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Lotto I

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27.09.2004
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Lotto I

Eigentlich sah es ganz normal aus. Es hätte auch eine Arztpraxis sein können. Mit viel gutem Willen und einer überdurschnittlich großen Portion Fantasie müsste es durchaus möglich sein, den großen, in regelmäßigen Abständen pink aufblinkenden Schriftzug „Sex, Drugs und alles was dazu gehört“ als die nach Aufmerksamkeit schreiende Idee eines überkandidelten Mediziners abzutun. Vielleicht ein Revoluzzer, dem es peinlich war, dass er durch das Medizinstudium nun zu den „Gutsituierten“ gehörte, obwohl er doch in seiner Jugend gegen alles gewesen war. Der noch bei der Abirede mit gestreckter Faust durch die festlich umdekorierte aber immer noch leicht nach ungewaschenen Socken riechende Turnhalle gehüpft war und laut „Kapitalistenschweine“ skandiert hatte.
Auch die Tatsache, dass hinter der blinkenden Reklame dem neugierigen Passanten die Sicht ins Innere des Raumes durch große, bordeauxrote Samtgardinen verwehrt wurde sprach theoretisch für den medizinisch ausgebildeten Bewohner: Welcher Patient möchte nicht seine Privatsphäre geschützt wissen, ob nun Augen – oder Frauenarzt. Privatsphäre war immer gut.
Christian fühlte ein Ziehen in der Gegend, in der er seinen Magen vermutete. Er wollte nicht zum Arzt. Weder hatten seine Augen ihren Dienst vollends aufgegeben, noch fühlte er sich bemüßigt, einen Gynäkologen aufzusuchen.
Noch einmal die Adresse auf dem kleinen Zettel kontrollieren, den er zuhause eingesteckt hatte und der mittlerweile vom vielen Anschauen, Anfassen und Zusammenknüllen eher nach einem zerissenen Taschentuch aussah. Ja, hier war er richtig. Hier war das Tattoostudio, das er beim verstohlenen Blättern in den gelben Seiten gefunden hatte, auf der Suche nach ein wenig mehr Männlichkeit.
Dies bedarf einer kurzen Erklärung: Er war die Person, die unentwegt kämpft um auf einem mehr oder minder gleichbleibenden Niveau zu bleiben, Stagnation wertete er als Fortschritt. Sein Ziel war es, trotz rahmenloser Brille gegen Weitsichtigkeit, krauser Locken und eines Körpers, der jeden Ansatz einer durchtrainierten Attraktivität vermissen liess, zu überleben und das wenn möglich in Würden. Oder auch einfach nur zu überleben.
Es reichte bereits, dass er derart viele Mängel auszugleichen hatte, da konnte er sich nicht auch noch um hohe Ziele kümmern, sondern musste in Etappen denken. Und ein Tattoo, so klein es auch sein mochte, zeigte doch, dass er männlich Schmerz ertragen konnte und brachte ihn damit ein Stückchen näher an Clark Gable und James Stewart heran. Es konnte dementsprechend dann auch nicht mehr allzulange dauern, bis Grace Kelly seinen Weg kreuzen würde.

Er ertappte sich bei dem Gedanken, einfach unauffällig zu verschwinden, nie wieder in diese Gegend der Stadt zu gehen und sein Leben weiterzuleben als sei nichts passiert. Der Inhalt des Begriffs Männlichkeit hatte innerhalb der letzten fünf Minuten deutlich an Wert verloren. Aber wenn er sein Leben ändern wollte, was an seiner Stelle und in Besitz SEINES Lebens jeder vernünftige Mensch getan hätte, dann musste er irgendwo anfangen. Warum also nicht hier?
Er betrat den Laden und wurde sofort von einer penetranten Geruchsmischung aus verschiedensten Parfumwässerchen buchstäblich zurückgeworfen. Nachdem seine Nase den ersten Schock der Überreizung überwunden hatte, drehte er den Kopf ein paar Mal hin und her wie eine verschreckte Schildkröte um sich mit seiner neuen Umgebung vertraut zu machen. Von irgendeinem Lautsprecher aus der künstlichen Gipsstuckdecke säuselte leise Musik. Überall hohe Spiegel, eingefasst in einen kitschigen Goldrahmen, dessen herausragendstes Merkmal die sich ständig wiederholenden Putten waren, die – Christian schaute genauer hin – ganz offensichtlich den Freuden der freien Liebe frönten. Sie waren abwechselnd damit beschäftigt, ihre kleinen goldenen Hintern dem Besucher hinzustrecken und dabei auf Puttenart zu lächeln als würden sie harmlos eine Tulpe in ihrem Balkonbeet giessen oder aber sie zeigten dem Betrachter frech den Mittelfinger.
Christian atmete durch. Hier war er offensichtlich richtig. Wenn selbst die Putten dermaßen dreist waren und offen mit ihrer, für ihn bisher nie vorhandenen, Sexualität umgingen, warum sollte er sich nicht ein Beispiel an ihnen nehmen? Vielleicht waren all diese Putten die Abbilder von zufriedenen Kunden, die hier den Grundstein für ihr neues Leben gelegt hatten. Wenn das die Norm war, er würde sich sicherlich auch nicht sträuben als neuer Marlon Brando puttenhaft durch die Gegend zu hüpfen und allem und jedem den Mittelfinger zu zeigen. Wenn er Marlon Brando war, würden alle Frauen ihm erst recht zu Füßen liegen („Schau mal, die Putte da vorne, die erinnert ein wenig an den jungen Marlon Brando, denkst du nicht?“ hörte sich zwar nicht so an, wie er sich die Kommentare zu seinem neuen Selbst ausgemalt hatte, aber besser als „Schau mal, der seltsame Yetimensch da vorne, warum meinst du hüpft der hier sinnlos durch die Gegend und zeigt uns den Mittelfinger? Wir sollten ihn anzeigen!“) .
Aus einem der hinteren Räume, ebenso wie der gesamte Rest des Ladens in einem provencalischen Orange gestrichen, hörte er sich Schritte nähern und ein groß gewachsener, hagerer Mann kam ihm mit einem strahlenden Lächeln entgegen.
„Guten Morgen, der Herr, was kann ich denn für Sie tun?“.
Wie sollte man auf so eine Frage antworten? Christian war davon ausgegangen, dass er sich einfach nur in den Laden hineinbegeben musste und er sofort und ohne zu fragen, an die Reihe genommen werden würde. Sollte er etwa auch noch das Offensichtliche aussprechen? Guten Tag, ich bin Christian und ich bin hier, weil ich was ändern möchte und da dachte ich, mir ein Tattoo stechen zu lassen, wäre vielleicht ein erster Schritt auf meinem beschwerlichen Weg zu einer neuen, cooleren und selbstsicheren Persönlichkeit? Das klang, als würde er bei der Jugendseelsorge anrufen und sich darüber beschweren, dass er ein Loser war. Was ja auch irgendwie richtig war – aber wenn es so deutlich ausgesprochen wurde, gewann die Tatsache irgendwie an Bedeutung.
„Also, ich würde mir gern ein Tattoo stechen lassen. Irgendsowas Chinesisches. Sie wissen schon, so ein Zeichen für Liebe oder Wut oder so.“
„Na, das ist doch ganz entzückend“, flötete sein neuer Bekannter, der Christian auf einmal erschreckend an den dicken Verkäufer aus einer alten Telekom – Reklame erinnerte. Der hatte auch zu seinen Kunden immer gesagt: „Wie NETT dass Sie sich für die Telekom entschieden haben“, dann grinsend ein Telefon in die Kamera gehalten und mit seinen Wurstfingerchen darauf geklopft, wie um zu beweisen, dass nicht einmal er dem tapferen Plastikgehäuse etwas anhaben konnte. In der nächsten Einstellung sah man Verkäufer und Kunden Hand in Hand durch eine Fußgängerzone hüpfen und laut und unmelodisch „Telekom Telekom Telekom“ singen, zur Weihnachtszeit zur Melodie von „Stille Nacht“. Christian schob diesen Gedanken von sich und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Mann vor ihm.
„Ja, äham, ich denke auch, dass das ganz nett sein könnte“, brachte er heraus.
Der Mann kicherte ein wenig nasal und schlang Christian freundschaftlich den Arm um die Schultern wie eine harmlose Kneifzange.
„Weißt du, ich denke, ich kann das beurteilen und ich bin überzeugt, es wird nicht nur nett“, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen schüttelte er sich, „sondern a-tem-be-rau-bend. An was hattest du denn so gedacht?“.
„Ja, also, so etwas Chinesisches wäre vielleicht ganz gut, irgendwas mit Liebe oder Wut oder Glück oder so. Kann man sich darunter was vorstellen?“, wiederholte Christian und vermied es, seinen Gegenüber direkt anzusprechen, er war sich nicht sicher, ob er durch das zwanglose Übergehen vom „Sie“ ins „Du“ auch erfasst war.
„Jaja, MAN kann sich was darunter vorstellen. Dann komm mal mit ins Hinterzimmer, da machen wir’s dir dann mal gemütlich und du überlegst dir etwas.“
Christian empfand plötzlich einen starken Widerwillen dagegen mit dem Typen ins Hinterzimmer zu gehen. „Er ist schwul. Er ist mit Sicherheit schwul“, dachte er. Gleich darauf: „Na und, macht doch nichts, ist er halt schwul, er wird dir schon nichts tun, schwul ist ja vollkommen normal.“ Er versuchte sich, von diesem erfreulicherweise politisch tadellos korrekten Gedanken selber zu überzeugen, scheiterte aber leider. Er würde ja mitgehen, gar kein Thema, nur noch ein bißchen umschauen hier. Ob nun drei Minuten früher oder später, das war ja egal.
„Also, was sind denn das hier für Putten an den Spiegeln? Sind das zufriedene Kunden?“, wandte er sich mit einem Hauch von Verzweiflung in der Stimme an den Tätowierer.
„Unsere Kunden? Ne, die lassen wir normalerweise wieder gehen und zwingen sie nicht, sich zu vergolden und zu schrumpfen und sich dann an unsere Spiegel zu hängen. Nein, das war nur ein Scherz“, fügte der Mann schnell hinzu als er Christians Gesicht sah, „interessierst du dich hobbymäßig für Putten? Komm doch schon mal mit, Putzi, ich werd dir beim Tattoo – Stechen alles über unsere Putten erzählen.“
Christian fühlte sich, als wolle sein kompletter Mageninhalt plötzlich lieber wieder das Licht des Tages sehen, nickte aber in einer Art, die er für eines gestörten Puttenliebhabers angemessen hielt. Zwar war er fest davon überzeugt, dass niemand Robbie Williams oder Johnny Depp „Putzi“ genannt hatte, als die sich ihre Tattoos hatten stechen lassen, aber jeder fängt ja mal klein an.

Vorsichtig zog er die Haustür hinter sich ins Schloss. Jetzt bloss keine Fragen, keine neugierigen Blicke oder überhaupt jemanden sehen. Auf seiner Schulter brannte ein höllischer Schmerz unter einer dicken Verpackung von Pflastern und Mullbinden. Er war leider bei Ansicht der Nadel in Bewußtlosigkeit gefallen und hatte, wie der Tätowierer ihm später erzählte, zum rhythmisch aus seinem linken Mundwinkel tropfenden Speichelfaden das kleine Einmaleins aufgesagt.
Im Wohnzimmer hörte er den Fernseher irgendeine von Andrew Lloyd Webbers Musicalplatitüden dröhnen. Seine Mutter war also zuhause.
Sie war, seit er denken konnte, fasziniert von dem leichten Seifenopercharakter von Musicals wie dem „Phantom der Oper“ und sang, zum Leidwesen aller ihr räumlich und sozial nahestehenden Personen leidenschaftlich gerne mit. Wahrscheinlich kam es daher, dass er in der Grundschule der einzige Mensch gewesen war, der nicht „Im Frühtau zu Berge“ auf den Wanderungen auf Klassenfahrten singen konnte, sondern lediglich leise und unmelodisch Dinge wie „Ganz nah ist das Phantom der Oper“ oder „Jellicle Cats beim Jellicle Ball“ vor sich hin summte.
„Junge, willst du deiner Mutter nicht wenigstens Bescheid sagen, dass du wieder da bist?“.
Seine Mutter hatte sich wohl doch noch vom Bildschirm losreissen können und stand nun halb vorwurfsvoll, halb erfreut ob eines Gesprächspartners in der Tür.
Christian wurde rot. Für ihn war das nichts Ungewöhnliches, denn er wurde bei beinahe jeder Gelegenheit rot oder doch zumindest rötlich. Es reichte manchmal sogar schon, dass er an der Kasse im Supermarkt kein passendes Kleingeld fand und er daraufhin einen 50 – Euro – Schein geben musste. Schließlich wußte jeder, dass sowohl Busfahrer als auch Supermarktkassiererinnen nur die Menschen mochten, die den zu zahlenden Betrag genau passend aufs Band legten.
„Wieso, ist irgendwas passiert?“
„Nein, Junge, was soll schon passiert sein? Aber ich dachte, es sei normal, wenn der Herr wenigstens Bescheid gibt, dass er wieder da ist, damit man weiss, wann man das Essen auftragen kann und alles.“
Obwohl Christian nicht ganz klar war, was plötzlich passiert war, dass seine Mutter in ihm einen Störenfried statt ihres geliebten Sohnes sah, der er auch sonst eigentlich nie war, nie sein würde, wenn er recht darüber nachdachte, lenkte er schnell ein:
„Tut mir leid, Mama, soll nicht wieder vorkommen.“
Seine Mutter gab ein befriedigtes Grunzen von sich und schaute ihn an. Es war jedoch nicht der fernsehübliche, oft in der RAMA – Werbung gebrauchte „Mutter, die sich Sorgen macht“ – Blick oder der bei ihnen zuhause übliche „Mutter, die in Ruhe gelassen werden will, da erschöpft von der Arbeit“ – Blick, sondern ein regelrechtes Starren.
„Ist irgenwas, Mama? Du starrst so.“
„Nein, nein. Eigentlich nicht. Aber fällt dir nichts an mir auf, Junge?“.
Christian schaute sie an. Er sah, was er jeden Tag sah: Eine Frau in den späten 40ern, schlank, dunkle Haare bis zur Schulter, die Kleidung eine Mischung aus H&M und Designerstücken. Dazu eine randlose Brille, die sie eigentlich überhaupt nicht benötigte, aber die sie dennoch trug, weil sie schon als Kind überzeugt gewesen war, dass echte Juristen nur mit Brille ernst genommen würden und da sie jetzt selbst Anwältin war, eben auch eine trug.
„Nein, Mama, so spontan fällt mir nichts auf, ehrlich gesagt.“
„Ach, Christian, schau doch mal.“ Sie strahlte ihn an mit einem Lächeln, das normalerweise wahrscheinlich für Mandanten und Vorsitzende Richter reserviert war.
„Siehst du denn nichts?“.
„Nein, beim besten Willen nicht. Ich geh‘ jetzt mal hoch in mein Zimmer“, Christian war die fruchtlose Diskussion langsam leid und wandte sich in Richtung Treppe um schnell in sein Zimmer im Obergeschoss verschwinden zu können. Leider war seine Mutter schneller.
„Schau doch mal auf meine Zähne. Ich war bei Dr. Brückenheimer und er hat sie mir aufgehellt. Leider nicht Zahn für Zahn, das wäre zu teuer geworden, da hätte sich Papa nur wieder unnötig aufgeregt. Du weißt schon, so wie das die ganzen Hollywoodstars haben, aber immerhin mein komplettes Gebiss um 2 Nuancen. Siehst du’s?“, sie bleckte ihn an.
Christian murmelte ein „Ja, man siehts wirklich, sieht gut aus“ ohne richtig auf das neue Prachtgebiss seiner Mutter zu schauen. Ihm klang das „da hätte sich Papa nur wieder unnötig aufgeregt“ noch in den Ohren nach. Er war mittlerweile 21 Jahre alt. Warum mussten seine Eltern sich gegenseitig „Mama“ und „Papa“ nennen? In seiner Vorstellung taten das nur alte greisenähnliche Wesen, die jeden Sonntag ihre besten Klamotten anzogen um im Park spazieren zu gehen und sich dann, Gipfel der Gemütlichkeit und der Völlerei, jeder ein kleines Stückchen Kuchen im Café zu gönnen. Seines Wissens taten seine Eltern das nicht, er nahm sich aber vor, am kommenden Sonntag nicht den ganzen Tag zu verschlafen, weil er am Abend vorher auf irgendeiner Party gewesen war und leider als Idiot des Abends von allen Leuten abgefüllt worden war, sondern seine Eltern nicht aus den Augen zu lassen.
Er trappelte die Treppe nach oben, ging in sein Zimmer und machte behutsam die Tür zu. Behutsam? Warum eigentlich? Als echter tätowierter Mann, der er nun war, war das sicher nicht die Art, Türen zuzumachen. Christian ging noch einmal zurück, machte die Tür vorsichtig auf und schmiss sie mit ganzer Kraft, die er besaß, was zugegebenermaßern nicht allzu viel war, wieder ins Schloß. Anstatt dass nun aber ein Kylie Minogue nicht unähnlicher Engel von der Decke herabschwebte, ihm über den wirren Lockenkopf streichelte, ihm die Brille abnahm und ihm erotisch Dinge wie „Du großer starker Mann, du“ zuflüsterte, krachte es laut und ein Stück Holz sprang aus der Tür, zusätzlich zu einem regelrechten Auflodern des Schmerzes in seinem Arm. Offensichtlich war die Tür nicht für eine derartige Kraftdemonstration vorgesehen. Sein Arm auch nicht.
„Christian? Ist alles in Ordnung? Bist du okay? Was ist passiert?“, hörte er seine Mutter vom Fuß der Treppe her rufen.
„Ja, ja, alles klar, mir ist nur was runtergefallen. Alles in Ordnung. Tut mir leid.“
Vorsichtig bückte Christian sich und begutachtete den Schaden. Die Tür hing zwar noch im Rahmen, aber an der Seite war ein etwa 20 mal 10 cm großes, zackenförmiges Loch, durch das er nun, wenn er sich hinkniete und je das Bedürfnis haben sollte, den Flur beobachten konnte. Da dort eher selten etwas vorkam, das das Adrenalinpotenzial seines Vaters in häßlichen Boxershorts auf dem Weg vom Schlafzimmer zum Bad überstieg, erschien Christian die Aussicht auf eine Zukunft mit Loch in der Tür nicht allzu begehrenswert.
Er musste das Loch irgendwie verstecken, wenn möglich so, dass erst der Altertumsforscher, der in 6 Jahrhunderten das Haus ausgraben und es dann als „Paradebeispiel des bürgerlichen Wohnens im beginnenden 21. Jahrhundert“ den Medien vorstellen würde, den kleinen Defekt an seiner Zimmertür bemerken würde. Erstens wäre es dann nicht mehr sein Problem und zweitens würde der nette Professor sicher irgendeine Erklärung parat haben wie „In der damaligen Zeit war es üblich, in die Türen Löcher reinzuschneiden, allein aus dem ästethischen Verständnis der Menschen heraus.“
Christian versuchte, sich zu konzentrieren.
Eine halbes Stunde später hatte er eine fast neue Tür. Er hatte nicht nur das Loch, sondern die gesamte Türfläche mit den Riesenpostern aus der Bravo seiner Schwester zugeklebt. Nun grinsten ihn die Backstreet Boys, Robbie Williams, Orlando Bloom und Leonardo di Caprio mehr oder minder freundlich an. Abgesehen davon, dass er nun ein Mullbindenwust am Arm hatte, vor Zuschauern sabbernd das Einmaleins aufgesagt und seine Tür kaputt gemacht hatte, hatte er sich nun auch noch gezwungenermaßen als schwuler Boygroupfan (seine Schwester schmiss alle weiblichen Posterhelden sofort in den Mülleimer) geoutet. Schlimmer konnte es nicht mehr werden.

 

Hallo!
ich finde die Geschichte an sich sehr spannend geschrieben, aber der Schluss ist für mich nicht schlüssig. Ich hätte gerne gewusst, was er sich tatoowieren lies und auch was seine Mitmenschen gedacht haben. Für mich ist das keine geschlossene Geschichte.

Angi

 

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