lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Lakita,

ah, ich freue mich riesig, dass du etwas mit meiner Kritik anfangen konntest und sie nicht in den falschen Hals gekriegt hast, das sehe ich inzwischen nicht mehr als selbstverständlich an.

Und wie geht es einem Kind, wenn es vielleicht in der Schule, unter den Freunden einräumen muss, einen Vater zu haben, der geschlagen wird?
Wie niederschmetternd ist das für das Kind? Welche Höllenqualen muss es durch die dann gewiss aufkommenden Hänseleien erdulden? Für mich steht nicht nur eine kaputte Mutter, ein Vater, der Opfer ist, sondern auch ein Kind, das Opfer ist im Fokus.
Hast du zwar nicht mir geantwortet, aber das unterstreiche ich mit Nachdruck. Das wäre - als Szene - sicher auch eine Möglichkeit, das Thema mehr indirekt zu erzählen und dann gleich von dem sehr typischen Set-up A übt akute on-screen Gewalt gegen B aus abzurücken.

Ich muss meine Aussage präzisieren, das Problem ist nicht die geringe Zeichenzahl selbst. (Und da würde ich regulär formatieren, also die ganzen überschüssigen Leerzeilen entfernen.) Zum einen ist das selbst für Flash Fiction knapp. Zum anderen hast du einen Stil gewählt, der nach mehr Raum schreit: ordentlich auserzählt, ganze Sätze, Szenenabläufe, Setting, Beschreibungen / Details, Dialoge bzw. wörtliche Rede. Zum anderen geht es in die Breite (am härtesten war für mich der herausspritzende Sekt als filmhaft-visuelles Detail, wenn ich eigentlich das Geräusch der Flasche auf dem Tisch erwartet hätte sowie vllt. eine Idee, ob das Kind nicht Angst hat, diese könnte - heil oder zerbrochen - als Waffe eingesetzt werden), aber nicht so in die Tiefe.

Es gäbe mindestens zwei Optionen, Flash Fiction als Möglichkeit, nicht als Problem zu sehen:
- Erstens, mit einem auktorialen Erzähler mehr über Abstraktionen und Andeutungen zu gehen. Hier als objektiverer, nicht im Text anwesender Erzähler unaufdringlich ordnen zu können, anstatt diese Ordnung (also: Thema, Struktur, Plot & Stil) dem kindlichen Co-Opfer inmitten einer akuten Bedrohungssituation abzuverlangen.
- Zweitens, mit einem Icherzähler stärker in die Figur zu gehen: Extrem fragmentiert, extrem elliptisch, sensorisch, chaotisch, ggfs. dissoziativ. Sodass der Leser genau hinschauen muss, um zu verstehen, worum es überhaupt geht, da mehr selbst zusammensetzen muss.
Beides gemäß Sullivans Motto für das Bauhaus: Form Follows Function. ImA die Maxime nicht nur für Architek-, sondern auch Literatur.

Dazu noch: Titel sind wie ggfs. Anmerkungen, Fußnoten etc. auf Ebene des Autors, die Geschichte auf Ebene des Erzählers - du hast beim Titel aber die Perspektive der erzählenden Figur verwendet. Könntest du noch mal überdenken.

Das ist spannend, was du mitteilst. Hab ich so nicht gewusst.
Kommt einfach nur daher, dass Finnland bis in die späten 1950er nahezu reines Agrarland war, wobei Männer und Frauen traditionell dieselben Arbeiten verrichteten und daher einen extrem ähnlichen Körperbau/-größe hatten (und auch jetzt in jüngeren Generationen noch haben).
Ist sicher in einigen anderen Nordischen Ländern mit längerer (vorchristlicher) Gleichstellung so - geh mal in einen Club in Dänemark und lass dich da von den (sehr schönen und durchaus auch 'weiblichen') Walküren rumschubsen *gn*, die meine 1,80 m um ein gutes Stück überragen. Und selbstverständlich die fehlerhafte Zuordnung bei Wikingergräbern aufgrund von Körperbau und Grabbeigaben (Schwerter/Äxte, Pferde) - nicht nur der eine als "prototypisch" bezeichnete Wikingerkrieger hat sich bei genauerer Untersuchung als Frau herausgestellt: hier und eine andere hier. Viele skandinavische Museen nehmen nun DNA-Tests an ihren "Wikingerkriegern" vor; und DNA-Massentests an der Bevölkerung von Zielländern zeigte, dass es kaum Durchmischung gab und daher die Frauen nicht zu Hause warteten, sondern mitsegelten / auswanderten - und das eben nicht strickend & häkelnd.
Guck heute noch bei Segelschiffen die Crews an, die Leute beim professionellen race sailing. Oder in Indien ist Straßenbau Frauenarbeit, und dort können Männer auch ziemlich fipsig sein (hier speziell nur auf die Physiognomie, nicht die Täter/Opfer-Verteilung bezogen!). Wir gehen sehr stark über Codierungen wie Kleidung, Frisur, Körpersprache/Gebaren, Stimmen, und wenn sich das weswegen auch immer angleicht, ist die soziale Einordnung von Mann oder Frau - bzw. alles dazwischen - längst nicht mehr so einfach.

All das hat null Komma nix mit aktuellen Genderpolitiken zu tun (I'm not a fan), wo es rein um kultur-identitätische Zuschreibungen geht. Man sollte aber nicht vergessen, dass die abrahamische Sicht auf die Geschlechter vielleicht 1700-550 Jahre lang in Europa Bestand hatte, aber keinesfalls irgendeine natur- oder kulturgegebene Notwendigkeit darstellt.

That said, ...

Aber der Prozess der Gleichberechtigung der Eltern ist noch lange nicht abgeschlossen.
... bin ich hier wieder bei Achillus. Ich meinte das 'leicht aus der Gleichung entfernen' durchaus sehr positiv, denn unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung bekommen männliche Täter über das Besuchsrecht eben im ungünstigen Fall nach einer Scheidung regelmässigen Zugang zu den von sexueller oder sonstiger physischer und psychischer Gewalt mit-/betroffenen Kindern. Die ggfs. eben nie offengelegt wurden, weil die Opfer traumatisiert sind oder zuvor vom Täter bedroht / eingeschüchtert wurden, emotionale Abhängigkeiten / Konflikte bestehen, Druck der Restfamilie etc..

Gleichberechtigung von Männern im Familien-/Scheidungsrecht wird nur analog zu der Suffragettenbewegung der Frauen - quasi nachgezogen - angeglichen. Was immer noch ganz massiv fehlt, ist eine Gleichberechtigung von Männern im Kampf gegen Männergewalt. Wenn man an sexuelle Angriffe gegen Erwachsene und Kinder denkt, verziehen sich die 75%/25% [Edit: Aha, ggfs. eh eine missverstandene Statistik] zudem sehr stark. Das aufzubrechen ist eigentlich nicht Frauen-, sondern Männersache. Wenn Männer mehr Gleichberechtigung bei Scheidungs-/Sorgerechtsfällen- und ehelicher Gewalt als Opfer wollen, können und dürfen sie den Kampf gegen strukturelle - größtenteils männliche, kulturell und ggfs. religiös untermauerte - Gewalt nicht den mehrheitlichen Opfern = Frauen überlassen. Bis ich nicht mehr von diesen Stimmen höre, sehe ich mich nicht gezwungen, mehr Rechte für Väter zu bejubeln, sorry not sorry.
Sind Frauen gleichberechtigter und nicht solcher Gewalt ausgesetzt, hören sie vielleicht auch auf, gewalttätige Empathiegestörte großzuziehen - deren Taten im Kindes-/Jugendalter zu ignorieren, zu vertuschen oder gar zu fördern. Das ist ja alles ein Teufelskreis, aus dem wir sonst nie rauskommen.

Das war jetzt sicher alles ziemlich OT - aber das nehme ich einfach mal aus Austausch unter Schreibenden, deine Motivation war ja wie du sagst, Diskussionen anzuregen, und das ist doch gelungen. Die Frage nach Funktion und Form eines Textes stellt sich ja immer, nicht nur bei 'heiklen' Themen.

Alles Liebe, einen schönen Sonntag und ich bin gespannt, was du aus dem Thema noch machst - tagge mich gern später.
:-) Katla

 

Hallo Lakita, nur ganz kurz, ich antworte später noch ausführlicher. Danke für Dein sachliches, gelassenes und freundliches Feedback. Das hilft bei der Diskussion.

Ich möchte zur Statistik nur kurz anmerken, dass die Männer, die in dieser Statistik als Opfer auftauchen ebenfalls häufiger von Männern, als von Frauen angegriffen werden. Deine 25% stimmen also nicht.

Sowohl Frauen als auch Männer werden signifikant häufiger von Männern angegriffen. Ich schreibe in den nächsten Tagen noch etwas mehr dazu, das nur in Kürze.

Gruß Achillus

 

Lieber @Henry K.,

Ich glaube, da bist zu defensiv eingestellt.
Ja und nein. Ich habe mich tatsächlich bereits innerlich von dieser Flash Fiction verabschiedet, es wird irgendwann eine neue Geschichte geben, die dann hoffentlich diesem Thema angemessen ist und es schafft, dieses Thema von möglichst vielen Facetten aus anzugehen.
Laut Internet hast du bis zu 2.000 Wörter zur Verfügung
Die würden leider auch nicht reichen. Ich bin eindeutig raus aus Flash Fiction, wobei ich durchaus so manchem Autoren hier zutraue, dass es ihm gelingt, gerade über die Form der Flash Fiction eine supergute Geschichte mit Tiefe zu schreiben. Ich fühle mich damit überfordert.

Lieben Dank nochmals für deine Erwiderung.


Liebe @Katla,

Deine superwertvollen Tipps und Ausführungen habe ich, nämlich genau den untenstehenden Absatz schon mal für mich ganz oldschoolmäßig gerettet und mir ausgedruckt. Ist ja fast schon eine Art Betriebsanleitung für zukünftige Texte.
Du hast nicht zufällig schon mal überlegt, mal ein solches Anleitungsbuch für Autoren zu verlegen? Ich bin mir sicher, dass der Markt dafür da wäre und dass du gute Beiträge bringen könntest.

Es gäbe mindestens zwei Optionen, Flash Fiction als Möglichkeit, nicht als Problem zu sehen:
- Erstens, mit einem auktorialen Erzähler mehr über Abstraktionen und Andeutungen zu gehen. Hier als objektiverer, nicht im Text anwesender Erzähler unaufdringlich ordnen zu können, anstatt diese Ordnung (also: Thema, Struktur, Plot & Stil) dem kindlichen Co-Opfer inmitten einer akuten Bedrohungssituation abzuverlangen.
- Zweitens, mit einem Icherzähler stärker in die Figur zu gehen: Extrem fragmentiert, extrem elliptisch, sensorisch, chaotisch, ggfs. dissoziativ. Sodass der Leser genau hinschauen muss, um zu verstehen, worum es überhaupt geht, da mehr selbst zusammensetzen muss.
Beides gemäß Sullivans Motto für das Bauhaus: Form Follows Function. ImA die Maxime nicht nur für Architek-, sondern auch Literatur. Dazu noch: Titel sind wie ggfs. Anmerkungen, Fußnoten etc. auf Ebene des Autors, die Geschichte auf Ebene des Erzählers - du hast beim Titel aber die Perspektive der erzählenden Figur verwendet. Könntest du noch mal überdenken.
Auf jeden Fall, das möchte ich nicht vergessen: schönen Dank für deine konstruktiven Ausführungen.
Wenn Männer mehr Gleichberechtigung bei Scheidungs-/Sorgerechtsfällen- und ehelicher Gewalt als Opfer wollen, können und dürfen sie den Kampf gegen strukturelle - größtenteils männliche, kulturell und ggfs. religiös untermauerte - Gewalt nicht den mehrheitlichen Opfern = Frauen überlassen.
Richtig.
Bis ich nicht mehr von diesen Stimmen höre, sehe ich mich nicht gezwungen, mehr Rechte für Väter zu bejubeln, sorry not sorry.
Ich hoffe, ich verstehe dich da richtig? Du meinst, weil sich die Väter darum selbst kümmern sollen und müssen, denn es betrifft ja auch ihre Rechte, stehst du ihnen nicht zur Seite?
Falls ich dich da richtig verstanden habe, widerspreche ich dir. Ich denke, ein Teil der Gleichberechtigung, die ja Frauen und Männer gleichermaßen betrifft, liegt auch darin, gerade nicht, geschlechterspezifisch die Aufgaben zuzuordnen. Braucht die Frau Hilfe, darf sie es von allen! Seiten bekommen, aber der Mann auch.
Wenn ich den Mann quasi zurücklasse, obgleich ich aktiv mittun könnte, dass sich etwas verbessert auf seiner Seite, dann bin habe ich auch zugleich den Bereich der Gleichberechtigung verlassen.
Dies alles nur gesagt, für den Fall, dass ich dich nicht missverstanden habe.
Sind Frauen gleichberechtigter und nicht solcher Gewalt ausgesetzt, hören sie vielleicht auch auf, gewalttätige Empathiegestörte großzuziehen - deren Taten im Kindes-/Jugendalter zu ignorieren, zu vertuschen oder gar zu fördern. Das ist ja alles ein Teufelskreis, aus dem wir sonst nie rauskommen.
Dem ersten Satz stimme ich inhaltlich voll zu. Beim zweiten Satz weiß ich grad wieder nicht, ob ich dann doch den ersten Satz falsch gelesen habe.
Alles Liebe, einen schönen Sonntag und ich bin gespannt, was du aus dem Thema noch machst - tagge mich gern später.
Ich werde noch irgendwann etwas aus dem Thema machen. Es ist ja so, dass es mich einerseits ziemlich umtreibt, weil es immer wieder aufblitzt in unserer Gesellschaft, es ist also ein Thema, das mich schon ziemlich beschäftigt und ich habe auch schon so locker (so fängt es meist bei mir an, wenn ich Geschichten am Ende zu Papier bringe) eine Idee, wie ich das Thema umsetzen könnte.
Lieben Dank auch an dich für deine Erwiderungen.


Lieber @Henry K. ,


Vor diesem Hintergrund bin ich davon überzeugt, dass viele Männer nicht passiv bleiben, weil sie Angst davor haben, die Frau zu verletzen, oder weil sie das gesellschaftliche Stigma fürchten, sondern weil sie schlichtweg Angst haben und sich nicht trauen, da die Frau in dem Fall ein überzeugender Aggressor ist. Wir können eben unsere eigene Angst nur teilweise kontrollieren − wird sie ausgelöst, sind wir (auch physisch) schwach.
Ein Aspekt, bei dem ich dir zuerst widersprechen wollte, aber du hast es dann hier :
Man muss ja auch mitbedenken, wie oft man in einer Beziehung dem anderen ausgeliefert ist. Sprich, das Rachemotiv spielt sicher auch eine Rolle. Vielleicht könnte man sich nachmittags im Wohnzimmer wehren, aber wenn man in diesem Moment schon an die Nacht denkt, wo man schlafend im Bett liegt, da wird einem ja zu Recht Angst und Bange, schliesslich kann einem da selbst die schwächste Frau den Steinaschenbecher über den Kopf ziehen. Und die Küchenmesser sind auch nie weit.
noch weiter ausgeführt und da vermag ich dir zuzustimmen.
Beides ist und kann Männer in die Opferposition bringen, einerseits die, ich nenn sie mal wirklich ganz flapsig und lax Beißhemmmungen gegenüber Frauen haben und andererseits das, was du aufzeigst, die tatsächlich in einer Beziehung heraufkommende Angst und somit allgemein geschrieben psychische Belastung infolge einer aufkommenden Bedrohungssituation. Ist nicht von der Hand zu weisen.

Ganz unabhängig von diesen Überlegungen kam mir noch der alte Freud in den Sinn und die. Frage, ob eine Gewalterfahrung durch eine schlagende Mutter für ein Kind nicht sogar noch viel verheerender ist als eine durch den Vater.
Oh nein, bitte mache dieses Fass nicht noch zusätzlich auf. Die Situation von Männern, die Gewalt durch Frauen erleben ist schon verzwickt genug.
Eine autoritäre, schlagende Mutter ist vollkommen wider die Natur, wohingegen ein entsprechender Vater vielleicht moralisch absolut gleich zu verurteilen ist, aus einer gewissen Perspektive aber noch eher einem natürlichen Muster entspricht.
Wenn wir darüber jetzt auch noch eine Diskussion anfangen, habe ich die Befürchtung, dass wir zu weit weg driften. Auch, wenn diese These spannend und zu hinterfragen ist. Aber ich möchte bei dem schon sehr schwierigen Thema verharren, dass Männer ebenfalls, wie die Frauen, Opfer von Gewalt sein können, und dass dieses Phänomen keine Randerscheinung ist. Darum geht es mir.
Ich muss hier betonen, dass ich nicht dieser Meinung bin, sondern dass mein Kopf bei der Beschäftigung mit der Story und den Kommentaren einfach diese Gedanken ausgespuckt hat.
Das nehm ich mal als Kompliment, dass meine kleine Story, Gedanken-Rumba in deinem Kopf tanzt.
Das wollte ich noch empfehlen, denn auch wenn es dort nicht um physischen, sondern um sexuellen Missbrauch geht, so ist das doch dasselbe Problem mit der sozialen Nichtbeachtung dieses Phänomens (Missbrauch durch Frauen) − wahrscheinlich wird diese Art Missbrauch sogar noch stärker ausgeblendet von der Gesellschaft.
Guter Hinweis. Und ja, diese Form der Gewalt gehört zwingend mit in den Kanon.
Und die Geschichte dieses Mannes ist einfach super spannend, weil er eben dann selbst zum Frauenhasser und -misshandler geworden ist
Klingt spannend. Und wie wäre es, wenn du dich genau an diesem Thema versuchst? Ich habe nicht das Copyright auf den Plot meiner Geschichte, denn die kann jeder schreiben und sich daran versuchen, das Thema darzustellen. Ich glaube auch, das Thema ist noch nicht so verbraucht, wie manch andere. Also nur zu: Hau in die Tasten.

Lieben Dank nochmals für deine Erwiderung.


Lieber @Achillus,


Hallo Lakita, nur ganz kurz, ich antworte später noch ausführlicher. Danke für Dein sachliches, gelassenes und freundliches Feedback. Das hilft bei der Diskussion.
Danke für deine freundliche Erwiderung.
Ich möchte zur Statistik nur kurz anmerken, dass die Männer, die in dieser Statistik als Opfer auftauchen ebenfalls häufiger von Männern, als von Frauen angegriffen werden. Deine 25% stimmen also nicht.
Ich habe das aufgegriffen, weil ich es unerträglich fände, wenn ich (oder auch wir alle) ständig von völlig unrealistischen Zahlen bzw. Statistiken ausgehen und habe mir deswegen im Internet angeschaut, was ich dazu konkret finden kann. Die Ergebnisse habe ich weiter unten zusammengestellt. Insoweit danke ich dir für deinen Hinweis.
Sowohl Frauen als auch Männer werden signifikant häufiger von Männern angegriffen.
Das bestreite ich nicht, das bestreitet keiner hier.
Und dass es so ist, ist schlimm genug. Aber ich denke, wir helfen uns alle nicht weiter, wenn wir Frau gegen Mann setzen und fragen, wer ist schlimmer dran. Es sollte ganz grundsätzlich da angesetzt werden, wo auf beiden Seiten mehr präventiv verhindert werden kann.
Lieben Dank auch dir für deine Erwiderung.

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Jetzt kommt der Teil, den ich an alle richte, die es interessiert:


Ich weiß jetzt nicht, ob hier unter dieser Geschichte die Diskussion fortgesetzt werden soll, die sich anlässlich meiner Geschichte ergeben hat, aber so lange das hier nicht ausgelagert wird, poste ich einfach hier mal weiter.
Ich habe den bisherigen Sonntag genutzt, um im Internet über die Zahlen zu recherchieren. Bislang habe ich mich grob an die 25% gehalten, d.h. von rund 25% der Frauen geht die Gewalt gegen Männer aus.
Da Achillus das bemängelt, habe ich mir gedacht, es muss doch was im Internet zu finden sein, was wir als allgemeine für uns alle anerkannte Grundlage nutzen können, um nicht laufend die Diskussion über die Zahlen aufflammen zu lassen.

Fazit: Ich bin auf jede Menge allgemeine Behauptungen gestoßen und bis auf eine Studie, die ich gleich näher präsentieren werde, gibt es keine überprüfbaren Daten und, was mich ganz betroffen macht, schon gar keine aktuellen Daten.
Ein Zeichen, dass dieses Thema immer noch sehr stiefmütterlich behandelt wird und meiner persönlichen Ansicht nach immer noch tabu ist.
Aber vielleicht auch nur schlicht ein Zeichen dafür, dass keine Institution gewillt war, die Kosten für solch eine aktuelle Studie aufzubringen, warum auch immer. Ich kann also nur vermuten.


Die bisher somit aktuellste Studie ist aus dem Jahr 2004 und somit furchtbar alt. Aber sie ist wenigstens geeignet, die ganze Misere aufzuzeigen, sie ist wunderbar umfangreich und sehr detailliert und spart aus meiner Sicht praktisch nichts an Facetten aus und ich kann sie nur jedem empfehlen, der sich dafür interessiert. Man benötigt allerdings Zeit, denn sie ist im Kern schon mal 400 Seiten lang und was hocherfreulichist, komplett im Internet veröffentlicht.
Hier meine Auszüge daraus, die ich versucht habe, jeweils immer mit den Seitenzahlen der Studie zu versehen, wobei ich anfänglich einfach nur rauskopiert habe und die Seitenzahlen nicht notiert hatte. (ich Depp)
Die Arbeit, jetzt nachträglich diese Zitate mit den Seitenzahlen zu versehen, ist mir zu heftig, verzeiht bitte, aber ihr könnt es zur Not selbst nachlesen im Original. Die Zitate habe ich immer kursiv gesetzt.

Und natürlich habe ich versucht, eng an meinem Thema zu bleiben, in der Studie selbst sind jede Menge andere, ebenso wichtige Aspekte behandelt. Das habe ich hier, um der Übersichtlichkeit Willen ausgeblendet. Das kann aber von jedem selbst nachgelesen werden.
Dies hier ist also ein sehr fokussierter Auszug aus der Studie.

*********


Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
über Gewalt gegen Männer in Deutschland. Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland Pilotstudie Juli 2004

Gewalt gegen Männer ist im öffentlichen Bewusstsein bisher kaum verankert. Viele
Männer, die schwere Gewalt erlitten haben, glauben, sie wären die einzigen. Selbst
Männerprojekte haben sich lange Zeit hauptsächlich mit der Täterschaft von Männern
beschäftigt. Um die Männer, denen schwere Gewalt widerfahren ist, aus ihrer Vereinzelung
zu befreien, ist die Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für das Ausmaß und die Folgen der Gewalt gegen Männer notwendig.


Gewalt in Lebensgemeinschaften


Die in der Pilotstudie erhobene Gewaltbelastung in Lebensgemeinschaften bewegt sich in ähnlichen Größenordnungen wie in den anderen Lebensbereichen, allerdings mit anderen Gewichtungen zwischen den Gewaltformen. Auf Grund der sehr geringen Fallzahlen hinsichtlich gleichgeschlechtlicher Partnerschaften können wir für diesen Bereich keine Angaben machen. Die folgenden Zahlen beziehen sich daher auf die Gewalt, die Männern in Partnerschaften mit Frauen widerfahren ist.

Körperliche Gewalt
Auf Grund der qualitativen Interviews dieser Studie lässt sich zunächst festhalten, dass hier
jede Form der Gewalt gegen Männer bis hin zu systematischen Misshandlungsbeziehungen vorkommen kann. Die quantitative Befragung erbrachte folgende Ergebnisse:

Jedem vierten Mann widerfuhr einmal oder mehrmals mindestens ein Akt körperlicher Gewalt durch die aktuelle oder letzte Partnerin, wobei hier auch leichtere Akte enthalten sind, bei denen nicht eindeutig von Gewalt zu sprechen ist.
❙ Jeder sechste der antwortenden Männer gab an, einmal oder mehrfach von seiner aktuellen bzw. letzten Partnerin wütend weggeschubst worden zu sein.
❙ Die folgenden Handlungen wurden jeweils von 5 10 % Prozent der Männer benannt:
Sie wurden von ihrer Partnerin „leicht geohrfeigt“, „gebissen oder gekratzt, sodass es "wehtat“, „schmerzhaft getreten, gestoßen, oder hart angefasst“ oder die Partnerin hat „etwas nach ihnen geworfen, das verletzen konnte“.

Ungefähr 5 % der Befragten haben im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt mindestens einmal eine Verletzung davongetragen. Der gleiche Anteil von Männern hat bei einer oder mehreren dieser Situationen schon mal Angst gehabt, ernsthaft oder lebensgefährlich verletzt zu werden.

Kein einziger der Männer, die angeben, häusliche Gewalt durch die Partnerin erfahren zu haben, hat die Polizei gerufen, obwohl einige der Meinung waren, dass die Partnerin dafür bestraft werden sollte. Rund die Hälfte gibt an, sich in solchen Situationen mit dieser Partnerin nie körperlich gewehrt, zum Beispiel zurückgeschlagen zu haben.

Die Literaturlage zum Bereich der häuslichen Gewalt von Frauen gegen Männer ist insbesondere hinsichtlich der körperlichen Gewalt sehr kontrovers. Ein großer Teil von umfangreichen und repräsentativen Familienkonfliktstudien und teilweise auch von repräsentativen nationalen Verbrechensstudien kommt zu dem Schluss, dass entgegen der allgemeinen Vorstellung häusliche Gewalt quantitativ zu einem erheblichen bis etwa gleichen (oder gar größeren) Anteil von Frauen ausgeht. Mehrheitlich wird hier vertreten, dass im Vergleich dabei Frauen allerdings häufiger und/oder schwerer verletzt werden.

Auf der anderen Seite gibt es eine vehemente inhaltliche und methodische Kritik an diesen Studien. Diese Kritik geht davon aus, dass hinsichtlich der Qualität der widerfahrenen Gewalt und hinsichtlich der strukturellen Stellung enorme Unterschiede zwischen Frauen und Männern bestehen. Diese werden vor allem darin gesehen, dass es überwiegend oder fast nur Frauen treffe, Opfer instrumenteller, systematischer und strafwürdiger Gewalt zu werden. Hingegen sei ein großer Teil der Widerfahrnisse gegen Männer nicht als Gewalt, sondern als normales Konfliktverhalten einzustufen.
Diese Kontroverse kann auf der Grundlage der gesichteten Literatur und auf der Grundlage der erhobenen Daten bisher nicht seriös in die eine oder andere Richtung entschieden werden. Es besteht hier ein dringender Forschungsbedarf.

Übersicht Gesamtblick und Zusammenfassung
In der gesamten Recherchezeit konnte keine einzige Studie gefunden werden, welche den Anforderungen beider Seiten Rechnung trägt und sowohl die häusliche Gewalt gegen Männer als auch die häusliche Gewalt gegen Frauen quantitativ und qualitativzufrieden stellend untersucht.(Seite 393)

Psychische Gewalt
Von psychischer Gewalt innerhalb von Partnerschaften wird wesentlich häufiger berichtet als von körperlicher. Auffällig ist hier der wesentlich höhere Anteil der Nennungen im Bereich der sozialen Kontrolle als im Bereich der direkten psychischen Angriffe, Demütigungen, Herabsetzungen und Beleidigungen.
❙ Jeder fünfte Mann gibt an, dass seine Partnerin eifersüchtig ist und seinen Kontakt zu
anderen unterbindet.
❙ Jeder sechste Mann sagt: Meine Partnerin kontrolliert genau, wohin ich mit wem gehe, was ich mache und wann ich zurückkomme.
❙ 5 8 % der Männer berichten, dass die Partnerin ihre Post, Telefonanrufe oder EMails
kontrolliert, dass die Partnerin darüber bestimmt, was sie zu tun oder zu lassen haben, oder dass die Partnerin sie daran hindert, Freunde, Bekannte oder Verwandte zu treffen.

In etwas geringerer Häufigkeit berichten Männer auch über andere Formen der psychischen Gewalt in Lebensgemeinschaften: Ihre Partnerin schüchtert sie ein, wenn sie anderer Meinung sind; sie beschimpft und beleidigt sie oder sagt absichtlich Dinge, die verletzen; ihre Partnerin macht sie vor anderen runter; sie schüchtert sie ein durch wütendes, unberechenbares oder aggressives Verhalten.
Im Bereich der psychischen Gewalt wurden keine Folgen abgefragt, sodass es in diesem
Bereich keine weiteren Kriterien für die Abschätzung der Schwere dieser Ereignisse gibt. Auf Grund der erkennbaren enormen quantitativen Bedeutung dieser Gewaltform sollte dies in einer repräsentativen Studie ergänzt werden, um mehr über ihre qualitative Bedeutung für das Leben von Männern zu erfahren.
Zwischen dem Auftreten von sozialer Kontrolle durch eine Partnerin und dem Auftreten von körperlicher Gewalt durch sie bestehen statistisch hochsignifikante Zusammenhänge. So gilt für die Gruppe der Männer, denen soziale Kontrolle widerfährt, dass sie mit größerer Wahrscheinlichkeit auch körperliche Angriffe erlebt als die Gruppe ohne soziale Kontrolle. (Seite 394)

Für den gesamten Bereich der sexualisierten Gewalt gegen erwachsene Männer vermutet das Forscherteam die größten Hemmnisse für Männer, Widerfahrenes zu berichten. Hier fehlen nicht nur eine entsprechende Sprache und entsprechende Bilder, sondern auch der Mechanismus der „Scham der Unmännlichkeit“ wird hier als großes Hindernis angesehen, Widerfahrenes zu berichten.
Männer berichten sehr selten über entsprechende Widerfahrnisse in ihren Lebensgemeinschaften: (Seite 394)

Fünf Männer gaben an, dass ihre Partnerin ihnen ihre sexuellen Bedürfnisse rücksichtslos aufgedrängt hat.
❙ Drei Männer sagten, ihre Partnerin habe sie zu Handlungen gedrängt, die sie nicht
wollten.
❙ Ein Mann gab an, dass seine Partnerin ihn zu sexuellen Handlungen gezwungen hat,
die er nicht wollte.
Es wird vermutet, dass es in diesem Bereich schwierig ist, mit quantitativen Methoden
herauszufinden, wie vielen Männern in diesem Bereich Gewalt widerfährt. Eine rein quantitativ nicht zu entscheidende Frage ist, ob Männer tatsächlich das berichten, was sie erleben, oder ob sie – aus welchen Gründen auch immer – in diesem Bereich keine realitätsnahen Angaben machen.

Besondere Aspekte von Gewalt in Lebensgemeinschaften
Männer in Trennungssituationen sind trennungsspezifischen Belastungen ausgesetzt. Es wurden jedoch auch Mechanismen identifiziert, die in diesem Bereich eine geschlechtsspezifische Gewaltgefährdung von Männern fördern. Insbesondere wenn das Paar gemeinsame Kinder hat oder wenn die Partnerin gewalttätig ist und die Trennung mit Gewalt verhindern möchte, sind Männer auf Grund der vorherrschenden Stereotype zu Geschlecht und Gewalt besonders erpressbar und verletzbar. Um in diesem hochsensiblen Bereich zu verwertbaren Ergebnisse zu kommen, sind dringend Studien vonnöten, welche die Sicht aller Beteiligten kritisch beleuchten und vergleichen können. (Seite 394)

Seite 382 der Studie (Tabelle habe ich leider nicht kopieren können)
Tabelle 73: Auswertung der Ereignisfragebögen der quantitativen Befragung bezüglich Erwachsenen

Von insgesamt 203 Befragten haben in Summe 40 innerhalb und durch Lebensgemeinschaften entweder körperlich (16), psychisch (17), sexualisiert (2) oder andere Belastungen(5) Gewalt erlebt. (Seite 382)

Gewalt gegen Männer ist ein weit verbreitetes und zugleich kulturell häufig ignoriertes Phänomen. Wenn gesellschaftlich von Gewalt die Rede ist, wird der Blick „automatisch“ auf Männer als Täter gerichtet. Die Gewaltbelastungen, denen Jungen und Männer ausgesetzt sind, werden hingegen unterschätzt. Es drängt sich die Vermutung auf, dass Jungen und Männern nicht der gleiche Grad an Unversehrtheit zugestanden wird wie Frauen (Seite 377)

Tabelle Gewalt gegen Männer in der Arbeitswelt stellt sich die Tabelle auf Seite 298 so dar, dass der Anteil der Täterinnen bei der körperlichen Gewalt bei 22% liegt, bei der psychischen Gewalt bei 57%, bei der sexualisierten Gewalt bei 17%.
(Seite 377)

Auf Grund der qualitativen Interviews ist bekannt, dass jede Form der Gewalt gegen Männer bis hin zu systematischen Misshandlungsbeziehungen vorkommen kann. Die quantitative Befragung erbrachte folgende Ergebnisse:
❙ Jedem vierten Mann widerfuhr einmal oder mehrmals mindestens eine Akt körperlicher Gewalt durch die jeweils aktuelle Partnerin.
❙ 17,9 % (n = 34) von 190 antwortenden Männern gaben an, einmal oder mehrfach von ihrer aktuellen Partnerin wütend weggeschubst worden zu sein.
❙ 9,5 % (n = 18) sagten: Meine Partnerin hat mir eine leichte Ohrfeige gegeben.
❙ 6,9 % (n = 13) wurden von ihrer Partnerin gebissen oder gekratzt, sodass es wehtat.
❙ 4,7 % (n = 9) wurden schmerzhaft getreten, gestoßen oder hart angefasst.
❙ 4,7 % (n = 9) sagten: Meine Partnerin hat etwas nach mir geworfen, das mich verletzen konnte.
❙ 6,9 % (n = 13) der Männer gaben an, in den letzten 12 Monaten mindestens eine Situation erlebt zu haben, bei der es zu körperlichen Auseinandersetzungen oder erzwungenen sexuellen Handlungen kam. (Seite 241)

Wie häufig Männer zuerst die Frau körperlich angegriffen haben oder umgekehrt es die Frau war, ist in einer Tabelle auf Seite 201 nachzulesen.

Übersicht Gewalt gegen Männer
Schaubild 13: Wie häufig haben Sie selbst als Erster in solchen Situationen die Partnerin körperlich angegriffen, indem Sie zum Beispiel zuerst zu schlagen angefangen haben? (n = 43)
Nach diesen Angaben hat knapp die Hälfte der antwortenden, körperlich angegriffenen Männer sich nie körperlich gewehrt und rund zwei Drittel nie mit körperlicherGewalt angefangen.

Soweit meine Auszüge aus dieser Studie, um ein wenig dasjenige zu untermauern, was in meiner Flash Fiction angedeutet wird und ganz gewiss in eine zukünftigen Geschichte Einzug halten wird.

Ich werde mir nicht anmaßen, zu behaupten, dass es seit 2004 signifikant höhere Zahlen zulasten der Männer gibt, denn dazu habe ich allenfalls unüberprüfbare Hinweise im Internet gefunden. Es fehlen halt neue Untersuchungsergebnisse, wobei ich mich auch dafür nicht verbürge, könnte durchaus sein, dass ich was übersehen habe.
Falls also jemand von euch jüngere, aktuellere Zahlen findet, immer her damit!

Mein persönlicher Eindruck und meine persönliche Einschätzung gehen aber stark davon aus, dass es für Männer nicht besser, sondern schlechter geworden ist.


Liebe Grüße an euch alle und noch einen angenehmen Restsonntag


lakita

 
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Liebe Lakita,

vielen Dank für deine Antwort, ich finde deine Sichtweise und auch deine Haltung speziell vor dem Hintergrund deines Berufes (Sagt man Amtes eher, oder?) extrem spannend.

Du hast nicht zufällig schon mal überlegt, mal ein solches Anleitungsbuch für Autoren zu verlegen? Ich bin mir sicher, dass der Markt dafür da wäre und dass du gute Beiträge bringen könntest.
Icke? Nee. :shy: Das ist aber ein wahnsinns Kompliment, vielen Dank. 😙
Auch wenn es bestimmt klingt, als konstruierte und betrachtete ich alles nach solchen starren Gesichtspunkten, sehe ich es eigentlich eher wie Pingpong: Ich lerne aus diesem Forum, von meinen Lektoren, von einigen wenigen Sachbüchern oder Artikeln - aber eben ganz vor allem durch Austausch mit anderen. Dabei verschieben und re-arrangieren sich solche Konzepte / Regeln auch immer wieder.
Selbst wenn ich selten so klingen mag und auch teils wirklich dezidierte Haltungen habe: wie in der Naturwissenschaft muss / kann / sollte man Sichtweisen ändern, wenn sich neue, überzeugende Argumente oder Aspekte bieten. Textarbeit sehe ich als fluktuierend, und das ist eigentlich das Spannende daran: Man lernt nie aus und kann immer nur probieren.

Wenn ich den Mann quasi zurücklasse, obgleich ich aktiv mittun könnte, dass sich etwas verbessert auf seiner Seite, dann bin habe ich auch zugleich den Bereich der Gleichberechtigung verlassen.
Dies alles nur gesagt, für den Fall, dass ich dich nicht missverstanden habe.
Nicht sicher, ob du mich missverstanden hast ...
Dazu hab ich gleichzeitig Haltungen, die sich evt. ausschließen, kommt auf die Umgebung an, in der ich bin. Eigentlich ist mir 'männlich', 'weiblich', 'trans' whatever total Latte, und zwar grundsätzlich und auf allen Ebenen: sozial, erotisch, sexuell, ästhetisch, politisch. Außer beim sexuellen Begehren im Sinne schon von Speziesismus. Bis sich Finnland vor 5-6 Jahren so veränderte, kannte ich aus den 10 Jahren davor keine Machtunterschiede mehr und war dabei, Sexismus quasi in die Tonne 'Historisch / Abgehakt' zu packen.

Gucke ich aber auf die Gesellschaften mehr oder minder global gesehen, aber auch: deutschsprachig, europäisch im allerweitesten Sinne, sehe ich massive, alltägliche Gewalt, die von Männern ausgeht (sexuelle Gewalt, Schlägereien, Messerstechereien, Amoklauf, Terroranschläge, road rage, echt whatever) und aber gemessen an all den Tätern im Grunde keine signifikanten Proteste von Männern dagegen. Männer, die nicht an Gewalt interessiert sind und z.B. Vergewaltigungen von egal welchen Altersgruppen und Geschlechtern nicht billigen, ziehen sich oft als 'ich hab damit ja nix zu tun, ich mache ja nix bzw. andere machen aber sogar xy' aus der Affäre. Männer müssten eigentlich selbst massiv interessiert sein, dass diese Gewalt keinen (realisischer: einen geringeren) Platz in der Gesellschaft hat - und ich rede nicht von sozialpolitschen Lippenbekenntnissen, sondern einem entsprechenden, konsequenten Verhalten im Alltag anderen gegenüber - v.a. Jungs/Teens in der Entwicklung sowie Relativierern und dann konkret Tätern. Konsistenz hierbei. Artikel, Texte, Bemerkungen nebenbei ... Sehe ich das? Punktuell ja, auch hier im Forum immer wieder und das ist auch super, generell aber: nein. Hab ich Bock, da immer nachzuhaken? Nein. Nicht mehr, das ist ja ein friggin' Hamsterrad. Ich sitze nicht grundlos in einem Nordischen Land.

Wirklich sehr überspitzt und extrem unpersönlich-generalisierend gesagt: Warum sollte ich als Frau, die mit dem ganzen Scheiß ja selbst mein Leben lang zu tun hab, noch den Männern (denjenigen, die selbst weder Opfer noch Täter sind) dabei helfen, mit ihren Geschlechtsgenossen fertigzuwerden? Diese Männer müssen mal selbst auf die Idee kommen, dass auch sie als Nicht-Opfer und Nicht-Täter in einer solchen Gesellschaft leben, die sie selbst nicht cool finden und dass sie gefragt sind, sich nicht auf soziale Umwälzungen zu verlassen, die von anderen - weiblichen oder auch männlichen Opfern - vorangetragen werden. So sagen es auch z.B. Polizistinnen in UK: Es gibt keine Unterstützung aus der male general population.
Es geht zu langsam und wir machen Rückschritte.

Das ist meine Haltung, die nicht irgendwie sozialpolitisch unterfüttert ist und die kein Konzept, evt. nicht mal was Kongruentes hat. Aber wir wollten gleichen Lohn für gleiche Arbeit, gleiches Wahlrecht und gleiche Chancen und jetzt haben wir noch mehr Gewalt und müssen auch noch alles gender-sternchen. :lol: Kurzum: Ich bin raus. Every man for himself. (<- Hey, generic he! *gn*)

Ich werde noch irgendwann etwas aus dem Thema machen. Es ist ja so, dass es mich einerseits ziemlich umtreibt, weil es immer wieder aufblitzt in unserer Gesellschaft, es ist also ein Thema, das mich schon ziemlich beschäftigt und ich habe auch schon so locker (so fängt es meist bei mir an, wenn ich Geschichten am Ende zu Papier bringe) eine Idee, wie ich das Thema umsetzen könnte.
Das finde ich sehr gut, vor allem, wenn einen was nicht mehr aus dem Kopf geht, vielleicht jahrelang, ist das eine super Voraussetzung. Ich bin rasend gespannt, was du daraus machst.

Finde es ebenfalls extrem cool, wie gelassen du hier kommunizierst, muss ich mir mal ne Scheibe von abschneiden ...

Alles Liebe noch mal,
Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @lakita,
du hast ja schon irgendwo geschrieben, dass du kein Interesse mehr an genau dieser Flash Fiction hast bzw. sagst, dass diese mehr oder weniger gescheitert ist. Ob man an dieser nun noch Veränderungen vornehmen könnte oder nicht, egal, was mir auffällt an dem Text ist, dass ich tatsächlich auch eine Art Rollentausch daraus heraus lese, also "männliches" Verhalten bei der Frau. Um mal @Achillus Beispiel zu bemühen: Als würden die Sklaven weiße Menschen sein und die Sklavenhalter schwarze. Ich bin mir nun nicht sicher, ob das was in der Sache hilft, also beim Aufdecken von Strukturen, Ungerechtigkeiten etc, weil sie ja eigentlich das gleiche darstellen, was es schon gibt, bloß eben ein bestimmtes Merkmal vertauschen. Spannender fände ich es da tatsächlich zu schauen, ob und wie sich weibliche Gewalt von männlicher unterscheidet. Oder die männliche Sicht in einer solchen Gewalt-Situation darzustellen, denn es macht ja einen Unterschied, ob ich Gewalt (in Beziehungen aber auch sonst) ausgesetzt bin, nach einer Sozialisation als Mann oder als Frau - meine ich zumindest. Ich denke, so würde das etwas Neues bringen.

Am Ende handelt es sich in einer Geschichte ja um Individuen und es wurde schon gesagt, dass die in diesem kurzen Text fehlen. Also mir auch. Und dass sie hier eher wie Schablonen wirken, darum kommt auch der Rollentauschgedanke auf, weil teilweise Klischees bedient und "nur" die Geschlechter getauscht wurden.

Genau darum, vermute ich, kam auch diese Grundsatzdiskussion zustande und obwohl du über ein gewalttägige Frau schreibst, wird hier doch im Faden viel über "toxische Männlichkeit" geschrieben. Ich musste an ein Interview denken, dass ich mal im Auto gehört habe. Nach kurzer Google Recherche: Boris von Heesen, mit dem recht reißerischen Titel: Was Männer kosten. Der hat ein paar Statistiken recherchiert, keine Ahnung wie valide seine Zahlen sind. Ich weiß aber noch, dass ich total gut fand, dass er als Mann eben die Nachteile dieser Männlichkeit auch für Männer aufgezeigt hat (nicht nur für die Gesellschaft, zumindest in dem Interview) und ich schon ganz lange denke: Die Männer brauchen eine Emanzipationsbewegung, wie die Frauen sie auch hatten. Aber natürlich ist das aus der männlichen Position in einem Patriarchat (sozialbiologisch gemeint, nicht feministisch) heraus viel schwieriger. Das ist doch total bescheuert, dass Männer keine Röcken tragen dürfen, Frauen aber Hosen. Röcke sind im Sommer sehr angenehm :-) Frauen haben sich dieses Recht erkämpft, Männer eben nicht, weil Röcke mit Frauen und Schwäche usw assoziiert sind. Von daher sehe ich es ähnlich wie @Katla (wenn ich alles richtig verstanden habe) und meine auch: Die Veränderung muss aus den Männern selbst kommen, was nicht bedeutet, dass man einem Mann, dem Gewalt widerfährt nicht hilft (was eine individuelle Situation ist), aber auf struktureller Ebene ist das was, was Männer betrifft (in Sinne von etwas zu tun und etwas zu verändern), denn letztlich leiden ja nicht nur Frauen darunter, sondern Männern gleichermaßen. Und ja, Männern den gleichen Zugang zu den Kindern zu gewähren nach einer Scheidung (im Sinne der Gleichberechtigung), reicht bei weitem nicht aus, wenn sie vorher schon zB so viel gearbeitet haben, dass sie so gut wie keine Beziehung zu den Kindenr haben.

 

Liebe @Katla,

danke, dass du noch mehr Licht in deine Bemerkungen gebracht hast. Ich verstehe sie jetzt.

Hintergrund deines Berufes (Sagt man Amtes eher, oder?) extrem spannend.
Nee, Amt passt nicht so richtig. Ich muss grad schmunzeln, weil manch ein Anwalt von Profession spricht, aber das macht den Job auch nicht besser. :Pfeif:
Das ist aber ein wahnsinns Kompliment, vielen Dank.
Gern geschehen, war aber so gemeint, dass du das Zeugs dazu hättest. Aber wenn am Ende ein Kompliment übrig bleibt, dann eben auch gut. Hauptsache positiv.
sehe ich es eigentlich eher wie Pingpong: Ich lerne aus diesem Forum, von meinen Lektoren, von einigen wenigen Sachbüchern oder Artikeln - aber eben ganz vor allem durch Austausch mit anderen.
Ich auch. Aber daneben kann man das Wissen, das man selbst bei sich angehäuft hat, ja auch in Buchform teilen. Das eine schließt nicht das andere aus.
sehe ich massive, alltägliche Gewalt, die von Männern ausgeht (sexuelle Gewalt, Schlägereien, Messerstechereien, Amoklauf, Terroranschläge, road rage, echt whatever) und aber gemessen an all den Tätern im Grunde keine signifikanten Proteste von Männern dagegen.
D'accord. Ja, so sehe ich es auch.
Männer, die nicht an Gewalt interessiert sind und z.B. Vergewaltigungen von egal welchen Altersgruppen und Geschlechtern nicht billigen, ziehen sich oft als 'ich hab damit ja nix zu tun, ich mache ja nix bzw. andere machen aber sogar xy' aus der Affäre.
Ich kann deiner Forderung, sich selbst mal zu melden, absolut folgen. Ich wünschte, wie du, Männer würden sich mehr emanzipieren. Da ist ganz viel ohne sie gelaufen und ich habe mich schon öfter gefragt, an welcher Stelle sie nicht aus dem Knick gekommen sind.
Männer müssten eigentlich selbst massiv interessiert sein, dass diese Gewalt keinen (realisischer: einen geringeren) Platz in der Gesellschaft hat - und ich rede nicht von sozialpolitschen Lippenbekenntnissen, sondern einem entsprechenden, konsequenten Verhalten im Alltag anderen gegenüber - v.a. Jungs/Teens in der Entwicklung sowie Relativierern und dann konkret Tätern.
Ja!
Warum sollte ich als Frau, die mit dem ganzen Scheiß ja selbst mein Leben lang zu tun hab, noch den Männern (denjenigen, die selbst weder Opfer noch Täter sind) dabei helfen, mit ihren Geschlechtsgenossen fertigzuwerden?
Deine Einstellung ist nachvollziehbar. Ich bin vielleicht noch nicht so ernüchert? Auf jeden Fall sehe ich ein Ziel vor Augen und das lautet, dass am Ende wirkliche Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern vorhanden ist und so lange das noch im Argen liegt, versuche ich zumindestens als Maulheldin darauf hinzuweisen. Am Ende tun müssen die Männer, schon klar.
Diese Männer müssen mal selbst auf die Idee kommen
Siehste ja, das nicht.
Kurzum: Ich bin raus. Every man for himself. (<- Hey, generic he! *gn*)
Versteh ich. Verurteile ich nicht.
Finde es ebenfalls extrem cool, wie gelassen du hier kommunizierst, muss ich mir mal ne Scheibe von abschneiden ..
Danke für die Blumen, das liegt wohl am hohen Alter.:D

Lieben Dank, dass du mir meine Fragen beantwortet hast.

Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Mich würde interessieren, auf welche Quellen bzw. Erlebnisse du dich hier beziehst. Berufst du dich hier auf Medienberichte oder eigene Erfahrungen?
Hallo Henry,

erm, dein Ernst jetzt? Nimms mir nicht übel, aber dann sag ich mal flapsig: Augen auf im Straßenverkehr.

Was für Unterstützung ist hier gemeint?
Die Unterstützung in der Prävention und bei der Aufklärung von Fällen sexueller Gewalt von Männern gegen Frauen. Speziell solcher, die in öffentlichen Räumen stattfindet. Und: Eingreifen, Zivilcourage, wenn sie Zeugen einer Tat sind.

 

Liebe @Katta,

ich komme heute praktisch zu rein gar nichts anderem als hier laufend zu lesen und zu antworten, :shy: aber das hab ich mir ja selbst eingebrockt und es ist total interessant, all eure Meinungen zu lesen. Habe gerade meinem Mann, der sich schon wundert, weshalb ich mich gar nicht blicken lasse, berichtet, was für ein großer Schatz diese Wortkrieger-Seite ist. So eine konstruktive Diskussion, so mal eben aus dem Stand wegen einer kleinen (misslungenen) Geschichte, da wüsste ich keinen besseren Ort als diesen hier, um es durchzuziehen.
Ich bin richtig stolz, hier mit euch allen mich austauschen zu können, denn jeder unterschiedliche Post ist ja auch eine Herausforderung, meinen Standpunkt zu überdenken, auf den Prüfstein zu legen. Dieser Austausch ist unbezahlbar.

Und bei ganz vielen deiner Aussagen kann ich einen Haken drunter machen. Schau welche es sind:

was mir auffällt an dem Text ist, dass ich tatsächlich auch eine Art Rollentausch daraus heraus lese, also "männliches" Verhalten bei der Frau.
Ich sehe ein, dass ich etwas arg holzschnittartig vorgegangen bin bei meiner kleinen Geschichte und geradezu diese Deutung dann auf den Plan gerufen habe. Ein immenser Lerneffekt für zukünftige Flash Fictions, falls ich mich daran nochmals jemals wagen werde.
Spannender fände ich es da tatsächlich zu schauen, ob und wie sich weibliche Gewalt von männlicher unterscheidet.
D'accord.
Oder die männliche Sicht in einer solchen Gewalt-Situation darzustellen, denn es macht ja einen Unterschied, ob ich Gewalt (in Beziehungen aber auch sonst) ausgesetzt bin
Unterschreib ich und habe vor, es in einer längeren Geschichte auszubreiten.
Und dass sie hier eher wie Schablonen wirken, darum kommt auch der Rollentauschgedanke auf, weil teilweise Klischees bedient und "nur" die Geschlechter getauscht wurden.
Genau. Ich bekenne mich schuldig, das provoziert zu haben. Hätte jemand anderes so geschrieben, hätte ich demjenigen ein ähnliches Feedback gegeben, wie ich es jetzt hier von euch erhalte. Ich bin bei euch.
Die Männer brauchen eine Emanzipationsbewegung, wie die Frauen sie auch hatten.
Sehe ich auch so. Hoffentlich lesen es einige. Nur, möchte ich mich nicht so rausziehen, wie es @Katla tut, weil ich noch nicht ganz die Nase von dieser Untätigkeit der Männer voll habe. Verstehen kann ich diese Reaktion aber schon sehr gut.
Aber natürlich ist das aus der männlichen Position in einem Patriarchat (sozialbiologisch gemeint, nicht feministisch) heraus viel schwieriger.
Das weiß ich nicht, ob man das so resümieren kann. Denke an die Vergangenheit, wie unendlich schwierig es Frauen hatten, sich zu emanzipieren. Frauen haben sich viele Dinge unter Lebensgefahr erstritten und es sind auch etliche gestorben. Das darf man nie vergessen, dass unsere Vorfahrinnen heldenmutig waren und einen hohen Preis bezahlt haben für ihre Errungenschaften.
Nur am Rande möchte ich erwähnen, aber bloß nicht damit ein weiteres Fass aufmachen, dass ich mich manchmal schäme, wie unemanzipiert sich manche Frauen in der heutigen Zeit gebährden und ich mich frage, ob sie überhaupt ahnen, was sie da zum Nachteil aller Frauen anrichten. Aber wie gesagt, das ist eine große andere Baustelle in dieser Gesellschaft.
Und wir Frauen sind ja obendrein noch lange nicht da angekommen, wo z.B. gleicher Lohn gezahlt wird, Hausfrauentätigkeiten gleichwertig sind und noch so unendlich viele andere Dinge. Wir haben noch einen Weg vor uns. Und wenn ich ausserhalb von Deutschland in andere Länder schaue, dann liegt da teils noch das tiefste Mittelalter vor, dass einem Angst und Bang wird. Diese Frauen benötigen unsere Unterstützung dringend.

Das ist doch total bescheuert, dass Männer keine Röcken tragen dürfen, Frauen aber Hosen. Röcke sind im Sommer sehr angenehm
Doch dürfen sie. Sie tun es nur nicht, weil sie sich noch nicht emanzipiert haben.

Und der große Unterschied zu den damaligen Suffragetten ist der, dass sie allenfalls Gefahr laufen, sich lächerlich (nicht bei mir und vielen meiner Geschlechtsgenossinnen) zu machen und garantiert nicht Verhaftung, Körperverletzungen oder gar den Tod befürchten müssen.
Sie müssten es einfach nur durchziehen.
Und wo du gerade dieses Kleidungsstück ansprichst, frage ich mich schon seit Jahrzehnten, was Männer veranlasst, sich immer noch mit so einem Strick um den Hals zu kleiden. Das ist für mich völlig aus der Zeit gefallen. Diesen Kleidungsdruck endlich zu beseitigen und den Schlips zu verbrennen, das würde ich gern noch erleben.
Ich bin gerne bereit, darüber zu schreiben und zu reden, aber machen müssen es die Männer.

Frauen haben sich dieses Recht erkämpft, Männer eben nicht, weil Röcke mit Frauen und Schwäche usw assoziiert sind.
Ja, aber siehe oben. Sie hätten es deutlich leichter als unsere Vorgängerinnen.
Die Veränderung muss aus den Männern selbst kommen,
Genau. Aber ich erlaube mir, sie auch ab und zu mal dran zu erinnern, wenn ich das Podium dazu habe.
denn letztlich leiden ja nicht nur Frauen darunter, sondern Männern gleichermaßen.
Richtig.

Liebe Katta, danke für deine konstruktiven Worte und dein Feedback.


Lieben Gruß

lakita

 

Hallo @Henry K.,

Himmel, was für ein komplexes Thema, mir wird ganz schwindelig was für Verästelungen mein Text hier an Beiträgen hervorbringt. So komplex habe ich überhaupt nicht gedacht.
Aber das ist keine Beschwerde.

Auch hier, scheint alles immer schlechter zu werden. Aber tut es das?
Ja. Solange ich z.B. mich nicht getraue nachts allein durch Hamburg zu gehen, sind wir noch nicht im Bereich "alles ist gut" angelangt. Und das ist nur ein ganz ganz einfaches Beispiel, das ich grad rausgepickt habe.
Also frage ich mich als jemand, der genau in die Gruppe "passiver", weil nicht betroffener Männer fällt, von der du sprichst, wie ein Protest aussehen sollte.
DAS ist schon mal ein Anfang, sich bewusst zu machen, dass ein Stück weit Arbeit vor einem liegt.
Aktive Teilnahme darf durchaus mit einer Positionsbestimmung beginnen.
Und was für Aktionen dann folgen, da ist der Himmel für alles offen, was die Phantasie nur hergibt. Das ist dann und da bin ich dann zufällig voll bei @Katla angekommen, eine Sache, die ihr Männer festlegen müsst. Klar, können auch Frauen da Ideen reinbringen. Aber unter gelebter Emanzipation verstehe ich nicht, dass wir Frauen, euch sagen, wie ihr was zu machen habt.
Anregungen geben, Ideen weiterreichen, das ja, der Rest ist Männersache sozusagen.
Eben, weil Männer an viele Dinge völlig anders herangehen und das ist gut so. Ihr habt die Freiheit, nutzt sie!

Lieben Gruß

lakita

 

Liebe @lakita,

viele gute Autoren haben Feedback auf deine Geschichte gegeben und ich durfte mitlernen. Vielen lieben Dank dafür. Mich hat besonders das Feedback von @Katla beeindruckt, sie hat so viel beleuchtet, was ich nicht auf dem Schirm hatte.
Ich würde dir aber gerne mitteilen, was deine Geschichte bei mir bewirkt hat. Zuerst habe ich überlegt, ob ich eine Frau kenne, die ihren Mann misshandelt. Kenne ich nicht, aber ich kenne eine Frau, die ihre Mitarbeiter schlägt. Am helllichten Tag, ungeachtet wer zusieht, ihre Kinder, Kollegen …
Ich war nicht dabei, habe mich aber sofort gefragt. Warum tut sie das? Was ist mit ihr passiert? Was macht das mit dem Mitarbeiter, warum lässt er sich das gefallen? Was macht das mit den Zuschauern? Verdammt, was macht das mit mir, nachdem ich es jetzt weiß. Das ist jetzt absolut nicht mehr deine Geschichte, doch du hast es geschafft, so viel in mir zu bewegen und mich zu erinnern.

Ich wünsche dir eine schöne Woche.
Liebe Grüße
CoK

 

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